Das nervige Gerede vom „Gamechanger“

Die Ukraine hat von den USA die Erlaubnis bekommen, ATACMS-Kurzstreckenraketen jetzt auch gegen russisches Terrain einzusetzen, und ist gleich zur Tat geschritten. Der Kreml sieht in diesem Schritt von Noch-US-Präsident Joe Biden eine Eskalation und aktualisiert seine Atomdoktrin.

Das wäre allerdings ohnehin geschehen. Bidens Schritt zielt vermutlich eher auf den kommenden US-Präsidenten Donald Trump, der so vor Tatsachen gestellt wird. Trump steht in dem Ruf, gut mit Putin zu können. Der selbsternannte „Dealmaker“ hat sich im Wahlkampf damit gebrüstet, in 24 Stunden Frieden in der Ukraine herstellen zu können. Das wird nach dem Go für die ATACMS ein wenig schwieriger – zumal wenn der Kreml der eigenen Doktrin folgend reagieren und Atomwaffen einsetzen sollte. Doch damit haben Putins Claquere schon wiederholt gedroht. Vielleicht gilt hier das alte Sprichwort, wonach Hunde nicht beißen, die bellen? Wollen wir das Gegenteil erleben?

Die ATACMS ist eine Kurzstreckenrakete mit einem konventionellen Sprengkopf von bis zu knapp 1700 kg, die seit fast 35 Jahren Bestandteil des US-Waffenarsenals ist. Ihre Reichweite ist begrenzt: 300 Kilometer. Damit erreicht die Ukraine grenznahe Ziele in Russland. Auch die Brücke von Kertsch, über die Russland die Krim angebunden hat, liegt möglicherweise in der Reichweite dieser Raketen. Damit ist klar: Die ATACMS sind nicht das, was man einen „Gamechanger“ nennt, aber sie sind geeignet, den russischen Nachschub zur Front erheblich zu erschweren. Strategisch gesehen bekommt die Ukraine damit ein Mittel in die Hand, Nachteile in Sachen Lufthoheit auszugleichen. In der Luft ist Russland nämlich überlegen, wie die zahllosen nächtlichen Angriffe mit Drohnen und Raketen auf bevorzugt zivile Ziele in der Ukraine belegen.

Doch Bidens Entscheidung hat auch außenpolitische Wirkungen. In Deutschland etwa hebt sofort die Debatte wieder an, ob der Ukraine Taurus-Marschflugkörper geliefert werden sollten. Diese Waffe hat eine mit den ATACMS ungefähr vergleichbare Sprengkraft, aber eine deutlich größere Reichweite von 500 Kilometern. Damit wäre von ukrainischem Terrain auch die russische Hauptstadt Moskau erreichbar. Die Taurus wäre eventuell ein „Gamechanger“. Somit ist klar, wie die Befürworter:innen der Lieferung argumentieren. Die Gegenseite sagt, damit würde man den eigenen Beitrag zum Ukrainekrieg eskalieren und Putin einen Grund liefern, den Konflikt auszuweiten – sei es mit Atomwaffen, was in Berlin niemand so recht annehmen mag, sei es mit anderen aggressiven Akten etwa hybrider Kriegsführung. Allerdings hat Putin bereits gezeigt, dass er keine Gründe braucht, um einen Konflikt zu eskalieren. Das kann er auch grundlos. Zudem hat die Ukraine bereits ein Waffensystem, das dem Taurus-Marschflugkörper ähnlich ist: den britischen Storm-Shadow-Marschflugkörper.

Die ATACMS-Freigabe hat in den USA einen heftigen Streit ausgelöst, während die Debatte in Deutschland eher verhalten geführt wird. Bei uns stehen derzeit nach dem Bruch der Ampelkoalition andere Themen im Vordergrund. Zudem hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) bereits klargestellt, dass er nicht daran denkt, Taurus zu liefern. Solange er Kanzler ist, wird es dabei bleiben. Doch wie wird sich Friedrich Merz (CDU) verhalten, falls er am 23. Februar zu Scholz‘ Nachfolger gewählt wird?

Rein militärstrategisch gesehen ist es vermutlich richtig zu versuchen, das russische Militär so weit wie möglich zu schwächen. Das Kalkül dahinter wäre, Russlands Position zu schwächen – für die Friedensverhandlungen, die hoffentlich in nicht allzu ferner Zukunft kommen werden. Aber ist das auch die richtige Herangehensweise hinsichtlich der Frage, wie wir künftig mit Russland zusammenleben wollen?

Keine Frage: Unter FR-Leser:innen ist die Friedenssehnsucht groß

Interview mit Winfried Hermann: „Wir kritisieren die Schwarz-Weiß-Malerei“, FR-Politik vom 9. November Artikel: “ Kriege töten nicht nur durch Waffen“, FR vom 12.11.

Ukraine, ATACMS: „Freigabe der Reichweite löst heftigen Streit in den USA aus“, FR-Politik vom 19. November


Pazifismus erkennt das Recht des Stärkeren an

Das Interview mit dem baden-württembergischen Verkehrsminister Hermann ist enttäuschend. So hätte es auch Sarah Wagenknecht formulieren können. Preisgabe der Ukraine und Kotau vor Russland, eingepackt in wolkige Friedensrhetorik. Einen Unterschied zu Putins Parteigängern in Deutschland, BSW und AfD, ist nicht zu erkennen. Konsequenter Pazifismus ist legitim. Aber diejenigen, die ihn vertreten sollten so ehrlich sein, zu sagen, dass sie das Recht des Stärkeren anerkennen, sich der Gewalt beugen und die Aufgabe von Freiheit und Recht zugunsten ihrer Vorstellung von Frieden hinzunehmen bereit sind.

Matthias Schulze-Böing, Offenbach

Selenskyj wird seine Ziele nicht durchsetzen können

Angesichts der Tatsachen, dass die Ukraine ohne die „westliche Hilfe“ und Solidarität längst zerfallen wäre und angesichts der vielen ukrainischen Toten, enorm viele Verletzte, viele kriegsgefangene Soldaten, von der Zerstörung der Infrastruktur gar nicht zu reden, haben sich die „westlichen Unterstützer“ auf die Sprachregelung festgelegt, dass über Verhandlungen mit dem Aggressor Putin nur die Ukraine selber entscheiden kann. Jetzt ist nicht bekannt, was diplomatisch besprochen oder verhandelt wird. Aber ich denke, unter Freunden sollte man sich schon die Wahrheit sagen und Freunde mit Problemen nicht alleinlassen.
Die Wahrheit über den Krieg ist, dass er mit den Zielen, die Präsident Selenskiy verständlicherweise proklamiert, nicht zu beenden ist. Und es ist ein wenig schofelig, unter dieser Erkenntnis die „westlichen Waffen“ in einer realen Auseinandersetzung zu testen, einer Bewährungsprobe unterziehen. Da sollte schnellstens Einhalt geboten sein.

Rainer Prosik, Hattenhofen

Wagenknechts Wahlkampfmanöver

Frau Wagenknecht ist mit Sicherheit eine kluge Frau. Ihr Buch „Die Selbstgerechten“ kann man nur empfehlen. Es enthält eine realistische Analyse der Probleme unseres Landes.
Ihre Russlandpolitik ist meiner Meinung ein reines Wahlkampfmanöver um Wählerstimmen. Oder die Liebe zur Sowjetunion ist hier mit ihr durchgegangen. Die Losung „Frieden und Diplomatie statt Waffen“, wer ist nicht dafür. Es hat ihr viele Wählerstimmen gebracht.
Zweimal hat Russland in der Vergangenheit seinen Nachbarn versprochen, ihre Souveränität und die bestehenden Grenzen zu achten (Budapester Memorandum 1994: Nato-Russland Grundakte 1997). Trotzdem hat Russland, besser wohl Putin, die Ukraine überfallen.
Wir im Westen haben Putin durch unser Verhalten an die Macht gebracht. In den Medien wurde durchweg negativ über Russland berichtet. Viele Glücksritter aus dem Westen versuchten nach dem Zusammenbruch des Kommunismus, in Russland das große Geld zu machen. Das hat die Russen verärgert und Putin mit seiner Clique den Weg an die Macht geebnet.
Frau Wagenknecht verurteilt zwar den russischen Angriff auf die Ukraine, gleichzeitig spricht sie den Ukrainern das Recht auf Selbstverteidigung ab. Wenn sie fordert, dass keine Waffen mehr in die Ukraine geliefert werden, dann muss sie auch fordern, dass Russland seine Waffen abgibt. Sie bleibt auf alle Fälle ihren Wählern einen echten Friedensplan schuldig.
Aus Moskau kommen jedenfalls keine Friedenssignale. Putin und seine Leute wollen die Ukraine von der Landkarte tilgen.

Karl Hahn, Bad Salzungen

Die SPD ist innenpolitisch hart gefordert

Kurz vor der Regierungsübergabe in den USA jetzt diese gefährliche Zuspitzung durch vage Äußerungen Bidens. In Deutschland fordern dieselben Verdächtigen „Taurus“-Auslieferung an die Ukraine. Noch zeigt sich Bundeskanzler Scholz widerständig. Nach bald 3 Jahren Krieg wird es in diesem Großkonflikt keine „Sieger“ geben. Die Marschflugkörper in den Händen der Ukrainer sind keine „Gamechanger“, sondern Garanten für die großflächige Zerstörung der nördlichen Welt. Es wird Russland angedichtet, Interesse an der Eroberung der Ukraine zu haben. Beide Kriegsparteien haben jedoch verbindend Sicherheits-Interessen. Warum wird das während eines „Weihnachtsfriedens“ nicht ausgelotet? Welche vorsichtigen Schritte kann es in diese Richtung geben? Wo sind die integren politischen Akteure, die jetzt für Deeskalation in dieser brandgefährlich aufgeheizten Stimmung sorgen? – Hier ist die SPD „innenpolitisch“ unter Dr. Mützenich hart gefordert.

Thomas Ewald, Nidderau

Jeder weitere Tote ist einer zu viel

Die westliche Kriegspropaganda und Kriegstreiberei ist unerträglich und steht der russischen in nichts nach. Der ukrainische Traumtänzer hätte bereits vor einem Jahr Waffenstillstandsverhandlungen führen müssen. Nun ist es zu spät, da helfen auch keine neuen Waffen, es fehlen die Soldaten. Oder wollen wir unsere Kinder in den Krieg schicken? Jetzt hilft nur noch Land gegen Tod und Grauen. Handelnde Personen werden wechseln und nach einem Waffenstillstand gerechte Friedensverhandlungen begleiten. Auch wenn dies 30 Jahre dauert, ist jeder weitere Tote einer zu viel. Verhandlungen jetzt!

Robert Siedler, Frankfurt

Trumps Wahlsieg hat die Situation verändert

Vor über einem Jahr hat Prof. Varwick einen sehr guten Beitrag zum unsäglichen Ukrainekrieg gebracht. Seine Schlussfolgerung: Bei einer politischen Lösung – und nur eine solche kommt für ihn richtigerweise in Betracht – sollte nicht nur auf Gerechtigkeit geachtet werden, sondern in Anbetracht des dadurch verursachten menschlichen Leidens auch auf Schadensbegrenzung, Stabilität und Gleichgewicht zwischen konkurrierenden Interessen und Ambitionen. Verhandeln, um eine weitere Eskalation zu verhindern!
Denn keine Seite wird ihr derzeit gewünschtes Ziel ohne eine nicht einschätzbare Eskalation dieses mörderischen Konflikts erreichen. Verhandlungen sind daher unabdingbar. Dem standen bisher allerdings die Uneinigkeit der EU, gemeinsam aufzutreten, um von Russland als Gesprächspartner akzeptiert zu werden, und der erhebliche Einfluss der von allem von der NATO entgegen, die aus machtpolitischen Gründen der bestimmenden USA bisher voll hinter den Gebietsansprüchen des ukrainischen Präsidenten stehen. Diese Situation hat sich durch die Wahl von Herrn Trump geändert. Aufgrund seiner Überzeugung ‚Amerika first‘ in Verbindung mit der Verschiebung der Gewichte durch die neue Weltmacht China und der wachsenden Bedeutung des pazifischen Raums für die USA ist sein Interesse an Europa vor allem wirtschaftlicher Natur. Folgerichtig will er den Ukrainekrieg notfalls auch gegen die Gebietsansprüche Selenskyjs beenden. Die durchgesickerten Pläne Trumps sehen das Einfrieren der durch Russland eroberten neuen Grenzen mit einer Pufferzone vor und einen Verzicht der Ukraine auf den Natobeitritt für 20 Jahre. Wer die für die Ukraine unabdingbaren Sicherheiten und welche dafür gestellt werden, wäre dann Verhandlungssache. Europa, das eigentlich mitreden müßte, bliebe wohl aufgrund seiner Uneinigkeit und der schwachen Präsidentin der EU-Kommission im Wesentlichen weiter außen vor.
Nato und erst recht die EU haben bisher keine für Russland verhandlungsfähige Lösung angeboten. Die schon weit fortgeschrittenen Verhandlungen mit Russland zu Beginn 1922 in Istanbul und Brüssel, wo Selensky bereits weitgehende Zugeständnisse angeboten hatte, scheiterten an der Forderung, Russland müsse sich vor Vertragsabschluss aus allen besetzten Gebieten zurückziehen, was heute angesichts der Lage sicher nicht mehr ausreichen würde. Es bliebe als Ergebnis einer neuen Lösung immerhin, dass weitere tausende Tote und unerträgliches Leid den betroffenen Menschen erspart bliebe. Und das wäre sicher das Wichtigste.

Hans-Jürgen Gratz, Friedrichsdorf

Ein Ende ist weiterhin nicht abzusehen

Je länger ein Krieg dauert, je mehr unterliegt er einer Verschleißökonomie der öffentlichen Wahrnehmung insbesondere der Länder, die nicht direkt betroffen sind. Dass neben der Unzahl ziviler Opfer (hier kann man eine fünfstellige Zahl annehmen) von beiden Seiten nicht gezählte oder nicht veröffentlichte Hunderttausende gefallene und schwerverletzte Soldaten*innen hinzuzurechnen ind, davon muss man ausgehen. Ein Ende ist nicht abzusehen, das ist das Schlimmste.
Jede Seite glaubt an ihren Sieg oder daran, dass sie sich solche Vorteile auf dem Schlachtfeld erkämpfen kann, dass ein Friedensschluss für sie günstig scheint. Oder auch der Faktor, dass Interventionen dritter Staaten und des militärisch-industriellen Komplexes zu einer Weiterführung des Krieges raten bzw. darauf drängen. Das soll in der ersten Phase tatsächlich bezogen auf die Ukraine der Fall gewesen sein, als einerseits die „Sonderaktion“ Russlands auf Kiew zurollte und der britische Premier andererseits bei Selenskyj einen Besuch abgestattet hat. Vielleicht werden dazu die Historiker mal Dokumente auswerten dürfen.
Heute jedenfalls stehen die Dinge so, dass kaum noch bedeutende Geländegewinne erzielt werden können und die Gegner sich umklammernd ausbluten. Im Westen hat man das gute Gefühl, auf der richtigen und moralisch überlegenen Seite zu stehen. Ohne übrigens Vorgeschichte, Zusammenhänge und Ursachen eingehender untersuchen zu müssen. Verstehen heißt nicht billigen. Eine Voraussetzung übrigens für einen „gerechten“ Friedensschluss am Ende. Jetzt können wir nur hoffen, dass Putin sich zurückhält, wenn er erklärt, dass weitreichende Raketen einen Eintritt der Nato in den Krieg bedeuteten, da die Zielkoordinaten wohl nur von den Spezialisten der Herstellerländer eingegeben werden können.

Jörg Sternberg, Hanau

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19 Kommentare zu “Das nervige Gerede vom „Gamechanger“

  1. Der reißerische Leitartikel von Can Merey darf nicht unwidersprochen hingenommen werden. Wieso sind wir gefordert, dem amerikanischen Beispiel zu folgen und die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern zu befürworten? Natürlich sind wir ein Vasallenstaat der USA, wenn die aber „Hü“ sagen, müssen wir noch lange nicht demütig „Hott“ sagen. Ich bin Kanzler Scholz, als „lame duck“ verschrien, dankbar für seine Besonnenheit, sich dieser Lieferung zu widersetzen – es gehören nämlich innere Stärke, Selbstbewusstsein und Verantwortungsgefühl dazu, sich gegen die Taurusbefürworter durchzusetzen, als da wären: CDU, FDP und, wen wundert’s, die Grünen. Letztere, vor über 40 Jahren als Friedenspartei angetreten, wollen sich wohl in unweiser Voraussicht bei der CDU anbiedern, und zwar als möglicher Koalitionspartner. Sie sollten sich was schämen! Die miesen Umfragewerte der Grünen resultieren auch aus ihrer heuchlerischen, kriegslüsternen Attitüde.
    Doch zurück zu den Taurus-Marschflugkörpern! Die Gefahr, dass damit zivile Ziele in Russland angegriffen werden könnten, ist einfach zu groß, und die nächste Eskalationsstufe wäre bald erreicht. Es gehört schon ein unverzeihliches Maß an Naivität seitens Ihres Leitartiklers dazu, sich einzubilden, dass das ukrainische Militär sich von weiterreichenden Angriffen auf russisches Territorium in Zukunft zurückhalten werde, nur weil es sich derer in den vergangenen Jahren „brav“ enthalten hatte. Sowieso verzeiht es uns Putin nicht, dass wir nach den USA der zweitgrößte Waffenlieferant der Ukraine sind. Wieso ausgerechnet wir? Mit dieser Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern werden wir zur aktiven Kriegspartei. Wollen wir das? Mit diesen 100 Milliarden könnten in Deutschland, wo Dutzende Regierungsvorhaben bis auf Weiteres auf Eis gelegt wurden – u.a. Pflegenotstand, Kindergeld, Bau von Kindergärten, Schulen, Rentenreform, Wohnungsbau, Klimaschutz, etc. – diese nun effektiv angegangen werden. Aber nein, diese 100 Milliarden aus unseren Steuergeldern werden in Waffen für ein uns fremdes Land investiert, und die Bevölkerung in Deutschland leidet weiter unter den aktuellen Missständen!
    Und dies alles unter dem mit schwülstigem Pathos vor allem von Baerbock vorgetragenen Leitmotiv der „Verteidigung für das bedrohte Europa“. Wieso eigentlich? Putin dürfte wahrlich keinerlei Interesse daran haben, (noch) relativ gut funktionierende und (noch) wirtschaftlich erfolgreiche, demokratische Staaten zu zerschlagen. Wie sagte doch Cicero vor über 2000 Jahren: Der ungerechteste Frieden ist immer noch besser als der gerechteste Krieg.

  2. Kanzler Scholz ist zu Recht ein sehr besonnener Mann. Und eines sollte jedem glasklar sein: Die Lieferung von Taurus-Waffen-Systemen und deren Nutzung durch die Ukraine würde nur eines bedeuten: Den Eintritt in einen Krieg mit Rußland. Das will Kanzler Scholz zu Recht nicht, und darüber können wir froh sein!

  3. „Selensky fordert“ – eine Forderung steht Selensky nicht zu. Diese Formulierung ist ganz klar zurückzuweisen. Er könnte es als Bitte formulieren, Taurus zu liefern. Anzuerkennen ist Scholz‘ Standpunkt, der dadurch zu Recht begründet ist, dass Deutschland keine Kontrolle über einen Einsatz hat. Taurus hat 200 Kilometer mehr Reichweite als die ATACMS! Also nicht vergleichbar!
    Notabene wird nur durch Verhandlungen der Krieg beendet werden können, nicht durch immer mehr Waffenlieferungen. Das ist inzwischen wohl jeder/jedem klar, denn dies ist ja wohl längst bewiesen. Sonst wäre der Krieg ja längst zu Ende.

  4. .Ich kann ja mal versuchen wiederzugeben was Carlo Masala bei Markus Lanz zum Thema Taurus am19.11. gesagt hat als er gefragt wurde ob D. ihn jetzt liefern sollte. Er sagte das sich die Frage zum Glück nicht stellt da ja der Kanzler schon entschieden hat. Auf die Frage wie denn der nächste Kanzler sich entscheiden sollte antwortete er. Das es bis dahin Juni wird bis er das entscheiden kann weil ja auch noch die Regierungsbildung ansteht und das die Situation so ist das er erwartet das sich die Frage bis dahin nicht mehr stellt. Grundsätzlich sagt er das es ein Skandal ist das bisher der Westen sich nicht aufraffen konnte der Ukraine so zu helfen das sie den Krieg gewinnt. Es wäre aber dazu zu spät inzwischen und der Krieg geht die nächsten Monate zu Ende.
    Ich schließe aus den Aussagen das eine Lieferung des Taurus wohl unverantwortbar wäre. D. kann nicht das einzige Land sein das eine Waffe zur Verfügung stellt mit der man Moskau und den Kremel mit Aussicht auf Erfolg direkt angreifen kann. Scholz handelt da absolut richtig aber ich frage mich warum sagt er das nicht so klar. Was ein Friedrich Merz sich dabei denkt bleibt mir tief verschlossen. Will er wirklich D. zur Kriegspartei machen?

  5. Die Befürworter der Taurus-Lieferungen lassen ein Argument außer Acht, das auch der Bundeskanzler mehrfach benutzt hat: Nur Nato-Mitglieder, in diesem Fall deutsche Militärs, können die Langstreckenraketen programmieren. Die Ukraine verfügt nicht über die notwendigen Satelliten und deren Daten. Die haben nur die NATO-Staaten. Deshalb können auch nur sie Flugbefehle für die Langstreckenwaffen erteilen – nicht die Ukraine und nicht Selenskyj. Das heißt: Deutschland wäre bei Lieferung und Einsatz der Taurus-Raketen Kriegspartei. Die USA sind es bereits.

  6. Hallo, interessant geschrieben! Die Lage in der Ukraine ist wirklich komplex, besonders mit den neuen Entwicklungen rund um die ATACMS-Raketen. Mich würde interessieren, wie ernst die Möglichkeit einer Eskalation wirklich ist oder ob es hier mehr um politische Machtspiele geht. Mein Eindruck ist, dass solches „Gerede vom Gamechanger“ oft mehr zum Aufbauschen als zur Aufklärung beiträgt. Ist das eher ein strategischer Schritt der USA oder mehr ein politisches Signal nach innen und außen?

    Zum Thema Raketen und Preise in unterschiedlichen Ländern bin ich zufällig auf eine Website gestoßen – https://welt-preise.de -, die interessante Informationen bietet, auch wenn die Aktualität der Daten nicht immer ganz klar ist. Vielleicht hilft das, die Diskussion um mögliche internationale Reaktionen besser einzuordnen. Bin gespannt, welche weiteren Entwicklungen wir sehen werden.

  7. Schade, dass wieder mal pazifistische gesinnte Menschen in einem Leserbrief an die FR nicht ernstgenommen werden (freundlich ausgedrückt). Da liegt einfach ein Missverständnis vor. Gerne kläre ich das noch mal auf: Ja, ich (geboren 1954) bin aus tiefer Überzeugung Pazifist und (anerkannter) Kriegsdienstverweigerer – wie meine Brüder auch – und auch meine Söhne. Viele Einflüsse führten dazu. Allen voran dieser: Meine Mutter (geboren 1926) hat bis zu ihrem letzten Atemzug über den „verdammten“ Krieg gesprochen, erzählt, welches Leid dieser Krieg ihr und ihrer Familie zufügte. Das ist ja dann prima. Pazifisten haben es einfach, sagte mir eine Honoration am Rande eines Friedensgedenkens für die Ukraine. Radikale Ablehnung von Gewalt und Krieg, also kein Dilemma und keine Gewissensnot. Pazifisten können sich in Ruhe zurücklegen in der notwendigen Auseinandersetzung um Reaktionen auf den Überfall auf die Ukraine. Das ist der Irrtum: Die pazifistische Grundhaltung befreit mich nicht davon, aktiv und politisch rational die Auseinandersetzung zu führen, wie dieser Krieg möglichst schnell und nachhaltig beendet werden kann, befreit mich auch nicht davon, über Notwehr und Verteidigung nachzudenken – wie es z.B. in der UN-Charta steht. Meine pazifistische Haltung ist da klar: Natürlich habe ich in der Befragung als Kriegsdienstverweigerer mit 18 gesagt: Ich würde mich bei einem Angriff auf mich oder meine Liebsten wehren – auch mit Gewalt. Natürlich war für mich während des Bosnienkrieges klar: Wenn für die Bosnier Schutzzonen eingerichtet werden, werden die auch mit Gewalt und Militär gesichert. Was denn sonst? Natürlich kann nicht hingenommen werden, dass über Jahre Scharfschützen von den Bergen um Sarajewo in die Stadt schießen und morden. Da gilt es, gemeinsam Einhalt zu gebieten. Das geht nicht nur durch gutes Zureden. Und Srebrenica hätte nie stattfinden dürfen. Warum wurde die Soldateska von Ratko Mladic nicht daran mit aller Gewalt gehindert?
    Jetzt könnte man meinen: Dann müssen auch die Ukrainer mit weitreichenden Waffen nach Russland schießen dürfen – mit deutschen oder amerikanischen Raketen, abgeschossen von deutschen und amerikanischen Soldaten. Auch in dieser Frage bin ich klar: Müssen und dürfen sie nicht. Die Lage ist diesmal anders: Das ist ein weiterer Eskalationsschritt in Richtung eines großen Krieges zwischen Russland und seinen Verbündeten und dem Westen. Der Krieg und das Sterben werden dadurch nicht aufgehalten. Im Gegenteil: Nach wie vor besitzt Russland die Eskalationsdominanz und wird nicht klein bei- oder gar aufgeben. Ich habe 1987 das Buch „Ende. Tagebuch aus dem Dritten Weltkrieg“ von dem damaligen FR-Redakteur Anton-Andreas Guha gelesen. Darin beschreibt Guha – allerdings geografisch auf den amerikanischen Kontinent verortet – ein solches Szenario, wie wir es momentan im Osten erleben. Irgendwann gerät alles außer Kontrolle, auf der schiefen Bahn ins Rutschen, und niemand kann einen großen Krieg mehr aufhalten. Sehr realistisch beschrieben! Das sind meine Befürchtungen nach der Analyse des Ukraine-Krieges. Viele Militärs und auch Wissenschaftler sehen das ähnlich, wenn diese auch nicht in die großen Medien damit vordringen. Werde ich verstanden? Es geht um rationale, vernünftige und kluge Überlegungen, mit dem Ziel, was uns sicher alle eint: Das Sterben und die Zerstörung müssen aufhören. Die Eskalation wird gefährlich. Ein großer Krieg in Europa muss verhindert werden, erst recht ein atomarer Krieg. Aber wie funktioniert das am besten? Darüber zerbrechen wir Pazifisten uns den Kopf. Getreu der Maxime der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG-VK):
    „Der Krieg ist immer ein Verbrechen an der Menschheit. Ich bin daher entschlossen, keine Art von Krieg zu unterstützen und an der Beseitigung aller Kriegsursachen mitzuarbeiten.“
    Pazifisten träumen nicht, Pazifismus ist harte Arbeit.

  8. zu Ingrid Staudinger
    Ihre Frage kann wohl niemand beantworten. Den Taurus mit den freigegebenen Raketen von den USA oder GB zu vergleichen oder gar gleichzusetzten ist sicher unzulässig. Die deutlich höhere Reichweit des Taurus, besonders die Erreichbarkeit von Moskau, sind grundlegende Unterschiede. Außerdem weiß niemand wie Moskau reagieren wird wie man gestern bei dem Einsatz von einer Mittelstreckenrakete gesehen hat. Außerdem gibt es ja auch das hier kaum diskutierte Thema der AKW Brennstäbe aus Russland. Die letzte Woche hat Russland einen Lieferstopp dieser Teile für die USA verkündet. Was wird Putin jetzt machen nachdem Raketen aus GB eingesetzt worden sind? Was wird Frankreich, die mit Abstand am meisten von Russischen Brennelementen abhängig sind , jetzt machen? Trauen die sich ihre Raketen auch frei zu geben? Oder was ist mit den Kabeln in der Ostsee? Es lässt sich nicht sagen was als nächstes passiert. Das Putin auch kein Interesse an einem Atomkrieg hat sollte man aber schon annehmen. Außerdem kann es nicht sein das wir uns erpressen lassen aus Angst vor einem Atomkrieg. Er hat keinen Sieger und das auf beiden Seiten.

  9. @Ingrid Staudinger: „Mich würde interessieren, wie ernst die Gefahr einer Eskalation wirklich ist, oder ob es hier mehr um politische Machtspiele geht.“

    Eigentlich geht es bei Kriegen vor allem um Bodenschätze, um Land an sich, um Bereicherung im weitesten Sinne. Weniger oder gar nicht um Werte wie Freiheit und Demokratie, die uns oft als Ziel der Unterstützung der Ukraine angeboten werden. Die NZZ stellte in Bezug auf die Ukraine fest: „Im Schatten des Krieges eignen sich Oligarchen und Agrarkonzerne riesige Ländereien an, die Kleinbauern verarmen“. Damit sind nicht die Russen gemeint. Die Zeitung blickt nach Westen. Sie zitiert unter anderem eine Studie des amerikanischen Oakland-Instituts, das sich mit Landgrabbing beschäftigt. Demnach seien inzwischen drei Millionen Hektar besten Ackerlands in den Händen westlicher Konzerne, die sich mit ihrer Wirtschaftsmacht auch nach dem Krieg weiteres Land aneignen könnten. Damit würde die Lebensgrundlage vieler Kleinbauern zerstört.

    Auch in den russisch besetzten Teilen der Ukraine gibt es wertvolles Ackerland und Rohstoffe wie Anthrazit, die für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung von großer Bedeutung sind. Der republikanische Politiker Lindsey Graham betonte in einem TV-Interview, die Ukraine verfüge über „Bodenschätze im Wert von 10 bis 12 Billionen US-Dollar“. Genug Gründe für einen Stellvertreterkrieg.

    Link NZZ: https://www.nzz.ch/wirtschaft/ukraine-wem-gehoert-die-schwarze-erde-ld.1779063

  10. Die Leserbriefschreiber, die ihre Dankbarkeit zur „Besonnenheit des Kanzlers“ in punkto Ukraine-Unterstützung bekunden, leben offenbar in einer anderen Realität. Wie sonst kann man zu einer Aussage gelangen, wonach Russland ein Interesse an der Eroberung der Ukraine „angedichtet“ werde?
    Auch der Satz, Putin „verzeihe“ uns nicht, dass wir der zweitgrößte Waffenlieferant nach den USA seien, lässt ein sehr geringes Selbstbewusstsein und einen merkwürdigen Kniefall vor dem russischen Despoten erkennen. Die Aussage, die Gelder für unsere Waffenlieferungen an die Ukraine seien besser für die heimische Infrastruktur (Wohnungsbau, Pflege, KiTa etc.) angelegt, wäre um den wesentlichen Satz zu ergänzen, dass dies alles dann unter russischer Vorherrschaft bzw. fortgesetzter Bedrohungen und Unterwanderungen mit all ihren zweifelhaften Vorzügen erfolgen könne. Gänzlich entrückt ist die Feststellung, wonach Putin „wahrlich keinerlei Interesse haben dürfte“, die funktionierenden demokratischen Staaten zu zerschlagen. Aufwachen: er und sein Verbrecherstaat ist mit Cyberattacken, Desinformationskampagnen, Gift- und sonstigen Auftragsmorden sowie Zerstörungen von Kommunikations-Infrastrukturen längst am Zersetzungswerk unserer staatlichen und gesellschaftlichen Stabilität. Man fasst sich an den Kopf ob solcher Ignoranz! Oder handelt es sich hier erneut um Manipulationsversuche von Russen-Trollen?
    Die Lage ist ohne Zweifel brisant – aber einzig und alleine auf den Machthaber im Kreml zurückzuführen. Geben die Demokratien jetzt nach und schauen der Ukraine bei deren schleichender Kapitulation zu (nichts anderes wäre eine Verhandlungslösung nach Putins Vorstellungen), dann sind wir künftig allen Launen und Erpressungen Russlands ausgeliefert; unsere freiheitlichen Werte stünden komplett zur Disposition bis der Russe tatsächlich vor unserer Tür steht – kann dies die gewünschte Lösung sein?

  11. Seit langem lese ich fast nur Briefe von Lesern, die sich gegen eine miltärische Hilfe für die Ukraine aussprechen, die ausreicht, damit sich das ukrainische Volk gegen die russsische Aggression wirksam wehren kann. Sie plädieren de facto für einen Kompromiss mit Putin, der ihm seine Beute (oder – optimistisch oder besser naiv – einen Teil der Beute) belässt. Liebe Leser, stellen sich doch bitte vor, Putin hätte Deutschland überfallen, fast ein Viertel Deutschlands erobert. Den Rest deckt er ständig mit Granaten, Bomben, Drohnen und Raketen ein, um ihn auch zu vernichten. Er hat öffentlich erklärt, dass es ein deutsches Volk, einen deutschen Staat, eine deutsche Kultur, eine deutsche Sprache unabhängig von „Mutter Russland“ nicht gibt. Ihre Freiheit, Ihre Demokratie, Ihren Wohlstand bedroht dieser Herrscher. In den bereits eroberten Gebieten Ihres Landes wird konsequent die Russifizierung betrieben. Die Kinder werden geraubt und indoktriniert. Gegen den obersten Räuber und Mörder ist längst ein internationaler Haftbefehl erlassen. Sie verteidigen das Land gegen den Verbrecher, aber die anderen demokratischen Staaten unterstützen sie miltärisch nur unzureichend. Nun schickt Ihnen ein Freund aus Paris „Le Monde“, und da steht, auf französisch, genau dasselbe, was Sie schreiben. Wie würden Sie sich da fühlen? Und diese – französischen – Leserbriefschreiber glauben auch noch allen Ernstes, sie könnten in Zukunft in Ruhe schlafen?

  12. Präsident Putin und die russische Streitmacht stellen langsam eine Gefahr für die ganze Welt dar. Ich nehme an, das Ihnen dieser Zustand bewusst ist. Wir reden hier nicht über einen harmlosen Konflikt, sagen wir mal vergleichsweise wie auf dem Schulhof, wo sich unbeteiligte, verängstigte Rehe flüchten.
    Die russische Regierung wird unterstützt von einer Waffenlobby (diese sind Ingenieure und Produzenten), die so kalt und erbarmungslos wie der Permafrost, die gleißende Sonne oder die weiße Haut sind.
    Ich befürchte, das wir nun vor einer menschengemachten Apokalypse stehen. Die Bibel meint evtl. keine göttliche Apokalypse, wo im Hintertürchen alle Unschuldigen gerettet werden und diesen kein Leid zugefügt wird. Es ist die menschengemachte Apokalypse gemeint.
    Was hat die Menschheit zu verlieren, wenn der Klügere in diesem Fall nachgibt und am Verhandlungstisch die russisch besetzten Gebiete als Pufferzone zur Nato deklariert wird? Was nutzt uns die beste Gesellschaftsform, wenn ein atomarer Krieg vom Zaun gebrochen wird? In diesem Fall muss man den Aggressoren nachgeben, die nicht verstehen, dass eine Gesellschaft, in der das Individuum frei entscheidet, besser funktioniert. Denn die Technologie der Physik und Mathematik ist auf der falschen Seite. Diese denken an Profit und nicht an Ethik.
    Ich appelliere an alle Beteiligten, nicht zu glauben, dass wie nach dem Zweiten Weltkrieg die Zeit alle Wunden heilt und wieder neue Kinder geboren werden, wie nach Nagasaki oder so. Diesmal wird die Zeit länger benötigen, bis alle Wunden geheilt sind. Man spricht heute noch über den 30-jährigen Krieg, in verklärter Form? Wie spricht man über die darauf folgenden Kriege? Ergibt die Stärke der Waffen nicht einen Unterschied im nationalen Empfinden?
    Die Menschheit wird durch eine weitere Konfrontation keinen Schritt weiter in die Richtung einer friedlichen Entwicklung des Lebens, auf einem menschenbewohnten Planeten gebracht.

  13. Es wird Zeit, meinem Herzen Luft zu machen. Vorab sei aber gesagt, dass ich seit 40 Jahren grün gewählt habe. Inhaltlich gibt es bei mir also keinerlei Nähe zum BSW oder gar der AfD. Dies möchte ich vorausschicken, da meine weiteren Ausführungen unter Umständen in diese Richtung fehlinterpretiert werden könnten und ich leider diesmal auch nicht den Standpunkt der Grünen teile.
    Wenn ich sehe, wie sich im Urkainekrieg die Eskalationsspirale immer höher schraubt (oder vielmehr geschraubt wird!), habe ich Angst. Und ich möchte allen, die noch willens sind, sich über diplomatische Lösungen Gedanken zu machen, eine Frage stellen: hat man den Salamitaktik-Einsatz von US- und NATO-Waffen in Russland eigentlich je zuende gedacht? Wohin soll das führen? Die Ukraine wird militärisch und von ihrer Manpower her trotz aller Waffenlieferungen Russland weiter auf dem Schlachtfeld unterlegen bleiben. Die gewünschte Gleichheit im Kampf, die erzielt werden soll, um eine Augenhöhe in Verhandlungen zu erreichen, wird es auf diese Weise nicht geben. Es sei denn, die NATO tritt in den Krieg ein. Jede weitere Stufe auf der Eskalationsleiter ist ein Schritt in diese Richtung. Und da möchte ich doch einmal kurz innehalten und zu bedenken geben: wollen wir das wirklich? Wollen wir einen Krieg zwischen Russland und der NATO, einen dritten Weltkrieg mit allen Konsequenzen – Hunger, Armut, Zerstörung, wirtschaftlicher Ruin, verheerenden Auswirkungen auf die so dringliche Frage des Klimaschutzes? Oder wollen wir uns nicht doch für eine diplomatische Lösung einsetzen? Ich hege keinerlei Sympathien für Russland, im Gegenteil. Aber ein Waffenstillstand wäre dennoch erstmal ein gutes Ziel und darauf aufbauend Friedensverhandlungen, die meinethalben so lange dauern können, wie es eben braucht, um eine Lösung zu erreichen – Hauptsache, dieser Krieg hört auf?! An dieser Stelle sei auch gesagt, dass ich enttäuscht bin von den Grünen, von denen ich immer dachte, sie stünden für konsequenten Pazifismus, der auch komplexeren Gemengelagen wie dieser standhält. Lediglich die SPD hat mich nicht enttäuscht, und wenn alle gegen Scholz sind – ich finde seine Haltung in diesem Krieg richtig und anerkennenswert und fürchte nur, ein Kanzler Merz wird uns mitten ins Kriegsgeschehen katapultieren. Und nochmal die Frage hierzu, die sich jeder in seinem stillen Kämmerlein selbst beantworten soll: wollen wir das wirklich?“

  14. Es reicht! Seit tausend Tagen muss die Welt ansehen, wie die Ukraine am langen Arm der Nato hunderttausend Soldaten und Zivilisten und täglich werden es mehr, wegen eines brutalen Angriffskrieges des Kriegsverbrechers Putin, verliert, aber nicht ausreichend Nato-Hilfe bekommt. Kinder werden zu Waisen oder werden im Bombenhagel abgeschlachtet. Eltern verlieren ihre Söhne und Töchter an der Front. Bei den Russen: Soldaten werden zum Sterben gegen ihren Willen an die Front geprügelt. Das muss aufhören! Mein Friedensplan: Die Nato informiert sofort Brasilien, Indien, Saudi-Arabien und China, dass sie dem russischen Volk und dem Kreml ein Ultimatum stellt. Russland muss sofort alle Kriegshandlungen einstellen, die besetzten und überfallenden Gebiete, einschließlich der Krim verlassen und den Ukrainern zurückgeben, der Kriegsverbrecher Putin und seine Gefolgsleute kommen vor ein westliches Kriegsgericht. Russland muss kapitulieren. Gleichzeitig wird die Ukraine von allen europäischen Ländern und den USA massiv mit Panzern, Iron Dom, Raketen und was noch alles die Nato zu bieten hat verstärkt, um die Ernsthaftigkeit klar zu unterstreichen. Sollte Russland (nicht Putin) sich nicht auf das Ultimatum einlassen und nicht kapitulieren wird die Ukraine am 1. Januar 2025 in die Nato aufgenommen. Dann steht das russische Volk der größten und stärksten Armee gegenüber. Als Angebot: Wenn Kapitulation, dann werden alle Sanktionen aufgehoben, das russisches Territorium Kursk geräumt und wieder ein Handel möglich, der Zeitraum der Reparationszahlungen werden der russischen Wirtschaft angepasst. Die russischen Banken, Konzerne und Generäle und das russische Volk werden nicht zulassen, dass Putin durchdreht und einen Dritten und vielleicht letzten Weltkrieg riskiert. Die gewaltige militärische Übermacht des Westens ist zu erdrückend für die Russen, die nicht einmal die Ukraine in tausend Tagen besiegen konnten. So kann und darf es nicht weitergehen. Wenn der Plan aufgeht, und ich bin mir ziemlich sicher, dass er funktioniert, zeigt die demokratische Welt allen Autokratien und Diktaturen, dass die Demokratien nicht eine Welt des Terrors, der Unterdrückung und Machtgehabe von machtsüchtigen Männern das Ruder überlassen. Afrika Georgien, Aserbaidschan, Belarus kommen aus dem Würgegriff von Russland. China wird sich nicht trauen, Taiwan zu annektieren. Russland kann frei eine demokratische Regierung wählen. Die Nato kann wieder beginnen abzurüsten, erst recht, wenn Russland als demokratisches Land Mitglied wird.

  15. Rüdiger von Fritsch hat bei Lanz deutlich aufgezeigt (und das wird von anderen Experten bestätigt), dass Russland offenbar große ökonomische Probleme hat, über 40 Prozent des Staatshaushalts für den Krieg ausgegeben werden sollen und dass der Rubel auf rasanter Talfahrt ist.
    Nun könnte man ja im Umkehrschluss genau diese schlechte ökonomische Situation Russlands in die Waagschale für einen Friedensschluss werfen. Das Szenario könnte wie folgt aussehen: Die Unterstützerländer der Ukraine pumpen das Land mit Waffen und Munition aller Art voll, damit die ukrainischen Truppen sich erfolgreich zur Wehr setzen können und russische Truppen zurückdrängen können. Parallel dazu werden Gespräche mit Russland aufgenommen, in denen Russland in Aussicht gestellt wird, wieder dauerhaft am weltwirtschaftlichen Geschehen ohne Sanktionen teilnehmen zu können.
    Die Bedingungen müssten allerdings hart sein: Rückzug der russischen Truppen und eine sofortige Sicherheitsgarantie für die Ukraine z.B. zunächst durch einen Beistandspakt. Dann könnten die geflohenen UkrainerInnen wieder in ihr Land zurück und beim Aufbau helfen.
    Ein späteres Friedensabkommen muss natürlich das Ziel haben, dass die Ukraine die besetzten Gebiete zurückerhalten kann, z.B. durch ein Referendum. Oberstes Ziel aber ist die totale Sicherheit der Ukraine vor erneuten Angriffen Russlands und ein friedliches Leben der Menschen in der Ukraine. Die Alternative ist absehbar: Die Ukraine wird weiterhin sukzessive zerstört, viele SoldatInnen und ZvilistInnen werden sterben oder verwundet.
    Einen Versuch wäre es vielleicht wert, diesen skizzierten Weg anzugehen.

  16. Es ist ja so selten nicht, dass man als jahrzehntelanger FR-Abonnent RND-Beiträge kritisch sieht, aber den gestrigen Leitartikel sehe ich als neue mediale Eskalationsstufe. Ohne jede Grundlage wird der tragische Absturz der DHL-Maschine benutzt, um den Leserinnen und Lesern einmal mehr Angst einzujagen und über „was wäre wenn“ zu schwadronieren, mit der landauf landab verbreiteten Erzählung, ein russischer Erfolg im Ukrainekrieg ziehe Angriffe auf weitere Nachbarländer oder gar NATO-Staaten nach sich. Deshalb möchte ich festhalten, dass Putin zwar der Aggressor im derzeitigen Krieg ist, aber gleichzeitig ein kalt berechnender Akteur, der sich selbst bei allem sich abzeichnenden Erfolg in der Ukraine eine blutige Nase geholt hat.
    Glaube doch bitte niemand, dass die „militärische Spezialoperation“ als nunmehr bald dreijähriger Krieg geplant war und sichRussland weitere Abenteuer dieser Art leisten kann und wird. Deshalb ist die von Huesmann geschürtePanik, von der er abschließend ernsthaft schreibt, seine Ausführungen seien kein Grund dafür(!!!), unangebracht und dient m.E. nur dazu, die gewünschte „Taurus-Eskalation“herbeizuschreiben. Dafür haben wir aber schondie leider erfolgreichen – siehe Beliebtheitswerte des Kriegstüchtigkeitsministers – Protagonisten Kiesewetter, Hofreiter und andere, während sachliche Miltärs wie Kujat oder Vad vom Mainstream gemieden werden wie die Pest.

  17. Nein, Herr Stillbauer, so einfach können wir es uns nicht machen! In Ihrem Times Mager bezeichnen Sie Putin als den einzigen Menschen, der es in der Hand habe, diesen Krieg in der Ukraine zu stoppen. Er ist ohne jede Frage der Verursacher.
    Doch welches Armutszeugnis von uns allen wird mit Ihrer Aussage offenbar! Die Offiziere und Soldaten auf Seiten der Russen und Ukrainer, die in schrecklichem Gehorsam Befehlen zum Töten folgen; die Mütter und Frauen der Soldaten, die im Angesicht der Auslöschung von hundertausenden schon unter der Erde Liegender, ihre Söhne und Männer in den Krieg ziehen lassen; die Politiker in ihrem Militärglauben und ihrem Denken in Mauern und Grenzlinien; wir alle in den westlichen Ländern, die wir uns einreden lassen, unsere Freiheit und Demokratie würde in diesem Krieg verteidigt, der bisher nur Leid und Tod verursachte.
    Es ist unsinnig, davon zu träumen, was alles nicht wäre, wenn. An uns allen liegt es, was sein könnte und schließlich sein wird. Die Ukraine, die Russen, der Westen, wir alle sollten dafür sorgen, diesem Putin nicht weiter auf seinem Weg der Gewalt zu folgen. Bisher sind wir ihm auf den Leim gegangen, haben in seiner Sprache geantwortet. Wir heizen die Gewaltspirale an, die er entzündet hat, in vollem Bewusstsein darüber, womit sie enden könnte.
    Wir haben uns auf eine „Zeitenwende“ eingelassen, die keineswegs die Zeit wendet. Sie wird mit jedem Waffeneinsatz zurück gedreht in überholt geglaubte Jahrhunderte der Kriege. Wir setzen in unseren Waffenlieferungen Land, Besitz und Macht vor Menschenleben. Wir benutzen eine Sprache mit Begriffen von Ruhm und Ehre, von Rache und Vergeltung, die in Mottenkisten verschrottet gehören.
    Verdammt, wann hören wir auf zu träumen und wenden uns stattdessen, auf Herz und Verstand verlassend, gemeinsam gegen diesen Krieg, indem wir alle Gesicht zeigen, unser friedvolles, als Soldaten, als Frauen und Männer mit Söhnen und Töchtern, als Menschen dieser Erde. Wann fordern wir, statt Rüstungsfirmen und Kriegsertüchtiger zu unterstützen, eine friedliche „Zeitenwende“?
    Vergessen wir Putin. Vertane Zeit zu überlegen, was er bei seinem kriegerischen Tun empfindet. Wir alle zusammen könnten diesen Krieg beenden, wenn wir es wollen.

  18. Wladiwostok ist die größte Stadt in Russlands Osten. Bis 1860 gehörte sie, mit einem anderen Namen zu China. Seit 1860 zu Russland. Wladiwostok heißt ins deutsche übersetzt „Beherrsche den Osten“. Das machten die russischen Herrscher immer gerne, erobern und beherrschen. Besonders auch in Form des Teilens und Herrschens.
    Eroberungen haben auch mal Grenzen. Im obigen Beispiel ist es der Pazifik. Der letzte große Eroberungskrieg in Europa begann am 1.9.1939 und endete am 8. Mai 1945, in Russland am 9.Mai. Für den Eroberer endete der Krieg mit einer krachenden Niederlage, das Gegenteil einer Eroberung. Am 22. 2. 2022 begann Russland mit der Eroberung der Ukraine. Bis heute und morgen noch ohne den erhofften Erfolg. Weil Vergleiche immer etwas hinken, nehme ich einen Briefumschlag zur Hand. Oben rechts ist die Briefmarke. Im Krieg von 1939 bis 1945 hat die Briefmarke versucht den Briefumschlag zu erobern. Im nun 1000 tägigen Krieg versucht der Briefumschlag die Briefmarke zu erobern. Die Ukraine hat Russland nie bedroht oder angreifen erobern wollen. Auch die ach so böse NATO hatte das nie vor, auch wenn von manchen das Gegenteil behauptet wird. Auch der ach so böse Westen oder die EU hatten das nicht vor. Die Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes die nach 1989 in die NATO eintraten taten das freiwillig, weil sie wegen ihrer geografischen Nähe zu Russland und oft genug schlechten Erfahrungen wussten, welche Gefahren von Russland ausgehen. Zur Erinnerung, 1953 schoss die Rote Armee in Ostdeutschland den Aufstand zusammen. Im Herbst 1956 dann in Ungarn den Aufstand gegen das Regime, mit hunderten Toten. 1968 wurde ab dem 21. August der Prager Frühling von der Roten Armee zusammengeschossen. Mit vielen Toten.
    Die Herrscher in Moskau kennen, vielleicht besser als ich, die Fakten der oben genannten drei Beispiele. Sie wissen auch wie der Zweite Weltkrieg, der Eroberungskrieg des Tausendjährigen Reiches, für dieses ausging. Und könnten daraus lernen. Wenn sie das wollen.
    Wie lange will Russland den Krieg noch weiter führen? Bis zur Eroberung des ganzen Landes? Das will ich mir angesichts des bisher schon angerichteten Schadens nicht vorstellen. Will Russland eine komplett eroberte Ukraine und deren Menschen mit einer halben Million Soldaten bewachen? Die Menschen in der Ukraine werden sich das nicht gefallen lassen. Sie werden sich wehren, ganz zu recht.
    Für Russland ist der weitere Krieg kein guter Weg in die Zukunft. Eine Wirtschaft die immer mehr zur Kriegswirtschaft wurde und weiter wird, wieder in eine zivile Wirtschaft zu transformieren, ist kein Kinderspiel. Die Kosten des Krieges, der Aufwand für die Hinterbliebenen der toten Soldaten, der Aufwand, Tausende verletzte traumatisierte Soldaten zu versorgen, wird gewaltig sein. Und könnte vermieden werden, wenn Russland den Krieg beendet, die Krim an die Ukraine zurückgibt, den seit 2014 mit russischen Infiltranten besetzten Osten der Ukraine aufgibt, die Infiltranten heim ins russische Reich holt. Bleibt „nur“ noch zu klären wer das Beseitigen der Schäden in der Ukraine bezahlt. Ist ganz einfach, alle russischen Oligarchen samt ihrem Oberoligarchen dürfen eine Milliarde ihrer Vermögen behalten. Der sehr große Rest finanziert den Wiederaufbau in der Ukraine. Das wird ein, mein Traum bleiben. Die Kraft, die „Beute“ festzuhalten, wächst mit der Größe der Beute. Und Anwälte wollen auch gerne gut leben.
    Wahrscheinlich wird dann die Internationale Staatengemeinschaft die Wiederaufbaukosten übernehmen. In der Zeit bis dahin haben die Oligarchen genug Zeit, Strohfirmen zu gründen um den Wiederaufbau zu managen und damit Geld einzunehmen. Um so mehr, je länger der Krieg dauert.

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