Frankfurt wurde meine zweite Heimat

von Cäcilia Heil

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Nach der Flucht im Januar 1945 aus Kattowitz (Oberschlesien)) kamen meine Eltern, meine neun jährige Schwester und ich (13 Jahre alt) nach Tetschen-Bodenbach. Dort wurde ich durch plötzlichen Bombeneinschlag verschüttet und war eine Woche fast gehörlos. Im Freien wurden wir bis in die letzten Kriegstage von Tieffliegern beschossen.

heil-damals-bearbeitetNach einer Odyssee von zwei Jahren kamen wir 1947 in Görlitz an. Dort besuchte ich das Konservatorium. In einer Vorlesung zur Musikgeschichte traten zwei Funktionäre auf die ich darauf hinwies, dass hier nicht Politik sondern Musikgeschichte dran wäre. Das war mein Ende in Görlitz. Der Direktor des Konservatoriums hat mich gewarnt und mir empfohlen, in den Westen zu verschwinden. So kam ich 1950 mit 18 Jahren nach Frankfurt. Mein Bruder hatte hier für zwei Monate ein Engagement, hier kam ich erst einmal unter. Die Caritas vermittelte mich als Hausangestellte – für 50 DM im Monat bei freier Kost und Logis.

Cäcilia Heil im Jahr 1948
in Frankfurt.
Foto: privat

In meiner Freizeit setzte ich an der Musikhochschule mein Studium fort. Herr Molzahn vermittelte mich an einen Kollegen, der mir unentgeltlich Unterricht gab, da ich als sehr begabt eingestuft wurde. Leider musste ich diese Laufbahn abbrechen, da sich mein Gehör besonders bei den hohen Tönen als dauerhaft geschädigt erwies.

Frankfurt war 1950 noch sehr zerstört und das Leben nicht einfach, trotzdem bin ich hier geblieben, Frankfurt ist meine zweite Heimat geworden. Als Flüchtling war ich ohne Unterstützung, oft stieß ich an meine Grenzen.

Dann habe ich meinen Mann kennengelernt, auch ein Flüchtling, kriegsbedingt ohne Schulabschluss und Beruf. Heute bin ich fast 84 – mein Leben ist (war) wie ein Roman – voller Leben und voller Wunder.

heil-heuteIch lebe noch immer, bin ein interessierter Mensch und nehme am Tagesgeschehen teil. Ich bin froh und glücklich, dass die Flüchtlinge heute so gut aufgenommen werden. Ein großes Lob und Danke an die vielen ehrenamtlichen Helfer! So wird einem bewusst, wie gut es uns doch nach 70 Jahren Frieden geht.

Cäcilia Heil, geboren 1932,
kam 1950 nach Frankfurt,

wo sie heute noch lebt.
Sie war 45 Jahre lang verheiratet,
ist verwitwet, hat zwei Söhne und drei Enkelkinder.
Foto: Privat


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