Margarinebrot mit gehacktem Knoblauch
von Edeltraut Bickel
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Im Juni 1945 wurden wir in wilder Vertreibung von den Polen über die Oder westwärts gejagt. Mein Vater starb 1946 auf dem Rücktransport aus russischer Gefangenschaft. Über mehrere Flüchtlingslager (mit Entlausung etc., ich hatte Krätze) kamen wir aus der Sowjetische Besatzungszone in die englische Besatzungszone (Südwestfalen). Meine Mutter hat nur knapp Typhus überlebt, sonst wären mein Bruder (Jg.1936) und ich Vollwaisen gewesen.
In der damaligen Volksschule wollte niemand neben mir sitzen, da ich als Schulbrot nur ein Margarinebrot mit kleingehacktem Knoblauch hatte. Die Schulspeisung war ein Segen gegen meinen allgegenwärtigen Hunger. Mein Bruder trug aus Not hohe Schuhe, die unten mit Nägeln beschlagen waren. Er wurde deshalb im Kindergottesdienst ausgelacht und ging dann nie mehr hin.
Ich habe bis ca. 1953 nur Kleidung aus amerikanischen Kleiderspenden getragen und ich war sehr stolz, als ich endlich ein Paar Schuhe bekam, die neu waren. Zur Konfirmation bekam ich ein schwarzes Kleid aus Futterseide genäht.
Mein Mann, der kein Flüchtlingskind war, erinnert sich noch heute, wie in Hessen Flüchtlingskinder auf dem Schulhof bespuckt wurden.
Edeltraut Bickel, Berlin