NSA: Die USA haben sich aus der westlichen Wertegemeinschaft verabschiedet

Das deutsch-amerikanische Verhältnis ist in seinem Kern erschüttert. Gestern wurde ein weiterer Fall bekannt, wie die USA Deutschland ausspionieren, diesmal im Verteidigungsministerium. Kürzlich erst war ein Doppelagent aufgeflogen, der geheime Dokumente gesammelt und an die CIA weitergereicht hatte – pikanterweise Dokumente aus dem Umkreis des NSA-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich diesmal nicht ganz so weichgespült, wie man es sonst von ihr gewohnt ist: Zwar sprach sie von einem „ernsthaften Vorgang“ (was auch immer das ist; vielleicht das Gegenteil von einem lustigen Vorgang?), sie sagte aber auch: „Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, ist das ein klarer Widerspruch zu dem, was ich unter vertrauensvoller Zusammenarbeit der Dienste und von Partnern verstehe.“ Achtung, genau hinlesen: Sie sprach von Partnern, nicht mehr von Freunden oder Freundschaft wie noch damals, als herauskam, dass ihr Handy abgehört wurde.

Die USA sind dabei, auch noch ihre letzten Sympathisanten zu vergraulen. Selbst ihren engen Verbündeten gegenüber gerieren sie sich als imperiale Großmacht, die tun und lassen kann, was sie will – einfach deswegen, weil sie es eben kann. Das zweifellos berechtigte Interesse, terroristische Aktivitäten frühzeitig aufzuklären und so Anschläge zu verhindern, rechtfertigt nicht die Bespitzelung des Parlaments einer Partnernation. Hier drängt sich der Verdacht auf, dass die USA die Terrorismusbekämpfung nur als Vorwand benutzen, um auch noch an ganz andere Informationen heranzukommen. Der Zweck heiligt die Mittel. Doch diese Aktionen untergraben die transatlantische Partnerschaft. Ich habe den Eindruck, dass die USA in ihrer Paranoia überhaupt nicht begreifen, was sie da eigentlich anrichten. Klarer können sie eigentlich nicht mehr sagen, dass ihnen Partnerschaft und Rechtsstaat nichts bedeuten.

Es lohnt an dieser Stelle, einen kurzen Blick auf die innere Verfassung der USA zu richten, denn die hat sich nach 9/11 entscheidend verändert. Schon wenige Tage nach den Anschlägen zog Präsident George W. Bush ein Gesetzespaket aus der Schublade, das so umfassende und weitreichende rechtliche Folgen hatte, dass es dort, in der Schublade, schon gut vorbereitet gelegen haben muss. „Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism Act“ heißt das Machwerk, zu deutsch: Gesetz zur Einigung und Stärkung Amerikas durch Bereitstellung geeigneter Instrumente, um Terrorismus aufzuhalten und zu blockieren. Abgekürzt: USA PATRIOT Act.

Seitdem dürfen die Sicherheitsbehörden auch ohne Anfangsverdacht ermitteln. Die Abhörbefugnisse wurden erweitert. Zwar müssen Abhöraktionen auch weiterhin von einem Richter abgesegnet werden, wie das in Rechtsstaaten üblich ist, aber nach dem PATRIOT Act darf ein Richter seine Zustimmung nicht mehr verweigern. Das sind nur zwei von vielen Beispielen, wie den Behörden Kompetenzen zugeschanzt wurden. Die Obama-Administration hat das eine oder andere wieder zurückgenommen, aber die Spielräume für die Ermittlungsbehörden sind immer noch so groß, dass sie nicht mehr rechtsstaatlich genannt werden können. Mit dem PATRIOT Act haben die USA sich mit Siebenmeilenstiefeln auf den Weg Richtung Überwachungsstaat gemacht. Von nun war jeder verdächtig. Das ist dort drüben mittlerweile derart selbstverständlich, dass die US-Amerikaner uns nicht mehr verstehen.

Wie die Recherchen des US-Journalisten Jeremy Scahill („Schmutzige Kriege“) zeigten, brechen die USA nicht nur andauernd das Völkerrecht (Drohnenkrieg), sondern es wird auch geltendes US-Recht gebrochen. Der islamische Prediger Anwar al-Awlaki, in dem US-Behörden einen al-Qaida-Anführer sahen, wurde am 30. September 2011 im Jemen durch eine Drohnenattacke der CIA getötet. Al-Awlaki war US-Staatsbürger. Nach geltendem Recht hätte ihm in den USA der Prozess gemacht werden müssen, wobei er natürlich auch – so ist das eben in Rechtsstaaten, und so hat es kürzlich ja auch Hillary Clinton bei Günther Jauch für Edward Snowden vorgeschlagen – Gelegenheit erhalten hätte, sich zu verteidigen. Dieses Rechtsstaatsprinzip hat Barack Obama gebrochen, als er den Tötungsbefehl für al-Awlaki unterzeichnete. Er hat die juristischen Funktionen von Ankläger, Richter und Henker in seiner Person zusammengezogen und sich damit ein Recht angemaßt, das ihn außerhalb jeder rechtsstaatlichen Norm stellte. Damit hat Obama die Büchse des Totalitarismus geöffnet.

Die USA heute sind nicht mehr die USA, die nach dem Zweiten Weltkrieg unsere Schutzmacht und Partner oder vielleicht auch unsere Freunde waren. Natürlich haben sie auch damals schon immer ihre eigenen Interessen verfolgt, doch im Kalten Krieg waren das oft genug auch die (west-)deutschen Interessen. Das hat sich erst mit George W. Bush grundlegend geändert. Mit ihm kam in Washington eine Generation der sogenannten Neocons an die Macht, die nach dem Sieg über den Sozialismus – so empfanden sie das jedenfalls – jegliches Maß verloren hatte. Und dies verbunden mit einem religiösen Sendungsbewusstsein, dass man mit Fug und Recht fundamentalistisch nennen kann. Diese Leute hassten die „Quasselbude am Hudson“ (Richard Perle über die UNO) und neigten zu einsamen, unilateralen Entscheidungen. Der zweite Irak-Krieg war längst beschlossene Sache, als Außenminister Powell noch vor der UNO dafür warb, und wer nicht mitzog, war „altes Europa“ (Donald Rumsfeld). George W. Bush und seine Kumpane haben die USA tiefgreifend verändert. Deswegen ja damals auch der Jubel über den Wahlsieg von Barack Obama, von dem sich die Welt erhoffte, dass die USA unter seiner Führung zu alten Tugenden zurückkehren würden.

Wie wir jetzt erleben müssen, ist das nicht der Fall. Im Gegenteil: Obama hat die Entwicklung weitergetrieben. Unter seiner Führung haben sich die USA aus der westlichen Wertegemeinschaft verabschiedet. Da bleibt nur eines übrig: Das „alte Europa“ muss neue Wege gehen. Ohne die USA. Oder vielleicht kann es noch gelingen, die US-Amerikaner zur Vernunft zu bringen? Wie wäre es mit einem Warnschuss? Lasst uns Ramstein schließen. Auch wenn es Verträge über die Nutzung der US-Basis gibt. Die USA halten sich ihrerseits ja ebenfalls nicht ans Recht. Das hätte für Deutschland den Vorteil, dass eine weitere US-Anmaßung beseitigt würde, denn wie das ARD-Politmagazin Panorama vor einer Weile recherchiert hatte, werden die widerrechtlichen Drohnenattacken im Mittleren Osten maßgeblich von Ramstein aus koordiniert, also von deutschem Boden aus. Deutschland wird auf diese Weise zum Mittäter. Damit muss Schluss sein!

Rolf Thiele aus Rodgau meint zu den neuen Spionagefällen:

„Geht’s noch? Man erkennt die Absicht und ist verstimmt. Jetzt geht diese PR, sprich Abwiegelungsmaschinerie, richtig los. Da äußert sich ein CSUler im Fernsehen, dass dieser Doppelagent eigentlich eine Eselei begangen hat, er sei ein richtiger „Depp“. An anderer Stelle wird dann abgewiegelt, das seien ja doch nur ein paar unwichtige Pamphlete, die dieser Mensch „weitergegeben“ hat.
Wie immer: Der Wähler wird für dumm verkauft; er (der Wähler“ ) soll sich nicht mit diesen „Petitessen“ abgeben und ruhig bleiben. Hillary C. hat sich ja schon aus amerikanischer Sicht dazu geäußert: Wir haben nun einmal Geheimdienste und die dürfen jeden abhören. Angie, die Ärmste, darf natürlich nicht abgehört werden. Zu der habe man Vertrauen. Jeder andere Mensch ist verdächtig, selbst wenn man die Grundrechte in diesen BNDNSA-„Fällen“ mit Füßen tritt. Wie lange müssen wir uns das gefallen lassen? Hoffen wir, dass in naher Zukunft diese Sauereien den verantwortlichen und handelnden Politiker auf die Füße fallen. Wir können nicht ewig unter der Paranoia der amerikanischen Administration leiden! “

Peter Myrdal aus Borrego Springs (USA):

„Ich schätze den Kommentar von Christian Schlüter sehr. Nur drei Anmerkungen:
1. Kein Asyl für Snowden in Deutschland!
2. Ob unser Bundespfarrer Herr Gauck hier eine Rede hält oder in China ein Sack Reis umfällt, was kümmert es die USA.
3. Offensichtlich traut Herr Schlüter seiner eigenen Analyse nicht. Wenn Snowden in Deutschland Asyl bekäme würde er vom US Geheimdienst/Militär entführt oder von einer Drohne gekillt. Was interessieren die USA deutsche Gesetze? Sie wollen Snowden, er ist für Sie ein Verräter, lebendig oder tot. Deutschland hätte dann Blut an seinen Händen, das wäre fatal.
So sehr ich Snowden wünsche, in einem Land seiner Wahl zu leben: Wenn er überleben will ist er nur in Russland oder China sicher. Wir sollten aufhören Asyl für Snowden in Deutschland zu fordern, weil wir es nicht garantieren können.“

Herbert Schild aus Nümbrecht:

„Wozu braucht man da noch Feinde, wenn man solche Freunde hat. Da gibt es nur eine Antwort: Raus mit den Betroffenen aus der Botschaft. Sicheren Aufenthalt für Snowden zur Aussage, nur so kann man den Sumpf vielleicht austrocknen. Auch wenn wir den Amerikanern viel verdanken, rechtfertigt das nicht alles.“

Peter Vogelgesang aus Walldorf:

„Dank sei dem Ex.Mitarbeiter der NSA,der vor dem Untersuchungsausschuss den Bundesnachrichtendienst BND als Wurmfortsatz der NSA bezeichnet hat. Ich gehe da noch einen kleinen Schritt weiter und würde Deutschland als Wurmfortsatz der USA bezeichnen. Seit Adenauers Zeiten wächst dieser Wurm schamlos und im Geheimen. Der deutsche Spießer scheint davon nichts mitzubekommen. Ein Glück nur,dass es eine kleine Minderheit ist, die die Flagge dieses unterwürfigen Deutschlands öffentlich zeigt, eines Landes, dessen Politiker aus CDU und SPD uns betrügen und belügen, gerade wie es ihnen passt. Merkel und Co sollten sofort zurücktreten. Sie sind völlig unfähig, uns in dieser Welt zu vertreten. Vermutlich wird aber wieder der kleinste Mann in der Kette, nämlich der BND-Präsident, in den krankheitsbedingten vorzeitigen Ruhestand geschickt.
Es ist an der Zeit, den Nachkriegszustand in Deutschland zu beenden und alle amerikanischen Soldaten sofort des Landes zu verweisen, inklusive aller amerikanischen Spione aus der US-Botschaft in Berlin und allen anderen Konsulaten.“

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17 Kommentare zu “NSA: Die USA haben sich aus der westlichen Wertegemeinschaft verabschiedet

  1. Was lese ich heute, unsere Politiker der GROKO wollen den erwischten Spion der USA ausweisen. Toll. Als der Kalte Krieg noch existierte wurden Spione eingesperrt. Und solange es Aufzeichnungen über die Geschichte gibt,wurden Spione eingesperrt oder hingerichtet. Wir wollen unsere Freunde aber nicht verärgern.
    Armes Deutschland. Wann wachen die Deutschen endlich auf!!!

  2. Nachdem sich unsere Regierung in Sachen NSA-Abhör- und Spionageskandal als “ politischer Total-Ausfall“ erweist und auch die vorherige Administration ja schon einmal durch den Kanzleramtsminister Profalla die Spionagetätigkeit der USA regierungsamtlich als beendet erklärte, können die Bürger nur froh sein, dass jetzt unser Bundespräsident Gauck so viel politische Courage aufbringt und unseren Politikern ein bisschen Dampf unter den Mantel des Schweigens geblasen hat.
    Natürlich wissen alle wie delikat das Thema für unsere Beziehungen zu den USA ist und wie bescheiden unser politisches Gewicht und unsere technische Kompetenz ist, um hier auf Augenhöhe den Amerikanern zu begegnen. Niemand kann daran interessiert sein, unsere notwendigen und dauerhaften Bindungen über den Atlantik hinweg zu gefährden. Doch von der gemeinsamen Wertegemeinschaft und Freundschaft zu reden, aber Ereignisse hinzunehmen, die schon eher einen feindseligen Charakter haben, kann doch nicht länger durch Schweigen und Übersehen geduldet werden. Von Freundschaft zwischen Staaten zu reden, ist ohnehin eine falsche Begrifflichkeit. Freundschaft können nur Menschen mit- und untereinander pflegen. Staaten haben immer nur Interessen, die, wenn sie übereinstimmen, zu Gemeinsamkeiten führen können. Wenn sich weiter zeigen sollte, dass unsere politische Führung keine Traute hat, der amerikanischen Administration, energisch und auch mit Konsequenzen versehen, klar zu machen, dass sie bei aller zu unterstützenden Terroristenabwehr unsere Verfassungsrechte zu respektieren hat, dann werden die Bürger erkennen, dass die Kanzlerin ihrem Amtseid „Schaden vom deutschen Volk abzuwehren“ nicht entspricht und deshalb selbst in großer Zahl die Einzelkämpfer unterstützen muss, die jetzt schon für unsere Rechte agieren.

  3. Da wundere ich mich schon, worüber sich meine Mitbürger eigentlich beklagen?
    Wer allerdings kein Interesse an kritischem Denken, Technik i.A., oder der komplizierten Rechtslage nach 1945 hat, der wird auch jetzt die Problematik nicht verstehen können; wie sollte er auch?

    Schon die Geschichte von Kryptografie und Postüberwachung bis ca. 1920 in Europa und Nordamerika reicht eigentlich aus zu einem qualifizierten Verdacht zu kommen: Was technisch möglich ist, wird auch gemacht. Wurde schon zum WK 1 mit enormen Personaleinsatz die Post quergelesen, auf Mikropunkte, Semagramme, Geheimtinten usw. geprüft, sogar Strickmuster nachgestrickt oder Pullover aufgedröselt um z.B.eine Knotenkodierung der Fasern zu erkennen, so war klar das COMINT und SIGINT breite Fundamente der Sicherheitspolitik von UK und USA waren und sind.
    Auch in Unterseetelegraphenkabel hat sich sobald das möglich war, schon der eine oder andere Dienst eingeschleift und mitgelesen.
    Und diese Tätigkeiten haben ja aus Sicht der Betreiber ganz erhebliche Früchte getragen: Schon die „Michel“-Offensive von 1918 konnte verfolgt und aufgehalten werden,deutsche Handelsstörer oft genug gestellt und versenkt werden. In den nach demKrieg einsetzenden Besitzverschleierungstätigkeiten der unterlegenen Mittelmächte konnte auch ansatzweise Licht gebrachtt, und diese Aktivitäten für eigene Zwecke genutzt werden.
    Und das setzt sich bis Heute fort, wer will kann zur „Full Spectrum Dominance“ das Grundsätzliche offen nachlesen. Nach wie vor sind lediglich die zugehörigen Techniken und Methoden geheim.

    Was die Rechtsstellung und Souveränität der dt. Regierungen angeht, so darf man da auch keiner Illusion erliegen.
    Aufgrund des enormen Aufklärungsaufkommens dürfte unsere Politische Klasse zu wesentlichen Teilen Verfügungsmasse ausländischer Nachrichtendienste darstellen.

    Der Terrorabwehr dient das Ganze nachweislich nicht, und kann das auch vom Ansatz her nicht wirklich
    leisten.

    KM

  4. Mich beschleicht der Verdacht, daß diese ganze Empörung und Entrüstung unserer Regierungsverantwortlichen einschl. unseres BP nur gespielt ist. Es werden im Hintergrund ganz andere Aktionen und Deals laufen, nämlich der Art: „Wendet Ihr euch von uns ab, dann lassen wir Euch im Regen, im islamistischen, stehen. Wißt Ihr nicht, wieviele potentielle Attentate wir schon verhindert, Attentäter ausgeschaltet haben? Wenn Ihr alleine klarkommen wollt, gut, macht nur. Aber dann müßt Ihr auch die Folgen tragen, wenn der Dschihad in deutsche Städte getragen wird und es deutsche Bürger erwischt.“

    Und wenn sich sogar die europäische Kommission für die Unterzeichnung des undemokratischen TTIP-Wahnsinns ausspricht, dann ist wohl auch die Idee, auf europäischer Ebene ein Gegenstück zur US-Schnüffelei – als Notmaßnahme – zu entwickeln, für den Ofen. Abgesehen davon, daß auch dies im Ergebnis nicht anders aussehen würde. Geheimdienste funktionieren eben am besten in einer Diktatur, und der Bürger und die Bürgerin sollten wissen: Es ist ja alles zu ihrem Besten.

  5. Nachdem sich unsere Regierung in Sachen NSA-Abhör- und Spionageskandal als “ politischer Total-Ausfall“ erweist, können die Bürger nur froh sein, dass Bundespräsident Gauck so viel politische Courage aufbringt und unseren Politikern ein bisschen Dampf unter den Mantel des Schweigens geblasen hat.
    Natürlich wissen alle, wie delikat das Thema für unsere Beziehungen zu den USA ist und wie bescheiden unser politisches Gewicht und unsere technische Kompetenz sind, um auf Augenhöhe den Amerikanern zu begegnen. Niemand kann daran interessiert sein, unsere notwendigen und dauerhaften Bindungen über den Atlantik hinweg zu gefährden. Doch von der gemeinsamen Wertegemeinschaft und Freundschaft zu reden, aber Ereignisse hinzunehmen, die schon eher einen feindseligen Charakter haben, kann doch nicht länger durch Schweigen und Übersehen geduldet werden. Von Freundschaft zwischen Staaten zu reden, ist ohnehin eine falsche Begrifflichkeit. Freundschaft können nur Menschen mit- und untereinander pflegen. Staaten haben immer nur Interessen, die, wenn sie übereinstimmen, zu Gemeinsamkeiten führen können. Wenn sich weiter zeigen sollte, dass unsere politische Führung keine Traute hat, der amerikanischen Administration, energisch und auch mit Konsequenzen versehen, klar zu machen, dass sie bei aller zu unterstützenden Terroristenabwehr unsere Verfassungsrechte zu respektieren hat, dann werden die Bürger erkennen, dass die Kanzlerin ihrem Amtseid „Schaden vom deutschen Volk abzuwehren“ nicht entspricht und deshalb selbst in großer Zahl die Einzelkämpfer unterstützen muss, die jetzt schon für unsere Rechte agieren.
    Erwin Hasselbach, Königstein

  6. Hallo Herr Fladung,

    die „Terroreinrede“ hat ja auch ein ordentliches Erpressungs- und Bestechungspotenzial. Man kann den jeweiligen Innenminister als Helden oder Idioten darstehen lassen ganz nach Belieben.

    Und eine weitgehend schmerzfreie 4. Gewalt jubelt,trotz der im Einzelfall aufkommendne Widersprüche, dann dazu.

    Und das die EU-Kommission noch vor Neid auf die Möglichkeiten der US-Überwachungsmaschinerie grün anläuft, merk auch jeder der mit europäischen Sicherheitsforschungsprogrammen zu tun hat.

    KM

  7. Die USA tun, was die USA glauben, in ihrem nationalen Interesse tun zu müssen. Die deutsche Bundesregierung hat offenbar nicht einmal nationale Interessen. Das, was die USA in der BRD tun, ist nämlich völlig legal. Und zwar deswegen, weil fast die gesamte politische Kaste der BRD dies genauso abgesegnet hat. Drei Abkommen bzw. Gesetze sind hierbei zu berücksichtigen.

    1. Wesentliche Grundlage ist das NATO-Truppenstatut und insbesondere der Artikel 3, Absatz 2 des „Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut“ vom 3. August 1959.

    2. Eine weitere wesentliche Grundlage ist eine Note vom 27. Mai 1968 aus dem Auswärtigen Amt. Darin wird den Alliierten ausdrücklich bescheinigt wird, dass sie unabhängig von Nato-Recht, von dieser Zusatzvereinbarung zum Nato-Truppenstatut oder auch eines Notstandes in der Bundesrepublik berechtigt sind, im Falle einer unmittelbaren Bedrohung der Streitkräfte die angemessenen Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um die Gefahr zu beseitigen.

    3. Im sogenannten G10 Gesetz wird den Amerikanern das Recht eingeräumt, alle Fernmeldeaktivitäten in Deutschland anzuzapfen.

    Diese Regelungen haben nach dem 11. September 2001 ihre Bedeutung voll entfaltet, denn nach dem Anschlag auf das World Trade Center wurde von Präsident George W. Bush der Nato-Bündnisfall ausgelöst und der Krieg gegen den Terror erklärt. Auch das geschah auf rechtlicher Grundlage, wenngleich auch diesmal wieder „streng geheim“.

    Die Zeitschrift German Foreign Policy schreibt:

    „Völlig ungeklärt ist nach wie vor die Rolle einer ebenfalls streng geheim gehaltenen NATO-Vereinbarung vom 4. Oktober 2001. Der Schweizer Liberale und ehemalige Sonderermittler des Europarats Dick Marty hat mehrmals darauf hingewiesen, dass das Kriegsbündnis unmittelbar nach der offiziellen Ausrufung des Bündnisfalls an diesem Tag eine Geheimsitzung abhielt, auf der die Geheimdienste, geführt von der CIA, faktisch freie Hand im “Anti-Terror-Krieg” erhielten – die Verschleppung von Verdächtigen mutmaßlich inklusive. Der Bündnisfall ist, wie der Deutsche Bundestag zuletzt am 13. Dezember 2012 bestätigte, weiterhin in Kraft.“

    Deutschland hat durch diese geheimen Konstrukte also weitgehende Rechte an seiner Souveränität abgetreten.

    In einer Diskussion in Stuttgart wurde Merkel am 21. August 2013 gefragt, ob denn nun die deutsche Souveränität existiere oder nicht. Merkel sagte, dass die deutsche Souveränität „eigentlich“ mit dem Zwei-Plus-Vier-Abkommen zur deutschen Wiedervereinigung hergestellt worden sei. Nach dem Auftreten von Edward Snowden „haben wir jetzt festgestellt“, dass es noch spezielle Absprachen mit den Alliierten gab. Hier habe man Absprachen gefunden, „die darauf hingedeutet haben, dass in bestimmten Fällen die, sag ich mal, Souveränität unseres Geheimdienstes nicht voll gewährleistet wäre“.

    Merkels Antworten waren gewohnt schwammig. In diesem Fall hat die Bundeskanzlerin jedoch schlicht nicht die Wahrheit gesagt. Ob wissentlich oder unwissentlich tut im Grund nichts zur Sache. Gespielte Empörung, künstliche Tränen, blumige Formulierungen: alles nur Volksverarsche! Ein Volk, das sich das gefallen lässt, solche Leute immer wieder wählt und seine eigenen, nationalen Interessen nicht artikuliert, hat es aber wohl nicht besser verdient.

    Die Deutsch-Türkische Nachrichten – Bündnisfall nach 9/11: NSA-Spionage in Deutschland ist völlig legal:

    Wegen der Nato-Mitgliedschaft und der bis heute nicht widerrufenen Proklamation des Bündnis-Falls nach dem 11. September 2001 bleibt die Souveränität Deutschlands eingeschränkt. Die Amerikaner agieren vollkommen legal: Sie können in Deutschland alles und jeden abhören. Die Bundesregierung weiß das natürlich auch. Ihre Erregung ist eine bemerkenswerte schauspielerische Leistung.

    In diesem Artikel finden Sie auch eine Reihe informativer weiterführender Links (farblich nicht immer gut zu erkennen) und ein Video.

    Wolfgang Fladung hat in anderem Zusammenhang (#5 zu TTIP) auf den Amtseid der Bundesregierung verwiesen. Manchmal glaube ich, man sollte ausserdem den Artikel 20 GG stärker ins Bewußtsein bringen:

    Artikel 20

    (1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

    (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

    (3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

    (4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

  8. Wer diesen umfangreichen Beitrag des ehem. Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar in den „Blätter für deutsche und internationale Politik“, siehe hier: https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2014/juli/privatsphaere-als-menschenrecht, gelesen hat, der muß sich doch fragen: Welches Recht gilt eigentlich? Die USA berufen sich auf ihr Landesrecht, in welchem die Datenschnüffelei nicht strafbar ist. Lt. Schaar gibt es aber einige Europarats-Beschlüsse und auch Abkommen der UN, welche auch die USA unterschrieben haben, die dem widersprechen. Ja was denn nun? Könnten wir vor dem Intern. Gerichtshof klagen, mit der Aussicht auf Erfolg? Aber, gesetzt den Fall, der Gerichtshof würde eine Klage positiv bescheiden – ginge das nicht den USA am A. vorbei?

    In dem Schnüffel-Zusammenhang etwas gaaanz Anderes: Die Schnüffelei der Dienste ist das Eine, der sich selbst gläsern machende Bürger aber das Andere. Vielleicht ein eigenes Thema, lieber Bronski… Aber ich finde, wir BürgerInnen sollten uns schon überlegen:

    – muß ich Online-Banking machen?
    – muß ich mit Karte zahlen, damit jeder weiß, was ich wo gekauft habe? Bargeld lacht, sagten wir früher.
    – muß ich Handy-mäßig immer online sein, weil selbst im Stand-by-Betrieb ich geortet werden kann, wenn ich z.B. an einer Versammlung der Linken oder von Foodwatch teilnehmed. Es sind also Bewegungs-Protokolle erstellbar.
    – habe ich ein funktionierendes AV-Programm auf meinem Rechner, regelmäßig upgedated?
    – welchen Provider nütze ich, und welche Software?
    – wo hinterlasse ich welche Spuren, lösche ich regelmäßig Chronik bzw. Verlauf und mache Datenträger-Bereinigung? Und was habe ich überhaupt über mich elektronisch, also zugreifbar, abgespeichert?
    – bin ich ein Sklave geworden der mobilen Kommunikation, zugeschüttet von 1000 Apps?
    – wie weit bin ich digitalisiert und wie weit noch analog im Leben dabei, z.B. mit meinem alten Telefon aus den 80ern?

    Diskussion wäre spannend, erfrischend, und vielleicht um mehr Tipps erweiterbar. Wer seine Haus-, Hof- oder Wohnungstür offen läßt oder nicht abschließt, erleichtert es den Einbrechern. Bei der Versicherung haftet er zumindest mit. Dies soll jetzt kein Freibrief für die Dienste sein, aber wir Bürger sollten es ihnen zumindest nicht allzu leicht machen.

  9. Der Begriff „Wertegemeinschaft“ ist hier schon sehr treffend.
    Wie sehr die ganze Perversion der Situation schon akzeptiert ist, zeigt sich in dem scheinbar harmlosen und oberflächlich einsichtigen Satz:
    „Wer seine Haus-, Hof- oder Wohnungstür offen läßt oder nicht abschließt, erleichtert es den Einbrechern.“
    Zunächst gilt es, das Normale zu definieren: „Wer die Türen offen läßt, erleichtert es den Freunden.“ In dem Satz steckt mehr, als man zunächst vermutet.
    Eine defensive Aufrüstung, nämlich die intensive und effektive „Verschlossenheit“, wird schnell und ohne große Probleme durch die intensivere und effektivere Aufrüstung der Feinde beantwortet. Jede materielle Abwehr, die von Menschen erdacht ist, kann auch durch Menschen durchbrochen werden. Niemand kann sich durch Verschließen sichern, ohne eingeschlossen zu sein, niemand kann Mauern errichten, die nicht immer stärkere Mauerbrecher hervorrufen. Zudem führt diese „Verschlossenheit“ dazu, daß man weniger Freunde hat.

    Ich kürze ab: Die einzige Sicherheit, die man haben kann, ist, mehr Freunde als Feinde zu haben und dafür zu arbeiten, daß diese im Falle des Falles zur Stelle sind. Dazu gehört, daß Freunde, Nachbarn, Wertegemeinschaften sich als solche erweisen: Sie haben freien Zugang zu Haus und Hof und werfen Feinde aus dem Haus, aber sie durchstöbern nicht die Kammern und Schränke. Wenn jemand da ist, auf den man sich verlassen kann, kann man Haus und Hof getrost verlassen, eine Burg ist auch eine Burg für den Eindringling.

    Die Perversion zeigt sich in dem Bestreben, überall und immer die Feinde zu erkennen. Das ist ein unstillbares Verlangen.

    Woran erkennt man Freunde?

  10. # 9, BvG: Sie haben insoweit Recht, als Abrüstung vor Aufrüstung gehen sollte und Freunde bzw. eine gute Nachbarschaft auch einen Schutz vor „ungebetenen“ Gästen bieten. Ich wollte eher auf etwas Anderes hinaus, und hätte dies vielleicht erläutern sollen: Wer sorglos mit seinem Eigentum, mit seiner Privatsphäre und mit seinen Lebensgewohnheiten umgeht, kann beneidet werden. Er könnte aber durch seine Lebensweise auch einladen zum Mißbrauch, daher z.B. auch der Hinweis mit dem Handy, welcher in der Funktion gerade jetzt im Gaza-Streifen und im Westjordanland vom israelischen Militär äußerst „zielführend“ gegenüber der Hamas angewandt wird.

    Zu Ihrer (rhetorischen?) Frage, woran man Freunde erkennt: Meine Freunde erkenne ich an ihrer Zuverlässigkeit, an ihrer Bereitschaft, für mich dazusein und daran, mich so sein zu lassen, wie ich bin, und nur bei groben Schnitzern meinerseits vielleicht zu fragen: Muß(te) das sein?

    In unserer mobilen Gesellschaft haben Sie mit Freunden nur dann ein Problem, wenn Sie, wegen Arbeit, neuem Partner, Pflege von Angehörigen etc. den Wohnort wechseln müssen. Alles, was über 100 km geht, nagt auch an alten Freundschaften, die sie zurück lassen. Glücklich, wer schnell neue findet.

  11. (Link abgelehnt, Anm. Bronski) In diesem Link sagt Albrecht Müller von den NachDenkSeiten, daß die Ausweisung des Geheimdienst-Repräsentanten der USA nur „inszenierter Theaterdonner“ sei. Eine Ansicht, die ich teile. Eben Opium für das Volk.

    Es geht bei der Schnüffelei für mich auch nicht so sehr um den angeblichen Hauptgrund: Abwehr von Terroristen. Es geht darum, zu wissen, welche Pläne den Interessen der US-Banken und Konzerne entgegen stehen könnten, wie z.B. das Grummeln rund um den Dollar als Leit(d!)währung. Euro oder Yuan als neue intern. Leitwährung? Das muß unbedingt verhindert werden.

  12. Dümmliches Herumgeklapper zwischen den zwei mächtigsten Staaten der Welt, weil sie sich darüber einigen können, ob die Informationen direkt, durch sorglose Flurgespräche oder durch Wanzen, oder aber lieber doch durch ein Schmierblatt in die Welt gebracht werden.

    Gleichzeitig die Unfähigkeit der mächtigsten Staaten der Welt, den kleinsten Staaten der Welt die Waffen aus der Hand zu nehmen. (Palestina/Israel).

    Wozu spionieren die denn? Um die Friedlichen beim Friedlichsein zu erwischen?

  13. @ BVG,

    haben Sie heuet eine humoristische Ader? „Frieden und Ausgleich“?
    Das Handeln war noch nie darauf abgestimmt, es ging immer und geht um schüren begrenzter Konflikte: divide et impera eben.

    KM

  14. @ Bronski: Danke für den Hinweis. Da ich die FR – nicht mehr – im Abo habe, wußte ich nicht, das dieser Hinweis in der Rundschau stand. Nix für ungut! (…)

    (…) Passage gelöscht, Anm. Bronski

  15. Hoffentlich wird sich bei der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung die Erkenntnis durchsetzen, dass Staaten keine Freunde haben sondern Interessen. Dementsprechend sollte reagiert/regiert werden.

  16. Was lese ich, unsere Politiker der GROKO wollen den erwischten Spion der USA ausweisen. Toll. Als der Kalte Krieg noch existierte wurden Spione eingesperrt. Und solange es Aufzeichnungen über die Geschichte gibt,wurden Spione eingesperrt oder hingerichtet. Wir wollen unsere Freunde aber nicht verärgern. Armes Deutschland. Wann wachen die Deutschen endlich auf!!!

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