Erwachsene Stimme im geistigen Kindergarten

An FR-Kolumnist Michael Herl scheiden sich die Geister. Die einen können herzlich über seine Texte lachen, den anderen bleibt das Lachen im Halse stecken. Das war so bei seinen Texten über den Regionalflughafen Kassel-Calden, und jetzt ist es wieder so. „Heiliger Mumpitz“ hieß seine Kolumne vom 9. Juli, die ich hier per Scan zugänglich mache:

Hintergrund: Der 2005 verstorbene Papst Johannes Paul II. soll heiliggesprochen werden, da er Wunder gewirkt habe. So hat er angeblich eine Frau von Parkinson geheilt. Es ist eine durch und durch wunderbare Geschichte, und ich kann Michael Herl verstehen, dass er nicht mehr an sich halten konnte und diese Kolumne schreiben musste. Er entschuldigt sich darin sogar dafür, dass er mal wieder Gefühle verletze. Dass er das ziemlich gut hingekriegt hat, davon zeugen einige der unten folgenden Leserbriefe.

Da drängt sich doch die Frage auf: Darf der Herl das überhaupt? Darf der religiöse Gefühle anderer Menschen verletzen?

Wie schrieb Kurt Tucholsky noch gleich im Jahr 1919 im Berliner Tagblatt:

„Die Satire muss übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird, und sie kann gar nicht anders arbeiten als nach dem Bibelwort: Es leiden die Gerechten mit den Ungerechten. […] Was darf die Satire? Alles.“ (Zitiert nach Wikiquote.)

Elke Metke-Dippel aus Wetzlar meint:

„Danke, Herr Herl, für Ihren so dermaßen passenden Kommentar zu den Wundern eines Papstes. Das Ganze ist so absurd, dass frau gar nicht weiß, was sie dazu sagen soll. Aber Sie sagen es!
Vor allem Ihre Fassungslosigkeit, dass „sich Abermillionen Menschen heutzutage nochvon solchem Mumpitz ins Bockshorn jagen lassen“, trifft ins Schwarze. Die Vergewaltigung des Verstandes angesichts der ungeheuerlichen Betrügereien der katholischen Kirche – denn Wunder sind schlicht und einfach Betrug und eine nicht verantwortbare Volksverdummung – ist um ein vielfaches schlimmer als die vermeintliche Verletzung religiöser Gefühle durch das Aufdecken dieser. Wir befinden uns immer noch in einem geistigen Kindergarten und ich bin dankbar für jede erwachsene Stimme.“

Heinz Vahlenstein aus Bremen:

„Selten und schon lange nicht mehr so ausgiebig habe ich beim Lesen der FR gelacht wie bei diesem wunderbaren Ausbruch von Michael Herl. Das mit Opa Karl ist zwar geklaut, aber trotzdem gut. Gute Laune für einen ganzen Tag. Das wünscht man sich als Altabonnent der FR.“

E. Klose aus Bad Vilbel:

„Religionen haben nun mal ihre eigenen Gesetze. Ich verstehe nicht, warum Herr Herl sich mal wieder aufregen muss, dass ein Papst heilig gesprochen wurde. Das tut keinem weh, engt niemanden ein. Wenn Wunder subjektiv als solche empfunden werden, schön für die Betroffenen.
Diese arrogante Art des aufgeklärten Übervaters Herl, der noch dazu in unflätiger Sprache uns belehren will, sollte von der FR nicht noch honoriert werden. Würde Herr Herl es auch als Mumpitz bezeichnen, dass 70 Jungfrauen auf manche Gläubige im Paradies warten? Oder dass ein Bad im durch Abwässer und Tierkadaver verseuchten Ganges einen von Sünden reinigt? Da würde er sich wohl hüten aus Gründen der Toleranz und des Respekts vor anderen Religionen. Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die wir auch einfach akzeptieren können. Übrigens: Ich bin konfessionslos.“

Heinz Bethmann aus Neu-Anspach:

„Herrlich! Die Kolumne von Herrn Herl, entspricht genau den Gedanken, die ich beim Lesen von der beabsichtigten „Heiligsprechung“ empfunden habe.“

Georg Pape aus Ginsheim-Gustavsburg:

„Als Protestant kann ich Michael Herl nur zustimmen, auch wenn er gewohnt undifferenziert auf Religion und Kirchen eindrischt. Die Heiligsprechung eines Papstes für mirakulöse Ereignisse, die als „Wunder“ bezeichnet werden, ist eine Farce. Das ist geistlicher und „geistiger Kindergarten“, wie es in einer Leserzuschrift zutreffend hieß.
Aufgeklärt, wie sich Herr Herl gern selbst darstellt, sollte er aber allmählich begreifen, dass es eine historisch-kritische Forschung zur Bibel gibt, deren Wissen vielen Christen zu einem aufgeklärten Glauben verhilft. So zu tun, als sei der geistige Kindergarten in den Kirchen an der Tagesordnung, ist schlicht unredlich. Zum Wissen der historisch-kritischen Lektüre der Bibel gehört u.a. die deutliche Unterscheidung zwischen Mirakel und Wunder. Die Bibel selbst lehrt die, die es wollen, den Unterschied erkennen. Von der Heilung eines Aussätzigen wird nicht wegen des Mirakels berichtet. Das eigentliche Wunder ist sozialer und kultureller Art: Einer überwindet das Tabu, mit Aussätzigen überhaupt Kontakt aufzunehmen. Die antike Bilderwelt benutzt das Mirakel, um das eigentliche Wunder zu erzählen. So etwas könnte der gebildete Herr Herl wissen. Will er aber nicht. Und spielt damit einem christlichen Fundamentalismus in die Karten, der sich am Wortlaut statt am Geist der Bibel orientiert.
Dieser Geist lässt mich persönlich am Glauben an Wunder festhalten. Die Geburt eines Kindes z.B. ist für mich ein Wunder. Natürlich kann man dies Ereignis auch rational, wissenschaftlich, medizinisch und biologisch erklären. In dem Moment, in dem ich als Vater danebenstehe, betroffen und zu Tränen gerührt, wo ich ergriffen bin, ist dies alltägliche Ereignis für mich ein Wunder. Und ich verbitte mir, sehr geehrter Herr Herl, dass Sie mein Überwältigtsein von der Macht des Lebens als „heiligen Mumpitz“ verspotten. Stattdessen wäre es wohl gerade angebracht, in unserer rationalen und technokratischen Welt das Gespür dafür wieder zu erwecken, wie wunderbar das Leben ist oder sein könnte. Es ist eben nicht alles machbar und käuflich.
Aufrichtige Liebe ist ein Wunder. Versöhnung nach Todfeindschaft ist ein Wunder. Davon, dass an jedem Morgen wieder die Sonne aufgeht, ganz zu schweigen. Wunder gibt es immer wieder. Sie zu sehen, könnte uns den Respekt gegenüber dem Leben lehren, der uns mehr und mehr abhanden kommt.“

Andreas Grimsehl aus Frankfurt:

„Warum so kleinlich? Wenn JP II wirklich Wunder vollbringen konnte, warum hat er dann eigentlich nicht Hunger, Krieg und Armut aus der Welt verbannt?“

Peter Täuber aus Kierspe:

„Wunder gibt es (immer wieder). Nicht nur weil Katja Ebstein das so besungen hat. Zum Beispiel: Man kann mit einer hingerotzten Kolumne in einer überregionalen Zeitung Geld verdienen: Wenn das kein Wunder ist!
Auch die 2000 Jahre alten Lehren eines Wanderpredigers aus Palästina lösen heute noch bei aufgeklärten, religionslosen Menschen heftigste Reaktionen aus. Falls dies kein Wunder ist, dann ist aber zumindest die Wirksamkeit Pawlow’scher Reflexe erneut bewiesen. Jedenfalls ist die Heiligsprechung von Johannes Paul II. mal wieder eine gute Gelegenheit, Katholiken als Bekloppte am Nasenring vorzuführen, die sich von „solch einem Mumpitz ins Bockshorn jagen lassen“.
Ich beklage mich jetzt nicht, weil ich mich in meinen religiösen Gefühlen verletzt fühle. Trotzdem ist der Beitrag von Herrn Herl, inklusive einiger Leserbrief-Reaktionen, ein Beleg für eine religionsfeindliche und antichristliche Grundstimmung in unserer Gesellschaft. Natürlich darf man über religiöse Fragestellungen streiten, aber die Häme ist kein Ausdruck für Respekt und Ernsthaftigkeit.“

Monika Kall aus Büttelborn:

„Herr Michael Herl, Sie brauchen sich für Ihre Kolumne nicht zu entschuldigen. Sie ist so sehr unter der Gürtellinie, dass ich vermute, Ihre Eltern haben Ihnen keinen Respekt gegenüber anderen Religionen und Menschen beigebracht. Die Kolumne ist einfach primitiv- in meinen Augen. Und Sie meinen, Sie gehören zu den aufgeklärten Menschen? Sie tun mir nur einfach leid.“

C.R. Hessen:

„Der irische Premierminister und der Frankfurter Theatermacher sind unwahrscheinliche Partner, vereint durch den Zorn erzkonservativer Katholiken. Da wird ein Papst heiliggesprochen, weil er angeblich und wundersam Leben gerettet hat. Michi Herl polemisiert dagegen, amüsant und provokant. In Irland stirbt eine junge Frau wegen eines von der katholischen Kirche stark beeinflussten Abtreibungsverbots. In der Folge hat nun das irische Parlament eine „Liberalisierung“ beschlossen, gegen den Widerstand der katholischen Kirche, und weit davon entfernt, Abtreibung zu erlauben – selbst bei Vergewaltigung und Inzest nicht, ausschließlich (aber immerhin) bei Gefährdung des Lebens der werdenden Mutter. Der Mob läuft Amok, hat aber zum Glück diesen Schritt nicht aufhalten können.
Enda Kenny hat sich zum zweiten Mal in seiner Amtszeit kritisch mit der katholischen Kirche auseinandergesetzt. In Irland für einen Politiker ein hohes Risiko. Ihm würde dafür eher die Heiligsprechung zustehen als dem Papst. Ich zweifle zwar, dass Michi Herl da mit mir konform geht, aber seinen diesbezüglichen Kommentar würde ich gerne lesen …“

Verwandte Themen

65 Kommentare zu “Erwachsene Stimme im geistigen Kindergarten

  1. Der Mann kritisiert doch nicht den Glauben – sondern die Glaubensorganisationen bzw. -vertreter. Und das vielleicht nicht zu, aber mit Recht – dem Recht, auf das der grosse Kurt Tucholsky so schön hinweist. Ich glaube, was ich will, und lasse mir das von keinem (selbst ernannten) Vertreter Gottes vorschreiben. Moderatoren des Glaubens, wie sie engagierte Gemeindepfarrer (oder Imame etc.) oft sind, sind mir willkommen. Die dazugehörigen (Vereins)Strukturen aber sind suspekt, und ihre führenden Vertreter mit grosser Vorsicht zu „geniessen“. Übrigens: Herrn Herl kann ich nicht immer folgen in seiner Kritik, aber sein Stil ist lesenswert, hat mich noch immer zum Lachen und meist auch zum Denken gebracht.

  2. Die Legionen zur Verteidigung des christlichen Glaubens treten wieder auf. Kaum wird eine grundsätzliche Religions-Kritik geäußert, stehen sie stramm zur Relativierung ihrer Standpunkte bereit. Da ist nicht „Wunder“ gleich „Wunder“, sondern es gibt „natürliche Wunder“ wie „die Geburt eines Kindes“.
    Nicht die Geburt aller Lebewesen sind gemeint, die für alle Erlebnisse darstellen und Freude bereiten, vor allem, wenn sie von nahestehenden menschlichen Personen ausgehen aber auch von Tieren und allen anderen Wesen der Natur, sondern „die Geburt eines Kindes“ wird verklärt, wie es in gewohnter, christlich-tradierter Form zu einem Wunder wird.
    Die Wissenschaft versucht nach und nach sämtliche natürliche Zusammenhänge zu beweisen. Wie Lebewesen zustande kommen, wie sie in die Welt treten, ist ausgeforscht, alle Spekulationen nur dem religiösen Glauben zuliebe, sind überflüssig. Das ist das Dilemma aller Religionen!
    So in die Enge getrieben, erfanden vor allem Christen die Blasphemie, die strafrechtliche Verfolgung alles religionskritischen.
    In allen Gesellschaftsbereichen müssen sich Personen und Ideologen der, auch mitunter fundamentalen, Kritik stellen. Dafür drohte von Anfang an diesen Kritikern die Todesstrafe, heute der Staatsanwalt, oder ein Schreibverbot bzw. die Androhung desselben.
    Deshalb unterstütze ich Michael Herl uneingeschränkt und bin, ebenso wie er, immer wieder erschüttert mit welcher Selbstverständlichkeit Christen diesen „Mumpitz“, diese „Maskerade“ und diese „Wunder-lichkeiten“ vor sich hertragen.
    Wie Wissenschaft dieses „Jahrtausend-Geflecht“ beschreiben und erklären kann, sollte dringend das Werk von Karlheinz Deschner „Kriminalgeschichte des Christentums“ lesen.

  3. Zum Lachen war die Kolumne Herls wirklich nicht, es sei denn, man hätte die humoristische Reizbarkeit eines Pennälers. Darüber hinaus liegt er von der Argumentation her völlig daneben. Einen Raum mit stinkender Luft füllen kann ja jeder, eine tolle Markklößchensuppe, Dampfnudeln, Frankfurter Kranz, geräucherte Blutwurst, Brezeln usw. herstellen können auch viele, und nicht zuletzt famose Brüste hat wirklich auch nicht nur die Irene… Menschen von Parkinsonscher Krankheit oder Gehirnverletzungen zu heilen ist da schon weit weniger Menschen möglich, wenn überhaupt welchen.

    Es geht hier eigentlich um Aberglauben, aber Aberglauben lächerlich machen zu wollen, indem man Blutwürste, Brezeln und Brüste usw. dagegenstellt, ist doch einigermaßen unwirksam… es läuft darauf hinaus, daß man alles, was in der Einbildung besteht, dadurch kritisiert, daß man die Vorzüge des real Existierenden danebenstellt.

    Sich heutzutage über Aberglauben lustig zu machen ist aber auch schwer, denn man weiß ja gar nicht, wo man anfangen soll. Im TV sitzen beredte Frauen, die mithilfe von „Großer Legung“ oder „Liebeslegung“ von Tarotkarten einem alles übers eigene Leben oder das des Partners sagen können, die Astrologie-Kolumne in BILD oder anderen Zeitungen wird auch nicht völlig ungelesen bleiben, und nicht zuletzt glauben die Menschen massenhaft an die „Wunder“ solcher Quacksalbereien wie der Homöopathie. Vom Aberglauben in Politik und Wirtschaft will ich gar nicht erst anfangen. Es sollte also keiner meinen, daß es außerhalb der Religionssphäre völlig nüchtern und vernünftig zugehe.

    Herl darf aber sicher das, was er da macht, denn soweit ich weiß ist die Idee, daß der Papst göttliche Kräfte hat, nicht Bestandteil des christlichen Glaubens. Dem Papst diese Kräfte abzustreiten sollte also eigentlich religiöse Gefühle nicht tangieren. Etwas anderes wäre eine ausgesprochene Verächtlichmachung des Papstes, wie sie z.B. von Titanic kürzlich in Szene gesetzt wurde.

  4. @ Max Wedell

    „Zum Lachen war die Kolumne Herls wirklich nicht, es sei denn, man hätte die humoristische Reizbarkeit eines Pennälers.“

    Schön, dass du mir aus der Distanz die humoristische Reizbarkeit eines Pennälers unterstellen kannst. Herl legte mit seinen Beispielen die Absurditäten, die in kirchlichen Kreisen als vernünftiges Denken und Handeln durchgehen, bloß. Es selbst nannte seine Aufzählungen albern. Sie sind genauso albern wie die Zermonien dieser Glaubensgemeinschaft.

    Hätten die katholischen Berufschristen nicht den Strang des Grundgesetzes um ihr deutsches Imperium, würden sie sich von jenen Glaubensbrüdern im Nahen Osten kaum unterscheiden.

  5. Zum „Geist der Bibel“ von Herrn Pape:

    Der „Geist der Bibel“ ist zwar an manchen Stellen freundlich, aber er ist gewiss weder durchweg freundlich – ganz im Gegenteil, man blättere nur mal im AT – noch sind seine freundlichen Aussagen neu. Das müsste ein historisch-kritisch gebildeter Protestant eigentlich wissen.

    So ist die Zuwendung zu einem „Aussätzigen“ oder einem gesellschaftlich Ausgestoßenen nicht neu. Ich wundere mich immer wie die Christen durchscheinen lassen wollen, Jesus sei der erste Mensch gewesen, der kein brutaler Barbar war, und er sei der Erfinder der „Nächstenliebe“. Dieses humane Prinzip hatten hunderte von Jahren vor ihm die Griechen schon verfeinert.

    Und nein: die Geburt eines Kindes ist kein Wunder, sondern ein natürlicher Akt. Ebensowenig sind Vergebung, Versöhnung, Mitgefühl und „aufrichtige Liebe“ Wunder. Sie sind menschlich. Zutiefst menschlich. Diese Überheblichkeit der Gläubigen, all diese Menschlichkeit sei eigentlich gar keine, sondern eine Schöpfung Gottes, die nur den wahrhaft Gläubigen gegeben sei, ist wirklich respektlos. Vom Aufgang der Sonne ganz zu schweigen.

  6. @ Rudi,

    „Herl legte mit seinen Beispielen die Absurditäten, die in kirchlichen Kreisen als vernünftiges Denken und Handeln durchgehen, bloß“

    Ich verstehe nicht, wie man die Absurdität, einen Menschen heiligsprechen zu wollen, weil er vermeintlich einen Schwerkranken geheilt hat, dadurch bloßlegen kann, indem man die Absurdität, einen Menschen heiligsprechen zu wollen, weil er gut und reichlich furzen kann, danebenstellt. Das hat doch keinen inneren Zusammenhang… die Heiligsprechung im einen Fall ist doch nicht absurd, weil es um eine Trivialität geht, sondern weil die Heilung durch den Papst nicht stattgefunden hat… und die Heiligsprechung im anderen Fall ist nicht absurd, weil die Furzerei von Opa Karl nicht stattgefunden hat, sondern weil es um eine Trivialität geht… wie kann also das eine das andere bloßstellen? Und besonders lustig ist das Ganze auch nicht.

    @ Elke Metke-Dippel,

    ich finde auch, daß das Wort „Wunder“ hier ein wenig übertrieben ist, da schwingt mir auch zu viel „übernatürliches“ mit, vielleicht ist aber „wunderbar“ oder „wundersam“ gemeint. Wer allerdings sein Herz vor der Wahrnehmung des Wundersamen in der Welt verschließt, dessen Leben verarmt doch mehr als nur ein wenig. Gottgläubig muß man für die Offenheit gegenüber dem allgegenwärtigen Wundersamen allerdings nicht sein.

  7. Erhebliche Teile der Christen und anderer Religiöser hatten jahrhundertelang kein Problem mit der Ausrufung der eigenen Unfehlbarkeit , der einzig wahre Glaube , die einzig selig machende Lehre usw.usw., und wäre dagegen nicht gekämpft worden , wäre das heute noch so.
    Dabei gab es kein Halten vor der anderen Meinung , der körperlichen Unversehrtheit und dem Leben der Anders-oder der Nichtgläubigen , der eigene Übergriff wurde also als selbstverständliches Recht in Anspruch genommen.

    Wenn aber auch nur der Hauch eines Gegenwinds aufkam oder bis heute aufkommt , fangen dieselben Leute an , mit dem Fuß aufzustampfen und nach ihrer Mami zu schreien .
    Das paßt nicht zusammen , wie so häufig , groß austeilen , aber….

    Selbstverständlich gilt das nicht für alle Gläubigen , es gibt unter Religiösen viele sehr intelligente und vernünftige Menschen.

    Und ganz allgemein : Wer einen solchen Stuß verzapft wie diese ganze Wundersache , der muß halt damit rechnen , kräftig auf die Rolle genommen zu werden , das ist schließlich nicht nur in diesem Zusammenhang so.

  8. Ich kann diesen Artikel und den Vorgang selbst nur noch mit einer zynischen Bitterkeit kommentieren.

    Alle die menschlichen Wunder, die Herl so flockig anführt, konnte Johannes Paul II auch vollbringen, wohl nicht in der gossenhaften Färbung, die Herl für konkrete Sprache hält, aber im normalen biologisch-menschlichen Dasein durchaus.

    Leider sind ihm im Laufe seiner Heiligwerdung alle biologisch-menschlichen Eigenschaften entwendet worden(zum großen Teil auch von ihm selbst). Er war nicht einmal in der Lage, sich die eigene Parkinson-Erkrankung zu verzeihen. Auch der Vatikan und die Christen der Welt waren nicht in der Lage, ihn durch einen Akt der Gnade aus der Verpflichtung, auch gegen seinen Willen, zu entlassen. Was ist daran „heil“-ig? Ist Unmenschlichkeit das Vorbild? Ich erkenne darin nichts „Heiliges“.

    Man fragt sich, ob er nur ein Märtyrer in eigener Sache war.

  9. Wie schön ist es doch, Sätze, die andere geschrieben haben, zu zerpflücken.
    Es kann gleich weitergemacht werden – der Herl-Artikel von heute ist genau wieder so angelegt. „Was soll ich denn mit 70 Jungfrauen anfangen ?“(Und das in alle Ewigkeit..)
    Die Religionsmacher hatten wahrlich eine blühende Fantasie.
    Was mir immer wieder dabei durch den Kopf geht : Glauben die Gläubigen das wirklich alles, was ihnen die Religion vorsetzt, wenn sie sich selbst als „gläubig“ bezeichnen ??

  10. @maderholz

    🙂

    So ein Himmel kann einem schnell zur Hölle werden…irgendwie fehlt der Himmel mit genügend Skatbrüdern in dem ganzen Konzept und die richtige Mischung des Blattes fehlt auch.
    Immer bloss „Grand mit Vieren“ ist ja auch nichts…

  11. niemand, auch nicht herr herl bestreitet den katholiken ihr recht, an die existenz eines 3-in-1-gottes,von heerscharen von engeln, hexen, teufeln (nebst deren austreibung durch berufene spezialisten-wiewohl zuweilen tödlich) zu glauben.
    den übrigen hat indessen der lauf der geschichte das RECHT beschert, sich über derartiges den arsch abzulachen.ich finde, es sagt viel über die geistige haltung der inhaber ewiger wahrheiten aus, wie unsouverän sie reagieren

  12. Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Warum sollte es bei Herrls Satire anders sein?
    Wenn totkranke Menschen nach Lourdes pilgern und nach dem Versagen ärztlicher Hilfe ihre Hoffnung auf jenseitigen Beistand richten, so ist das respektieren. Darum geht es in der Satire aber nicht. Vielmehr geht es um den Heiligenkult – und vielleicht auch dessen Missbrauch – durch eine Amtskirche. Sie ist daher weder „religionsfeindlich“ noch „antichristlich“, wie Peter Täuber aus Kierspe behauptet.
    Eher vorzuwerfen wäre Herrn Herrl, dass seine sicherlich höchst trivialen Vergleiche weit am Wesentlichen von Wunder- und Heiligensucht vorbeigehen.
    Das hat ein Lessing vor nunmehr fast 250 Jahren wesentlich besser gewusst. Nicht um religiöse Überzeugungen geht es, sondern darum, was bestimmte religiöse Praktiken tatsächlich bewirken bzw. verhindern.
    In „Nathan der Weise“ weist das schwärmerische christliche Kindermädchen Daja die Errettung von Nathans Tochter Recha aus den Flammen einem „Engel“ zu und wird dafür von Nathan gescholten. Der Wunderglaube einer Daja ist für ihn gefährlich, weil er dazu dient, „um gut HANDELN nicht zu müssen“. Einem „Engel“ braucht man nicht beizustehen, wenn er in Not gerät (die Handlung spielt vor dem Hintergrund der Glaubenskämpfe zur Zeit der Kreuzzüge), und er bedarf auch keines sichtbaren Zeichens der Dankbarkeit.
    Hier wird klar auf den Punkt gebracht, warum Wunderglaube und Heiligenverehrung keine Angelegenheit von „Gläubigen“, sonder die aller Menschen ist. Für gutes HANDELN besitzen Christen ja schließlich kein Monopol – wiewohl viele dies so sehen. Nötigenfalls wird dann eben eine „unbewusste“ christliche Einstellung unterstellt. So Benedikt XVI. beim Brasilienbesuch gegenüber Indios, denen die spanischen Eroberer den „christlichen Glauben“ gebracht hätten, nach dem sie sich implizit schon vorher gesehnt hätten. – Eine wunderbare Methode, um Massaker und Massenmord an Indios auch nach 500 Jahren noch zu leugnen!
    Natürlich ist auch bei der geplanten Heiligsprechung nach dem „cui bono“ zu fragen. Immerhin hat sich der „Heilige“ in spe etwa einem Leonardo Boff und der Befreiungsbewegung gegenüber alles andere als heiligenmäßig verhalten, und Gleiches gilt auch für aufsässige Theologen. Was liegt also näher, denn ihn als „Heiligen“ jeglicher Kritik zu entheben und all die bösen Kirchenkritiker mundtot zu machen? Zumal bei einer durch Korruptionsskandale und pädophile Exzesse bis zum Grund erschütterten Kirche? Da könnte so ein „Heiliger“ doch vielleicht noch weitere „Wunder“ bewirken. Zumindest mag man sich das erhoffen.
    Und was die höchst unheiligen „Heiligen“ angeht: die sind in der katholischen Kirche fast Legion – angefangen bei Kyrill von Alexandrien im 5. Jahrhundert, der mit fanatischer Hetze, Mordkomplotten und Korruption seinen „wahren“ Glauben durchsetzte – was seiner Heiligsprechung offensichtlich nicht im Wege stand.

  13. @Werner Engelmann: Es geht ja nicht nur darum, daß mit bizarren Argumentationen seitens der RKK und ihrer Oberpriester alte jahrhunderte alte Verbrechen verschleiert und schön geredet werden sollen. Die durch einige Satiren auf die Heiligsprechung Wojtyłas in ihren religiösen Gefühlen ach so tief verletzten Gläubigen vergessen ganz, daß ausgerechnet dieser Wunderheiler – andere sind für solche Scharlatanerie schlicht im Knast gelandet – durch ein paar üble Verdikte zum geistigen Massenmörder wurde. Wojtyłas Kondomverbot sorgt besonders in Afrika für endloses Leid und millionenfachen Tod durch Aids. Seine Haßpredigten und Hetzschriften gegen gleichgeschlechtlich liebende Menschen sorgen immer noch, insbesondere in vielen katholisch bestimmten Ländern Afrikas, für öffentliche Gewalt und eine regelrechte Pogromstimmung gegen Homosexuelle. Der Typ hat angeblich und nicht mal wissenschaftlich bewiesen zwei Personen durch Hokuspokus geheilt, aber er hat als Schreibtischtäter ohne Skrupel millionenfachen Tod in die Welt geschickt. Liebe religiös gefühlsverletzte Gläubige, hört einfach mal auf mit eurer Bigotterie, das ist nach eurer Lehre eine Todsünde und wird mit der Hölle bestraft. Nach eurer Lehre gilt selbiges auch für Wojtyła, den Haßprediger und Schreibtischtäter.

  14. Mich erinnert das Ganze ein wenig an das Phänomen der Superstar-Idole von Heranwachsenden. Das sind ja Personen, die oft kaum einen geraden Ton herausbringen können, aber dennoch aus irgendwelchen anderen Gründen von den jugendlichen Fans geradezu angebetet werden. Selbstverständlich müssen die Musikmanager für entsprechende Voraussetzungen sorgen, damit das funktioniert, wie etwa sexueller Attraktivität der von Ihnen ausgewählten „Superstars“, reichlicher auf die Zielgruppe zugeschnittener PR usw. Aber nicht zuletzt ist ein wichtiger Beitrag für die letztendliche „Heiligsprechung“ des Krächzkünstlers der dringende Wunsch der Teenies nach einem Idol.

    Die Kirchenmanager müssen nun ähnlich vorgehen und die Eignung des Kirchenoberhaupts als Idol verstärken… z.B. durch Heiligsprechungen. Wer dies als „lächerlich“ bezeichnet, gehört vermutlich eh nicht zur Zielgruppe. Ein normaler 40-Jähriger Familienvater wird auch die Idolatrie eines Justin Biebers durch seine Tochter nicht mitmachen und eine Erwartung, er solle sie doch nachvollziehen, als ausgesprochen lächerlich empfinden.

    Wer ist aber im Fall des Papstes die Zielgruppe? Die Bevölkerungen der entwickelten Länder sind es nicht, flächendeckende und gut entwickelte Bildungssysteme haben die Menschen ein stückweit aufgeklärt, und deren Irrationalität hat ohnehin längst andere Objekte des Interesses gefunden als die der Religion (Stichworte Esoterik, Indische Guruistik, oder auch eigenproduzierte, wie Scientology usw.).

    Werner Engelmann gab schon den Hinweis: Es sind die Schäfchen in der dritten Welt, auf deren Anbetung man es abgesehen hat, wenn man heiligspricht. Hier ist aufgrund mangelnder Bildungssysteme noch eine ganz andere Aufgeschlossenheit gegenüber Idol-Angeboten aus dem religiösen Bereich möglich. Heiligsprechung ist hier ein Verstärker aus dem PR-Repertoir, der in diesen Zielgruppen viele Millionen positiv anspricht… da können aufgeklärte Westeuropäer sich tausendmal über diesen „Quatsch“ empören, er hat seine Wirkung.

  15. Die RKK hat dem heiligen Mumpitz grad noch einen draufgesetzt. Der vatikanische Bußgerichtshof alias Apostolische Pönitentiarie hat erklärt, wer am Weltjugendtag in Rio de Janeiro vom 23. bis 28. Juli vor Ort teilnehme oder die Feierlichkeiten per Fernsehen, Radio, über soziale Medien oder Twitter verfolge, dem gewähre die Kirche einen vollständigen Ablaß. Ein paar Bedingungen sind schon daran geknüpft, schließlich gibt es Seelenheit nicht für lau, aber das Prinzip Ablaß funktioniert noch so gut wie vor 500 Jahren. Aberglauben ist schwerer auszurotten als Unkraut. Wenn die damit ja nur unter sich blieben, statt es in die Welt zu tragen und allen an die Backe zu kleben, würde es ihnen manchen Spott ersparen. Aber so… vielleicht schreibt Michi Herl ja eine neue Kolumne darauf, der Stoff wird ihm bestimmt nicht ausgehen.

    http://www.spiegel.de/panorama/twitter-ablass-papst-follower-bleiben-kuerzer-im-fegefeuer-a-911577.html

  16. Ich fand Michis Glosse etwas irritierend. Ich habe wohl den Schalk in seinem Nacken gesehen, der ihn trieb, sich wieder mal auf Kosten von „Einfach-Gläubigen“ zu beömmeln – was ich ihm durchaus gönne, denn er pöbelt ähnlich respektlos auch gegen Banker, manche Politiker und andere Schmarotzer bzw. Dumm-Laberer.
    Leider gibt’s genauso intellektuell eindimensional argumentierende „Anti-Religiöse“, die hier nicht merken, wie Michi provoziert um des Spaßes willen …

    Natürlich wird J.P.-2 nicht WEGEN zweier Wunder heilig gesprochen – sonst müsste die RKK auch jeden Handaufleger und Wunderheiler heilig sprechen – tut sie aber nicht …
    J.P.-2 hat ein symbolhaft „heiliges“ Leben geführt. Er war mit die treibende Kraft in Zeiten der Solidarnosc, hat mit den Mächtigen der Zeit gesprochen, und ist zu großen Teilen verantwortlich für die Öffnung des Eisernen Vorhangs.
    Seine Leidensgeschichte nach dem Attentat hat sicherlich auch ihren Anteil, wie auch die Vergebung seinem „Mörder“ gegenüber.

    Ehrlich, Michi:
    Hat Dein Oppa ähnliches geleistet? … hat er je mit Jaruzelski verhandelt? … mit Gorbi?
    Oder haben die Markklößchen Deiner Mama wertvolles geleistet, um die Moral von Lech Walesa und Konsorten zu bstärken?
    DANN kannst Du echt stolz sein auf Deine Sippe!

  17. Wer ist hier irrational? Lieber Herr Herl, irrational ist, was nicht der Ratio – also dem Verstand – entspricht. Etwas, das denkbar ist, ist also nicht irrational. An einen Schöpfergott zu glauben, ist so denkbar, wie nicht an Gott zu glauben. Viele Menschen, die intelligenter sind als Sie und ich zusammen, glauben an Gott, auch viele Naturwissenschaftler. Glaube ist zwar nicht beweisbar (deshalb kann man eben nur glauben), aber denkbar. Den Unterschied kennen Sie als intelligenter Mensch mit Sicherheit ganz genau. Deshalb ist es schon ein bisschen boshaft, Glauben als irrational zu bezeichnen.
    Außerdem unterscheiden Sie nicht zwischen dem Glauben und der (Amts)Kirche. Der christliche Glaube ist das, was uns Jesus Christus gelehrt hat. Finden Sie in dieser Lehre auch nur ein Wort über Kondomverbot oder Hexenverbrennung? Christen sind nicht aufgrund ihres Glaubens automatisch bessere Menschen. Fehler von Menschen (selbst von Päpsten) können Sie aber nicht dem Glauben anlasten. Das gilt ebenso für den Islam. Auch der ist eine friedliche Religion, auch wenn viele Menschen – zu Unrecht – in seinem Namen Gräueltaten vollbringen. Und was ist mit den Vielen, die im rechten Vollzug ihres Glaubens unendlich viel Gutes tun? Was ist mit Dr. Albert Schweitzer, mit Mutter Theresa?
    Mir ist klar, dass eine Satire übertreiben darf und soll. Aber der Kern einer jeden Satire muss realistisch, muss wahr sein, nicht erfunden oder konstruiert, sonst ist sie sinnlos. Und ein Letztes: Lassen Sie doch bitte Ihre unsinnigen Verallgemeinerungen. Wenn ein Christ oder ein Muslim etwas Falsches tut, ist der christliche Glaube oder der Islam deswegen noch lange nicht generell irrational. Genauso wenig, wie Satiren unsinnig sind, nur weil ein Kolumnist einmal Scheiß schreibt

  18. Es gibt ja verschiedene Stile, eine Kolumne zu schreiben. Volker Heise bevorzugt eher die leisen Töne, Mely Kiyak gelang es oft, ihre Spitzen gleichsam mit dem Florett anzubringen. Wer die Kolumnen von Michael Herl liest, weiß, hier formuliert einer nicht mit der Feder, sondern mit dem Hammer, manchmal mit dem Vorschlaghammer. Die Ergebnisse sind oft nett zu lesen und haben mich manches Mal amüsiert. Immer wieder gelingt es Herl, auf diese Weise so auf den Putz zu hauen, dass es seine Art hat.
    Nun hat er sich das Thema Religion(en) vorgenommen. Da hat er auch gleich gezeigt, dass er sich bei den einschlägigen skurrilen Seiten der Glaubensgemeinschaften durchaus auskennt. Jedenfalls für Partykonversation langt’s. Mehr sollte man nicht von ihm erwarten als die gängigen Ressentiments einschließlich des (falschen!) Marx-Zitates („Opium für das Volk“ statt „des Volkes“). Zum Schenkelklopfen selbst ernannter Religionskritiker reicht’s noch allemal. Bei Themen wie Rauchverbot und deftige deutsche Küche kennt er sich wahrlich besser aus.

  19. Jede Kanonisierung (dt. Heiligsprechung) dient primär pastoralen Kalkülen.
    Im Falle des Herrn K. Wojtyla könnte ich mir vieles vorstellen, z.B.:
    – Zementierung des Zölibats und der Sexualmoral für die nächsten 500 Jahre. Denn wer könnte einem heiligen Papst widersprechen. Man vergleiche, die Welt blieb 500 Jahre lang eine Scheibe, weil einer der Galilei-Richter heilig gesprochen ist.
    – Festigung der Mär, die UdSSR sei wegen K. Wojtyla untergegangen. Hallo: Die Beatles, Tschernobyl und die IT-Technik waren mindestens ebenso beteiligt.
    Wunder sind Beiwerk für die „Schafe“, ob die „Hirten“ im stillen Kämmerchen selbst daran glauben, ist eher zweifelhaft.

  20. @ Franky49er:
    „Jede Kanonisierung (dt. Heiligsprechung) dient primär pastoralen Kalkülen.“ – sagt bitte WER ?!?

    Jemand, der allem Anschein nach ernsthaft meint, die Kirche hätte gegen Galileo etwas über die „Erde als Scheibe“ gesagt (nein: „die Sonne drehe sich um Erde“), und daraus eine „Zementierung“ irgendwelcher Hirngespinste ableitet, leidet offensichtlich unter hochgradigem Verschwörungswahn .

    Und dann auch noch die armen Beatles (aufgelöst 1970) als Ursache für den „UDSSR-Untergang“ –wenn’s nicht so traurig wäre, wär’s eine witzige Idee.

  21. @Franky19er: Die Sache mit der scheibenförmigen Erde war zu Galileis Zeiten schon längst Geschichte. Eigentlich war schon während des Altertums vermutet und berechnet worden, daß die Erde Kugelgestalt hat, und während des angeblich so finsteren Mittelalters war das ebenfalls bekannt. Nur war es nicht experimentell bewiesen. Das hat dann Fernão de Magalhães, besser bekannt als Ferdinand Magellan mit seiner dreigährigen Weltumsegelung von 1519 bis 1522 getan. Das tat dem geozentrischen Weltbild mit der Erde als Zentrum, um das sich die Welt dreht, aber keinen Abbruch. Es war beim ptolemäischen Weltbild nicht wichtig, ob die Erde scheiben- oder kugelförmig war, wichtig war ihre zentrale Stellung. Galilei publizierte seine astronomische Schrift zur heliozentrischen Welt gut 90 Jahre später und bekam seinen Inquisitionsprozeß deswegen, nicht wegen der Scheibe. Mitte des 18. Jh. begann die Kirche dann langsam, die naturwissenschaftlichen Realitäten zur Kenntnis zu nehmen, aber sowas dauert dort immer etwas länger, d.h. ca. 70 Jahre. Mit den 500 Jahren, in denen die Erde per Verdikt der RKK also eine Scheibe gewesen sein soll, ist es nichts.

  22. Wissen und glauben unterliegen den gleichen biochemischen bzw. thermodynamischen Reaktionen. Denkt ein Mensch irrational, wenn er erstens „weiß“, dass das Universum aus einer Singularität entstanden ist, es aber nicht glaubt, und zweitens nicht weiß, ob es Gott gibt, aber dennoch an ihn glaubt?

  23. Klingt ja unheimlich „philosophisch“:
    Erst wird „Wissen“ und „Glauben“ auf’s Physiologische reduziert.
    Dann wird Rationalität als Kategorie zur Be/Abwertung von „Glaube“ herangezogen.

    Glauben ist –auch– ein bewusster Akt, der keiner „Fremdkontrolle“ unterliegt – Wissenschaftliche Forschungsergebnisse sehr wohl.

    Wer das ignoriert, redet schlicht am Thema vorbei.

  24. Die Ausgabe 24/2013 von „Aus Politik und Zeitgeschichte“ ist dem Thema „Religion und Moderne“ gewidmet. Eine ausführliche Besprechung dieser Beilage zur Wochenzeitschrift „Das Parlament“ findet sich auf der Website des Humanistischen Pressedienstes unter http://hpd.de/node/16434

    Inhalt

    Ob es Gott gibt (oder Götter), welches Geschlecht Gott hat, wie Gott heißt, sind Glaubensfragen, über die es unerbittliche Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Glaubensrichtungen, aber auch zwischen Gläubigen und Atheisten gibt. Aber Kern einer nicht-theologischen öffentlichen Religionsdebatte können nur Fragen sein, die einen gesamtgesellschaftlichen Erkenntnisgewinn versprechen: Warum und in welchen Lebenssituationen haben Menschen das Bedürfnis nach Transzendenz? Welchen Einfluss hat das jeweilige soziale Umfeld? Welche Chancen und Risiken bergen Einflussmöglichkeiten religiöser Akteure auf Gesellschaft und Politik?

    Immer wieder neu zu klären bleibt, wie sich individuelle Religiosität durch die sozialen Rahmenbedingungen verändert, welche Rolle kollektive Religiosität spielt und wie zeitgemäß das Staatskirchenrecht angesichts der Pluralisierung und Individualisierung von Religionsformen ist. Umstritten ist auch, ob Religionen einen besonderen Schutz vor Schmähungen genießen: Wie viel Religionskritik kann – und muss – eine säkulare und demokratische Gesellschaft aushalten?“

    Am Ende der Besprechung finden Sie einen Link auf die Website der Bundeszentrale für politische Bildung (*). Dort können Sie das 64-seitige Heft online lesen oder im PDF- oder EPUB-Format herunterladen.

    (*) Ich würde diesen Link natürlich gerne direkt angeben, um Ihnen die Arbeit zu erleichtern, habe aber keine Lust, wieder in der Moderationsschleife zu versauern.

  25. Es ist nicht aus der Welt zu schaffen: das Marx zugeschriebene Zitat lautet: Religion ist Opium des Volkes und mitnichten Opium für das Volk, wie es im ansonsten gelungenen Kommentar heißt. Marx trat damit denjenigen entgegen, de in ihrer Religionskritik davon ausgingen, die Priester und andere Gottesleute würden die Religion als Täuschungsmittel mit Lug und Trug dem Volke aufnötigen. Das machten und machen noch heute die Leute schon selber, dass sie sich eine verkehrte Sicht des Treibens auf dieser Erde in den Kopf setzen. Die gepeinigte Kreatur sucht das Heil im Jenseits, weil es im Diesseits keine grundsätzliche Änderung seines Elends erwartet. „Nicht die Religion macht den Menschen, sondern der Mensch macht die Religion“.

  26. @HP Jacobitz #25

    Das Zitat ist nicht Marx „zugeschrieben“, soweit ich weiss. Die berühmten Marxschen Worte aus dem Jahr 1844 lauten im Zusammenhang:

    „Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. Und zwar ist die Religion das Selbstbewusstsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben, oder schon wieder verloren hat. […] Dieser Staat, diese Societät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewusstsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. […] Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist.

    Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüth einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks.

    Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist.“

    Karl Marx: Einleitung zur Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie; in: Deutsch-Französische Jahrbücher 1844, S. 71f, zitiert nach MEW, Bd. 1, S. 378-379

  27. Die richtige Frage im Zusammenhang mit der Kolumne von Herrn Hertel ist m. E. nicht die, ob man religiöse Gefühle verletzen darf, sondern die, was eine intelligente Religionskritik ist. Die Kolumne von Hr. Hertel ist es m. E. nicht. Für mich ist diese Form der Haudrauf-Polemik genauso infantil wie bestimmte Manifestationen der offiziellen katholischen Kirche. Wenn Herr Hertel Positionen der katholischen Kirche kritisieren würde, die es verdienen, wie z. B. Zwangszölibat, Haltung zu Empfängnisverhütung und Homosexualität hätte er meinen größten Respekt. Das macht er aber gerade nicht, das wäre ja auch einiges aufwändiger und weniger „süffig“. Man mag die Seligsprechung von ehemaligen Päpsten und die Begründung dafür skuril finden, schaden tut das in Deutschland niemand. Den evangelischen Christen ist es egel, deshalb gab es ja vor 500 Jahren die Reformation. Daran glauben wird nur eine Minderheit von Hardchore-Katholiken, die auch sonst rückwärtsgewandte Positionen haben. Die übergroße Mehrheit der Katholiken wird es schlichtweg als religiöse Folklore abhaken oder ignorieren. Als Ex-Katholik aus einem katholischen Elternhaus kann ich das, denke ich, beurteilen. Sich darüber ärgern oder darunter leiden wird wahrscheinlich eine Minderheit von kirchenkritischen Katholiken. Aber für die wird Herr Hertel ja nicht sprechen wollen, da er Religion ja generell für Mumpitz hält.

  28. @Peter Haidorfer #27

    Mir deucht, Sie schmeissen da zwei Sachen durcheinander: a) Religionskritik und b) Kirchenkritik. Zudem frage ich mich, wer eigentlich bestimmt, was „die richtige Frage“ ist.

  29. @Peter Haidorfer: Och nee, nicht schon wieder die alte Leier mit der fundierten, konstruktiven Kritik. Das ist so entsetzlich lehrermäßig! Und all das wurde schon gesagt, geschrieben, wiedergekäut, ein Dutzend mal und mehr. Ich hab’s so satt… Da macht Draufhauen auf den Sack einfach mal richtig Spaß. Und wer zum Teufel ist Herr Hertel?

  30. @ Peter Haidorfer # 27

    Michael Herls Meinungsbeitrag zur Heiligsprechung des Papstes ist eine Glosse. Und Glossen haben es nun mal so an sich, dass fragwürdige Sachverhalte enttarnend auf die Schippe genommen werden. Nicht mehr und nicht weniger. Das ist Herl doch gerade durch seine absurden Vergleiche meisterhaft gelungen. Mir ist völlig rätselhaft wie man sich über eine so harmlose Polemik aufregen kann. Ich jedenfalls musste herzlich lachen.

  31. >>Dieser Staat, diese Societät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewusstsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. […] Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist.<<

    Marx Perspektive auf Religion ist sehr einleuchtend und zutreffend.
    Allerdings sind es ja nicht ausschließlich soziale und wirtschaftliche Verhältnisse, die dem Mensch so sehr zusetzen können, dass er nur noch Trost in der Religion findet.
    Das geschieht auch, wie ich das schon sehr oft in meinem Umfeld beobachten konnte, bei schweren persönlichen Krisen z.B. durch Krankheit oder bei Verlust nahestehender Menschen.
    Und es scheint auch erwiesen zu sein, dass religiös-gläubige Menschen allgemein besser über persönliche Schicksalsschläge hinwegkommen sowie auch Krankheiten besser überstehen als Nichtgläubige.

    Aufgrund dieser positiven Wirkungen, hat Religion sehr wohl ihre Berechtigung und wird deshalb sicher in absehbarer Zeit auch nicht untergehen – wenn überhaupt.

    http://www.sueddeutsche.de/wissen/religion-kann-glaube-heilen-1.597234

  32. Okay, der Herr heißt Herl und nicht Hertl, des war mein Fehler. Und ich habe mich über seine Kolumne nicht „aufgeregt“, ich fand sie einfach nicht lustig. Ist das zulässig?

  33. „Aber vielleicht hilft es zu verdeutlichen, wie so etwas wie eine Heiligsprechung bei aufgeklärten Menschen heutzutage ankommt.“

    So weit so gut.
    Also die aufgeklärten Menschen scheint Herr Herl nicht ansprechen zu wollen, denn diese wissen die Heiligsprechug richtig einzuordnen.
    Ein aufgeklärter Mensch bedarf demzufolge nicht der Aufklärung durch Herrn Herl. Insofern war der Beitrag überflüssig.

    Wen also will der Autor mit seinem Artikel erreichen?
    Wohl Freunde für grobschlächtige Vergleiche. Für Leute, die darüber lachen können und wollen. Dafür entschuldigt er sich auch gleich sicherheitshalber. Das ist geschickt von ihm und auch legitim. Wirkt aber schon irgenwie als billiger journalistischer Trick.

    Da erhebt sich aber erstens die Frage, ob Herr Herl sich in gleicher oder ähnlicher Weise zu einer analogen Angelegenheit im Islam geäußert hätte?
    Und zweitens, ob die FR dann diese „Glosse“ auch publiziert hätte. Zweifel hierüber dürfte durchaus angebracht sein.

    Facit:
    Hier hat sich ein Grobian, um die übelriechende Luft seines Großvaters möglichst effizient verteilen zu können, als Growian betätigt. Allerdings arbeitete Growian nur einige Tage, ehe ihr Betrieb wegen technischer Probleme eingestellt werden musste. Der Artikel des Herrn Herl dürfte ein ähnliches Schicksal erleiden.
    Trauer darüber wäre nicht angemessen.

  34. Ich schlage die Heiligsprechung des Karl Marx vor.

    Das gibt eine herrliche Begriffsverwirrung und wunderschöne Spaltung der zwei Seelen in der Brust.

  35. „Kaufen, was einem die Kartelle vorwerfen; lesen, was einem die Zensoren erlauben; glauben, was einem die Kirche und Partei gebieten. Beinkleider werden zur Zeit mittelweit getragen. Freiheit gar nicht.“ (Kurt Tucholsky)

    Wie kirchliche Legendenbildung funktioniert, zeigt sich auch in diesem Thread – Wulf-Dieter Preiß beteiligt sich in #17 eifrig daran.

    Anjezë Gonxhe Bojaxhiu (Ordensname: Mutter Theresa – korrekt: Teresa) war eine in Üsküb, Osmanisches Reich (Albanien bzw. Mazedonien) geborene katholische Ordensschwester, die oft wegen ihrer Hilfsprojekte für Arme als Beispiel für humanitäres Engagement genannt wird. Nun, sie mag vielleicht als Beispiel für einen fundamentalistischen Katholizismus herhalten, keinesfalls aber für Humanität.

    Bereits 1994 bezeichnete die englische Zeitung Guardian die Zustände in Teresas Häusern als „organisierte Form der unterlassenen Hilfeleistung“ und erntete damit Entrüstung von offizieller katholischer Seite. Doch Zeugen berichten tatsächlich, dass Patienten mit ansteckenden Krankheiten nicht isoliert wurden, oder dass man z. B. einen 15-jährigen Jungen lieber sterben ließ als ihn an ein anderes Krankhaus zu überweisen, wo es bessere Medikamente gegeben hätte.

    In dem 1995 erschienenen Buch des Engländers Christopher Hitchens „The Missionary Position“ erhebt der Verfasser den gut begründeten Vorwurf, Frau Bojaxhiu setze „die Maske einer Heiligen auf, um Geld zu sammeln, um damit die extreme und aggressive Form des Katholizismus ausbreiten zu helfen“. Mit ihrem immensen Spendenaufkommen in dreistelliger Millionenhöhe kümmerte sie sich kaum um soziale Einrichtungen, sondern war oft monatelang mit ihrer zentralen Botschaft gegen Abtreibung und Verhütungsmittel weltweit unterwegs. Als treue Stimme ihres päpstlichen Herrn trug sie dadurch dazu bei, dass sich Aids ausbreiten konnte und Millionen von Menschen starben.

    Das 2003 erschienene Buch „Mother Teresa. The Final Verdict“ des indischen Arztes Aroup Chatterjee, der in Kalkutta aufgewachsen und daher mit der dortigen sozialen Situation – auch in den Armenvierteln – bestens vertraut ist, begründet weitere Zweifel.

    In den 1980er Jahren erfuhr der Verfasser in London, wie viel Segen „Mutter Teresa“ als „Engel der Armen“ im „schlimmsten Höllenloch der Welt“ angeblich entfaltete, wie viele Kranke und Sterbende sie von der Straße aufsammelte und in Krankenwagen abtransportierte, um sie in ihren Einrichtungen zu versorgen. Das verblüffte ihn: „In meinen 27 Jahren in Kalkutta habe ich niemals eine solche Szene gesehen, und ich habe auch niemanden getroffen, der so etwas gesehen hatte.“

    Seitdem beschäftigt sich der indische Arzt mit Leben und Werk der „Mutter“. Er besuchte ihre Einrichtungen und fand dort katastrophale medizinische Verhältnisse vor, weit unter dem Standard der anderen Krankenhäuser Kalkuttas. Sein Fazit: „Es war ein erstaunlicher Unterschied zwischen ihren Worten und ihren Taten.“

    Selbst in ihrer Dankesrede bei der Verleihung des Friedensnobelpreises 1979 täuschte sie die Weltöffentlichkeit. Zwar war die Abtreibung Hauptthema ihrer Rede („Der größte Zerstörer des Friedens ist die Abtreibung“), doch dann kam sie auch auf die „30.000 Kranken“ zu sprechen, die sie „von der Straße aufgesammelt“ habe. Das diente zwar der internationalen Legendenbildung und der Erhöhung des Spendenaufkommens, war aber, wie wir heute wissen, gelogen.

    Dabei hat sie nie einen Zweifel daran gelassen, dass ihr eigentliches Interesse dem Leben nach dem Tod galt und dass sie ihre Nonnen nicht als Sozialarbeiterinnen verstanden wissen wollte. Anders gesagt: sie „weihte ihr Leben“ nicht den Ärmsten, sondern Gott. Sie war, wie man es in anderen Zusammenhängen vielleicht nennen würde „ein ideologisch gefestigter Parteisoldat“.

    Ganz besonders schlimm war ihre Glorifizierung des Leidens – und damit das Gegenteil von Empathie und Humanität: „Es liegt Schönheit darin, wie die Armen ihr Schicksal erdulden, wie Christus am Kreuz zu leiden.“ (zitiert nach Hitchens).

    Ihre Einstellung zum Leid der Armen kam in einem Interview in Washington 1981 sehr deutlich zum Ausdruck. Auf die Frage, ob sie den Armen beibringe, ihr Schicksal zu ertragen, antwortete sie: “Ich glaube, das es eine sehr schöne Sache ist, wenn die Armen ihr Los akzeptieren, es mit dem Leid Christi teilen. Ich glaube, das Leid der armen Menschen ist eine große Hilfe für den Rest der Welt.” Wen diese Logik irritiert, der sollte sich vor Augen führen, dass das Symbol der zugrunde liegenden Religion ein Hinrichtungsinstrument ist.

    Diese Einstellung war allerdings keine persönliche Marotte von ihr, sondern lag ganz auf der offiziellen Linie der Römisch Katholischen Kirche (RKK). In dem Schreiben „Iura bona“ von 1980 der „Kongregation für die Glaubenslehre“ heißt es unter „III. DIE BEDEUTUNG DES SCHMERZES FÜR DEN CHRISTEN UND DIE VERWENDUNG SCHMERZSTILLENDER MITTEL

    […]

    Nach christlicher Lehre erhält der Schmerz jedoch, zumal in der Sterbestunde, eine besondere Bedeutung im Heilsplan Gottes. Er gibt Anteil am Leiden Christi und verbindet mit dem erlösenden Opfer, das Christus im Gehorsam gegen den Willen des Vaters dargebracht hat. Es darf deshalb nicht verwundern, wenn einzelne Christen schmerzstillende Mittel nur mäßig anwenden wollen, um wenigstens einen Teil ihrer Schmerzen freiwillig auf sich zu nehmen und sich so bewußt mit den Schmerzen des gekreuzigten Christus vereinigen zu können (vgl.Mt 27,34). […]“

    Die katholische Lehre sieht also gerade im bewussten Todesleiden ein Mittel der Sühne und Reifung, durch das der Mensch die Todesangst des Erlösers mitleidet und dadurch seinem Herrn näherkommt.

    Dass die Dame, als sie später selber erkrankte, sich dann in den besten Kliniken der USA behandeln ließ – und zwar mit palliativen Methoden – ist nur eine kleine, aber bezeichnende Randnotiz.

    Als Hauptkritikpunkte an der Arbeit Teresas, von manchen sogar „Die Hexe von Kalkutta“ genannt, werden angeführt:

    * Leicht heilbare Patienten wurden vom Sterbehaus nicht immer in ein Krankenhaus eingewiesen, sondern ihnen wurde bisweilen durch die Behandlung womöglich geschadet, z. B. durch Verwendung nicht sterilisierter, mehrfach verwendeter Spritzen.

    * Medizinische Laien (zumeist Freiwillige) übernahmen Aufgaben, die eigentlich nur von ausgebildeten Fachkräften durchgeführt werden sollten (Physiotherapie an schwerstbehinderten Kindern). Auf die meist fehlende oder mangelnde medizinische Ausbildung ihrer Mitarbeiter pflegte Mutter Teresa zu entgegnen: „Nicht der Erfolg, sondern die Treue im Glauben ist wichtig.“ Der Hippokratische Eid ist eben eine heidnische Erfindung.

    * Die Patienten mussten im Sterbehaus vielfach auf primitiven Feldbetten in großer Zahl auf engstem Raum vegetieren und auch die Nahrungsversorgung war nicht immer im nötigen Umfang gewährleistet. Etliche der dem Orden gespendeten Häuser waren ursprünglich gut ausgestattet, wurden aber auf Anordnung Mutter Teresas auf äußerste Schlichtheit und Armut umgestaltet (u. a. wurden vorhandene neuwertige Matratzen entsorgt und es wurde nicht oder kaum geheizt).

    * Die Vergabe von Schmerzmitteln wurde untersagt. In einem Interview sprach sie beispielsweise davon, die Schmerzen einer Krebspatientin seien „der Kuss von Jesus“ (siehe weiter oben).

    * Krankenwagen des Ordens – von der Stadt gestiftet! – wurden mit bequemen Sitzen zum Fahrdienst für die Nonnen umgebaut – bei Hilferufen verwies der Orden auf die Ambulanz von Kalkutta.

    * Sterbende wurden oft ohne deren Einverständnis katholisch getauft. Der Orden verwendete in einigen Niederlassungen wie in Papua-Neuguinea das Geld statt für die Hilfe für die Armen ausschließlich für deren Missionierung.

    * Nach der Katastrophe von Bhopal, Missernten oder schweren Überschwemmungen in Indien bot „Mutter Teresa“ zwar ihre Gebete und Medaillons der Jungfrau Maria an, jedoch keinerlei finanzielle Unterstützung. Ihre Antwort auf die Industrie-Katastrophe 1984, die mindestens 3000 Menschenleben forderte, lautete: “Vergebt, vergebt!” Für den Westen eine typische Teresa-Antwort — für die Inder eine Provokation.

    * Fehlende Transparenz (Umgang mit Medien, Angaben über die Verwendung von Spendengeldern, Verweigerung der Rückgabe illegaler Spenden). Motto: „Christus hat sich auch nicht mit Buchhaltung beschäftigt. Unsere Zeit gehört den Armen.“ Das Geld ist vermutlich bei der – übelst beleumundeten – Vatikanbank gelandet. Die einzelnen Ordens-Filialen sind nach einer kurzen Phase der Anschub-Finanzierung strikt gehalten, sich die für ihren Betrieb nötigen Geldmittel und Sachspenden unabhängig von der Zentrale selbst zu erbetteln. Was diese mit Erfolg auch tun – die „Missionarinnen der Nächstenliebe“ sind bekannt dafür, dass sie grundsätzlich nichts bezahlen: weder in der Straßenbahn noch im Supermarkt. Es ist ja alles für einen guten Zweck …

    Fazit

    „Eine wissenschaftliche Studie dreier Forscher der Universitäten von Montreal und Ottawa kam 2013 zu dem Schluss, dass die Tatsachen gegen das verbreitete Bild der barmherzigen Mutter Teresa sprächen. Im Rahmen einer Forschungsarbeit über das Phänomen der Selbstlosigkeit beschäftigten sie sich ausführlich mit der von der katholischen Kirche als Sinnbild des Altruismus gefeierten Frau, gingen den von verschiedener Seite erhobenen Vorwürfen nach und analysierten 287 Dokumente über Mutter Teresas Leben und Wirken. Die Wissenschaftler kritisierten u.a., dass ihre Spendeneinnahmen wenig transparent verwaltet worden seien. Außerdem stelle sich die Frage, wo die Millionen von Dollar geblieben sind, die gespendet wurden. Die Forscher folgern, dass ihr Ruf als selbstlose Retterin der Armen nicht den überprüfbaren Tatsachen entspreche und ihr langjähriges Image sowie ihre schließlich erfolgte Seligsprechung tatsächlich Folge einer bewusst gesteuerten Öffentlichkeitskampagne der Kirche gewesen sei.“ (zitiert nach Wikipedia)

    Dies wird die bevorstehende Heiligsprechung wohl nicht verhindern. „Dann hat die Welt der Christen eine Oberheilige auch aus unserer Zeit, die würdig eintritt in den Kreis der Oberheiligen früherer Zeiten: Da trifft sie den Kirchenvater Cyrill von Alexandria, der durch seine Mordbrennereien gegen alles heidnische Wesen und durch den Mord an der Philosophin Hypatia ein Vorbild für Rechtgläubigkeit wurde. Und den Kirchenlehrer Bellarmini, der der Kirche die Begründungen für die Verbrennung Andersdenkender schenkte, zum Beispiel des Philosophen Giordano Bruno. Und schließlich ist da auch der Gründer des »Opus Dei«, Escrivá, der als Freund des spanischen Militärdiktators Franco mithalf, die spanische Republik zu beseitigen. Sie alle sollen, geht es nach der alleinseligmachenden Kirche, unsere Wegweiser im 21. Jahrhundert sein.“ (zitiert nach: Hartwig Hohnsbein, Eine Oberheilige wird gemacht, Ossietzky – Zweiwochenzeitschrift für Politik/Kultur/Wirtschaft, 8/2008, http://www.sopos.org/aufsaetze/48447b8477fbc/1.phtml)

    Teresa dient vor allem der Befriedigung des Bedürfnisses, zu glauben, dass “irgend jemand” sich um die armen Menschen kümmert — man selbst es also nicht tun muss. Vom Mythos der bescheidenen Heiligen bleibt nach den vorliegenden Information nicht viel übrig.


    P.S.: Die Einleitung und die ersten drei Kapitel des o.a. Buches von Chatterjee können Sie bei meteorbooks.com online auf Englisch lesen.

    Eine weitere Quelle: Marianne Sammer: „Mutter Theresa“. C.H. Beck Verlag, München 2006, 128 Seiten
    „Es ist allgemein bekannt, dass Mutter Theresa sich zwar ein Krankenhaus zur Verfügung stellen ließ, aber den Fahrstuhl darin verhinderte, dass sie professionelle medizinische Geräte, die vielen Patienten Besserung oder vielleicht sogar Heilung verschaffen könnten, in ihren Sterbe- und Krankenhäusern nicht zuließ, dass die Schwestern beim Waschen von Leprakranken keine Handschuhe tragen durften, dass sie nicht-desinfizierte Spritzennadeln so oft verwendeten, bis sie stumpf waren, dass sie in einem neu für sie bereitgestellten Heim die Teppichböden herausrissen und die Möbel zerschlugen.“

  36. @ rowe

    Vielen Dank für die klare zusammenfassende Darstellung des Lebens einer christlichen Gotteskriegerin,die für kirchliche Verhältnisse relativ schnell nach ihrem Dahinscheiden „selig gesprochen“ worden ist. Eine Organisation, die Transzendenz zu ihrem Geschäftsmodell gemacht hat, braucht Mythen und Mitglieder, die Außergewöhnliches, sagen wir Übernatürliches, zustande gebracht haben sollen. Dass die aufgeklärteren Religiösen immer wieder unterscheiden zwischen dem Glauben und der Amtskirche, ist, wie an dem Beispiel dieser Nonne leicht nachzuvollziehen ist, nur ein rhetorischer Kniff. Die eine ist ohne die andere Seite nicht zu denken.

  37. @Wulf-Dieter Preiß, #17: Ich verweise als Antwort nur noch auf meinen Beitrag #7 zum Schlagseite-Thema „Berichten Sie religionskritisch!“.

    http://www.frblog.de/berichten-sie-religionskritisch/

    Was sollte bitte an Religion rational sein, nur weil es viele Menschen gibt, die an religiöse Inhalte glauben, auch Naturwissenschaftler? Das ist Beweis per Fußaufstampfen, mehr nicht. Alles an diesem Glauben ist irrational, vor allem seine Rituale um eine abstrakte höhere Entität, der sich Menschen unterwerden und sogar vor ihr in den Staub werden und kriechen wie vor einem altorientalischen Potentaten und um ihres Seelenheils willen bizarre symbolische Kannibalismus-Rituale wie das Abendmahl aufführen.

    @runeB, #33: Ist Ihnen Michi Herl zu grob? Versuchen Sie es doch mal mit Goerge Carlin und seiner Satire „Religion is Bullshit“.

    In the Bullshit Department, a businessman can’t hold a candle to a clergyman. (…) When it comes to bullshit, big-time, major league bullshit, you have to stand in awe of the all-time champion of false promises and exaggerated claims, religion.(…) Religion easily has the greatest bullshit story ever told. (…) Religion has actually convinced people that there’s an invisible man living in the sky who watches everything you do, every minute of every day. And the invisible man has a special list of ten things he does not want you to do. And if you do any of these ten things, he has a special place, full of fire and smoke and burning and torture and anguish, where he will send you to live and suffer and burn and choke and scream and cry forever and ever ‚til the end of time! But he loves you.

    http://www.youtube.com/watch?v=tjVLJKR6g7U

  38. @ Wulf-Dieter Preiß

    „An einen Schöpfergott zu glauben, ist so denkbar, wie nicht an Gott zu glauben.“

    Richtig. Denkbar ist alles. Das ist der Vorteil des Denkens. Man kann an Gott glauben, man kann es bleiben lassen. Das ist jedoch keine folgenlose Dichotomie, als sei es quasi gleich, wozu ich mich entscheide. Viele Religionen halten sich ihre Gemeindemitglieder mit Versprechen oder Drohungen bei der Stange, die, nachdem die Entdinglichung des Menschen eingetreten ist, real werden würden. Halt im Jenseits dem transzendierten Anderen. Die politischen Folgen dieser Annahmen sind gravierend. Insbesondere dann, wenn das gesellschaftliche Zusammenleben nach den Regeln dieser Eingebungen abzulaufen hat. Im europäischen Raum konnte deshalb die Aufklärung nur gegen den Widerstand dieser politischen Ordnung, in der sich einige aus dem Klerus und dem weltlichen Bereich das Oben – nicht immer brüderlich – teilten.

  39. @ 38 Ergänzung letzter Satz:

    Im europäischen Raum konnte deshalb die Aufklärung nur gegen den Widerstand dieser politischen Ordnung, in der sich einige aus dem Klerus und dem weltlichen Bereich das Oben – nicht immer brüderlich – teilten, breiteren Raum gewinnen.

  40. zu # 34 BvG

    weshalb haben Sie es so eilig? Nicht so vorschnell!
    Erst müssen Sie Karl Marx selig sprechen (und die daraus resultierende Reaktion genießen), dann irgendwann auch heilig sprechen (und die darauf folgende Empörung genüsslich in sich aufnehmen):
    Von diesen zwei unabhängig voneinander ablaufenden Prozessen haben Sie doch deutlich mehr Vergnügen als nur an einem einzigen.

    zu # 37 EvaK

    Ich habe nie in Abrede gestellt,dass es noch deutlich gröber als bei Herrn Herl formuliert geht. Herrn Herl an Grobheit zu überbieten, bedarf es keiner journalistischen Glanzleistung.

    Ich glaube Herr Herl wäre aus dem Stand heraus in der Lage,
    sich mühelos in Sachen Grobianismus selbst zu überbieten.

    Doch sei die Frage erlaubt: Was bringt´s? Zur Klärung eines Sachverhalts wenig, wenn nicht sogar gar nichts.

    Wem es gefällt, wie Herr Herl sich äußert, mag den Beitrag lesen und begeistert lachen oder feinsinnig schmunzeln, wem es nicht gefällt, mag es lesen und sich darüber ärgern.

    Das steht doch jedem nach Lust und Belieben frei.

  41. @runeB: Einfach #29 noch mal lesen. Wären Sie meinem Link zum Kommentar vom 11. Mai gefolgt, hätten Sie auch das lesen können:

    Religionskritik kann also bestenfalls der Provokation der Gläubigen dienen, die leicht darauf anspringen. Dafür brauche ich aber nicht schöngeistige Essays zu schreiben, wenn das Ergebnis all der mühevoll gedrechselten Worte der gleiche emotionale Ausbruch ist, als wenn ich das Bemühen auf eine Drei-Worte-Essenz „Religion ist Shice“ eindampfe. In der Kürze liegt die Würze! Das mag Herr Wolper zwar als niveaulos empfinden, aber wenn ich die zum Teil recht aggressiven Attacken von Glaubensanhängern sehe, mit der alle überzogen werden, die ihr eigenes Leben zu leben wagen, frage ich mal hier nach dem Niveau. Da gibt es auch mal einen groben Keil auf eine groben Klotz und kein niveauheischendes Gesäusel mehr.

    Ihnen scheint bei aller Aufregung über Grobheiten und Niveaulosigkeit entgangen zu sein, daß der Verweis Michi Herls auf die Flatulenzen seines Großvaters einer gewissen Süffisanz nicht entbehrt, denn er hat einen direkten Bezug zu religiös-politischen Aktivitäten der RKK: Es stinkt zum Himmel, und die Patres in Lila, Rot und Weiß nutzen jede Gelegenheit aka Medien, ihren Gestank raumfüllend zu verteilen – grad wie Ihr Growian oder Michi Herls Großvater.

  42. zu # 41 EvaK
    Sollten Sie bei mir Aufregungen über Grobheiten und Niveaulosigkeit vermuten, so muss ich Sie enttäuschen. Die von Herrn Herl beanstandete Heiligsprechung hat bei mir nur ein ungläubiges Kopfschütteln ausgelöst. Mehr nicht.
    Der Artikel von Herrn Herl hat aber bei mir auch nicht mehr bewirkt.

    Es steht doch jedem frei, sich über den Beitrag (eventuell diebisch) zu freuen oder (eventuell furchtbar) zu ärgern.

    Zur Klärung des Sachverhalts trägt der Artikel wenig oder besser gesagt gar nichts bei. Meiner Meinung nach ist Herr Herl unter seinen Möglichkeiten geblieben. Das kann man so oder so sehen. Ganz nach Belieben.

  43. Ich muss gestehen, dass ich diese Art von Holzhammer-Atheismus, wie er von Herrn Herl begtrieben wird, dem intellektuellen und humanistischen Niveau Ihres Blattes gegenüber als nicht angemessen empfinde. Was hier aufgetischt wird, hätte in der antireligiösen Propaganda des Statlinismus nicht primitiver sein können. Von der „Dialektik der Aufklärung“ scheint Herr Herl nie etwas gehört zu haben. Hat er sich in seinem Furor jeder Religion gegenüber nie vor Augen geführt, dass auch die Bilanz von Aufklärung und Atheismus in ihren fanatisierten Formen in Bezug auf Gewalt und Unterdrückung Andersdenkender/glaubender nicht gerade ruhmreich ausfällt?
    Die Probleme liegen also wohl etwas tiefer. Z.B. fangen sie dort an, wo wie in Herls Kolumnen im Hochgefühl geistig-moralischer Überlegenheit jeglicher Respekt vor dem, was Menschen tief in ihrem Innere bewegt, fahren gelassen wird, und seien es ein (auch mir) völlig unverständliches Bad im verdreckten Ganges oder der Glaube an die Heilungskraft eines Verstorbenen. Gott sei Dank kenne ich auch unter Atheisten genügend Menschen, die sich diesen Respekt erhalten haben, wissend, dass nur so ein friedliches Miteinander der Menschen möglich ist.

  44. Fast alle Menschen verstehen und „Wunder“ ein unmögliches Ereignis, ein Widerspruch in sich. Für Herrn Pape ist alles, was der Mensch (noch) nicht versteht, ein Wunder. Kein Wunder ist, dass die Kirchen so viel von Wundern sprechen und so wenig von Mirakeln

  45. @ 43 Jörg Haunert

    „Gott sei Dank kenne ich auch unter Atheisten genügend Menschen, die sich diesen Respekt erhalten haben, wissend, dass nur so ein friedliches Miteinander der Menschen möglich ist.“

    Das hört sich schön und tolerant an, wenn man den Blick auf die politische und gesellschaftliche Wirklichkeit außen vor lässt. Dieser Staat lässt z.B. zu, dass der größte Teil der Kindertagesstätten in theologischer Hand ist. Wer dort arbeiten möchte, erfährt nicht die Toleranz, die ein „friedliches Miteinander der Menschen“ zulässt. Er muss Mitglied eines der beiden religiösen Vereinigungen sein, sonst kriegt er keinen Arbeitsvertrag. Es gibt nicht wenige Menschen, die sich deshalb pro forma in einen der Tendenzbetriebe eingeschrieben haben oder nicht wagen auszutreten. Man hat leicht Reden, wenn man einer privilegierten Vereinigung angehört. Da ein Küsschen dort ein Schulterklopfen und alles bleibt gut. Nur: Es ändert sich nichts. Das ist auch das Ziel dieses vermeintlich generösen Verhaltens. Respekt hätte ich, wenn die religiösen Betonmischer dieses gesellschaftlichen Ist-Zustandes sich ihrem eigenen privilegierten Status gegenüber kritisch verhielten und etwa forderten: Lasst auch Atheistinnen und Atheisten in unseren von allen(!) Steuerzahlern mitfinanzierten Einrichtungen arbeiten.

  46. zu 43 # Haunert + ## 45 Rudi
    In Einrichtungen, die zum überwiegenden Teil mit Steuermitteln finanziert werden (das dürften die meisten der so genannten „Kirchlichen Einrichtungen“ sein), darf die Kirche – egal ob evangelisch oder katholisch – über kein eigenes Arbeitsrecht verfügen.
    Es darf hierbei keinen Staat im Staate geben.

    Die Religionsgemeinschaften müssten rechtlich verpflichtet werden, ihre Finanzierungen offenzulegen. Mehr Transparenz ist vonnöten. Also genau auflisten, wie viel Kirchensteuer und wie viel Steuergeld verwendet worden ist.
    Das Erstaunen hierüber dürfte nicht unbeträchtlich sein.
    Auf beiden Seiten. Bei der Kirche und beim Steuerzahler.
    Es ist jedoch zu befürchten, dass sowohl der Staat als auch die Kirche in unheiliger Allianz das zu verhindern werden wissen.

  47. @Jörg Haunert: Ich greife mal Ihre schönen Worte auf und betrachte sie von der anderen Seite. Die Probleme liegen wohl etwas anders. Sie fangen z.B. dort an, wo wie in Glaubensinhalten, Geboten und Verdikten im Hochgefühl geistig-moralischer Überlegenheit jeglicher Respekt vor dem fahren gelassen wird, was andere Menschen sind und leben. Respekt basiert nun mal auf Gegenseitigkeit, und diese Erkenntnis vermisse ich bei vielen der in ihren Gefühlen ach so sensiblen Gläubigen und ihrer Hohepriester. Die nehmen sich das gnadenlos Recht, auf meinen Gefühlen und meinem Leben herumzutrampeln, aber wenn das deutliche Echo kommt, heulen sie laut auf, daß sie das verletze. Dumm gelaufen! Denn, siehe oben, gilt nach wie vor: Grober Klotz, grober Keil.

  48. zu 17 # Wulf-Dieter Preiß

    „Wer ist hier irrational? Lieber Herr Herl,irrational ist, was nicht der Ratio – also dem Verstand – entspricht. Etwas, was denkbar ist, ist also nicht irrational. An einen Schöpfergott zu glauben, ist so denkbar, wie nicht an Gott zu glauben.“

    Sie setzen offenbar Verstand (ratio) und Denken einander gleich und folgern daraus, dass etwas, was denkbar ist, nicht irrational ist bzw. sein kann. Dieses Versimpeln wird aber der Thematik nicht gerecht. Denken und Verstand sind nicht identisch.
    Es gilt nämlich zu bedenken, dass es sehr wohl ein rationales Denken gibt, aber auch ein irrationales Denken.
    An einen Schöpfergott zu glauben, ist irrational. Aber auch an einen Schöpfergott nicht zu glauben, ist letztlich irrational. Weshalb? Glauben ist eine irrationale Tätigkeit.
    Der Gottgläubige kann die Existenz Gottes nicht beweisen.
    Allerdings kann der Atheist die Nichtexistenz Gottes auch nicht beweisen.

    Das daraus resultierende Dilemma könnte nur durch einen positiven Nachweis der Existenz Gottes gelöst werden. Was allerdings bislang noch nicht gelungen ist. Deshalb bleibt die Irrationalität dieser Fragestellung bestehen.

    „Glaube ist nicht beweisbar …“.
    Es sind die Glaubenslehren, die Gegenstände des Glaubens und die aus den Glaubenslehren resultierenden Schlussfolgerungen, die nicht beweisbar sind.

    Der Glaube eines Menschen ist beweisbar, steht doch der Betreffende zu seinem Glauben. Es sei denn, er würde seinen Glauben (aus welchen Gründen auch immer) einfach verleugnen. Das dürfte aber eher die Ausnahme sein.

    Übrigens ist in der Medizin der bekannte Placebo-Effekt durchaus beweisbar.
    Auch eine Sache des Glaubens.
    Vor diesem Hintergrund behält der Satz – „Der Glaube versetzt Berge“ – seine Aktualität. Aus dem Glauben kann eine ungeheuere Kraft resultieren.

  49. Es ist ja nicht so, dass es nur um Glauben oder Nichtglauben geht, sondern auch um Konkurrenzeinrichtungen innerhalb der gläubigen Gemeinden. Dafür gibt es in den dt. christlichen Kirchen die Sektenbeauftragten, die sich um andere Glaubensgemeinden kümmern, die sie als Sekten zu bezeichnen pflegen. Der Begriff ist im christlichen Sprachgebrauch durchaus abwertend gemeint. Im Gegensatz zu früher. Sekte [= Partei, Schulrichtung] war ursprünglich ein neutraler Begriff, der zum Ausdruck brachte, dass man sich von der Hauptrichtung der jeweils geltenden Lehre unterscheidet. Mehr nicht.

    Die christlichen Kirchen, insbesondere in Dt., haben die Umdeutung geschafft. So schreibt die bremische evangelische Kirche 2006: „Die Aufgabe der Kirche sollte unseres Erachtens darin liegen, Menschen, die durch Sekten, destruktive Kulte oder fundamentalistische Extremreligiosität in Not geraten sind, zu beraten und ihnen mit Informationen zur Seite zu stehen.“ Mit anderen Worten, sie wieder auf den rechten also christlichen Glaubensweg zu bringen. Im Grunde eine Chuzpe. Da sich die christlichen Kirchen vom Wesen und der Struktur her von den anderen Glaubensgemeinschaften nicht unterscheiden.

  50. Liest man die Leserbriefe zu den Kolumnen von Herrn Herl, so entsteht der Eindruck, hier schreibt ein Widerling. Für mich sind diese Kolumnen einfach nur großartig. Ein würdiger Ersatz für Frau Kiyak. Herzerfrischend, frei von der Leber weg, gegen den Strich gebürstet ohne Rücksicht auf jedwede Korrektheit. Eben „herlich“. Weiter so.

  51. Sehr geehrter Herr Herl,

    als Autor und Theatermacher, wie Sie sich selber bezeichnen, sollten Sie doch eigentlich Kritik gewohnt sein, oder bezeichnen Sie alle, die Ihre Produkte nicht als Evangelium akzeptieren, automatisch als „Meckerer“? Also ich reihe mich jedenfalls in die Meckerer ein.
    Ein paar Richtigstellungen:
    1. Glauben hat nichts mit Irrationalität zu tun und steht nicht in Polarität zu Wissen. „Wissen“ Sie zum Beispiel, dass es Elektronen gibt? Oder glauben Sie Ihrem Physiklehrer einfach mehr als Ihrem Religionslehrer? Vielleicht weil Physik für die Versetzung wichtiger war als Religion? Als Diplom-Physiker habe ich in Experimenten erfahren, dass das Elektron-Modell eines geladenen Teilchens zwar ganz gut ist, aber in vielen Fällen doch falsch. Ich habe also erfahren, dass es etwas gibt, das wir Elektronen nennen, daher kann ich behaupten, dass es sie gibt, auch wenn ich weiß, dass dieses Wissen unvollständig ist. „Wissen“ Sie, dass es China gibt? Sind Sie dort gewesen? Oder glauben Sie Ihrem Geographielehrer, den Zeitungen, dem Fernsehen und anderen Quellen einfach, ohne irgend welche Zweifel? Warum glauben Sie dann nicht auch den Augenzeugenberichten, die Christi Tod und Auferstehung beschreiben? Auch wenn Sie halt selber nicht dabei sein konnten? Zusammenfassend behaupte ich, dass Sie eigentlich nur „wissen“ können, was Sie selber erfahren haben. Alles andere ist „Glauben“. Sie wissen nicht, dass die Sonne morgen wieder aufgehen wird, aber Sie glauben fest daran, weil Ihre Erfahrung ist, dass sie bisher jeden Morgen aufgegangen ist. Das einzige, das sicher ist und als „Wissen“ bezeichnet werden kann, ist also die eigene Erfahrung. Alles andere ist „Glauben“. Warum leugnen Sie dann also die Erfahrungen anderer Menschen, die sie zu einem christlichen Bekenntnis bewegen? Nur weil Sie diese Erfahrungen nicht gemacht haben und sich auch keine Mühe gemacht haben, entsprechende Studien und Meditationen zu betreiben? Können Sie die Erfahrungen dieser Menschen einfach als „Humbug“ abtun? Grenzt das nicht an Arroganz?
    2. Die Untaten, die im Namen der Religionen begangen wurden und noch begangen werden, sind unleugbar. Aber bei genauer Analyse würden auch Sie herausfinden dass diese Untaten nur begangen wurden, wenn Religion machtpolitisch ausgenutzt wurde. Aber viel mehr Unheil in der Welt wird durch die „Religion“ des Freien Marktes, durch die „Religion“ des nationalen Überlebenskampfes, durch die „Religion“ der Wettbewerbsfähigkeit und Globalisierung, durch die Religion der rassistischen Überlegenheit und viele andere Götzen, die heute nicht als eherne Abbilder, sondern als sogenannte „wissenschaftliche Erkenntnisse“ oder als „alternativlos“ deklariert werden. Haben diese Götzen nicht viel mehr Opfer verlangt als alle Religion-missbrauchenden Kriege? Wo gab es mehr Tote und Elend, im Profit-getriebenen Irakkrieg oder am 11.9.01? Waren die letzten beiden Weltkriege Religionskriege? Wenn ja, dann nicht zu Lasten des Christentums. Wieviel Unheil wird im Kongo wegen der Bodenschätze, in Brasilien wegen der Schätze im Urwald angerichtet? Jeder Krieg verfolgt wirtschaftliche Interessen, wobei wir wieder bei den von Ihnen nicht kritisierten Götzen der sogenannten wissenschaftlichen Ökonomie (= Habgier) wären.
    3. „Ich weiß, dass ich nichts weiß“. Ist Ihnen dieser Satz auch so geläufig wie „Religion ist Opium fürs Volk“? Offensichtlich nicht, da Sie immer noch die „Wissenschaft“ als dem „Glauben“ überlegen ansehen. Was wissen wir denn über unsere Welt? Jedes Lösungsmodell in der Physik ruft mehr neue Fragen auf, als es beantwortet. Jede „wissenschaftliche“ medizinische Therapie erzeugt ein Unzahl an unerwünschten und zum Teil gefährlichen Nebenwirkungen. Liegt das vielleicht daran, dass wir glauben, durch Erforschung der Elektroimpulse in unseren Nerven das Phänomen des Fühlens und Empfindens zu verstehen? Denken, Fühlen, Freude, Trauer, Leid, Zuversicht, ja auch Glauben sind materiell nicht zu erklären, ebensowenig wie man durch die Analyse der Elektronenbewegungen in einem Computer ein Programm oder gar dessen Absicht erkennen kann. Diese Beschränkung unserer „Wissen“schaft auf materielle Vorgänge wird uns nie zu einer vollständigen Erkenntnis unserer Welt oder gar von uns selbst führen. Verwechseln Sie also bitte in Zukunft den Begriff des Glaubens nicht mit dem des Nicht-Wissens. Religiöser Glaube beruht in seiner Essenz auf religiöser Erfahrung und steht damit nicht im Gegensatz zu Wissen.
    Wie kommt es eigentlich, Herr Herl, dass Atheisten oftmals intoleranter sind als religiöse Fundamentalisten? Fühlen Sie sich in Ihrer Überzeugung so unsicher, dass Sie Kritik und Gegenargumente nicht vertragen können und deshalb diffamieren (Meckerer, Humbug) müssen? Haben Sie als Künstler nie die Erfahrung der Intuition gehabt? Schade. Denn dann sollten Sie dieses Thema lieber erfahreneren Menschen überlassen.
    Ich werde Ihre Kolumne weiter verfolgen. Aber wenn Sie auf diesem Niveau bleiben, werde ich mir die Mühe in Zukunft wieder sparen.

    Freundlichst
    Ihr

    Dietrich Gabler, Seligenstadt

  52. @ Dietrich Gabler #51
    „Als Diplom-Physiker habe ich in Experimenten erfahren, dass das Elektron-Modell eines geladenen Teilchens zwar ganz gut ist, aber in vielen Fällen doch falsch. Ich habe also erfahren, dass es etwas gibt, das wir Elektronen nennen, daher kann ich behaupten, dass es sie gibt, auch wenn ich weiß, dass dieses Wissen unvollständig ist. “Wissen” Sie, dass es China gibt? Sind Sie dort gewesen? Oder glauben Sie Ihrem Geographielehrer, den Zeitungen, dem Fernsehen und anderen Quellen einfach, ohne irgend welche Zweifel? Warum glauben Sie dann nicht auch den Augenzeugenberichten, die Christi Tod und Auferstehung beschreiben?“ (Dietrich Gabler)

    Da dieser Brief offen ist, bin ich so frei, die Fragen zu stellen, von denen ich annehme, dass der Adressat Herl sie auch stellen würde, wenn er hier antwortete.:

    Bei einem Diplomphysiker wundert es mich etwas, dass er das Prinzip der Wiederholbarkeit so niedrig einschätzt. Mir als Außenstehendem fällt hingegen auf, dass die Wundermächtigkeit dieses Gottes mit der zeitlichen Entfernung und der Abwesenheit ungläubiger Beobachter zunimmt und Wiederholungen unter standardisierten Bedingungen gibt es gar nicht. Während dieser Gott sich im alten Testament noch an Völkermorden übte, schafft er es vor ca 2000 Jahren gerade noch, eine Frau zu schwängern (gelang mir übrigens auch schon), wobei die Behauptung, das sei geschehen, ohne dass sie dabei ihre Jungfräulichkeit verlor, witzigerweise erst lange nach der Geburt, als nichts mehr zu überprüfen war, aufgestellt wurde. Und Sie als Diplomphysiker wundern sich, warum dieser gesamte Text als nicht besonders glaubwürdig angesehen wird? Haben Sie schon mal etwas von dem Rasiermesser des Herren William of Ockham gehört?

    Und wo Sie auf den Irakkrieg zu sprechen kommen, um seine Opferzahl ins Verhältnis zu der von 9/11 zu setzen: War da nicht etwas von einem göttlichen Auftrag, den der gläubige George W. für sich in Anspruch nahm? Was hält Sie davon ab, diesem Zeugnis eines treuen Dieners des Herrn zu trauen? Doch nicht etwa der perfide Verdacht, jemand, der so etwas erzählt, könnte auch ganz einfach nur einen Sprung in der Schüssel haben?

    Und natürlich ist mir auch „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ ein Begriff, und das nicht nur als Aussage mit Selbstbezug, die in der Logik nicht erlaubt sind. Dieses Nichtwissen ist allerdings nicht gleichbedeutend mit Glaubenmüssen, sondern schlägt sich bei hinreichendem intellektuellen Anspruch auch einfach darin nieder, nichts als wahr zu glauben, sondern jede Aussage nur solange zu nutzen, solange sie sich in der Vorhersage bewährt. Deshalb gibt es in der Wissenschaft im Gegensatz zur Religion auch keine Wahrheiten oder verlässliches Wissen, sondern es gibt Hypothesen, die durch wiederholbare Beobachtungen oder Versuche bestätigt werden müssen, um Theorie zu werden, und jede Theorie gilt nur so lange, bis sie widerlegt ist. Aber was erzähle ich das einem Physiker?

    Worin ich Ihnen Recht gebe, ist, dass Glauben, Fühlen usw. auf der neurophysikalischen Ebene wohl nie wirklich erklärt werden können. Aber es würde auch niemand versuchen, ein relativ dazu geradezu schlichtes verteiltes SAP-System, auf dem ein Supply-Chain-Management prozessiert wird, auf der Elektronenebne zu beschreiben, denn das würde auch in die Hose gehen. Zur Beschreibung derartiger Systeme gibt es bessere Ebenen, bei besagtem SAP-System sogar eine, in der wir es selbst formulieren können. Fürs Fühlen, Glauben usw. gibt es funktionale und evolutionäre Ebenen, in denen wir einer Beschreibung schon recht nahe kommen und das sind die Ebenen, in deren wir diese Tätigkeiten auch einmal verstehen werden.

    Aber wie kommen Sie eigentlich darauf, dass Atheisten intolerant sind? Intoleranter als religiöse Fundamentalisten? Wo wurde hier schon einmal ein Antrag gestellt, jemanden wegen eines Gebetes zu bestrafen? Bei Gotteslästerung hört man schon öfter von solchen Anträgen. Ich habe auch noch nicht gehört, dass jemand, der in eine Kirche eingetreten ist, deshalb von Atheisten gemobbt wurde, besonders in Süddeutschland findet so etwas eher durch die Gemeinde statt, wenn jemand aus der Kirche austritt. Aber das sind Kleinigkeiten, weil bei uns die Kirchen durch den Staat gebremst werden. Wo das nicht geschieht, blasen (in Afrika) Christen zur Schwulenhatz und in Saudi Arabien töten die Muslime Apostaten. Und wo Christen als solche verfolgt werden, geschieht auch das durch die Vertreter anderer Religionen – ich spare mir hier die Aufzählung. Oder ist Intoleranz, wenn Atheisten sich heute genauso herausnehmen, über Religion zu spotten, wie es sich katholische Priester herausnehmen, den Gottesglauben als Voraussetzung für das Menschsein zu bezeichnen und damit die Ungläubigen implizit als Unmenschen zu klassifizieren (z.B. Bischof Overbeck “ohne Religion und ohne religiöse Praxis gibt es kein Menschsein”) ?

    Es wäre schön gewesen, wenn Sie Ihre allgemeinen Aussagen durch mehr Beispiele gewürzt hätten, um sie auch für einen Ungläubigen nachvollziehbar zu machen.

  53. @runeB: Der Nichtglauben an einen Schöpfergott als Unterlassung ist nicht irrational, wie Sie es anders herum durch Ihre Argumente implizieren: „An einen Schöpfergott zu glauben, ist irrational. Aber auch an einen Schöpfergott nicht zu glauben, ist letztlich irrational. Weshalb? Glauben ist eine irrationale Tätigkeit.“ Das klingt nur oberflächlich sinnvoll, ist aber unlogisch, weil eine Nichthandlung nicht das gleiche Ergebnis zeigen kann wie die Handlung. Logisch ist p → q und gleichzeitig ^p → ^q, aber nicht p → q und gleichzeitig ^p → q. Allein die Nichtkenntnis eines Glaubenssystems führt schon zum Nichtglauben und nach damit Ihren Worten zur Irrationalität – das ist schon daher nicht logisch.

    Ihre weitere Argumentation bezüglich der Beweisführung zur Existenz eines Schöpfergottes halte ich ebenfalls für nicht sonderlich überzeugend. Ich stimme lediglich Ihren Aussagen zu, daß die Existenz eines Schöpfergottes weder beweisbar noch widerlegbar ist. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Nichtgläubigen, die Nichtexistenz dieser Entität zu beweisen. Es geht eben nicht, keinen Elefanten zu denken. In dem Moment, wenn jemand öffentlich und nicht nur in den eigenen Gedanken die Nichtexistenz von Göttern beweisen will, beschäftigt er sich bereits mit ihnen, und damit existieren sie qua menschlicher Schöpfer- und Einbildungskraft – denn diese ist unendlich und ihr sind kaum Grenzen gesetzt. Die Grundregel der Theologie lautet, daß Menschen Götter machen, nach ihren Vorstellungen schöpfen und bilden sie diese.

    Robert Gernhardt: Trost im Gedicht

    Denk dir ein Trüffelschwein,
    denk’s wieder weg:
    Wird es auch noch so klein,
    wird nie verschwunden sein,
    bleibt doch ein Fleck.

    Was je ein Mensch gedacht,
    läßt eine Spur.
    Wirkt als verborgne Macht,
    und erst die letzte Nacht
    löscht die Kontur.

    Hat auch der Schein sein Sein
    und seinen Sinn.
    Mußt ihm nur Sein verleihn:
    Denk Dir kein Trüffelschwein,
    denk’s wieder hin.

    Die sehr konkreten und sehr menschlichen Götter des Olymps oder Wallhalls sind so existent wie der blutrünstige, rachsüchtige und abstrakte Wüstendämon, der Karriere als Eingott der drei abrahamitischen Religionen gemacht hat. Das gilt ebenso für das restliche Pandämonium und den restlichen Pantheon, den Menschen geschaffen haben, bis hin zum Fliegenden Spaghettimonster und Russells Teekanne.

    Nach Russell ist es wiederum Angelegenheit der Gläubigen einer Religion, die Existenz ihrer Götter konkret zu beweisen. Das allerdings ist ihnen so wenig möglich, wie die Nichtgläubigen die Nichtexistenz dieser Entitäten beweisen können. Üblicherweise ziehen sich jedoch die Gläubigen aus der Affaire, indem sie behaupten, daß ihre Götter sich dem konkreten Existenzbeweis entzögen und auf Glauben bestünden. Die Forderung nach konkreten Existenzbeweisen wird nach jeweils herrschender Lehrmeinung oft als Häresie verdammt und mit entsprechender Strafe geahndet. Dies gilt insbesondere für die drei abrahamitischen Religionen. Das ist der Kern der Irrationalität von Religionen.

    Jetzt bleibt nur noch die Frage zu klären, warum Menschen Götter machen. Lewis Mumford führt in „Mythos der Maschine“ (Wien 1974) aus, daß es die freien Kapazitäten eines großen Gehirns waren, das durch die realen Alltäglichkeiten nicht ausgelastet war. Diese standen zur Schaffung von Mythen, Göttern und regelrechten Parallelwelten zur Verfügung, und Menschen haben das genau dafür genutzt. Das wäre die eine Seite.

    Auf der anderen Seite steht die Erkenntnis, daß bei der Frage nach dem Sinn der menschlichen Existenz die Erkenntnis steht, daß Menschen wie alle anderen Lebewesen das Produkt ein langen Kette von Zufällen sind, die sich für die Entwicklung des Lebens in diesem kleinen Sektor der Galaxis als postiv erwiesen haben, bis hin zur Existenz eines intelligenten Wesens mit Erkenntnis- und Abstraktionsfähigkeit. Dazu gehört aber auch die Erkenntnis, daß Menschen individuell und als Gruppe von heute auf morgen verschwinden können – so geht das. Um dem Wissen um die eigene blinde Zufallsbedingtheit und unausweichliche Endlichkeit zu entgehen, kreieren Meschen Überwesen als Schöpfer, denn soviel Zufall kann ja nicht sein, und als Beschützer vor den Gefahren und als Ausweg in Form einer positiven Jenseitswelt vor der Unausweichlichkeit des eigenen absoluten Endes.

    Aber letztlich bleibt es dabei: „There is no Lord for His name is Buddha, Allah, Shiva, Jahve outside our bodies. We are God, ’cause only we can create the idea of His existence in our holy brains.” (Yello, Domingo, http://www.youtube.com/watch?v=T746BSO-pDY)

  54. @Dietrich Gabler: Der Physiker schlechthin scheint mir etwas maximal faustisches zu haben, denn einerseits suchen er mit allen Mitteln nach Erkenntnis, „was die Welt tief im Innersten zusammenhält“, damit er „nicht mehr mit sauerm Schweiß zu sagen braucht, was er nicht weißn“. Und doch bleibt am Ende nur der schale Geschmack, „Da steht er nun, der arme Tor! Und ist so klug als wie zuvor. (…)Und sieht, daß wir nichts wissen können! Das will ihm schier das Herz verbrennen.“ Es bleibt ihm nichts weiter als die Erkenntnis, „es möchte kein Hund so länger leben! Drum hab’ ich mich der Magie ergeben.“ Ihren offenen Brief an Michi Herl kann ich auf die paar wenigen Worte aus Faust Monolog eindampfen.

    Einer Ihrer Berufsgenossen, Werner Heisenberg, hat das noch kürzer als Sie formuliert: „Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott.“ Das ist nichts als eine Kapitulation, das nachgerade peinliche Resumee einer wissenschaftlichen Karriere, an deren Ende lediglich die Entdeckung stand, daß die Welt aus Unschärfen besteht und nicht die klaren Konturen des physikalischen Grals einer magischen Weltformel zeigt. Und das allerbeunruhigendste daran ist, daß die Welt trotz aller Unschärfen und allen Chaos nicht auseinanderfällt, sondern zwar im ständigen Fluß ist, aber dabei doch relativ (!) stabil ist. Statt die Erkenntnis daraus zu ziehen, daß die Welt doch wohl komplexer ist und keinesfalls simplen Modellen entspricht, kommt Heisenberg auf nichts besseres als den alten Trick der Magie. Er kramt ein höheres Wesen als Weltenlenker aus der Schublade und flüchtet sich ängstlich in dessen Schoß. Wenn all die Physiker-Fauste dieser Welt mit all ihrer Schulweisheit schon nicht erklären können, was die Welt im Innersten zusammenhält, so bleibt doch nur irgend eine Kraft namens intelligent design, kurz Gott, deren Plan das doch wohl alles sein muß. Heisenbergs Satz ist die Bankrotterklärung wissenschaftlicher Neugier, sonst nichts.

    Die Festigkeit, mit der Sie auf der Erkenntnis „Ich weiß, daß ich nichts weiß“ bestehen, mag ja angesichts eines unendlichen Universums angebracht sein. Wenn Wissen endlich ist und das Universum unendlich, da ist die endliche Menge Wissens in einem unendlichen Universum gleich Null – ebenso wie übrigens die Anzahl der Bevölkerung und der Himmelskörper des Universums, vorausgesetzt, deren Zahlen seien endlich. Damit habe ich im Nebenbei Ihre und meine Nichtexistenz bewiesen, so wie Sie anhand des Satzes „Ich weiß, daß ich nichts weiß“ die Nichtexistenz von Wissen darlegen wollten. Tatsächlich existiere ich nicht nur, sondern ich verfüge auch über eine ganze Menge an Wissen, aber im Verhältnis zum Gesamtwissen des Universums ist das doch sehr wenig, und insofern sehe ich die Erkenntnis vom Nichtwissen als nicht absolut, sondern nur relativ.

    Tatsächlich könnte ich Ihnen beim Thema Physik nichts erklären, weil ich darüber nur populärwissenschaftliche Kenntnisse habe, aber da ich nicht weiß, ob Sie überhaupt existieren, kann mir das egal sein. Ich muß nicht einmal glauben, daß Sie existieren, sondern ich schreibe lediglich einer Abstraktion. Das ist wie mit China, wobei ich immerhin schon mehrere Leute getroffen habe, die aus China zu kommen behaupten, u.a. eine derzeitige Arbeitskollegin. Also gehe ich davon aus, daß China mit einer hinreichend großen Wahrscheinlichkeit – neben dem Meistens ein naturwissenschaftlicher Kernbegriff übrigens – existiert. Aber ich habe auch schon Leute getroffen, die angeblich aus Bielefeld kamen oder dort gewesen sein wollten, und dabei ist ja nun hinlänglich bekannt, daß Bielefeld nicht existiert (http://www.bielefeldverschwoerung.de). Wie ist es nun bei Ihnen, existieren Sie real oder sind Sie nur ein Glaubensprodukt des Blogs. Immerhin hat Frank Wohlgemuth auch auf Ihren Beitrag reagiert, also sind es schon mindestens zwei Bloguser, die an Sie glauben. Wird es nicht Zeit, eine Religion zu kreieren?

  55. Zu dem Leserbrief von Dietrich Gabler, Seligenstadt
    `Wissen Sie, dass es China gibt? Waren Sie dort?`

    Atheisten sind sehr tolerant. Sie zetteln keine religiösen Kriege an sondern achten die Meinung Anderer. Intolerant sind die Anhänger von Religionen die sich bis auf’s Messer bekriegen obwohl sie angeblich an ein- und denselben Gott glauben. Ich kann mir nicht vorstellen, daß, sollte es wirklich einen Gott geben, dieser diesem Treiben tatenlos zusehen würde.
    Manfred Kaiser

  56. Zu # 53 EvaK
    Zur Erklärung naturwissenschaftlicher Phänomene bedient man sich Modellvorstellungen, die auf das menschliche Denken und Begriffsvermögen zurechtgeschnitten sind. Wobei unbestritten ist, dass es sich nur um Modelle handelt, die lediglich eine Annäherung an das jeweilige Problem ermöglichen. Sozusagen Prothesen mit denen der menschliche Verstand arbeitet, um ein Verständnis für ein Problem, z. B. was ein Elektron ist, zu entwickeln.

    Das erste Modell ist ein Kügelchen. Das ist jedoch noch zu wenig. Das Kügelchen erhält noch eine negative Ladung. Auch das genügt noch lange nicht. Das Elektron umkreist einen Atomkern. Nicht genug damit. Das Elektron umkreist den Atomkern auf verschiedenen Bahnen. Die Bahnen sind in unterschiedlichen Abständen zum Atomkern angeordnet.
    Die Summe dieser Annahmen ergab ein sehr einfaches Modell, das jedoch nicht der klassischen Elektrodynamik entsprach. Eine kreisende Ladung, also das sich auf einer Umlaufbahn bewegende Elektron müsste eine elektromagnetische Welle erzeugen, also Energie abgeben. Dadurch würde es abgebremst und in den Atomkern stürzen. Mit der Konsequenz, dass es keine stabilen Atome geben könnte. Insofern war das Modell noch sehr unvollständig und musste verbessert werden.

    Themenwechsel.
    Die Heisenbergsche Unschärferelation besagt, dass zwei komplementäre Eigenschaften eines Teilchens, z. B. Ort und Impuls eines Elektrons, nicht gleichzeitig genau bestimmt werden können. In der klassischen Mechanik kann jedoch Ort und Impuls z. B. einer abgefeuerten Gewehrkugel genau bestimmt und berechnet werden.
    Ein weiteres Beispiel für Modellbetrachtungen ist der Welle-Teilchen-Dualismus des Lichts. Je nach Versuchsanordnung verhält sich Licht wie eine (elektromagnetische) Welle oder wie ein Teilchen. Hier werden zwei Modelle für eine einfache Beschreibung, was Licht ist, benötigt.
    Man kann einwenden, es handle sich nur um unbewiesene Modelle. Schön und gut. Aber eines lässt sich nicht abstreiten, dass die Vorgehensweise mit Hilfe von Modellen sehr erfolgreich war und auch weiterhin sehr erfolgreich sein wird.
    Ein derartiges Modell wird mit jeder neuen Ergänzung verfeinert und eignet sich immer besser zur Klärung von Fragestellungen. Es wird zwar letztlich nicht alle Aspekte erfassen, weil es eben nur ein Modell ist, aber es wird, je mehr Aspekte es berücksichtigt, wertvoller werden und tiefere Erkenntnisse zugänglich machen.

    Themenwechsel.
    Die Vorstellung eines Gottes, egal ob Schöpfergott oder sonstige Gottheit, beruht ebenfalls auf Modellvorstellungen, die sich jedoch einer Überprüfung auf Richtigkeit oder Unrichtigkeit vollends entziehen. Seine Modellvorstellungen eines Gottes wird ein jeder Mensch auf seine Weise, nach seinem Verständnis entweder eins zu eins übernehmen (Alter weiser Mann mit Bart), eventuell weiterentwickeln oder vom Grunde her akzeptieren. Oder auch nicht akzeptieren.

    Im Gegensatz hierzu wird ein naturwissenschaftlicher Versuch, egal wo auf dieser Erde durchgeführt, stets das gleiche Resultat liefern, vorausgesetzt er wird identisch wiederholt. Und das Verblüffende ist, es spielt keine Rolle, ob der Experimentator ein Moslem, Christ, Jude, Buddhist, Hinduist oder Atheist ist. Der Experimentator muss nicht einmal den Versuch verstehen, sondern nur den Versuch unter identischen Bedingungen durchführen. Das Resultat stellt sich von alleine ein.
    Das hebt die Naturwissenschaften glücklicherweise von vielen anderen „Wissenschaften“ ab.

    Zu # 48 runeB + #53 EvaK
    Die Nichtkenntnis eines Glaubenssystems führt zu Unwissenheit, aber nicht zu Nichtglauben.
    Dem Unwissenden stellt sich gar nicht die Frage, ob er glaubt oder nicht. Es kennt den Glaubensgegenstand überhaupt nicht, also kann er sich mit Frage, glauben oder nicht, gar nicht befassen.
    Eine „weitere Argumentation bezüglich der Beweisführung zur Existenz eines Schöpfergottes„ wurde nicht abgegeben, ebenso wenig wurde eine absurde Forderung, der Atheist müsse die Nichtexistenz Gottes beweisen, erhoben.
    Das lediglich zur Klarstellung.
    Sollte sich p und q samt auf die Heisenbergsche Unschärferelation bezogen haben, dann verstehe ich jetzt, weshalb ich nichts begriffen hatte. War reichlich ominös.
    Die vorstehenden Erläuterungen sollen die Entwicklung eines naturwissenschaftlichen Modells skizzieren, ohne Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu erheben.

  57. @runeB: Danke für Ihre ausführlichen Darlegungen naturwissenschaftlicher Modelle. Da ich einige Semester Chemie studiert habe, was zugegeben schon 30 Jahre her ist, waren mir Atommodelle bis heute niocht bekannt.

    Was den Satz, daß die Nichtkenntnis eines Glaubenssystems zu Unwissenheit führe, aber nicht zu Nichtglauben, sowie die Folgerung daraus, so ist das ein hervorragender absurder Trugschluß, aber keine Logik. Wenn Sie mal genauer drüber nachdenken, wird Ihnen das vielleicht irgendwann mal verständlich.

    Das lediglich zur Klarstellung.

  58. zu # 57 EvaK
    Sollte ein fataler Eindruck von „Besserwisserei“ entstanden sein,wäre mir das recht unangenehm. Ich wollte nur das modellhafte Denken in den Naturwissenschaften etwas klarer herausarbeiten, was zu immer neueren Denkmodellen führen kann und auch soll, die für das tiefere Verständnis von Problemen hilfreich sind.
    Die physikalische Wirklichkeit oder der wirkliche Ablauf eines chemischen Reaktionsmechanismus wird durch das Modell lediglich in einer Art Annäherung an das menschliche Begriffsvermögen „erklärt“.

    Nichtkenntnis eines Glaubenssystems führt zur Unwissenheit bezüglich dieses Glaubenssystems. Eine Entscheidung an ein Glaubenssystem zu glauben der nicht zu glauben ist erst möglich, wenn das Glaubenssystem bekannt ist. Erst die Kenntis dieses Glaubenssystems ermöglicht es, sich mit ihm auseinanderzusetzen.
    Gestatten Sie mir bitte, hier eine eigene Meinung zu haben.

  59. @runeB: Beenden wir besser die Debatte. Ich habe weniger den fatalen Eindruck von „Besserwisserei“, sondern eher den eine fatalen Mangels bei der Konstruktion logischer Zusammenhänge und im folgerichtigen Lesen und Verstehen von Beiträgen anderer Blog-Nutzer. Ich scheine wohl auch nicht die einzige mit diesem Eindruck zu sein, siehe http://www.frblog.de/abgehaengt/#comment-42915.

  60. zu 59 # EvaK
    Wenn Sie meine Ansichten nicht teilen, können Sie das klar zum Ausdruck bringen. Aber bitte unter Beachtung der Regel 4. Ihren Kommentar zu der von mir vertretenen Meinung finde ich herabsetzend.
    Haben Sie das eigentlich nötig?
    Etwas mehr Respekt vor der Meinung anderer wäre nicht verkehrt.

  61. @runeB: Schauen Sie mal in den Spiegel. http://www.frblog.de/prism/#comment-42302 – der letzte Absatz. Ansonsten werde ich meine Meinung über Ihre Meinungsäußerung nicht beschränken, nur weil Ihnen das nicht gefällt. Wie ich bereits einmal schrieb, behalte ich mir die Gestaltung meiner Beiträge vor. Immerhin habe ich Sie nicht als glitschigen Aal bezeichnet, weil ich solche Vergleiche für unangemessen halte.

    Aber bezeichnenderweise nehmen Sie sich das Recht, die Frau für ihre Äußerungen zurechtzuweisen, an Schuldgefühle zu appellieren und ihr Maßregeln zu erteilen, und das schon zum zweiten Mal. Bei den deutlich deftigeren Äußerungen eines Mannes in Bezug auf Sie (glitschiger Aal) reagieren Sie hingegen eher zurückhaltend und verweisen keinesfalls auf die Blog-Regeln und stellen die vorwurfsvolle Frage, ob er das nötig habe und konstatieren auch nicht, das sei seiner nicht würdig.

    Ihre wahrscheinliche Antwort ist mir hinlänglich bekannt, aber lassen Sie sich nicht aufhalten.

  62. zu 61 # EvaK
    „eher den eines fatalen Mangels bei der Konstruktion logischer Zusammenhänge und folgerichtigen Lesen und Verstehen von Beiträgen anderer Blog-Nutzer“ ist in meinen Augen eine erheblich schlimmere Abwertung als ein „glitschiger Aal“.

    Sie haben Ihre Befindlichkeit, aber bitte akzeptieren Sie auch, dass auch ich eine Befindlichkeit habe.

    Dass diese Ihre o. g. Anmerkung kein Lob darstellt, dürfte unbestritten sein.

    Ist ja schön, dass Sie meine wahrscheinliche Antwort bereits kennen.

    Im „glitschigen Aal“ war noch ein Funken Anerkennung zu erkennen. Und das hat mich ein wirklich erheitert. Denn der Aal windet sich aus schwierigen Situationen heraus. Das muss jemand erst einmal nachmachen.

    Ich kann mir gar nicht vorstellen, bei Ihnen Schuldgefühle ausgelöst zu haben. Falls doch, würde ich mich recht amüsieren, einen grotesken Meinungskrieg losgetreten zu haben. Der Casus Belli kam Ihnen gerade recht.

    Da ich viele Ihrer Beiträge gelesen habe und über das hohe Niveau erstaunt war, habe ich Ihre Reaktion auf meine harmlosen Anmerkungen nicht erwartet. Deshalb mein Hinweis: Haben Sie das nötig?

    Ist in die falsche Kehle geraten. War nicht beabsichtigt. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Handkuss, Gnä´Frau, ich bin ein elender Sünder.

    Tippfehler ohne Rückporto.

  63. Sie merken gar nicht, wie dreist abwertend Sie sind. Ein Satz wie „da ich viele Ihrer Beiträge gelesen habe und über das hohe Niveau erstaunt war“ beinhalet ein deutliches „das hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut.“ Und den Handkuß haben Sie ebenfalls privat, danke für’s Gespräch.

  64. zu # 63 EvaK
    Ich habe den Hinweis auf das hohe Niveau nur anerkennend gemeint. Wenn Sie das anders auslegen, tut mir das wirklich leid. Ist wohl wieder in die falsche Kehle geraten.

    Schließlich gibt es auch noch Blog-Beiträge anderer Teilnehmer mit unterschiedlichen Niveaus. Daraus ergeben sich Vergleiche, was hoffentlich gestattet ist.

    Da ich Sie nicht persönlich kenne, kann man mir auch nicht die Vermutung, das hätte ich Ihnen nicht zugetraut,zuordnen. Diesen Schuh ziehe ich mir nicht an, weil er völlig ungerechtfertigt ist.

  65. Noch en Gedicht zur Kolumne „Heiliger Mumpitz“ von Michael Herl vom 9. Juli und die Reaktionen am 16. Juli 2013

    Glückwunsch an die doch sehr kirchen- und religionstreue Frankfurter Rundschau (man beachte nur, wievielRaum kirchlichen und Religiösen Themen in der Frankfurter Rundschau gegeben wird, von dem sehr einseitig orientiertem und dadurch journalistisch doch sehr begrenztem Theologen Dirk Pilz gar nicht zu reden), dass sie den Kommentar von Michael Herl abgedruckt hat. Und einen großen Dank an Herl, dass er diese Kolumne so geschrieben hat. Wahrheit muss manchmal respektlos sein. Schon als ehemaliger Theologiestudent hat mich diese Dichotomie von angeblicher theologischer Wissenschaft und Mumpitzbezogenheit verwundert.
    Auf solch eine respektlose Kolumne muss natürlich reagiert werden.
    Und da dokumentiert die „religiöse Garde“ doch mal wieder die Religion als Ausdruck des Elends.
    Herr Pape verbittet sich – ist ok, muss sich aber niemand drum kümmern; Herr Täuber beklagt sich, nicht wegen religiöser Gefühle, doch wegen religionsfeindlicher und antichristlicher Grundstimmung in unserer Gesellschaft, und die intelligente Frau Kall übt christliches Mitleid. Höre ich da den Aufschrei der geknechteten Kreatur?
    Recht hat Herr Grimsehl, warum so eine Bescheidenheit bei den Wundern? Wenn dann richtig, …aber da würde sich Religion ja „wegwundern“ und das ginge zu weit.
    Heilige, Reliquien Wallfahrten und sonstiger „heiliger Mumpitz“ haben über Jahrhunderte eine bombastische „religiöse Ökonomie“ begründet. Und da freuen sich die Kirchen und auch die Christenmenschen. Wie war das noch mal: „Sobald der Gülden im Becken klingt im huy die Seel im Himmel springt“ (Tetzel)
    Erich Mühsam hat das 1930 einmal auf einen gereimten Punkt für die Oberammergauer Festspiele gebracht:
    Oberammer-Gaudi
    Nun schminkt in Oberammergau
    sich wieder Mann und Kind und Frau,
    um zu erhöhen Gottes Ehr
    sowie den bayerischen Verkehr.
    Tagaus, tagein ohn Ende
    gibt’s heilige Legende.
    Ach nein, wie ist das interessant!
    Und Moslem, Jud – selbst Protestant,
    im Zug, im Auto, übers Meer
    strömt, bußbereit, ein ganzes Heer
    blasierter Schwerbesitzer
    ins Dorf der Herrgottschnitzer
    Die Flitterwöchnerin zerknürscht
    beweint, wie auch der Kirchenfurscht,
    wie Ford aus den United States
    und wie der Pascha unterm Fez
    nebst der Frau Rat aus Jena
    die sündige Magdalena.
    Der Defraudant, der Schieber sieht,
    wie Judas seinen Herrn verriet
    und wie man ihn gekreuzigt hat,
    der alles für die Armen tat.
    Dem Aug von Milliardären
    entrieseln Wehmutszähren.
    Vereint zeigt Oberammergau
    Passionsspiel und Toilettenschau,
    und abends reicht im Publikum
    man die Apostelschar herum.
    Die heilige Legende
    trägt gute Dividende.
    Erich Mühsam, 1930
    Und wir aufgeklärten Menschen werden Heiligsprechungen, das Lutherjahr und all den Hokuspokus und diese „wunderlichen“ Dinge aushalten müssen.
    Aber gegen die staatliche Subventionierung und die Medienhypes zu diesem „Mumpitz“ können und müssen wir uns wehren.

    Martin Wagner

Kommentarfunktion geschlossen