Und wieder gibt es hier die Möglichkeit, frei zu plaudern, was auch immer Sie auf dem Herzen haben. Beispielsweise wäre hier der Raum, schon mal ein bisschen über die Piraten zu reden – denn Mitte Juni wird es einen Blogtalk zu diesem Thema geben; die Vorbereitungen laufen. Nach dem erwarteten Wahlerfolg in NRW wird es nun erst einmal etwas ruhiger um die Piraten werden – Zeit für sie, sich in die parlamentarische Arbeit hineinzufinden, Strukturen aufzubauen, ihre Programmatik weiter zu entwickeln und so letztlich auch besser einschätzbar zu werden. Denn es scheint zwar richtig zu sein, dass die Piraten auch aus Protest gewählt werden, aber meines Erachtens erklärt das ihren Erfolg nicht hinreichend.
Bronskis Sofa: Mai 2012
39 Kommentare zu “Bronskis Sofa: Mai 2012”
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Guten Morgen in die Vatertägliche Runde 🙂
(damit sind alle Papas gemeint, die an Deutschlands Zukunft gedacht haben)
Wenn die FR sich dem Thema Internet annimmt, kann man entweder nur laut schallend lachen oder aber sich heulend in die Ecke verkriechen. Ich praktiziere meist zweites, weil es ist die Heimat. Wenn die Offenbascvh Post so etwas seinen Lesern hinterläßt, c’est la vie…
Heute steht da geschrieben (Die Armee der Anstupser):
„In den neunziger Jahren war das Internet so etwas wie die längste Schaufensterfront der Erde. Websites waren statische Guckkästen. Mit dem neuen Jahrtausend begann sich das zu ändern.“
Und das ist das, was ich immer sage, die haben alle in dieser Zeit noch getrommelt. Ich bin mit einem Mac LCII ins Internet, Modemkonfiguration spezial etc. Für uns Mac-Indianer gab es einen Ort, da mußte man rein und von da aus ging es in die Welt. Und dieser Ort bestand aus virtuellen Häuschen. Und jedes Häuschen hatte etwas anderes zu bieten. Parallel dazu gab es Communitys. Ich als User konnte dort Texte schreiben (bloggen), Bilder veröffentlichen (flickr), richtiges Rollenspiel betreiben (gibt es heute nicht mehr), ich konnte auch ins Cafe (Lounge) oder auch mein Profil mit Tagebuch/Gästebuch bearbeiten. Später kam red7, da konnte man dann auch spielen, so richtig. Zu diesen Möglichkeiten, gab es auch Online-Spieleplattformen (kostenlos). Dort wurden die Nächte zum Tag. Kein Vergleich zu heute.
Das heutige Internet ist pfurzelangweilig mit seinen Social Networks. Jeder Klick wird gehypt, ist sensationell. Die damaligen Internet-Seiten waren eine ganz andere Geschichte. Das Internet war der Ideengeber der Fernsehanstalten. Mit Flash einen Chat bauen… Ich erinnere nur an die Seite „Der Bauer“. Heute kann man nicht mal einen Kommentar zu jedem Artikel in der FR hinterlassen. Wo wollen sie dann ihren Klick haben? Natürlich in der Fremde, auf irgendeinem amerikanischen Server. Das FR-Social Network wurde in den Sand gesetzt. Unfähig Web 2.0 zu betreiben. Es braucht Amerika. Aber mit 9 Tracker die in der FR-Seite eingebaut sind, auf sozial machen. Das ist Rekord im Rhein-Main-Gebiet. Die FAZ hat nur einen Tracker laufen.
Es gibt eine App im deutschspraqchigen Raum, dessen Entwickler verkündet er sei Pirat. Seine App genehmigt sich nur das, was sie braucht, das schreibt er auch. Für ein Donnerwetter vor Ort braucht es keine Adressbuchauslesung oder sonstiges gruseliges Zeug auf dem Smartphone. Davon aber ist die FR weit entfernt. Aber jedes schwarzes Fähnchen am Horizont bekommt einen Zuspruch, den sonst nur jüdische oder türkische Themen in der FR einnehmen. Die Piraten kommen mit nix als einem Smartphone, stottern sich da was zusammen – wenn sie so twittern, dann gut‘ Nacht – und mediale Welt steht mit offenem Mund da. Auch machen will; so die übergroße Gedankenblase. Auf Grund dessen fangen nun die anderen Parteien an und Seehofer lädt zum Birthday über facebook ein. Der erste Politiker… so im bayerischen Rundfunk.
Die Redaktionen der Welt sitzen gebannt vor den Monitoren, und warten wer wo zwitschert. Derweil präsentiert das Handelsblatt 100 Köpfe die erzählen, mein Kopf gehört mir. Ein paar Tage später deutet ein taz-Redakteur auf das besagte Handelsblatt und auf die BILD, erzählt, daß sie sein Bild als Klickhure mißbraucht haben, sein Einverständnis das Bild zu verwenden nicht vorliege.
Und das sind die wahren Geschichten. Der Kniefall Döpfner, anschließend der von der FR, vor Steve Jobs und Apple ist eine weitere Episode. Und heute wollen sie alle, die ewig Gestrigen, das iNet regulieren, haben aber nix dafür getan. Wir waren damals die Idioten. Internet? Was ist das? Ihr seid depp im Kopf, so die Nassauer, die sich heute ins gemachte Bett legen, am Morgen sich dann vorbereiten, damit sie sich schön zu Tisch am Mittag reden können.
Heute kriegt man erzählt, ohne facebook oder g+, geht nix mehr. Selber schuld. Das sagt mir, daß der Geist durch diese Netzwerke verkümmert. Es braucht kein facebook oder g+, die nur auf meine Daten aus sind und diese verkaufen wollen. Aber: Natürlich brauchen die Piraten das soziale Netzwerk, brauchen Amerika, um einen Schritt voran zu kommen. Stellt facebook und Co., gar das Internet ab. Wo sind nun die Piraten? Was macht nun ein Pirat in einer Talkrunde ohne Handy oder während einer Landtagssitzung?
Laßt uns über die Urheberrechte diskutieren…
hallo @ all, hallo bronski
ich würde eigentlich gerne über den zustand der welt und den der presse und ihr leser im speziellen sprechen.
am 12.4.2012 habe ich ein bildschirmfoto der SZ-online gemacht. da empfehlen , liken wie man heutzutage sagt, einen artikel in dem es um den erfinder der simpsons, matt groening, geht und nur 430 empfehlen den artikel des dortigen chefmeinungsmacher heribert prantl, in dem es darum geht, dass einem justizopfer 13.000 zahlung für ein gutachten auf´s auge gedrückt werden.
was ist denn das für eine welt, wenn schon in den „intellektuellen“ blättern der republik der belanglos, beliebige freizeitschwachsinn mehr beachtung findet, als die aushöhlung urdemokratischer prinzipien durch irgendwelche fanatischen richter, die geld vor recht setzen.
das würde mich mal interessieren und mich würde mal interessieren.
wenn´s die möglichkeit gibt lade ich das bildschirmfoto hier gerne mal hoch.
na f*** die vorschaufunktion hat nicht funktioniert, also hier die berichtigung einiger schreibfehler usw.!!
hallo @ all, hallo bronski
ich würde eigentlich gerne über den zustand der welt und den der presse und ihr leser im speziellen sprechen.
am 12.4.2012 habe ich ein bildschirmfoto der SZ-online gemacht.
da empfehlen 1348 leser, liken wie man heutzutage sagt, einen artikel in dem es um den erfinder der simpsons, matt groening, geht und nur 430 empfehlen den artikel des dortigen chefmeinungsmacher heribert prantl, in dem es darum geht, dass einem justizopfer 13.000 zahlung für ein gutachten auf´s auge gedrückt werden, das zu seinem unschuldbeweis notwendig war, das also zeigt, dass einem gerechtigkeit hier nur mit dickem geldbeutel widerfährt.
was ist denn das für eine welt, wenn schon in den “intellektuellen” blättern der republik der belanglos, beliebige freizeitschwachsinn von den lesern mehr beachtung findet, als die aushöhlung urdemokratischer prinzipien durch irgendwelche fanatischen richter, die geld vor recht setzen.
das würde mich mal interessieren und mich würde mal interessieren.
wenn´s die möglichkeit gibt lade ich das bildschirmfoto hier gerne mal hoch.
(also vorschaufunktion funktioniert wieder nicht, hoffe es klappt diesmal)
@ neu
Guten morgen,
lade doch das Bild auf einen Bilderdienst wie ImageBanana (nur ein Tracker) hoch und setze den Link zu dem Bild hier rein. Aber ich glaube, Bronskis Welt weiß auch so, was du damit sagen willst. Das betrifft ja nicht nür die SZ. Robert Mapplethorpes Männerhintern war auf der FR mal der Klickfänger. 😉
Weiß‘ ja nicht, ob das auch hierher gehören könnte (neben dem unsinnig geteilten Gesicht des Philosophen Fichte auf den Seiten 30 und 31): Was mich in der Samstag-Ausgabe, Seite 10, gewaltig gestört hat, diese primitive Einschätzung von Sarrazin: als “ lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur“.
Wo ist die FR da hingeraten? Er hatte eine Geschwulst des Hör- und Gleichgewichtsnervs. Im August 2004 war ihm daher nach Hörproblemen ein gutartiger Tumor entfernt worden. Danach blieb eine leichte Gesichtslähmung.
Offensichtlich ist die FR jetzt am Ende ihrer Weisheit und der so oft gerügten „pädagogischen“ Berichterstattung?
@ Giordano
Wo steht denn dieser Satz? In meiner Samstagsausgabe konnte ich ihn nicht finden.
@ Giordano, I.Werner
Print-Leser können den Satz in der Samstags-Ausgabe noch nachlesen. Online ist er nicht mehr erhältlich. Ich werde dazu in der morgigen FR Leserbriefe veröffentlichen.
Danke, ich hab den Satz gefunden, habe ihn nicht bei Mely Kiyak vermutet.
Aus dem Zusammenhang gelöst, liest er sich bösartiger als im Kontext, aber dennoch, da hat sie komplett daneben gegriffen
Haben wir hier die Situation, daß sich Opfer bei Tätern entschuldigen müssen?
Es ist mehr als peinlich, daß eine Mely Kiyak (ein Kopftuchmädchen, eventuell, laut Sarrazin, eines zuviel?) gezwungen sein soll, sich wegen eines Ausrutschers in einer winzigen Kolumne bei jemandem zu entschuldigen, der ein ganzes Buch mit solchen Äusserungen füllt, um skrupellos mit Beinahebeleidigungen Geld zu scheffeln.
Die persönliche Dimension, nämlich jemanden als „Menschenkarikatur“ zu bezeichnen, verteidige ich nicht, aber ich gebe zu Bedenken, daß es Sarrazin war, der eine ganze Menge Menschen zu „Menschenkarikaturen“ herabgewürdigt hat. Auch das hat persönliche Dimensionen.
Bevor es nicht von Sarrazin verlangt wird, sich zu entschuldigen, kann es von Mely Kiyak auch nicht verlangt werden. Sie hat nur in gleicher Münze zurückgezahlt. Sarrazin hat keinerlei Recht, als Opfer dargestellt zu werden.
Eine Korrektur oder Entschuldigung ist lediglich gegenüber den FR-Lesern zu fordern, die solche Äusserungen nicht in ihrer Zeitung lesen wollen. Sie wollen es deshalb nicht, weil sie sich mit einer Zeitung identifizieren wollen, die sich auf der Seite der Menschlichkeit verortet. Gleichzeitig müssen sie aber Sarrazins Äusserungen in ihrer Zeitung lesen.
Eine Entschuldigung Mely Kiyaks akzeptiere ich gern, viel mehr Entschuldigungen Sarrazins wären zu fordern. Er müsste sich aber sehr viel mehr Mühe geben, damit ich sie akzeptiere.
Mely Kiyak hat nur versagt, Sarrazin hat gesagt.
@ Standort
Beim besten Willen: Wenn der eine angefangen hat, Menschen zu Menschenkarikaturen herabzuwürdigen, berechtigt das den oder die andere/-n nicht, den ersten quasi im Gegenschlag ebenfalls als Menschenkarikatur zu bezeichnen. Damit begibt man sich in der Debatte auf das Niveau, das der erste vorgezeichnet hat. Genau das ist das Problem in diesem Fall.
@bronski
Das Problem in diesem Fall ist, daß die FR diesem „Sparmirdieworte“ eine Plattform bietet, um seine Thesen zu verbreiten, im Mantel der Berichtspflicht, im Mantel der Kritik, im Mantel der Verkaufszahlen.
Wer begibt sich also auf das „Niveau“?
Bisher blieb es von dem „Sparmirdieworte“ ungesagt, welche genetisch und sozial vermehrungsunwürdigen Menschen er sonst noch so meint, aber man kann es sich vorstellen. Es fängt mit fernen Menschen an und endet beim Nachbarn. Es endet bei mir und Dir.
Da werden eine Menge Defizite benannt, von genetischen, sozialen und sonstigen „Verkrüppelungen“, die zu Ausschluß aus der deutschen Gesellschaft führen sollen.
Warum aber soll es verwerflich sein, den Urheber solcher präfaschistischen Normen an die eigenen genetischen, sozialen und sonstigen „Verkrüppelungen“ zu erinnern?
Ich verstehe Dein Argument, aber Mely Kiyak hat nur das auf die Person gespiegelt, was die Person selbst propagiert. Ist er zu dumm, dies zu bemerken? Nun, dann ist er auch zu dumm, ein Deutscher zu sein.
Sarrazin ist behindert und fordert die Ausgrenzung Behinderter. Er ist ein Abkömmling von Nichtdeutschen und fordert die Ausgrenzung Nichtdeutscher.
Ein Jude, der Juden nicht mag? Ein Schwede, der Schweden verabscheut? Ein Mensch, der Menschen ablehnt?
Perverser geht es nicht und man sollte ihn und die Öffentlichkeit darauf hinweisen, daß ein Kranker die Vernichtung der Kranken fordert, ein Abweichler die Vernichtung der Abweichenden usf. Er fordert letztlich seine eigene Vernichtung um der Ordnung willen.
Nichts weniger als ihn daraufhinzuweisen hat Mely Kiyak getan.
Kurzum: Wenn Sarrazins Thesen stimmen, muß er deren erstes freiwilliges Opfer sein.
Man darf gespannt sein, ob er er für seine Thesen einsteht.
Vermutlich kneift er, wenn er genug gescheffelt hat.
Wovon sprichst Du, wenn Du schreibst: „..-das die FR diesem “Sparmirdieworte” eine Plattform bietet, um seine Thesen zu verbreiten, im Mantel der Berichtspflicht, im Mantel der Kritik, im Mantel der Verkaufszahlen“? Von Mely Kiyaks Kolumne? Du meinst das satirische Format im Wirtschaftsteil, in dem Robert von Heusinger und Stephan Kaufmann vorab die Jauch-Show nachgestellt haben, oder? Das eine hat aber mit dem anderen nichts zu tun, auch wenn es in derselben Zeitung erscheint. Mely Kiyak ist als Kolumnistin frei zu schreiben, worüber sie will, ohne sich vorab mit der Redaktion darüber absprechen zu müssen, was sonst noch so in der FR erscheint. Kolumnisten wählen ihre Themen frei.
@ Bronski
Mir geht es hier weniger um Frau Kiyak. Es sei ihr zugutegehalten, dass es sich um eine Entgleisung – also das Abweichen von einem ansonsten guten Weg – handelt und nicht um das Aufblitzen einer Geisteshaltung, die sie in ihren sonstigen „netten“ Kolumnen geschickt zu verbergen weiss. Ich brauche keine Heiligen und keinen Teufel, egal ob sie Gauck oder Kiyak heissen. Frau Kiyaks Entgleisung zeigt doch nur, dass auch sie nur ein Mensch ist: mit eingefahrenen Gedankenbahnen, mit Gefühlen und eben auch mit Ressentiments. Das macht sie menschlich – ihren Ausfall deswegen allerdings nicht weniger vorwerfbar.
Mein wesentliches Anliegen ist weiterhin [1], wie verlässlich eine publizierte Information eigentlich ist.
Ist mein Informationsstand bei einem Online-Medium nur noch zufällig, je nachdem zu welcher Uhrzeit ich einen Link aufrufe?
Kann ich überhaupt noch einen Link (z.B. als Belegstelle in einer eigenen Veröffentlichung) angeben, um auf einen Inhalt zu verweisen? Wie wird ein Artikel auf Schnippsel-Plag verrissen, wenn die zitierte Information durch den Link gar nicht (mehr) bestätigt wird?
Ist die vorgefundene Information willkürlich, je nachdem wer den Inhalt gerade verändert hat? Modelt die Online-Redaktion den Inhalt um? Tut es der Autor/die Autorin? Interveniert der Syndikus oder der Herausgeber?
Ist die Information verlässlich? Oder muss ich davon ausgehen, dass der Inhalt einer Webseite gehackt wurde und Mely Kiyak der inkriminierte Satz nur untergeschoben wurde? Wenn ja: von wem und zu welchem Zweck?
Wenn der Wert von Information(en), also ihr Gehalt und ihre Verlässlichkeit, auf das Niveau geistigen junk foods und rasant wechselnder Moden sinkt, dann haben Sie recht: „Es gibt einen Haufen von Online-Publikationen, die nach gehaltvollen Irritationen wie in Ihrem vorigen Kommentar nur so lechzen – es muss also wirklich nicht gerade hier sein.“(Zitat Bronski)
Auch wenn es hinter meinen manchmal irritierenden Einlassungen nicht immer klar erkennbar sein mag: mir liegt etwas an der FR, die mich seit ziemlich genau 40 Jahren begleitet!
[1] Ausgangspunkt waren meine Anmerkungen im ersten Sofa-Thread ab http://www.frblog.de/bronskis-sofa/#comment-36721
@ Standort
Das alte Klein-Erna- und Klein-Fritzchen-Spiel „Bäääh, aber er hat doch angefangen!“ ist natürlich zu billig – da wirkt der Täter-Opfer-Topos doch gleich viel heroischer. Warum nicht gleich zum Kampf Gut gegen Böse hochstilisieren, wo Erzengel Mely gegen den Drachen reitet und die Welt, nein: das ganze Universum, rettet?
Hier geht es nicht um Wort gegen Wort, wie es z.B. in der Aufgeregtheit einer Talkrunde passieren könnte, wo also ein Teilnehmer Wortwahl oder Stil eines anderen „kopiert“, ihn also quasi „spiegelt“. Hier geht es um eine sprachlich ausgefeilte Kolumne, um eine bewusst gewählte Formulierung einer geübten Schreiberin, in der eine zutiefst persönliche Herabsetzung formuliert wurde.
Wo sind all jene, die bei Gaucks BP-Kandidatenkür ihre Goldwagen herausgeholt haben, um jedes seiner Worte aus jeder nur verfügbaren Rede auf die Goldwaage zu legen und mit einer fast schon hasserfüllten Akribie zu zerpflücken?
Wo sind eigentlich all jene, die sonst stets mit dem Wort „rassistisch“ zur Stelle eilen, wenn hier ein Mensch aufgrund einer körperlichen Behinderung abgewertet wird (Giordano hat es oben unter #5 dargelegt) und ihm sogar sein Menschsein abgesprochen wird?
Frau Kiyak wird erst dann wirklich in Deutschland angekommen sein, wenn man auch ihr gegenüber die allseits so beliebte Nazikeule herausholt: dass nämlich ihre Wortwahl am Anfang eines ganz schlüpfrigen Weges steht, der bei der Diktion des Stürmers endet. Am Ende dieses Wegs mutieren dann „Menschenkarikaturen“ zu „Schweinen“. Udo Lindenberg ist da schon auf dem Weg der Säuberung: gegen „die Nazi-Schweine! Weg mit diesen Gehirntoten! Frankfurt, die Nazi-freie Stadt!“
[1] http://www.fr-online.de/frankfurt/udo-lindenberg-konzert-in-frankfurt–ey-leute–wir-muessen-was-tun-,1472798,11881602.html
Immerhin, dass sich noch ein paar mehr Leser über diese Glosse geärgert haben, mir wurde heute deshalb auch eine Abbestellung aus Offenbach avisiert. Die „Dame“ vergreift sich immer wieder in der Wortkiste.
Noch erinnerlich, am 29. Oktober vorigen Jahres: „Die nicht Achtung haben (vor den Türken), sollen sich, Achtung Zitat, ‚ins Knie ficken.‘ Ich würde solche Beschimpfungen nie in dieser Form aussprechen. Ich würde immer ergänzen: Vergesst nicht, in die anderen Gelenke mit reinzustecken!“ – „Ich bin schon eine Kulturstufe weiter. Ich mache es mir selbst.“
Damit sollen offensichtlich neue Leserschichten angelockt werden, wie auch heute mit „Lady Gaga“. Bleibe gespannt, ob’s ‚was wird.
Ungetrübt von der momentanen Situation in unserem Informationszeitalter las ich die Leserpost betreffs der Kolumne von Mely Kiyak. Unisono ist die Attacke auf Furious Thilo für unangebracht, verfassungsverletzend und der Menschenwürde unwürdig bezeichnet worden. Spielen wir jetzt „Schützt den Eugeniker“? Sollen wir die Taten der Nazis für nichtig erklären, weil Hitler Kokain geschnupft hat? Und Thilo darf nicht beleidigt werden, weil er behindert ist?
Überhaupt befand ich, dass ;ely Kiyaks Schriftsatz sich eher mit dem laxen Umgang von „gefährlichem Halbwissen“ beschäftigt als mit TS (bei McDonald’s ein sehr beliebter Burger), er wurde herangeholt, um als Paradebeispiel für die Vertreter und Prediger solcher Glaubensbekenntnisse herzuhalten und … ja Mensch … mal ’n Seitenhieb auf satirischer Ebene sollte der weise Mann doch einfach schlucken können, oder?
Ach, ich vergaß, wenn auf Plakaten Mohammed-Karikaturen abgebildet werden, ist das eine freie Meinungsäußerung die von einer libertären Demokratie getragen werden muss, aber wenn man den heiligen Thilo als Karikatur bezeichnet, ist dies nicht hinnehmbar für dieselbe libertäre Demokratie?
Aber hallo, da ist etwas durcheinander geraten: „Und Thilo darf nicht beleidigt werden, weil er behindert ist?“ Der Millionär und „weise Mann“ wird wohl recht oft beleidigt werden und er tut’s dazu auch noch! Aber das ist doch nicht unser Thema: Es geht um die Zeitung „Frankfurter Rundschau“ und wegen mir, auch um ihre Leser!
Da könnte ich jeden Tag viele Leute beleidigen, wenn ich nur wollte, aber das wird die FR höchstwahrscheinlich, und zu recht, für mich nicht abdrucken. Wenn das Menschenbild von Frau Kiyak sich mit dem der Redaktion deckt, dann möchte ich diese Zeitung nicht mehr ansehen!
Nebenbei: im 1. Quartal 2010 hatte die FR noch 81.852 Abonnenten, im 1. Quartal dieses Jahres waren es dagegen nur noch 67.264 geneigte Leser! Darüber lohnte es sich auch einmal nachzudenken!
@ Ali-Hidir Yagis
Sie kapieren ja anscheinend gar nichts.
Wenn Mely Kiyak sich ausgerechnet Sarrazins körperliches Handicap herauspickt, das nicht im Geringsten etwas mit seinen abstrusen Thesen zu tun hat, dann ist das gelinde gesagt ein ganz übler Stil und hat weder etwas mit Kritik noch mit Satire zu tun.
Sarrazins Thesen liefern doch weiß Gott jede Menge Stoff für eine satirische Abrechnung. Aber das erfordert halt ein bisschen Geist und Mühe.
Es stimmt schon, was Giordano oben schreibt: Mely Kiyak greift in ihren Kolumnen immer wieder so dermaßen derbe daneben, dass man sich fragt, warum die Frankfurter Rundschau nicht endlich genauer hinsieht, bevor ihre Artikel in den Druck gehen.
Und Herr Yagis, Ihre Anmerkung zum Schluss, dass wenn die Mohammed-Karikaturen, die im Übrigen eine heftige Kontroverse ausgelöst hatten, unter Meinungsfreiheit fielen, sollte auch Mely Kiyak Sarrazin als eine „lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur“ bezeichnen dürfen, meinen Sie doch hoffentlich nicht ernst. Falls doch, so zeigt das nur, wie schlecht es um Ihr Differenzierungsvermögen bestellt ist.
@ Giordano
Die lebendige Sprache wandelt sich ständig. Was gestern noch extrem vulgär erschien, ist heute unter jungen Menschen so abgenutzt, dass es niemanden mehr erschüttert.
Ich finde schon den Ausdruck „Sie kapieren ja anscheinend gar nichts“ (@ Anna) in der persönlichen Anrede als ziemlich aggressiv, wahrscheinlich bin ich da hyperempfindlich. Mely Kiyak hingegen lese ich gern, trotz ihrer eingestreuten Sprache aus der Kreuzberger Straßenszene. Einen Gegner jedoch an seinen körperlichen Gebrechen anzugreifen und ihn damit zu erniedrigen, das ist unwürdig. Mely Kiyak kann das viel sonst viel subtiler.
@ I. Werner
„Ich finde schon den Ausdruck ‚Sie kapieren ja anscheinend gar nichts‘(@ Anna) in der persönlichen Anrede als ziemlich aggressiv, wahrscheinlich bin ich da hyperempfindlich.“
Nein, ich kann Sie beruhigen, Sie sind nicht hyperempfindlich. Das war „ziemlich aggressiv“ ausgedrückt – wenn auch inhaltlich voll ins Schwarze getroffen. Denn wer so unreflektiert solch scharfe Geschütze auffährt („Schützt den Eugeniker“, „Sollen wir die Taten der Nazis für nichtig erklären, weil Hitler Kokain geschnupft hat? Und Thilo darf nicht beleidigt werden, weil er behindert ist?“, „libertäre Demokratie“) braucht sich über ein entsprechendes Echo nicht zu wundern.
@bronski#12
Nein ich meinte das Interview das vor einiger Zeit mit ihm geführt wurde.
@bronski#10
Der Kern meines Kommentars war, daß man auch von Sarrazin eine Reihe Entschuldigungen zu fordern hat.
Nebensächlicher Zwischenruf vom Sofarand:
Ob auf den Karikaturen wirklich ein gewisser „Mohammed“ abgebildet ist, dessen Existenz historisch nicht mit Sicherheit belegt ist [1]? Ich erinnere an den FR-Artikel vom 20.09.2011 [2] in dem es – kein Witz! – heisst:
„Die Polizei bestätigte Angaben aus Rabbanis Entourage, wonach der 71-Jährige durch eine in einem Turban eines Talibans versteckte Bombe umgebracht wurde.“
[1] Wer möchte, beschäftige sich einmal mit der Geschichte des Islamwissenschaftlers Prof. Sven Kalisch, der vom Verbandsislam weggemobt wurde, weil er die Freiheit von Forschung und Lehre ernstgenommen hat und sein Fachgebiet historisch-kritisch, halt einfach wissenschaftlich, angegangen ist.
[2] Afghanischer Ex-Präsident stirbt bei Attentat
http://www.fr-online.de/politik/rabbani-getoetet-afghanischer-ex-praesident-stirbt-bei-attentat,1472596,10877782.html
@ Schnippsel
Die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen war eine reine Provokation und so unnötig wie ein Kropf.
Eine körperliche Behinderung eines Menschen zu karikieren hat aber noch ganz andere Dimensionen: das ist schlichtweg unmenschlich, primitiv und in höchstem Maße abstoßend.
Sehr geehrter Herr oder Frau bronski,
bei der Eröffnung des „Bronski-Sofas“ warf Jutta Rydzewski einen Kommentar über die zunehmende Boulevardisierung in der FR ein. Ich als Leser beklage den Trend auch, allen voran von Frau Vestring, die zu mehreren Themen inzwischen regelrechte Hetzpropaganda-Beiträge publiziert,(z.B. aus der BILD abgeschriebene Hetze über HartzIV-Empfänger) oder aber, was das Thema „Linke“ betrifft, alle politischen Kommentatoren. Auch die Beteiligung der FR an der Erhöhung des Herrn Lindner zum neuen Messias der FDP gefiel mir gar nicht. Ich will dieses Thema jetzt hier nicht weiter zur Sprache bringen. Ich teile nur mit, dass ich als Leser das nicht mag.
Jetzt wird’s wirklich interessant und unappetitlich: die Links zur Kiyak-Kolumne „Liebe Wissensgesellschaft“ in FR und Berliner Zeitung laufen nun völlig ins Leere. Meine obigen Kommentare in diesem Thread sind rauszensiert. Standorts Beitrag unter #9 (neuer Nummerierung) „Haben wir hier die Situation, daß sich Opfer bei Tätern entschuldigen müssen?“ wird dadurch ebenfalls unverständlich.
Also leere Worte von Bronski – von wegen: dank aufmerksamer Leser sei das Problem ja nun im Blog dokumentiert. Und eine entlarvende Bestätigung von Bronskis eigener Aussage „Das Internet verdirbt die Sitten ohnehin schon genug.“
Wie mein Vater mich gelehrt hat: „Jeder kann mal Scheisse bauen, aber das Mindeste ist, dass man dazu steht!“
Dass die FR-Crew auf die gescheiterten Rezepte des Vertuschens und Rumlavierens eines Wulff setzt: widerwärtig! Ich jedenfalls kann morgens noch ohne Ekel in den Spiegel schauen.
@anna#23
„Eine körperliche Behinderung eines Menschen zu karikieren hat aber noch ganz andere Dimensionen: das ist schlichtweg unmenschlich, primitiv und in höchstem Maße abstoßend.“
Selbstverständlich. Deshalb sind die Äusserungen von S. auch „unmenschlich, primitiv und in höchstem Maße abstoßend.“
Nein, nicht in „höchstem Maße“.
Wo würden Sie die Grenze der „körperlichen“ zu einer anderen Behinderung setzen?
Vielleicht dort, wo ein Mensch „geistig behindert“ ist? S. ist geistig behindert. Er genügt nicht meinen geistigen Anforderungen.
Vielleicht dort, wo ein Mensch sozial behindert ist? S. ist sozial behindert, er genügt nicht meinen sozialen Anforderungen.
Vielleicht dort, wo ein Mensch psychisch behindert ist? S. ist psychisch behindert, er genügt nicht meine Anforderungen an psychische Gesundheit.
Vielleicht dort, wo ein Mensch kulturell behindert ist? S. ist kulturell behindert, er genügt nicht meinen kulturellen Anforderungen.
Vielleicht dort, wo ein Mensch genetisch behindert ist? S. ist genetisch behindert, er genügt nicht meinen genetischen Anforderungen.
et ad libitum.
Wären Sie so freundlich, mir ihre scheinbare Normalität nachzuweisen? Ich entscheide dann, ob Sie normal sind, wie S., in der narzisstischen Illusion, normal zu sein.
Ist es nicht eher in höchstem Maße abstoßend, wenn jemand von sich behauptet, normal zu sein ?
@ Standort
Ich hoffe Sie haben mitbekommen, dass ich Sarrazins Hetze gegen muslimische Einwanderer selbstverständlich ebenfalls für primitiv, unmenschlich und widerwärtig halte.
Aber was soll es den bringen, wenn man gegen ihn ins selbe Horn bläst oder – wie Mely Kiyak das getan hat – sogar noch einen draufsetzt? Wie ich schon in # 17 schrieb, bieten seine kruden Ideen an sich doch mehr als genug Angriffsfläche. Da braucht man sich doch nicht in solche Niederungen begeben.
Hier ist m.E. die goldene Regel angesagt: Was du nicht willst dass man dir tu das füg auch keinem andern zu.
Außerdem denke ich auch an die Menschen, die unter einem ähnlichen Handicap wie Sarrazin zu leiden haben. Wir fühlen die sich wohl, wenn sie so etwas lesen?
Einverstanden
17 # Anna am 22. Mai 2012 um 13:10:
Sarrazins Thesen liefern doch weiß Gott jede Menge Stoff für eine satirische Abrechnung. Aber das erfordert halt ein bisschen Geist und Mühe.
Genau das ist’s !!!
Gruß
@ all
Ich bedaure mitteilen zu müssen, dass das FR-Blog jetzt erst mal wieder eine Weile moderiert laufen muss, d.h. ich muss mir alle Kommentare vor Veröffentlichung ansehen. Grund dafür, dass ein Spammer unter wechselnden Nicknamen hier schreibt, ohne eine gültige Mailadresse vorweisen zu können. Eine solche ist aber Voraussetzung für Veröffentlichung von Kommentaren im FR-Blog. Ich bedaure, dass es daher leider unvermeidlich zu Verzögerungen im Diskussionsfluss kommen wird, da ich natürlich nicht ständig vor dem Rechner sitzen kann. Dafür bitte ich um Nachsicht und Verständnis.
Grüße
Ihr Bronski
Für Bronski und die FR, mal was ganz anderes 🙂
Die Sonderausgaben zur Frankfurter Geschichte gehen im Grenzgebiet weg wie warme Semmeln. Aber erst, seit dem ein großes Schild von der FR mit dem Abbild der Sonderausgabe dahingestellt wurde (Blickfänger). Mein Zeitungshändler hat bestimmt schon 5x nachbestellen müssen. Und wenn dann die richtigen Leute zugreifen, kurz durchblättern, dann gibt’s meißtens noch ein paar Geschichten zur FR-Geswchichtsstunde aus Frankfurt.
Finde ich toll. Die FR bewegt. 🙂
Ist denn damit die Diskussion beendet? Habe gerade gesehen, dass es auch anderswo deshalb etwas rund geht!
Warum lese ich das hier statt in der FR
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/brigitte-fehrle-uebernimmt-berliner-zeitung-a-836477.html ?
Und was bedeutet das für die überregionalen Leser?
@ I. Werner
In der Samstags-FR steht’s auf der Medienseite.
„Und was bedeutet das für die überregionalen Leser?“
Ich wüsste nicht, dass sich für die überregionalen Leser etwas ändert.
@ Giordano # 32
Sie fragen „Ist denn damit die Diskussion beendet?“ und meinen vermutlich die Diskussion über die skandalöse Kolumne von Mely Kiyak. Wenn Sie das Vorgehen der FR betrachten, können Sie sich die Frage selbst beantworten: Ja, die FR hat die Diskussion beendet.
Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass eine akribische Säuberungsaktion seitens der FR stattgefunden hat, um sämtliche Spuren zu tilgen? Und dabei ist ja nicht nur der Ausgangstext zunächst verändert und dann endgültig vom Netz genommen worden, auch Beiträge in diesem Thread (nämlich z.B. meine) sind über Nacht verschwunden.
Vielleicht haben Sie ja wegen der verschwundenen Beiträge dieses Threads nachgefragt? Dann haben Sie nicht nur keine Antwort erhalten, ja nicht einmal Ihre Frage wurde veröffentlicht. Über eine derartige „Diskussions“kultur kann sich sicher jeder selbst ein Bild machen.
Eine Diskussion, in welche ohne Erklärung nachträglich Tabus eingeführt werden und die durch das vorgängige und nachträgliche Löschen von Beiträgen verfälscht wird, ist keine. Warum sollte man also Energie in etwas stecken, was eh in der Moderation versackt – und zwar ohne Verstoß gegen die Blogregeln?!
Hier wird nicht Meinungsbildung betrieben, sondern Stimmungsmache. Schauen Sie sich den Fortgang der unsäglichen Kiyak-Äußerung in der Print-FR einfach mal in Ruhe an. Und wie Sie richtig schreiben: auch anderswo können Sie sich darüber informieren.
@ schnippsel
In der Tat habe ich zwei Ihrer Kommentare vorübergehend in die Moderation geschickt. Sie sind aber inzwischen wieder da. Für den Verlauf dieser Angelegenheit möchte ich um Entschuldigung bitten. Ich konnte nicht anders handeln. Meine Mail, ich der ich Ihnen das erklärt habe, haben Sie offenbar nicht bekommen oder zumindest nicht gelesen. Im Übrigen finde ich Ihre Kritik doppelzüngig. Sie beschweren sich sowohl über die „skandalöse Kolumne“ wie auch darüber, dass die Kolumne, die in dieser Form gar nicht hätte erscheinen dürfen, entfernt wurde. Merkwürdig.
„Sie beschweren sich sowohl über die “skandalöse Kolumne” wie auch darüber, dass die Kolumne, die in dieser Form gar nicht hätte erscheinen dürfen, entfernt wurde. Merkwürdig.“
Dass magst du merkwürdig finden, lieber Bronski, jedoch finde auch ich, dass der Veröffentlichung des Kommentars mit dem Löschen eine weitere Ungeschicklichkeit hinzugefügt wurde, denn die Äußerung ist dadurch nicht aus der Welt, noch wäre das, statt eines offenen Umgangs damit, wirklich empfehlenswert. So etwas ist nicht einmal der frühen Sowjetmacht gelungen, die in Ungnade Gefallene (z.B. Trotzki) durch Retouchen und Verschweigen aus dem kollektiven Gedächtnis löschen wollte. Im Zeitalter des Internets erst recht ein Ding der Unmöglichkeit.
Die dergestalt in der Luft hängende neuerliche Erklärung der Chefredaktion kann man nur als lauwarm bezeichnen. Mely Kiyak ist mit ihrer Bezeichnung Sarrazins als „lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur“ diesem nicht nur „persönlich zu nahe getreten“, sondern hat sich die öffentliche Diskriminierung eines Behinderten geleistet, wofür sie angezeigt werden könnte und was die FR in der Tat niemals hätte abdrucken dürfen. Man braucht Sarrazin nur fünf Minuten zuzuschauen und zuzuhören, um zu erkennen, dass er unter einem Handycap leidet. Nicht von seiner Gesichtslähmung gewusst zu haben ist daher eine äußerst billige Ausflucht im Gefolge der berechtigten Kritik, und selbst dann wäre die Äußerung völlig inakzeptabel. Statt bloß „Haltet den Dieb!“ zu den rassistischen Leserbriefschreibern zu rufen, hätte die Chefredaktion Klartext reden und sich von Kiyaks Kommentar mit eindeutigen Worten distanzieren sollen.
Statt „Viele Leser haben diesen Satz als unzulässig und beleidigend empfunden“ hätte es also heißen müssen: Die Chefredaktion bewertet den Satz im Nachhinein als unzulässig und beleidigend.
Dass der Fall zum Erstaunen der Chefredaktion eben nicht erledigt ist, obwohl Mely Kiyak „in einer persönlichen Stellungnahme ihr Bedauern über die Formulierung ausgedrückt“ hat, hat die FR mit veursacht. Es war doch wohl absehbar, dass das rechte Gesindel und das mittlerweile hoffähig gewordene Schmierenblatt, das in meinen jungen Jahren kein Journalist, der etwas auf sich hielt, mit der Zange angefasst hätte, eine solche Steilvorlage für eine rassistische Kampagne nicht ungenutzt lassen würden.
Wer nur von einer zufällig daneben gegangenen Formulierung redet, einer „flapsigen Randbemerkung“, wie es in einem taz-Kommentar hieß, verkennt und verharmlost das Problem: So eine Formulierung rutscht niemandem heraus ohne die entsprechende dahinter stehende diskriminierende Haltung. Sie scheint mir auch keineswegs ein einmaliger Ausrutscher zu sein. Verunglimpfung von Personen und Personengruppen statt gesellschaftlich-politischer Analyse gehörte jedenfalls früher schon zu Kiyaks polemischem Arsenal (was ich auch bei Hebel kritisiert habe, bevor ich aufgehört habe, die Kolumne zu lesen). So etwas ist generell fragwürdig. Die Sarrazins bekämpft man mit politischen Argumenten, nicht mit persönlichen Diskriminierungen, schon gar nicht mit solchen. Dazu gehört ein kühler Intellekt und nicht eine Hass-Attitüde, so subjektiv verständlich eine solche wäre, nach den schlimmen Angriffen, denen Frau Kiyak früher schon, z.B. in PI, ausgesetzt war, worüber und wogegen hier ja aufgeklärt worden ist.
Wer Kiyaks Äußerung gegen Sarrazins Äußerungen aufrechnet, befindet sich auf dem Holzweg. Solche Einstellungen und Verhaltensweisen sind mir aus der linken Bewegung sattsam bekannt. Wer zu Analyse und sachlicher Kritik nicht fähig oder zu bequem ist, meint vielfach, seine antifaschistische und antirassistische Gesinnung durch Denunziation des politischen Gegners kundtun zu müssen. Die spannende Frage ist aber: Wodurch unterscheiden wir uns dann noch moralisch von den Rechten?
Auch wenn das hier scheinbar sehr emphatisch klingt: die Menschenwürde eines jeden ist als solche unantastbar und unteilbar, die Würde nur von solchen Personen zu achten, die sich ihrerseits der Würde würdig erweisen, dazu bedürfte es keines Grundrechtsartikels. Man kann auch keine Lynchjustiz mit den Untaten eines (Kinder-) Mörders rechtfertigen, ohne auf dessen moralisches Niveau herabzusinken.
P.S. Aufgrund der Verwerfungen habe ich Ihren Kommentar vom Wochenende gelesen und fand ihn äußerst lesens-, bedenkens- und empfehlenswert.
Sorry: „ihren“, Mely KIyaks Kommentar natürlich.