Online-Voting möglicherweise verfälscht

Die FR fragte ihre Leserinnen und Leser in einem Online-Voting: „Wer hat das TV-Duell gewonnen?“ Am Sonntagabend hatten sich Roland Koch und Andrea Ypsilanti im Hessischen Fernsehen zum Schlagabtausch gestellt. Fast zeitgleich startete das Voting. Nun weiß jeder Internet-User, dass solche Abstimmungen nicht repräsentativ sind. Die Aussagekraft ist also begrenzt; daraus lässt sich keinerlei Erkenntnis über das mögliche Abstimmungsverhalten an der Wahlurne gewinnen. Trotzdem wird daraus von anscheinend interessierter Seite eine Art Volkssport gemacht.

Wir wissen mit Bestimmtheit, dass zur (massenhaften) Abstimmung aufgerufen wurde, um das Ergebnis zu beeinflussen. So geschehen etwa in einem rechten Weblog, auf das ich nicht verlinken möchte (es nennt sich „Politically Incorrect“): Ab 22:41 des 20. Januar wurde dort dazu aufgefordert, am FR-Voting teilzunehmen. Am Tag der TV-Ausstrahlung hatte das Blog insgesamt gut 24.500 Besucher. PI hat schon einmal versucht, eines unserer Online-Votings zu beeinflussen; damals ging es um den Bau einer Moschee im Frankfurter Stadtteil Hausen. Letztlich ist diese Form der Beeinflussung aber durchaus legitim, denn auch die „andere Seite“ hat ja die Möglichkeit, ihre Sympathisanten zu mobilisieren.

Problematisch wird es erst, wenn einige Teilnehmer mehrfach abstimmen – in diesem Fall wird das Ergebnis verfälscht. Ob das hier der Fall war, wissen wir nicht sicher, aber die Vermutung liegt nahe. Ein Hinweis ist, dass das Abstimmungsergebnis auffällig schwankte (was die unten dokumentierten Zahlen zeigen), ein anderer, dass bei vielen Stimmen die IP-Adresse nicht nachvollzogen werden konnte, was darauf hindeutet, dass eine Anonymisierung wie z.B. ein TOR-Netzwerk verwendet wurde.

Hier die Zwischenstände, die einen Überblick über den Verlauf der Abstimmung geben:

20.1., 21.35 Uhr: 92 für Koch, 682 für Ypslianti

20.1., 22:12 Uhr: 1801 für Koch, 1273 für Ypslianti

20.1., 22:15 Uhr: 1907 für Koch, 1296 für Ypslianti

20.1., 23.00 Uhr: 3699 für Koch, 1888 für Ypslianti

20.1., 23:59 Uhr: 5362 für Koch, 4041 für Ypslianti

21.1., 16:00 Uhr: 26550 für Ypsilanti, 17370 für Koch

22.1., 14.40 Uhr: 84140 (62,29%) für Koch, 49622 (36,74%) für Ypsilanti bei 135079 abgegebenen Stimmen

Solche Mehrfach-Abstimmungen sind also möglich und können unsererseits nicht verhindert werden. Grund genug für mich, noch einmal darauf hinzuweisen, dass solche Votings, anders als in Meinungsumfragen (unter diesem Link findet sich auch das Voting), nicht repräsentativ sind. Andererseits sind sie jedoch auch mehr als bloße Spielerei, insbesondere wenn sie zum Mittel politischer Auseinandersetzung missbraucht werden. Dessen sind wir uns bewusst – und Sie alle sind spätestens jetzt ebenfalls informiert.

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120 Kommentare zu “Online-Voting möglicherweise verfälscht

  1. Bronski, vielleicht könntest Du mal ganz sachlich erklären, welchen Nutzen derartige Abstimmungen haben, da sie, wenn ich richtig verstanden habe, mehr als nur eine Spielerei seien.

    Wenn von interessierten Kreisen zur Einflussnahme aufgerufen wird, und das schon mehrfach, sehe ich mich bestärkt, solche Abstimmungen, man könnte sie auch Pseudo-Abstimmungen nennen, zu meiden.

    Ich erinnere an die vergangenen Skandälchen bei den Stimmabgaben für die Hitparaden der Industrie für populäre Musik. Durchgehend wird da rumgepfuscht.

    Mein vorläufiges Fazit: Diese Art von Meinungsäußerung, die sich fast ausschließlich auf ein Ja oder Nein beschränkt, ist immer Manipulationsobjekt.

  2. bei einer blinden pro-spd zeitung mit entsprchender kundschaft kann eine umfrage nicht annähernd repräsentativ ausfallen.

  3. @bakunix

    Ich würde sogar noch weiter gehen: diese „Umfrage“ ist Kaffeesatz- und Glaskugellesen in Einem: Kaffeesatz wegen der Trübstoffe und Glaskugel wegen der Vergrösserung von Banalem.

    Aber mal im Ernst:
    an „die FR“: Muss dieser Unsinn wirklich sein und müssen Sie der Zeitung mit den vier Buchstaben unbedingt noch näher kommen?

    Leider habe ich noch keinen wirklich deutlichen Aufruf zur Teilnahme an der Wahl, gleichgültig, wen man wählt bzw. ob man einen ungültigen Stimmzettel abgibt und damit die Statistik des Gewinners ein wenig relativiert.

    Etwas mehr Kreativität, liebe FR’ler (gilt übrigens auch für Sie, lieber Bronski) tut dringend Not!

  4. Lieber Hajo Gebhardt,
    die Glaskugel mag das Banale vergrößern, verführerisch verspricht sie den Blick auf die schicksalhaft vorgezeichnete Zukunft.
    Und tatsächlich meint man, in Hessen stünde keine Wahl, sondern die Apokalypse bevor.
    Da möchte der FR-Leser natürlich wissen:
    Kommt die Sintflut nun oder kommt sie nicht?
    Und wenn ja, reicht es dann noch dem Zwergkaninchen eine Arche zu bauen?

  5. Online Votings sind nicht mehr als 9-Live Quizfragen: Kommerz.

    Wenn 2000 Leute für 50 Cent anrufen und einer 250 Euro gewinnt , wer hat dann 750 eingesteckt?

    Dazu die Info, wer wann wo gesurft hat. Wer hat denn da noch Illusionen oder gar Halluzinationen, es ginge um Meinung?

    Bitte gleich anrufen!
    (0,75 Euro aus dem Dingsnetz, Ihr Fischlein)

  6. *gg* ja wo lebt ihr dann? Seit die ersten * (Sternchen) eingebaut wurden, um zu verdeutlichen wie des Volkes Stimmung ist, ist die Sache im hintersten Heuschuber anzutreffen.

    Auch dazu ein Beitrag in meinem Blog, schon länger her ^^ guten Morgen liebe FR-Leser/lieber Herr Bronski (eine Seifenschale gratis … 😉 )

    Mashups unterm Sternenhimmel

  7. Offenbar hat jetzt jedes in der SPD verbliebene Mitglied mindestens einmal (Kanalarbeiter und Netzwerker wohl eher zähneknirschend) bei FR-online für Ypsilanti gestimmt, wohl aufgefordert durch eine e-mail des Kanzlerkandidaten-Kandidaten Beck.

    Wie sonst ist es zu erklären, dass in den letzten 12 Stunden weitere 150.000 Votings bei FR-online abgegeben wurden und jetzt auf einmal die Stimmenverteilung 42,8% für Koch und 56,7% für Ypsilanti ist?

    Gewundert hat mich allerdings, weshalb eine Stimmenverteilung von beispielsweise 62,29% für Koch und 36,74% für Ypsilanti (siehe Blog-Einleitung) Anlass gibt, von verfälschtem Abstimmungsergebnis zu sprechen. Ein Abstimmungsergebnis im einem Online-Zeitungsdienst ist nun halt mal normalerweise so, wie es der real existierenden politischen Ausrichtung der jeweiligen Zeitung und ihrer Leser entspricht. Die Zahl der Zeitungsleser, die andere Zeitungen lesen als solche, die ihrer politischen Grundrichtung entsprechen, dürfte doch eher klein sein.

  8. fiasco, welche bösartigen Unterstellungen an die „neue“ FR-LEserInnenkreise und ihre politsche Zusammensetzung…
    😉

  9. Prima Idee, das „rechte“ Weblog zu nennen, und den dortigen Themenschwerpunkt des Eintrages (eine Rundmail der SPD mit dem Aufruf abzustimmen) unerwähnt zu lassen. Das hat echt Charakter. Nicht.

  10. Unglaublich diese Stellungnahme von FR!
    Ich bin bestimmt nicht auf der Seite von Koch, aber ich finde es schon ziemlich unsachlich und unverschämt, dass der EINE Manipulationsversuch dieser Abstammung durch Dritte angeprangert wird, während der Manipulationsversuch der Gegenseite durch eine Rundmail völlig unerwähnt bleibt!

    [b]Da wir keine Schlagzeile “FR-Leser favorisieren Koch” haben wollen, bitten wir unsere Ehrenamtlichen um Unterstützung. Setzt Euch bitte sofern Ihr Zeit habt an Euerem Computer und helft mit Andrea wieder nach vorne zu bringen.

    Hier der Links über den Ihr abstimmen könnt:

    http://www.fr-online.de/top_news/?sid=d276da4e0336b6bc18532a35523bc828&em_cnt=1274902

    Lasst uns den Schwarzen mal zeigen, wie gut wir powern können!![/b]

  11. Ich möchte mich ganz herzlich für den Hinweis auf das sog. „rechte“ Weblog bedanken. Ich hoffe, dass außer mir noch mehr Neuzugänge den virtuellen Weg dorthin finden. Eine wirklich ausgezeichnete Werbung für ein ebensolches Weblog!
    Außerdem bedanke ich mich für die Aufklärung, welche Zeitschrift man nicht lesen und welche Partei man nicht wählen sollte.

  12. Vielen Dank für den Hinweis auf „Politically Incorrect“. Dort scheinen sich die Bürger der Mitte und der Vernunft zu tummeln. Die haben jedenfalls nun einen Leser mehr.
    Sie (FR) haben keinen weniger, da ich ihr sozialistisches kapmfblatt schon seit längerem meide… 😀

  13. Vielen Dank für den Hinweis auf den Blog PI. Dort habe ich auch gleich erfahren, dass die SPD selbst eine Manipulation durch KARL HEINZ PFAFF durch die eigenen Genossen veranlassen wollte. Denn vermutlich aus Unachtsamkeit hat PI durch eine Rundmail folgende Mail von der SPD bekommen:

    Rundmail Bundesweit

    Verteiler:
    Diverse
    Liebe Genossinnen und Genossen,
    seit gestern früh tobt auf FR-Online (Link siehe unten) eine Auseinandersetzung ausgetragen, wer beim Spitzenkandidatenduell am Sonntagabend besser abgeschnitten hat. Nachdem wir lange Zeit mit Andrea klar die Nase vorn hatten, hat nun die CDU seit heute früh massiv Personal eingesetzt und mit mehreren zehntausend Eintragungen die Bewertung zugunsten von Koch gedreht.
    Da wir keine Schlagzeile “FR-Leser favorisieren Koch” haben wollen, bitten wir unsere Ehrenamtlichen um Unterstützung. Setzt Euch bitte sofern Ihr Zeit habt an Euerem Computer und helft mit Andrea wieder nach vorne zu bringen.

    Hier der Links über den Ihr abstimmen könnt:

    http://www.fr-online.de/top_news/?sid=d276da4e0336b6bc18532a35523bc828&em_cnt=1274902

    Lasst uns den Schwarzen mal zeigen, wie gut wir powern können!!

    Für Euere Unterstützung herzlichen Dank und viele Grüße

    *Karlheinz Pfaff*
    *Bezirksgeschäftsführer*

    *SPD-Bezirk Hessen-Süd*
    *Fischerfeldstr.7-11*
    *60311 Frankfurt*

    HAHAHAHAHA – ICH KANN MICH TOTLACHEN!
    Freue mich aber, die Seite von PI gefunden zu haben, die scheint sehr vielversprechend zu sein.

    Danke Genossen!

  14. Eigentlich hat man es ja schon immer gewusst: die FR wird von den Roten finanziert und gesteuert, und wer den Quark glaubt der dort verzapft wird, sollte dringlich sein Gehirn untersuchen lassen.
    Dass die FR allerdings so grottendämlich auf einen BLOG verweist, in dem die Beeinflussung dieser „Befragung“ duch die SPD thematisiert wird, hat doch noch Neuigkeitswert.

    Vielen Dank auch im Namen von politically incorrect

  15. oh – pi ist ein „rechtes“ blog – pöhse.
    ich sehe mich als linksliberal,habe jahrelang die grünen gewählt und lese trotzdem pi, auch wenn ich mit den einen oder anderen texten nicht konform gehe.
    eben weil die linke zu islamfaschismus und den orthodox-konservativen islam schweigt, schlimmer noch diesen hofiert der vollkommen konträer zu einer linksliberalen position verläuft aus falsch verstandener toleranz.
    vielleicht sollte die linke endlich mal aufwachen und sich mit säkularen muslimen oder ex-muslimen solidarisieren anstatt mit religiös-konservativen.

  16. Ich bin eine Migrantin, (gut integriert in Südtirol), wenn ich in D. Wahlberechtigt wäre, ich würde nie Links wählen, die CDU mit Koch wäre immer noch ,aus meiner Sicht eine Alternative, leider fehlt in der deutschen Parteienlandschaft eine Partei der demokratischen Mitte.
    Die wirklich gut Integrierten, oder Jene die wirklich den Willen dazu zeigen, kommen Pauschalisierend unter die Räder, weil die Politik geschlafen hat. Ich als Migrantin sage klar und deutlich, man muß härter mit nicht Integrierbaren umgehen. Bei der SPD ,sehe ich diese Konzept nicht.!!

  17. Gut, nachdem nun geklärt wäre, dass nicht nur rechte Weblogs, sondern auch Linke zur Manipulation von nicht-repräsentativen Umfragen aufrufen, dürften die Votings endgültig ad absurdum geführt worden sein.

    Etwas uneindeutig finde ich deshalb die obige Aussage. Hier wird der Eindruck erweckt, die Gefahr ginge vom politischen Gegner aus, der sich für keinen schmutzigen Trick zu schade sei.

    Die FR steht für linkes Gedankengut und der SPD sehr, sehr nahe. Wer sich dies als Leser nicht immer wieder vor Augen hält, dass auch hier nur Meinungs- und Stimmungsmache betrieben wird, der scheint eben wie der durchschnittliche Bildzeitungsleser nicht an objektiver Berichterstattung interessiert zu sein. Wer ernsthafter Medienkonsument ist, weíss, dass er sich durch nahezu die gesamte Presselandschaft lesen muss und darüber hinaus auf Meinungsblogs angewiesen ist.

    Politically Incorrect und auch die Junge Freiheit gehören für mich ebenso zur regelmäßigen Lektüre, auch wenn die traditionellen Medien darob schäumen. Die Zeit der linken Meinungs- und Deutungshoheit ist mit der Vielschichtigkeit der Internet-Angebote passé. Gerade weil in der Vergangenheit die journalistische Sorgfaltspflicht generell verletzt wird, respektive nur noch Agenturmeldungen unhinterfragt auf die Seiten geschubst werden.

  18. Oh, die PI-Leute wollen nicht nur das FR-Voting fälschen, sondern gleich den ganzen FR-Blog übernehmen? Die Geister, die Bronski rief, wird man halt so schnell nicht los! Man beachte beispielsweise das atemberaubende Niveau und die stilistische Brillanz von #17.

    Wenn ich z. Bsp. den ungeahndeten verleumderischen Satz „FR ist ein sozialistisches Kampfblatt“ lese, tut es mir in der Seele weh, dass die hochverdienten und wortgewaltigen Blogteilnehmer heinrich und kritiker wegen vergleichsweiser Nichtigkeitein m FR-Blog gesperrt wurden (was meiner Meinung nach immer noch skandalös und peinlich zugleich ist!).

    Bronski, wie ist es nur möglich, dass Sie hier das ultra-rechte PI-Blog (in dem die die Code-Wörter „Gutmenschen“ und „Musel“ als Geheimsprache gleichgeschalteter Rechtsaußen jenseits der NPD benutzt werden) kritisieren, wohl wissend, das dies zu abstrusen Wortmeldungen sympathisierender PI-Leute führen wird – und dann persönlich einfach nur „abtauchen“. Und dies ist jetzt schon mehrmals passiert! Und diese Kommentatoren sind brutalstmöglicherweise teilweise gleichzeitig FR-Leser!

    Dann lieber Hände weg von solchen Themen!

  19. Ihrer Meinung ist PI rechts weil:

    News gegen den Mainstream · Proamerikanisch · Proisraelisch · Gegen die Islamisierung Europas · Für Grundgesetz und Menschenrechte

    Das hört sich ja nach einer bösen NPD-Seite an…

  20. Ja lieber Bronski,

    nun wollten Sie einmal nachweisen, dass die FR wirklich noch linksliberal ist, und da ging der Schuß so nach rechts los.

    Schade, schade.

    Aber trösten Sie sich, auch wenn die FR jetzt hier im Blog vom neuen Publikum für linkssozialistisch gehalten wird, es stimmt auch nicht.

    Die Geister, die man rief …

  21. Nein, es ist noch schlimmer als NPD Entcodieren Sie die Worte „Musel“ als „Jude“, „Gutmensch“ als „Kommunistensau“, dann wissen Sie, wo die Reise herkommt und wo sie enden soll!

    Und sage niemand, dass hätte er nicht gewusst!

  22. Die Frankfurter Schund- äh Rundschau ist nicht nur ein links-fasch… Kampfblatt es gehört sogar zu sehr großen Teilen der SED äh SPD.

    Wer so ein piefiges Parteiblättchen freiwillig kauft hat wirklich einen an der Waffel.

  23. Wieso ist eigentlich die Rede von „Manipulation“ (hier und im anderen genannten Sammelbecken aehm „Blog“), wenn jemand die SPD-Anhaenger anspricht und sie bittet, abzustimmen?

    Da hast das genannte Sammelbecken aehm „Blog“ ja wieder mal einen faustdicken Skandal zusammenrecherchiert ROTFL.

  24. Was für eine Halbwahrheit. Ein SPD-Mitarbeiter hat dazu aufgerufen ordentlich mitzuvoten. Warum wird darauf hier nicht eingegangen und auf PI rumgehackt, die nur die Wahrheit ans Licht bringen? Ein Skandal!

  25. @21. Kommentar von: Fiasco

    Achso, Worte wie „Gutmensch“ sind „Codewörter von Menschen rechts jenseits der NPD“?

    Ich erwarte hier nicht viel Sachlichkeit, aber Leuten wie den jüdischen Schriftsteller Hendryk Broder auf Grund seiner öfteren Thematisierung von (wie er es nennt) „Gutmenschen“ zu unterstellen, ist schon ziemlich dämlich.

    Hier können Sie einen Beitrag mit ihm angucken:
    http://www.clipfish.de/player.php?videoid=MTExNzg1N3wxODI0MDM5

  26. #21 Fiasco

    Ich wundere und ärgere mich, weil hier mittlerweile Beiträge stehen, die das bisherige Blog-Niveau derart senken, dass man kaum noch Lust verspürt, dazwischen seinen eigenen Beitrag zu quetschen.

    Von Dir Fiasco habe ich jetzt erfahren, dass kritiker und heinrich, der gar über zwei Jahre am Blog mitgewirkt hat, ausgeschlossen worden seien, während hier derartige Dumpfbacken ihre Kotze absäuern. Bronskis Gespür für Themenstellungen scheint verschwunden. Seine derzeitige Politik hat Ähnlichkeiten mit der des letzten sozialdemokratischen Bundeskanzlers, der seine Partei gewendet und Tausende zum Austritt gezwungen hat.

    Mein Vorschlag an Bronski: Lösche diesen Thread!

  27. Also mal ehrlich,

    wer hier die SPD oder die FR noch für irgendwie „links“ hält, die doch nur, zusammen mit – von „links“ beginnend – GRÜNEN/CSU/CDU/CSU die „neue“ Mitte (daher wohl „neue“ FR) in jedem Sinne des Wortes „besetzt“ hält, muß wohl „rechts“ von derselben angesiedelt sein, und da ist zur Zeit nicht mehr viel Platz. Da tollen auch shon lange die üblichen Verdächtigen.

    Dass die hier angelockt werden, das ist vor allem ein Problem der „neuen“ FR und der Blog-Moderatoren.

    ++++

    Noch eine Frage an 28. Dirk Wessels:

    Seit wann ist „Gutmensch“ eine Bezeichnung, die Menschen mit rechtem Gedankengut angeheftet würde?

  28. @bronski
    ich stimme bakunix zu.
    Mach dicht , bronski und lösch den ganzen Thread.

    Nur noch peinlich, da schaut selbst Google weg.

  29. @29. bakunix

    Deinem Vorschlag an Bronski „Löschen Sie diesen Thread“ kann ich mich nur hundertprozentig anschließen – er deckt sich vollständig mit Überlegungen von mir.

    Ich würde sogar noch ein Stück weitergehen: Es hat sich erwiesen, dass nach dem Ausschluss von heinrich und kritiker das Blog-Niveau (letzlich unabhängig von den PI-Leuten) ins bodenlose abgestürzt ist und der tägliche Traffic bei zwei bis (wohlwollend) vier Beitragen lag. Insofern schlage ich nicht nur eine Schließung dieses Threads, sondern eine zeitweilige Schließung des gesamten FR-Blogs von sechs bis acht Wochen vor. Die daduch gewonnene Zeit könnte benützt werden, um FR-Online so zu gestalten, dass Kommentare direkt zu den Beiträgen möglich werden. Die thematische Enge der hier von Bronski zur Diskussion gestellten Leserbriefe ist einfach nur erschreckend.

    Conclusio: In der vorliegenden Form und Gestaltung ist das FR-Blog meiner Meinung nach vollständig gescheitert und liefert keinen Beitrag zur Verzahnung von Print- und Online-Ausgabe.

  30. Zuerst mal muss ich lachen. Und etwas zugeben: Ich lese PI auch. Um zu lachen. Auch das gebe ich zu. Tut mir ehrlich weh, das zugeben zu müssen. So richtig in der Seele. Fast so weh, wie es mir tut, Fiasco mal so richtig abwatschen zu müssen.

    Lieber Fiasco, von Ihnen hab ich in den letzten Tagen und Wochen so gut wie keinen substanziellen Beitrag gelesen. Was Sie da jetzt wieder abliefern, ist einfach unterirdisch. Ich nehme doch mal an, dass Sie in der Blogosphäre unterwegs sind. Dann sind Ihnen die Sitten, die anderswo herrschen, ja wohl nicht fremd. Hier im FR-Blog war quasi Elfenbeinturm. Nabelschau. Das war auch Ihr liebsten Thema: die Formatumstellung. Die Gräben tief ausgehoben und ganz unten drin verschanzt, so tief, dass Sie nicht mehr über die Grabenkante gucken können. Ja, die FR und ihre Leser. Jetzt gucken Sie mal, was abgeht, wenn man die politischen Gegner angreift.

    Angreift?

    *räusper*

    Ich denke, ich habe oben nur geschrieben, dass PI ein rechtes Blog ist. Wer wird denn das bestreiten? PI selbst? Ich muss schon wieder lachen. Und noch mehr, wenn ich lese, dass PI-Leser so tun, als würden sie durch diesen Thread erst auf PI aufmerksam. Lächerlich!

    *räusper*

    Die Mail des SPD-Mannes hat mich übrigens ebenfalls erreicht. Peinliche Sache. Aber ich hoffe, in den nächsten Tagen hier noch ein paar Fakten auftischen können, die die Verfälschung des Votings belegen.

    Übrigens, Bakunix und Fiasco: Heinrich ist nicht (mehr) gesperrt. Wir haben uns ausgesprochen und verständigt. Mit Heinrich ist das im Gegensatz zu kritiker möglich. Kritiker dagegen bleibt ausgeschlossen.

    Dasselbe droht allen Kommentatoren, die sich an dieser Stelle weiterhin off topic äußern. Im Gegensatz zu PI, werte Herrschaften, hat das FR-Blog klare Regeln. Thema dieses Threads ist das Online-Voting. Diskutieren Sie zu diesem Thema – oder lassen Sie es. In letzterem Fall behelligen Sie uns nicht weiter. Sollten Sie das doch tun, werden Ihre Kommentare gelöscht.

    Die bisherigen off-topic-Kommentare lasse ich stehen. Ich finde sie durchaus lesenswert. Blog-Folklore, gewissermaßen.

  31. Lieber Bronski, das tut mir aber wirklich leid, dass Ihnen meine jüngsten Beiträge nicht gefallen haben. Wenn Sie meine Beiträge als „einfach unterirdisch“ bezeichnen, fühle ich mich aber nicht abgewatscht, sondern geehrt. Denn Sie haben mein Anliegen ja schon verstanden.

    Und ich erinnere mich dran, dass Sie mal einem Mitblogger (war es M. Baumbach ?) attestiert haben: „Jetzt haben Sie aber mal wieder viel Unsinn geschrieben.“ Dafür haben Sie sich später sogar entschuldigt – so wie es sich für einen Leseversteher gehört.

  32. Ich ziehe mein Votum #34. zurück. Mit Leuten wie (Nickname) AugustBebel möchte ich nicht auf eine Stufe gestellt werden.

  33. Wenn man es recht betrachtet, sind diese Votings die Parodie des Plebiszits, mit dem Effekt, die Ernsthaftigkeit der Meinungsäußerung ad absurdum zu führen.

    Das geht in die Richtung von fanatischem Mißbrauch.
    Wiedermal eine gute Idee, die an Idioten zugrunde geht.

  34. Macht mir schon auch Gedanken, daß die Beteiligung an Entscheidungen so inflationär abgewertet wird. Demokratie ist nicht bloß ein Mehrheitsentscheid.

    Demokratie ist ganz und gar kein „Lobbyismus von unten“

    Wäre gut, zum Thema mehr zu erfahren.

  35. @Augias Babbel

    Ist ja gut, hast Dich ja als Doofmann geoutet. Wir verstehen Dich echt gut und nun geh‘ schlafen.

  36. @ 39. Kommentar von: AugustBebel
    Geschrieben am 23. Januar 2008 um 23:58 Uhr

    Regeln:

    3 Die Redaktion akzeptiert keine Kommentare, die zu Straftaten auffordern, frauen-, fremden- oder anderweitig menschenfeindlich sind.
    4 Bleiben Sie sachlich, freundlich – und beim Thema.
    5 Die Redaktion behält sich vor, Kommentare zu löschen, einzelne Kommentatoren auszuschließen

  37. Korrektur zu 444.geist:

    @ 40. Kommentar von: AugustBebel
    Geschrieben am 24. Januar 2008 um 00:02 Uhr

    Regeln:

    3 Die Redaktion akzeptiert keine Kommentare, die zu Straftaten auffordern, frauen-, fremden- oder anderweitig menschenfeindlich sind.
    4 Bleiben Sie sachlich, freundlich – und beim Thema.
    5 Die Redaktion behält sich vor, Kommentare zu löschen, einzelne Kommentatoren auszuschließen

  38. Die erfolgreiche einheimische Bevölkerung Europas stammt aus Afrika.
    Richtig geografisch deutsch waren bloß ein paar untaugliche Nagetiere.
    Nu is gut.

    Schlaflosigkeit führt zu Hallutinationen!

  39. Vorhin musste ich noch lachen. Jetzt muss ich gähnen.

    Äh – falls hier der eine oder andere Kommentar plötzlich sinnlos erscheint: Zwischendurch sind mehrere Kommentare gelöscht worden.

    Ich habe keine Lust auf Halluzinationen. Ihr sicher auch nicht, oder? Daher geht jetzt mal alle schön schlafen.

    Gute Nacht!

    Euer Euch (fast alle) liebender

    Bronski

  40. Hallöchen,

    ich komme gerade bitter enttäuscht von der PI-Hetzerseite, die ständig mit Lupe und Pinzette irgendwelche Halbwahrheiten und Lügen aus aller Welt zusammensucht und uns diesen unbegründeten Mist als „seriöse Quelle“ vorgaukelt.

    Sie behaupten immer, für Demokratie und freie Meinungsäußerung und was weiß ich für Werte zu stehen, dabei tolerieren sie nichts außer ihrer einseitigen Meinung. Man ziehe sich mal diese einseitigen, allesamt im spießig-mitte-rechts oder ganz rechts angesiedelten Kommentare dort rein (oder auch lieber nicht). PI duldet keinen Widerspruch. Ich mußte es gerade wieder erfahren. Um den Schein zu wahren, gestatten sie mir einen Warm-up-Text (sicher, weil ich es vorher groß ankündigte an anderen Orten und auch auf ihrer page mal gut ankommt), doch meine tiefgründige Argumentation zu zwei anderen Themen wurden schon wieder zurückgehalten. Dieses verzerrte Bild, was die Politsekte darstellen will, ist einfach nur armselig und blanke Wunschvostellung dieses Konglomerats zurückgebliebener Politfossile von vorgestern. 😉

    Ich muß jedenfalls jeden Umfragesteller warnen: Es ist nicht das erste Mal, daß PI billigst auf Umfragen einwirken will, indem es seinen unsozialen, hier aus allen Ecken der Welt konzentrierten Mob dazu animiert, daran teilzunehmen. Das führt ganz klar zu Verfälschungen. Und da kreidet PI noch scheinheilig den angeblichen Aufruf einer anderen Fraktion an, steckt aber selbst knietief drin- und nicht zum ersten Mal.

    Zum Schluß empfehle ich noch einen Blick auf die Rubrik „Policy“ bei PI- die Unglücklichen betreffend, welche wissen, von welcher Seite ich rede ;-)- und in Paragraph 3 dort. Da wird schon offen zugegeben, daß sie keine wiederholte Kritik an ihrer unseriösen Propaganda tolerieren. Damit ist PIs Intention entlarvt.

    Redwing vs PI- gegen die selbstgerechte Spießerdiktatur

  41. Die Story von der fehlgeschlagenen Manipulation der Online-Umfrage geht noch weiter und sollte hier nicht verschwiegen werden :

    Der Initiator der dreisten Manipulation war ja bekanntlich der Bezirksgeschäftsführer (Führer!) des SPD-Bezirkes Hessen-Süd

    Karlheinz Pfaff

    (das zugehörige „Verbrecher“-Photo ist hier : http://www.spd-hessensued.de/partei/vorstand/index.php

    zu besichtigen )

    in seiner berüchtigten Rund-Mail an seine „Liebe Genossinnen und Genossen“.

    Aber jetzt kommt die Pointe :

    Nachdem diese demokratischen Machenschaften veröffentlicht wurden ist wohl der Posteingang des Pfaffen mit Beschwerden übergelaufen und dieser Ehrenmann hat dann an viele (oder sogar alle ?) Beschwerdeführer – UNABHÄNGIG VOM INHALT der Beschwerde-Mail die folgende Antwort verfasst :

    Sehr geehrte Herr/Frau xxxxx,

    bitte übermitteln Sie mir kurzfristig Ihre vollständige Adresse, damit ich Sie wegen Ihrer Verleumdungen und Beleidigungen anwaltlich und strafrechtlich belangen kann.

    Mit freundlichen Grüßen

    Karlheinz Pfaff

    So eine dumpfe Droh- und Einschüchterungs-E-Mail habe ich ja noch nie gesehen.

    Seid Ihr wirklich sicher, dass die SPD noch in allen Gauen und Ortsgruppen eine demokratische Partei ist ?

  42. @ Bronski

    Eine Frage – da wird ständig auf diese Email von Seiten der SPD hingewiesen.

    Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es derartige Aufrufe gibt (dürfte es wohl allen Parteien geben).

    Aber in wieweit steht es den fest, dass diese Email echt ist?

    Zur Umfrage selbst – nun ja, da weiß doch wirklich jeder User, dass da viel dran gedreht wird, und Irre wie die von der Politsekte PI und andere, regelmäßig Kampagnen starten (Die Kommentare zu Jessen in der Zeit sind ein anderes schönes Beispiel).

    Ist nur noch langweilig – warum macht die FR so etwas noch?

  43. @Limited
    Die „Liebes-E-Mail“ haben nur die Beschwerdeführer beim Pfaffen erhalten.

    Man Du warst wohl auch auf einer Gesamtschule ?

  44. @ Alle

    Der User namens Redwing2 wurde gesperrt.

    @ Limited

    Die SPD-Mail scheint tatsächlich echt zu sein. Ich habe sie ebenfalls bekommen.

  45. Schon irgendwie merkwürdig – ich als SPD Mitglied, in einigen Verteilern meiner Partei und ehrenamtlich tätig, erhalte diese Email nicht.

    Journalisten und Internetseiten jedoch schon.

    Da kommen mir doch ein paar Fragen in den Sinn.

    Werde mal bei Karl-Heinz Pfaff nachfragen, vorher glaube ich gar nix.

  46. nuja,

    trojaner die sich selbst über eine smtp-engine mit gefälschten absenderadressen verbreiten sind bloß ein paar byte groß. da werden es ein paar unfähige macher eines unsäglich rechten blogs es wohl noch schaffen der FR eine gefälschte email zukommen zu lassen.

    Bronski, mal den vollständigen header die email betrachtet? Würde vermutlich schon zeigen, ob der absender irgendwo in der pampa sitzt oder tatsächlich einem spd-ortsverband zugeordnet werden kann.

    Selbst wenn es so sein sollte, ist es auch egal. Die DEUTSCHE industrie stampft regelmäßig neue „Forschungsinstitute“ aus dem Boden oder finanziert ihre bestehenden, damit immer wieder „wissenschaftlich“ bewiesen wird, dass unternehmer furchtbar ausgebeutet werden. da werden einige online Voten beeinflussungen wohl nicht irgenwen interessieren , zumal diese evotings normalerweise keine represantativität beanspruch. Und nun Bronski ist gut, denn der Blog scheint mit der fr unterirdisch zu werden…

  47. Wer heutzutage das Internet noch als Quelle authentischer Informationen versteht, der hat wohl ’nen Schäuble unterm Hut.

    „Was Du schwarz auf weiß besitzt , kannst Du getrost nach Hause tragen.“

    (hat der Wolfgang gesagt)

    Mail und Blog etc gehören nicht dazu.

  48. jepp, eine kritische Grundhaltung gegenüber dem Freienmedium ist angebracht, obgleich genau dies seine große Chance ist: Aufklärung im eigentlich en Sinne, zum kritisch reflexsiven Menschen, der mit allem was im vorgesetzt wird umzugehen weiß. Denn Kritikfähigkeit wird im Internet geschult. Wie tief der Sumpf sein wird durch den wir waten bevor er wieder flacher wird, ist heut wohl nur schwer zu ahnen. Leicht aber wird es nicht.

  49. Denn Kritikfähigkeit wird im Internet geschult.

    Blogs wie „Politische Invektiva“ sind leider der Gegenbeweis für diese These.

    M.E. ist eher das Gegenteil der Fall, das Internet führt zu einer ähnlichen Verblödung wie das Privatfernsehen.

    FR und andere machen da leider mit. Immer möglichst Häppchenjournalismus, ein paar Bilderstrecken, die möglichst hohe Klickraten bringen etc.

  50. @Inga

    Das alles geht aber nur, wenn sich die Menschen in moralischen Schranken bewegen.

    Angst, Denunziation und Datenspeicherung zerstören die Freiheit.

    Wie es immer war, so auch heute:
    Der Denunziant ist der Feind der Ehrlichkeit.

  51. lieber BvG, was aber sind moralische Schranken, zu vorderst das Ergebnis einer ausgehandelten Ordnung. D.h. aber dass sich mit der Bewegung des Mensche sich auch die Moral bewegt (zum Glück, auch wenn sie sich manchmal zum Unglück bewegt). Ich glaube sicherlich an eine Positive Grundlinie, sonst wäre ich konservativer Kriegstreiber…

    At limited, wie gesagt, ein Sumpf liegt vor uns, aber ohne ihn zu durchschreiten wird aber wohl kaum eine neue Kompetenz erwachsen. Verständlich ist die Entwicklung leider kaum, da die historischen Erfahrungen im Netz drohen verloren zu gehen, da die „GeschichtenerzählerInnen“ die Sprache (das Internet) nicht hinreichend verstehen. Hier drogt tatsächlich durch Entwicklung historisches Vergessen und aus diesem bekanntermaßen gefährliche Geschichtsklitterung bis hin zu Menschenvernichtung, Krieg und Tot. Dies zu verhindern muss allen Menschen gelingen, aber (wieder bei BvG) nicht durch Repression oder Überwachung, schon gar nicht durch Verbots- und Kontrollwahnsinn eines verbitterten körperlich beeinträchtigten Mannes.

  52. At limited, wie gesagt, ein Sumpf liegt vor uns, aber ohne ihn zu durchschreiten wird aber wohl kaum eine neue Kompetenz erwachsen

    Für mich ist es fraglich, ob es zu Kompetenzwachstum kommen kann – ungeachtet von Kontrollfantasien.

    Eher landet man bei den Hexen und MacDuff erringt die MACHT.

    Ernsthat – durch die Überflutung mit Neuigkeiten (Informationen mag ich das nicht nennen)droht eine Abstumpfung, gleichzeitig verschwimmen die Kriterien dessen was wichtig ist immer mehr.

    So droht ein rein reaktives Medium. Wer am lautesten schreit und die meiste Aufmerksamkeit mobilisiert, bekommt Zuwendung. Ungeachtet ob es sich um Umfragen handelt, Katzenbilder oder Ausländerhetze.

  53. @Inga

    Da sehe ich eine Aufgabe der FR und des in der Brandung strampelnden Bronski und der Blogteilnehmer:
    Wahrheit und Meinung zu trennen, aber keines von beiden zu unterschlagen.

    Moralische Grenzen:
    Allgemein das Grundgesetz und die Menschenrechte, auch die zehn Gebote,
    auf jeden Fall aber die bescheidene Ehrlichkeit zu sich selbst:
    Irren ist menschlich, aber nur solange der Irrende menschlich handelt.

  54. @bvg,

    zumindest bei den zehn geboten wäre vielleicht eine aktualisierung angebracht, besser gleich eine Streichung. ferner ist natürlich das problem, dass die zehn gebote bereits eine bestimmte moralvorstellung festschreiben. Daher, würde ich zustimmen, dass man sich auf dei gesetze berufe darf, diese sollten aber eigentlich nicht moralisch im unmittelbaren Sinne sein, sonder vor allem fundamentale Regel festlegen. Denn, auf die SPitze getrieben, nichts spricht da gegen, moralisch für „Ehrenmord“ zu sein, entscheidend ist alleine, dass die Gesetze eingehalten werden.

  55. @ Inga Wolf

    Mit der Streichung der zehn Gebote wäre ich vorsichtig. Ohne ethische Grundsätze gibt es meiner Meinung nach kein Recht, schon gar nicht Menschenrechte. Schließlich ist auch die im Grundgesetz garantierte Unverletzlichkeit der Menschenwürde, aus der sich viele Rechte erst ableiten (z.B. das Folterverbot und das Verbot der Todesstrafe), eine „Moralvorstellung“.

  56. Lieber Abraham,

    nichts gegen die meisten der Forderungen in den Zehn Geboten, ich bevorzuge jedoch (wie bereits geschrieben), dies in formales Recht zu überführen und damit auch potentiell änderbar halten. Ein göttlich verfügtes Recht ist mir zu undemokratisch.

  57. Liebe Inga Wolf,

    die Diskussion, ob die Zehn Gebote ein „göttlich verfügtes Recht“ sind, will ich gar nicht führen. Sie sind auch kein formales Recht, sondern moralische Grundsätze. Sind Ihnen die Grundrechte im Grundgesetz, die auch nicht durch Mehrheiten abänderbar sind, auch zu „undemokratisch“?

  58. @ Abraham, @ Inga

    Ich bitte Sie, so schlagwortartig kann man doch die Diskussion nicht führen!

    1. Der Vergleich zwischen dem Grundgesetz und den Zehn Geboten führt grundsätzlich in die Irre.

    Einmal abgesehen davon, dass die Grundrechte nur in ihrem offenkundig interpretierbaren „Wesensgehalt“ nicht verändert werden dürfen, jedoch durch Gesetze vielfältig eingeschränkt worden sind und werden (wo bleibt z.B. das Briefgeheimnis nach Art. 10, wenn staatliche Instanzen meine Emails und meine Telefonate speichern dürfen?): Die Grundrechte sind Rechte, die den Staat gegenüber dem einzelnen verpflichen, die der einzelne also gegenüber einer höheren Instanz geltend machen kann, wogegen die zehn Gebote Weisungen einer höheren (göttlichen) Instanz gegenüber dem einzelnen sind.

    2. Die zehn Gebote sind, vom säkularen Standpunkt aus betrachtet, keineswegs durchweg ethische Grundsätze, die Allgemeingültigkeit beanspruchen könnten, sondern zumal die ersten drei sind rein religiöse Gebote. Es ist sinnlos, von jemandem, der keinen Gott hat, zu fordern er solle keine anderen Götter daneben verehren. (Wobei dieses Gebot, nebenbei bemerkt, einen vor-monotheistischen Anachronismus darstellt, denn wo es nur einen Gott gibt, kann man logischerweise keine anderen verehren).

    3. Der grundsätzliche Unterschied zwischen ethischen Grundsätzen im allgemeinen und religiösen Geboten im besonderen ist insofern, dass letztere als Weisungen des jeweiligen Gottes (also von außen) Geltung nur für die Anhänger der entsprechenden Religion beanspruchen können. Ethische Grundsätze beanspruchen aber, zumindest in der klassischen Interpretation der philosophischen Aufklärung (Kant) Geltung für alle Menschen aufgrund des dem Menschen innewohnenden Sittengesetzes. Modernere Philosophien, der Existenzialismus z.B., bestreiten allerdings die Existenz eines solchen allgemeinen Sittengesetzes.

    4. Das schließt Überschneidungen nicht aus. Das Tötungsverbot z.B. dürfte sowohl in der Moralität der Menschen verankert sein wie es sich in religiösen Geboten findet. In vielen Fällen (Kriege, „Ehrenmord“) dürfte eine säkulare Moralität durchaus radikaler sein als es die religiösen Gebote mit den entsprechenden einschränkenden Interpretationen sein können.
    Ich finde außerdem z.B. nichts dabei, meines Nächsten Weib zu begehren, denn das Sprichwort lautet eigentlich nicht:
    „Es kann der Frömmste nicht in Frieden schlafen, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt“,
    sondern:
    „Es kann der Frömmste nicht in Frieden schlafen, wenn ihm die schöne Nachbarin gefällt“.

    5. Neben diese Unterscheidung, lieber Inga, tritt nochmals die grundsätzliche zwischen ethisch-moralischen Grundsätzen einerseits, seien sie nun religiös oder profan-humanistisch begründet, und staatlicher Gesetzgebung. Diese ist darauf ausgerichtet, durch justiziable Gesetze das gesellschaftliche Leben zu regeln, den einzelnen vor Übergriffen durch andere und durch den Staat zu schützen und ihm Verpflichtungen gegenüber dem Staat aufzuerlegen (Meldepflicht, Steuergesetze usw.) Ich fühle mich ggf. keineswegs moralisch dazu verpflichtet, nur in erlaubten Zonen zu parken, das wird der Staat mir durch seine Sanktionen ggf. aber schon beibringen. Umgekehrt hat der Staat sich nicht um meine Gesinnungen zu scheren, sofern sie nicht in verbotene Handlungen münden. Gesinnungen und Absichten können aber durchaus von moralischer Relevanz sein.

  59. @ Abraham

    Dank und Gruß!

    @ Inga, Nachtrag:

    Meine Darlegung impliziert natürlich, dass die Forderung nach Abschaffung der zehn Gebote gelinde gesagt unsinnig ist.
    Diese beanspruchen, wie gesagt, Gültigkeit für religiöse Juden und Christen, und nach deren Verständnis könnte allenfalls Gott die Gebote und Gesestze abschaffen, die er erlassen hat, aber dem ist bestimmt mehr daran gelegen, dass die Menschen sich endlich mal an seine Gebote halten, statt die Abschaffung zu verlangen.

    Ähnliches gilt aber auch für moralische Gesetze nach klassischem Verständnis: da diese uns durch das Sittengesetz eingegeben sind, kann man sie allenfalls missachten und dagegen verstoßen, sie jedoch nicht abschaffen.

    Nach neueren philosophischen Auffassungen sind es die Menschen selber, die sich in einem kommunikativen Verständigungsprozess über die ethischen Grundlagen ihres Handelns und Zusammenlebens einigen, aber Ethnologen haben große Übereinstimmungen darüber in den verschiedensten Kulturen und Religionen ermittelt, so dass es naheliegt anzunehmen, dass es doch so etwas wie ein allgemein in den Menschen verankertes Sittengesetz gibt.

  60. Heinrich,

    zustimmung, ich denke aber dies im Wesentlichen genauso geschildert zu haben. Insbesondere in #70.

    Und, Abraham, ja, ich bin der Meinung, dass eine unabänderbarkeit des Grundgesetzes undemokratisch ist. Es spricht nichts dagegen (eher viel dafür), die Hürden zur GG Änderung hoch und bei einigen Paragraphen besonders hoch zu hängen, aber nehmen wir mal an, das GG wäre 1850 verfasst worden und die Todesstrafe wäre unabänderlich eingeschrieben … Ich denke, ein GG unabänderlich zu gestalten fußt auf der Überheblichkeit und Arrgoanz, dass es eine bessere Regelung nicht geben kann, und dies scheint mir doch sehr vordemokratisch. Und, bevor das Stichwort fällt, die Nazis haben nicht die Weimarer Verfassung verändert, sondern mit den gegebenen Rechten gearbeitet und hatten ferner (vor allem zu Beginn) die Mehrheit der Konservativen und andere Gruppen auf ihrer Seite. In einer solchen Lage wäre auch ein geschütztes Gesetz nicht mehr tatsächlich geschützt.

  61. @ Inga

    Das kann man so nicht stehen lassen. Du verkennst m.E. sowohl den Charakter der Unveränderlichkeit von Verfassungsgrundsätzen als auch die entsprechende Wirkung im Hinblick auf die NS-Diktatur.

    1. Abraham spricht nicht von einer angeblichen Unveränderbarkeit des GG, der würde ja die Bestimmung widersprechen, dass zur Veränderung von GG-Artikeln eine Zweidrittelmehrheit des Bundestages erforderlich ist, sondern von der von GRUNDRECHTEN. Die als solche in den Art. 1-19 GG formulierten Grundsätze fußen zumal auf den allgemeinen Menschen- und Brgerrechten, wie sie durch die Philosophen der Aufklärung des 18. Jhd. vorbereitet, in der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, der „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ durch die revolutionäre französischen Nationalversammlung und in der „Deklaration der Menschenrechte“ der Vereinten Nationen formuliert worden sind.

    Diese Grundrechte werden nicht für unabänderlich angesehen, weil sie sozusagen autoritär von einer bestimmten Generation für alle künftigen erlassen worden wären, sondern sie erheben als sog, „natürliche Rechte“ Anspruch auf allgemeine und universelle Gültigkeit, die der Verfügungsgewalt von Gesetzgebern entzogen ist.
    Dass alle Menschen ein Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit haben, dass sie frei und gleich an Rechten geboren sind und bleiben, dass sie Anspruch auf rechtlichen Schutz vor Übergriffen anderer und vor staatlicher Willkür haben, dass diese Rechte unabhängig von Herkunft, Geschlecht, religiösem Bekenntnis etc. gelten, das alles sind Rechte, die ihnen nicht gnädig zugeteilt und wieder entzogen werden können, sindern die sich aus ihrer „Menschenwürde“ ergeben, was nach Kant bedeutet: die Menschen sind Selbstzweck und dürfen niemals und von niemandem zum Mittel gemacht werden.

    2. Darüber hinaus enthält unser GG unveränderliche Grundsätze unserer staatlichen Ordnung, zumal in Art. 20 formuliert, als da sind: föderale Ordnung, Demokratieprinzip, Sozialstaatsprinzip, Rechtsstaatlichkeit.

    Einmal unabhängig davon, ob die Naziherrschaft „legal“ war, was ich zumindest für den Verlauf ab Mitte 33 bestreite, was aber eine komplexere Diskussion erfordern würde: Die schrittweise Aushebelung der hier genannten Prinzipien nach scheinbar legalen Verfahren bis hin zu einer Einparteien- und Ein-Mann-Diktatur ist gerade das, was solcherart verhindert werden soll.

    Das schließt natürlich die Möglichkeit eines diktatorischen Staatsputsches nicht aus, jedoch hätten dessen Exponenten keinerlei Legitimationsgrundlage durch das GG.

  62. Heinrich, exakt so habe ich es gemeint. Und es ist gleich, ob man (sekulär) die Menschenwürde mit Kant begründet, oder religiös aus dem Schöpfungsakt Gottes.

    Wenn es tatsächlich „so etwas wie ein allgemein in den Menschen verankertes Sittengesetz gibt“, dann empände ich das schon fast als einen Gottesbeweis (wo ich doch als Naturwissenschaftler überzeugt bin, dass es keinen Gottesbeweis geben kann).

  63. @Heinrich,

    ich glaube sie verkennen leider die Tragweite ihrer Verabsolutierung der (von mir begrüßten) Errungenschafften des 19. Jahrhunderts. Ich will ihnen mein Problem an einm sicherlich ausgewöhlnichen aber nicht unwahrscheinlichen Szenario verbildlichen.

    „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ MUSS weiterentwickelt werden, wenn es dereinzt Lebensformen (Aliens, Roboter, sonstige) gibt, die in ihrer Bewertung (was natürlich schon generell ein Problem ist) ähnlich eingestuft werden müssen wie Menschen. Würde ich diese Formulierung nicht anpassen würde sie sich selbst ad absurdum führen. Alle Menschen sind vor dem Gesetzes gleich, heißt sonst, Aliens und alle „Nicht_menschen“ drüfen ohne wenn und aber anders behandelt werden.

    Dies in irgendwelchen nachfolgenden Artikel zu ändern würde diese andere Lebensformen gerade nciht gleichstellen, sondern sie auf immer als zweitklassig festschreiben. Durch die Eweigkeitsklausel wird also ein Dogmatismus, des Endes der zivilisatorischen Entwicklung angenommen. Sie unterstellen, „höhere“ Rechte, wären nicht denkbar.
    Nein, ich muss dabei bleiben, auch diese Rechte müssen änderlich bleiben. Und genau hierzu sind die christlichen Gottestexte nicht tauglich.

  64. Suchen Sie sich vielleicht mal einen anderen Nicknamen! Der Name „Inga Wolf“ ist hier schon besetzt durch jemanden, der z.B. ausgesprochen sachkundige, lehrreiche und politisch hellsichtige Kommentare zur privaten vs. gesetzlichen Rentenversicherung geschrieben hat. Dem müssen Sie hier nicht Konkurrenz machen wollen durch einen solchen gesegneten Schwachsinn.

    Ohne Abrahams Reaktion würde ich es bedauern, dass ich mich der Mühe für meine Erläuterung unterzogen habe.

  65. @Heinrich,

    wenn sie schreiben:

    „erlassen sie erheben als sog, „natürliche Rechte“ Anspruch auf allgemeine und universelle Gültigkeit, die der Verfügungsgewalt von Gesetzgebern entzogen ist.“
    ebenso wie:

    „Dass alle Menschen ein Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit haben, dass sie frei und gleich an Rechten geboren sind und bleiben, dass sie Anspruch auf rechtlichen Schutz vor Übergriffen anderer und vor staatlicher Willkür haben, dass diese Rechte unabhängig von Herkunft, Geschlecht, religiösem Bekenntnis etc. gelten, das alles sind Rechte, die ihnen nicht gnädig zugeteilt und wieder entzogen werden können, sindern die sich aus ihrer „Menschenwürde“ ergeben, was nach Kant bedeutet: die Menschen sind Selbstzweck und dürfen niemals und von niemandem zum Mittel gemacht werden.“

    Dann gebe ich ihnen hier ja inhaltlich uneingeschränkt recht, sofern ich davon ausgehe, dass solche Schutzrechte ausschließlich dem Menschen zukommen sollten, nur gehe ich davon aus, dass erstens eine Weiterentwicklung auch dieser Grundrechte stets möglich (wenn auch aus heutiger Sicht nicht sichtbar) ist und zum anderen eben die Frage gestellt werden muss, ob dieser Schutz jemals gleichberechtigt auf Nicht-Menschen übertragen werden kann, wenn die Rechte dieser auf einen anderen Artikel fußen sollten? Eine solche sehe ich jedoch durch die Unveränderlichkeit gefährdet.

    Ferner möchte ich mich bedanken für ihren positiven Worte zu meinen sonstigen Beiträge, wobei ich eben bestätigen kann, dass ich in diesen Bereich durch aus bewanderter bin als in Grundrechts/Staatsrechtsdebatten. Aber vielleicht legt mir gerade diese Prägung mir die Entwicklung im historischen Verlauf so näher, als in der gegenwärtigen Betrachtung. Ich bedaure, wenn sie sich nun hier so erzürnen, kann ihnen aber versichern, dass wir soweit nicht von einander entfernt sind und vermute hier lediglich einige Missverständnissse, die ich nun hoffentlich einigermaßen ausräumen konnte.

  66. Inga Wolf, Heinrichs Erläuterungen ist doch nicht zu entnehmen, dass der Grundrechtekatalog nicht erweitert werden kann, sowohl bezüglich des Umfangs der Grundrechte als auch in Hinblick auf ihre „Träger“. Unabhängig davon, welche Rechte die Gesellschaft Tieren einräumt, stehen die „unveräußerlichen Menschenrechte“ nicht zur Disposition. Die Umsetzung der Grundrechte in eine rechtliche und soziale Ordnung bietet genügend Anpassungsspielräume, die in einem demokratischen Prozess ausgelotet werden können. Insofern verstehe ich Ihre Probleme überhaupt nicht.

    Möglicherweise liegt das Mißverständnis in Ihrem Verständnis von „Moralvorstellung“. Ich (und ich glaube auch Heinrich) verstehe darunter die ethischen Grundlagen, nicht die „guten Sitten“ (womit wir, lieber Heinrich, bei Nachbars Weib wären, aber da muss ich nachschauen, was die Tora-Kommentatoren dazu sagen, da findet man viele überraschende Ideen).

  67. Ich verfolge die interessante, nach Blogregel aber wohl leider offtopic zu nennende Diskussion der Blogger Inga Wolf, Abraham und heinrich mit ehrlichem Interesse, möchte sie nicht missen, sowie ich es ehrlich traurig finde, beim eigenen tatsächlichem, wie vermeintlichem Off-Topic-Gehen alleweil Ermahnungen von Seiten Herrn Bronskis entgegennehmen zu müssen.

  68. @ 68er

    Lieber 68er,

    Versteh‘ das doch endlich! Bronski hat offenbar subjektive oder objektive Gründe, ein nochmaliges Abdriften der Diskussion in eine allgemeine FR-Kritik zu verhindern. Die kann ja aber in Bezug auf die konkreten Themen erfolgen und vielleicht, wie beim 68er-Thema, sogar mal Einfluss auf die Redaktion nehmen. Im übrigen weiten sich Diskussionen eben auch mal aus, auf Jerusalem oder die Menschenrechte. Willst du Bronski da nun auf eine Engstirnigkeit verpflichten, die er sonst nicht an den Tag legt, oder was?

    @ Abraham

    Lieber Abraham,

    „gute Sitten“: ganz genau! Ich bewege mich hier gedanklich und sprachlich im 18. Jhd. (nicht im 19. Jhd.), und da bedeutet „Sittlichkeit“ Moralität.

    Übrigens war auch der in hier in meiner Stadt Bremen lebende Knigge keineswegs der Autor förmlicher Benimm-Regeln, der später aus ihm gemacht wurde, sondern ein Mann der Aufklärung, der dem Bürgertum die (auch moralisch) höherwertigen Sitten im Vergleich zu denen des verkommenen Adels nahezubringen suchte.

    „Schöne Nachbarin“: muss ja immer mal ’n büschn provozieren. Was mich an den Kommentaren aber interessieren würde: Geht es bei dem Gebot wirklich ums bloße Begehren oder um entsprechend absichtsvolle Handlungen (z.B. den Gatten an die Front schicken)?

    @ Inga ggf. später.

    Grüße
    Heinrich

  69. Lieber Abrahm,

    zum Beispiel steht in Artikel 6 GG Abs. 1:
    „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“. Dabei sind die Ehe und Familie eigentlich dabei sich zu überleben. Aber schwieriger ist die Regelung in Abs.4:
    „Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.“
    Wieso hat der Vater nicht den Selben Schutz? Weil das GG aus einer Zeit stammt, als dies selbstverständlich Getrennt wurde nach Frau und Mann…
    Abs. 5 wiederum:
    „Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.“ ist nur notwendig, da vorher die Ehe, Familie und damit eheliche Kinder den besonderen Schutz bekommen.

    Oder:

    „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Muss ich nun als Nachgeborener dankbar sein, dass die damals bareits eingeschrieben wurde. Sonst würde die Gleichstellung wohl weniger bedeutend untergebracht.

    Und ich bleine dabei, wenn in Artikel 1 und 3 steht, dass „… Mensch …“ dann ist damit eine zukünftig schwierige Einengung verbunden, die natürlich aus heutiger Sicht hinreichend ist(sein mag). Aber wie wolle sie zukünftig sicherstellen, dass Tiere (wenn wir es denn wollten) tatsächlich gleich geschützt werden? Wenn sie in einem anderen Artikel definieren, dass Tiere nach Artikel 1 bis 3 die gleichen Rechte genießen, dann sind die Tiere der Veränderbarkeit der Gesetzgebung unterworfen und die Menschen nicht. Mithin sind sie wohl nicht tatsächlich gleichgestellt, sofern ich sie nicht in Artikel 1 mit aufnehmen darf. Dies ist mein Punkt. Damit bestreite ich doch nicht, dass ein Rückschritt unzulässig sein muss. Aber den Fortschritt gleich mit zu unterbiden bereitet mir Schwierigkeiten. Gerne dürfen sie mir aber ekrlären, wie sie die Gleichstellung bewerkstellingen wollten/würden.

  70. Hier ging es, innerhalb der Diskussion um Online-Voting, um das verantwortliche Nutzen des Mediums Internet. Dazu wurde nach moralischen Grenzen gefragt, die dazu (und darüber hinaus)notwendig sind.
    Diese Grenzen werden jetzt diskutiert und festgelegt.

    Ich finde es gut, daß daraus eine so tiefgehende Diskussion geworden ist, ich finde sie nicht „off-topic“. Wenn es sich nicht so entwickelt hätte, hätte ich Bronski drum gebeten, einen Blog zum Thema zu eröffnen.

  71. Lieber heinrich,

    niemals würde ich Bronski auch nur entfernt gar „verpflichten“ wollen, auf etwas, das irgendwie nach Unterdrückung von Meinung o.ä. auch nur zart duftete. (Dass mir die laufende Diskussion hier gefällt sagte ich wohl schon). Da ich weder über die subjektiven (bei mir schien vermutete Sympathie für eine rot-rote Landesregierung zuletzt ein solcher zu sein) noch objektiven (Anweisungen aus der Cheredaktion etwa?) Gründe von Bronskis Blogmoderation spekulieren will oder sollte, kann ich mich nur auf seine Praxis beziehen. Wenn seine Duldung z.B. der Herren Wedell, von Seggern oder S.i.T – alle einer Sympathie für rot-rote Landesregierungen unverdächtig – ok sei, dann würde ich allerdinhs anehmen können dürfen, dass meine Beiträge, die im übrigen immer – wie bei allen anderen Teilnehmern auch – sehr wirksam durch die wirklich Mitdiskutierenden gesteuert werden, jederzeit Platz im Blog haben könnten. Da Bronski nie wirklich mitdiskutiert, enthebt er sich dieser natürlichen Steuerungsmöglichkeit selbst. Seinen objektiver Grund hat er nie wirklich benannt, ich kann mir auch neben den objektiven, aufgrund von Straftatbeständen keine zu haltenden keinen denken . Die Tatsache, dass Blattkritik nicht gerade gewünscht ist, kann in einem offenen Diskussionsforum kein Grund sein, diese zu unterdrücken, wenn – gelinde gesagt – plattes Polit-Gerede jederzeit stehen bleiben kann, oder eine – wie gesagt wirklich interessante – moralphilosophische Diskussion,- die mindestens soviel mit Bronskis Ausgangsfragen zu tun hat, wie eventuelle Blattkritik an solchem Journalismus -, willkommen geheißen wird. Bronskis sollte doch seine eigene Empörung über die Praxis der Süddeutschen Zeitung im Umgang mit Bloggern wenigstns selbst ernst nehmen, meine ich.

    ####

    lieber BvG,

    Ihr Beispringen für Bronski in allen Ehren, aber der zweite Teil dieses Blogs – seit der Angriff der Rechten irgendwie mit vereinten Kräften der Blogger und der Administratoren abgewehrt werden konnte, also so etwa ab #60, nachdem keine Spuren mehr weiter verfolgt wurden, wer hier wen reingelegt oder angegriffen hat, bzw. diskutiert wurde wie und warum, wann Online-Voten überhaupt irgendwas aussagen können -, haben Sie in #62 das von Ihnen gewünschte Thema ganz alleine auf den Weg gebracht. Erst ist Inga eingestiegen, dann lief´s. Bronski brauchte Ihnen, da gar keinen neuen Thread einrichten. Aber ein neues Thema war es, ergo off topic. Denke aber keine, dass mich letzteres gestört hätte.

  72. @68er
    1.Na wenn’s gefällt, dann seien Sie doch zufrieden und nehmen teil.
    Wissen Sie, woran man bei „Wer wird Millionär“ die Lehrer erkennt?
    Sie scheitern immer daran, daß sie kleine Fehler (und Zurechtweisungen) nicht verwinden können. Prompt scheitern sie an der nächsten Frage …

    2.Ich habe es nicht nötig, irgendwas „auf den Weg zu bringen“. Es ergab sich.

    3.Vielleicht überwinden Sie mal ihre Quijoterie gegen Bronski, FR und Mitblogger.

  73. „Müßiger Leser! Ohne Eidschwur kannst du mir glauben, daß ich wünschte, dieses BLOG, als der Sohn meines Geistes, wäre das schönste, stattlichste und geistreichste, das sich erdenken ließe. Allein ich konnte nicht wider das Gesetz der Natur aufkommen, in der ein jedes Ding seinesgleichen erzeugt. Und was konnte demnach mein unfruchtbarer und unausgebildeter Geist anderes erzeugen als die Geschichte eines trockenen, verrunzelten, grillenhaften Sohnes, voll von mannigfaltigen Gedanken, wie sie nie einem ändern in den Sinn gekommen sind?“ (n. M.d.C.S.)

  74. @ Inga

    Ihre Beiträge sowie auch die von Bakunix zur Rentenpolitik waren tatsächlich erste Sahne, sie entsprechen genau meiner politischen Position dazu, ohne dass ich sie im Detail so qualifiziert hätte begründen können.

    Insofern dachte ich wirklich, da will mich jemand veralbern. Die Welt brennt, weltweit nehmen Sklaverei und Menschenhandel dramatisch zu, hier nominiert die SPD jemanden zum Verfassungsrichter, der in bestimmten Fällen Folter für legitim hält, verfassungsmäßige Rechte werden immer weiter eingeschränkt, und der sorgt sich um die Menschenrechte von Aliens und Robotern.

    Hier nun noch einmal folgender erneute und erweiterte Versuch einer begrifflichen Klärung.

    1. Die im GG verankerten Menschen- und Bürgerrechte sind nicht die Straßenverkehrsordnung oder das Sozialgesetzbuch, sie sind nicht per Mehrheitsbeschluss „erlassen“, sondern von den von mir aufgezählten Gremien „deklariert“ worden, d.h. „bekanntgegeben“, zuletzt in der UN-Charta, sie gehören damit zum internationalen Völkerrecht. M.a.W., sie existieren vor dem und unabhängig von den Verfassungstexten, mit denen die entsprechenden Staaten bloß dokumentieren, dass sie diese „unveräußerlichen“ Menschenrechte respektieren und schützen wollen („unveräußerlich“ heißt hier nicht „unverkäuflich“, sonder: sie wohnen den Menschen unabdingbar inne).
    Nur auf dieser Basis kann man doch sinnigerweise von Frau Merkel verlangen, dass sie z.B. gegenüber der chinesischen Regierung die Einhaltung der Menschenrechte einfordert, ohne dass diese sich auf „innere Angelegenheiten“ berufen kann und ungeachtet dessen, was dort in Verfassung und Gesetzen steht.

    2. Die Unabänderlichkeit bezieht sich auf den „Wesensgehalt“ der Grundrechte, nicht auf den Wortlaut des Verfassungstextes. Das schließt, wie Abraham bereits vermerkt, Erweiterungen nicht ausdrücklich nicht aus. So ist z.B. 2002 (?) zum ursprünglichen Wortlaut des Art 3 hinzugefügt worden: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
    Das heißt aber natürlich nicht: aha, jetzt gibt es ein neues Gesetz, jetzt darf man keine Behinderten mehr benachteiligen! Das verstieß selbstverständlich auch vorher schon gegen die Menschenrechte, sollte hier aber noch einmal eigens bewusst gemacht werden.

    Im übrigen hat das GG seit seinem Bestehen etliche Veränderungen im Text, erfahren, i.d.R. eher als Einschränkung statt als Erweiterung, wobei fraglich ist, ob hier nicht auch am Wesensgehalt gerüttelt worden ist (Sehr sinnfällig zusammengestellt in: Seifert, Jürgen, Grundgesetz und Restauration; Neuwied, Darmstadt : Luchterhand, 1977, 3., veränd. u. erw. Aufl.).

    Art. 16 (2) lautete ursprünglich lapidar: „Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“

    Das wurde modifiziert durch den Art. 16 a, den man zugespitzt so zusammenfassen kann: „Politisch Verfolgte würden Asylrecht genießen, wenn es welche gäbe“.

    http://dejure.org/gesetze/GG/16a.html

    Intelligenterweise stoßen sie natürlich mit dem Familienbeispiel auf den schwächsten Punkt des ganzen Kanons, jedenfalls ist er in der Formulierung antiquiert. Es spricht aber nicht nur nichts dagegen, sondern es wird in absehbarer Zeit geschehen, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften und Wohngemeinschaften mit Kindern dem zeitgemäßen „Wesensgehalt“ nach als Ehen und Familien im Sinne des Grundrechts angesehen werden. Der wesentliche Punkt ist m.E. aber hier sowieso der Schutz der Kinder vor allzu leichtfertiger Verstaatlichung.

    Der von Ihnen angesprochene Art. 3 (2) lautete ursprünglich „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ und ist ergänzt worden durch „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“, also eine Selbstverpflichtung des Staates, zur praktischen Realisierung der Verfassungsnorm beizutragen.

    3. Bei der Deklaration der Menschenrechte geht es um Menschenrechte, nicht um Tier- und Roboterrechte. Das letztere wäre sowieso trivialer SF, und ob es analog zu den Menschenrechten Tierrechte gibt, das wäre eine eigene – komplexe – Diskussion.
    Nach meiner Auffassung gibt es eine Hierarchie unter den Lebewesen, und der Mensch ist die Krone der Schöpfung bzw. das Haupt der Natur und hat als solcher eine Verantwortung für seine Mitgeschöpfe bzw. -lebewesen.

    Albert Schweitzer, der große Humanist, der fordert, allen Lebewesen Respekt zu zollen und ein heiliges (!) Lebensrecht einzuräumen, hat, glaube ich, vor seinen Operationen sein Besteck sterilisiert.

    „Der Lebenszweck der Mücke ist ihre Verwandlung in Vogelflug“, sagt der Naturphilosoph Meyer-Abich.

    Ich hoffe, die Sache selbst und meine sicht darauf sind nun deutlicher geworden. Mir soll das erst einmal reichen.

    P.S. Waren wir nicht schon einmal beim „Du“ gelandet?

    Grüße
    Heinrich

  75. @heinrich
    @Inga
    Die Vereinbarung und Diskussion von Menschenrechten und Gesetzen als „innerartlicher Kodex“ sollte hier wohl genügen.
    Menschenrechte sind nicht mehr und nicht weniger als die Rechte des Menschen gegenüber dem Menschen.
    Das allein ist schwer genug.

    Eine naturalistische und ökologische Diskussion sollte folgen.

  76. Lieber heinrich,

    ja wir waren schon mal beim Du und können gerne wieder dahin zurückkehren.

    Ich denke, wir sind uns tatsächlich einig und ich habe eher fiktionale als reale Probleme mit den Formulierungen im GG. Nicht gewandt habe ich mich jedoch gegen die Menschenrechte als deklaration, sondern ihre Festschreibung im GG. Und für mich ist es natürlich ein Unterschied (da ich nicht glaube das der Mensch die Korne der Schöpfung ist, außer in der Beziehung, dass er für die Schöpfung eine be-/erdrückende Last ist), ob andere Lebensformen ein analoges Recht zugesprochen wird (haben Tiere kein innewohnendes Recht auf unversehrtheit?) oder sie sozusagen von der Gnade des Menschen leben. Ich befürchte unsere Herangehensweise ist, du tendenziell philosophisch-christlich-religiös und ich ausgeprägt atheistisch, zu einem Wesentlichen Teil für die Differenzen verantwortlich. Defacto und in Realito bin ich aber ganz bei Dir, dass im Prinzip die aktuelle Situation sehr stark für eine noch unumstößlichere Schutzmaßnahme spricht, als Schäuble, Merkel, CDU/CSU/SPD/FDP/GRÜNE zunehmend versuchen das GG in direktes und nicht abstraktes Recht zu überführen und dabei das Prinzip dahingehen verbieten, alles ist verboten/strafbar, was nicht explizit erlaubt wird.

    Ich habe allerdings mit Verboten/Einschränkungen stets meine Probleme, da sie meistens auf einen selbst zurückfallen. So sehr man sich im Kampf gegen Nazis jedes Verbotsinstrument wünscht, so wenig will man es tatsächlich haben, wird es doch immer gegen jeden verwendet der aus der Reihe fällt, egal ob zu recht oder unrecht. Aus dieser Position erwächst mein Misstrauen gegen die Unveränderlichkeit bestimmter GG Artikel und die Frage in der ich dies ursprünglich sagte war, ob ich dies für undemokratisch hielte. Und ich denke dies ist der zweite Grund für Missverständnisse, dass hier die Menschenrechte mit einem totalen Verständnis an Demokratie zusammenstoßen und eine Güterabwägung notwendig ist, sprich wieviel Macht darf auch vom Volke ausgehen und wieviel muss diesem entzogen sein. Bei dieser Gradwanderung liegt man glaube ich stets daneben, da für immer ebensoviele Argumente sprechen wie gegen einen.

    Insgesamt finde ich es aber gerade in Zeiten allgemeinen Grundrechtsabbau und Fverstärkten Forderungen nach Folter/Todesstrafe u.ä. richtig und gut, dass wir uns hier um die Nuancen streiten, weil dies ja doch bedeutet, dass wir uns im Kern unumstößlich einig sind. In diesem Sinne, rettet das GG und die Menschenrechte vor den Menschen.

  77. @ Heinrich, Inga Wolf

    Stimme mit Ihnen, Heinrich, überein (wäre es Zeit, bei so viel Übereinstimmung zum Du überzugehen, auch dann können wir durchaus bei anderen Themen kräftig aneinander geraten). Nur eine Ergänzung: Auch die „unveräußerlichen Grundrechte“ unterliegen einem Verständniswandel. In der Rechtspraxis sorgt dafür das Bundesverfassungsgericht, dass in konkreten Fällen darüber entscheidet, was das „Wesen“ der Grundrechte ist. Wie sich die Interprätation der Grundrechte entwicklelt, zeigen exemplarisch das Mephisto- und das Ezra-Urteil.

    Inga, Sie werfen Heinrich zu Unrecht vor, „tendenziell philosophisch-christlich-religiös“ zu argumentieren. Das Recht kann man nur aus seiner Entstehungsgeschichte verstehen.

    Heinrich, Ihre (Deine) Rückfrage nach „Nachbars Weib“ fordert mich heraus, ich werde dazu mehr schreiben (so lange Bronski uns lässt). Vor allem deshalb, weil es die Gelegenheit bietet darzustellen, dass in der jüdischen Tradition „göttliches Recht“ nicht ein unveränderliches oder gar archaisches Rechtssystem schafft, sondern „moderne“ Dynamik ermöglicht. Aber dazu muss auch ich einiges nachlesen und überlegen.

  78. @ Abraham, Inga

    Spannende Diskussion mit euch!
    Das „Du“ nehme ich gerne an, lieber Abraham, mögliches respektvolles Aneinander-Geraten später inclusive.

    Man muss nochmal differenzieren zwischen Menschenrechten und Grundrechten. Letztere sind die im GG und in anderen Verfassungen festgeschriebenen Rechte, von denen nur der von mir aufgezählte kleine Kern als Menschenrechte im strengen Sinne anzusehen sind. Ob dazu die absolute Freiheit des künstlerischen Ausdrucks gehört, ist fraglich.

    So oder so hat das BVerfG in den Urteilen nicht über das Wesen eines Grundrechtes entschieden, sondern über den Vorrang zweier widerstrebender Grundrechte (Freiheit der Kunst und Persönlichkeitsschutz) im Einzelfall. Die Urteile bilden kein Präjudiz für ähnliche Konfliktfälle.
    http://www.n-tv.de/914259.html

    Die von mir nachgezeichnete Begründung von allgemeinen Menschenrechten auf der Grundlage der Menschenwürde ist nicht atheistisch, aber areligiös, Inga, und zugleich universalistisch. D.h. sie beansprucht Geltung für alle Menschen unabhängig von ihren konkreten religiösen oder kulturellen Auffassungen und Kontexten.

    Dagegen gibt es, das will ich hier nicht verhehlen, die Auffassung der ethischen „Partikularisten“, die der Auffassung sind, man könne Menschen aus anderen Kulturkreisen nicht unsere „westlichen“ Werte oktroyieren. Ich denke in dieser Hinsicht universalistisch, meine, auch wenn sie im Kontext des europäischen Denkens formuliert worden sind, haben die Menschenrechte Geltung für alle.

    Wenn Bronski intervenieren sollte, können wir ja hieraus ein ein ganz demokratisches Online-Voting machen: Alle dürfen abstimmen über:
    Menschenrechte gelten:
    a) universell
    b) partikular
    c) weiß nicht
    Bitte nur den entsprechenden Buchstaben posten!

    Die Vertiefung der naturphilosophischen Dabatte, lieber BvG, dann vielleicht doch an anderer Stelle.

  79. Wichtig scheint mir doch die Definition des „Geltungsbereichs“ der Menschenrechte zu sein, im Sinne von „Mensch ist, wer vom Menschen geboren ist“, um den Versuchen Einhalt zu gebieten, Einzelne oder Gruppen per Definition aus dem „Menschsein“ auszuschließen und ihnen somit diese Rechte zu verwehren. Diese Frage wird ja durch den Nebengedanken von Inga aufgeworfen, wenn von künstlicher Intelligenz und „Aliens“ gesprochen wird.
    Eine bloße Ausweitung der Rechte auf „Lebewesen“ bringt ja enorme Probleme mit den biologischen Notwendigkeiten mit sich, zum Teil beantwortet mit Heinrichs Verweis auf die „Krone der Schöpfung“. Daher fragte ich nach der naturphilosophischen Dimension. das führt hier aber zu weit ab.

    Habe ich es recht verstanden, daß die „Unveräußerlichkeit“ der Menschenrechte (Abraham) auch mir selbst verbietet, diese zur Disposition zu stellen?
    Ich würde es so sehen. Dies setzt der Idee von bloßer „Vereinbarung“ Grenzen.

    Eine reine Vereinbarung würde zumindest eine gleichberechtigte und gleichstarke Verhandlungsposition voraussetzen.
    Ein bißchen „zurückgezwungen“ auf das Thema setzt dies eine Aufgeklärtheit voraus, die es im Internet noch zu entwickeln gilt. (Inga #63).

  80. ich stimme zu heinrichs Frage aus #96

    a.

    Allerdings (um bei meinem Standpunkt zu bleiben) tatsächlich UNIVERS(UMs)alistisch 😉

  81. Uf (oder oj wej), Heinrich, es wird immer komplizierter (und daher noch interessanter). Als langjähriger Aktivist von Amnesty International bin ich natürlich der Meinung, dass die Menschenrechte universell gelten.

    Wenn wir aber zurück zum Dekalog kommen, dann muss ich aus der jüdischen Tradition einschränken, dass dieser (samt der umfassenden „Ausführungsbestimmungen“) partikularistisch nur für das jüdische Volk gilt. Es ist die Grundlage des Bundes, den Gott am Sinai mit den Israeliten geschlossen hat. Nun ist aber der (eine-einzige) Gott, wie ihn die Juden verstehen, keineswegs ein Gott der Juden, sondern der der ganzen Menschheit. Für diese gelten die s.g. Noachidischen Gebote. Laut dem Tora-Kommentar des (liberalen) Rabbiner W. Guter Plaut (Die Tora in jüdischer Auslegung, Gütersloher Verlagshaus) werden aus Bereschit (Genesis) 2.16 sechs solche Gebote abgeleitet: das Verbot des Götzendienstes, das Gebot, Gerichtshöfe zu errichten, das Verbot zu töten, das Verbot, die Ehe zu brechen, und das Verbot des Raubes. Wer danach handelt, ist ein Gerechter und der Talmud sagt, dass Gerechte aller Völker ihren Anteil an der kommenden Welt (was diese auch sein mag) haben. Ein Jude wird hingegen an den 613 Ver- und Geboten der Tora gemessen.

    Über die einzelnen Gebote lässt sich trefflich streiten, aber die Grundidee von universalen Rechten einerseits und einer (kultur- oder religionsgebundenen) partikularen „Gesetzgebung“ anderseits findet man also schon in der hebräischen Bibel.

    Auf das Spannungsverhältnis der „gottgegebenen“ Tora und ihrer Anwendung durch die Menschen (und damit auch auf Heinrichs Frage nach des Nächsten Weib) kann ich später eingehen, falls es gewünscht wird.

    Bei dem ganzen geht es mir darum zu zeigen, dass es nicht ausreicht, Religion (und die Bibel) nur aus dem christlichen Blickwinkel zu sehen.

  82. @Bronski, #60,

    hatten sie eigentlich mal angerufen? Wäre ja interessant gewesen, dies hier noch mitzuteilen. Morgen aber scheint ja wohl vorbei 😉

  83. @100, Inga Wolf

    Die massenhaft auftretende Recherchen-Phobie heutiger Journalisten, insbesondere das Nicht-Benutzen des Telefons gerade bei eigentlich leicht erreichbaren Gesprächspartnern, hat Stefan Niggemeier im bekannten Niggemeier-Blog ja häufig thematisiert und an Beispielen belegt. Ist doch auch viel spannender, über Mutmaßungen, Gerüchte, Halbwahrheiten usw. zu schreiben als über hart recherchierte Fakten!

  84. @abraham

    Ein sicheres Terrain ist doch die Forderung, daß jedermann bereit sein muß, die von ihm selbst postulierten Maßstäbe auch auf sich selbst anwenden zu lassen.

    Das endet dann im kategorischen Imperativ von Kant.

  85. @abraham

    Bei dem ganzen geht es mir darum zu zeigen, dass es nicht ausreicht, Religion (und die Bibel) nur aus dem christlichen Blickwinkel zu sehen.

  86. @ BvG
    Bin immer noch begriffstutzig. Habe ich in Frage gestellt, „daß jedermann bereit sein muß, die von ihm selbst postulierten Maßstäbe auch auf sich selbst anwenden zu lassen“ oder war ich mit der zitierten Aussage nicht bereit, die von mir posulierten Maßstäbe (welche?) auf mich anzuwenden?

  87. @abraham
    Nein nein, ist gar nichts Negatives von meiner Seite.

    Wollte nur beitragen, daß der k.I. eine gute Möglichkeit ist, eine einigermaßen neutrale und interkulturelle Basis zu schaffen.

    Kann man ja auf die ganze Diskussion beziehen.

  88. @ Abraham 99

    „Spannungsverhältnis der „gottgegebenen“ Tora und ihrer Anwendung durch die Menschen (und damit auch auf Heinrichs Frage nach des Nächsten Weib) kann ich später eingehen, falls es gewünscht wird.“

    Ja natürlich, da vergaß ich wohl die Antwort, lieber Abraham, ist das ausgesprochen erwünscht.

    „Bei dem ganzen geht es mir darum zu zeigen, dass es nicht ausreicht, Religion (und die Bibel) nur aus dem christlichen Blickwinkel zu sehen.“

    Ich denke, ich sehe Religion nicht aus dem christlichen, sondern von einem säkularen Blickwinkel aus. Will sagen: eine wie immer geartete religiöse Ethik beruht auf außerpersonalen Weisungen durch eine göttliche Instanz. Die kann ich vom säkularen Standpunkt aus tolerieren oder gutheißen oder kritisieren, ich bin jedoch als nicht Gläubiger nicht daran gebunden. Schön, jetzt sagst du, wenn ich richtig verstehe, JHWE beansprucht auch die Gottheit und damit die Weisungsgewalt über mich. Wenn ich aber nicht an ihn glaube, kann mir das jedoch egal sein. Nicht egal kann mir aber ein Sittengesetz sein, das in mir als Menschen verankert ist. So versteht Kant den KI. Den abschaffen oder negieren zu wollen wäre dann etwa so, als würde ich sagen: Ich bin dagegen, dass Menschen einen Blinddarm haben.

    Die sechs Gebote einzuhalten, bereitet mir keine Schwierigkeiten, wenn ich unter „Ehebrechen“ verstehe, leichtfertig und in zerstörerischer Absicht in eine bestehende Verbindung „einzubrechen“. Götzendienst ist mir fremd, da ich auch keinem Gott diene. Was ist aber nach der Tora in dieser Hinsicht mit Leuten, die einen Gekreuzigten anbeten, der sich frevlerisch angemaßt hat, Gottes Sohn und damit Göttlich zu sein?

    Jedenfalls werde ich mir die Konversion zum Judentum sparen, wenn ich zu den Gerechten zählen darf und mir gleichwohl die Einhaltung von 357 Gesetzen sparen kann. Ein wenig Mathematik muss sein.

  89. #108
    Kleine Kantparodie :

    Wenn es aber zutrifft, daß der kategorische Imperativ im Wesen des Menschen selbst verankert ist, er zugleich aber auch universelle Gültigkeit hat, so muß für wahr genommen werden, daß Gott sich in diese Regel fügte und dem Menschen keine Weisungen erteilte, die dessen Wesen widersprechen.
    Insofern kann geurteilt werden, daß es gleichgültig sei, ob der Mensch der göttlichen Weisung oder dem wesenhaften Sittengesetze folgt.

  90. Kleine BvGparodie:

    Wenn es zutrifft, dass BvG ein Mensch ist und für wahr gehalten wird, dass er von Gott den Kategorischen Imperativ „verankert“ bekommen hat, der universell gültig ist und Gott ihm ferner sonst keine „Weisungen“ gegeben hat, die dem widersprechen, so kann „geurteilt“ werden – was immer das heißt -, dass es „gleichgültig“ ist, was BvG aufgrund dieser Eingebung sagt, es muß „wahr“, „universell“ und „sittlich“ sein.

    Nur ob es auch verständlich ist, ist nicht sicher.

  91. @ Heinrich 108
    Danke für die Ermutigung, weiter zu machen. Heute nehme ich mir aber nur die leichteren Fragen vor:
    1. Den christlichen Standpunkt habe ich nicht Dir (den ich als religionstolleranten Atheisten schätze) unterstellt, das war die Reaktion auf Inga Wolf, wenn ich mich nicht täusche.

    2. Spätestens seit dem Mittelalter sind sich die jüdischen Gelehrten einig, dass Christen und Muslime keine „Götzendiener“ sind, da sie einen Gott anerkennen (trotz der Probleme mit der christlichen Deieeinigkeit). Heute betrachten die meisten jüdischen Richtungen auch alle anderen Religionen (wie Budhismus oder Hinduismus) nicht als „Götzendiener“.

    3. Du kannst Dir tatsächlich die Konversion zum Judentum sparen. Die meisten Rabbiner werden auch Menschen, die zum Judentum übertreten wollen, erstmals fragen: „Warum sind Sie so verrückt, Jude zu werden? Als Nicht-Jude haben Sie es viell leichter.“ Daher versucht das Judentum gar nicht, andere zu missionieren.

    4. Es kann Dir und mir tatsächlich egal sein, ob das Sittengesetz von Gott kommt oder nicht. Sowohl Du als ich empfinden, dass das Sittengesetz uns als Menschen „eingeschrieben“ ist. Von wem, ist nicht entscheidend. Kant und Judentum scheinen gut zu einander passen, jedenfalls beziehen sich viele Denker des Judentums im ausgehenden 19. und beginenden 20. Jahrhundert (wie Hermann Cohen) auf Kant.

    Später mehr zu des Nächsten Weib.

  92. Lieber Heinrich,

    also nun zum „Du sollst nicht des Nächsten Weib begehren“. Wie Du richtig vermutest, ist nach der Meinung der jüdischen Tora-Komentatoren „nur das wirkliche Tun und nicht das Begehren strafbar“ (zitiert nach Plaut, Die Tora in jüdischer Auslegung). Rabbiner Plaut (der aus Kassel stamende, wichtigste Torakomentator des Reformjudentums des 20. Jahrhunderts in Nordamerika, einer der letzten Schüler Leo Baecks an der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums) verweist auch auf die Diskussion in der christlichen Kirche, ob bereits das innere Begehren eine Sünde sei, was Papst Pius V. 1567 offiziell verneint habe.

    Zurück zur jüdischen Interpretation: Das Gebot „Du sollst nicht begehren“ ist eine Aufforderung zur Selbstdisziplin, schreibt Plaut. Es setzt also (in meinen Worten) moralische Maßstäbe für das menschliche Zusammenleben. Dein Verweis auf König David (der Batseba begehrte und deshalb ihren Ehemann aus dem Weg schaffte) ist berechtigt. Die „Helden“ der Bibel sind keine idealisierten Menschen und nur selten wird in der Bibel beschrieben, das Gott ein Vergehen oder Verbrechen direkt bestraft. Die jüdische Auffassung ist es, dass jeder Mensch mit dem „guten“ und dem „bösen“ Trieb ausgestatet ist (wobei ohne den „bösen Trieb“, jezer hara, die Gesellschaft zusammenbrechen würde, weil niemand Geschäfte machen, Häuser bauen oder Kinder bekommen würde). Gleichzeitig besitzt der Mensch die Fähigkeit, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, und hat dazu auch die Entscheidungsfreiheit („Siehe, ich habe vor dich gelegt das Leben und das Gute, den Tod und das Böse. … So wähle das Leben.“, 5 Mose 30.15 – 19). Nach Rabbi Moses Maimonides (einem Gelehrten des 12. Jahrhunderts) ist der Gehorsam gegenüber den 613 Mizwot der Tora – 248 Gebote und 365 Verbote – das unentbehrliche Mittel zur Vervollkommnung des Menschen. Jede gute Tat eines Menschen trägt dazu bei, dass das Böse nicht die Oberhand gewinnt und damit das Gleichgewicht der Welt zerstört wird. („Wer einen Menschen vernichtet, vernichtet die ganze Welt. Wer einen Menschen rettet, rettet die ganze Welt.“, Sprüche der Väter). Maimonides ist aber Realist: Er verlangt von dem Menschen nicht, nur gute Taten zu tun; es sollen aber mehr gute als böse Taten sein.

    Anders steht es mit dem Verbot „Du sollst die Ehe nicht brechen“, denn dafür verlangt die Bibel (Leviticus 20.10) die Todesstrafe durch Steinigen. Wie die jüdische Tradition mit solchen „göttlichen Gesetzen“ umgeht, kann ich demnächst darlegen, wenn es erwünscht ist.

  93. Lieber Abraham,

    danke für die Erläuterung!

    Ja natürlich würde ich gerne erfahren, wie in der Tradition und heute mit Todesstrafe durch Steinigen als göttlichem Gesetz umgegangen wird. Du siehst ja, dass mich die Thematik interessiert. Wen’s nicht interessiert, der mag das geflissentlich überlesen.

    Dass es der „böse Trieb“ ist, der die Menschen dazu bringt, Geschäfte zu machen, Häuser zu bauen oder Kinder zu bekommen verstehe ich nicht.
    Die Fähigkeit, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden entspricht durchaus dem nach Kant den Menschen innewohnenden Sittengesetz,

    Die Entscheidungsfreiheit zwischen gut und böse berührt das Theodizee-Problem: Wie kann ein gütiger Gott das Böse in der Welt zulassen?

    Maimonides ist mir kein Unbekannter, ich habe vor seinem Standbild in Cordoba gestanden.

    Was du schreibst über die guten und bösen Taten erinnert mich an den Dualismus von Gut und Böse, Licht und Dunkel im Zoroastrismus, von dem vermutlich nach dem Sieg über die Babylonier über die Perser Einflüsse auch ins Judentum gelangten, auf jeden Fall später in die Gnosis und auch in die Auklärung (=Aufhellung, Illumination), von da über den Illuminatenorden in Mozarts „Zauberflöte“ gelangt ist (Zoroaster = Zarathustra = Sarastro), wo das liebende Paar sich bewährt, indem es sich für das Reich des Lichts gegen das der Finsternis (Königin der Nacht) entscheidet.

  94. Lieber Heinrich,

    schon zurüch von der Abi-Feier?

    Zuerst muss ich mich korrigieren, weil ich das Bibel-Zitat (5 Mose 30. 15-19) nicht korrekt wiedergegeben habe. Dort wird nicht explizit von „Gut“ und „Böse“ gesprochen. Es heißt „..dass ich dir Leben und Tod vorgelegt habe, Segen und Fluch. Wähle das Leben …“

    Es ist umfassender gemeint als „Gut“ und „Böse“ in dem Sinne, wie wir es heute verstehen. Auch die übliche Übersetzung von „jezer hara“ als „böser Trieb“ gibt die Bedeutung nur unzureichend wieder. Dann entsteht eben der falsche Eindruck, das Judentum würde den Dualismus von Gut und Böse vertreten. Dem ist nicht so. Das „Gut“ und „Böse“ sind in der Welt nicht geschieden, um dort als eigenständige „Mächte“ zu wirken, sondern in jedem Menschen gleichermaßen verankert. Trotzdem ist der Mensch fähig, „gut“ (oder sittlich) zu handeln.

    „Jezer hara“ könnte man (wieder nur unzureichend) als eine Beschreibung des Teils der menschlichen „Natur“ sehen, die mit der physischen Welt verbunden ist (damit ist aber kein Dualismus von physisch und geistig gemeint). Der Mensch als ein nur „geistiges“ Wesen wäre nicht lebensfähig, so kann man das rabbinische Diktum verstehen, das ich zitiert habe (ohne „jezer hara“ würde niemand Geschäfte machen, Häuser bauen oder Kinder bekommen). Daher lehnt das Judentum auch Askese ab (das war auch einer der wichtigen Kritikpunkte der rationalistischen Mignadim – mit Zentrum in Litauen – gegen die den Mystizismus und Askese pflegenden osteuropäischen Chassidim im 18. Jahrhundert). „Jezer hara“ ist notwendig (und somit auch „gut“), muss aber unter Kontrolle gehalten werden, wozu das System der Mizwot dient. Ein gutes Beispiel dafür ist die positive Einstellung zur Sexualität (die übrigens als das Recht der Frau und die Pflicht des Mannes gilt), so lange sie sich in dem vorgegebenen Rahmen bewegt (ich weiß, ich provoziere wieder weitere Fragen).

    Relativ einfach machen wir Juden uns es mit der Theodezie-Frage: Was Gott will, kann oder ist, entzieht sich unserer Erkenntnis, nur seine Gebote liegen offen (Leo Baeck bezeichnet das als Polarität von Geheimnis und Gebot. Baeck sagt es auch anders: Die Frage ist nicht, was Gott ist, sondern was er bewirkt). Und in den „Sprüchen der Väter“ (die ein Teil des Talmud sind) steht: „Alles wird (von Gott) geschaut, aber (dem Menschen) ist die freie Wahl gelassen.“ Mit solchen Widersprüchen hat das Judentum gelernt gut umzugehen, vielleicht auch ein Erbe der antiken Welt. (Zur jüdischen Ethik kann ich den Nachruck eines dreibändigen Werkes von 1928 bis 1930 empfehlen: „“Die Lehren des Judentums nach den Quellen“, herausgegeben 1999 vom Verlag Knesebeck.)

    Nun zu der Frage, wie geht man mit der Todesstrafe um, wenn sie in der Tora „festgeschrieben“ ist. Dazu erst eine Vorbemerkung, die ich schon längst hätte machen müssen (vermutlich nicht für Dich, Heinrich, aber es könnte sein, dass auch andere Blogger mitlesen): Wenn ich vom Judentum spreche, meine ich das rabbinische Judentum, das nach der Zerstörung des 2. Tempels entstand (bzw. seine Ursprünge in der Richtung der Pharisäer hat, denen die Evangelien zu Unrecht eine negative „Presse“ beschert haben). Dieses steht auf zwei Beinen, der schriftlichen Tora (also den biblischen Texten) und der mündlichen Tora (die etwa vom 3. bis 5. Jahrhundert im Talmud festgehalten wurde) – beide nach der Tradition von Gott am Sinai offenbart.

    Die Talmud-Autoren (Rabbinen) haben mit biblischen Texten zu tun, die ihrem Empfinden zum Teil deutlich widersprechen, aber „unabänderliche“ Offenbarung Gottes sind. Sie entwickeln daher mehrere „Strategien“ der „Anpassung“. Die erste bietet die Tora selbst, die ja in Hebräisch (von einigen aramäischen Stellen abgesehen) abgefasst ist, allerdings in einer sehr dichten, keineswegs grammatikalisch eindeutigen Sprache. Uns, die wir die Bibel nur in der Übersetzung kennen, entgeht die Vieldeutigkeit des Textes. Ein wenig Eindruck davon kann man bekommen, wenn man die verschiedenen Übersetzungen jüdischer Autoren (die sich der unterschiedlichen rabbinischen Interpretationen bewusst sind) vergleicht, angefangen mit Moses Mendelssohn, über Zuns, Buber/Rosenzweig bis Tur-Sinai. Das fängt mit dem ersten Wort der Bibel an: Bedeutet Bereschit „Am Anfang“ oder „Im Anfang“? Das eine legt den „Beginn“ fest, das andere deutet einen Prozess, vielleicht sogar „Evolution“ an. Die Rabbinen sind sich darüber hinaus (auch ohne Kenntnis der historisch-kritischen Bibelforschung) dessen bewusst, dass das Hebräisch „vom Sinai“ keineswegs mit dem Hebräisch ihrer Zeit identisch ist, Worte also ihre Bedeutung verändert haben können. Sie suchen die Bedeutung „unklarer“ Stellen durch Analogien mit ähnlichen Formulierungen an anderer Stelle der Tora zu klären und „spielen“ auch damit, Worte in Zahlen und zurück in andere Worte mit gleichem Zahlenwert „umzuwandeln“ (jeder hebräische Buchstabe hat einen Zahlenwert). (Eine Nebenbemerkung: Manchmal habe ich den Eindruck, sie machen es wie theoretische Physiker: Man weiß, was herauskommen soll, und sucht sich dann den dazu passenden Rechenweg.) Als Erklärung sagt der Talmud, Gott spräche in der Sprache der Menschen (weil sie ihn sonst nicht verstehen könnten). Dabei ist aber jede Generation verpflichtet, die Tora in der Sprache ihrer Zeit zu lesen.

    Doch auch die Spielräumen der Grammatik und der „Deutung“ können die für Ehebruch gebotene Todesstrafe durch Steinigen nicht wegdiskutieren. Hier kommt die nächste Ebene der „Strategie“ zum Zuge, die „mündliche Tora“. Diese wurde, so die Tradition, ebenfalls am Sinai offenbart, da sie aber erst im Talmud schriftlich fixiert wurde, konnte man manche „Neuerung“ als „Tradition“ ausgeben (was die heutigen Orthodoxen sicher heftig bestreiten würden). Damit konnte man das Gebot der Tora nicht aufheben, aber doch durch zusätzliche Voraussetzungen einschränken oder erweitern. So beschäftigt sich ein ganzer Talmud-Traktat mit der Frage der Todesurteile (aufgeschrieben zu einer Zeit, als es vermutlich keine jüdischen „Strafgerichte“ mehr gab) und legt dazu ein äußerst striktes „Verfahrensrecht“ fest (von dem wir nicht wissen, ob es auch so praktiziert wurde, als jüdische Gerichte Todesstrafe verhängt haben). So darf eine Verurteilung nur aufgrund von Aussagen von Augenzeugen erfolgen; dabei muss die Verhandlung mit einer Aussage zu Gunsten des Angeklagten beginnen, die Verhandlung und der Urteilsspruch dürfen nicht am gleichen Tag erfolgen (die berühmte Nacht zum darüber Schlafen!). Schließlich führt ein einstimmiger Schuldspruch zum Freispruch, weil man die Richter (es müssen immer mehrere Richter mitwirken) als voreingenommen betrachten muss, wenn nicht ein einziger von ihnen Zweifel an der Schuld des Angeklagten bekommt. Und um keine Zweifel an der Einstellung zur Todesstrafe aufkommen zu lassen, sagt der Talmud, dass man einen Richterkollegium (Bet Din), das in 70 Jahren (!) einen Todesurteil gesprochen hat, als Mörder bezeichnen darf.

    Diese „edle“ Einstellung konnten sich die Juden wahrscheinlich auch deshalb leisten, weil sie seit dem Beginn der „Zerstreuung“ als Minderheit unter dem „staatlichen“ Gesetz des „Gastlandes“ lebten und das „jüdische Strafgesetz“ nicht anwenden konnten. Aber auch dies kodifiziert der Talmud, in dem er festlegt: Das Gesetz des Königs ist Gesetz (din malchuta din). Das ist die Grundlage dafür, dass in Israel zwar das Ziwilrecht den Religionen (auf der jüdischen Seite dem orthodoxen „Oberrabbinat“) überlassen wird, das übrige Recht aber „modernen“ (also rein sekulären) Grundsätzen folgt.

    Nicht alle Gebote der Tora werden im Talmud „erleichtert“, manche (vor allem die Speisevorschriften und die Schabbatruhe) werden deutlich verschärft (wobei es später immer wieder mal Erleichterungen und – leider auch – wieder Verschärfungen gab, aber das ist mehr eine innerjüdische Angelegenheit). Der Talmud ist ein Dokument der Debatte, ja des Streites, der an Schärfe einschließlich persönlicher Angriffe diesem Blog nicht nachsteht, und diese Debatte führen nachfolgende Generationen bis heute fort. Bei diesem Disput, was wie nach göttlichen Geboten erlaubt oder verboten ist, bleibt allerdings Gott außen vor. In einem Midrasch (das sind im Talmud verstreute „Erzählungen“, noch so ein „Trick“ der Interpretation) wird von einem Streit über eine Rechtsfrage berichtet, bei der ein Rabbi zur Bekräftigung seiner Argumente Gott aufruft, Bäume aus der Erde springen und Wasser den Berg hinauf fließen zu lassen, wenn er Recht hat. Doch als dies geschieht, sagen die Opponenten, dass nicht Bäume oder Wasser über die Tora entscheiden, sondern die Mehrheit. Und selbst als Gottes Stimme für den Unterlegenen spricht, wenden die Gegner ein: „Die Tora ist nicht mehr im Himmel, sonder auf der Erde.“ („Da lachte Gott im Himmel und sagte: Meine Kinder haben mich besiegt.“) Damit gibt es für einen biblischen Fundamentalismus, aber auch für „göttliche Erleuchtung“ im Judentum nur wenig Platz. Das hat noch eine zweite Konsequenz: Allein nach dem „Alten Testament“ kann man das Judentum nicht beurteilen.

    Weitere Spielräume (und einen heftigen Streit darüber) brachte die Aufklärung, aber da wären wir im 19. Jahrhundert und bei den Anfängen des liberalen Judentums, die bekanntlich in Deutschland liegen. Und das wäre wieder ein neues Kapitel.

  95. Wow, Heinrich/Abrahm, ich bin beeindruckt. Dies muss ich mir auf jedenfall durchlesen (gerade keine Zeit dazu). Dann kann ich noch so einiges lernen.

  96. Ach Abraham, du Guter!

    Hätte ich nicht heute Nacht hier noch etwas gestöbert, wäre mir ja wirklich Wesentliches entgangen.

    Du läufst ja in deinem ausführlichen Text zur Hochform auf, und man merkt ihm geradezu dein Vergnügen daran an, hier eine Steilvorlage zu dieser schönen und lehrreichen Darstellung bekommen zu haben. Ich werde sie mir auf die Platte kopieren, und ihn mir genauer vornehmen. Danke dafür!

    Hätte ich sie rechtzeitig gelesen, hätte ich mir den Versuch sparen können, mit dir den zeitlichen Rahmen des Beginns des Judentums abzuklären. Es sollte bloß der Vergewisserung dienen, dass wir in Bezug auf die Geschichte Palästinas nicht aneinander vorbei reden, nicht Spekulation noch Besserwisserei sein.

    Sehr sympathisch beim vorläufigen Durchlesen der humorvolle lachende Gott.

    Bitte, wenn du noch Zeit und Luft hast, auch noch das neue Kapitel! Mendelssohn lebte und wirkte aber im 18. Jhd..

    einen schönen Gruß von
    Heinrich

  97. @ Heinrich

    Lieber Heinrich,

    und ich dachte, nur ins Leere geschrieben zu haben. Werde mir die Zeit für eine Fortsetzung suchen, aber nicht so schnell. Natürlich kann ich mit Mendelssohn anfangen, aber er war erst der Vorbereiter des liberalen Judentums, das mit Israele Jaobson Anfang des 19. Jahrhunderts beginnt.

  98. Ich möchte mich bei Abraham bedanken, besonders für den Text #115. Er ist – für mich – nicht ins Leere geschrieben. Ich verfolge die Diskussion mit heinrich mit großem Interesse. Beitragen kann ich dazu , glaube ich, nichts Besonderes, wiewohl aber lernen. Vielleicht habe ich nach genauerem Studium noch die ein oder andere Frage, wenn es möglich ist.

    P.S.: Eine Frage gleich hier: Was hat es Besonderes mit dem Zeitpunkt der Zerstörung des 2.ten Tempels im Hinblick auf ein geändertes Weltverständnis in der Interpretation durch das Rabinertum auf sich?

  99. @ Uwe Theel

    Zu Ihrer Frage: Die Pharisäer, auf die das rabbinische Judentum zurückgeht, sind praktisch die einzige Richtung, die den Krieg gegen die Römer und die Zerstörung des Tempels überstanden haben. Die Saduzäer, die auf den Tempelkult und die pristerlichen Hierarchien ausgerichtet waren, ging mit dem Untergang des Tempels die Grundlage verloren. Die Zeloten, die als „Militante“ den Aufstand gegen die Römer führen, sind die Verlierer des Krieges. Die Pharisäer gehen einen Kompromis mit den Römern ein (religiöse Eigenständigkeit für die Anerkennung der römischen Herrschaft – und gelten daher den Zeloten als Verräter), was das religiöse Überleben des Judentums sichert. Nachzlesen z.B. im „Der jüdische Krieg“ von Lion Feuchtwanger.

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