Immer noch eine Ehe zweiter Klasse

Die große Koalition kommt in manchem Punkt nicht so recht von der Stelle, in einem verharrt sie aber, wo sie ist: Die Homo-Ehe und alles drumherum gehört nicht gerade zu den Lieblingsprojekten der CDU/CSU. Darum blockiert sie alle Gesetzesvorhaben, die auch nur ungefähr in die Nähe einer Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe geraten könnten. Zu gern, das darf man unterstellen, würde sie die Lebenspartnerschaften wieder abschaffen. Geht aber nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Gesetz längst bestätigt. Also keine Weiterentwicklung dieses Projekts? Alle Pflichten des Modells Hetero-Ehe, aber keines der damit verbundenen Rechte? „Schwule ohne Chance„, hatte die FR getitelt.

Jürgen Jendroska aus Nottuln schreibt dazu:

„Dass die konservativen Parteien nicht gerade zu den Freunden einer gleichstellenden Homo-Politik zählen, ist ja hinlänglich bekannt. Trotzdem muss man sich als Bürger eines demokratischen Staates verwundert die Augen reiben, wenn man zur Kenntnis nehmen muss, das die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft in Deutschland auch im 21. Jahrhundert immer noch als Ehe zweiter Klasse behandelt wird. Schon allein der Begriff „gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft“ ist im Vergleich zum Begriff „Ehe“ diskriminierend: Damit soll „de jure“ eine Gleichstellung mit dem heterosexuellen Ehebegriff vermieden werden.
Etwas eigenartig erscheint die harsche Kritik der FDP, die zwar mit Guido Westerwelle selbst einen bekennenden Homosexuellen in ihren Reihen hat, aber in den Zeiten ihrer Regierungsbeteiligung nie ernsthafte Versuche unternommen hat, eine „Homoehe“ zu etablieren. Dass von der SPD als ständiger „Umfallerpartei“ in der großen Koalition keine sonderlichen Signale mehr ausgehen, kann nicht verwundern, und bei den Grünen sagt auch nur noch Volker Beck etwas zu dieser Problematik. Die einzige Partei, die sich vorbehaltlos zur vollständigen Gleichstellung von hetero- und homosexuellen Ehen bekennt, ist die Linke.“

Stefan Koch aus Bremen widerspricht:

„Ich lese die FR gelegentlich ganz gerne. Aber nun diese Titelgeschichte! Niemals war Ihre politische Richtung so offenkundig wie hier. Ein wirklich erbärmliches Stück Journalismus, und natürlich von einem Redakteur „aus dem Berliner Büro“. Wowi kommt wohl gelegentlich zum Kuscheltalk und V. Beck auf einen Latte.
Doch mal im Ernst: Es ist völlig richtig, dass die CDU alle Vorhaben blockiert, die Homosexuellen gleiche Rechte wie Eheleuten einräumen. Denn die Basis der Gesellschaft ist die Partnerschaft von Mann und Frau. Es ist unzweifelhaft richtig, dass Homosexuelle, Lesben wie Homos, nicht diskriminiert werden dürfen. Das heißt aber nicht, dass sie auch die gleichen Privilegien wie die Ehe erhalten. Das Argument, es sei (im Sinne des Art. 3 GG) ungerecht, „eingetragene Lebenspartnerschaften“ nicht wie eine Ehe zu behandeln, ist schlicht falsch. Denn eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft ist eben nicht das Gleiche wie eine Partnerschaft von Mann und Frau und kann deswegen auch ungleich behandelt werden.“

Für Dieter Borrmann aus Emmerich hat das ganze biblische Dimensionen:

„Die CDU/CSU ist rückständig und zutiefst unchristlich im Sinne der Bergpredigt, insbesondere im Umgang mit Schwulen und Lesben. Es geht ihr allein um Ausgrenzung. Da kommt jede Minderheit gerade recht. Pofalla und Schäuble sind genau jene, die Christus aus dem Tempel gejagt hätte.“

Hans Ingebrand aus Berlin meint, Homo-Paare bräuchten weiterhin einen langen Atem:

„Das Trommelfeuer kirchlicher Hardliner zur ‚eingetragenen Partnerschaft‘ – Benedict XVI.:’die Institution des BösenÄ – zeigt Wirkung, vor allem bei der Union. Sie sieht, so Steffen Hebestreit, in der von Karlsruhe höchstrichterlich abgesegneten Homo-Ehe einen ‚Angriff auf die Institution Ehe‘, also auf die Hetero-Gemeinschaft.
Mir schwant, die Homo-Paare brauchen noch einen langen Atem, bis auch hier zu Lande möglich ist, was seit 2005 in der Schweiz möglich ist: Per Referendum musste dort die Union die Blockade gegen eine Gleichstellung der Lebenspartnerschaft im Steuerrecht aufgeben. Eben, klarer Fall von ‚Institutionalisierung des Guten‘.“

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2 Kommentare zu “Immer noch eine Ehe zweiter Klasse

  1. Argumentationen wie die von Stefan Koch zeichnen sich – ähnlich derer der Unionsparteien – dadurch aus, dass man belastbare Argumente darin vergeblich sucht. „Denn eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft ist eben nicht das Gleiche wie eine Partnerschaft von Mann und Frau“, schreibt Stefan Koch. Nein, ist es nicht. Dann ist gleichermaßen eine Beziehung zwischen Mann und Mann aber auch nicht das Gleiche wie eine zwischen Frau und Frau. Oder nicht?

    Nein, diese Unterscheidung wird aber nicht getroffen. Nur die zwischen hetero- und homosexuellen Paaren. Und damit sind wir bei der Ideologie gelandet. Denn das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 17. Juli 2002 – Az. 1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01) sagt klar und eindeutig, dass „der Adressatenkreis, an den sich das Institut [der eingetragenen Lebenspartnerschaft] richtet, nicht den der Ehe berührt. Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist wegen dieses Unterschieds auch keine Ehe mit falschem Etikett, sondern ein aliud zur Ehe.“

    Weiter heißt es: „Der Ehe wird keine Förderung entzogen, die sie bisher erfahren hat. Aus der Zulässigkeit, die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu privilegieren, lässt sich kein Gebot herleiten, diese gegenüber der Ehe zu
    benachteiligen. Das Fördergebot des Art. 6 Abs. 1 GG kann nicht als
    Benachteiligungsgebot für andere Lebensformen als die Ehe verstanden
    werden.“

    Es geht hier folglich nicht um eine Konkurrenzsituation. Der Personenkreis ist schlichtweg ein anderer. Allen Mitgliedern dieser Gesellschaft sollen dann, wenn sie eine Verantwortungsgemeinschaft eingehen (und damit Staat und Gesellschaft Verantwortung abnehmen!), neben den gleichen Pflichten auch die gleichen Rechte zustehen. Andernfalls würde man einen Teil der Gesellschaft dauerhaft von diesen Privilegien ausschließen, da keine Wahlmöglichkeit besteht. Um mehr geht es nicht.

    Aber vielleicht findet Herr Koch ja noch wirkliche Argumente. Bisher kenne ich nur ideologisch begründete. Daher warte ich gespannt.

  2. Der kleine Unterschied

    Lieber als in’s Portmonnaie schaut der Staat auf’s Kanapee?

    Ausser dem glücklichen Umstand, Kinder zu haben sehe ich keine Notwendigkeit, zwischen Lebenspartnerschaften zu unterscheiden.
    Da braucht’s mehr Unterstützung, finanziell und strukturell, um die lieben Kleinen vernünftig heranwachsen zu lassen und gleichzeitig die Steuern zu verkraften.

    Bleibt ja nur noch die Frage, ob der Staat Ehe und Familie (nur) wegen dem Nachwuchs besonders schützt, oder weil er in der besonderen Beziehung zwischen zwei Menschen eine soziale Grundstruktur, ein menschliches Grundbedürfnis schützen will.

    (.. jetzt hagelts aus Richtung der Singels, und zu recht..)

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