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Leserforum 2 20190916Forum vom 3. Januar 2024

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Menschenrechte werden mit Füßen getreten

Asyl-„Reform“: „Jusos geißeln Asyl-Einigung“ und „Verrat grüner Politik an Geflüchteten“, FR-Politik vom 22. und 23. Dezember

Die Jusos und ihr neuer Vorsitzender Phillipp Türmer geißeln vollkommen zu Recht genauso wie Teile der Grünen-Basis den sogenannten Asylkompromiss auf europäischer Ebene. Und es ist eben nicht so, wie Innenministerin Nancy Faeser es bezeichnet, dass das Geas der Schlüssel dafür ist, Migration insgesamt zu steuern und zu ordnen, humanitäre Standards für Geflüchtete zu schützen und die irreguläre Migration zu begrenzen. Am 10. Dezember 2023 jährte sich zum 75. Mal der Tag, an dem die Vereinten Nationen die Allgemeine Deklaration der Menschenrechte verabschiedeten. Ein Beschluss, der auch die Menschenrechtsstandards im Asylsystem festlegte, die heute verstärkt noch mit Füßen getreten werden. Ich bin daher den Jusos und den innerparteilichen Kritikern bei den Bündnisgrünen sehr dankbar dafür, dass sie ihre Finger in die Wunde der verletzten Menschenrechte legen und laut und deutlich darauf hinweisen, dass das Geas alles andere als ein Fortschritt ist, sondern dass sich die Europäische Union immer mehr von menschenrechtlichen Standards in der Geflüchtetenpolitik entfernt. Das ganze Szenario erinnert an das Jahr 1993, als seitens der Regierung Kohl leider mit Zustimmung der Sozialdemokratie der erste sogenannte Asylkompromiss mit Drittstaatenregelung und anderen restriktiven Maßnahmen die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl beschlossen wurde. Damals verließen viele Sozialdemokraten so auch ich die SPD, was ich allerdings diesmal nicht tun werde. Es ist höchste Zeit, dass die sich den Menschenrechten verpflichteten Genossinnen und Genossen in der SPD laut und deutlich artikulieren und sich für die Ideale der Menschenwürde und der Menschenrechte generell engagieren. Gerade die Sozialdemokratie sollte wissen, wie leidvoll ihre eigenen Erfahrungen mit dem Asylrecht nach dem Ende der Weimarer Republik waren. Das Asylrecht war immer die Perle unserer Verfassung und darf nicht durch Abschottung und den Aufbau der „Festung Europa“ geschmälert werden. Denn das Asylrecht ist keinesfalls ein Nebenkriegsschauplatz, sondern fundamental wichtig für den Verfassungsanspruch und die Verfassungswirklichkeit in Europa.

Manfred Kirsch, Neuwied

Unser Wohlstand wird rapide schwinden

Dieses EU-Ansinnen, Menschen, die um Asyl bitten, an ihren Aussengrenzen in einer solchen Weise einzusperren oder zurück zu schicken, kann ich nur noch als Leibeigenschaft bezeichnen. Die Arroganz und die Verweigerung jeglicher Einfühlung Verantwortlicher masst sich an, sich des Menschen in totaler Weise zu bemächtigen, oder ihn Ausbeutung, Drangsal und Folter durch Abschiebung auszusetzen. Der Grund: Unser Wohlstand soll erhalten bleiben, den wir mit Niemand teilen wollen. Und Keine-r wagt sich, zu sagen, dass in diesen Krisenzeiten Wohlstand rapide schwinden wird, auch materieller, (vom zwischenmenschlichen Wohlstand ganz zu schweigen). Die Ultrarechten könnten Kapital aus der Konfrontation mit dieser Realität schlagen. Dies werden sie zweifellos tun, solange solche anbiedernden, unmenschlichen Beschlüsse gefaßt werden, worauf Pitt von Bebenburg auch in seinem Kommentar hinweist, und solange Aufklärung auf halben Weg stecken bleibt. Es geht nicht mehr nur um persönliche Einsichten oder persönliches Engagement, sondern der permanente Input in Form von fatalen Kompromissbildungen, Doppeldeutigkeiten, gepaart mit doppelter Moral, Mutlosigkeit und Scheinlösungen überfordern Bürgerinnen und Bürger, denn es geht auch um eine affektive Verarbeitung von Realität. Dieses Übel kann nicht überwunden werden, solange es verleugnet wird. Leiden darunter müssen zuallererst die Armen und Bedürftigen. Dies bestätigt diese EU-Haltung in fataler Weise.

Robert Maxeiner, Frankfurt

Demokratische Mehrheiten müssen gesichert werden

In der politischen Diskussion wie auch anderwärts ist ein gespaltenes Bewusstsein vorherrschend. Mit dem Ausblenden der anderen Seiten kann man leicht das Feld behaupten. So titelt die FR am 21.12.23 „Die EU flüchtet aus der Verantwortung“. Die Bundesregierung hat zugestimmt, also auch sie. Wie aber steht es mit der Verantwortung der politischen Parteien zu verhindern, dass wir parlamentarische Mehrheiten der AfD bei den nächsten Wahlen bekommen? Es ist klar, dass die Migration nach Deutschland dieser, für die Demokratie brandgefährlichen, Partei sehr viele Stimmen bringt. Kann eine verantwortungsvolle Politik sehenden Auges und untätig darauf zutreiben? Man stelle sich vor, welche Entscheidungen hinsichtlich Migration und anderer demokratischer Rechte der Republik dann ins Haus stehen. Man kann daran zweifeln, dass die EU- Übereinkünfte hinreichen, um die Situation sichtbar zu entspannen. Aber es ist gewiss, dass zu allererst demokratische Mehrheiten in den Parlamenten gesichert werden müssen.

Dieter Reitz, Mainz

Konventionelle Bauernbündler

Kürzungen bei Agrarsubventionen: „Erneute Kompromisssuche“, FR-Politik vom 20. Dezember

Vorsteher Rukwied und seine Mitstreiter vom deutschen Bauernverband erinnern mich mit ihrer Berliner Hass- und Misthaufenrevolte gegen den geplanten Subventionsabbau unwillkürlich an das militant-faschistoide Milieu in der Fernsehserie „Bauern, Bonzen, Bomben“ aus dem Jahr 1973. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass es sich beim besagten Interessenverband um die Lobby der konventionellen Landwirtschaft und des agrarindustriellen Komplexes handelt. Die bäuerlichen Lobby-Strategen gehören zu den Verfechtern der neoliberalen Ideologie des freien Marktes mit sattsam bekannten Parolen wie „Privat vor Staat“ und „Der freie Markt regelt alles viel besser“, sind stets gegen jede Auflage zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen vor Überdüngung und Pestizidverseuchung polternd zu Felde gezogen und haben dafür obendrein auch noch zusätzliche Stütze von der verachteten öffentlichen Hand kassiert. Angesichts der Klimakatastrophe ist dieser umweltschädliche Subventions-Anachronismus nicht mehr bedingungslos zu hinzunehmen. Dass es auch naturschonend und vor allem ungleich gesünder geht, beweist schon seit langem der ökologische Landbau, dessen Kundschaft kontinuierlich wächst. Diese aufstrebende Konkurrenz sollten die konventionellen Bauernbündler bei ihren Muskelspielen nicht aus dem Auge verlieren. Auch wahltaktische Rücksichnahmen der Regierungsparteien sind fehl am Platz. Das deutsche Bauernverbandsklientel wählt sowie traditionell CDU/CSU und inzwischen mutmaßlich auch die AfD.

Joachim Bohndorf, Bensheim

Die Bauern geben ein jämmerliches Bild ab

Zwei bedenkliche Aspekte haben die Proteste der Bauern. Ich bin gespannt, wie Polizei und Justiz mit der Blockade von Straßen umgehen, die alleine aus Profitinteressen der Demonstranten entstehen. Sind diese weniger kriminell als die von Bürgern, die uneigennützig die Einhaltung von Gesetzen fordern, damit unsere Lebensgrundlagen erhalten bleiben?
Wenn für Bauern das Wohl und Wehe alleine auf Subventionen basiert, die klimaschädliche Anreize setzen, dann sollten die Bauern ihr Geschäftsmodell mal grundsätzlich hinterfragen. Denn der Preis, die Klimakatastrophe zu ertragen, damit Bauern ihren Profit maximieren können, ist für die Gesellschaft zu hoch. Bauern kassieren eh so viele Subventionen aus diversen Töpfen. Direkt das Opfer zu spielen, die Politik zu erpressen und mit Protesten zu drohen, die das Land noch nie gesehen habe, wenn eine der vielen Subvention wegfällt, gibt ein ganz und gar jämmerliches Bilder der Bauern ab.

Stefan Bluemer, Essen

Keine Ermittlungen wegen der Blockaden

Davon, dass die Bauern die Subventionskürzungen nicht klaglos hinnehmen werden, war auszugehen. Des Weiteren kann man wohl auch davon ausgehen, dass die Proteste noch zunehmen und lauter werden. Nicht ausgehen kann man aber davon, dass auch nur ein erboster Autofahrer einen Bauern von der Straße ziehen wird oder gar die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die Blockierer einleitet.

Lorenz Breitinger, Rimpar

Einer unter vielen

Messiasse und Messiassinnen: „Oh Gott!“, FR-Feuilleton vom 23. Dezember

Danke für diesen erhellenden Weihnachtsspaziergang durch die Welt der Erlöser. Allein zu lesen, dass es von „Messias“ einen Plural, nämlich „Messiasse“ gibt, ist schon ein Gewinn. Gewöhnlich lebt der Messias ja von seiner Einmaligkeit. Was bedeutet ein Messias unter vielen? Eine andere Ernüchterung mag sein, dass Jesus, wie es heißt, vor dem Hintergrund der klassischen Helden und Größen als Messias „etwas blass erscheint“. Das tut jedoch seiner Bedeutung keinen Abbruch, sondern im Gegenteil, führt ihn auf ein menschliches Maß zurück.
In der verwirrenden Menge der genannten und ungenannten, erhabenen, gewalttätigen und obskuren Erlöser fragt sich mancher natürlich: Wozu brauchen die Menschen überhaupt einen Erlöser? Warum versuchen sie nicht, die Erlösung bei sich selbst zu suchen, indem sie einfach sie selber sind? Hierauf findet man im Bericht leider keine Antwort. So wäre den Lesern zu wünschen, sie versuchten, dieser Frage einmal allein auf den Grund zu gehen. Damit könnten sie sich vielleicht ein überraschendes nachträgliches Weihnachtsgeschenk bereiten.

Werner Schieferstein, Frankfurt

Hirnloses Feuerwerk

Zu: „Silvester ruhiger als im Vorjahr“, FR-Panorama vom 2. Januar

Unmittelbar bei Kriegsende, Hanau lag schon in Schutt und Asche, meinte ein unentwegter deutscher Kommandant, mit einem Eisenbahngeschütz vom Hanauer Hafengleis aus die Aufklärungsflüge der Feinde beschießen zu müssen, um den Endsieg sicherzustellen. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
Wir wohnten in Steinheim gegenüber dem Hanauer Hafen, mit freiem Blick über den Main. Als Dreijähriger beobachtete ich mit meinen Geschwistern vom Treppenfenster aus die Bombeneinschläge in den Main. Helle Blitze, hohe Fontänen und krachender Donner boten uns Kindern ein grausiges Schauspiel, dessen Bilder und Geräusche mir auch nach fast 80 Jahren noch zwischen den Ohren herumgeistern. Das hat mir an Böllern und Feuerwerk fürs Leben gereicht.
Wer Raketenbatterien und Böller einschließlich der irrwitzigen Feinstaubproduktion unbedingt haben muss, dem empfehle ich eine Silvester-Exkursion in den Gazastreifen oder ins russisch-ukrainische Grenzgebiet.
Mit den Millionen, die in Deutschland für das hirnlose Feuerwerk ausgegeben werden, könnte man vielen Kriegsflüchtlingen etwa Gutes tun.

Werner Fröhlich, Altenstadt

Leserforum 2 20190916Forum vom 5. Januar 2024

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Klimapolitik à la AfD mit Stimmen von FDP und CDU

Keine Linie in der Klimapolitik: „Wirrwarr ohne Perspektive“, FR-Klima vom 30. Dezember

Die FDP hat im Thüringer Landtag ein Anti-Windkraftgesetz eingebracht und inzwischen auch beschließen lassen. Dort ist sie nicht einmal eine Fraktion, sondern nur eine „Gruppe“ von vier Abgeordneten. Also verhandelte sie mit der AfD und der CDU. Die AfD in Thüringen gilt als „gesichert rechtsextrem“ und Höcke darf nach einem Gerichtsurteil seit 2019 als Faschist bezeichnet werden („Äußerungen wie die Behauptung „Höcke ist ein Faschist“ stellen im politischen Meinungskampf keine Beleidigungen gem. § 185 StGB dar“).
Und mit Hilfe dieser AfD hat die sich selbst als Rechtsstaatspartei definierte FDP einen Antrag im Landtag durchgebracht! Gleichzeitig veröffentlicht die Bundes-FDP Beiträge wie diese im Netz: „In Deutschland ist kein Platz für Antisemitismus“ und „Kampf gegen Antisemitismus. Rechtliche Möglichkeiten konsequent nutzen“ und „Demokratie fördern – Extremismus bekämpfen: Dafür stehen wir Freie Demokraten“. Und die „Alternative für Deutschland mit Substanz“, sprich CDU, ist mit im Bunde!! Auch die CDU scheint nichts gelernt zu haben. Ihr Verhalten erinnert doch sehr stark an die Äußerung von Bürgermeister Degenhard Wilderich Graf von Spee-Mirbach, die er während einer Etatberatung seiner Gemeinde Korschenbroich zum Besten gab, wonach „für den Ausgleich des Haushaltes einige reiche Juden erschlagen werden“ müssten. Hat die CDU damals Konsequenzen gezogen? Ach, der Bürgermeister hatte sich ja entschuldigt – Sache erledigt! Und diese Parteien wollen die Demokratie verteidigen?

Peter Friedl, Darmstadt

Der Speckgürtel verhält sich arrogant

Wenn Windräder so viele Vorteile für die Finanzen der Gemeinden brächten, in denen sie stehen, müssten eigentlich auf dem Großen Feldberg oder dem Altkönig besonders viele Windräder stehen. Nach meinen Informationen ist das jedoch nicht der Fall. Vielmehr besteht ein umgekehrtes Verhältnis zwischen der Wirtschaftskraft von Gegenden und dem dortigen Vorhandensein von Windrädern.
Manche Befürworter des Windkraftausbaus verfallen daher immer öfter in den neofeudalistischen und neokolonialistischen Ton der Arroganz akademisch verbildeter Schnösel:innen aus großstädtischem Umfeld. Solche Leute stellen sich Solidarität zwischen Speckgürtel und Umland wohl wie folgt vor:
Das Umland liefert dem Speckgürtel so viel Wasser, wie er haben will; das Umland nimmt alles auf, was der Speckgürtel nicht haben will (z.B. Windkraftanlagen, deren Strom wiederum für Profite und Steuereinnahmen im Speckgürtel sorgt); Belange des Umlands ignoriert der Speckgürtel, oder er behandelt sie nach Gutsherrenart. Dieses Verhalten kann wohl jeder jetzt schon beim kommunalen Finanzausgleich beobachten.
Für wohlhabende Bewohner des Speckgürtels, denen das Wohnen dort zu teuer wird, betreiben die Kommunen des Umlands, ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse ihrer einheimischen Bevölkerung, Gentrifizierung lokaler Art.

Horst Acker, Bad Orb

Atomkraft ist keine Option

Erst kürzlich hörte ich wieder in einem Lokal, wie die Kernkraft gepriesen und unsere Regierung, die diesen Irrweg nicht weiter gehen will, für völlig bekloppt erklärt wurde. Frankreich mache es doch vor, wie es funktioniere, und wir müssten teuren Atomstrom aus Frankreich kaufen, und deshalb seien die Energiekosten hier so hoch. Und sowieso sei Atomkraft das Beste für die Umwelt, da habe Greta tatsächlich mal recht.
Faktenresistenter geht es kaum. Frankreich hat viele Kernkraftwerke, aber im letzten Jahr war zeitweise die Hälfte von ihnen abgeschaltet, wegen erheblicher Schäden oder auch mangelnden Kühlwassers (heißer Sommer, sicher nicht der letzte). So wurde Frankreich zum größten Stromimporteur Europas, nicht etwa Exporteur, was zur Erhöhung der Energiepreise auch bei uns beigetragen hat.
Und die Umwelt? Während Fukushima mittlerweile nach Anpassung der Grenzwerte seine Radionuklide ins Meer kippt, strahlt in Teilen Süddeutschlands weiter der Pilz oder das Wildbret.
Ich war in einem Ganzkörperzähler, dessen Metallwände aus ausgebuddelten Schienen der alten Reichsbahn und gesunkenen Schiffen hergestellt worden waren. Da strahlten Menschen, die vor dem Unfall in Sellafield geboren und somit im (Knochen-) Wachstum waren, erheblich stärker als die, die ein paar Jahre später auf die Welt kamen. Die Kinder und Jugendlichen in der Gegend von Sellafield – sie strahlt so wie die 30-Kilometer-Sperrzone um Tschernobyl – haben eine zehnfach höhere Krebsrate als die anderen im Land.
Das Material für den Zähler wurde so gewählt, weil oberirdisches Material nach etlichen oberirdischen Kernwaffentests und mehr oder weniger schlagzeilenträchtigen Unfällen in Kernkraftwerken die Messergebnisse verfälscht hätte, wegen der „natürlichen“ Strahlung, von der überall die Rede ist. Interessant wären mal Messungen vor 1945, aber da habe ich nichts gefunden.
Dann wäre da noch der Müll. Die 400 000 Kubikmeter radioaktiven Atommülls in Tschernobyl sind ja jetzt im Sarkophag, dem größten mobilen Bauwerk der Welt, der immerhin 100 Jahre halten soll und Milliarden gekostet hat. Bei einer Halbwertzeit von über 24 000 Jahren für Plutonium bislang eine sehr bescheidene Summe. Auch die absaufende Asse wird ein Milliardengrab, hoffentlich rechtzeitig, sonst wird ein ganzer Landstrich unbewohnbar. Der Atomlobby ist das egal, sie hat mit ihrem „billigen Atomstrom“ Milliardengewinne eingestrichen und sich aus dem radioaktiven Staub gemacht. Auch der Rückbau immer mehr stillgelegter Atomkraftwerke ist nicht so ihr Ding. All das sind ja langfristige Kosten.
Schön, dass jetzt die Mini-AKW aus aktuellen ökonomischen Gründen nicht gebaut werden! Auf eine strahlende Zukunft!

Rainer Stockmann, Dreieich

Wichtiger als populistische Phrasen

CDU: „Fürs soziale Pflichtjahr, gegen das Gendern“, FR-Politik vom 12. Dezember

Liebe CDU, war das wirklich eine gute Idee, den Entwurf für das neue CDU-Grundsatzprogramm von einem Chatbot erstellen zu lassen? Die lieblos zusammengebastelten Textbausteine klingen so, als ob diese K.I.
vorwiegend mit Reden von Friedrich Merz und AfD-Beiträgen gefüttert worden sei. Dass ein Chatbot weder über Empathie noch ein Gewissen verfügt, merkt man diesem Programm-Entwurf deutlich an. Hätten sich wirkliche Menschen mit der Thematik beschäftigt, wäre doch ein Satz wie „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland“ niemals veröffentlicht worden, oder? Dieser Satz wirft viele Fragen auf und hört sich an wie eine Mischung aus CDU- und AfD-Inhalten. Gehören Musliminnen, die „unsere“ Werte teilen, auch zu Deutschland (fast hätte ich vergessen, das die CDU das Gendern ablehnt, weil es vermutlich nicht zu „unseren“ Werten gehört)? Gehören fundamentalistische Christinnen, die „unsere“ Werte ablehnen, trotzdem zu Deutschland? Gehören AfD-Wählerinnen zu Deutschland? Was sind überhaupt „unsere“ Werte und wer entscheidet darüber, wer zu Deutschland gehört? Geht es wirklich um Werte wie Menschenrechte, Flüchtlingskonvention, Rechtsstaatlichkeit und Verfassung oder eher um die völkische Leitkultur des Friedrich Merz?
Gehört Friedrich Merz eigentlich zu Deutschland, obwohl er es mit den Menschenrechten nicht immer so genau nimmt?
Die Menschen am „rechten Rand“, deren Werte eher mit einer völkischen Leitkultur kompatibel sind, werden allerdings weiterhin das Original wählen. Wichtiger als ein Grundsatzprogramm mit populistischen Phrasen, wäre der Einsatz für Demokratie und die universellen Menschenrechte. Wie Christine Dankbar geschrieben hat, geht dieser Entwurf zurück in die 90er Jahre. Ich verstehe diesen Entwurf auch als eine Warnung vor einer zukünftigen Regierung unter Friedrich Merz.

Hermann Roth, Frankfurt

Ist die Union wirklich noch wählbar?

Ich habe Ihren Bericht über das CDU-Grundsatzprogramm aufmerksam gelesen. Die Themen Gendern, Soziales Pflchtjahr, Atomkraftwerke wurden von ihrer Redakteurin entsprechend „gewürdigt“. Was mich veranlasst, diesen Brief zu schreiben, ist die Aussage: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“
Hatten wir Ausgrenzung nicht schon mal in Deutschland? Ich erinnere an die Rassengesetze von 1935. Ich hatte jüdische Vorfahren, mein Vater und meine Großeltern wurden von den Nazis ermordet. Sollen nun alle Muslime, auch die hier in Deutschland geborenen, ihrem Glauben abschwören? Sonst gehören sie nicht zu uns.
Alle CDU-Sympathisanten sollten sich nun fragen, ob diese Union mit Merz und Linnemann noch wählbar ist.

Karl-Heinz Levi. Frankfurt

Der zentrale Punkt des Grundsatzprogramms

Zusammengefasst heißt’s im neuen Grundsatzprogramm der CDU: Wir wollen in Zukunft mehr gestern wagen.

Fritz Brehm, Frankfurt

Privilegien für Reiche

Steuerprivilegien: „Ministerium prüft Folgen für Hofmann“, FR vom 23. Dezember

Was wir ständig von interessierter Seite erfahren: Deutschland ist ein Hochsteuerland, zehn Prozent der Steuerpflichtigen zahlen rund 50 Prozent der Lohn- und Einkommensteuer. Der Durchschnittsverdiener hat eine Abgabenlast von etwa 48 Prozent. Was weniger bekannt ist, dass 2021 rund 22 Millionen Erwachsene weniger als 19 500 Euro im Jahr verdienten und deshalb gar keine Lohn- und Einkommensteuer zahlten.
Nicht bekannt ist, dass für sehr hohe Vermögen und Einkommen Deutschland ein Niedrigsteuerland ist, ähnlich wie Frankreich. Für diese wurden laut dem Netzwerk Steuergerechtigkeit in den vergangenen 30 Jahren zahlreiche Privilegien geschaffen.
In Deutschland gibt es nach Forbes knapp 130 Milliardäre mit einem Vermögen von 550 Milliarden US-Dollar, „allerdings fehlen in den zugrunde gelegten Listen eine ganze Reihe von Milliardären und das Vermögen ist weit unterschätzt“ (Netzwerk Steuergerechtigkeit). Seit 1997 werden Vermögen – abgesehen von Grund und Boden – weder steuerlich erfasst, noch besteuert.
Die vom Steuerzahler bezahlte Referatsleiterin Gerda Hofmann des Finanzministeriums, federführend für Erbschaft-, Grund- und Vermögensteuer gab „Steueroptimierern“ Informationen zum geplanten Wegfall der Steuerbegünstigung bei der Grunderwerbsteuer und beruhigte sie: „Wir haben ja Werkzeugkästen, jedenfalls habe ich eine ganze Menge. Da bin ich mir 100-prozentig sicher, dass sie insofern ruhig schlafen können.“, soweit die Lobbyistin, die bisher noch nicht suspendiert wurde.
Dies schafft Politikverdrossenheit, die den Parteien hilft, noch weniger gegen die zunehmende Spaltung unserer Gesellschaft vorgehen, wie die jetzige Ampelregierung mit dem Bremser FDP.

Wolfgang Jeensch, Büdingen

Logische Konsequenz

Organspende: „Zu viele Menschen sterben“, FR-Politik vom 15. Dezember

Wieder ein Vorstoß zur Widerspruchslösung, wie schon einmal. Wenn ich auf ein Organ warte, warte ich darauf, dass jemand mit einem passenden Organ stirbt. Doch es gibt kein Recht auf ein Organ. Deshalb kann es nur freiwillig sein, Organe zu spenden. Da ich in anderen Ländern automatisch zur Organspenderin werde wenn mir dort etwas passieren würde, trage ich schon lange einen Organspendeausweis bei mir mit einem „nein“ zur Organspende. Ich möchte auch kein Organ erhalten. Das ist die logische Konsequenz daraus.

Ulrike Böhm, Frankfurt

Leserforum 2 20190916Forum vom 6. Januar 2024

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Eine friedliche Lösung ist praktisch ausgeschlossen

Krieg in Nahost: „Traurige Weihnacht“, „Terror wird gezüchtet“ und „Die Domino-Theorie des Terrors“, FR-Politik vom 23.12., FR-Titel und -Tagesthema vom 4.1.

Die FR-Kommentatorin meint heute in ihrem Kommentar:„Daher fordern militärische Vordenker:innen in Israel seit langem, dass nur eine politische Lösung langfristig Israels Sicherheit garantieren kann.“
Im aktuell gültigen Programm der Hamas wird allerdings eine friedliche Lösung definitiv ausgeschlossen: „Friedensinitiativen und so genannte Friedensideen oder internationale Konferenzen widersprechen dem Grundsatz der Islamischen Widerstandsbewegung. Die Konferenzen sind nichts anderes als ein Mittel, um Ungläubige als Schlichter in den islamischen Ländern zu bestimmen … Für das Palästina-Problem gibt es keine andere Lösung als den Jihad. Friedensinitiativen sind reine Zeitverschwendung, eine sinnlose Bemühung.“ (Artikel 13) Wer das nicht wahrhaben will, verkennt das Programm einer islamistischen Bewegung wie der Hamas. Mit ihr ist allenfalls eine Rückkehr zum Kalten Krieg möglich.
Erschwerend ist in der aktuellen Situation allerdings, dass auch in Israel rechtsradikale Kräfte an der Macht beteiligt sind, die jeden Kompromiss mit den Palästinensern ablehnen.

Christian Schauer, Alzenau

Das Recht, einen gerechten Krieg zu führen

Es gelten nach Cicero mehrere Voraussetzungen für einen gerechten Krieg, eine davon lautet: Wenn das Maß im Rächen und Bestrafen eingehalten wird (jus in bello). Dazu gehört die Unterscheidung von „Schuldigen“ und unschuldiger Menge (später: Zivilisten). Mittlerweile sind in Gaza tausendfach mehr unschuldige Zivilisten als Hamas-Kämpfer umgekommen.
Nach Augustinus muss der Krieg in gerechter Gesinnung, nicht aus Rache oder Lust zur Grausamkeit geführt werden. In Anbetracht der erbarmungslosen Bombardierung der zur Flucht gezwungenen Bevölkerung Gazas wäre es völlige Blindheit, im Kriegsantrieb etwas anderes als Rache zu sehen. Hamas ist eine verabscheuungswürdige, islamistische Ideologie, die durch die Dummheit der Regierung Netanjahus an Zustimmung und Stärke gewinnt
Und nach Ludwig Siep (Uni Münster) beruht das Recht, einen „gerechten Krieg“ zu führen, auf drei Säulen, eine davon lautet: Durch das „Recht im Krieg“ müssen der Schutz Unbeteiligter und die Verhältnismäßigkeit der Gewaltmittel definiert werden. Über 20 000 unbeteiligte Zivilisten wurden bereits durch israelische Soldaten ermordet. Mit dem Gaza-Krieg erfüllt Israel alle Voraussetzungen für einen ungerechten Krieg.

Elias Jammal, Berlin

Israel verfolgt eine Politik der Demütigung

Jetzt, wo die Bombenangriffe in Gaza wieder aufgenommen wurden, wo wieder Hunderte und bald Tausende von Zivilpersonen sterben müssen, muss man leider an Selbstverständlichkeiten erinnern: Menschenrechte sind unteilbar; und die Menschenleben von Palästinenser*innen sind nicht weniger wert als die von Israelis. Es ist eine Illusion zu glauben, mit massiven Bombardements könne man die Hamas „vernichten“. So verbrecherisch und grausam ihre Kämpfer heute auftreten – die israelische Regierungspolitik der letzten 25 Jahre ist es, die die Hamas groß und mächtig gemacht hat. Die seit dem Ende der 90er Jahre immer weiter nach rechtsaußen driftende Regierung Israels hat eine Einigung mit gemäßigten Palästinensern konsequent hintertrieben und in den besetzten Gebieten eine Politik der Vertreibung, Entrechtung und Demütigung verfolgt. Gaza wurde zur gleichen Zeit immer mehr abgeriegelt und seine Wirtschaft und Infrastruktur zunehmend blockiert und zerstört, auch schon vor dem jetzigen Krieg. Das hat einen enormen Hass auf Israel erzeugt und der radikal-islamischen Hamas geholfen, in den Augen der meisten Palästinenser zur einzig glaubwürdigen Interessenvertretung zu werden. Eine „Vernichtung“ der Hamas wird darum nicht funktionieren, selbst wenn man die derzeitige Bevölkerung Gazas ausrottet oder ganz vertreibt (was einige israelische Minister ja schon vorgeschlagen haben). Um es kurz zu machen: Was jetzt gebraucht würde, ist ein schneller Waffenstillstand und das Hinarbeiten auf eine faire Friedenslösung, die es den Palästinensern ermöglicht, in einem lebensfähigen (und auf die Dauer wohlhabenden) eigenen Staat zu leben.
Dazu wird auch Druck der Weltgemeinschaft, vor allem der USA und der europäischen Staaten, auf Israel nötig sein – so wie Druck der Araber auf die Hamas. Eine blinde Solidarität mit der israelischen Regierung, wie sie viele deutsche Politiker gerade vertreten, ist daher überhaupt nicht hilfreich, sondern schadet letztlich auch den langfristigen Interessen Israels.

Thomas Ormond, Frankfurt

Die Hamas wird ein politischer Akteur bleiben

Im Artikel geht es um die in Bethlehem abgesagten Weihnachtsfeiern, ob des ungeheuren Leides der Menschen im Gaza. Eine weitere Feuerpause ist nicht vereinbart worden; Friedensverhandlungen scheinen kaum vorstellbar. Aber beides brauchen die Menschen in diesem Landstrich! – Es geht im Kern um „Hamas“. In England nennt sie die „BBC“ ‚Militante‘ und in unseren Massenmedien sind sie durchweg „Terroristen“. Hier ein paar – hoffentlich nachvollziehbare – kleine Hinweise: Es stellt sich die Frage, ob Israel die islamistische Hamas zerstören kann. Um besser zu verstehen, was hier verhandelt wird, muss man sich die „Hamas“ mit ihren zahlreichen Sozialeinrichtungen im Gaza-Streifen in Friedenszeiten – platt gesagt – als eine Art Caritas/Diakonie mit bewaffneter Miliz – wie immer man das bewerten mag – vorstellen. Sie vertritt etwa 40% der palästinensischen Bevölkerung in der von Israel besetzten Westbank und im abgeriegelten Gaza-Streifen. Als palästinensischer Teil der weltweiten Muslim-Bruderschaft ist sie gewichtiger Akteur innerhalb der palästinensischen Gesellschaft und wird vermutlich politisch nicht liquidierbar sein, militärisch aber schon. Über den Tag hinausblickende internationale Diplomaten halten es deshalb für sinnvoll, die politische Organisation „Hamas“ in eine vermutlich entmilitarisierte Nachkriegsordnung der Palästinenser (mit allen ihren Differenzierungen) in weitestgehender Selbstverwaltung einzubinden. Ich hoffe, dass die internationale Diplomatie vernünftigend auf die weit rechts stehende israelische Regierung in dieser Richtung einwirken kann. – Ich wünsche es den Kindern Gazas, die zu 50% die Bevölkerung dort ausmachen – und ums Überleben ringen!“

Thomas Ewald, Nidderau

Sauer auf die Demokratie

Der Maut-Flop hat keine Folgen für Ex-Verkehrsminister Scheuer (CSU)

Ein Gutachten spricht den CSU-Scheuer von seiner Schulden-Schuld frei, nicht ein hohes Gericht! FDP-Minister Volker Wissing schließt sich dem an, mit wohlwollendem Kommentar. Er hat die Gutachter beauftragt. Wer bestellt, bezahlt. Doch ein Gutachten ist genau so viel wert, wie viel es dem Auftraggeber an Geld wert ist. Also: Diese Abhängigkeit kann selbst bei Gutachten öffentlich vereidigter Sachverständiger sein. So ist meine langjährige Berufserfahrung. Selbst der Bundesrechnungshof wurde übergangen.
Ein ordentliches Gerichtsverfahren soll’s nicht werden, denn das kann so sein: Gutachten, Gegengutachten, und wenn die Richter unsicher sind, gibt’s im Gerichtsauftrag ein Obergutachten, mit Einspruchsmöglichkeit gegen den Entscheid. Aber all diese Rechtsklärungen will Herr FDP-Wissing nicht. Er will keine Rechtsklärung durch unabhängige Gerichte mit dem Argument (Ausrede?), Steuergelder zu sparen.
Wem hilft das? Im Ernstfall Herrn CSU-Scheuer. In wohl jedem Prozess gibt es selbstredend ein Risiko. Aber hier geht es um sehr viel Steuergeld. Das will FDP-Wissing dem CSU-Scheuer wohl ersparen und nicht uns zukommen lassen.
Somit offenbart sich die Tendenz der FDP zu ihrem Wunschpartner CDU und CSU – so hat es der FDP-Vorsitzende und Minister Christian Lindner selbst gesagt, und so macht man uns Steuerzahler und Wähler auf die Demokratie sauer und die AfD stark. Denn wer findet es gut und richtig, dass, wer auch immer den Schaden angerichtet hat, nicht dafür aufkommen und den Schaden beheben muss?
Dem FDP-Wissing gilt wohl die Politik: Keine Krähe kratzt dem anderen schwarzen Vogel ein Auge aus – man darf nicht den Wunschpartner vergrätzen, besonders wenn der doch schon bald Neuwahlen will.

Hans-Karl Ortmann, Hofheim

Flachgepresst unter Bergen von Vorschriften

Afghanische Geflüchtete in Pakistan: „Eine unverlässliche Zusage“, FR-Tagesthema vom 27. Dezember

Es ist erschütternd, das lesen zu müssen. Diese Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Afghanen:innen wird sichtbar jetzt! Sie haben als Helfer der Deutschen „am Hindukusch unsere Demokratie verteidigt“, einen Anspruch auf Aufnahme und/oder einen Rechtsanspruch auf Asyl in der BRD erworben! Doch die Empathiekurve liegt jetzt flachgepresst unter einem Haufen von Bürokratiearroganz, Vorschriftenbergen und penetrantem Zuständigkeitsgetrappel! Nix mit Asylanträgen aus Pakistan oder Afghanistan in deutschen Botschaften! Ebenso ist es fast unmöglich, über Visa-Erteilungen auszureisen und europäisches Festland zu erreichen. Nur dort – so eine der Vorschriften – können Asylanträge entgegen genommen werden, falls die „illegale Ausreise“ nicht irgendwo tödlich oder in einem unmenschlichen Auffanglager enden muss!
Es gibt andererseits im Zuge der unsäglichen Migrationsdebatte Gesetzentwürfe, dass Asylanträge vor (!) Europas Außengrenzen in haftähnlichen Auffanglagern oder gar in Ruanda selbst zu stellen sind. Die aussortierten Migranten können nämlich von dort praktischer und verzögerungsfreier abgeschoben – euphemistischer: rückgeführt – werden! Ohne so unsere Empathiekundgebungen trüben zu können. Also doch! Können wir daraus für die Afghanistan-Pakistan-Problematik etwas lernen?
Das passt nicht zusammen! Das ist widersprüchlich und darüber hinaus paradox! Ich zitiere nach Martin Hartmann, in : Tobias Vogel: „Wirtschaftswachstum, zu: Kritische Theorie“: „Zwei sich widersprechende Größen verhalten sich (…) in dem Augenblick paradox zueinander, in dem gezeigt werden kann, dass das widersprechende Zueinander durch ein und denselben Prozess zustande gekommen ist. “ Und: Die Vernebelungen oder Verleugnung dieses Zusammenhanges ist pure Ideologie. Dieser Widerspruch ist realiter unauflösbar, es sei denn, es gäbe zum völkerrechtlich festgezurrtem Asylrecht für jeden Menschen diese Alternative: Die heißt „Nansylrecht“, propagiert von unserer derzeitigen Ampelministerin Nancy Faeser. Es käme nur darauf an, wie verschieden man die verschiedenen Welt erklärt, um Hegel boshaft einzukürzen. Sorry!
Das kann man doch nicht so lassen! Wo ist der Aufschrei der Massen?

Heinz-A. Hetschold, Witten

Dieterichs Beiträge gingen weit über Gängiges hinaus

Zum Abschied unseres Afrika-Korrespondenten Johannes Dieterich, FR vom 2. Januar

Es ist bedauerlich, aber wohl an der Zeit, sich vom Afrika-Korrespondenten Johannes Dieterich zu verabschieden. So bleibt, ihm für seine jahrzehntelange Berichterstattung zu danken. Seine Beiträge gingen weit über die gängigen Nachrichten hinaus, hoben das Wesentliche hervor, waren kenntnisreich, klar, aktuell, sachlich und einfühlsam, so dass es ihm gelang, seine Leser davon zu überzeugen: „Afrika ist kein Zoo“. Möge er, trotz überwiegender Skepsis, noch viele interessante Jahre am „Kap der guten Hoffnung“ verleben.

Katrein Brandes, Hamburg

Spannend, wortgewaltig und feinfühlend

Ach, lieber Johannes Dieterich, zwei Seiten im FR-Magazin zu Afrika am ersten Tag des neuen Jahres. Was für eine Fülle, und wie differenziert Ihr Überblick! Dank von Kopf und Herzen für Ihre jahrzehntelange Aufklärung und Bildungsarbeit in Worten und Bildern: für Reportagen, Kolumnen, Porträts, Analysen aus 49 Ländern Afrikas zu einer Vielfalt von Themen. Eigentlich ein vermessenes Unterfangen. Wie oft haben Sie erklärt, dass alles aus/an/von Afrika nur im Plural zu verstehen ist. Und was für ein Kontrast zu anderen arroganten, alles- und besserwissenden Afrika- (Entwicklungs-) Experten, zu zynischen „Fake news“ und zu rechthaberischer Heuchelei.Sie schreiben spannend, wortgewaltig, feinfühlend, mit Achtung der (universellen) Menschenrechte und gleichzeitig kritisch bescheiden, voller Respekt für Ihre KollegInnen und Kollegen und die vielen ermächtigten ExpertInnen aus der Zivilgesellschaft, von und mit denen Sie lernen und zu verstehen suchen. Ich möchte nur zwei Beispiele herausgreifen: eine Kolumne vom 10. Januar 2022: „Ein Loblied auf Informierende – in Südafrika haben Journalistinnen und Journalisten … das Land vor dem Absturz gerettet“ – und eine, genau vor einem Jahr (9. Januar 2023): „Liebeserklärung an die ‚Fixer‘ – Ohne die Hilfe gescheiter Ortskräfte wäre ein Korrespondent in Afrika aufgeschmissen“. Beide geschrieben in einer wertschätzenden, selten kostbaren Haltung, einer demokratischen Demut.Danke für die Doppelseite. Sie ist einmal mehr ein journalistisches Meisterstück, ein wertvolles Abschiedsgeschenk. Sie schreiben: „Afrika, ich werde Dich vermissen.“ And we will miss you and your amazing journalism! Mit einem Regenbogen voller guter Wünsche für Sie und Ihre Lieben – eine tief dankbare Leserin.

Christa-Berta Kimmich, Hamburg

Mahnende Stimmen

Zu: „Die extreme Rechte“, FR-Tagesthema vom 3. Januar

Diese Analyse sollte von allen Politikern gelesen werden, wobei ich aber leider bezweifeln muss, dass die meisten verstehen werden, wo die Probleme sind, wofür die wiedergegebenen Aussagen Beleg sind. Frau Pau fordert, m.E. zu recht, offensiver und politisch gegen die AfD vorzugehen. Nur, warum „nicht auf die AfD schauen, sondern mehr auf die Menschen“? Bedeutet doch wohl, dass die Volksvertreter zu wenig auf die Menschen geschaut haben, oder? Kann ich auf die AfD schauen und auf die Menschen?
„Man müsse die Alltagssorgen der Menschen ernster nehmen“ – das heißt doch wohl, wurde nicht oder nicht ausreichend gemacht. Armselig. Thüringens Innenminister (SPD) sagt: „Wir schlafwandeln in ein Desaster“. Wir? Nein. Es gab und gibt viele Mahner. Das waren und sind keine Schlafwandler. Das „wir“ deutet schon auf „Verantwortungsdiffusion“ hin, die eine der Schwächen der (deutschen) Demokratie ist und die AfD stark macht.
Wie wäre es, wenn die SPD sich mal auf ihren Vorsitzenden Willy Brandt besinnt und einfach (so einfach ist es natürlich nicht) mal wieder mehr Demokratie wagt (Rede von Willy Brandt am 28. Oktober 1969!)?

Rüdiger Erdmann, Pattensen

Die Lobby findet immer Wege

Luftverkehrssteuer: „Fliegen wird teurer“, FR-Wirtschaft vom 21.12.

Die Lobby bestimmt die Politik, ganz besonders die mit Milliarden subventionierte Flugwirtschaft. Kleinmütig wurde der überfällige Beschluss zurückgenommen, Kerosin endlich zu besteuern. Was jetzt an Erhöhung der Luftverkehrssteuer geplant ist, ist nicht mehr als die Rücknahme einer Deckelung. Denn für 2024 sollte die Steuer wegen eines zu hohen Aufkommens klammheimlich gesenkt werden. Nur diese Absenkung steht zur Disposition. Die Abgabe ist ohnehin so niedrig, dass sie keinerlei Lenkungswirkung hat. Völlig widersinnig ist, ausgerechnet den umweltschädlichsten aller Verkehrsträger zu verschonen und gleichzeitig die Bauern zu belasten, die anstatt Nahrungspflanzen Energiepflanzen anbauen sollen. Damit das nicht auf die Kosten für Bio-Kerosin durchschlägt, wird die Lobby auch hier Wege finden.

Hartmut Willibald Rencker, Mainz

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4 Kommentare zu “Forum vom 3. bis 6. Januar 2024

  1. Was ist der Unterschied zwischen Landwirten und den Klimaaktivisten der „Letzten Generation“? Die Klimaaktivisten blockieren Verkehrswege, um auf die dringende Rettung unseres Planeten aufmerksam zu machen, und werden kriminalisiert und eingesperrt. Die Landwirte blockieren Verkehrswege, um für die langfristige Zerstörung unserer Lebensgrundlagen weiter subventioniert zu werden, und werden in Ruhe gelassen. Vielmehr finden sie Finanzminister Lindner Gehör…
    Tja, so steht´s um Deutschland. Es ist erschütternd

  2. zum Beitrag von Martin Thurau, 3.1.2024, 12:38 Uhr
    Anlässlich der kommenden Dienstag, den 9. Januar 2024 in Las Vegas beginnenden Elektronikmesse CES geht es bekanntlich um die inzwischen existenzielle Frage, was im Wettbewerb weltweit den Unterschied macht. Ohne darauf eine Antwort parat zu haben, die es ermöglicht, noch in der härtesten Konkurrenz zu bestehen, keine soziale Marktwirtschaft. Sowohl den von Ihnen, Martin Thurau, angeführten Klima-Aktivisten als auch den von Ihnen geschmähten Bauern würde dann schon gesellschaftlich die Grundlage für eine Auseinandersetzung fehlen. Solch eine Voraussetzungslosigkeit wäre dann das größte Übel.

  3. zu @ Unser Wohlstand wird rapide schwinden von Robert Maxeiner
    Könnten sie das was sie in ihrem Leserbrief als Fakt darstellen und schreiben wenigstens versuchen zu begründen? Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Dieser Umbruch kann auch Probleme machen wenn er falsch angegangen wird. Das ist sicher so und die Gefahr dass das passiert ist klar vorhanden. Es ist aber ganz sicher nicht unvermeidbar das es so kommt. Es als sicher zu behaupten sollte schon einer Begründung bedürfen. Darauf verzichten sie einfach. Die Behandlung von Flüchtlingen in der EU wird darauf mit großer Wahrscheinlichkeit keinen Einfluss haben. Das kann doch nicht wirklich ihr Ernst sein. Wenn es so weiter geht das jemand solche negativ Behauptungen einfach raus haut besteht natürlich die Chance das es so kommt.

  4. Ich lese das Forum nicht regelmässig, weshalb meine Antwort an hans etwas spät kommt: Da wir weiterhin Unmengen Ressourcen verbrauchen, wird sich dies unweigerlich auf unseren Wohlstand auswirken. Tut es ja jetzt schon. Zudem bedarf es einer neue Definition von Wohlstand, die sich nicht nur an Geld und Gütern orientiert: Bezüglich sauberer Luft, verträglichem Klima, sauberem Wasser, Aussterben von Arten, um nur einige Beispiele zu nennen, ist unser Wohlstand bereits seit Jahrzehnten geschwunden. Somit erweisen sich Aussagen wie ‚Wir bewahren uns unseren Wohlstand‘, täglich hundertfach gesagt und geschrieben als blosse Behauptung. Wir wär’s, wenn Sie dort mal in den Krümeln suchen, Herr hans?

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