Wieder Thüringen. Schon vor der Machtübernahme 1933 durch die Nazis war Thüringen ein Labor, in dem erprobt wurde, wie „die Bevölkerung gleichgeschaltet und das NS-Gedankengut am besten umgesetzt werden konnte“. Und jetzt wieder?
Die zitierten Worte stammen vom MDR. Sie sind historisch gedeckt. Was wir im Erfurter Parlament kürzlich, im Jahr 2023, erlebt haben, passt allerdings nicht eins zu eins zur historischen Schablone, aber trotzdem: Es waren konservative und liberale (?) Landtagsabgeordnete, die der rechtsextremen AfD zu Einfluss auf die Landespolitik verholfen haben. Es ging vordergründig um eine Steuer, aber das Ganze hat Signal-Charakter. Die Steuer ist und war eine Marginalie. Die Abstimmung über diese Steuer ist dies nicht. CDU, FDP und AfD stimmten im Erfurter Landtag für die Senkung dieser Steuer – gegen die Minderheitsregierung aus Linken, SPD und Grünen, geführt von Bodo Ramelow (Linke).
Die „Brandmauer“ der CDU gegen die AfD ist hiermit Geschichte. Sie hat sowieso nie funktioniert, siehe diverse Fälle von Kooperationen auf kommunaler Ebene. Auch in der Debatte hier im Bronski-Blog wurde Skepsis laut: Ob das mit der Brandmauer wohl so funktioniert, wie sich der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz das denken mag? Ob die Konservativen das überhaupt ernst meinen? Thüringen scheint zu beweisen: Nein, meinen sie nicht. Die Thüringer Landtagsfraktion der CDU hat über ein Steuerprojekt abstimmen lassen – wohlwissend, dass sie dieses Projekt nur durchbringen wird, wenn die Landtags-AfD zustimmt. Die hat es sich natürlich nicht nehmen lassen, mit der CDU gegen die rot-rot-grüne Minderheitsregierung zu stimmen, d.h. die Zustimmung der AfD war eine klare Sache. Jetzt ist man stolz wie Bolle dort im rechten Lager: „Das ist erst der Anfang„, jubelte Bundestags-Fraktionsvize Beatrix von Storch (AfD). Das ist die, die 2015 über den Gebrauch von Schusswaffen gegen Flüchtlinge an der Grenze gesprochen hatte. Eine tolle Demokratin!
Der Erfurter Landtag ist der Schauplatz des bisher größten Erfolgs der AfD; man denke nur an die Wahl des FDP-Politikers Kemmerich zum Ministerpräsidenten im Februar 2020 mit den Stimmen der AfD. Schon damals haben auch FR-Leserinnen und -Leser auf die historische Parallele zu Joseph Goebbels Strategie gegen die Weimarer Republik aufmerksam gemacht: „Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns aus dem Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen“, schrieb Goebbels 1928 im Völkischen Beobachter. Die AfD ist auf diesem Weg schon weit vorangekommen. Sie sitzt derzeit in 14 der 16 Länderparlamenten – nur in Schleswig-Holstein und Bremen ist sie nicht vertreten – und macht dort vor allem durch interne Streitereien und Obstruktionspolitik von sich reden. Es ist nicht überliefert, dass sie jemals etwas für die Menschen erreicht hätte, die sie gewählt haben. Im Gegenteil: Die hessische Initiative AfD nee hat ausgerechnet, dass diese Wählerinnen und Wähler sich mit ihrer Stimmabgabe für die AfD selbst schaden. Trotzdem wird sie gewählt.
„Alle haben verloren„, so lautete die Überschrift über den FR-Leitartikel von Christina Dankbar, in dem sie das Fehlverhalten der CDU seziert. Ist es wirklich wieder so weit, dass Demokraten den Demokratiefeinden die Nägel für den Sarg bereithalten, in dem die Freiheit beerdigt wird?
Dann regiert die Minderheit durch
Ich schlage vor, dass die CDU-Landtagsfraktion in Thüringen ihre parlamentarische Arbeit einstellt, denn bei jedem gestellten Anträg muss sie befürchten, dass unerwünschte Parlamentarier zustimmen.
So kann denn die sich seit mehr als drei Jahren im Amt befindende Minderheitsregierung aus Linke, SPD und Grüne endlich ohne Probleme „durchregieren“, obwohl ihr ja die Mehrheit fehlt. Das nennt man dann Demokratie.
Die AfD wird auch gerade in Thüringen deshalb immer stärker, weil die Bevölkerung dieses Hofieren der Minderheitsregierung durch CDU und FDP satt ist. Eine „Rühr mich nicht an“-Attitüde hat noch nie funktioniert.
Roland Berens, Verl
Die Demokratie ist in großer Gefahr
Solidarität der Demokraten geht anders, als jetzt im Landtag Thüringens vorgeführt. Die Abstimmungssituation war voraussehbar, trotzdem haben die demokratischen Parteien es nicht fertig gebracht, durch Verständigung miteinander die AfD aus dem Spiel zu halten. In dieser für unsere Demokratie gefährlichen Zeit funktioniert das alte Muster nicht mehr: „Jeder bedient halt seine Klientel. Komme, was da wolle.“ Gegenüber einer von Verfassungsfeinden beherrschten Partei muss das Gemeininteresse unbedingten Vorrang haben.
Mit nachträglichen Entschuldigungen wie, „wir haben ja wollen, aber die anderen ließen uns nicht“, ist die Sache verloren. Was hier zählt, ist die Tat, und die hat die CDU begangen, trotz besseren Wissens. Mit einem Schein der demokratischen Solidarität, wird die Demokratie nicht gerettet. Auf die Taten kommt es an und da muss man auch die linken Parteien und die Grünen in die Verantwortung nehmen.
Die AfD ist nicht das kleinere Übel, sondern derzeit die größte politische Gefahr.
Dieter Reitz, Mainz
Die Menschen werden das Original wählen
Es ist natürlich richtig, wenn es Stimmen aus der CDU gibt, wonach sie ihre Anträge, Positionen etc. nicht davon abhängig machen kann, wie dies bei der AfD ankommt. Entlarvend ist doch allerdings, dass die Anträge, Positionen usw. bei der AfD auf Zustimmung stoßen. Dies sagt ja dann viel über die Haltung der CDU/CSU aus. Und der FDP. Die Frage der Grunderwerbssteuer ist dabei eine „Kleinigkeit“, bedeutsamer sind die Aussagen u. a. zur Asyl-/Einwanderungspolitik. Da rennen die Unionsparteien und die FDP bei der AfD offene Türen ein. So spricht auch der FDP-Vorsitzende Christian Lindner im FR-Interview vom 21.9.23 von seiner Wahrnehmung einer „großen Offenheit für die Zuwanderung qualifizierter Menschen, aber keinerlei Bereitschaft mehr, ungeordnete Migration in unsere Sozialsysteme zu tolerieren.“ In die selbe Richtung argumentieren die Unions-Parteien – und die AfD (zumindest im zweiten Teil der Aussage). Gleichzeitig weisst Herr Lindner die Kritik an der FDP-Zustimmung im Thüringer Landtag zurück. Die Bösen, dass sind die anderen.
Wie weit sich Herr Lindner um die Sozialsysteme Sorgen macht, zeigen seine Aussagen zum „Niveau von Sozialtransfers, das arbeitende Menschen mit niedrigem Lohn zu oft die Sinnfrage stellen lässt. Das darf nicht sein. Es muss immer einen deutlichen Lohnabstand geben.“ Er stellt dies in einen Zusammenhang mit der Kindergrundsicherung. Ich habe bisher weder aus der FDP noch den Unionsparteien übertriebenes Engagement für einen ausreichenden Mindestlohn oder angemessene Löhne/Gehälter im Niedriglohn-/gehaltsektor wahrgenommen.
Diese Parteien lenken von ihrer unsozialen (und auch umwelt-/klimazerstörerischen) Politik ab, indem sie die Fremdenfeindlichkeitskarte spielen – und damit der AfD noch mehr Zulauf sichern. Wenn schon, dann gleich das Original wählen!
Otto Gebhardt, Frankfurt
Scheinheilig und heuchlerisch
Die Haltung einiger Bundespolitiker gegenüber der AfD erscheint mir zumindest zwiespältig. Präziser wäre diese Haltung jedoch mit den Adjektiven scheinheilig und heuchlerisch beschrieben. Einerseits wird Frau Dr. Wagenknecht regelrecht demontiert, seit AfD-Politiker sie gelobt haben. Andererseits beschließen in Thüringen CDU, FDP und AfD gemeinsam ein haushaltswirksames Gesetz. Sie führen damit die Minderheitsregierung in Thüringen am Nasenring durch die politische Arena. Diesen charakterlosen Politikern sei folgendes gesagt:
Spart euch die Krokodilstränen beim Anblick der kommenden Wahlergebnisse. Und: Hugenberg war ein Wegbereiter des Nationalsozialismus.
Horst Acker, Bad Orb
Es wird noch mehr Zusammenarbeit geben
Aus der, ach so deutschen, Geschichte ist bekannt, dass deutsche Konservative eigentlich nie eine Brandmauer hatten. Das Herr Franz von Papen gezeigt. Für Konservative ist die Brandmauer eine Houdinische Luftnummer, die sich sehr schnell in Luft auflösen kann. Wie das geht, hat Herr von Papen und jetzt halt auch Thüringen gezeigt. Weitere sogenannte Zusammenarbeit – vor allem wenn’s um Macht geht – werden folgen, bis hin zur schwarz-braunen Haselnuss-Koalition.
Herr Merz sagt mal dies und sagt mal das; jeweils angepasst an die politische Umgebung. Letztens beim Gillamoos Fest in Niederbayern – in Zukunft mit neuem Namen „Hubert Aiwanger Festspiele am Helmut Aiwanger Platz“- trat er in Gestalt eines Bänkelsängers mit seiner bekannten „Kofferarie“ auf. „Die CDU, (d.h. er selbst) ist die Größte, Beste von allen“; der Refrain wird dann der jeweiligen Landespolitik angepasst. Die Bösen sind nach Bedarf dann die Anderen, die Grünen, die SPD, die Linken, ja sogar bisher wenigstens auch mal die AfD. In Bayern krönte er seinen Vortrag diesmal mit dem Da Capo-Finale „Bayern ist das bestregierteste Bunndesland“.
Andere Länder dürften wohl klug beraten sein, auf diese Adelung vom alten Fritz zu verzichten. Denn: Schaut man mal nach, was im Nord-Alpen-Freistaat so alles geschehen ist in der Vergangenheit, sind durchaus Zweifel angebracht: Verkauf der landeseigenen Wohnungen zur Freude der Investoren, Maskenaffären, Selbstbedienung von über 50 Landtagsabgeordneten durch eine Art Schein-Beschäftigung von Verwandten und Bekannten, Verzögerung beim Ausbau von Windkraft, verspäteter Aufbau der Nord-Süd-Höchstspannungsleitung, jetzt nicht als Freileitung, wie sonst üblich, sondern als teureres Erdkabel.
Und Bayern könnte selbstverständlich noch viel, viel besser regiert werden (das beste Land in der EU, ja sogar auf der nördlichen Halbkugel), wenn es nicht seine fähigsten Köpfe ins Verkehrsministerium nach Berlin abordnen müsste. Wie Peter Ramsauer und das bekannte und beliebte (Bierzelt-) Duo Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer. Der eine, der sich auf Geheiß des Heimatministers im Kabinett Merkel Horst Seehofer die Maut auch unter Vernachlässigung seiner anderen Aufgaben (Infrastruktur bei Schienen, Brücken, Straßen u. Wasserwege) ausdachte, und der andere, der sie trotz etlicher Warnungen so grandios inszenierte.
Doch zurück zu Merz: Er wird, und daran besteht offensichtlich kein Zweifel mehr,sich gegebenenfalls mit den Stimmen der AfD zum Kanzler wählen lassen. Auch mit deren „konservativem“ Parteiprogram dürfte er konform sein, ja der reaktionäre Anteil (Frauen an den Herd, Verschärfung §218, Männerwahn usw.) stört ihn vielleicht auch nicht. Seinen Mentor von Blackrock-New-York dürfte es ebenfalls freuen, derüb den Rückweg in die alte neoliberale Welt.
Hier viele Worte über die „Sozialbetrüger“ am unteren Ende der Einkommensskala, aber kein Gedanke daran, dass man ein Zigfaches dessen, was man dem Prekariat missgönnt, bei den Spitzenvermögen einholen könnte (freies Zitat Frau Bentele/VdK), also bei der sogenannten „Elite“. Um dort dabei zu sein, war früher übrigens mal ein Eintrag im „Gotha“ erforderlich, heute reicht dafür schon eine Registrierung beim Bundesluftfahrtamt.
Tolle Zeiten! Mittlerweile bin ich fest überzeugt davon, dass es in der benachbarten Alpenrepublik trotz der Kickl’chen FPÖ – echtliberaler und bunter zugehen wird. „Tu felix austria“. Auf nach Wien …
(…)
Es ist nun mal leider tatsächlich so, dass Merz wie auch Frey sich zum Steigbügelhalter der AfD aufspielen und sich keineswegs scheuen würden, mit der Nazipartei zu koalieren.
Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf die Veranstaltung am 03.10.2023 in Göppingen unter
https://www.ardmediathek.de/video/swr-aktuell-baden-wuerttemberg/sendung-21-45-uhr-vom-3-10-2023/swr-bw/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE5MzM2Mjg hinweisen.
(…) Passage gelöscht, da nicht zum Thema. Gruß, Bronski
Das Problem an Politik ist das es nie um Lösungen geht sondern immer um Macht. Die Wähler sollen dann lösungsorientiert wählen. Informiert werden sie aber nicht lösungsorientiert. Das gilt im Grunde auch für die Medien. Die Bildzeitung hatte beim Thema Heizungsgesetz nicht vor ihre Leser zu informieren sondern die Beliebtheitswerte von Habeck zu ändern. Das haben sie ja hin bekommen. Nur um mal ein Beispiel zu nennen oder vor ein paar Wochen bei Markus Lanz sagte Spahn das die Grünen gegen neue Einfamilienhäuser währen. Mit der Frage wo das denn stehe oder wer das gesagt hat hatte er dann so seine Probleme. Da geht es nie um lösungsorintierte Information sondern um das Schlechtmachen des Gegners. Da wird dann immer die AFD gewinnen. Eigentlich ganz einfach und das die Union Probleme damit hat mit der AFD zu regieren habe ich eh nie geglaubt. Es muss nur eine klare Mehrheit dafür im Bundestag geben.
Es ist ein einziger Jammer, egal wo man hinguckt. Die Landtagswahlen in Bayern und Hessen. Da lernt man, dass etwa 65 – 70 % der Wähler mehr oder weniger rechts wählen. Da werden Klimakrise,Umweltprobleme, Demokratie und was noch alles mit schlichter Ignoranz draussen vor gelassen. Gibt es nicht. Das ist kindlich naiv , ich halte mir die Augen zu und dann ist es weg. Was sind das für Bürger ? Was haben die denn im Kopf? Es muss eben alles so bleiben, wie es ist, das war schon früher bei Mutter Merkel so, deswegen wurde sie ja gewählt. Wie in der“ Anstalt“ heute Abend, die Demokratie geht baden weil sich keiner darum kümmert und die sich nicht wehrt. Scholz versucht es auch auf der Merkel Masche, aber das scheint nicht zu klappen, da fehlt ihm doch so einiges, zu viel Vorgeschichte, Ungeklärtes .
Dasselbe beim Klima. Man tut so und wählt auch so, als ob die Klimakrise eine Erfindung der Grünen sei und die deshalb auch entsprechend fertig gemacht werden müssten. Nun kann man den Grünen einiges vorwerfen, das Paktieren. mit der CDU zum Beispiel, aber sie sind nach wie vor die einzigen, die versuchen der Klimakrise gerecht zu werden. Dass Habek das mit seiner Heizungsreform nicht sehr glücklich angegangen ist – nun ja. Dass sie die Windenergie nicht so gefördert haben, wie es nötig gewesen wäre, das kann auch so seine besonderen Gründe haben (föderales System). Dass aber nun Leute wie Söder und Merz gnadenlos auf den Grünen herumtrampeln und ihnen sonst was andichten ist ein Stück aus dem Tollhaus. Gleichzeitig versuchen beide Herren die AfD rechts zu überholen, was dazu führt, dass sie Reklame machen für eben den Blödsinn, den die AfD verkörpert. Mal ganz abgesehen von der Gefahr, die von dieser Truppe ausgeht, wir haben das doch alles schon mal erlebt, den gleichen Schwachsinn, die gleiche Denke, soweit man das überhaupt als Denke bezeichnen kann. Muss man unseren Bürgern denn tatsächlich sagen, wozu diese Leute fähig sind? Kommen die nicht von allein darauf ? Die Chrupallas,Höckes,Weidels ? Die sagen ja sogar was ihnen vorschwebt ! Ich begreife es nicht.Wenn die nur einmal die Mehrheit bekommen, dann war’s das, liebe Leute, die warten nur darauf. Wie heißt es so schön? Nur die dümmsten Kälber wählen ihren Schlachter selber….
So, das wäre es erst mal, das musste ich loswerden.