Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Am 1. August 1945 erschien die erste Ausgabe der Frankfurter Rundschau. Die FR ist damit die dritte Zeitung, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland erschien. Im Jahr 2020 wird sie also 75 Jahre alt. Einen Teil dieser Zeit begleitete sie mein Leben, so wie sie – ich unterstelle das mal – Ihr Leben begleitet hat und auch immer noch begleitet. Ich hatte sie während meines Studiums in Freiburg in den 1980er Jahren abonniert und in den 90er Jahren Glossen für sie geschrieben, so wie auch für die taz und die Stuttgarter Zeitung.
Hier rechts ist ein Scan von einer Satire zum Thema Nussecken von mir zu sehen, die an Pfingsten 1998 in der FR erschien. Draufklicken und lesen!
Im Jahr 2001 wurde mein Mann Redakteur im Sport-Ressort bei der FR, und wir zogen von Freiburg nach Frankfurt. Ich hatte vor allem Schreiben im Kopf, meine Romane. 1999 war „Genetics“ erschienen, und ich arbeitete als Co-Autor von Charles Dickens an dem Roman „Der Fall Edwin Drood“, der 2003 erschienen ist. Aber ich musste auch Geld verdienen, und so begann ich, in der Redaktion der FR als Springer auszuhelfen – zuerst in den Sekretariaten (von 2003 bis 2004 war ich Sekretär der Nachrichtenredaktion), später in der Leserkommunikation, bis mir im Mai 2007 der damalige Chefredakteur Uwe Vorkötter die Leserbriefseiten anvertraute. Damit war ich als Quereinsteiger endgültig in der Redaktion angekommen, nachdem ich seit September 2005 bereits dieses Blog betreut habe. 15 Jahre wird das FR-Blog nun alt! Es hat mehrere Veränderungen erfahren und viele hitzige Diskussionen erlebt, von denen etliche für mich unangenehm verliefen, etwa die um die Formatumstellung der FR am 31. Mai 2007. Das war etwas, was viele Leserinnen und Leser überhaupt nicht mochten. Aus Sicht der Zeitungsmacher war die Umstellung ein Versuch, eine Antwort zu geben auf die sich ändernden Ansprüche der Leserinnen und Leser, auf den Strukturwandel in der Medienlandschaft, der bis heute anhält. Ich denke nicht gern an diese Zeiten zurück, weil ich damals viel auszuhalten hatte und teilweise persönlich für etwas angegriffen wurde, für das ich nicht verantwortlich war, das ich aber zu vertreten und zu erklären hatte; das war der Job. Er ist mir nicht immer gut gelungen, ich weiß. Es war nicht einfach. Aber: So was verbindet.
Dann die Insolvenz Ende 2012. Die FR erhielt Massen von Mails, in denen Leserinnen und Leser ihre Bereitschaft kundtaten, Genossenschaftsanteile zu kaufen, falls die FR nach dem Vorbild der taz in eine Genossenschaft überführt werden könnte. Diese Monate habe ich – natürlich – in schlimmer Erinnerung. Mein Mann und ich hatten ein Haus gekauft. Würden wir es verlieren? Abgesehen von den Jobs? Nun, es ging dann weiter, zuerst mit der FAZ, dann mit der Ippen-Gruppe. Seit 19 Jahren arbeite ich inzwischen für die FR.
Meine Ziele als Autor habe ich stets weiter verfolgt, nicht nur mit der Bloggerei, sondern auch mit den Romanen. Zuletzt erschien der Thriller „Incubus – Virenkrieg III“ – rechts ein Screenshot vom FR-Magazin vom 17. September 2019 mit einer Leseprobe. In Kürze kommt „Evan – Virenkrieg IV“ heraus. Mein Hauptziel im Leben war immer die Schreiberei. Vielleicht schaffe ich damit irgendwann noch den Durchbruch, während sich die Medienlandschaft in den kommenden Jahren selbstverständlich weiter verändern wird. Mein Job bei der FR ist für mich dennoch mehr als nur ein Brotjob, der mir das Schreiben ermöglicht. Er ist kreativ, jeden Tag neu, und er ist anspruchsvoll. Die Arbeit mit Ihrer Meinung und Ihrem Leserin- und Leserbrief ist mir ein Anliegen. Ich verhelfe Ihrer Meinung im Blatt zur Geltung, zeige sie der Redaktion und bringe sie hier im FR-Blog heraus.
Das ist also die Innensicht. Ich bin der FR eng verbunden – als Autor, freier Mitarbeiter und nun auch als Redakteur. Nicht nur, weil ich für diese Zeitung arbeite, sondern weil die Haltung dieser Redaktion und dieser Zeitung meiner eigenen weitgehend entspricht und weil es Dinge gibt, für die ich mich zusammen mit der Redaktion in diesem Sinn einsetzen kann.
Aber was wäre die FR ohne ihre Leserinnen und Leser? Nachdem ich meine Verbundenheit und meine Motive in aller Kürze geschildert habe, sind nun Sie an der Reihe. Machen Sie mich und andere Leserinnen und Leser mit Ihrer Sicht, mit Ihren Erfahrungen und Erlebnissen mit der FR bekannt! Diese Zeitung hat viele langjährige Abonnentinnen und Abonnenten, die ihr gewogen sind. Was ist das, was Sie mit der FR verbindet? Was haben Sie mit dieser Zeitung erlebt? Was schätzen Sie an ihr, worüber ärgern Sie sich?
75 Jahre Frankfurter Rundschau! Ich möchte Sie einladen, von Ihrer Zeit mit der FR zu erzählen. Wenn genug Beiträge zusammenkommen, starten wir nach „Mein 1968“ eine neue Serie mit Ihren Zuschriften. Es würde mich sehr freuen, wenn das gelänge! Greifen Sie also zum Stift oder zur Tastatur! Mailen Sie auf den bekannten Wegen – die Kontaktdaten stehen täglich im Print-Leserforum im Kasten unter der Bronski-Grafik, ebenso die Postanschrift. Sie können natürlich auch gleich hier unten die Kommentarfunktion des FR-Blogs benutzen. Wenn Sie nicht wissen, wie das geht – hier gibt es eine einfache Einführung. Draufklicken!
Ich freue mich auf Ihre Zuschriften!
Ihr Lutz „Bronski“ Büge
Dieser Text wurde erstmals am 3. März 2020 hier im FR-Blog veröffentlicht und zweimal erneuert.
Update: Die Jubiläumsseiten des Leserforums
Hier auch als pdf-Dokument: die Seite vom 1. August.
Es geht weiter: die Seite vom 7. August
Die Seite vom 15. August
Die Seite vom 29. August
Die Seite vom 5. September
Die Seite vom 12. September
Die Seite vom 26. September
Liebe Rundschau, lieber Bronski,
Es gab auch Zeiten ohne Internet, ich persönlich bin nicht vor 2004 online gewesen. Bis dahin gab es für mich kein Internet, aber wie wurde sich offline informiert ?
TV gibt es ja schon etwas länger ( ich muss gestehen, in schwarzweiß bei uns im Fernsehen, das WM Finale 1966,als Bube gesehen zu haben ) man informierte sich über Fernsehen und weil ich aus einem geordneten Haushalt stamme, hatten wir auch eine tageszeitung abonniert. Nein, nicht die FR, mein Vater las die FAZ und ich mit. Als ich alter wurde, lebte ich in Frankfurt. In Sachsenhausen am wendelsplatz standen am Freitag Zeitungsverkäufer der FR, die die Abendausgabe mit den anzeigen für Wohnungen und stellen zusätzlich hatte. Die freitags Abendausgabe der FR
war Pflicht, wenn etwas gesucht wurde, aber auch das Aktuelle, denn der Politik teil war dabei. So kam ich in den achtziger Jahren mit der FR in Kontakt. Mit dem Anzeigenteil suchte und fand ich in der Stadt eine Wohnung, nicht nur eine.
Ich gestehe auch schon für die FR gearbeitet zu haben, ausgerechnet 1989!
Ich war zeitungsaustrager während der Wende, vier Uhr morgens bis sieben Uhr jeden Tag, auch Samstag.
Es blieb jeden Tag eine Zeitung übrig vom zustellen, die ich dann tagsüber las. 1989 , es war sehr interessant.1990, ich hatte noch einen weiteren job bei den städtischen Bühnen. Dort wurde auch die FR gelesen, wegen den Bühnen Kritiken. Kurz und gut, man kam vor dreißig Jahren nicht um die FR herum, in Frankfurt zu mindestens.
Ich kam später nach Dreieich im Landkreis Offenbach. Dort war die FR nicht mehr so angesagt.
Es war um die Jahrtausendwende, von kommunal über Kreistag und auch im Landtag alles komplett CDU – man konnte durchregieren.
Damals geriet die Rundschau in Schieflage, Roland Koch war sogar bereit ein Darlehen zu gewahren., zur Rettung.
Seit der Jahrtausendwende bin ich in meinem Exil im Kreis Offenbach, zum Abonnenten geworden, der es sehr bedauern wurde, wenn aufgrund der mangelnden Anzeigen und Auflagen, die das Internet mit sich bringt, diese tageszeitung eingestellt werden wurde.
Lieber Lutz „Bronski“ Büge,
als die FR erstmalig erschien, war ich noch nicht geboren. Und es dauerte danach noch viele Jahre, bis ich in der Eifel von der FR erfahren konnte. Jedoch das Titelblatt der Erstausgabe sowie späterer Ausgaben habe ich noch anlässlich eines Jubiläums in meinem Fundus. In einer Ausgabe des Jahres 1994 fiel mir dabei auf, dass sich damals noch die SPD gegen eine Maut ausgesprochen hatte. Wie sich die Zeiten ändern?
Aber in der Studenten-WG in Saarbrücken, wo ich Mitte der siebziger Jahre lebte, hatten wir die FR abonniert, nachdem ich sie bereits vorher im AStA der Uni kennen und schätzen lernte.
Besonders der damalige Chefredakteur und leider zu früh verstorbene Karl Herrmann Flach, Mitverfasser der Freiburger Thesen der FDP und Wegbereiter für die sozial-liberale Koalition unter Willy Brandt, ist mir in angenehmer Erinnerung. Er würde sich im Grabe herumdrehen, wenn er wüsste, was aus seiner Partei geworden ist. Vermutlich hätte er ihr bereits wie viele andere 1982 nach dem Verrat an Helmut Schmidt den Rücken gekehrt.
Nach dem Einstieg ins Berufsleben habe ich seit ca. 1978 bis heute die FR abonniert. Sie ist seitdem immer noch für mich eine der wenigen lesbaren Zeitungen, auch wenn ich nicht mit allen Beiträgen einverstanden bin. Besonders schätze ich die Kommentare von Stephan Hebel.
Bekanntlich sende ich gelegentlich einen Leserbrief, wobei meine ersten Leserbriefe leider nie veröffentlicht wurden; erst ab ca. 2010 konnte ich hierbei Erfolge verbuchen. Natürlich ist mir der Blogtalk mit Ihnen im Jahre 2017 über mein Buch „Ist Europa gescheitert?“ in besonderer Erinnerung. Leider hatte ich für das Buch den falschen Verlag erwischt, musste mit einem relativ hohen Betrag in Vorlage treten und schloss das Ganze erfolglos ab. Es war halt mal ein Versuch, ein Buch zu schreiben und gleichzeitig eine Lehre, es nicht wieder zu tun.
Auch mein Beitrag „Mein 1968“ wurde veröffentlicht, und ich freute mich, auch den meines früheren Klassenkameraden Klaus-Peter Meeth sowie einiger anderer Bekannter lesen zu können.
Natürlich bedeutete die Insolvenz für mich einen großen Schock, wobei mich die Übernahme durch die FAZ nachdenklich stimmte. Aber es ging.
So hoffe ich, die FR noch viele Jahre lesen zu können und wünsche der Zeitung viele weitere Jahre, auf jeden Fall eine Beibehaltung ihrer linksliberalen Ausrichtung, vielleicht etwas linker, sowie den Mitarbeiter*innen einen sicheren Arbeitsplatz und gute Recherchen.
In diesem Sinne ein Glück Auf!
Peter Boettel, Göppingen
Ähnlich wie mein Freund Peter Boettel war auch ich nicht geboren, als die FR erstmals erschien. Wir schrieben das Jahr 1968, ich war dreizehn Jahre alt, als Martin Luther King am 4. April ermordet wurde. Am Gründonnerstag jenes Jahres, als Rudi Dutschke von einem Attentäter in Berlin angeschossen wurde, und am darauffolgenden Osterfest versuchte ich, durch das Lesen verschiedener Zeitungen meinen politischen Standort zu finden. Die Kommentare und Leitartikel in der FR, unter anderem von dem unvergessenen Herausgeber und Chefredakteur Karl Gerold und dem stellvertretenden Chefredakteur, dem großen Liberalen Karl-Hermann Flach, überzeugten mich damals durch ihre gesellschaftskritischen Inhalte, so dass ich damals meine Mutter, meine Oma und meinen Opa bat, neben unserer Regionalzeitung auch die FR zu abonnieren. Die FR wurde seitdem zu einer meiner Hauptinformationsquellen, die für eine linke Weltanschauung standen. So war mein erster SPD-Eintritt am 12. Oktober 1970 begleitet von der Lektüre der fundierten meinungsbildenden Artikel in der FR. In der Juso-Zeit und nachdem ich auch 1975 meinen ersten Leserbrief in der FR hatte, war die FR, die während der Fraktionskämpfe bei den Jungsozialisten zwischen Reformsozialisten, Antirevisionisten und Stamokaps jusointern auch als Zentralorgan der Reformsozialisten bezeichnet wurde, sozusagen das wichtigste Informations- und Meinungsbildungsorgan. Nachdem ich im Bezirk Rheinland/Hessen-Nassau und im Landesverband Rheinland-Pfalz der Jusos in die jeweiligen Vorstände gewählt war und ich für das nördliche Rheinland-Pfalz die Informations- und Pressearbeit verantwortete, versuchte ich mich damit, auch Pressemitteilungen in der FR zu platzieren, was mir 1975 auch erstmals gelang. Während dieser Zeit hatte auch mein Juso-Freund Siegfried Kowallek immer mehr Spaß daran gefunden, sich mit Zuschriften an der Debatte unter FR-Lesern zu beteiligen. Gemeinsam solidarisierten wir uns in einer Zuschrift mit den Jungsozialisten in Stade, die in Bedrängnis geraten waren. Nachdem ich 1994 wegen des Asylkompromisses die SPD verlassen hatte, betätigte ich mich die ganze Zeit sehr stark als Leserbriefautor, was heute immer noch der Fall ist. Noch etwas zum Schmunzeln zum Schluss: Ich bin ja Anfang 2018 wieder Mitglied der SPD geworden. Die Initialzündung dazu war ein mich überzeugender Kommentar von Stephan Hebel, der politisch engagierten Zeitgenossen riet, wieder in die SPD einzutreten, um die große Koalition zu verhindern. Die FR steht heute wieder als singuläre Zeitung da, die auf der Basis eines linken und sozialen Liberalismus die unkontrollierte Macht in den Chefetagen und die Auswüchse der kapitalistischen Wirtschaftsordnung im Blick hat. Die Presselandschaft dieser Republik wäre viel ärmer, gäbe es nicht das Blatt mit dem grünen Balken aus Frankfurt am Main. Ich jedenfalls wollte es nicht missen.
Nochmals meinen Glückwunsch an die FR für 75 Jahre und in der Hoffnung auf mindestens weitere 75 Jahre.
Den Beitrag über die Nussecken finde ich interessant, weil Nussecken zu meinen Lieblings-Gebäck-Stücken gehören. Als Kind hat mein Vater mir oft welche mitgebracht. Und es scheint auch ein Lieblingsgebäck für Leute aus Trier wie Gildo Horn zu sein, da ich auch in Trier geboren bin.
Alles Gute für die FR und für Sie, Lutz „Bronski“ Büge.
Nachtrag:
Ein Wunsch an die FR: Vor zwei Tagen las ich, dass in Deutschland der Film des griechischen Regisseurs Costa Gavras über die Austeritätspolitik in Griechenland in Deutschland nicht gezeigt wird und sogar versucht wurde, die Produktion dieses Films zu verhindern.
Ich wäre der FR als linksliberaler Zeitung dankbar, wenn sie hierüber einen Beitrag bringen könnte.
Schon zum 70sten habe ich der Rundschau geschrieben und ihr gratuliert. Schließlich sind wir gleichaltrig. Gut, die FR ist ein Monat älter als ich. Das gebietet entsprechende Achtung und Ehrfurcht.
Nach meiner Erinnerung lese ich die Rundschau seit Mitte der 1970er (mit Beginn eines etwas späten Studiums). Vorher war ich hauptsächlich SPIEGEL-Leser (Augstein-Zeiten). Damals gab es für mich nur die SPD als Parteienorientierung.
Eine wichtige medienpolitische Rolle spielte die FR in den 1970ern in der Gast- und „Fremd“arbeiter-Debatte. Es war die HochZeit der Rekrutierung ausländischer Arbeiter nach Deutschland. Die Rundschau war die einzige Tageszeitung, die sich – aus meiner Sicht – fair und differenziert, aber auch parteiich an der Thematik dran blieb. Damit war sie wichtig als Beitrag für die gesellschaftliche Stimmung im Lande, die in großen Teilen der Bevölkerung alles andere als Willkommenszeichen gegenüber den Gastarbeitern setzte.
Der Liberale Karl-Hermann Flach war damals ein Begriff in unseren Kreisen. Sehr geschätzt.
Da war vor einigen Jahren noch die große Existenz-Krise der FR. Ich meine, dass man der FAZ sehr danken muss, dass sie mit zur Rettung beigetragen hat!
Im Leserforum bin ich gefühlt seit 2010. Ich habe dort einiges gelernt (Bronski!). Die Debatten im Blog waren manchmal anstrengend. Oft aber auch sehr konstruktiv und in freundschaftlicher Atmosphäre.
Inzwischen ist mir, neben dem politischen Teil, das Feuilleton sehr wichtig geworden. Neben dem ständigen tagtäglichen Kampf um das Richtige in der Politik, den alltäglichen Wahnsinn in der Welt, gibt einem das Feuilleton viele Möglichkeiten, das Tempo zu drosseln und nachzudenken. Ganz wichtig!
Dann sag‘ ich auch mal: Glück auf!
Mein Leben mit der „Frankfurter Rundschau“ begann während der Tage nach dem 11. September 1973, also nach dem Putsch gegen Chiles Präsident Salvador Allende.
Meine Freundin und ich verbrachten damals einen Urlaub in Hirschhorn am Neckar. Die erste Station unserer täglichen Wanderung war der Zeitungskiosk, wo wir eine FAZ und eine FR erstanden. Bereits bei der Rast auf den Höhen des Odenwalds oder am Ufer des Flusses begannen wir, uns in den Blättern über das Geschehen in Deutschland und der Welt zu informieren. Am späten Nachmittag folgte in der Pension die intensive Beschäftigung mit den Berichten und Kommentaren. Die Nachrichten des HR ergänzten unsere Meinungsbildung. Bei der Lektüre der Zeitungen stellten wir eine merkwürdige Diskrepanz zwischen FAZ und FR fest.
Die FAZ rechtfertigte den Putsch in Chile als notwendiges Eingreifen verantwortungsvoller Militärs unter Führung General Pinochets. Sie begründete ihre Sicht damit, dass es um die Verhinderung eines Abgleitens in eine linke Diktatur gegangen wäre. Das rücksichtslose Vorgehen der Putschisten gegen die gewählte Regierung und die Zivilbevölkerung wurde entweder beschönigt oder blieb unerwähnt. Genauso wie die Beteiligung des amerikanischen Auslandsgeheimdienstes. Die FR hingegen erfüllte ihre journalistische Pflicht. Sie berichtete ungeschminkt alles, was von eigenen Korrespondenten und Nachrichtenagenturen über die Lage zu erfahren war.
Ich war an eine Äußerung des Schriftstellers und Publizisten Erik Reger („Union der festen Hand“) erinnert: Journalisten und Schriftsteller müssten sich entscheiden, ob sie an der Seite der Herrscher oder der Beherrschten stünden. Für uns war klar: Die FR stand an der Seite der Beherrschten, die für ihre Befreiung kämpften, und sie würde künftig unsere Zeitung sein. Zunächst kauften wir sie täglich am Kiosk, ab Januar 1979 abonnierten wir sie. Und wir beziehen sie bis heute, mittlerweile in der Kombination Print plus ePaper.
Die Leidenschaft für die FR war und ist jedoch nicht immer ungetrübt. So empfanden wir den Rückzug der SPD-eigenen „Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft“ 2006 als eine Katastrophe. Ausgerechnet die Partei, die lange „unsere Partei“ war und dringend einer intellektuellen Auffrischung sowie der verstärkten Anbindung an linksliberale Schichten bedurfte, zeigte sich den Herausforderungen der Zeit gegenüber nicht gewachsen. Die 15 Prozent, die sie aktuell in der Wählergunst genießt, haben neben Schröders Agenda-Fiasko auch ihre Ursache in einer fahrlässigen Vernachlässigung von Bildung, Kultur und Medien.
Ein weiterer Tiefschlag war die Formatänderung im April 2007. Wenn weniger Platz zur Verfügung steht (mutmaßlich, um Papier- und Druckkosten zu sparen), muss dieser für den so genannten Weizen genutzt werden (unter Beiseitelassen der Spreu). Insbesondere hätten alte FR-Tugenden, nämlich investigative Recherche und eindeutige Kommentierung, das Blatt dominieren sollen. Und ich verstehe „dominieren“ als Alleinstellungsmerkmal. Die pointierten Leitartikel von Stephan Hebel und Gastkommentare von Katja Thorwarth, Michael Herl, Harry Nutt, Manfred Niekisch und Klaus Staeck reichen hierzu nicht aus. Anderen Redakteuren (Frauen und Männern) merkt man sogar die Angst vor der eigenen Courage an. Und die „Gastwirtschaft“ erweckt den Eindruck, als sei ihr ein ungesunder Pluralismus verordnet worden. Während beispielsweise die Beiträge von Günther Moewes neue Aspekte eröffnen, fällt Interessenvertretern wie Sarna Röser (Junge Unternehmer) nichts anderes ein, als ihre beschränkten Wahrnehmungen ständig wiederzukäuen. Da stellt sich die Frage nach den Zielgruppen, die eine Tageszeitung erreichen möchte.
Bei Serien wie denen zur Frauenemanzipation, zur Klimakatastrophe oder zur Corona-Seuche wünsche ich mir klarere Aussagen. Vieles erscheint mir als endloser Befindlichkeitsjournalismus, der auch noch dem letzten Begriffsstutzigen Raum gewährt. Die Serie „Die Welt nach Corona“ bedient sich sogar einer Fehldeutung. Denn mutmaßlich wird es eine Welt nach Corona nicht geben, weil das Virus in der Welt ist. Aber es könnte ein sicheres Leben trotz Corona geben, wenn hier und heute mit der Veränderung der Welt begonnen würde.
Erfreulich sind die Entwicklung des Leserforums und des FR-Blogs. Während Leserbriefe für manche Gazetten lediglich Alibicharakter haben, scheinen sie bei der FR mittlerweile eine echte Größe zu sein und über die Funktion der Leser-Blatt-Bindung hinauszugehen. Nach meinem Eindruck ist hier (wenn auch nicht ausschließlich) Raum für unkonventionelle Sichtweisen. Da sich bekanntlich eine Leserschaft durch Leser vermehrt, insbesondere durch solche, die sich in Zuschriften aus ihrem Kreis wiedererkennen und Zeichen setzen wollen, könnte es um die Zukunft der FR gut bestellt sein.
Leider war ich am Tag ihres ersten Erscheinens, am 1. August 1945, noch nicht auf der Welt. Und bei ihrem 150. Jubiläum werde ich es aller Voraussicht nach nicht mehr sein. Aber die Zeit dazwischen hat sich gelohnt.
Sehr geehrter Herr Büge,
nach der Ankündigung habe ich darüber nachgedacht, seit wann ich die FR lese. Seit über 40 Jahren. Ein Morgen ohne FR ist irgendwie gebraucht. Erfreulich der klare Aufbau: Politik, Wirtschaft, Sport und immer ein umfangreiches Feuilleton. Sehr gut auch die langen Dokumentationen. Herrlich die Druckfehler und die falschen Seitenangaben, das gibt es nur bei der FR. Ein bissl Sorge macht/e mir der kürzliche Eigentümerwechsel. Aber es scheint ja gut zu gehen. Manchmal sind mir die Artikel/ Interviews zu „kurzgespatzt“, da wird nicht genug kritisch hinterfragt. Erinnert manchmal an Hofberichterstattung. Aber dafür gibt es ja zur Ergänzung und Korrektur die Leserbriefe, die ich mit als erstes morgens lese.
Also. Herzlichen Glückwunsch und „weiter so“
75 Jahre FR – das ist in der Tat ein Anlass zur Rückschau, aber auch zu Fragen nach weiteren Perspektiven. Der FR in Punkto Alter gerade mal eine Nasenlänge voraus, kann ich das durchaus bestätigen.
Mehr als zwei Drittel dieser langen Zeit war die FR auch meine stete Begleiterin.
Auch, wenn es nicht das erste war, das in mein Bewusstsein drang, so sei doch an die bedeutsame historische Rolle der FR beim Zustandekommen des 1. Auschwitz-Prozesses 1963-65 erinnert. Der beeindruckende Film über Fritz Bauer gibt davon beredtes Zeugnis ab.
Wie für Peter Boettel und Manfred Kirsch, war auch für mich die Begegnung mit dem FR-Redakteur Karl-Hermann Flach der erste, vielleicht entscheidende Fixpunkt. Und ich teilte damals mit ihm nicht nur seine Überzeugungen, sondern auch seine Partei.
Seine „Freiburger Thesen“, so „Liberalismus nimmt Partei für Menschenwürde durch Selbstbestimmung“ blieben für mich bis heute lebensbestimmendes Motto.
Der von Peter Boettel angesprochene „Verrat“ an liberalen Prinzipien durch Hans-Dietrich Genscher war aber nicht erst beim Bruch der sozialliberalen Koalition 1982 erkennbar. Für mich war das bereits 1972 deutlich, mit dem Einreiseverbot an den marxistischen Ökonomen Ernest Mandel. Ich verließ in dessen Folge aus Protest die FDP.
Über die weitere Entwicklung dieser Partei, von der Rechtfertigung der Berufsverbote durch den „liberalen“ Innenminister Genscher mit dem Slogan „Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit“ bis heute braucht nicht mehr diskutiert zu werden.
Als weiterer Fixpunkt sei – nach zahlreichen Leserbriefen über viele Jahre hinweg – die (geistige) Begegnung mit Lutz Büge und dem Bronski-Blog genannt. Insbesondere die mutigen Blogtalks zur – höchst umstrittenen – Beschneidungsproblematik, die ihn als nicht nur als aufgeschlossenen, souveränen, sondern auch höchst sensiblen Moderator erwiesen, der menschliche Probleme zu erkennen und zu respektieren weiß.
Nicht erst die Beiträge zu den Dokumentationen „Mein 1968“ eröffneten die Möglichkeit fruchtbarer Dialoge – bei durchaus unterschiedlichen Voreinstellungen – auf der Grundlage gegenseitigen Respekts, so mit Jürgen Malyssek.
Schon der Blogtalk „Gerechtigkeit und Selbstgerechtigkeit in Online-Debatten“ von Oktober 2014 und die Vorbereitung dazu (u.a. an Material der – nicht nur von mir geschätzten – Katja Thorwarth und im Vergleich mit zahlreichen FAZ-Artikeln) schafften in mir ein neues Bewusstsein von Gefährdungen nicht nur für einen demokratischen Journalismus durch Hetzparolen von der „Lügenpresse“, sondern für die Demokratie insgesamt:
Aus den Hassbotschaften in Online-Debatten, erwachsen aus bloßem Ergötzen an der Provokation (wie ein User freimütig gestand) ist mittlerweile professionell-geschichtsvergessene nationalistische Agitation, mit unverschleiertem xenophobem und rassistischem Unterton, in Bundestag und sämtlichen Landtagen geworden. Von „Volksvertretern“, die, in unseliger Tradition, sich selbst mit „dem Volk“ gleichsetzen.
Für mich waren die Erfahrungen im Zusammenhang mit diesem Blogtalk, die augenfällige Hilflosigkeit der FAZ-Redaktion angesichts einer Welle zunehmend aggressiver Leser-„Meinungen“ Veranlassung, an der Abwehr solcher erkennbarer Entwicklungen auch im FR-Forum mitzuwirken.
Freilich hatte – wie schon von Klaus-Philipp Mertens ausgeführt – die Insolvenz der FR und ihre „Rettung“ durch die Ippen-Gruppe nicht nur Konsequenzen im „Format“, sondern auch inhaltlicher Art.
So sehr der Einschätzung der Aufrechterhaltung eines beachtlichen Niveaus durch viele Redakteure und Redakteurinnen zuzustimmen ist – es wäre fahrlässig, Tendenzen zu verschweigen, die Fragen nach dem Weg aufwerfen.
Offenheit und Transparenz nicht nur zu fordern, sie auch selbst zu praktizieren, Kritik zu ertragen und sich ihr zu stellen, das war für liberale Wegbereiter dieser verdienst- und traditionsrechen Zeitung vom Niveau eines Karl Gerold oder Karl-Hermann Flach eine pure Selbstverständlichkeit. Sie verkörperten auch in ihrem Tun eine selbstbewusste, kämpferische Liberalität.
Das zu Recht gelobte Leserforum unter Bronskis Regie verkörpert aber nur eine Tendenz, die ich für das FR-Forum so nicht bestätigen kann.
Wenn Kritik von Usern nicht ertragen wird, wenn u.a. die Einforderung der genannten Prinzipien zum dauerhaften Ausschluss eines Users führt, der dieser Zeitung seit vielen Jahrzehnten mit Herz und Seele verbunden ist, dann offenbart dies nicht nur einen bedenklichen Mangel an Souveränität. Es veranlasst auch zu sorgenvollen Blicken in die Zukunft.
Dies im Detail auszuführen, ist hier freilich weder der richtige Ort noch der entsprechende Anlass.
Was für eine traditionsreiche Partei wie die SPD gilt, trifft auch auf eine traditionsreiche Zeitung wie die FR zu: Sie sind beide mehr als nur die bloße Summe ihrer Mitglieder.
Und was vielen – zu Recht – von der Partei enttäuschten Kritikern ins Stammbuch zu schreiben ist, gilt auch in diesem Fall: Auch schmerzlichste Erfahrungen dürfen den Blick auf das Ganze, auf eine lange, traditionsreiche Geschichte nicht verstellen und nicht zu einem Pauschalurteil führen.
Widersprüche sind auch hier zu ertragen, wenn möglich, auszutragen – im Hinblick auf gemeinsame Werte und Ziele in einer demokratischen Gesellschaft.
In diesem Sinne wünsche ich zum 75. Geburtstag allen FR-Mitarbeitern ein segensreiches Schaffen in schwieriger Zeit und der FR noch viele fruchtbare Jahre einer demokratischen Streitkultur.
Ich möchte mich den Glückwünschen zu 75 Jahren Frankfurter Rundschau anschließen. Dieses Jubiläum ist ein guter Grund hier ein eigenes Thema auf zu machen und ich habe mich auch gefragt seit wann ich zu den Lesern der FR gehöre. Ich denke seit ca 1985. In den ersten Jahren haben ein Arbeitskollege und ich abwechselnd die Zeitung am Morgen bei einen Kiosk gekauft. Als ich dann den Arbeitsplatz gewechselt habe ist das Abo gekommen das ich bis heute habe. Die letzten Jahre habe ich erst gemerkt das ich auch recht früh beim Blog dabei war. Das war Zufall und eigentlich Roland Koch zu verdanken. Er hat als Ministerpräsident damit Wahlkampf gemacht das in Hessen die Lichter ausgehen wenn in Groß Krotzenburg nicht das Kohlekraftwerk einen Block 6 bekommt und das AKW Biblis abgeschaltet wird. Ich wollte damals wissen ob das stimmt. So bin ich auf den FR Blog gestoßen. Die Frage ist inzwischen ja abschließend beantwortet, aber es ist immer noch offen ob Roland Koch Trump mäßig damals gelogen hat oder ob er einfach keine Ahnung hatte. Die Frage wird wohl nie beantwortet werden.
Trotzdem wünsche ich der FR und ihren Mitarbeitern alles Gute und noch möglichst viele spannende Jahre
Dienstag Abend vor dem Rundschau Haus – und eine begehrte Tageszeitung
Als Landei kam ich 1988 nach Frankfurt um zu studieren. Erste Anlaufstation war in der Neuen Mensa das Schwarze Brett. Mit hängenden Schultern, weil erfolglos, zum nächsten Wasserhäuschen. Frage: wisst Ihr ein Zimmer oder Wohnung? Dann der heiße Tipp, der mir für die nächsten 6 Jahre ein Dach über dem Kopf bescherte: gehe am Dienstag Abend vor das Rundschau Haus und kaufe Dir dort die Mittwochszeitung. Getan, FR gekauft, schlau die Anzeigen von unten gelesen, erstes in Frage kommendes Angebot Nummer angerufen – und weil ich die erste Anruferin war (natürlich aus einer Telefonzelle), hatte ich mein Zimmer gefunden und bekommen. Da war klar, diese Zeitung muss ich abonnieren. Doch auch die WG auf dem Stockwerk gegenüber fand gefallen an dem Abo – bis ich herausfand, wer mir immer wieder die FR aus dem Eingangsbereich klaute. 6 Jahre später zog ich in den Hausener Weg – kurz vor der U-Bahn-Station. Der Briefkasten war klein und die FR schaute raus. Nachdem wochenlang die FR wohl von einem Pendler mitgenommen wurde, erbarmte sich die Hausbesitzerin, größere Briefkästen anbringen zu lassen. Sollte der Mensch das jetzt lesen, dann folgendes: gut, dass er oder sie nie meinen Zorn zu spüren bekommen hat. Wer ein Abo hat weiß, die Vorfreude ist groß, beim Kaffee die FR zu durchblättern – bitte selbst abonnieren. Ausgewogener Journalismus, gut zu lesen, super Format, interessante Themenauswahl, mal tiefer, mal oberflächlicher, aber immer informativ. Ja, und manchmal passt einem eine Schlussfolgerung auch nicht – aber dann könnte man ja einen Leserbrief oder in den Blog schreiben …. Herzlichen Glückwunsch liebes Team
Seit ich Bilder gucken und lesen kann, begleitet mich die Frankfurter Rundschau, die meine Eltern im Abo hatten.
Auch ich werde dieses Jahr 75 Jahre alt.
Ich erinnere mich an die Kinderseite in der FR, an die Fortsetzungsromane, auf die meine Mutter jeden Tag sehnsüchtig wartete. Mein Vater und auch ich waren bzw sind Fans der Frankfurter Eintracht und wir haben immer montags die Spielberichte verschlungen. Später erfreute ich mich an den genialen Zeichnungen. Leider habe ich den Künstlernamen vergessen. Dann kamen die vielen Sonderausgaben, zum Beispiel zur Wiedervereinigung (die für den Schulunterricht hervorragend war) oder zu den Grundgesetzen (die für unsere Mitbürger aus aller Herren Länder sehr informativ und gut verständlich waren).
Als ich 1965 einen eigenen Hausstand gründete und wir nach Maintal zogen, war es für meinen Mann und mich selbstverständlich, daß auch wir nun die FR bezogen, obwohl mein Mann aus einer Neue Presse Familie kam.
Die FR ist ein fester Bestandteil meines Lebens. Da ich nun Rentnerin bin kann ich die Zeitung in vollen Zügen genießen. Ich schätze die Beiträge sehr. Sie sind verständlich geschrieben und gut recherchiert. Sie zwingen mir keine Meinung auf und sind informativ und interessant. Ich betone immer wieder, daß ich FR Leserin bin. Auch in der Krise habe ich weiterhin zu meiner Zeitung gestanden, auch wenn sie nun etwas dünner ist. Selbst in unsere Urlaube haben wir sie uns nachschicken lassen um immer informiert zu sein. Mein Sohn liest die FR nun on-line.
Liebe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der FR, die im Vordergrund stehenden und die für uns Leser unbekannten, erhalten Sie uns und Ihnen diese demokratische, emphatische Zeitung. Liebe Leser der FR, bleiben sie dieser Zeitung auch weiterhin treu!
Herzlichen Glückwunsch!
Auf 75 Jahre komme ich nun wirklich nicht, das will ich gar nicht behaupten. Aber 50 sind es sicher. Die Frankfurter Rundschau entdecke ich 1970 mit zwanzig Jahren für mich. 1970 ist ein sehr wichtiges Jahr für mich. Die Beatles trennen sich, die Zeit der Livebands endet und es beginnt die Disco-Ära. Ich kaufe mir ein erstes Auto, einen R 4, mache Abitur, fange an, Politologie zu studieren, ziehe zu Hause aus, heirate, kaufe mir eine alte Kate, baue sie aus und ziehe ein in mein neues, eigenes Leben.
Was passt da besser, als eine eigene Zeitung? Bei mir zu Hause lesen Mutter, Tante und Großmutter das Ostpreußenblatt und die Kieler Nachrichten. Beides keine besonders liberalen Produkte. Die FR kaufe ich ab und zu, sie gefällt mir immer besser und schließlich abonniere ich sie. Den politischen Aufbruch in ein liberaleres Land, die endende Nachkriegszeit, die immer wichtiger werdende Frauenbewegung, die sozial-liberale Denke, das alles gefällt mir sehr gut.
Studium, Heirat, Examen, Scheidung, Volontariat, unterschiedliche Arbeitsstellen, Familiengründung mit neuem Partner und drei Kindern, Emanzipation, älter werden, alle meine sich lebenslang verändernden Themen finde ich in der FR immer wieder beleuchtet, durchdacht, hinterfragt und oft auch beantwortet.
Seitdem sind locker mal eben 50 Jahre vergangen. Tochter, Sohn und Tochter sind aus dem Haus, haben alle studiert und arbeiten zufrieden. Die FR ist mir auch heute noch ein täglicher wichtiger Begleiter. Sehr oft finde ich meine Gedanken wieder, sehr oft orientiere ich meine Gedanken aber auch neu nach der Lektüre eines Beitrags.
Wegen der lokalen Berichte habe ich seit ein paar Jahren auch die Kieler Nachrichten abonniert. Was die beiden Zeitungen unterscheidet, ist klar. Nur die FR bietet mir in diesem schwierigen Jahr 2020 Denkanstöße, Korrektur, Anregung und Lebenshilfe mit der schon bald nach Corona-Ausbruch ins Leben gerufenen Serie „Die Welt nach Corona“ – Danke dafür und danke für die Begleitung durch ein langes, spannendes Leben.
Nach meinem Abitur und Wehrdienst habe ich 1976 mein Studium der Volkswirtschaft und Soziologie in Köln begonnen. Wie ich zur FR gekommen bin, das weiß ich nicht mehr; aber seit dieser Zeit bin ich der FR treu geblieben mit Abo-Gutscheinkärtchen damals und Zustellabo heute in München.
Und nun „meine Geschichte mit der FR“.
Nach Abschluss des Studiums war ich Anfang 1982 auf Job-Suche, wollte an sich in Köln bleiben, aber der Arbeitsmarkt war schwierig, und so bewarb ich mich auf eine Anzeige eines Personaldienstleisters mit Sitz in Düsseldorf (!) der einen Personalassistenten für ein Unternehmen in Paderborn suchte.
Nach Ostwestfalen, ins damals benannte „schwarze Paderborn“ wollte ich ja überhaupt nicht hin. Also fuhr ich relativ entspannt zum Bewerbergespräch nach Düsseldorf, mit meiner FR,
und legte diese auch demonstrativ auf den Tisch. Ich wusste ja um den Ruf der Zeitung
– kritisch gewerkschaftlich orientiert und linksliberal – und bei Arbeitgebervertretern durchaus mit Skepsis betrachtet.
Und dann kam es so, wie ich es fast erwartet hatte. Am Ende des Interviews fragte mich mein Gesprächspartner, und ab Sommer 1982 dann Chef:
„Sagen Sie, gibt es in Köln keine Zeitung?“
„Doch,“ antwortete ich, „den Kölner Stadtanzeiger zum Beispiel“
„Ja, und warum lesen Sie nicht den, sondern die Frankfurter Rundschau?“
„Ach, einmal, weil die FR umfassender ist, sie zudem eine flotte Schreibe hat und meiner politischen Einstellung entspricht!“, war meine prompte und ehrliche Antwort.
„Ja, als Student habe ich sie auch mal gelesen, aber man ja schon über gewisse Ansichten und Äußerungen diskutieren,“ kam als Entgegnung.
„Klar, das kann man natürlich…“ war meine Erwiderung und damit das Thema im Interview beendet.
Trotz dieses für eine Bewerbergespräch grenzwertigen „Auftritts“ wurde ich zu einem zweiten Gespräch mit dem Personalvorstand des besagten Unternehmens eingeladen und wurde dann tatsächlich eingestellt.
Ich bin dann doch nach Paderborn zu dem Unternehmen und „diesem Chef“ gegangen,
auch weil, ich annahm, man kennt auf Arbeitgeberseite meine Einstellung und man scheint diese zu akzeptieren. Ich bin nicht enttäuscht worden und habe diesen Schritt nie bereut!
Dank auch der Frankfurter Rundschau!
Liebe Frankfurter Rundschau, lieber Bronski,
Die Frankfurter Rundschau feiert heute ihren 75. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!
Auch mein Geburtstag fällt auf diesen Tag, der 75. wird es aber erst im nächsten Jahr.
Ich wohnte noch in Cottbus als ich mich entschied ins Altbundesgebiet umzuziehen. Die FR half mir dabei in Hessen, zuerst in Altenstadt, dann in Frankfurt Arbeit und Wohnung zu finden. Obwohl es ursprünglich der Stellen- und Wohnungsmarkt waren, die mich interessierten, fielen mir die sehr gut recherchierten Beiträge, Hintergrundinformationen und das Feuilleton auf. Damals wurden noch Romane in Fortsetzungen gedruckt, z.B. „Schindlers Liste“, 1994. Ich habe mehrere Romane ausgeschnitten und gesammelt. Seit 1993 bin ich Abonnentin der FR. Trotz mancher schwerwiegender Einschnitte und Umstellungen (neues Format mit weniger Platz, Eigentümerwechsel und vieles mehr), die die FR durchlitten und überlebt hat oder gerade deshalb bin ich der FR treu geblieben und werde das auch weiterhin tun.
Als ich noch ein Kind war, las mein Opa meiner Oma aus der Zeitung vor, während sie Hausarbeit machte oder kochte. Da war eine wunderbare Stimmung im Raum, die mich sehr geprägt hat. In meinem Elternhaus gab es keine Tageszeitung. Als ich verheiratet war, fand mein Ehemann, dass wir eine Tageszeitung abonnieren sollten. Allerdings konnten wir uns nicht einigen, welche. Also abonnierte ich die Frankfurter Rundschau und er die FAZ. Die sich daraus ergebenden Diskussionen muss ich wohl nicht näher beschreiben. Sie waren teils ärgerlich, aber auch anregend, informativ und aufklärend. Die Ehe scheiterte und ich zog weg aus Frankfurt. Nicht ohne meine FR. Die begleitet mich bis heute. Meinen zweiten Ehemann habe ich unter Mithilfe der FR kennengelernt. Dank der gut recherchierten und verständlich aufbereiteten Beiträge fühle ich mich stets gut informiert. In schwierigen Fällen bestens aufgeklärt, meine Fragen beantwortet. Die Zeitung morgens in Händen zu halten gehört einfach zu einem guten Frühstück dazu. Ich hoffe, dass es die gedruckte Ausgabe noch lange gibt.
Mich als parteilosen Bürger freut es besonders, dass die FR beim Bericht über die Anfänge der Zeitung so anders als viele Medien dieses Landes die Tatsache mit erwähnt, welche wichtige Rolle auch Kommunisten nach den Martyrien des SS-Staates gerade auch für sie selbst beim Aufbau einer freien Presse und konkret bei der Profilbildung der FR spielten. Einen so sachlichen Umgang mit diesem Teil der Nachkriegsgeschichte erlebe ich leider noch sehr selten. Danke für Ihre diesbezügliche Unvoreingenommenheit.
Herbst 1980: In einem WG-Haus in Göttingen, im Klo auf „halber Treppe“, also zwischen zwei Stockwerken, fiel über lange Zeit der Blick von der Toilette unweigerlich auf einen Artikel der FR. Er stammte aus der Rubrik „Im Wortlaut“ auf Seite 4 und trug die Überschrift „Wie der Bulle pisst.“
Die Rubrik „Im Wortlaut“, ebenso wie die Rubriken „Im Blickpunkt“, „Im Hintergrund“, „Im Porträt“ und das Nachrichtenfeature – die Einbettung eines Ereignisses in eine Erzählgeschichte – waren äußerst beliebte Markenzeichen der FR und eine Neuheit in der deutschen Presse. Entwickelt und eingeführt hatte sie Hans Michael Rathert aus der zweiten FR-Generation, der ab 1969 die Nachrichtenredaktion leitete. Damit führte er auch die Form der in der anglo-amerikanischen Presse schon länger üblichen „news analysis“ hierzulande ein. Ein weiterer „Renner“ der FR, die tägliche Dokumentationsseite, war seine Idee.
Darum ging es im Herbst 1980 bei dem Wortlaut zu „Wie der Bulle pisst“: Bundeskanzler Helmut Schmidt hatte sich darüber mokiert, wie der damalige Kanzlerkandidat Franz-Josef Strauß (CSU) sich über die Mitbestimmung von Gewerkschaften in Unternehmen geäußert hatte. Strauß rede, „wie der Bulle pisst, eben mal so und mal so“, hatte Schmidt beim Deutschlandtreffen der SPD Anfang September 1980 in Dortmund gesagt. Die Union beschwerte sich darüber bei der Wahlkampf-Schiedsstelle. Denen, die das zu bewerten hatten, bot das ZDF öffentlich eine „freundschaftliche Hilfe“ zum Verständnis an. Mit einer Analyse des Münchner Tier-Verhaltensforscher Hans Hinrich Sambraus im „Heute Journal“, in Wort und Bild. Die FR gab die Erklärung des Wissenschaftlers Sambraus auch an ihre Leserschaft weiter – und damit auch an die Göttinger WG:
„Ich darf vorausschicken, dass ein entsprechendes Verhalten des Bullen in Norddeutschland zumindest sprichwörtlich ist. Man sagt, er geht wie ein Bulle, pinkelt oder harnt oder ein entsprechendes anderes Wort. Oder, er spricht wie ein Bulle harnt, womit man wohl meint, dass ein Bulle, wenn er in der Vorwärtsbewegung im Gehen harnt, keine glatte Spur verfolgt, sondern der Harn hat eine pendelnde Bewegung, eine schlängelnde Bewegung, und das ist wohl auf folgendes zurückzuführen: Sie können hier an diesem Bullen sehen, daß er eine sehr lange Vorhaut hat, und diese Vorhaut pendelt beim Vorwärtsgehen hin und her und führt dann zu einer schlängelnden Harnbewegung. Das ist die eine Möglichkeit. Die zweite Möglichkeit wäre die, dass ein Bulle am Anfang des Harnvorganges nicht den Harn auf einmal ausscheidet, sondern in Intervallen, das heißt, es tritt wohl vorübergehend nach jeweils ein, zwei Sekunden ein krampfartiger Zustand ein, so dass man sagt, der Harn wird intermittierend ausgeschieden. Erst im weiteren Verlauf des Harnvorganges wird dann ohne Unterbrechung der Harn ausgeschieden, so dass vom Verhaltensablauf her gesehen die Äußerung des Bundeskanzlers durchaus realistisch ist.“
Aktuell liegt dazu vielleicht auch der Gedanke an Trump nahe.
Zu Beginn der 70er Jahre sah ich des Öfteren den damaligen Chefredakteur der FR, Werner Holzer, am Sonntagmittag im Internationalen Frühschoppen des Westdeutschen Rundfunks mit Werner Höfer. Das machte mich neugierig, und ich wollte die Zeitung lesen! Es gab sie jedoch in unserem kleinen Ort nicht zu kaufen, sondern lediglich am Kiosk des Hauptbahnhofs in Osnabrück. So bin ich dann oftmals, wenn ich in Osnabrück war, extra zum Bahnhofskiosk, um die Frankfurter Rundschau zu kaufen. Ich war begeistert von der Zeitung, die so ganz anders war als unsere hiesige konservative Heimatzeitung.
In späteren Jahren gab es die FR dann auch hier im Ort zu kaufen. Seit 1996 bin ich Abonnentin und genieße es, Ihre Zeitung schon zum Frühstück lesen zu können. Machen Sie weiter so!
Erstmal meinen herzlichen Glückwunsch zum außergewöhnlichen Jubiläum der ersten hessischen Tageszeitung nach dem Weltkrieg.
Auch ich – Jahrgang 43, und noch mit blassen Kriegserinnerungen aus dem Nordend gesegnet (meine Mutter mit mir auf dem Arm zum Bunker rennend), gehöre zu den ganz frühen Stammlesern der Rundschau. Meine Eltern hatten sie schon sehr früh abonniert, und ich habe dann später das Abo meiner Mutter auf mich umschreiben lassen.
Wie andere Gratulanten auch erinnere ich mich an einige Details aus der Kindheit, so etwa den bereits erwähnten Fortsetzungsroman. Meine Mutter hat diese ausgeschnitten und gesammelt. Ein paar davon hab ich damals selbst mitgelesen. Aber bald las ich dann auch Berichte vom lokalen Geschehen und mit dem Reiferwerden auch über Politik. In der Schule beschränkte sich ja der Geschichtsunterricht praktischerweise auf die Zeit bis zum Ersten Weltkrieg. Der Zweite Weltkrieg kam nicht vor. Ganz losgelöst von diesem Unterricht wurden uns gelegentlich Filme aus der Nazizeit von einer hessischen Bildungsstätte vorgeführt mit völlig unzureichender Erklärung. Ein brüllender, wutschäumender Hitler, marschierende Soldaten unterm Brandenburger Tor, Goebbels-Reden – alles eher zusammenhanglos und ohne dass daraus was zu lernen war (kann auch sein, daww ich dafür zu blöd war, mit zwölf oder 14 Jahren die richtigen Schlüsse selbst zu ziehen).
Die einzigen weiteren Kenntnisse schöpften wir aus Kriegsschilderungen von zwei oder drei Lehrern; der eine beschlagnahmte im besetzten Frankreich Keller voller Cognac, der andere berichete von lustigen Zugfahrten zur Champaagnerbeschaffung an der Ostfront (muss wohl noch vor Stalingrad gewesen sein). Die Krüppel auf unseren Straßen hielten den Mund, die gesund Heimgekehrten meist auch. Sogar diejenigen schwiegen, die damals Widerstand geleistet hatten, wie auch mein Vater. Schließlich gab’s ja genug Leute mit Nazi-Vergangenheit immer noch in hohen Ämtern.
Ich verdanke zumindestens einen Teil meines politischen Erwachsenwerdens der Frankfurter Rundschau – außer meinen Eltern haben Autoren wie Karl Herold und Karl-Hermann Flach mein Denken stark beeinflusst.
Seit 1967 lebe ich in Frankfurt und seit dieser Zeit bin ich FR-Leser. Ich habe die Entwicklung der FR verfolgt und fand die Zeitung sehr gut, weil sie kritisch war. Leider ist sie im Laufe der Jahre unkritischer geworden, auch die Artikel sind kürzer geworden. Was mich stört, sind die großen Fotos auf der Titelseite! Sie nehmen den Platz für kritische Artikel! Leider fehlen mir die guten Redakteurinnen ,wie Frau Claudia Mchels (ich war verwandt mit ihr!) und Frau Topcu!
Im Hause von Herrn Carlebach verkehrte ich, da ich mit der Tochter befreundet war. Es war eine aufregende Zeit, die mich immer die FR begleitet hat! Viel Erfolg weiterhin wünsche ich der ganzen Redaktion.
Herzlichen Glückwunsch zu 75 Jahren erfolgreichen, unabhängigen Journalismus. Als einzigen Kritikpunkt vermisse ich mehr Liberalität im Sinne von Karl-Hermann Flach. Aktuell müssen Sie aufpassen, das nicht die Pressefreiheit fundamental von der Bundesregierung eingeschränkt wird. Die Bundesregierung plant bekanntlich ein Gesetz, wodurch es den Geheimdiensten erlaubt sein soll, auf Daten jedes Bürgers mittels einer Spionagesoftware zuzugreifen. Das Unglaubliche ist, das der Zugriff auf die Daten ohne Genehmigung der Justiz erfolgen soll. Das ist ein ungeheuerlicher Eingriff in die Privatsphäre. Für die Pressefreiheit wäre das fatal, weil dadurch der Informantenschutz ausgehebelt würde.
Einen ganz herzlichen Glückwunsch zum 75. Geburtstag, liebe Frankfurter Rundschau, dazu Freude und abermals Freude, Mut und Compassion (eines meiner Lieblingswörter), Neugier und Zuversicht: „The best is yet to be!“ Möge das neue Lebensjahr viele neue „sites, sights & insights“ mit sich bringen! Und aufgepasst: Mit „75“ gehört man keineswegs zum alten Eisen (vgl. 1. Mose 12,1ff. (V.4!): Erst mit 75 nimmt Abraham die Einladung Gottes an und brach ins gelobte Land auf. Die Reise geht also jetzt erst richtig los!
Ich wüsste nicht, wie ich morgens meinen Kaffee genießen könnte ohne die FR. Das wurde mir besonders bewusst, als vor vielen Jahren gestreikt wurde, der Kaffee schmeckte nicht.
Ich war über Jahre treuer Leser der FR inkl.Abonnements etc. ! Mittlerweile lese ich Ihre Artikel nur sporadisch auf Ihrer Website & wundere mich jedes Mal, wie die FR, vormals eine links – liberale Zeitung, solch qualitative & inhaltliche Einbußen erfahren konnte. Das Recht auf freie Meinungsäußerung lassen Sie nur gelten, wenn es Ihrem links radikalen Weltbild entspricht. Dies merkt man vor allem daran, dass die Kommentarfunktion unter Artikeln willkürlich abgeschaltet wird, kritische Kommentare anders denkender Menschen sind nicht erwünscht. Außerdem sind in beinahe jedem Artikel mehrere Rechtschreibfehler zu finden, was mich zu der Frage führt, ob Sie diese überhaupt gegenlesen oder so einfach veröffentlichen. Hochwertige Berichterstattung sieht anders aus. Ich kann Ihnen daher, aus o.g. Gründen, leider keine Glückwünsche zum Jubiläum aussprechen.
Freundliche Grüße
Carlos José Santos
Herzlichen Glückwunsch zum 75. Geburtstag. Auch für mich als in Bebra in Osthessen ansässiger Rechtsanwalt gehört die Digitalausgabe am Vorabend unbedingt dazu, um umfassend informiert zu sein.
Mein Urgroßvater war in der Druckerei der Frankfurter Rundschau und mein Großvater war es auch und so bin ich damit aufgewachsen, das morgens immer die Frankfurter Rundschau im Haus war. Mein Vater hat zwar nicht diese Zeitung, sondern die mit den vier großen Buchstaben gelesen, aber immerhin doch eine Zeitung, es war also etwas Normales. Als ich dann mit 16 (1986) anfing täglich nach Frankfurt zur Ausbildung zu fahren, fing die Tageszeitung an mich zu begleiten, dem Abo meiner Großeltern sei Dank. Als beide verstorben waren und dieses auslief, gönnte ich mir, inzwischen Studentin, nach kürzester Zeit ein Studentenabo, ich konnte einfach nicht mehr ohne. Wenn die Zeitung morgens mal nicht kam (zum Glück ist mein Zusteller eine treue, verlässliche Seele, an dieser Stelle Tausenddank dafür) oder ich morgens in der Hektik die Zeitung vergaß, war der Tag nicht derselbe.
Die ganzen Jahre war ich in der Bahn auch nicht allein. Ich kann gar nicht mehr sagen, wann es anfing, dass ich dachte, es werden immer weniger. Als die Zeitung noch großformatig war, war es richtig schwierig morgens im engen Zugabteil mit Sitznachbar, seine Zeitung zu lesen. Dann wurde die Zeitung kleiner (übrigens eine sehr gewöhnungsbedürftige Zeit, da war ich „not amused“, aber der Mensch ist ja ein Gewohnheitstier) und es wurde etwas leichter zu lesen, aber wahrscheinlich auch, weil es immer weniger Menschen gab die eine Zeitung lasen. Jetzt schauen die Meisten aufs Smartphone, vielleicht auf die FR?
Ich lese halt auch gerne noch ganz altmodisch auf Papier. Im Beruf habe ich doch auch recht viel mit digitalen Informationen zu tun, so dass dies einfach was Vertrautes ist. Tagsüber nutze ich auch gerne zwischendurch mal die FR-Online, um ganz Aktuelles zu erfahren. Nichtsdestotrotz möchte ich dieses haptische Gefühl nicht missen, das Rascheln von Papier, das Knicken an beliebigen Stellen, um den Artikel besser lesen zu können, die leicht angegrauten Finger und der Geruch nach Druckerei, das hat so was existierendes, realistisches und ehrliches. Trotzdem genieße ich es, auch im Urlaub die FR zu haben und nutze die App auf dem Tablet.
Als 2012 das Fortbestehen der FR auf der Kippe stand, ist mir das Herz in die Hose gerutscht, ich hätte gar keine Alternative gewusst und bin froh, dass dies abgewendet wurde.
Ich fange immer mit dem Lokateil an, und arbeite mich aus meinem engeren Umfeld in die Welt und dann lese von hinten nach vorne. Erst mal Panorama, Kultur und Unterhaltung bevor es über die Wirtschaft und Finanzen in die Welt geht, wo nicht immer was Schönes passiert. Ich liebe die „Kolumne“ auf der Meinungsseite, Herl, Niekisch, Kahane, Heise, Günther, … nicht mit jedem bin ich immer einverstanden, finde es aber gut auch andere Meinungen zu kennen und lese sie auch, selbst wenn ich beim angesprochenen Thema manchmal die Augen verdrehe. Für alles offen sein, das habe ich im Laufe der Zeit gelernt und das Lesen der FR hat mit Sicherheit dazu beigetragen meinen Horizont zu erweitern. Manchmal werden meine gepflegten Vorurteile bestätigt, manchmal in Frage gestellt, und das finde ich gut und erwarte das auch von den anderen Artikeln einer Zeitung, die mich richtig und gut informieren und zum Nachdenken anregen muss. Und „Plaßmanns Welt“ triffst immer genau auf den Punkt, da bleibt einem manchmal das Lachen im Halse stecken. Nur am Wochenende teile ich auch mal mit meinem Mann, der dann gerne das Magazin liest und den Sportteil.
In der Bücherei wo ich arbeite, haben die Tageszeitungen einen hohen Stellenwert. Dies sind die ersten Kunden die morgens um 10 Uhr vor der Tür stehen und die Zeitungen haben wollen. Meist sind es Menschen die es sich nicht leisten können eine Zeitung zu abonnieren und meist auch Menschen, die technisch nicht so affin sind diese digital zu lesen. Seit Corona dürfen wir die Zeitungen nicht mehr anbieten, da niemand lang verweilen soll, aus Ansteckungsgefahr. Das tut uns echt weh!
Ich mag auch nicht verhehlen, dass ich politisch eher in die Richtung der FR tendiere und in einem gewerkschaftlich-orientierten Haus aufgewachsen bin, das prägt. Gerade in diesen Zeiten fühlte ich mich gut informiert, nicht reißerisch, sondern sachlich und mit Bedacht. Dafür möchte ich auch mal Danke sagen und für die vielen Extra-Themen die neben dem Zeitgeschehen auch noch zu finden sind, die aktuelle Serie „75 Lektionen Mut“ ist super!
Mein Mann hat nach dem Lesen meines Berichts gefragt, „hast du gar keine Kritik?“ und mir ist auf Anhieb wirklich nichts eingefallen. Wenn ich mich mal geärgert habe, dann ist es wohl nicht so schlimm gewesen, dass es mir hängen geblieben ist.
Aus meinem Leben ist die Zeitung nicht mehr wegzudenken und eigentlich hoffe ich auch, dass es sie noch lange in gedruckter Form gibt. Vielen lieben Dank an alle Mitarbeiter*innen der Frankfurter Rundschau, Ihr bereichert mein Leben!
Meine Eltern Ernst und Lina Scharf abonnierten die FR vom Erscheinungstag an, dem 1. August 1945. Ich war damals zehn Jahre alt.
Während meiner Lehrzeit (1952-55) bei der Kreishandwerkerschaft in der Bleichstraße in Frankfurt wurde ich des öfteren geschäftlich zur FR geschickt, deren Redaktion sich noch in einem von den Bombenangriffen stark mitgenommenen Haus in der Schillerstraße befand. Ich kann mich noch recht gut an die leider früh verstorbenen Gründer und Chefredakteure Arno Rudert, Karl Gerold sowie Karl-Hermann Flach erinnern.
Meinen Mann begleitete ich mit seinen Berufsschulklassen bei der Besichtigung der Druckerei in Neu-Isenburg. Wir nahmen an der Jubiläumsfeier (50 Jahre FR) am 9. September 1995 in der Großen Eschenheimer Straße teil. Sehr bedauert habe ich, dass das Rundschauhaus in der Großen Eschenheimer Straße im Herzen Frankfurts aufgegeben wurde und die Redaktion nach Frankfurt-Sachsenhausen umzog.
Die Blütezeit der FR war, als die „Rundschau am Abend“ freitags mit umfangreichem Wohnungs- und Stellenmarkt an belebten Straßenkreuzungen verkauft wurde. Am späten Nachmittag standen bereits Wohnungssuchende Schlange am FR-Gebäude.
Am 19. Februar 2013 nahmen mein Mann und ich an der Demeonstration zugunsten des Erhalts der FR am früheren Trambahndepot am Südbahnhof teil.
Einmal jährlich lieferte ich die gesammelten Fehler in der FR ab. Chefredakteur Werner Holzer ging auch schriftlich darauf ein. Später ermunterte mich Stephan Hebel, dies weiter zu tun. Bis Anfang der 2000er Jahre habe ich des öfteren Leserbriefe an die FR geschickt, die auch meistens veröffentlicht wurden.
Ich finde es schade, dass die Zahl der Zeitungsabonnenten und -lesenden immer mehr zurückgeht. Gleichzeitig bewundere ich aber die wackeren Kämpferinnen und Kmäpfer in der FR-Redaktion, die den u.a. von Karl Gerold und Karl-Hermann Flach aufgestellten Grundsätzen, sich für eine gerechte Gesellschaftsordnung einzusetzen, treu geblieben sind.
75 Jahre sind für eine Zeitung eine ansehnliche Bestandszahl. Jedenfalls kenne ich die Jubilarin FR seit Kindheitstagen, schließlich sind wir jahrgangsgleich. Anfangs buchstabierte ich eher, als dass meine Beschäftigung mit dem Druckerzeugnis als Lesen bezeichnet werden konnte. Es war wegen der Größenverhältnisse schwierig zu handhaben. Die „ä“ sahen anderes aus als die auf meiner Schiefertafel geübten, und die „ö“ mussten erst erobert werden. Aber mit der Einführung der samstäglichen Kinderseite hatte ich ein Anrecht am Druckwerk. Die Erwachsenenrubriken konnte ich dann zwar lesen – doch dunkel, ach, blieb mir ihr Sinn, bis auf die Inserate. Die verstand ich und rätselte an den Abk. herum.
Die Inseratseiten entschieden dann auch 1970 den Fortgang meines Lebens. Erstes Fach war examiniert, zweites Fach kurz davor, danach Referendariat – und? Allein leben wollte ich nicht, also musste das Problem „Kontakte“ gelöst werden. Nach der Vergewisserung, dass die Zusender ihre Anzeigentexte selbst verfassten, nahm ich mir „Heirats- und Freundschaftsanzeigen“ vor. Auf de sieben ansprechendsten antwortete ich, die Nr. 5 – das war schon bei der telefonischen Verabredung klar – war „der mir vom lieben Gott lebenslang Zugemutete“. Seitdem leben wir in einer „Menage à trois“ mit unserer Tageszeitung zusammen.
Im Rahmen von „Zeitung in der Schule“ werden einige Jahre lang Textsorten erarbeitet, die berühmten „W-Fragen“ abgeklopt, Nachricht und Kommentar und deren Trennung behandelt und die Erkenntnis, dass Zeitunglesen mitunter schwere Kost sein konnte, weil man so viel Aktuelles wissen musste, um z.B. den Leitartikel zu verstehen.
Im Lauf der Jahre mussten sowohl die FR als auch wir Federn lassen, Sanierungsmaßnahmen und Überlebenswillen einsetzen, vor allem seit der Verbreitung des Internet mit seinen entgeltlosen Angeboten haben Tageszeitungen erheblich kämpfen müssen. Die FR hat ihr Format halbiert, auch inhaltlich ist Einiges abhanden gekommen – und eine Reihe von Abonnenten. Dabei ist in Zeiten digital verbreiteter „Wahrheiten“, Mythen, Meinungen und Ideologien sauber recherchierter Journalismus notwendiger denn je. Wie sehr, das zeigen die Investigationen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Da hat sich die FR echte Meriten verdient – danke dafür.
Ich sehe meine „Totalanalogie“ abhängig von Papierzeitungsausgaben; ich liebe es, morgens mein Blatt diagonal zu „scannen“ und das zu kennzeichnen, was ich in meinen Ruhepausen lesen will. Dennoch denke ich manchmal in Wehmut an die „große Rundschau“ zurück, vor allem an das durch Lektorat geprüfte Sprachniveau. Ich vermisse auch Inhalte. Der Mantel zeigt Anzeichen von Fadenscheinigkeit. Aber das ist die Folge von Konservierungszwängen und zugleich von Selbstbehauptungswillen.
Nun hoffe ich, dass die FR nicht vorhat, ins Internet zu entschwinden, sondern auch die nächsten 75 Jahre dinglich zu erscheinen. Happy birthday to you all – und alles Gute für alle, die ihr Inhalt und Form geben. Wir wünschen erneute Zunahme an Inhalt, Gewicht und Beeutung und gute Arbeitsbedingungen für alle Macher*innen.
Hallo und herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum. Seit rund 50 Jahren bin ich- von kleinen Unterbrechungen weg. Arbeitslosigkeit- Leser der FR und habe auch die Sorge geteilt, als es hieß: Die FR ist am Ende!
Gott sei Dank ist das nicht geschehen und ich kann jeden Tag Wichtiges und für mich unwichtiges ( Lokalteile) lesen, bewerten und kommentieren. Meist bleibt der Kommentar ungehört, da ich dann eher zu mir selbst rede. Doch hin und wieder schreibe ich einen Leserbrief, der dann auch noch veröffentlicht wird. Überhaupt mag ich das Leserforum sehr, da hier überwiegend kluge Mitleser Artikel ergänzen, bewerten oder auch mal kritisch betrachten.
Zuerst hatte ich ein Studentenabo, dann ein “ richtiges“ , dann eine zeitlang nur Coupons, dann über meine Tochter wieder ein Studentenabo und seit längerer Zeit die Online- Ausgabe. Besonders diese hat es mit schon angetan, da ich weltweit die FR lesen kann, keine ( teilweise doch sehr verspätet ankommenden Nachsendungen.
Obwohl mir schon manchmal besonders beim Frühstück das Rascheln des Zeitungspapiers fehlt.
Die FR wird mich weiterhin begleiten und mir die Informationen und Hintergrundinformationen liefern, ebenso wie Analysen und Kommentare.
Liebe FR, bleibe Deinem Stil und Deiner Unabhängigkeit treu.
Für uns beide verbindet sich mit der FR dies: Der eine von uns lernte sie 1966 für 18 Monate als Zivi in Frankfurt kennen und schätzen. Da war das eine FR-Abonnement das einzige, was die gesamte Gruppe von rund 20 Zivis bezahlt bekam. Es ist anzunehmen, dass die Ausgaben für 20 Wehrdienstleistende etwas höher lagen. Als Student las er die FR weiter, auch in Österreich – das Abo dorthin kostete übrigens nur ein paar Mark im Monat. Im Beruf wurde das Blatt ständig genutzt. Dazu kam die Lektüre von Emil Carlebachs Buch „Zensur ohne Schere“ über die Gründerjahre der FR.
Die andere von uns las die FR von 1970 an als Studentin. Das gehörte einfach zum Alltag, das war von Gewinn. Nun lesen wir diese wichtige Zeitung weiterhin jeden Tag. Wir holen sie von der nahelegenen Tankstelle, um selbst aufzutanken, was vor allem politische, soziale und kulturelle Einsichten angeht. Beste und sehr dankbare Grüße.
Im September 1973 zog ich mit 3 FreundInnen in eine Wohngemeinschaft bei Gießen und wir beschlossen, die FR zu lesen. Es gab ein Schnupperangebot: 4 Wochen gratis! Das nahmen wir wahr und gleich 4 mal. Dann dachten wir, es könnten ja noch mehr Personen in der Wohngemeinschaft leben. Also dachten wir uns Namen aus: das Haustier, Fanasienamen. Irgendwann plagte uns das schlechte Gewissen und wir bestellten die Rundschnau.
Die Nachrichten war immer uralt, nicht wie heute im digitalen Zeitalter. Die Rundschau wußte, was bis zum Vortag bis 16 Uhr passiert war, bei Wahlen kannte sie allenfalls die Wählerbefragung bei Schließung der Wahllokale um 18 Uhr, obwohl morgens schon das amtliche Endergebnis fest stand.
Aber sie kam immer pünktlich, jedenfalls in Gießen (das ist in Ostwestfalen nicht mehr so). Nur einmal kam sie erst um 11 Uhr. Die Schlagzeile war: „Willy Brandt zurück getreten“. In so großem Buchstaben, wie ich sie vorher und nachher nie wieder in der Rundschau gesehen habe.
Später konnte ich meine Frau für die FR begeistern. Sie will sie nicht mehr missen,
Der Schock war die Insolvenz der Rundschau. Alternativen, wie die taz haben mich nicht überzeugt. Zum Glück kam es nicht zum Schlimmsten. Die Rundschau ist unersetzlich. Heute lese ich sie nur noch digital, meine Frau nur in Papierform. Beides hat seine Berechtigung.
Seit meinen Studentenzeiten Anfang der 70er Jahre lese ich – fast täglich – die Frankfurter Rundschau. Und stets, wo ich beruflich war, habe ich neben der ortsüblichen Tageszeitung auf jeden Fall noch die FR gelesen. Das war im Lehrer – Studium an der Justus-Liebig-Universität in Gießen der „Gießener Anzeiger“, im Referendariat an der Goetheschule in Limburg/ Lahn die „Nassauische Neue Presse“und hier über 43 Jahre in Salzgitter die „Salzgitter Zeitung“. Wie sehr ich den narrativen – analytischen Artikel – Stil der FR geschätzt habe, zeigt sich daran, dass ich die oft passend zum Unterricht eingesetzt habe. Jetzt im Ruhestand denke ich oft – na, das wäre doch wieder einmal ein super Artikel für den Unterricht. Weiter so, FR.
So sehr mir die Artikel/ Kommentare von Joachim Wille „behagen“, so sehr bin ich mit einem Vorschlag gescheitert, den ich letztes Jahr der FR unterbreitet habe. Frei nach dem Motto: Deutet man mit einem Finger auf einen anderen, deuten drei Finger auf einen selbst, schlug ich vor, das Gebäude der FR mit einer Photovoltaikanlage mit Solarbatterie für die Senkung des Fremdstrombezugs auszustatten, so wie ich das von zuhause aus seit mehreren Jahre so kenne. Denn es ist unglaublich, wie positiv sich das Lebensgefühl in Bezug auf das „Energiebefinden“ mit einer solchen Anlage verändert. Doch da wurde mir beschieden, dass die FR in einem Mietgebäude angesiedelt ist, und wohl wenig Aussicht auf die Installation. Ach, wie schade!
Mit solaren Grüßen
Lutz Wedel
Am 3. Mai 1966 kam ich nach Frankfurt am Main an die Akademie der Arbeit in der Universität. Von diesem Zeitpunkt an lese ich die FR und habe sie mit unwesentlichen Unterbrechungen seit 54 Jahren abonniert, als Studierender der AdA . Der Anfang, 1966, war ein Studenten Abo.
Im Mai 1967 ging es zurück in mein Heimatdorf Lienen in Westfalen. Die FR kam mit. Vom Postboten erfuhr ich, dass ich nicht der einzige Abonnent in unserem Dorf war, der Sohn des Direktors der örtlichen Sparkasse bezog ebenfalls die FR.
Ende 1967 nahm ich meine hauptberufliche Tätigkeit als Angestellter des DGB an dessen Bundesschule in Bad Kreuznach auf. Natürlich mit FR Abo.
Das setzte sich auch Anfang 1969 fort als ich beim DGB-Hessen tätig wurde. Aber jetzt war ich nicht nur Abonnent und Leser , die FR begleitete meine Öffentlichkeitsarbeit Jahrzehnte lang. Hier einige von unzähligen Stationen und Ereignisse:
In den 1970 ziger Jahren wurde meine Arbeit als Jugendbildungsreferent, als DGB-Landesjugendsekretär und als Referent für Erwachsenenbildung hauptsächlich von Gert Schmidt (gesch), Jutta Roitsch und Stefan Hebel, journalistisch begleitet.
Zunächst war da die Kampagne „Von den Kollegen gewählt – von den Bossen gefeuert“:
Mehrere hessische Unternehmen (und auch Verwaltungen) hatten sich eine Lücke im damals novellierten Betriebsverfassungsgesetzes zu Nutze gemacht, um sich von unliebsamen Interessenvertreter*innen nach der Ausbildung nicht zu übernehmen.Die Gesetzeslage ließ das zu. Fast vierzig gewählte Jugendvertreter*innen wurden unter Ausnutzung dieser Lücke von heute auf morgen nach ihrer Ausbildung auf die Straße gesetzt. Andere (männliche) wurden plötzlich zur Bundeswehr eingezogen. Mit viel publizistischer Unterstützung und der Begleitung unserer Aktion hauptsächlich durch die FR wurde schließlich das Betriebsverfassungsgesetz zugunsten der Interessenvertretungen positiv geändert und die Gesetzeslücke geschlossen.
Zwei weitere wichtige Ereignisse, die ich eng mit der FR verbinde:
Nach der Nelkenrevolution in Portugal 1974 starteten Kolleginnen und Kollegen und ich eine Spendenaktion für die Anschaffung eines Traktors, für einen Bauern, der im nördlich Alentejo, die brachliegenden Felder eines Großgrundbesitzers besetzt hatte. Die FR unterstützte diese Aktion mit ihrer Berichterstattung.
Bald war der Betrag von ca. 20.000 DM zum Kauf des Traktors beisammen. Dies hatte allerdings ein böses Ende. Nachdem die „Konterrevolution“ Ende der 1970ziger Jahre in Portugal siegte, wurde unser Bauer von dem besetzten Land vertrieben. Vom Grossgrundbesitzer wurde ihm der Prozess gemacht.
Das Urteil: umgerechnet 30.000 DM Schadenersatz waren zur zahlen oder der Hof des Bauern würde gepfändet. Wir starteten erneut eine Spendenaktion, von deren Erfolg wir nicht überzeugt waren. Doch dann lernte ich Stefan Hebel kennen, der ziemlich neu bei der FR war. Es gelang ihm, an prominenter Stelle der FR D-Ausgabe, Seite 2, unseren Aufruf mit Kontonummer (!) zu plazieren. In kürzester Zeit hatten wir das Geld zusammen und konnten portugiesische Bauern vor dem sicheren Ruin bewahren.
Mir fällt da auch noch Jutta Roitsch ein. Diese Geschichte geht so:
Die Professorin Dr. Ingrid Lisop, an der Frankfurter Uni, AfE, (Abt. für Erziehungswissenschaften) hatte Ende der 1970 ziger Jahre die Idee, Gewerkschafter in die Arbeit der AfE einzubinden. Der damalige Landesjugendsekretär des DGB-Hessen, Gottfried Heil, und ich als Referent für Erwachsenenbildung, sollten bei ihren Studenten*tinnen eine Seminar über „Gewerkschaftliche Erwachsenbildung“ abhalten. Daraus wurde nichts. Der damalige Präsident der Universität, Kelm, intervenierte mit der Begründung, wir hätten keine ausreichende akademische Qualifikation. Voraussetzung für eine solche Tätigkeit sei eine Promotion. Unser Fachhochschulabschluss reiche bei weitem nicht aus. Darauf hat Jutta Roitsch, die davon erfuhr einen bitterbösen Artikel in der FR veröffentlicht unter dem Titel: „Wenn Proleten an der Uni tätig werden wollen!“
In den 1980 ziger Jahren war ich als Gewerkschaftssekretär bei der Gewerkschaft ÖTV Frankfurt für die Stadtverwaltung Frankfurt zuständig und als solcher auch für die Öffentlichkeitsarbeit.
Die FR hat das intensiv begleitet. In der Zeit war u.a. Claus Gellersen verantwortlicher Redakteur der Stadtredaktion.
Eines Tages gab es in der Sozialverwaltung eine wichtige Personalversammlung zur Jugendpolitik. Petra Roth als jugendpolitische Sprecherin der CDU sagte ihre Teilnahme zu. Die FR hatte keinen Zutritt. Gellersen bat mich einen Bericht zu schreiben. Der wurde dann auch veröffentlicht und war unterschrieben mit dem Kürzel Ho. War wohl so reingerutscht. Gellersen rief mich und sagte: „Herr Hooge, das werden wir mal nicht zur Gewohnheit werden lassen!“ Kam dann auch nie wieder vor.
Ich war dann für 4 Jahre, von 1991 bis 1995 DGB-Kreisvorsitzender in Frankfurt. Sehr viele Ereignisse aus dieser Zeit wurden von Friderike Tinappel begleitet. Große Maikundgebungen wurden organisiert. 1991 sprach Stefan Heym auf dem Römerberg und 1992 der Zukuftsforscher Robert Jungk. Das waren schon Highlights, die auch ihren Niederschlag in der FR fanden. Wie auch u.a. die Themen: Blaumannarbeitsplätze, industriepolitisches Leitbild der Stadt, die Gründung der sozialpolitischen Initiative und die Erstellung eines Armutsberichts.
Als die FR 1995 dann 50 Jahre alt wurde, gab es ein Fest im Hof des Zeitungsgebäudes am Eschersheimer Turm. Zwei Begebenheiten sind mir in Erinnerung. Zunächst stellte mir Roland Koch seinen Freund Guido Westerwelle vor. Dann hatte unter anderen der Kabarettist Matthias Beltz die Aufgabe übernommen, ein Laudatio auf die FR zu halten. Dabei merkte er an: einen der Lizenzträger der FR 1945, den Kommunisten Emil Carlebach, damals auch von den Amerikanern eingesetzt, habe er nicht gesehen, er sei wohl nicht eingeladen worden. Beltz wörtlich: „Naja, vielleicht war der FR die Anreise mit der Straßenbahn zu teuer“.
Im gleichen Jahr war ich zum DGB-Landesvorsitzenden Hessen gewählt worden. Die Wahl lief im Vorfeld alles andere als glatt. Von einigen Gewerkschaften wurden Gegenkandidaten aufgebaut, die FR dokumentierte die unterschiedlichen Bestrebungen. Schließlich obsiegte ich bei der Wahl im März 1995.
In den 7 Jahre meiner Amtszeit wurde meine Tätigkeit bisweilen von der FR kritisch aber oft auch durchaus unterstützend begleitet.
Besonders hervorheben will ich die positive journalitische Begleitung der FR für die Kampagne unter der Federführung des DGB „Weltoffenes Hessen“ gegen die Unterschriftenaktion des Roland Koch 1998/99 gegen die doppelte Staatsbürgerschaft.
2001 erklärte ich öffentlich, dass ich im Frühjahr 2002 aus gesundheitlich Gründen nicht mehr für das Amt des DGB-Vorsitzenden in Hessen kandidieren würde. Friederike Tinnappel nahm das zum Anlaß, einen größeren Artikel über mein Leben im DGB und seinen Gewerkschaften zu verfassen.
Auch nach meinem Ausscheiden beim DGB blieb die Nähe zur FR erhalten. Das galt auch in den vergangenen Jahren für meine politische Tätigkeit.
Gerne bringe ich mich bisweilen per Leserbrief in Erinnerung. Dabei beschränke ich mich bewusst auf höchstens 6 bis 7 pro Jahr.
Letztlich möchte ich abschließend aber doch noch hervorheben, das Claus-Jürgen Göpfert im November 2018 meinen 75. Geburtstag zum Anlass nahm, 16 Jahre nach meinem Ausscheiden beim DGB einen Beitrag auf der Hessenseite der FR zu veröffentlichen, der auch noch mal wichtige Stationen meines Lebens der letzten 50 Jahre nachzeichnete.
Die FR war, ist und bleibt für mich die wichtigste Zeitungslektüre. Nicht immer löst alles, was ich da lesen muss, bei mit Freude aus. Aber unterm Strich ist diese Zeitung für mich unverzichtbar. So wird es auch zukünftig bleiben!
Ich war Student in Darmstadt, die FR baute regelmäßig ihren Zeitungsstand im Foyer der „Otto-Bernd-Halle“ auf, die damals mittags als Mensa der TU genutzt wurde. Die Bundesregierung bestand aus einer großen Koalition unter Bundeskanzler Kurt Georg „Silberzunge“ Kiesinger (CDU). Als die CDU mit dem Werbeslogan „Sicher in die 70er Jahre“ im Bundestagswahlkampf für sich warb, war ich Abonnent der FR. Auch in der FR gab es diese Werbeslogans, über die ich mich sehr ärgerte. Zeitung gehörte in meiner Familie zur Familienkultur, mein Vater war Leser der FAZ, meine Mutter war Abonnentin der Taunus-Zeitung. Mein Vater wollte wissen, was in der Welt und der Wirtschaft passierte, meine Mutter interessierte Regionales rundherum. Beide Zeitungen waren für einen angehenden 1968er Studenten indiskutabel! Ich zog in Darmstadt viermal um, das Zeitungsabo der FR wurde jeweils umbestellt. Ich hob sogar alle Politikseiten (meistens die ersten vier) täglich auf und lagerte sie bei meinen Eltern auf dem Dachboden ein. Zuhause bei meinen Eltern knüpfte ich einen zweiten Kontakt zur FR. Das Musterhaus der Doppelhaussiedlung, in der meine Eltern wohnten, wurde von Karl-Hermann Flach gekauft, der damals Chefredakteur der FR war. Wenn K.-H. Flach einmal zuhause war, dann konnte ich mit ihm interessante Gespräche über Politik führen. Das gute Verhältnis gipfelte darin, dass ich, obwohl kein Anhänger der FDP, K.-H. Flach bei seinem Wahlkampf für den Bundestag als Helfer zur Verfügung stand. Aus der Zeit sind mir geblieben: mehrere Bücher, deren Autor K.-H. Flach ist, das Freiburger Programm der FDP (Mitautor K.-H. Flach) und auf meine Bitte ein Plakat gegen F.J. Strauß aus seinem Wahlkampfbüro: „Euch wird noch Sehen und Hören vergehen!“ Bis heute bedauere ich, dass K.-H. Flachs „politisches“ Fotoalbum, wie es scheint, verschwunden ist. Darin waren viele Fotos aus der Adenauer-Zeit, die FDP-Politiker bei Besuchen in der DDR zeigten. Es bestanden intensive Kontakte während des kalten Krieges „nach drüben“. Mein FR-Abo zog mit mir um nach Aschaffenburg, wo ich abseits meiner Studienrichtung eine Stelle bei einer Softwarefirma antrat. Ich geriet in ein notleidendes Projekt und ich kündigte bald – damals bar jedweder Kenntnis in Arbeitsrecht. Ich verließ mich auf eine mündliche Zusage einer Firma aus der Zulieferbranche der Automobilindustrie. Zwei Wochen vor der geplanten Arbeitsaufnahme erhielt ich eine schriftliche Absage. Ich meldete mich arbeitslos und wurde wegen selbst verschuldeter Arbeitslosigkeit für einen Monat von der Zahlung von Arbeitslosengeld ausgeschlossen. Die Akademikervermittlung des Arbeitsamtes Würzburg vermittelte mich nach München, bis zum Arbeitsantritt in München restaurierte ich bei einem Freund in dessen Werkstatt in Dieburg das Auto meiner mittlerweile verstorbenen Mutter, das ich jetzt im Alltag fahren wollte. Beim Umzug nach München war natürlich das Abo der FR mit dabei – kein Problem! Auch ein Autounfall bei Würzburg-Biebelried, der mich mehrere Wochen in das Krankenhaus in Kitzingen brachte, war für den Vertrieb der FR kein Problem: Ich erhielt meine FR auch im Krankenhaus pünktlich jeden Tag. Nach dem Tod meines Vaters 1997 musste ich mein privates „Zeitungsarchiv“ auf dem Dachboden meines Elternhauses aufgeben. Der Käufer des Hauses hatte mir leichtsinnigerweise zugesagt, er werde die Zeitungsstapel entsorgen. Er hat sich später bei mir beklagt: „Wenn ich gewußt hätte…“ Es muss ein ganzer Container gewesen sein (FR 1966 – 1997). Ich zog von München nach Gauting, das FR-Abo mit mir. Solange die FR selbständig war und solange der Verlag Neven-Dumont für sie sorgte, gab es keine Probleme. Ohne es geplant zu haben, blieb ich meinem Arbeitgeber in München bis zur Rente verbunden – zusammen 31 Jahre. Ich konnte viele Veränderungen an der FR miterleben, ich konnte sogar die Korrekturzeichen und Redaktions-markierungen in den Seitenköpfen der Zeitung interpretieren (wer kennt die heute noch?). Die auffälligste Änderung im Inhalt war für mich die letzte Änderung, bei der der Platz für aktuelle Nachrichten wesentlich reduziert wurde. Im Dialog wurde meine Vermutung bestätigt: Aktuelles erfährt man heute über Rundfunk und Fernsehen (ausdrücklich nicht über Social Media!), Platz ist da für Hintergrundinformationen – für mich der Weg, uns Lesern die FR zu erhalten!
Einen herzlichen Glnckwunsch der Rundschau zu ihrem Fnnfundsiebzigsten und ein Dankeschön an ihre Erzeuger und Macher. Seit fast 40 Jahren ist sie unsere Nummer Eins. Inzwischen im Ruhestand, praktizieren meine Frau und ich nun mit Freude die Mehrfachnutzung der Zeitung. Das bedeutet, nach der morgendlichen Lektnre bei einer Tasse Kaffee schwinge ich mich – nun bestens informiert und egal, wie das Wetter ist – auf meinen Drahtesel und bringe das Blatt zur Familie meiner Tochter, wo es ein drittes und viertes Mal gelesen wird. Nur bei der RStselseite gibt es ein Problem: Die mnssen wir uns teilen.
Am 1.8. schrieb ich Ihnen meinen Glückwunsch zum außergewöhnlichen Jubiläum der Frankfurter Rundschau. Dabei erwähnte ich auch den damals bekannten Fortsetzungsroman. Meine Mutter hat diese ausgeschnitten und gesammelt.
Und jetzt stoße ich auf ein anderes Relikt aus jener Zeit. Für meine Frau muß ich im alten Kochbuch meiner Mutter ein Rezept nachschlagen. Und stoße dabei auf ein Zettelchen, aus einer Zeitung ausgeschnitten, Garzeiten beim Grillen. Offensichtlich ein Relikt mit Tips der Rundschau-Redaktion. Schon interessant, was einem so unter die Finger geraten kann …
Gendern! Oder: der Niedergang (m)einer Zeitung, der FR.
1967 kam ich nach Frankfurt, ließ die biedere Westfälische Rundschau in Dortmund zurück, ebenso das Westdeutsche Tageblatt (leider eingestellt) und die gute WAZ. In Frankfurt begann eine neue Zeit: durch die Frankfurter Rundschau, da ging die Sonne auf; für ein paar Jahrzehnte. Das ist nicht nur lange her – das ist vorbei. Von der FR, wie ich sie so lange sehr geschätzt habe, ist bis auf ein paar Restspuren nichts mehr übrig geblieben. Auch wenn die eine oder andere langjährige FR-Leserin den Glanz von damals noch auf die heutige Zeit meint übertragen zu können: das ist frommer Selbstbetrug.
Was ist geblieben? Ein paar wenige Autoren, die mir viel bedeuten – das tröstet mich immer wieder. Ansonsten? Eine gräßliche politische Linie voller Anpassungsartistiken, regierungstreue Glaubensbekenntnisse, US-Treue, große Distanz zu Rußland und den sonstigen üblichen Verdächtigen. Keine eigene Haltung mehr, wie das „früher“ selbstverständlich war: jetzt also z.B. Nawalny, bis zum Erbrechen. Kein Gedanke mehr an cui bono? Das Verdammungsurteil, das regierungsamtliche, wird voll übernommen. Gleichschaltung nannte man das früher.
Jetzt dann also Fluchtbewegungen mit der Herde: schäbiger Umgang mit der deutschen Sprache, „sc-h“ wird schamlos getrennt, Wortsilben ebenso, die Schriftsetzer der Vergangenheit hätten diesen Unsinn korrigiert. Heute völlig unzureichende Rechtschreibkünste bei den Textern, immer wieder – weil niemand mehr Korrektur liest (als Mensch, meine ich). Der Höhepunkt, neben dem Schwadronieren über Rassismus und behauptetem Antisemitismus (und was darunter vertrieben wird), jetzt also das Gendern. Der Gipfel der Dummheit, des gefühllosen Umgangs mit unserer Sprache. Warum? Vermutlich weil zu viele Sprach-Turn-Künstler, die nix zu tun haben (wahrscheinlich im wohlversorgten Staatsdienst) sich Gedanken darüber machen, „wie kann ich mich einbringen in die wirklich großen Probleme der Welt?“ Kein „Kampf“ für einen anständigen Mindestlohn, für Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge, für eine Alters- und Krankenversorgung, die für jeden einzelnen Menschen in unserem Lande selbstverständlich sein sollte, für bezahlbare Mieten für menschenwürdige Wohnungen, für den Schutz der Arbeitnehmer, der Betriebsräte, der Gewerkschaften, für Arbeitsschutz jeglicher Art, für Sicherheit der Arbeitsplätze, mit Tarifverträgen und wirklicher sozialer Sicherheit.
Nein – Gendern muß es sein. Jeder Depp ist eingeladen mitzumachen, seine verqueren Meinungen abzusondern, und die Texte unlesbar zu machen – Texte, die vermutlich nur von anderen Personen gelesen werden… unter Schmerzen.
Aber – gibt es überhaupt Gründe, Frauen (oder das Weibliche) mehr nach vorn zu schieben? Haben wir nicht eine Bundeskanzlerin, eine Kriegsministerin, eine Euro-Kommissionspräsidentin, selbst vormalige Kriegsministerin? Ist die Politik dadurch besser geworden, daß Frauen ihren guten Namen dafür hergeben sollen? Ich würde es sehr begrüßen, wenn viel mehr Frauen mit Wissen, politischem Standort und Charakterstärke sich einbringen würden, eine bessere Politik zu machen: dieses Land hat das bitter nötig, daß endlich Politik für das Volk gemacht würde – „Volk“? Das sind wir alle, die 99%. Doch davon sind wir weit entfernt – es wird lieber mit Inbrunst gegendert: das tut nicht weh, da kann jeder mitmachen, seinen logischen oder Sprach-Senf dazu tun.
Dank unserer herrschenden Politiker- (und s.o. Politikerinnen-) Klasse wird eine verantwortungslose Politik gemacht, die uns mit Riesenschritten ins Verderben führt. Doch keiner schreit, stöhnt, leidet… oder beklagt sich. Eine Stimmung wie damals: „seit 5:45 Uhr wird zurück geschossen“.
Das ist das wirklich Traurige. Doch das Gendern bringt es sinnfällig auf den Punkt, das Absurde, das Hirnrissige, das Verantwortungslose. In diesem unserem Land, in unserer Jetzt-Zeit. Es schüttelt mich.
Werter Herr Wolf („lupus“) aus Mörfelden-Walldorf. Hab Ihren Leserbrief vom 5./6.9. gelesen. Kann der Lobhudelei, was die Ausbildung bei der fr angeht, nur beipflichten. Der Verlag hat meinem Leben die entscheidende Wende gegeben. Privat und beruflich. Privat hab ich als kaufmännischer Angestellter bei der fr (nach der Lehre zum Industriekaufmann, ja das gab`s…) meine Frau kennen – und lieben gelernt. Sie “ schaffte“ u.a. im Sekretariat der Geschäftsführung. Heute sind wir 53 Jahre (!!) verheiratet. Wer schafft das schon. Aber: was die fr einfädelt, das hält,gell ??– Beruflich wollte ich während eines BWL- Studiums Manager werden. Wurde animiert durch eine Anzeige im Schaukasten der ASTA-Studentenvertretung-:. „Sie bereisen die gesamte Welt“. Doll, dachte ich. Machste Lehmann nach dem Studium. Doch es kam anders. Eines Tages , die fr war bei mir– bis auf Ehefrau Helga— „ausgeblendet“, Anruf der fr- Sportredaktion, Redakteur Wilhelm („Willi“) Grün. „Frank, du warst doch während deiner Ausbildung auch mal kurz bei uns, der Sportredaktion. Hast da rein geschnuppert und mir erzählt, du hättest als Schüler gerudert .“ – „Ja, Herr Grün. Und ??“ „Am Wochenende sind in Duisburg die deutschen Ruder- Meisterschaften. Unser Fachmann ist grad verstorben. Da fährst Du hin berichtest für die fr. Sind ja hessische Vertreter dabei“. „Aber Herr Grün, ich hab doch keine Ahnung vom Schreiben…“ – „Das macht nix. Du gehst nach den Rennen in eine Telefonzelle und erzählst mir, was du gesehen hast, wer gewonnen hat, wie die Hessen abgeschnitten haben und so weiter. Aber wichtig: im Journalismus müssen nur Namen und Zahlen stimmen. Alles andere ist Bewertung…“ – Um es kurz zu machen: Schweißtriefend vor Aufregung gab ich in Duisburg eine halbe Stunde lang per Telefon meine „Eindrücke“ sowie Zahlen und Fakten der Meisterschaften wider, redete und redete und redete…. „Willi“ hörte nur zu, unterbrach nicht. Am nächsten Tag ein Dreispalter im fr-Sportteil mit Bild über die Ruder-Titelkämpfe. Untertitel: „Von unserem nach Duisburg entsandten Fachmitarbeiter Frank Lehmann“. Als ich das las, was „Willi“ Grün aus meinem Kauderwelsch und Ruder- Gestammel an Text „gezaubert“ hatte, war ich hin und weg und beschloss, nicht Manager sondern Journalist zu werde, machte nach Studium ein Volontariat (Lehre) zum Wirtschaftsjournalisten, heuerte auf Umwegen beim hr an, wurde dort TV- Moderator, später auch Chef der „Hessenschau“ und am Schluss meiner „Karriere“ Leiter der ARD- Börsenredaktion. Bis 2007. Fertig. Heut bin ich Rentner und hab den vom fr-Sportredakteur Wilhelm Grün angestoßenen Schritt zum Journalismus nie bereut, werde auch die kaufmännische Ausbildung bei der fr nicht vergessen . Der Zeitung bin ich (wie meiner Frau) stets treu geblieben, habe auch die holprigen Finanz-Wege fast ängstlich begleitet, in der Hoffnung, dass die fr nicht „untergeht“ und ihre liberale Grundhaltung und Unabhängigkeit behält. Wie damals zu meiner Lehrzeit, der fr-Blütezeit, als Journalismus-„Götter“ wie Conrad Ahlers (später SPIEGEL-Chefredakteur) und Karl-Hermann Flach das Blatt prägten oder die beißenden Kommentare von Herausgeber Karl Gerold die Republik aufwühlten. Ja, war so. Nach 75 Jahren steht das Blatt in einer völlig veränderten Medienwelt vor neuen Herausforderungen, wird sie aber meistern. Das Team ist motiviert, sucht auch journalistisch neue Wege. Macht Spass, die fr zu lesen. Das ist es, was zählt.
Ihr Frank Lehmann, Hanau-Steinheim
Ach, noch ebbes: Kennen Sie Rainer Holbe ? Auch Journalist, hat mit mir bei der fr gelernt. War später mit Frank Elsner Radio-Mann bei RTL-Luxemburg, dann umschwärmter Moderator der ZDF-Starparade, hat kluge Bücher geschrieben und Manager gecoacht. Rainer lebt in Frankfurt, ist freier fr-Mitarbeiter und hat auch eine fr-Frau geheiratet. Die Rosi. Die fr, also auch eine Ehe-Kaderschmiede, haha.
ich lese Ihre Zeitung seit den Siebzigern (meine Eltern haben sie schon vorher abonniert) und möchte mich allen Gratulanten zum 75. Jubiläum anschließen. Habe mich mittlerweile auch an das Tabloid-Format gewöhnt, aber fände es persönlich viel besser, wenn der äußere Teil der FR geklammert wäre anstatt der innere… Das ist beim Lesen, z.B. in der Bahn, doch recht unpraktisch, weil die Zeitung immer so leicht auseinanderfällt. Dem könnte durch die Klammerung des Außenteils doch ziemlich einfach abgeholfen werden….
Eine erklärende Antwort dieses Umstandes könnte jedenfalls zu meinem Verständnis beitragen, da ich nicht wirklich damit rechne, dass Sie meine Anregung umsetzen. Viele Grüße, bleiben Sie gesund und kritisch.
Die FR wird in unserem Haus seit der ersten Ausgabe gelesen Emil Carlebach war ein Freund der Familie. Ich bin ein solidarischer Leser allen meinen Enkeln empfehle ich die FR. Selbst aus dem Zeitungs-Gewerbe kommend bin ich ein kritischer Leser mit dem Niedergang der kommunalen Berichterstattung in der FR gehen Chancen verloren vor Ort die Abos zu erhöhen. Ich kenne die FR-Geschichte, bin froh über die Rettung, aber die Zukunft bleibt verschwommen. Geärgert hat mich der heutige Seitentitel Seite 3 „Lebendig zerstückelt“ (dpa/afp) „Der Stürmer“ formulierte so
auch BILD mag es so die FR darf das nicht. Wie auch immer. Pass zerstückelt und alles zusammengerührt, Mensch zerstückelt – hört sich an wie ein wichtigtueris cher Spruch eines jungen Polizisten (solche habe ich auch hier erlebt). ls Headline nicht OK. So sehe ich es. Alles hinterfragen!
Wie ich zur FR gekommen bin? Das war Mitte der 70er Jahre in einer kleinen Stadt im Münsterland. Wir waren in der Unterprima, mit der meine gymnasiale Karriere wegen unbedingt zu erledigender revolutionärer Aufgaben endete. Einige meiner Mitschüler und ich hatten die Idee, den uns sehr unangenehmen Pächter des Kiosks im Bahnhof zu ärgern: Wir wechselten uns morgens vor der Schule ab, um dort die Frankfurter Rundschau zu verlangen, die er nicht im Sortiment hatte. Das trieben wir so lange, bis es die FR auch in diesem Städtchen gab.
Nur wenig später kam meine kluge Schwester Elisabeth auf die Idee, mir das erste FR-Abonnement zu schenken. Ja, so war das, und heute freue ich mich jeden Tag darüber, dass es die Rundschau nach all dem Auf und ab immer noch gibt. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!
Den Bericht „Den Planeten aufräumen“ (9.9.) auf den Seiten zu „75 Jahre FR“ (Gratulation zum Jubiläum) habe ich mit großem Interesse gelesen. Schon der Berg von Müllsäcken auf dem Foto ist bedrückend. Unglaublich, was aktuell 7,8 Milliarden Menschen produzieren. 2 000 000 000 000 geteilt durch: 7 800 000 000 gleich 20 000 durch 78 gleich 256 Tonnen pro Mensch und Jahr. Das sind (durch 365) 702 Kilo jeden Tag. Das entspricht etwa einem halben Pkw täglich. Die Menschheit muss wohl den ganzen Tag damit beschäftigt sein, ihren Müll hinunter zu tragen. Gut, dass ich selbst mal wieder vorbildlich bin und viel weniger Müll produziere.
Sehr geehrte Damen und Herren der FR, seit Jahrzehnten haben mein Mann und ich die FR abonniert. Aufgeregt hat mich vor allem, dass seit vielen Jahren vermehrt Werbung enthalten ist. Aber auch die FR muss sehen, wo sie bleibt.
Um es kurz zu machen, ich kann auf sie nicht verzichten. Die Hintergrundinformationen zu Politik, Kultur, Wirtschaft usw finde ich in unserer örtlichen Tageszeitung nicht. Die Artikel zu „Zukunft hat eine Stimme“: erste Sahne.
Wie wäre es mit einem Beitrag über die Fotojournalistin Anja Niedringhaus?
Alles Gute an die gesamte Redaktion und weiter so!
Ich möchte der Frankfurter Rundschau zum 75-jährigen Bestehen gratulieren! Und hoffe, dass es die FR noch sehr, sehr lange geben wird. Ein Leben ohne die morgendliche FR – unvorstellbar! Ich danke Ihnen für Ihre Arbeit und besten Journalismus! Momentan schätze ich es besonders, dass die FR immer wieder Experten mit unterschiedlichen Sichtweisen zur Corona-Pandemie, zu den verordneten Maßnahmen und Einschränkungen sowie ihren Folgen zu Wort kommen lässt. Das ermöglicht die Bildung einer eigenen Haltung zum Thema und verhindert einseitige und angstgesteuerte Sichtweisen auf die Situation. Besonders wichtig finde ich die kritische Betrachtung der derzeitigen politischen Prozesse, die zu den Verordnungen und Gesetzen zur Bekämpfung des Virus führen und die sich für mich oft nicht demokratisch anfühlen. Darüber würde ich gerne auch noch intensiver informiert werden.
Nun wünsche ich Ihnen und unserer FR ein langes, reichhaltiges und vielfältiges Leben!
Diese Gelegenheit möchte ich nutzen, um mich meinerseits bei der FR zu bedanken: für ihre Ausdauer, ihr Engagement, für ihre Kreativität, auch Leidenschaft, wie ich zu spüren meine, für ihr Durchhaltevermögen in schwierigen Zeiten, für ihre Ernsthaftigkeit, und den unbedingten Willen, uns Lesern das zur Verfügung zu stellen, was es an Wissen und Ideen für einen gesellschaftlichen Diskurs braucht : jeden Tag greife ich gerne zur FR, so sollte Zeitung sein, finde ich, danke! Und, wenn möglich, bleiben Sie dran.
Und, das denke ich manchmal, wenn es – mal wieder – wieder schwierig werden sollte, wirtschaftlich gesehen, wären vielleicht auch wir Leser gefordert, kreativ zu werden und Lösungen zu finden.
Ich hatte es immer mal vor, den Verantwortlichen der „Frankfurter Rundschau“ zu deren 75. Geburtstag zu gratulieren. Dieses Datum ist mit meinem Geburtstag identisch, aber regelmäßig lesen konnte ich sie erst ab 1962, als mir und uns so einiges dämmerte, was in der Folge dann als „Studentenbewegung“ zu einiger Berühmtheit kam. Ich habe bis zum heutigen Tag keine einzige FR-Ausgabe versäumt und erst recht nicht vergessen. Schade fand ich nur, als in den 70er Jahren die Mitarbeiter bzw. Korrespondenten für den Bereich des Saarlandes wegfielen und damit auch die letzte Bande für einen gebürtigen Saarländer, der sich inzwischen seit über 50 Jahren im Rheinland befindet.
Die FR“ ist für mich bzw. für uns das „geistige Brot“, das jeden Morgen unser Frühstück komplettiert! Ich bzw. wir wünschen uns, dass weiterhin, auch nach Bascha Mika, die alltägliche Freude über den Erhalt der FR (und für die tollen Mitarbeiter und deren Arbeit) den oft bitteren Alltag verschönert!
!948 kam ich mit meinen Eltern aus der Tschechoslowakei nach Friedberg/Hess. Seitdem lese ich die FR. Damals als 10-jährigen interessierten mich in erster Linie die Fußballergebnisse der Kreisligen.