Die SPD scheint kein Zukunftskonzept zu haben

Die Sozialdemokraten werden allmählich nervös. In zweieinhalb Jahren sind Bundestagswahlen. „Opposition ist Mist“, hat der EX-Vorsitzende Franz Müntefering mal gesagt. Regierung ist auch Mist, jedenfalls wenn man in einer großen Koalition ist und alle Errungenschaften dieser Regierung der Regierungschefin gutgeschrieben werden und nicht der Partei, die eigentlich für diese Neuerungen verantwortlich ist. Die SPD ist in der Wählermeinung bei 25 Prozent wie festgenagelt, die CDU bei 41 Prozent. Wenn das so bleibt, wird die einzige ernsthafte Option nach den nächsten Wahlen eben diese sein: weiter große Koalition.

Was läuft falsch? Denn die Bilanz der SPD kann sich ja eigentlich sehen lassen. Mindestlohn, Mietpreisbremse, Frauenquote —  die SPD setzt einige ihrer Wahlversprechen von 2013 um. Da sie nur Juniorpartner in der Koalition ist, geht das nicht ohne Abstriche und Kompromisse mit den Konservativen. Das sieht man zum Beispiel beim Mindestlohn sehr gut, der recht arbeitgeberfreundlich gestaltet wurde und viele Ausnahmen zulässt. Dennoch ist seine Einführung ein Meilenstein, auf dem aufgebaut, eine Reform, die ausgebaut werden kann. Eigentlich ist er ein Pfund, mit dem die Sozialdemokraten wuchern könnten. Man gewinnt den Eindruck, die Sozialdemokraten hätten ein Kommunikationsproblem. Oder handelt es sich eigentlich um ein Glaubwürdigkeitsproblem? Die Agenda 2010 könnte den Markenkern der SPD, das Einstehen für soziale Gerechtigkeit und Solidarität in der Gesellschaft, so nachhaltig beschädigt haben, dass die Wählerinnen und Wähler ihr schlicht nicht mehr glauben.

Vor allem aber haben die Sozialdemokraten ein Personalproblem. Genauer gesagt: Es sind sogar zwei Personalprobleme. Das eine haben sie mit sich selbst, das andere haben sie mit der Kanzlerin. Angela Merkel (CDU) erfreut sich ungebrochener Beliebtheit bei den Deutschen und scheint noch immer nicht regierungsmüde zu sein. Wenn sie nach der Wahl 2017 erneut Kanzlerin wird, kann sie Helmut Kohl einholen, der 16 Jahre regiert hat, länger als jeder Kanzler vor ihm. Doch waren da nicht mal Gerüchte, dass Merkel nicht so lange regieren wolle? Wann hört sie auf? Wer wird sie beerben? Zurzeit sieht es in der CDU ziemlich mau aus, was Nachfolgerin oder Nachfolger betrifft. Natürlich hoffen die Sozialdemokraten auf die erste Wahl ohne Merkel als CDU-Spitzenkandidatin. Gehen wir mal davon aus, dass Merkel 2017 noch einmal antritt.

Das andere Personalproblem hat die SPD mit sich selbst, denn wenn es eine Chance gibt, bei der übernächsten Wahl vielleicht doch wieder groß (oder zumindest größer) herauszukommen — wer soll sich dann 2017 gegen Merkel die Finger verbrennen? Die SPD hat durchaus politische Köpfe, die Kanzler oder Kanzlerin könnten. Hannelore Kraft, Landesmutter in NRW, hat für 2017 schon abgewinkt. Olaf Scholz, gerade glänzender Wahlsieger in Hamburg, will wohl ebenfalls nicht. Heiko Maas macht als Justizminister eine gute Figur, ist aber ein bisschen blass, und Manuela Schwesig, die gerade die Frauenquote durchgesetzt hat, ist möglicherweise noch ein bisschen zu jung. Auch mit Andrea Nahles ist zu rechnen — 2021, nicht 2017. Frank-Walter Steinmeier hingegen wird sich 2017 bestimmt nicht noch einmal die Finger verbrennen wollen, obwohl er als Außenminister der beliebteste SPD-Politiker ist.

Das Potenzial an Köpfen ist vorhanden, in dieser Hinsicht steht die SPD deutlich besser da als die CDU. Die Spitzenkandidatur 2017 (wohl gegen Merkel) wird dennoch wahrscheinlich am derzeitigen SPD-Vorsitzenden und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hängen bleiben. Was soll er machen, wenn sonst niemand will? Hoffen, dass sich noch etwas tut? Gabriel ist ebenfalls ein kluger Kopf und ein gewiefter Politiker, aber er gilt auch als sprunghaft. Wenn es ihm gelänge, die Energiewende, dieses Generationenprojekt in der Obhut seines Ministeriums, zum Erfolg zu führen, könnte er sich vielleicht die Sporen für die Kanzlerschaft verdienen, aber bisher stehen die Zeichen in Sachen Energie eher auf Chaos.

Es müsste sich mal jemand in der SPD grundlegende strategische Gedanken über Regierungsbildung aus dem linken Lager heraus machen und die Linkspartei dabei einbeziehen. Denn Angela Merkel mag oberflächlich betrachtet glänzend dastehen, aber in strategischer Hinsicht ist ihre Lage eigentlich desaströs: Der Merkel-CDU sind die Koalitionspartner abhanden gekommen. Bis 2013 hatte sie mit der FDP regiert, die dann aus dem Parlament verschwand. Die AfD hat es 2013 nicht in den Bundestag geschafft; bisher hat die CDU auch jegliche Koalition mit der AfD abgelehnt. Jetzt wird hier und da über die Grünen als Mehrheitsbeschaffer spekuliert, aber so weit geht die Liebe auf Bundesebene wohl noch nicht. Also ist die CDU bei derzeitigem Stand auf die SPD als Koalitionspartner angewiesen, wenn sie keine absolute Mehrheit schafft. Auch wenn sie um die 25 Prozent dümpelt, ist die SPD zurzeit also eigentlich strategisch im Vorteil. Sie muss allerdings auch was draus machen wollen.

Bis zur Wahl sind es noch zweieinhalb Jahre. Die sind schnell vorüber.

Sigurd Schmidt aus Bad Homburg:

„Der SPD fehlt für 2017 das große Thema. Mit Europa lassen sich die Bundesbürger angesichts der Turbulenzen um Griechenland und den Euro nicht gewinnen. Es gibt aber ein Thema: Mehr Direkt-Demokratie auch auf Bundes- und Landesebene in Deutschland! Zugegeben: Das nimmt den Parteien zwar Macht, aber die Bürger wollen mehr Politik-Teilhabe. Sigmar Gabriel ist weder ein Helmut Schmidt noch ein Willy Brandt. Ihm fehlt Charisma. Die SPD sollte es mit Hannelore Kraft oder Manuela Schwesig versuchen, auch wenn Kraft immer wieder abgewinkt hat. Gegen Angela Merkel muss die SPD mit einer starken Frau antreten. Vielleicht findet sich auch noch eine bisher politisch unbekannte Professorin oder Managerin, die der SPD nahe steht?“

Werner Arning aus Mörfelden-Walldorf:

„Was ist die Aufgabe von politischen Parteien? Geht es darum bei der nächsten Wahl soviel Prozente wie eben möglich zu erzielen, oder geht es um zukunftsfähige, vernünftige Politik? Lenkt dies stetige Kreisen der SPD um die Prozent-Frage nicht vom Eigentlichen ab? Vernünftige Politik versucht gesellschaftliche Fehltentwicklungen zu erkennen, und, wenn diese erkannt sind, gegenzuwirken. Sie schielt nicht auf Wahlergebnisse, sondern orientiert sich am Notwendigen. Ein Beispiel dafür innerhalb der SPD war die Ostpolitik Willy Brandts, die Nachrüstungspolitik von Helmut Schmidt, die Agenda 2010. Hier wurde nicht auf die nächsten Wahlen geschielt, sondern Politik betrieben. Die heutige SPD, obwohl in Mitverantwortung, scheint kein Zukunftskonzept zu haben. Das ewige Gerede von der Rückbesinnung auf die traditionellen SPD-Themen, wie jetzt wieder von Schäfer-Gümbel, bedeutet Fragen von morgen mit Antworten von gestern beantworten zu wollen. Um es mit Luther zu sagen: Aus einem verzagten Arsch, kommt kein beherzter Furz.“

Manfred Kirsch aus Neuwied:

„Karl Doemens hat mit seiner Forderung nach einem roten Faden für die SPD, der sich an klaren Werten orientieren müsse, natürlich vollkommen recht. Tatsache ist nämlich, dass die SPD spätestens nach dem Abgang Hans-Jochen Vogels als Parteivorsitzender genau diesen roten Faden, man könnte auch innere Haltung sagen, vermissen lässt. Das heutige Elend der Sozialdemokratie begann bereits im Jahr 1993 mit der Zustimmung zur faktischen Abschaffung des Asylrechts und setzte sich fort mit der verheerenden Agenda-Politik Gerhard Schröders. Der abermalige Eintritt der Partei in eine Regierung der großen Koalition war noch ein weiterer großer Sargnagel in ihrer Geschichte.
Ja, die Sozialdemokraten brauchen wieder einen roten Faden, aus dem wieder Visionen und Utopien für eine gerechte Gesellschaft des demokratischen Sozialismus‘ entwickelt werden können. Die Tatsache, dass in den vergangenen Jahren eine karrierebewusste, aalglatte Technokratengeneration im Wesentliche das Sagen in dieser ältesten und demokratischsten Partei übernommen hat, rächt sich jetzt auf verhängnisvolle Weise und stabilisiert die SPD im 25-Prozent-Turm.
Die Programmpartei SPD muss endlich mit der Politik Gerard Schröders laut und vernehmbar brechen und sich wieder glaubwürdig für eine solidarische Gesellschaft einsetzen. Es wäre besser gewesen für die Genossinnen und Genossen, wenn sie sich in der Opposition wieder erneuert hätte. Und fürs Land wäre es auch besser gewesen. Die sozialdemokratischen Grundwerte Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit müssen endlich wieder in der sozialdemkratischen Debatte im Vordergrund stehen und nicht mehr nur von einigen übrig gebliebenen Parteilinken beachtet werden.“

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17 Kommentare zu “Die SPD scheint kein Zukunftskonzept zu haben

  1. Nicht? Scheinbar doch, zumindest wenn man Siggi so sieht, dann peilt er wohl Projekt 15% an?

  2. Der Analyse von Bronski muss man nichts mehr hinzu fügen. Sie sollten in die Satzung aufnehmen das ihre Wirtschaftsminister nicht sofort bei der Großindustrie anfangen zu arbeiten wenn sie aus der Politik ausscheiden.
    Die SPD hat ein kapitales Glaubwürdigkeitsproblem und das ist absolut nachvollziehbar.

  3. Gibt es einen vernünftigen Grund, sich eine künftige Bundesregierung mit einem SPD-Kanzler zu wünschen? Waren es nicht schon genug: Schröder und Hartz IV, Schmidt und NATO-Doppelbeschluß und Brandt mit dem „Berufsverbot“?

  4. Die Talsohle der SPD hat mehrere Ursachen:
    1.) Sie hat ihre Wahlniederlagen der letzten Wahlen nie richtig verarbeitet und untersucht. Dabei hat sie vor allem auf die Vergesslichkeit der Wähler gesetzt, wonach bereits unter Schröder und Müntefering Hartz IV und Rente ab 67 eingeführt, die Spitzensteuersätze aber gesenkt wurden. Mit sozialer Gerechtigkeit hat dies nichts zu tun. Übel aufgestoßen ist auch die Riesterrente, die ausschließlich den Versicherungen zu höheren Gewinnen verhalf, die Betroffenen aber im Regen stehen ließ.
    2.) Bereits im Jahre 2012 hat der Mitherausgeber der nachdenkseiten, Jens Berger, in seinem Buch „Stresstest Deutschland“ mit der Aussage den Nagel auf den Kopf getroffen, „Sigmar Gabriel verkörpert die hohe Kunst des Opportunismus“ und der Schilderung von dessen Fähigkeit, politische Positionen zu wechseln. Musterbeispiel für den Opportunismus ist sein Eintreten für TTIP und ÖPP, für seine Wackelpolitik führe ich den zu Oppositionszeiten vehementen Einsatz für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer an, die er nun für tot erklärt hat. Diese Beispiele lassen sich noch beliebig fortsetzen und stehen für die von Karl Doemens genannte Sprunghaftigkeit.
    3.)Sehr treffend hat Stephan Hebel in seinem Buch „Deutschland im Tiefschlaf“ den Verlust der Glaubwürdigkeit bei den Wählern dargestellt, wobei m.E. hierin die größte Ursache des Wählerschwunds zu sehen ist wie ich bereits in einem früheren Leserbrief (FR vom 02.01.2015) hingewiesen habe.
    Solange die von Manfred Kirsch zitierten Grundsätze „Freiheit,Gleichheit, Solidarität“ nur noch aus Tradition als Blickfang in geduldigen Papieren dienen, die poltische Praxis aber das Gegenteil verdeutlicht, werden die Wählerstimmen ebenso wie die Mitgliederzahlen weiter in den Keller purzeln; eine Entwicklung, die die Parteiführung entweder verschläft oder aus Arroganz einfach ignoriert.

  5. Warum sollte ein Arbeitnehmer eine Partei wählen die jede Gelegenheit nutzt ihn zur Kasse zuhttp://www.spiegel.de/wirtschaft/service/energiewende-regierung-plant-neue-industrie-rabatte-a-1024377.html bitten.

  6. Ich kann das „Gejammere“ der SPD über ihre Wahlergebnisse und Umfragewerte nicht wirklich nachvollziehen.

    Die SPD hat sowohl in der Regierungszeit Schmidt als auch in der von Schröder Teile ihrer Anhängerschaft verloren.

    Unter Schmidt war es die Friedens-und Umweltbewegung, weil sich die SPD unter Schmidt um diese Themen nicht hinreichend gekümmert (Umwelt) bzw. durch den NATO-Doppelbeschluss vor den Kopf gestoßen hatte.

    Und Schröder hat mit seiner Politik, Stichwort Agenda 2010, aber auch mit einer neoliberalen Wirtschafts- und Steuerpolitik einen Teil der Gewerkschafter und Linken aus der Partei getrieben.

    Im Ergebnis sitzen drei ursprünglich sozialdemokratische Parteien im Parlament, wobei die Grünen zwar in einigen Themen konservativ sind aber die Mehrheit der Beschlüsse schon eindeutig links sind.

    Diese drei Parteien sind in etwa gleich stark wie die Konservativen- bei der letzten Wahl waren die Konservativen insgesamt stärker als die Linken, weil die SPD unentschlossenen Wählern nie eine ernsthafte Machtperspektive bieten konnte.

    Historisch waren Linke und Konservative immer in etwa gleich stark, mit Abweichungen, die im wesentlichen im Personalangebot begründet lagen.

    Die SPD wird sich als Teil der linken Seite der Gesellschaft daher mit Ergebnissen von zwischen 25 und 30% anfreunden mussen, da Grüne und Linke auch jeweils ihren Teil des linken Kuchens abhaben wollen.

    Die Frage ist dann nur jeweils, ob man, wenn es zahlenmäßig reicht, zusammenarbeitet oder das, vielfach aus nicht wirklich inhaltlichen Gründen, lieber als Juniorpartner der Konservativen kandidiert ( und damit dann wieder die Wähler, die was gegen Konservative haben gleich mal wieder demotiviert zur Wahl zu gehen ).

    Der Lernprozess scheint bei der SPD noch nicht ganz abgeschlossen zu sein, sonst würden sie sich über ihre mageren Umfrageergebnisse nicht immer noch wundern.

  7. Zum Teil kann ich dem Mitblogger A.H. # 6 zustimmen, nur nicht in Bezug auf seine Prognose bezüglich 25 – 30%.

    Ich sehe die Dinge etwas anders, weil derzeit viel in Bewegung ist, was berücksichtigt werden sollte. Da gibt es auf der Rechten die AfD, die wohl auch für die CDU als Koalitionspartner in Frage käme, außer den Grünen und der SPD. Da beginnen sich auch hier bei uns neue basisdemokratische Bewegungen zu formen, nach dem Beispiel von Syriza und PODEMOS, welche Wahlverhalten und Wählerlager neu aufmischen könnten. Diese Bewegungen würden sowohl Stimmen aus dem großen Nichtwähler-Lager rekrutieren als auch frustierte Grüne, Links-Liberale (ja, die gabe es zu den Baum/Hirsch-Zeiten mal in der FDP, genauso wie Links-Grüne rund um Trampert, Kelly und Ebermann) locken. Und auch bei der LINKS-Partei gibt es viele, die sich keine Koalition rosa-rot-grün vorstellen können oder wollen. Weil sie wissen, das dann der Schwanz mit dem Hund wedeln müßte.

    Im Grunde genommen haben wir – zusätzlich zur CDU/CSU – drei größere neoliberale Parteien, mit marginalen Unterschieden. Warum sollte also ein aufgeklärter, basisdemokratisch eingestellter und wirkliche soziale Gerechtigkeit fordernder Bürger noch sein Kreuz bei diesen Parteien machen, wenn doch wieder nur die gleiche neoliberale Einheitssoße in verschiedenen Konsistenzgraden herauskommt? Mindeslohn: ein Fake, der seinen Namen nicht verdient, siehe die wunderschönen „Ausnahmen“. TTIP, ein Lieblingsprojekt von Gabriel, mit welchem er das Volk beglücken will. PPP oder ÖPP – Schwindel- & Beschiß-Vorhaben hoch 3, siehe die geplante Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen aus Geldern der Versicherungskonzerne mit Renditen für diese zwischen 3 – 5%. Wer würde das bezahlen? Genau, der Steuerzahler. Und alles nur für die Erhaltung der schwarzen Null.

    Wie hält es die SPD mit einem Thema, welches schon lange nicht mehr diskutiert wird, abr immer noch hochaktuell ist: der Bürgerversicherung? Wie sieht es denn mit einer wirklichen Steuergerechtigkeit aus, bei welcher nach Vermögen (dem vorhandenen) und dem Vermögen (aus dem lfd. Einkommen) besteuert wird, und die Schröder’schen Aktionen bezüglich Kapitalerstragssteuer von 25% für Millionäre und Einkommenssteuer von bis zu 42% für Lohnbezieher bzw. Berufstätige rückgängig gemacht würden? Wie sieht es mit den Forderungen auf EU-Ebene aus, endlich einmal eine Vereinheitlichung der Besteuerung hier in Europa hinzubekommen, und nicht weiterhin mit den Achseln zu zucken, wenn reiche Griechen in England aufgrund Niedrigst-Besteuerung von rund 3% täglich die Champagnerkorken knallen lassen? Dasselbe gilt für den dämlichen Länderfinanzausgleich, welcher, gut gewollt, aber schlecht gemacht, nur dazu führt, daß Steuerbeamte, Steuerprüfer und damit Steuerprüfungen eingespart werden und dadurch die legale Steuervermeidung durch die Hintertür nicht angegangen wird?

    Ich habe nicht dagegen, wenn wir den gegenüber den Griechen ausgestreckten Oberlehrer-Zeigefinger durch den Stinkefinger ersetzen. Denselben in dieser neoliberalen, nur noch als Hülle bzw. Instrument für Reiche und Mächtige funktionierende Demokratie in Richtung „unserer“ Oligarchen und den für sie tätigen Politikern ausgestreckt. Aber dazu bedarf es einer neuen basisdemokratischen sozialdemokratischen Partei, aber ganz sicherlich nicht der ausgelutschten Worschthaut SPD.

  8. Korrektur:

    Eine Ergänzung zu meinem vorherigen Beitrag: Mit „Oligarchen“ meinte ich eher eine Kaste, nicht Personen im griechischen Sinne, wie Klatten, Burda oder Schaeffler. Zu dieser Kaste gehören nicht nur die Inhaber der großen Vermögen, sondern die mit ihnen verbandelten, von ihnen abhängigen und in ihrem Sinne agierenden Köpfe wie Merkel und Schäuble, Fitschen und Winterkorn, Hundt und Schirrmacher oder die BILD-Chefredaktion. Es sind auch Organisationen im Hintergrund, wie Bertelsmann, die Atlantik-Brücke oder der DIW.

    Man könnte auch sagen: die drei großen M’s: Macht & Medien = Money.

  9. Hallo Herr Fladung !

    Danke für Ihre Reaktion auf meinen Beitrag.

    Grunsätzlich sind wir uns ja einig. Wenn ich von 25 bis 30% für die SPD geschrieben habe, dann sicher nicht, weil ich glaube, dass die SPD Politik oder gar deren Spitzenpersonal so viel Prozente verdient haben.

    Ich korrigiere mich da- Sie haben Recht! Eine linke Partei ist die SPD vielleicht noch in Teilen ihrer Programmatik und ihrer Lyrik auf Parteitagen- in der praktischen Politik ist davon jedoch nur noch am Rande etwas zu merken.

    Ich teile aber Ihren Optimismus nicht, dass sich die Parteienlandschaft durch neue Bewegungen verändern lassen werden. Sowas gelingt in Deutschland bei der Masse der Bevölkerung nicht- bedauerlicherweise. Worüber wird denn in Deutschland diskutiert? Über den Finger von Varoufakis, darüber, dass die Griechen mal endlich ein bisschen reformieren und arbeiten sollen anstatt die Sonne zu genießen, darüber das wir mehr Geld in die Bundeswehr stecken müssen, weil uns Putin bedroht etc. Sicher gibt es Zirkel, in denen anders diskutiert wird aber die große Mehrheit der Deutschen und- noch entscheidender, die große Mehrheit der Medien, wollen sich nicht bewegen. Sie haben sich mit ihrer Sichtweise bequem eingerichtet und wollen in ihrem Dämmerschlaf nicht gestört werden. Und Frau Merkel singt das Schlaflied dazu.

    Das ist die tagtägliche Realität in Deutschland. Schlagen Sie die Zeitung auf und Sie sehen die Themen über die berichtet wird und vor allem WIE berichtet wird. Auch in der FR wird z.B. Frankreich immer wieder dazu sufgefordert, die deutschen Reformen nachzumachen, weil die ja angeblich so erfolgreich waren. Wenn Sie dann anfangen, mal hinter die Zahlen zu schauen und das relstiv mickrige Wachstum zu sehen oder gar Wachstum an sich als Wert zu kritisieren oder wenn Sie anfangen, das Beschäftigungswunder mal zu hinterfragen und mal zu schauen, wieviele Arbeitsstunden denn tatsächlich geleistet worden sind und damit zusammenhängend der Frage nachgehen, ob das Wunder nicht nur eine schnöde Umverteilung vorhandener Arbeit auf mehr Schultetn- natürlich ohne Lohnausgleich ist, dann haben sich die meisten Bürger schon lange wieder verkrochen, weil sie davon nix wissen wollen, Hauptsache die Rente wird erhöht und Varoufakis wird von Politikern wie Volker Kauder Benimm beigebracht.

    Ich fürchte, dass die Zahl der Leser der Nachdenkseiten nie an die Zahl der BILD Leser heranreichen wird und dahinter steckt eine gewisse Haltung.

    Ich würde mich aber gerne irren und wir bekommen in Deutschland eine linke Bewegung- glauben tue ich aber nicht dran:-(

  10. # 12, A.H.: Ich war bis vor kurzem voll auf Ihrer Linie, weil ich lange genug im Lande weile, im Sommer dann 70 Lenze, um vom Optimisten über den Realisten zum Pessimisten hin zu wechseln. Nur, um meinen einen alten Lieblingsspruch: „Wem nützt es“ durch meinen zweiten zu ergänzen: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“, habe ich Nägel mit Köpfen gemacht und mich als Ansprechpartner bzw. Koordinator der Gesprächskreise des von Ihnen zitierten Mediums angeboten. Und siehe da, beim vorletzten Treff waren wir an die 20, vorgestern leider nur 10. Wahrscheinlich wird es auch hier so sein, daß wir, so wie Griechenland oder Spanien, erst durch ein Tal der Tränen durch müssen, bevor auch hier sich zumindest Einige aus ihrer Lethargie, befördert auch durch millionenfach verordnete Transquilizer (wissen Sie, wieviele bei uns an mehr oder minder schweren Störungen leiden?) oder den in der BLÖD-Zeitung eingewickelten Flachmann, reißen lassen. Und Sie wissen ja, wer nicht (mehr) kämpft, hat schon verloren. Ich will da zumindest die Hoffnung nicht ganz aufgeben, auch wenn diese arg reduziert daher kommt.

    Falls Sie mehr über den Gesprächskreis erfahren wollen, dann klicken Sie einfach die von Ihnen genannten Seiten an, dort finden Sie Namen und Termine.

  11. Der Karren fährt immer weiterin den Dreck. Nachdem Gabriel sich zunächst von den Inhalten des Wahlprogramms verabschiedet hat, dann zum Vorkämpfer von TTIP und ähnlichen apokalyptischen Vorstellungen sowie von ÖPP gemacht hat, macht er nun bei der Vorratsdaten speicherung weiter und landet nun in der Sprechblase der Schwarzen Null gegenüber Griechenland, und dies gemeinsam mit seinem Hannoveraner Spezi Oppermann.
    Wo bleibt die Stimme von „Linken“ in der Partei? Ist sie bereits vereinnahmt oder wird sie von den Medien ignoriert?
    Das Ganze erinnert schon an den Schmusekurs, den Lasalle gegenüber Bismarck getrieben hat. Bloß fehlen heute Persönlichkeiten wie August Bebel oder Wilhelm Liebknecht, bzw. sie werden verteufelt wie Oskar Lafontaine.

  12. @ 14
    „Lasalle […] August Bebel oder Wilhelm Liebknecht[…]verteufelt wie Oskar Lafontaine.“ und die SPD, na, ich wüßte da auch noch anderes zu berichten.

    Lasalle duellierte sich wegen einer adeligen Frau und erlag ihren Reizen und einer Kugel, Bebel war der „Arbeiterkaiser“, Liebknecht wurde Spartakist und KPD-Führer, Lafontaine war Lafontaine, das Duell vermied er, denn er brauchte weder Knecht noch Wagen, andersherum wurde da doch noch ein passender Schuh daraus, und was für ein eleganter für den Salon. Arbeiter und Arbeiterinnen bedienen im Salon die Herrschaften und bilden das Gesinde.

  13. # 14, Peter Boettel: Linke in der SPD? Wo sollen die denn sein? Vielleicht der „Halblinke“ Stegner? Der würde im Zweifelsfall auch mit seinen Partei-Wölfen heulen. Die letzten Linken, die ich kennenlernen durfte, haben damals die SPD verlassen, um u.A. mit mir die WASG zu gründen. Ansonsten gibt es nur noch Wetterfähnchen in dieser „sozialdemokratischen“ Partei. Egal, ob man Vogel Strauß spielt und seinen Kopf in den Sand steckt oder in den Allerwertesten von Angela – es kommt aufs Gleiche raus.

    Ich begreife nur (widerwillig oder noch?) nicht, wie und vor allem warum man sich in Kreisen der Realo-Linken innerhalb der Linkspartei Hoffnungen macht, mit diesen Fuzzis eine Regierung auf die Füße zu stellen, die irgendetwas wirklich anders macht, nämlich Politik für Menschen und nicht für das Kapital.

    Aber 2017 ist noch weit, und vorher gibt es – hoffentlich – dann so etwas wie eine deutsche PODEMOS. Ich werde mich dafür einsetzen, allein schon deshalb, weil alle, die schon damals in der WASG skeptisch waren, ob ein Zusammengehen mit der PDS – späteren Linkspartei – wirklich das Gelbe vom Ei war, dann im Nachhinein Recht bekommen werden.

  14. # 16, Wolfgang Fladung: Leider haben Sie Recht. Denn Ralf Stegner hat mich aufgrund diverser Äußerungen ebenso wie Hilde Mattheis, Carsten Sieling u.a. enttäuscht, die dann letztendlich, wie Sie schreiben, mit den Wölfen heulen. Ich habe im Dezember an Gabriel geschriebn und mitgeteilt, dass bei einer Zustimmung der SPD zu TTIP, Ceta u.ähnlichem Mist für mich die Schmerzgrenze der SPD-Mitgliedschaft überschritten ist, hinzu kommen inzwischen noch ÖPP, Vorratsdatenspeicherung, Zustimmung zur Austeritätspolitik etc. Als Antwort kamen ein paar Broschüren aus dem W.B. Haus mit dem Angebot, zu Fragen zur Verfügung zu stehen. Auf einen neuen Brief kam ein Wischi-Waschi-Anruf ohne konkrete Aussagen. Ob aus einer deutschen Podemos etwas wird? Sie habe in Frankfurt wohl eher Einblick in diese Entwicklung als ich in der schwäbischen Provinz.

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