Unsere Politik trägt zu Krisen und Armut bei

Angesichts des anschwellenden Stroms von Flüchtlingen erhalte ich immer mehr Leserbriefe, die nach verstärkter Abschottung der EU rufen. Ich weiß nicht, ob die Autorinnen und Autoren dieser Zuschriften sich bewusst sind, dass sie mit ihrem — unserem! — Lebensstil zur Verschlechterung der Lebensumstände in einigen der Auswandererstaaten beitragen.

Die Flüchtlingsströme haben viele Ursachen: Bürgerkrieg (Syrien, Sudan, Somalia), islamistischer Terror (Syrien, Irak, Afghanistan, Nigeria) und politische Verfolgung (zurzeit vor allem Eritrea). Menschen, die aus diesen Gründen zu uns kommen, haben nach deutschem Recht Anspruch auf politisches Asyl. Daneben gibt es jene Flüchtlinge, die in den deutschen Medien oft als Armutsflüchtlinge oder als — leicht diffamierend — „Wirtschaftsflüchtlinge“ bezeichnet werden. Wir tun gut daran, diese Fluchtgründe differenziert zu betrachten, denn es könnte sein, dass viele von uns — etwa, um ein Beispiel zu nennen, die Kaffeetrinker oder die Schokoladenfreunde –, eine Mitschuld tragen an der Verschlechterung der Lebensbedingungen in gewissen afrikanischen Ländern. Denn fair gehandelter Kaffee ist inzwischen zwar bei uns selbst beim Discounter zu bekommen, aber wie häufig greift man trotzdem zur vertrauten (und günstigeren) Kaffeemarke? (Hier gebe ich einen Link zu einem kürzlich erschienenen FR-Artikel, der diese Zusammenhänge am Beispiel Fair Trade mit Kaffee auszuleuchten versucht. Der Artikel zeigt, dass wir Konsumenten mit unserem Kaufverhalten Einfluss auf die Lebensbedingungen in diesen Ländern nehmen.)

Dies sind Fluchtursachen, die nicht in den Ländern hausgemacht wurden, aus denen Menschen flüchten, sondern die von außen in diese Länder getragen wurden. Diesen externen Fluchtursachen widmet sich FR-Leser Yousif S. Thoma aus Frankfurt in einem langen Leserbrief, den ich im Print-Leserforum nur um die Hälfte gekürzt bringen konnte. Herr Thoma bezieht sich konkret auf einen Gastbeitrag der entwicklungspolitischen Sprecherin der SPD, Bärbel Kofler, der auf FR-online.de nicht erhältlich ist, den ich aber bei vorwaerts.de wiederfand („Hilfe für Flüchtlinge beginnt in ihren Heimatländern„), und auf den Leserbrief von Ralf-Michael Lübbers, der auch in einem früheren Thread hier im FR-Blog erschienen ist. Ich bringe diesen Leserbrief hier wegen seiner Länge alleinstehend als Gastbeitrag.

Unsere Politik trägt zu Krisen und Armut bei

von Yousif S. Toma

Zu diesen Beiträgen möchte ich mich äußern nicht nur weil ich selbst ein „Eingewanderter“ bin, sondern auch weil ich seit 1975 (bis heute, auch im „Ruhestand“) in der Entwicklungszusammenarbeit tätig bin. Den Ausführungen von Michael Lübbers kann ich weitgehend zustimmen, insbesondere was seine Empfehlungen an die SPD betrifft. Mir liegt aber daran, einen Aspekt der „Fluchtursachen“ ansprechen, der in der Diskussion kaum beachtet wird, nämlich die externen Fluchtursachen.

Die entwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Bärbel Kofler spricht, wie die meisten Politikerinnen und Politiker, die sich zum Themenkreis „Einwanderung“, „Flucht“ etc. äußern, von der Bekämpfung der „Fluchtursachen in den Herkunftsländern“. Die gesamte Entwicklungszusammenarbeit (EZ, früher „Entwicklungshilfe“) zielte darauf ab, zur „nachhaltigen Entwicklung“ in den Partnerländern in allen relevanten Bereichen wie Bildung, Erziehung, Berufsbildung, Landwirtschaft, Gesundheit, Infrastruktur, Wasserversorgung etc. beizutragen. Das ist praktisch eine präventive Bekämpfung von Krisen, Armut und Hunger und damit eine präventive Bekämpfung von „Fluchtursachen“, die heute Hunderttausende zur Flucht aus ihren Heimatländern bewegen.

Warum hat das in vielen Regionen nicht funktioniert? Zugegeben: Dafür gab und gibt es viele interne Ursachen in den Partnerländern selbst wie autoritäre Systeme, Korruption, Vetternwirtschaft, fehlende demokratische Strukturen, mangelnde Teilhabe und Mitwirkung der Zivilgesellschaft etc. Diese Ursachen sollen nicht kleingeredet werden. Die EZ kann weiterhin versuchen, die Partnerländer zu unterstützen, diese Entwicklungshemmnisse zu überwinden, natürlich wenn gewisse Voraussetzungen (unabdingbar: der Wille der Herrschenden!) erfüllt sind.

Die Entwicklung in den Ländern der Dritten Welt wird aber weitgehend von externen Faktoren außerhalb der Länder selbst beeinflusst, insbesondere von der Politik und den Interessen der reichen, mächtigen demokratischen Länder und ihrer mächtigen multinationalen Konzerne (einschließlich der Bundesrepublik Deutschland bzw. EU). Beispiele:

  • Außenpolitik: Unterstützung von Diktaturen, Waffenlieferungen, militärische Interventionen in Afghanistan, Irak …), wenn es den eigenen Interessen dient.
  • Handels- und Landwirtschaftspolitik: „Export-Weltmeisterschaft“ – inkl. Waffenexporte –. Die westlichen Staaten und ihre multinationalen Großkonzerne bewirken den Export von billigem Fleisch, Mais u.ä., der zur Zerstörung der Lebensgrundlagen von vielen Viehzüchtern und Kleinbauern insbesondere in Afrika führt. Durch die „Macht des Marktes“ – d.h. die Produktion richtet sich auf die „kaufkräftige Nachfrage“ der Kunden der nördlichen Halbkugel – entstehen im „Süden“ Monokulturen, und dann erfolgt ein enormer Druck auf die Preise (z.B. Südfrüchte, Kaffee, Kakao, Schnittblumen etc.) mit der Folge, dass kleinbäuerliche Strukturen verschwinden, die Produktion von lebensnotwendigen Produkten für die Bevölkerung zurückgeht. Millionen von kleinbäuerlichen Familien wandern in die Slums der Großstädte usw. usw.
  • Weitere Ursachen wie Landgrabbing, Marktmacht von Monsanto u. Co, internationale Spekulation mit Lebensmitteln usw. Der Platz für einen Leserbrief reicht leider nicht aus, diese Zusammenhänge auszuführen.
  • Daher nur noch der Hinweis auf unseren 200-jährigen CO2-Ausstoß (unser Beitrag zum Klimawandel) und zur Überfischung der Ozeane.

Zusammenfassend: Unsere Außen- und Wirtschaftspolitik, unser neoliberales, wachstumsorientiertes, auf Wettbewerb basiertes, von multinationalen Großkonzernen und der Finanzindustrie beherrschtes Wirtschaftssystem, unser dem Wirtschaftswachstum dienender, verschwenderischer (in Deutschland vernichten wir jährlich 16 Millionen Tonnen Lebensmittel!) und ausbeuterischer (Billigprodukte aus Asien und Afrika) Lebensstil sowie unsere militärischen Interventionen usw. leisten wesentliche Beiträge zur Entstehung von Krisen, Armut, Perspektivlosigkeit und Umweltzerstörung in vielen Teilen der Welt.

Wie kann die Entwicklungszusammenarbeit diese Fluchtursachen bekämpfen, wie Bärbel Kofler vorschlägt? Wie kann Entwicklungszusammenarbeit diese Wirkungen kompensieren? Müssen wir nicht sofort und ernsthaft den Zusammenhang zwischen unserem kapitalistischen, neoliberalen Wirtschaftssystem und den „Flüchtlingswellen“ untersuchen? Müssen wir nicht sofort in allen Industrieländern unsere Beiträge zur entstandenen Situation gründlich analysieren und entsprechende Korrekturen vornehmen? Wie können die westlichen Länder die Aufnahme von „Wirtschaftsflüchtlingen“ / „Armutsflüchtlingen“ kategorisch ablehnen, wenn sie selbst zu ihrer Armut mit beigetragen haben, genau so wie sie auch zur Entstehung von Flucht zumindest aus Afghanistan und dem Irak durch militärische Angriffe beigetragen haben?

Der Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer sagt in seinem FR-Interview (FR 8. /9. August 2015) zum Flucht- und Zuwanderungskomplex: „Es sind die Weltprobleme einer rücksichtslosen, neoliberalen Ausbeutung des Planeten durch die, die die Macht haben, ihn auszubeuten“.

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85 Kommentare zu “Unsere Politik trägt zu Krisen und Armut bei

  1. Die Ursachen für Armut, Verelendung, Vertreibung und Flucht, wie Yousif S. Thoma sie beschreibt, liegen offen zutage. Sie sind den intern und extern hierfür Verantwortlichen wohlbekannt und werden als Grundvoraussetzung für das eigene Wohlergehen akzeptiert. Weltkonzerne sind gezwungen zu prosperieren. Regierungen im Wirkungskreis dieser Konzerne sind gehalten, im Interesse der eigenen Wirtschaftspolitik diesen Unternehmen den Rücken freizuhalten – auch gegen den Willen der unverständigen Bevölkerung. Richteten sich unser aller Augen jetzt auf Afrika und den Rest der dritten Welt, so sollte uns nicht entgehen, daß in unserem alten Europa die Wirtschaftspolitik auch nicht mehr von den Regierungen bestimmt wird. Regierungen sind nicht dazu da, Sand ins Getriebe zu streuen, wenn die Geschäfte rundlaufen.

    In dieser Situation ist der Vorschlag, die Lebensbedingungen der Menschen in den betroffenen Ländern zu verbessern, einfach genial, besonders, was die Realisation angeht, und man wundert sich, daß noch keiner früher darauf gekommen ist. Hätte man ausbeuterische Wirtschaftsunternehmen und diktatorische Regimes doch nur schon früher wegen unzähliger Verletzungen der Menschenrechte angeklagt, die Verantwortlichen wären schon längst aus dem Verkehr gezogen! So bleibt unseren Außenpolitikern nichts anderes übrig, als mit Vertretern der Wirtschaft im Troß, Länder der dritten Welt zu besuchen, dort an die Menschenrechte zu erinnern und Militärgüter zu verkaufen.

    Wenn jetzt noch jemand auf die Idee käme, uns Bundesrepublikanern einreden zu wollen, die Flüchtlingsströme hätten mit unseren Konsumgewohnheiten zu tun, dann sähe es mit der Akzeptanz der Flüchtlinge bald ganz zappenduster aus.

  2. Alles dies wurde schon jahrzehntelang gesagt, auch hier, und nichts hat sich geändert.

    Was bleibt, ausser selbst so bescheiden wie irgend möglich zu leben und zu sagen: „Ich habe mein möglichstes getan!“ ?

    Die politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen treiben alles auf Krisen und Revolutionen zu, und auch von diesen werden sie profitieren.

    Ich kann dazu nichts mehr sagen.

  3. Ein einzelner Staat, der demokratisch verfaßt ist, von diesem Staatsideal gehe ich mal auch als ein gemeinsames Ideal aus, der ist aufgebaut auf Gewaltenteilung mit einer funktionierenden vierten Gewalt in Form der „Freien Presse“ und mit dem innerstaatlichen Gewaltmonopol.

    Diese auf unseren ganzen Planeten Erde zu übertragen, das wäre m.E. der entscheidende Ansatz für die Lösung vieler, schon oft hier diskutierter Probleme der Menschheit.
    Und da frage ich alle, auch Herrn Yousif S. Thoma, was alles hindert ihrer Meinung nach die Menschheit immer noch daran, außerhalb der kurzfristigen Tagespolitik, auf die lange Sicht dieses innerstaatliche Ideal einer demokratischen Verfaßtheit auf den ganzen Planeten Erde zu übertragen?

    Auf die Gedanken dazu – oder gar Antworten – aller Leser bin ich aber mal wieder sehr gespannt …..

  4. Durchaus möglich, das der Großteil der Probleme, die in den Herkunftsländern der Flüchtenden bestehen, sozusagen „importiert“ wurden. Trotzdem stellt sich mir die Frage, ob hier nicht nur eine Seite beleuchtet wird. Warum z.B. scheint das Problem erst in den letzten beiden Jahrzehnten so auf? Könnte das nicht doch damit zu tun haben, das die Bevölkerung in vielen Ländern explosionsartig gewachsen ist und das Grabbing rund um alle Ressourcen eine neue Form alter Stammeskriege hervor gebracht hat, nur noch erbarmungsloser geführt? Und die Herrscher-Clans in den Ländern wollen ja auch möglichst viel, und viel behalten, und nichts an die abgeben, die nicht zum eigenen Clan gehören. Und dabei paktieren sie natürlich mit den gewissenlos neoliberal und nur auf Geld und ausbeuterische Wertschöpfung ausgerichteten Konzernen, inzwischen nicht mehr nur des Westens, sondern auch zunehmend z.B. aus China.

    Auch unsere Regierungen hier in Europa sind ja nicht völlig ohnmächtig, sondern könnten durch Handelsregeln, Beschränkungen und höhere Umweltstandards dafür sorgen, daß die Ausbeutung der 3. Welt weniger grausam verläuft und eher dort eine sanfte Wirtschaft aufgebaut wird.

    Das ganze ist ein Teufelskreis. Dort immer mehr Menschen, die sich um immer weniger Ressourcen bis aufs Blut raufen, und deren spärlich erwirtschaftete Produkte sich auf den heimischen Märkten aufgrund ausländischer Billigkonkurrenz nicht mehr absetzen lassen.

    Und hier nur bei wenigen die Einsicht, daß wir auf e i n e r Welt leben und, wenn diese ausgepreßt ist, keine zweite zum Auswandern zur Verfügung haben.

    Ja, wir müßten 1 zu 1 all das, was wir dort wegnehmen wieder ersetzen. Und mehr, weil wir über Jahre mehr weggenommen haben. Nur ist auch dann wieder die Grundfrage: Wer zahlt?

    Aber auch dies, so es zustande käme, setzte mehr Vernunft und weniger Gier auf beiden Seiten voraus, sowohl der Ausgebeuteten als auch der Ausbeuter.

  5. Oh je, jetzt läuft’s auf ne Weltregierung hinaus, am besten mit jenem höheren Wesen, das Herr Fladung nicht verehren möchte, als Chef!

  6. # 5, M. Petersmark: „Weltregierung“ habe ich nicht gefordert, und halte diese auch für Unsinn. Sollte wohl eine Art Satire sein, über die ich allerdings nicht lachen kann. Im Gegensatz zu dem „höheren Wesen“, welches ich bewußt als so eine Art satirische Universallösung eingestreut hatte. Also bitte, unterstellen Sie mir nichts, was ich nicht geschrieben habe. Für Ihre Verbitterung kann ich nicht. Danke.

  7. @ all

    Leider ist es so, dass hier schon wieder Tendenzen auftauchen, die vom Thema wegleiten. Ich möchte alle Beteiligten bitten, beim Thema zu bleiben. Herrn Thomas These ist, dass wir im „entwickelten Westen“ über unsere individuellen Verbrauchergewohnheiten individuelle Schicksale z.B. in gewissen afrikanischen Ländern beeinflussen. Bitte diskutieren Sie diese These und nicht irgendwelchen Weltregierungsunsinn. Sorry, Manfred – Dein Kommentar #1 war völlig in Ordnung, der Spott in #5 war dagegen völlig unangebracht.

  8. Ich teile die Beschreibung von Yousif S. Thoma völlig, kann aber den Schluss das man bei der Problemlage wenigstens Zuwanderung erlauben sollte nicht einmal im Ansatz nachvollziehen. Wenn ein gut teil der Gründe für die Flucht in den Heimatländern zu suchen ist und auch nur dort bekämpft werden kann, dann muss man das tun und nicht die leistungsfähigen und finanziell ein bisschen besser gestellten Bewohnern ermöglichen das Land zu verlassen und hier zuzuwandern. Andere werden kaum die Reise schaffen bzw bezahlen können. Zuwanderung löst keine Probleme vor Ort sondern nimmt uns die eher knapp bemessenen finanziellen Ressourcen um vor Ort helfen zu können. Die Personen die hier her kommen fehlen vor Ort und deren fehlen verschlimmert die Lage. Deshalb haben die Leute, wahrscheinlich unbewusst, sogar recht die aus Fremdenfeindlichkeit oder Angst vor Überfremdung gegen die Zuwanderung sind. Das ersetzt natürlich nicht das dann vor Ort auch was passieren muss, aber wir leben in einer Demokratie. Wenn eine Mehrheit keine vernünftige Entwicklungshilfepolitik betreiben will kann man hier nur darauf aufmerksam machen und versuchen selbst was mit seinem Kaufverhalten zu tun. Ich habe dazu schon mal vor einigen Monaten einen Link eingestellt. Der ist jetzt noch genau so richtig.
    http://www.solar-energie-afrika.de/

  9. Lieber Wolfgang Fladung,

    meine Spitze richtete sich gegen die Kommentare Nr. 2 bis 4 mit ihren differenziert resignativen Unter- oder Obertönen. Ihr „höheres Wesen“ paßte da gerade so gut, um eine Lösung aufzuzeigen. Ich unterstelle Ihnen nichts, was Sie nicht geschrieben haben; aber ich interpretiere und kommentiere Ihre Äußerungen ebenso wie die der anderen Kommentatoren und bin mir klar darüber, nicht unbedingt auf Zustimmung zu stoßen. Ich selbst bin fröhlich pessimistisch, aber keinesfalls verbittert.

    Lieber Bronski,

    tut mir leid, Deinen Sinn für Satire überstrapaziert zu haben. Es ist ja so, daß keiner von uns einen praktikablen Vorschlag parat hat, von wem die herrschenden Kräfte, die für das Unrecht und das Unheil verantwortlich sind, niedergerungen werden könnten. Und als selbst Ratloser komme ich gegenüber Resignierenden mitunter auf wenig praktikable Ideen.

  10. (…) Passage gelöscht, da nicht zum Thema, Anm. Bronski

    Also, was denn noch alles spaltet die Menschheit, außer Machtblöcke oder der Unterschied zwischen den „westlichen Staaten“, auf die bisher hier ausschließlich der Fokus gelegt wurde, und „den Ländern der Dritten Welt“, warum eigentlich nur? Diese Eingrenzung läßt aber wichtige Faktoren der Spaltung außer Acht, auf die doch Yousif S. Thoma abhebt.

    Yousif S. Thoma fragte, ich habe ihn ja nur wörtlich genommen:
    „Müssen wir nicht sofort in allen Industrieländern unsere Beiträge zur entstandenen Situation gründlich analysieren und entsprechende Korrekturen vornehmen?“

    Ja, das müssen „wir sofort in allen Industrieländern“ tun m.E., denn weiter schreibt ja Yousif S. Thoma:

    „Außenpolitik: Unterstützung von Diktaturen, Waffenlieferungen, militärische Interventionen[…] wenn es den eigenen Interessen dient.
    Handels- und Landwirtschaftspolitik: „Export-Weltmeisterschaft“ – inkl. Waffenexporte –. […]Export von billigem Fleisch, Mais u.ä., (eingefügt: auch Reis) der zur Zerstörung der Lebensgrundlagen von vielen Viehzüchtern und Kleinbauern insbesondere in Afrika führt. Durch die „Macht des Marktes“ – d.h. die Produktion richtet sich auf die „kaufkräftige Nachfrage“ der Kunden der nördlichen Halbkugel (eingefügt: auch der südlichen) – entstehen im „Süden“ Monokulturen, und dann erfolgt ein enormer Druck auf die Preise (z.B. Südfrüchte, Kaffee, Kakao, Schnittblumen etc.) mit der Folge, dass kleinbäuerliche Strukturen verschwinden, die Produktion von lebensnotwendigen Produkten für die Bevölkerung zurückgeht. Millionen von kleinbäuerlichen Familien wandern in die Slums der Großstädte usw. usw.
    Weitere Ursachen wie Landgrabbing (eingefügt: das machen viele, auch Inder und Chinesen), Marktmacht von Monsanto u. Co (eingefügt: und anderer, auch von Staatsbetrieben), internationale Spekulation mit Lebensmitteln usw. Der Platz für einen Leserbrief reicht leider nicht aus, diese Zusammenhänge auszuführen.
    Daher nur noch der Hinweis auf unseren 200-jährigen CO2-Ausstoß (unser Beitrag zum Klimawandel) und zur Überfischung der Ozeane.“

    So ist es, aber nun doch etwas runder (ergänzt) noch ………

  11. @ manfred petersmark

    Tut mir leid, Deinen Sinn für ernsthafte Diskussionen überstrapaziert zu haben.

    Niemand erwartet von Dir, dass Du als Einzelperson Patentrezepte zur Lösung der Krise vorlegst. Was Dir als informierter Person mit wachem Verstand aber möglich ist, ist der Versuch der Analyse der Situation und/oder die Diskussion über diesen Versuch. Es handelt sich um ein ernstes Thema.

  12. Ja, lieber Bronski, es gibt ernste Themen, es gibt ernste Situationen. Aber wo wird nicht mehr gelacht als bei einem Leichenschmaus?

  13. Ich möchte Yousif S. Thoma nicht zu nahe treten; aber warum setzt er, der in der Entwicklungszusammenarbeit seit 1975 tätig ist, sich nicht mit dem Scheitern der „Entwicklungshilfe“ gerade in Afrika differenziert auseinander?

    Die gute alte Entwicklungshilfe, gutgemeint und bald als „Almosenkultur“ entlarvt, oktroyierte den vermeintlich Bedürftigen eine Hilfe, von der sie rasch abhängig wurden. Nicht ganz passend, aber für die heutige Zeit beispielhaft: aus Europa importierte Geflügelschlachtabfälle als Billigstkonkurrenz gegen einheimische Geflügelanbieter.

    Anscheinend spielte der Gedanke, wie man die erwerbstätige Bevölkerung der afrikanischen Staaten, denen die Entwicklungshilfe zugute kam, in eine exportorientierte Wirtschaft hätte einbinden können, eine nur untergeordnete oder gar keine Rolle. Das überwältigende Angebot von „Fairtrade“-Produkten heute gibt ein gutes Beispiel für diese Einschätzung.

    Nur zu, tun wir Gutes, kaufen wir fair gehandelte Erzeugnisse aus Afrika! Doch denken wir auch daran, daß in den meisten anderen Gütern, die das Leben angenehm machen, Erzeugnisse, meist Bodenschätze, aus Afrika stecken, bei deren Gewinnung die Völker Afrikas alles andere als fair behandelt werden.

  14. Nun muß ich doch noch was sagen:
    Was da so nebenbei als „unsere Politik“ bezeichnet wird, das ist nicht meine Politik.

    Die Politiker haben das Volk zu vertreten, nicht das Volk die Politiker. Mir ist vor der Wahl von denen, die ich gewählt habe, etwas ganz anderes versprochen worden, als das sie jetzt tun, sie können sich deshalb nicht auf mich berufen.

    Ich weiß, daß das alles im Alltagsgeschäft ganz anders aussieht und man als Politiker so manche Hühnerleiter heraufkriechen muß, aber es heißt auch, Politiker seien nur ihrem Gewissen verpflichtet, und das leidet nunmal, wenn man lügt.

    Vielleicht sollte man nochmal ganz klein anfangen:

    Niemand soll für jemandes anderen (meinen) Lebensstandard sterben müssen.
    Eine ganz bescheidene Forderung….

  15. @ manfred petersmark

    „… als bei einem Leichenschmaus?“

    Auch diese satirische Bemerkung ging wieder fehl, da die Menschen, über die wir hier reden, durchaus am Leben sind — allerdings nachdem einige von ihnen aus Lebensgefahr gerettet wurden.

  16. Bronski, Du bist ein (…) Wortklauber!

    (…) Passage gelöscht, Anm. Manfred Petersmark

  17. @ Bronski: Satire ist eben bitter gewürzt. Beim Betrachten der Zustände dieser Welt bleibt ja nur noch der herbe Sarkasmus und das Lachen klingt unfroh.

  18. Ist dieser Aphorismus / dieses Kurzgedicht hier zulässig:

    „Es gibt nichts Gutes, außer: Man (ergänzt:frau) tut es“ ???

    (Erich Kästner in „Moral“(er schwang aber damit keine Keule, sondern mußte sich der Keulenschwinger ja damals erwehren))

  19. Lieber Herr Petersmark,

    wenn sich Ihre Satire auf das Thema bezieht, finde ich das in Ordnung. Allerdings braten Sie dem/der ein oder anderen Ihrer Mitdiskutanten auch mal gerne in satirischer Form ganz persönlich eins über, und das könnte etwas zart besaitetere Gemüter durchaus dazu bringen, sich aus dieser Diskussion zurückzuziehen.
    Sie sollten das bedenken.

  20. Liebe Frau Ernst,

    nach meinem Eindruck merken alle hier, wenn Diskussionen ins persönliche Hickhack abzurutschen drohen.
    Dazu gehören eben auch die Techniken, die Sie gerade ansprachen, aber auch das sog. „Manndecken“ in Foren und Blogs. Wie im Fußball stehen sich dann zwei Diskutanten andauernd „auf den Füßen“ herum.
    Anders als „auf`m Platz“ können sich hier ja zwei, die „nicht miteinander können“, ja auch aus dem Wege gehen.

    Aber Ihnen muß ich das ja wirklich nicht erklären ……

  21. @ Brigitte Ernst, #20

    Ich stimme Frau Ernst voll zu.
    Nach meinem Verständnis hat das Thema auch mit Satire nichts zu tun. Ein Bestehen darauf untergräbt auch ein Engagement, wie es Herr Thoma erkennen lässt (unabhängig von dessen Einschätzung), um einer billigen Selbstbestätigung willen.

  22. Liebe Brigitte Ernst,

    ich achte sehr darauf, mich auf die Ausführungen und das Verhalten einer Person und nie auf diese selbst zu beziehen. Falls Sie sich persönlich durch mich verletzt gefühlt haben sollten, tut mir das aufrichtig leid. Aber Sie sind ja Frau genug, sich zu wehren.

  23. Lieber Günter Rudolphi,

    Ich halte es lieber mit Wilhelm Busch:
    „Das Gute – dieser Satz steht fest –
    ist stets das Böse, was man läßt.“

    Das kostet zwar Überwindung, ist aber weniger mühsam als das Kästner’sche Tun.

    Um endlich wieder auf das eigentliche Thema dieses Threads zu kommen: Wir sollten beide Definitionen des Guten beherzigen!

  24. Lieber Werner Engelmann,

    im Gegensatz zu Ihnen bin ich der Auffassung, daß sich ernste Themen, wie das hier zur Debatte stehende, durchaus satirisch abhandeln lassen, solange die Ernsthaftigkeit nicht auf der Strecke bleibt. Und ich bin davon überzeugt, diesem Anspruch in meinen Beiträgen Nr. 1 und 14, die sich direkt auf das Thema beziehen, gerecht geworden zu sein. Sie dürfen sich auch, wenn meine Äußerungen oder mein Verhalten Ihr Anliegen sind, gerne an mich direkt wenden.

  25. @ manfred petersmark

    Du magst gern dieser Auffassung sein, doch derjenige, der darüber zu entscheiden hat, was hier geht und was nicht, bin letztlich ich. Und ich mache es mir relativ einfach: Bleiben Sie freundlich, SACHLICH und beim Thema, sagt unsere Blogregel Nr. 4. Das bedeutet: Keine Satire im FR-Blog. Satire en masse hast Du ja schon auf Ybersinn.de.

    Das war der letzte Post in dieser Angelegenheit. Weitere Kommentare zum Thema „Satire – ja oder nein“ oder Reaktionen auf meinen Post werde ich nicht mehr durchlassen. Zurück zum Thema, bitte.

  26. http://www.arte.tv/guide/de/050518-000/mammon-per-anhalter-durch-das-geldsystem

    Diesen Link poste ich, weil in dieser gestern abend bei ARTE TV ausgestrahlten Sendung der ganze Wahnsinn rund um unser kapitalistisches/neoliberal gesteuertes System aufscheint.

    Und wer jetzt fragt: Was hat das denn alles mit der Flüchtlingsproblematik zu tun, dem ist, meiner Meinung nach, nicht mehr zu helfen. Ohne diesen Mensch und Natur zerstörenden Kapitalismus wären die Probleme, zumindest in dieser Heftigkeit, nicht da.

    Aber Mitgefühl, Menschlichkeit, Solidarität, dem anderen helfen und ihn nicht benützen oder ausnützen – all dies bleibt beim Kapitalismus auf der Strecke.

    Höre bzw. lese ich Einwände?

  27. Was alles geschehen müßte, dazu lassen sich die Antworten schnell finden. Wie alles geschehen soll, da wird’s schon schwieriger.

    Seit die europäischen Kolonialmächte ihre afrikanischen Kolonien vor einem halben Jahrhundert in die „Unabhängigkeit“ entlassen haben, ist dort die „Entwicklungshilfe“ vor Ort, getragen von den Entwicklungsministerien einiger der Staaten, die der 1961 in Paris gegründeten Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) beigetreten waren.

    Was an Geldern nach Afrika geflossen sein soll, welche Machthaber sich bereichert und ihre Unterdrückungssysteme so zementiert haben sollen und wie durch die Finanzierung dieser Regimes jede Eigenverantwortlichkeit verlorengegangen sein soll, darüber kann sich jeder mit ein bißchen Eigenrecherche im Internet ein Bild machen. Darum alles im Konjunktiv und ohne Links.

    Welchen Eindruck jeder für sich auch gewinnt, so ist doch nicht zu übersehen, daß die sogenannte Entwicklungshilfe einen Massenexodus zumindest nicht verhindert hat und somit gescheitert ist. Yousif S. Thomas Vorstellung, diesen Irrweg als „Entwicklungszusammenarbeit“ fortsetzen zu wollen, wenn „der Wille der Herrschenden“ erfüllt wird, zeugt von einer unglaublichen Naivität. Keiner der korrupten Herrschenden wird sich sperren, wenn nur weiterhin genügend Geld in seine Taschen fließt.

    Die Entwicklungshilfe ist gescheitert. Die Politik versagt. Ein Versuch, deren Politik von außen zu beeinflussen, könnte möglicherweise den afrikanischen Staaten drohen, die über begehrte Rohstoffe verfügen, wenn deren Verfügbarkeit für potente westliche Staaten bedroht scheint. Dann wäre es nicht unwahrscheinlich, daß sogar die USA auf ihre Weise mithelfen, die afrikanischen Probleme zu lösen.

  28. Lieber Herr Fladung,

    sie hören von mir keine Einwände als Negation zu diesem Zitat:

    „Ohne diesen Mensch und Natur zerstörenden Kapitalismus wären die Probleme, zumindest in dieser Heftigkeit, nicht da.“

    aber eine Ergänzung. Der reale Sozialismus/Kommunismus hatte in den Herzen und Seelen seiner Opfer, aber auch in den Körpern, in den überall zurückgelassenen und verwüsteten Landschaften sehr viel zerstört, also „Mensch und Natur“ zerstört. Wismut Aue, Wolfen usw., Tschernobyl usw. sage ich da nur, das andere, was Sie meinen, das unterschlage ich nicht, auch Fukushima usw. nicht.
    Nehmen Sie diese Ergänzung bitte auch einmal zur Kenntnis.
    Warum fragt hier auch niemand, weswegen bei älteren Bewohnern der ehemaligen DDR, also im ehemaligen „Osten“, die doch im Sozialismus der DDR geprägt wurden und dort aufgewachsen sind, die Xenophobie höher ist als im ehemaligen „Westen“? Die jüngeren wurden wieder von den älteren auch noch erzogen und geprägt.

    Denn dieses Faktum könnten doch hier auch einmal alle zur Kenntnis nehmen.

  29. @ Wolfgang Fladung #27

    „Mitgefühl, Menschlichkeit, Solidarität,[…], all dies bleibt beim Kapitalismus auf der Strecke“.

    Auch ich habe hier, ähnlich wie Günter Rudolphi, Einwände.
    Ich glaube nicht mehr an die Macht der Ismen. Kapitalismus, Neoliberalismus, Kommunismus, Islamismus – es ist nicht das System. das an allem schuld ist, es sind konkrete Menschen.
    Früher war ich mit Bertolt Brecht der Überzeugung, es bedürfe nur des richtigen Gesellschaftssystems, um den Menschen zu humanem, solidarischem Handeln zu befähigen (sehr eindrucksvoll veranschaulicht im Drama „Der gute Mensch von Sezuan“).
    Wir 68er glaubten an „den Sozialismus“, natürlich nicht in der Ausformung, wie er in der Sowjetunion und der DDR praktiziert wurde, aber zeitweise war China der große Hoffnungsträger oder auch die Tschechoslowakei zur Zeit des Prager Frühlings.
    Wir wissen alle, was daraus geworden ist. Weniger, weil der eine Ismus besser wäre als der andere, sondern weil sich in allen Gesellschaften eine nicht unerhebliche Anzahl von Menschen herauskristallisiert, die getrieben ist von Egoismus, Machtstreben, Konkurrenzdenken und Habgier. Sie übernehmen früher oder später die Macht, ob sie nun Stalin, Honnecker, Donald Trump oder Martin Winterkorn heißen. Und in ihrem Windschatten machen es sich ihre Gefolgsleute bequem und setzen das von oben vorgegebene Prinzip in die Tat um, zum eigenen Vorteil, aus Angst vor Nachteilen, ohne Rücksicht auf ihre Mitmenschen.
    Nennen Sie mir ein politisches System in der Geschichte, das nicht von diesem Prinzip getragen wurde oder wird.

    Was ist dagegen zu tun?
    Ich habe, gemeinsam mit Zigtausenden von Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern, Sozialarbeiterinnen und -arbeitern 40 Jahre lang junge Menschen erzogen in der Hoffnung, auf diese Weise zum Aufbau einer gerechteren Welt beizutragen. Ich weiß, dass unter meinen ehemaligen Schülerinnen und Schülern nicht wenige sind, die sich den Prinzipen Mitgefühl, Menschlichkeit und Solidarität verschrieben und Verantwortung für das Gemeinwesen übernommen haben. Die Herrschaft des Menschen über den Menschen mit all ihren grausamen Auswüchsen haben wir bisher nicht abschaffen können.

  30. # 29, G. Rudolph: Lieber Herr Rudolph,

    halten Sie mich für einen Ignoranten? Ich hoffe, nicht. Ich habe schon in meiner Jugend festgestellt, daß all das, was uns von den Marxismus-Leninismus-Fans präsentiert wurde, mit der eigentlichen Lehre (Leere?) so viel zu tun hatte wie Quasimodo mit gutem Aussehen.

    Meine Vorstellung ist eher die eines Sozialismus, oder von mir aus den sozialdemokratischen Vorstellungen, die einmal in der SPD vertreten wurden und von welchen die sogenannten „Sozialdemokraten“ von heute sich weit entfernt haben. Schauen Sie mal unter dem nach, was die Befreiungstheologen – nicht nur in Brasilien – wollen, da finden Sie die Antwort. Diese Antwort wird übrigens auch in dem von mir vernetzten Link gegeben.

    Nochmal: ich will doch nicht ein perverses System durch ein anderes perverses System ersetzen. Genauso könnte ich auch bei einem Leberschaden statt Doppelkorn Whisky trinken.

    Und zu Ihrer Schlußfrage zur DDR-Nentalität: Diese Xenophobie gibt und gab es auch bei uns, nur nicht so offen zu Tage tretend. Hie gute BRD, dort böse DDR war immer schon ein Zerrbild.

  31. Lieber Herr Fladung,

    ich akzeptiere immer die Erfahrungen, die einzelne Menschen mit Systemen gemacht haben und auch eine individuelle Schwerpunktsetzung, die letzte Unterscheidung „Hie gute BRD, dort böse DDR“ mache ich auch nicht, weil ich ja generell gegen jedes schwarz-weiße Denken bin, aber wenn man die Fehler eines Systems anprangert, was ja legitim ist, wäre ab und an auch an die dem Menschen innewohnenden Fehler zu erinnern, die in allen Systemen zu Verwerfungen führen, so wie es auch Frau Ernst getan hat.

    Die Gewaltenteilung – oder Checks and Balances – können diese Fehler aber reduzieren, wenn auch nicht völlig eliminieren.

    Ansonsten sollte man heute am 20. August besonders an den heute verstorbenen Egon Bahr erinnern, in der Nacht zum 21. August war auch der Einmarsch einer halben Million Soldaten des Warschauer Paktes in die CSSR im Jahre 1968 und das Ende des „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ von Alexander Dubček, was auch Egon Bahr damals tief erschüttert und geprägt hatte, was ja dann auch nicht ohne Folgen für sein eigenes politisches Wirken geblieben ist.

  32. # 30, Brigitte Ernst: Ja, Frau Ernst, sie haben insoweit Recht, als hinter jedem System und jedem -ismus Menschen stehen, und diese Systeme mehr oder weniger stark pervertieren. Sie können auch Religionen nehmen, da passierte und passiert dasselbe. Nur: die Begriffe schaffen doch auch Gemeinsamkeiten, bilden Gemeinschaften. Was verbirgt sich denn hinter der „marktkonformen Demokratie“ von Frau Merkel und Herrn Schäuble? Nur zwei fehlgeleitete Menschen, oder ein ganzes System mit Profiteuren etc. pp? Das eine ist vom anderen nicht zu trennen, so wenig wie der Islam vom IS. Aber belehren Sie mich eines Besseren.

  33. Meine Dame, meine Herren,

    die Überschrift dieses Threads lautet „Unsere Politik trägt zu Krisen und Armut bei“; deshalb ist es nur recht, wenn Sie Ihre persönlichen Erfahrungen aus Ihrer politischen, beruflichen oder auch nur ganz privaten Vergangenheit und Gegenwart schildern und vielleicht auch in die Zukunft projizieren. Wer war kein 68er, kein Antikapitalist, hatte keine Mao-Bibel und atmete keine Prager Frühlingsdüfte? Und in dem Ganzen schwingt die Resignation darüber mit, daß der Ismus, den man so leidenschaftlich bekämpfte, gemeinerweise besser funktioniert als die Ismen, für die man sein Herzblut zu vergießen bereit gewesen wäre. Unsere Gedanken sollten sich folglich damit beschäftigen, wie Politik gerechter gemacht werden könnte in einer allgemein akzeptierten Wirtschafts-, Gesellschafts- oder gar Weltordnung.

    Daß der Sozialismus, der auf einem idealistisch altruistischen Menschenbild aufbaut, nie funktioniert hat, dürfte mittlerweile erkannt worden sein. Auf die weniger edle egoistische menschliche Natur ist der Kapitalismus viel besser zugeschnitten. Hier besteht das Hauptproblem darin, daß diejenigen, die in diesem System das Nachsehen haben, dieses nicht zu deutlich zu spüren bekommen dürfen. In einem wirtschaftlichen und sozialen Umfeld, in dem Multimilliardäre gedeihen, ist die Gefahr von Unruhen in der Unterschicht viel geringer als in Ländern, wo kleine Despoten ihren aufwendigen Lebensstil nur durch die offene Unterdrückung der Bevölkerung oder Teilen davon aufrecht erhalten können.

    Unsere Politik hat mit dazu beigetragen, daß die Verhältnisse in der Welt uns verbesserungsbedürftig erscheinen. Folglich wäre eine andere Politik nötig, damit sich die Verhältnisse bessern. Leider muß sich unsere Politik im Rahmen ihrer Möglichkeiten bewegen, und die sind sehr begrenzt. Es wird in der Regel versucht, mit Geld etwas zu bewegen. Doch zu oft gelangen die Mittel in die falschen Hände und bewirken das Gegenteil dessen, was sie sollten. Und was äußere Gewalt bewirkt, haben wir oft genug erfahren.

    Wer könnte unseren Politikern mit Ratschlägen aushelfen?

  34. @petersmark

    Auch mal was Satirisches von mir:

    Sozialismus und Kapitalismus funktionieren nur solange, wie die Bürger fünfe gerade sein lassen…

  35. Soeben erreicht mich eine Information von Campact/LobbyControl zum Thema Lobbyisten im Bundestag.
    Ich glaube, dass hier eines der Hauptprobleme liegt, warum die Gesetze, die in unserem Parlament erlassen werden, so oft nicht die Interessen der Bürger verfolgen, sondern die der Konzerne. Siehe auch den nahtlosen Wechsel mancher Politiker in die Wirtschaft.
    Wie man diesen Lobbyismus stoppen kann, weiß ich allerdings auch nicht. Die Organisation LobbyControl versucht, die oben genannten Verflechtungen in einem Buch, das im September herauskommen soll, transparent zu machen. Das ist immerhin ein erster Schritt.

  36. Zum Zitat:
    „Sie können auch Religionen nehmen, da passierte und passiert dasselbe. Nur: die Begriffe schaffen doch auch Gemeinsamkeiten, bilden Gemeinschaften.“

    „Gemeinsamkeiten“ und „Gemeinschaften“, die sich aber auf Ab- und Ausgrenzung gründen, sind aber aus übergeordneter, oder globaler Sicht von Übel, genau so wie die Trennung der Menschheit nach Rassen.

    „Wir haben die richtige und einzige Religion oder Weltanschauung – Ihr seid die Ungläubigen, die Ketzer, die Dissidenten, die Renegaten, die Revisionisten usw.“, auch das sind doch Wörter aus dem Wörterbuch des Unmenschen.

    Das ist ein „Rassismus“ in anderem Gewand.

    Zum Zitat:
    „Unsere Gedanken sollten sich folglich damit beschäftigen, wie Politik gerechter gemacht werden könnte in einer allgemein akzeptierten Wirtschafts-, Gesellschafts- oder gar Weltordnung.“

    Das wäre doch mal eine Anregung für einen neuen Thread, Völker und Bronski und die FR, höret die Signale …….

    Das größte Glück mit den größten Häusern, Autos, Stereoanlagen, Küchen, Gärten, Harems, Palästen, Schwimmbäder, Wasserstoffbomben, usw.usf.etc.pp. ……. für die größte Zahl der Menschen, die längste Zeit hinweg, über Tausende von Jahren und länger noch, das stößt nun langsam an die Grenzen der Kapazität des Planeten, die Grenzen des Wachstums kommen nun immer mehr in Sicht.

    Ahoi vom Krähennest an die Brücke, den Kapitän, den Steuermann, die Offiziere und Mannschaften der Titanic, Eisberg Steuerbord in Sicht!
    Aber die Kapelle soll weiterspielen …….

  37. Zur Flüchtlings-Problematik hier ein Kommentar von heute aus SPON: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fluechtlinge-was-die-politik-jetzt-tun-muss-a-1048611.html.

    In diesem heißt es unter Punkt 1 im 2. Absatz: „Die Flüchtlingsströme werden durch den zu erwartenden Bevölkerungszuwachs im subsaharischen Afrika weiter an Dynamik gewinnen“. Mein Kommentar hierzu: Nur dort?

    Vor dieser Frage und mehr noch einer Antwort drücken sich hier wohl alle, oder? Es wurde ja schon einmal von mir unter # 4 angesprochen, aber auf Antwort warte ich immer noch. Bis ca.2050 werden wir mehr als 10 Milliarden sein.
    Kopf in den Sand hilft da wenig.

    Siehe hierzu auch die Süddeutsche: http://www.sueddeutsche.de/wissen/weltbevoelkerung-der-volle-planet-1.2588453

  38. Herr Fladung, je „moderner“ und ausgebildeter die Menschen sind, desto mobiler und weniger seßhaft werden sie zu einem großen Teil inzwischen, auch die „neuen Länder“ wurden dadurch leerer, wegen Abwanderungen in die „alten Länder“ der BRD.

    Der Artikel der Berliner Zeitung aus deren Archiv zeigt es auch auf (Titel):

    Wir haben sozialen Sprengstoff

    Zitat:

    „Wir hatten gerade Klassentreffen. Nur ein knappes Drittel meiner ehemaligen Mitschüler lebt noch in der Region. Und die übrigen? Die haben woanders eine gute Arbeit gefunden, häufig in Süddeutschland. Auf dem Klassentreffen wurde viel darüber gesprochen, dass sie dort einiges mehr verdienen als hier. Einige studieren auch in Köln oder Heidelberg. Ich finde das nicht schlecht, dass die Leute andere Gegenden kennen lernen. Aber ich denke, von denen geht keiner mehr zurück in die Lausitz. Was unterscheidet die Jugendlichen, die bleiben, von denen, die woanders hingehen? Es gehen die, die mobiler, flexibler und wagemutiger sind. Es bleiben häufig die, die auf Grund ihrer schulischen Leistungen Probleme haben, in den Arbeitsmarkt integriert zu werden.“

    Und die ganz brisanten Passagen daraus habe ich noch garnicht zitiert ……

  39. Zum Zitat:
    „Unsere Politik hat mit dazu beigetragen, daß die Verhältnisse in der Welt uns verbesserungsbedürftig erscheinen. Folglich wäre eine andere Politik nötig, damit sich die Verhältnisse bessern.“

    „Unsere Politik“ wird sehr oft angeleitet durch „unsere“ Grundüberzeugungen, auf die wäre doch auch noch mehr m.E. abzuheben.

    Wie wichtig doch die Menschen weltanschauliche / religiöse Fragen nehmen, zeigt doch auch dieser(s) Blog seit Anbeginn an, nachzulesen auch noch im Archiv.
    Die Threads mit weltanschaulichem / religiösem Hintergrund haben deutlich und statistisch signifikant mehr Kommentare als die reinen Sachthemen, z.B. zuletzt der Thread zum Thema „Kopftuch-Tragen“ einer Lehrerin im Unterricht an einer staatlichen Schule mit einem Urteil des BVerfG dazu.
    Da hätte ich doch glatt Lust, dazu auch noch mal eine Studie zu machen ……

  40. Nachtrag:
    Bitte das nicht so verstehen, daß ich die Chancen der Zuwanderung verkennen würde.
    Mir kommt es aber auch immer auf die Ambivalenz aller Themen dabei an, in allen Debatten, Chancen und Risiken gehen oft Hand in Hand.

  41. Mir fällt da Skandinavien ein. Ohne mich da wirklich gut auszukennen, was ich bisher von diesen Ländern weiß hört sich relativ gut an. Da kann man sehen das die Marktwirtschaft schon das richtige System ist, wenn dem Markt vernünftige Regeln gegeben werden. Eigentlich ist es das was ich von der Sozialdemokratie erwarte. Nur seit Schröder immer weniger von der SPD. Von wem kann man so eine Politik in D. erwarten? Ich denke am wahrscheinlichsten immer noch vor der SPD sie muss sich dazu aber verändern.

  42. Zum Einfluß der Religion in der / auf die aktuelle(n) Politik seien zwei Artikel der FR gegenübergestellt:

    1. Artikel:
    Islamismus
    Schluss mit dem Rassismus
    Von Jürgen Todenhöfer
    Zitat:
    „Der Islam verbietet konsequent Angriffskriege, die Tötung Unschuldiger, die Zerstörung religiöser Stätten und jeden Zwang im Glauben. Genau das aber praktiziert der IS jeden Tag. Der IS handelt anti-islamisch. Außerdem tötet er mehrheitlich Muslime. Der Islam ist erkennbar nur Maske der religiös degenerierten Führungsclique des IS.[…]Wenn es im Irak zu einer echten nationalen Aussöhnung zwischen Sunniten und Schiiten kommt.[….]Warum kennen unsere Lehrer und Sozialarbeiter, die mit jungen Muslimen arbeiten, nicht einmal das kleine Einmaleins des Islam und des anti-islamischen IS? Selbst bei bescheidensten Grundkenntnissen wäre es leicht, ihren muslimischen Schützlingen zu erklären, dass Islam und IS nichts miteinander zu tun haben.“

    Quelle: http://www.fr-online.de/terrorgruppe-islamischer-staat/islamismus-schluss-mit-dem-rassismus,28501302,31523286.html

    Zu Jürgen Todenhöfer:
    https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_Todenh%C3%B6fer

    2. Artikel:
    Navid Kermani im Interview
    Unterdrückte Tradition kehrt als Zombie zurück
    Von Joachim Frank
    Zitat:
    „Der Islam biete gegenwärtig ein „verheerendes und fürchterliches Bild“, sagt Navid Kermani, Orientalist, Schriftsteller und Friedenspreisträger 2015, im FR-Interview. […]
    Das ist das Kernproblem des Islams: Was wir heute erleben, ist ja ein völliger Bruch mit seiner geistigen, spirituellen und ästhetischen Tradition. Darum ist es auch ein Missverständnis, zu glauben, der Islam müsse erst einmal in der Moderne ankommen. Der Fundamentalismus wendet sich gerade gegen die Tradition und will sie abschaffen, indem er an einen behaupteten Uranfang zurückkehrt und sich vermeintlich authentisch auf den Koran bezieht, dabei aber eine 1400-jährige Deutungsgeschichte negiert. Diese Ausrottung der eigenen Tradition ist das eigentlich Erschütternde, wenn man heute islamische Länder bereist.
    Woran denken Sie?
    Etwa an die Wahhabiten und damit an Saudi-Arabien, aber auch an den IS, dessen Ideologie dezidiert wahhabitisch ist. Wo immer die Wahhabiten sind, wo immer sie Einfluss haben, zerstören sie nicht nur die Gräber der Heiligen, verbieten sie nicht nur die mystischen Formen der Religion, sondern überhaupt die traditionelle Kultur und Architektur. Sie haben nicht den geringsten Respekt vor der Vergangenheit, weder als ästhetisches Gefüge, noch für die klassische islamische Gelehrsamkeit, und schon gar nicht für die Volksfrömmigkeit.“

    Quelle: http://www.fr-online.de/literatur/navid-kermani-im-interview-unterdrueckte-tradition-kehrt-als-zombie-zurueck,1472266,31527850,item,0.html

    Zu Navid Kermani:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Navid_Kermani

    Wer hat nun recht in seiner Einschätzung der Korrelation zwischen Islam und dem IS, der Nicht-Muslim Todenhöfer, oder der Muslim Kermani?

  43. Nachgang: Im Wikipedia-Artikel zu Navid Kermani steht unten übrigens (Zitat Anfang):

    Stellungnahme zur Offensive des „Islamischen Staates“ im Nahen Osten

    In der Berliner Zeitung ruft Kermani dazu auf, den „Islamischen Staat“ (IS) im Irak auch mit militärischen Mitteln zu stoppen. Er vergleicht den Konflikt von seiner Bedeutung her mit dem Ersten Weltkrieg und warnt vor einem Genozid an Christen, Jesiden und anderen religiösen Minderheiten. Er weist in seiner Stellungnahme auf die Bedeutung von humanitären Korridoren für Flüchtlinge hin und warnt vor einer „Pol-Pot-Version des Islam“ von „den Grenzen Irans bis an die Küste des Mittelmeers“.[54]
    Ende des Zitats

    Daß die Wikipedia auch immer Fehler und Einseitigkeiten, sowie Fehlinterpretationen enthalten kann, ist mir übrigens auch bewußt.

  44. Aller guten Dinge ……

    Wer wie ich Gefallen am Transparent „Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren“ gefunden hatte, der ist immer skeptisch, wenn Theologen, auch Professoren und Doktoren der evangelischen, oder einer anderen Theologie, einem die Welt erklären wollen, auch bei Politikern oder Wendehälsen ist Skepsis nicht immer völlig verkehrt.

    Darum noch einen Artikel der FR verlinkt mit Titel und einem Zitat daraus:

    Perthes „Das Ende des Nahen Ostens …“
    Das Gift der Konfessionalisierung
    Von Thomas Schmid

    Zitat:

    „Das „Gift der Konfessionalisierung“ werde sich in der gesamten Region weiterverbreiten, wenn es nicht zu einer Entspannung zwischen Saudi-Arabien und Iran komme, prophezeit der Nahost-Experte. Und ohne eine solche Entspannung werde es auf absehbare Zeit in Syrien keine Konfliktlösung geben.Das jüngst abgeschlossene Atomabkommen mit Iran könnte „das regionale Kräftefeld in Schwingung versetzen“, meint Perthes und skizziert zwei Szenarien. Das erste führt zum Rücktritt Assads und zur Befriedung Syriens, das andere mündet in eine Verhärtung der Fronten. Der Wissenschaftler will damit deutlich machen, „dass auch politisch erwünschte Entwicklungen unerwünschte Ergebnisse nach sich ziehen können.“

    Quelle: http://www.fr-online.de/literatur/perthes–das-ende-des-nahen-ostens——das-gift-der-konfessionalisierung,1472266,31479284.html

    Zu Volker Perthes:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Volker_Perthes

    Von einem Talar bei Volker Perthes ist mir bisher noch nichts bekannt geworden ……

  45. Das ist so wie mit der Henne und dem Ei. Der IS braucht nicht den Islam um stark zu werden sondern Völker die sich ungerecht behandelt fühlen und sich dann radikalen Predigern zuwenden. Das muss nicht immer der Islam sein. Oder ist es umgekehrt? Ich glaube nicht. Unser Weltwirtschaftssystem ist gegenüber der 3. Welt extrem ungerecht. Deshalb haben solche Gruppierungen wie der IS überhaupt eine Chance.
    Da kann man Vorträge halten so viel man will. Das hat in Wirklichkeit nichts damit zu tun was im Koran steht. Ohne ihn zu kennen. In der Bibel kann man auch das rauslesen was man will. Der derzeitige Turbokapitalismus hat Grenzen erreicht. Das sieht man in Griechenland Spanien genauso wie im Irak. Ich kann mich noch daran erinnern das in Fernsehsendungen wie dem Internationalem Frühschoppen( Vorgänger vom Presseclub)Vertreter der Marktwirtschaft gesagt haben : Mit Marktwirtschaft wird es allen!!! besser gehen. Ich glaube dass das immer noch möglich wäre wenn man der Marktwirtschaft vernünftige Regeln gäbe, auf die Verteilung achten würde und sie nicht den Lobbygruppen überlässt.

  46. „Das hat in Wirklichkeit nichts damit zu tun was im Koran steht. Ohne ihn zu kennen. In der Bibel kann man auch das rauslesen was man will.“

    Darauf näher einzugehen, wäre m.E.nur in einem anderen Thread möglich, der sich auch Religions-kritisch mit allen Religionen und deren Unterschieden beschäftigt, die ja nicht so einfach wegzudiskutieren sind.

    Schönen Sonntag noch …..

  47. Wenn wir jetzt über den Unterschied zwischen den Religionen diskutieren würden, wäre das auch völlig am Thema vorbei. Den Menschen im nahen und mittlerem Osten fehlt eine Lebensperspektive, wenn sie die bekommen wird auch die Fluchtbewegung zu Ende gehen. Das liegt nicht am fehlenden Kapital sondern an dessen Verteilung. Ich denke das Öl wirft eigentlich für alle genug ab. Die Frage ist nur wie kommt man das wenigstens ein bisschen in die richtige Richtung. Dem Westen bleibt da eigentlich gar nichts anderes übrig als seine eigene Wirtschaftspolitik zu hinterfragen und die Entwicklungshilfe. Zuwanderung ist da , wie ich schon öfters geschrieben habe , eher kontraproduktiv.

  48. Ich möchte noch einmal auf das zurückkommen, was W. Fladung in #4 und #38 angesprochen hat: die Zunahme der Weltbevölkerung.
    Diesem Problem mit Geburtenregelung begegnen zu wollen, ist ein sehr heißes Eisen. In den Ländern mit einer hohen Geburtenrate wird ein reicher „Kindersegen“ ja nach wie vor als Versicherung für das Alter angesehen, auch wenn er de facto eher in die Verelendung führt. Zudem empfinden die Völker in Afrika, Südamerika und Asien den Versuch seitens der entwickelten Länder, ihre Geburtenzahl zu senken, auch leicht als Rassismus.
    Mit zunehmendem Wohlstand erledigt sich das Problem von selbst, wie man in Europa sieht. Aber da beißt sich die Katze eben in den Schwanz.

  49. # 49, Danke,Frau Ernst, für Ihren Kommentar. Ich dachte schon, das interessiert keinen. Für mich mit die Hauptursache für das ganze Dilemma weltweit. Aber wenn ich das anspreche, werde ich leicht in die falsche Ecke gestellt. Das mit der Altersversicherung habe ich schon einmal angesprochen. Nur ist eine Einführung gerade in den Ländern mit den höchsten Geburtenwachstumsraten illusorisch. Wir kennen das alles ja auch aus Europa, mit allen schrecklichen Folgen und Nebenwirkungen, wie Kriegen, Migration nach USA, Kanada, Australien oder auch Rußland. Ich weiß auch keine – humane – Antwort darauf, das sich die Weltbevölkerung alle Generation verdoppelt, und was die Menschheit tut, wenn wir auf Erden 15 Milliarden und mehr haben. Wo kommen dann Wasser, Nahrungsmittel, Anbauflächen, Unterkünfte her, und wer bezahlt? Geldprämien fürs „Nicht-Kinder-Kriegen“, wohl auch keine Lösung?

    Es kommen ja konkret zu denen, die vor Überbevölkerung und (Bürger-)Kriegen flüchten, auch noch all die hinzu, die aufgrund falscher und verfehlter Politik des Westens keinen anderen Ausweg mehr sehen, als zu flüchten.

    Ich habe die Tage Zahlen aus den Medien gehört, die mir Angst machen. Die wird für 2016 und 2017 jeweils von knapp 2 Millionen gesprochen, die zu uns wollen. Wohin damit, und, wie ich schon einmal fragte, aber keine Antwort erhielt – wer zahlt?

    Unsere neoliberale und Reichen-freundliche Regierung kürzt doch, um Gelder frei zu bekommen, lieber bei Renten, Hartz IV und anderen Sozialleistungen, als bestimmte Steuern zu erhöhen oder überhaupt endlich einmal die Besteuerung am oberen Ende (Steuerprüfer und Steuerfahnder einstellen!) wirklich der Realität anzupassen. Ich bin überzeugt, daß dann Milliarden im zweistelligen Bereich frei gemacht bzw. zusätzlich eingefahren werden könnten.

    Aber lieber freut man sich klammheimlich, wenn Flüchtlingsunterkünfte brennen. Ist ja auch so eine Art „Abwehrmaßnahme“.

  50. zu 49 Brigitte Ernst
    Die Zunahme der Weltbevölkerung ist wirklich das Grundübel um nicht zu sagen langfristig die Frage ob Krieg oder Frieden. Schon vor vielen Jahren hat der leider viel zu früh verstorbene SPD Politiker Hermann Scheer aufgezeigt wie die Lösung aussehen könnte. Heute hat man das was er gesagt hat einfach unter dem begriff Energiewende zusammen gefasst. Die Abkehr vom Öl als Energieträger wird eine völlige Veränderung der politischen Ziele mit sich bringen und ermöglicht es dem kleinen Mann sich unabhängiger von großen Konzernen zu machen, da die EE sehr dezentral von ihrer Technik her sind. Darin liegt die Chance eine neue Weltwirtschaftsordnung zu entwickeln die dann wirklich zu einer sozialen Marktwirtschaft führen könnte. Wenn das dazu führt das es den Menschen besser geht erledigt sich das mit der Überbevölkerung, wie sie geschrieben haben, von selbst. Ich gebe zu das man schon etwas optimistisch denken muss um das für möglich zu halten, aber möglich ist es.

  51. Zum Zitat:

    “ …. die Zunahme der Weltbevölkerung.[…] In den Ländern mit einer hohen Geburtenrate wird ein reicher „Kindersegen“ […]de facto eher in die Verelendung führt. […] die Völker in Afrika, Südamerika und Asien […] Mit zunehmendem Wohlstand erledigt sich das Problem von selbst, wie man in Europa sieht.“

    Zusammengefaßt, Frau Ernst, bedeutet das obige Zitat doch nichts anderes als den Export der Probleme einer hohen Geburtenrate in Afrika, Südamerika und Asien nach Europa.

    Ob damit aber sich in Europa „das Problem von selbst“ jetzt und auch noch für absehbare Zeit – das können auch die nächsten Jahrzehnte und Jahrhunderte sein – „erledigt“, das ist aber doch noch eine völlig offene Frage geblieben, weil Sie ja auch offensichtlich von einem immer weiter zunehmenden Wohlstand dabei außerdem noch ausgehen, trotz dieses „Imports“, jetzt von Europa aus betrachtet.

    Diese Annahme ist doch reines Wunschdenken, mit Verlaub.

  52. Auch ein angesprochener „Rassismus“- Vorwurf aus den überbevölkerten Ländern in Richtung Europa geht doch völlig daneben.
    Im überbevölkerten China wurde nicht von außen die „1 – Kind – Politik“ gefordert, sondern die kam von innen heraus, von der chinesischen Regierung selber.
    China hat zum Beispiel einen Anteil von 7,6 % an der Weltackerfläche in 2012. Daten der Ackerfläche Chinas von 1961 bis 2012 (beide Jahre etwa gleiche Hektarzahlen) waren fast unverändert.
    Quelle: http://www.factfish.com/de/statistik-land/china/ackerfläche
    Der Anteil an der Weltbevölkerung aber beträgt in 2015 1.40 Mrd von 7,32 Mrd, das sind also 19,1 %.
    Quelle: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/1716/umfrage/entwicklung-der-weltbevoelkerung/
    Bevölkerungs­entwicklung +0,47 % (2011)[2] pro Jahr nach WP, also immer noch zunehmend.

    Deshalb ist die VR China auch so extrem am Land-Grabbing in Afrika interessiert, aus diesem Mißverhältnis von eigener Ackerfläche und der Bevölkerungsentwicklung heraus.
    Ein Staat, der seine Bevölkerung aber selber schon nicht mal mehr auf dem eigenen Staatsgebiet ausreichend – jetzt und in Zukunft – ernähren kann, der müßte doch seine Bevölkerung eben logischerweise selber reduzieren, statt die „Überschüsse“ (schreckliches Wort in dem Zusammenhang, ich weiß) zu exportieren.

    Aber die Traditionen der Kulturen und andere mentale Faktoren (z.B. auch die Religionen) lassen eben die Vernunft außen vor.

  53. Liebe Leute,
    seit einer Woche passiert es mir nun schon zum dritten Mal, dass ein in mühevoller Kleinarbeit von mir zusammengeschriebener Beitrag einfach nicht weiterzuschicken ist, weil das Captchafeld ihn blockiert.
    Ich versuche es noch einmal:

    @ Wolfgang Fladung

    bezüglich der Finanzierungsmöglichkeiten der Flüchtlingsaufnahme habe ich im Thread „Das Asylverfahren muss verändert werden“, #21, bereits ähnliche mögliche Geldquellen wie Sie genannt, aber mein Beitrag wurde damals von Manfred Petersmark als „provokant, weltfremd und albern“ abqualifiziert. Danach hat sich keiner mehr dazu geäußert.
    Die Nachrichten über die erhöhten Steuereinnahmen zeigen überdies, dass bereits jetzt Geld da ist.

    @ hans

    Chinas Ein-Kind-Politik ist ein Beispiel einer von oben gesteuerten Geburtenregelung mit unerwünschten Nebeneffekten. Da in dieser Gesellschaft offenbar nur Jungen etwas wert sind, sorgt die unaufgeklärte Bevölkerung dafür, dass vorwiegend männliche Nachkommen geboren und großgezogen werden, was in der nächsten Generation einen derartigen Frauenmangel hervorruft, dass massenhaft kleine Mädchen entführt und für Menschenhandel missbraucht werden.

    @ Günter Rudolphi

    Offenbar habe ich mich nicht klar genug ausgerückt. Ich habe lediglich suf den statistisch erwiesenen Zusammenhang zwischen Lebensstandard und Kinderreichtum hingewiesen, doch mein Schlusssatz, dass sich hier die Katze in den Schwanz beiße, zeigt ja gerade, dass für mich auch die Migration nicht automatisch die Lösung bringt, die aus dem Teufelskreis Armut – Kinderreichtum – Hindernis für ökonomischen Wohlstand herausführt. Bildung wäre wohl das Einzige, das von überkommenen irrationalen Überzeugungen und Verhaltensmustern befreien könnte.

    Zum Rassismusvorwurf: Nicht ich habe ihn erhoben, sondern ich erinere mich daran, dass vor Jahren in Afrika Vorbehalte gegen Geburtenregelung geäußert wurden nach dem Motto: „Ihr wollt uns nur dezimieren und damit schwächen.“
    Dass das absurd ist, brauchen Sie mir nicht zu sagen.

  54. Es wird wohl auf die darwinistische „Lösung“ zulaufen, in punkto Überleben der Stärksten und der anpassungsfähigsten „Arten“. Die Not, welche die Menschen zum Auswandern treibt (siehe im 19. Jahrhundert aus Europa nach Amerika, Südafrika und Australien) prallt über kurz oder lang dann auf die Aufnahmebereitschaft und die Fähigkeit und Bereitschaft, abzugeben. Und dann knallt es eben. Ich hatte heute mit meiner Frau ab Frühstückstisch darüber gesprochen, was wäre, wenn sich unter die Syrien und Irak-Flüchtlinge IS-Leute mischen, und dann anfangen, auch hier „aufzumischen“. Verständliche Reaktion dann von uns: Abschottung.

  55. Es wird wohl auf die darwinistische „Lösung“ zulaufen, in punkto Überleben der Stärksten und der anpassungsfähigsten „Arten“. Die Not, welche die Menschen zum Auswandern treibt (siehe im 19. Jahrhundert aus Europa nach Amerika, Südafrika und Australien) prallt über kurz oder lang dann auf die Aufnahmebereitschaft und die Fähigkeit und Bereitschaft, abzugeben. Und dann knallt es eben. Ich hatte heute mit meiner Frau am Frühstückstisch darüber gesprochen, was wäre, wenn sich unter die Syrien und Irak-Flüchtlinge IS-Leute mischen, und dann anfangen, auch hier „aufzumischen“. Verständliche Reaktion dann von uns: Abschottung.

  56. Wie Fr. Ernst vollkommen richtig ausgeführt hatte, war Chinas 1-Kind-Politik zum Scheitern verurteilt, trotzdem die Idee einer Begrenzung der offensichtlichen Überbevölkerung deswegen nicht vom Tisch der Historie ist.

    Staatliche Eingriffe in diesen privatesten Bereich der Familienplanung sind ja in einer Demokratie wie der unsrigen sowieso sehr begrenzt nur möglich.

    Aber nicht nur „unsere Politik“ nach außen führt zu einer Zuwanderung, es ist auch die „Zurückhaltung“ der Deutschen in den Familien, in denen doch verbreitet die 1-KInd-Politik praktiziert wird, obwohl doch alle wissen sollten, daß Einzelkinder problematisch sind.

    Liebe Frau Ernst, jetzt werden Sie vermutlich ebenfalls konstatieren: „brauchen Sie mir nicht zu sagen.“

    Ja, Ihnen vielleicht / sicher nicht, aber vielen anderen potentiellen Eltern „aus deutschen Landen“ vermutlich, “ Aber da beißt sich die Katze eben in den Schwanz.“

    Eben!

    Diese verdammte Katze, möchte man / frau da doch sagen, aber in Wirklichkeit sind Katzen ganz anders, was die Reproduktion anlangt ……..

  57. zu 55 Wolfgang Fladung
    Der IS müsste ziemlich doof sein wenn er die Gelegenheit nicht nutzt. Sie werden aber abwarten bis sie einige tausend in Europa haben. Ich denke da sollte man sich nichts vormachen.

  58. Zum Glück haben wir in Deutschland noch überregionale Zeitungen, die konturierten eigenen Meinungen Raum geben, dazu gehören zweifellos die FR als „unabhängige, linksliberale Tageszeitung“ oder die FAZ, die jetzt unter einem Dach sind.
    Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/zeitungen-die-frankfurter-rundschau-bleibt-erhalten-12096695.html

    Aber auch DIE WELT bietet konturierte Meinungen zum Asyl-Thema, und auch dem „linken“ Verhältnis dazu, siehe:

    „Doch, der Fremdenhass ist ein Ost-Problem“
    Quelle: http://www.welt.de/debatte/kommentare/article145880767/Doch-der-Fremdenhass-ist-ein-Ost-Problem.html

    oder mit:
    „Kritik an Herrmann“
    Quelle: http://www.welt.de/politik/deutschland/article145909714/Das-ist-eine-gefaehrliche-Art-der-Kommunikation.html

    Mit diesen zwei Meinungen in einer Zeitung wird m.E. auch die immer noch beliebte politische Einteilung in „links“ und „rechts“ in Frage gestellt.
    Auch wenn Ernst Jandl das so karikierte:

    „lichtung
    manche meinen
    lechts und rinks
    kann man nicht
    velwechsern.
    werch ein illtum!“
    – Ernst Jandl, Laut und Luise
    Quelle: http://www.worte-projekt.de/jandl.html

    Und „liberal“ kommt vom lat. „liber“, d.h. „frei“, wer also den Begriff „Gutmensch“ als verbalen Ausrutscher und abqualifizierend in der Asyldebatte ablehnt, der sollte auch über den Begriff „neoliberal“ nicht anders denken.

    Nur mal so nebenbei erwähnt …..

  59. Eigentlich würde ein einziger Blog zum Flüchtlings- bzw. Migrations-Thema reichen, weil ja sowieso alles mit allem zusammenhängt. Warum versuchen wir immer wieder, die Flüchtlinge aufzuteilen, in Flüchtlinge aus politischen Gründen, aus Armut, oder weil die Ressourcen aufgrund Bevölkerungswachstum nicht mehr für alle reichen? Wenn bestimmte Volksgruppen merken, daß es nicht für alle reicht, versuchen sie natürlich als Erstes, für ihre Gruppe (früher hätte man gesagt: Stamm) Vorteile und Privilegien zu erhalten und zu sichern. Und notfalls werden dann (Bürger)-Kriege geführt, die dann auch, wenn es um Rohstoff-Quellen und Ressourcen-Sicherung geht, auch gerne durch einseitige Einmischung (nicht nur des Westens) anderer Länder gefüttert werden.

    Welcher Waffenkonzern oder welcher Dienst, welches Militär bekennt sich zur eigenen Verantwortung und wäre bereit, die aufgrund dieses nur auf kurzfristigen Gewinn ausgerichteten Aktionismus, mehr oder weniger unterstützt durch die Regierungen, dann auch 1 zu 1 die Folgen zu tragen und die Flüchtenden aufzunehmen? Da stiehlt mensch sich aus der Verantwortung und zuckt die Achseln. Ebenso bei uns, wo sich die Reichen und Mächtigen auch aus ihrer Verantwortung stehlen, weil sie ja nicht betroffen werden, weder im Bankkonto noch in der Wohnlage.

    Aber wenn dann Unmut bis hin zum Steine und Brandsätze werfen bei all denen aufkommt, die nicht mit Gütern gesegnet sind und spüren, das ihnen vom Wenigen noch weggenommen werden soll, dann wird sich entrüstet und der Gutmensch herausgekehrt – vielleicht liegen ja noch ein paar Kleider von der Omma auf dem Dachboden? Und wenn man dann eine Speisung der Ärmsten durchführt, fühlt man sich ein bißchen wie einer der Apostel von Jesus.

    Aber die wahren Ursachen bezüglich Eigennutz, Gewinnstreben, Ausbeutung und wie sie alle heißen – die werden hübsch verdrängt oder einfach nicht wahr genommen.

    Wehe uns, wenn meine Befürchtungen wahr werden und die Fanatiker vom IS ihre Radikalität auch zu uns tragen. Und wenn diese dann auf die Radikalen a la NSU etc. trifft (die sich ja bezüglich Intoleranz nicht von den Religiösen unterscheiden, auch Faschismus ist ja eine Art „Religion“).

  60. Ohne unseren exportierten Waffen weniger Kriege und ohne unserer wirtschaftlichen Dominanz weniger Hunger Weltweit. Ist die EU eine Union der Völker oder ein Debattierklub von Politikern die in ihrem Land keine Funktion übernehmen können oder dürfen, aber noch ein Einkommen benötigen? Ohne Angleichung der Asylverfahren in der EU wird keine vernünftige Lösung der Flüchtlingsproblematik möglich sein. Dabei sollten die Hürden für den Flüchtling, unabhängig von seinen Fluchtgründen, nicht zu hoch sein. Das große Problem ist nicht das Asylverfahren, sondern der finanzielle Aspekt. Alle EU- Länder scheuen die Kosten und haben Schiss sich vor ihrer Bevölkerung für die aufgelaufenen Ausgaben zu rechtfertigen. So bleibt die Menschlichkeit auf der Strecke!
    Mein Vorschlag:
    Alle EU- Länder zahlen einen auszuhandelnden, für alle gleichen Prozentsatz, ihres Bruttoinlandprodukts in einen Haushaltstopf der EU ein. Aus diesem Topf werden EU- weit alle Kosten für Flüchtlinge, den Lebensverhältnissen im jeweiligen Land angepasst, übernommen. Die Länder und Gemeinden werden um Flüchtlinge betteln. Endlich wieder neue Bewohner in den seit Jahren vor sich hingammelnden Wohnungen, steigender Umsatz im Laden um die Ecke der jetzt nicht schließen muss. Der Rubel rollt dank der neuen Mitbürger und die Gemeinden haben keine Unkosten mehr, die EU bezahlt. Über eine Aufnahme- Quote braucht sich niemand mehr Gedanken machen, eher um eine Maximal- Quote. Kein Anhänger des verbotenen Grußes wird sich trauen eine Straftat zu begehen, er könnte ja vom Rest der Gemeinde zu einem Wohnsitzwechsel ins Krankenhaus gebeten werden, und den Mob von Heute wird es nicht mehr geben. Finanziert wird das ganze durch mehr Steuergerechtigkeit. Die Reichen werden nicht Ärmer, aber ein größerer Teil ihres Einkommens gelangt wieder in den wirtschaftlichen Kreislauf.
    Es wird nicht Kostengünstiger, aber keiner merkt´s. Heutzutage ist alles käuflich- Unternehmer, Politiker, Diktatoren, Mörder, öffentliche Meinung, ganze Verbrecherhorden (z.B. NSU, IS oder Al Kaida)- warum nicht auch Menschlichkeit?

  61. Plötzlich werfen auch „grüne“ Politiker, wie der Darmstädter OB, alte Dogmen über Bord.
    Während in Darmstadt Kasernen leerstehen, wurden für Flüchtlinge völlig ungedämmte Zelte aufgestellt, die werden dann auch noch alle elektrisch(!) beheizt.
    In den nun schon kühlen Nächten aber gibt es keinen Photovoltaik-Strom, Windräder müssen teilweise wegen der Fledermäuse nachts abgeschaltet werden, der trockene Sommer ergab auch wenig Mais für das sog. „Biogas“, in Hessen gibt es auch kaum Wasserkraftwerke, das regionale, moderne Gaskraftwerk ist ebenfalls stillgelegt.

    Das aber heißt: Für die Zeltheizungen und die Zeltbeleuchtungen liefern Kohlekraftwerke und Atomkraftwerke den Strom in Darmstadt unter dem Oberbürgermeister der Partei Bündnis 90/Die Grünen

    Es ist wirklich schwierig, keine Satire über Dichtung und Wahrheit im Darmstadt des Datterich zu schreiben.
    (Juvenal und Goethe mit Niebergall vereint)

  62. Ich nutze diesen Blog, weil hier die letzten Beiträge gepostet wurden. Der „Asyl“-Blog hätte es genauso sein können. Wirklich, all is one – warum immer die Unterscheidungen???

    Also: das Grundproblem scheint mir zu sein, daß sich immer um die Grundfrage herumgedrückt wird, die lautet: Wer bestellt, und wer bezahlt. Oder auch: Wer richtet an, und wer badet aus? Welche Regierungen, gestützt und gesteuert durch die großen Wirtschaftsbosse der Länder, haben sich, vermeintlich aus „humanitären“ Gründen, eingemischt in die Politik anderer Länder, durch Waffen, Militäraktionen oder Wirtschaftssanktionen – wer hat davon profitiert, und wer hat dafür bezahlt?

    Wenn ich auf der Straße einem auf den Kopf haue, und schreie dann, wenn es blutet: Hilfe, so helft ihm doch, wo bleibt denn hier die Menschlichkeit; dann ist das pure Heuchelei. Aber so läuft es inzwischen, nee, schon länger, ab: die Einen richten großmannsmäßig an, die Anderen dürfen es dann, irgendwie, richten.

    Warum sagen wir nicht eindeutig und klar: Wer für die Situation in Syrien (und anderswo) verantwortlich ist, der muß auch dafür zahlen, und die Menschen, die ihrer Existenz beraubt wurden, aufnehmen? Und dies gilt genauso für die sogenannten „Armutsflüchtlinge“ aus dem Balkan, weil es ja auch dort – und inzwischen hier – Ursache und Wirkung gibt.

    Aber ich habe inzwischen nicht mehr viel Hoffnung, das ich hierauf vernünftige Antworten erhalte. Wenn diese nicht kommen, weil Rezepte ja nur schwer auszustellen sind, werde ich mich trotzdem aus dem Blog verabschieden. Ich bin einfach müde geworden, trotz meiner 68er Hoffnungs-Reste, und zweifle einfach an unserer Gattung, und denke irgendwie, soll doch alles in Arsch gehen, Hauptsache, im Keller liegt noch eine Flasche guter Wein.

  63. Ich habe die Tage einen Fernsehbericht gesehen der sich mit den Flüchtlingslagern im Libanon beschäftigt hat. Ich habe die Zeit darüber nachgedacht. Da in der Beka Ebene warten mehrere 100000 Menschen die in der Masse auch nach D. wollen, aber nicht genug Geld haben um sich auf den Weg zu machen. Ob jemand Geld hat oder nicht kann doch nicht entscheiden ob jemand so bedürftig ist das er einreisen darf? Dann nehmen wir auch noch die die am meisten Geld haben und nicht die die am bedürftigsten sind. Wenn das nicht krank ist.

  64. Sie haben recht, Herr Fladung: Auf den weiträumigen Ländereien eines George W. Bush, seiner Regierungsangehörigen samt Generälen sowie der vielen Waffenhändler und skrupellosen Konzernchefs der Welt wäre sicher für Tausende von Flüchtlingsfamilien Platz. Aber weder Sie noch ich werden hier für Gerchtigkeit sorgen können.

  65. (nicht nur Hans): Warum flüchten Menschen aus ihrer Heimat? Weil die Situation für sie und ihre Familien unerträglich geworden ist. Und warum wollen so viele nach D.? Weil sie sich hier die humansten Aufnahmebedingungen versprechen, nach all der dort heimischen und erfahrenen Inhumanität. Nur wer Geld für die Schleuser aufbringen kann, hat überhaupt eine Flucht-Chance.

    Derzeit zeigt sich, wieviel all die vollmundigen Worte einer europäischen „Gemeinschaft“ wert sind. Wenn es um Aufnahme Geflüchteter geht, erweisen sich all die hehren Worte der Vergangenheit als reine Lippenbekenntnisse. Flüchtlinge werden zu einem Wirtschaftsfaktor, nicht nur im drumherum entstandenen Business.

    Und da sprechen und sprachen wir Deutschen, wie z.B. Herr Gabriel, auch mit gespaltener Zunge. Heckler & Koch – wg. „Arbeitsplätzen“, mit Aufträgen versorgen, und sich dann wundern, wenn ganze Dörfer und Familien massakriert werden. Den Saudis das Öl abkaufen, obwohl ein Teil des Geldes dann zum IS wandert. Immer nett zum NATO-Partner USA und seinem doch ach so netten und friedlichen Präsidenten, und dabei fest die Augen zumachen, wenn dieser „Partner“ zwar überall, nicht nur in Lybien und Irak zündelt, und zwar ohne Rücksicht auf Verluste, das alles strotzt vor Heuchelei und Borniertheit. Leider brauchen die Flüchtlingsboote und Schlepperkähne ja von Lybien oder Kos kürzer zum Kontinent Europa als zum Kontinent Amerika. So 3, 4 Millionen ab in die USA, das wäre doch Klasse!

    Wir brauchen dringend eine Sonderabgabe auf höhere Vermögen, oder einen Migranten-Soli, und zwar europaweit. Und mit diesem Geld müßten dann alle möglichen Maßnahmen ergriffen werden, um den flüchtenden Menschen das Zuhause-bleiben zu ermöglichen (oder auch die Wiederansiedelung). Und Despoten und Diktaturen und Tyranneien gehören geächtet, auch wenn diese mit uns wirtschaftlich verbandelt sind. Aber da kann ich wahrscheinlich bis zum St.-Nimmerleins-Tag warten, bis hier die Verantwortlichen zur Besinnung kommmen.

    Ich befürchte, daß eher vorher auch bei uns die Rechtsradikalen, unterstützt von Rechtspopulisten bis hinein in die CSU, eine Gegenbewegung aufbauen, nach dem Motto: „Raus aus dem Reich“. Ick höre da schon länger die braune Nachtigall trapsen, die demnächst dann wohl auch in den Medien auftauchen wird.

  66. Was wir außerdem dringend brauchen, ist ein Einwanderungsgesetz, welches, zumindest bei uns,
    aber vielleicht auch in anderen Ländern, die Zuwanderung endlich einmal vom Kopf auf die Füße stellt. Nur habe auch ich keine Lösung dafür, wie wir es mit der Armutszuwanderung halten, zumal, wenn die Menschen nicht oder schlecht ausgebildet sind und, wie viele Roma und Sinti aus Albanien oder dem Kosovo, mit 8 – 12 Kindern zu uns kommen, weil hier das Kindergeld eine Familie ernähren kann. Da, muß ich bekennen, habe auch ich meine Vorurteile.

  67. @ 62 und 65 Wolfgang Fladung.
    Ich teile Ihre Empfindungen. Gut, dass Sie Ihre Ankündigung, sich aus dem Blog zu verabschieden, noch nicht wahrgemacht haben. Es ist einfach ein kleines bisschen (zwar nicht aufbauend, aber) ermutigend, wenn man solche Beiträge liest, anstelle der unsäglichen besserwisserischen und teils zynischen Kommentare, die es ja in den vergangenen Wochen am Beispiel Griechenland zu Hauf gab .
    Sicher gibt es vernünftige Anntworten und umsetzbare Vorschläge… diese jedoch werden – wie man sieht – von den Mächtigen torpediert. Auch mich überfallen abwechselnd Resignation, Wut und manchmal kleine Hoffnungsschimmer, z.B. wenn es in der FR mal wieder einen ermutigenden Beitrag über menschengemachte Initiativen „gegen den Strom“ gibt (etwa in der Afrika-Berichterstattung).

    Das Unterkunftsproblem selbst von Millionen Geflohener wäre leicht zu lösen, wenn das Beispiel des finnischen Ministerpräsidenten, seinen Landsitz als Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung zu stellen, Schule machen würde…
    Nicht nur unsere Politik trägt zu Krisen und Armut bei, sondern vor allem auch „unterlassene Hilfestellung“.
    Was die gute Flasche Wein im Keller betrifft, trage ich etwas zum Thema „zerschlagener Hoffnungsschimmer“ bei:
    Ich habe jahrelang den Wiederaufbau in Libanon verfolgt und da besonders den wieder aufblühenden Weinanbau in der Beeka-Ebene. Aus Solidarität und Begeisterung habe ich (auch eine Anregung durch einen Artikel in der FR) einen (ausschliesslichen) Vertrieb libanesischer Weine aufgetan und mich eingedeckt… Als der Strom der syrischen Flüchtlinge, die Zuflucht in der Beeka-Ebene fanden und meine libanesische Weinquelle nicht mehr antwortete, war noch ein Fläschchen des wunderbaren Rotweines übrig. Ich beschloss es so lange aufzuheben, bis Krieg und Gemetzel vorüber seien…
    Das Haltbarkeitsdatum ist längst überschritten. Hätte ich das Fläschchen nicht geköpft, gäb ’s jetzt libanesischen Essig.

  68. @ Wolfgang Fladung, #62
    „Warum sagen wir nicht eindeutig und klar: Wer für die Situation in Syrien (und anderswo) verantwortlich ist, der muß auch dafür zahlen, und die Menschen, die ihrer Existenz beraubt wurden, aufnehmen?“
    – Ja, wenn das mit dem Benennen von Verantwortlichkeit für eine Krise/ einen Krieg so einfach wäre!
    Ist ja schon einmal durchexerziert worden, „Kriegsschuld“ „eindeutig“ festzustellen und konsequent mit „Reparationen“ zu verbinden – und zwar in Versailles. Und dass dieser „Friedensvertrag“ Frieden beschert und ihn sicherer gemacht hätte, wird wohl keiner mehr behaupten.
    Kann man natürlich trotzdem immer wieder fordern, nicht nur in Blogs. Aber ob’s hilft und ausgerechnet Amis das Büßerhemd überstülpen werden? – Von Saudis und gewissen Emiren und Scheichs gar nicht zu sprechen.
    Ich möchte da doch lieber einen realistischeren Vorschlag aufgreifen.

    @ Gerhard Sturm, #60
    „Alle EU- Länder zahlen einen auszuhandelnden, für alle gleichen Prozentsatz, ihres Bruttoinlandprodukts in einen Haushaltstopf der EU ein. Aus diesem Topf werden EU- weit alle Kosten für Flüchtlinge, den Lebensverhältnissen im jeweiligen Land angepasst, übernommen.“
    – Der Vorschlag ist in ähnlicher Weise auch heute im „Presseclub“ aufgenommen worden, erscheint auch durchaus realistisch. Etwa, als Alternative zu den von Merkel angedeuteten „Folterwerkzeugen“ für Solidaritätsverweigerer – sprich: diese auf der Empfängerliste für Subventionen zugunsten anderer Prioritäten (und dazu gehört Flüchtlingshilfe ganz sicher) etwas bis sehr weit nach hinten zu schieben.
    Das könnte ja auch (vergleichbar zum Emissionshandel bei Umweltschutzauflagen) mit dementsprechenden Preisen bei nicht erfüllten Quoten – die wohl ziemlich sicher kommen – verbunden werden. Und wer sich – wie Polen – die Rosinen herauspicken möchte (nur Christen, um Gottes Willen keine Moslems!), für den wird’s dann eben auch teurer (ist im Theater auch nicht anders). – Mal sehen, was dann das „katholische Gewissen“ dazu sagt!

  69. Zurück zum Thema „Unsere Politik trägt zu Krisen und Armut bei“
    Ja, ist wohl im großen und ganzen richtig. Der Teufel liegt vielleicht im Detail.
    Wenn 1000 Fischer in Westafrika nichts mehr fangen, was macht das an 500.000 in den Slums aus?
    Ja, wir sollten keine Hühner subventionieren und nach Nigeria verschiffen. Und in den mechanisierten Ställen brauchen wir auch keine billigen Arbeitskräfte. Was machen wir also mit den, momentan mittelständigen, des Englischen mehr als mächtigen, Einwanderern?
    Und was machen wir mit den 500.000 und mehr, die Assad nicht mehr in seinem Land haben will, die kein Englisch mehr sprechen, wenn sie denn im Libanon und in Jordanien nicht mehr geduldet sind?

    In der FR lese ich immer wieder wie der Wohnraum in F. und ähnlichem eh schon knapp ist. Ihr glaubt doch nicht, dass das Ganze mit ein paar Teddybären abgetan ist.

    Eine alte Papier-FR Leserin.

  70. Ich habe mal meine fast 90 jährige Mutter gefragt wie das nach dem 2 Weltkrieg mit den Flüchtlingen so abgelaufen ist. Zumindest da wo ich herkomme ist der Bürgermeister durch das Ort gelaufen und hat entschieden ob jemand genug Platz hat und dann einen oder zwei Flüchtlinge zugeteilt. Man könnte ja um einen Anfang zu bekommen jedem der die Flüchtlinge jubelnd begrüßt gleich einen für zu Hause mitgeben. Das wäre schon mal was.

  71. s wär doch wunderschön, wenn man die erlassenen schulden von t v e (baustelle limburg) als beitrag zur unterstuetzung der kosten für die aufgenommenen flüchtlinge im vatikan nutzen würde…die könnten damit noch ihre urenkel versorgen. und der vatikan hätte ein astreines argument für seine weisse wäsche.

  72. Ich empfehle den heutigen (wieder einmal herausragenden!) Leitartikel von Johannes Dieterich „Sie haben Grund, zu gehen“.
    Wie schon in früheren Beiträgen von Bommarius wird auch hier wieder deutlich vermittelt, welchen Anteil w i r bzw. unsere Vorfahren letztlich an der Entwicklung haben, deren saure Früchte wir nun ernten.
    Zu dem auf FR online verfügbaren Artikel haben sich einige Kommentatoren in einer Weise geäussert, dass ich den Eindruck habe, sie hätten den heutigen Leitartikel nicht gründlich gelesen oder nicht verstanden, obwohl er sehr verständlich verfasst ist! Sich mit den – überzeugenden – (Teil-)Ursachen auseinanderzusetzen, die zu den „Veränderungen“ bzw. Prognosen geführt haben, dazu scheint kaum jemand bereit zu sein. Immer wieder geht es ausschliesslich um „uns Europäer“, um die Zukunft der europäischen Enkel… Wie vergesslich sind die Menschen doch. Da wird Abschottung nicht nur gerechtfertigt, sondern gefordert…Kaum ein Vierteljahrhundert ist vergangen, seit eine „Schutzmauer“ – friedlich – beseitigt wurde, schon geht das Wetteifern um die sichersten, modernsten Abschottungsgrenzen wieder los: Israel gegen Palästina und Nachbarstaaten. USA gegen Mexico…, Ungarn usw..
    Und so soll dann auch ein „Schutzwall“ rund um Gesamt-Europa entstehen. Ich bin erschüttert über so viel Egoismus und Kurzsichtigkeit.

  73. Lieber I.Werner!

    Ich hatte mich selbst gewundert, denn normalerweise tauchen die Kommentare in den Emails auf. Ich hatte keine gesehen und daher gedacht, es gäbe nichts zum Freischalten.
    Bis mir dämmerte, dass das so nicht sein kann. Auf Eure Diskussionen ist ja Verlass!
    So war es denn auch. Eine etwas zernknirschte Bronskaia

  74. zu @ 74 maiillimi
    ihr Beitrag enthält keinen Lösungsansatz. Das an der Weltentwicklung die in einigen Bereichen schief läuft auch der Westen Schuld hat ist nicht zu bestreiten. Deshalb gibt es trotzdem keinen Sinn Wege zu gehen die völliger Unsinn sind. Es gibt im Moment wenige Gründe anzunehmen das die jetzt gegangene Lösung einer völlig unsinnigen Zuwanderung auch nur kurzfristig ein einziges Problem löst. Zuerst kamen 1000 dann 10000 dann 100000 . Jetzt sind wir bei erwarteten 800000. Das wird da nicht fertig sein. Das weltweite Flüchtlingspotenzial ist sicher in dreistelligem Millionenbereich anzusiedeln. Das Einzige was deren Zuwanderung verhindern kann ist der kommende Winter für ein paar Monate und as der „normale“ Flüchtling nicht so reich ist sich die Reise nach D. leisten zu können. Was soll es eigentlich noch für ein besseres Argument geben um aufzuzeigen was für ein Unsinn das Ganze ist wenn nicht das wir auch noch die Falschen, wegen erwiesenem Reichtum weniger betroffen, aufnehmen.

  75. Ja, auch ich hatte angenommen, daß keiner mehr Lust zur Debatte und somit zum Posten hat. Ist Bronski noch im Urlaub?

    Doch zur Debatte. Wir haben doch, was Deutschland anbetrifft, schon längst einen Schutzwall, nämlich zwischen Arm und Reich, zwischen Steuerzahlern und Steuervermeidern (Anzahl Steuerprüfer in Bayern z.B. weit unter dem deutschen Durchschnitt), zwischen reichen Schmarotzern und armen Ghetto-Bewohnern. Wenn ich dann im neuen SPIEGEL im Interview mit UvdL (von der Leyen, früher Albrecht) lese „Deutschland ist ein starkes und wohlhabendes Land“, kommt mir die Galle hoch. Dieser in Millionen schwimmende und bei der Bundeswehr mit Millionen in den Sand gesetzten Dame, die derzeit eine Ausweitung des Bundeswehreinsatzes im Irak ankündigt, scheint wohl der Blick auf die Wirklichkeit bei Hartzern, Zeitarbeitern, Zustände in der Kranken- und Altenpflege u.v.m. abhanden gekommen zu sein.

    Wir erleben schon längere Zeit diese Abschottung, diese Ghettobildung von oben. Da läßt sich auch leicht mal ein Scheinchen bei irgendeiner Wohltätigkeits-Gala, möglichst bei Anwesenheit von Presse mit Fotografen, übereichen.

    Wer heute den Presseclub verfolgt hat, weiß, welche Pläne es gibt. Da werden wohl demnächst dann – nicht nur bei Flüchtlingen – die Gelder zusammen gestrichen. Vordergründig, um ein Argument zu haben, warum die Flüchtenden auch auf andere EU-Länder verteilt werden müssen. Aber durch die Hintertür lugt dann die wahre Absicht, nämlich überall bei denen zu kürzen, denen die Kürzungen die ganze Zeit schon weh taten. Klar, Hartz IV in Sachleistungen, Wohngeld streichen, Kindergeld dto., vielleicht die Mehrwertsteuer hoch, und so weiter. Dann kann sich Schäuble weiterhin als schwarze Null über dieselbe freuen, Merkel wird noch zu Lebzeiten selig gesprochen und die letzten sozialen Reste der Demokratie sind dann auch noch „marktkonform“ geworden.

    Doch der Schuß kann nach hinten losgehen. Irgendwann haben wir dann eine Kanzlerin, die Marine Le Pen oder ähnlich heißt.

  76. „Wenn ich dann im neuen SPIEGEL im Interview mit UvdL (von der Leyen, früher Albrecht) lese „Deutschland ist ein starkes und wohlhabendes Land“, kommt mir die Galle hoch.“

    Herr Fladung, wem keine Galle mehr hochkommen kann, weil er schon lange mehr keine hat und auch bereits resigniert hat, der verstärkt dann vielleicht noch das Heer der Nichtwähler, das bedeutet dann aber den schleichenden Tod der / unserer repräsentativen Demokratie, bei Kommunalwahlen sind wir ja zum Teil schon unter 25% Wahlbeteiligung angekommen, was ja jede Legitimation nicht nur langsam in Frage stellt.

    Und dann werden verstärkt Volksabstimmungen / Plebiszite wieder verlangt werden, das wird möglicherweise (viel)leicht das Fest der Populisten werden, „Weimar“ läßt aus der jüngeren deutschen Vorkriegs-Vergangenheit dann auch grüßen, die 1. Demokratie in Deutschland hatte leider keine lange Tradition ……

  77. # 80: G. Rudolphi: Ich gehöre noch zu denen, die wählen gehen, auch wenn ich immer mehr an den Satz denken muß: „Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten“. Was haben wir denn erlebt, seit rot-grün? Eine SPD, die im neoliberalen Streben die CDU rechts überholt und eine CDU, welche das christlich-soziale Erbe aus der Adenauer-Erhardt-Zeit über Bord geworfen hat. Dazu gesellen sich Teile der Linken, die noch von rot-rot-grün träumen.

    In unserer „repräsentativen Demokratie“, wer wird denn hier noch wirklich vertreten bzw. repräsentiert? Ich jedenfalls nicht, und meine Frau und mein Stiefsohn auch nicht. Aber vielleicht würden wir das anders sehen, wenn wir so 20 Millionen auf dem Konto (in der Schweiz?) hätten.

    Leider haben Sie zu meiner Anmerkung, mit der ich den eher auf Flüchtlinge angewandten Begriff eines Schutzwalls um den zwischen Arm und Reich erweitert habe, nichts zu sagen. Oder befinden Sie sich womöglich auf der Sonnenseite des Walls?

    Und wenn ich bei Kommunalwahlen die Wahl zwischen zwei oder drei Fuzzis und/oder Fuzzinen habe, soll ich dann vorher würfeln oder Lose ziehen? Da kann ich WählerInnen verstehen, die dann Wahlenthaltung üben und sagen: verarschen kann ich mich selber.

  78. @78 hans.
    ich hatte nicht vor, einen lösungsansatz zu verkünden, sondern lediglich auf zwei autoren (bommarius und dieterich) hingewiesen, die m.e. oft die finger in die wunde der vergessenen vergangenheit legen …ebenfalls ohne lösungsansatz. bisher jedenfalls war mir nicht bewusst, dass dies eine blogregel sein könnte…

  79. zu Wolfgang Fladung
    Ich habe gestern nur den Schluss vom Presseclub gesehen und Presseclub nachgefragt. Als am meisten schockierend fand ich die Antworten auf die Frage eines 55 jährigen welche Auswirkungen hunderttausende von Flüchtlingen auf den Arbeitsmarkt haben werden. Er hat völlig zu recht angesprochen das z. B. Ältere, in der Zeit des D. speziellen Fachkräftemangels, sehr schlechte Aussichten mangels Arbeitsplätze haben. Die Antwort war kurz gesagt das die halt Pech haben, oder das er hoffen kann das die Flüchtlinge nicht gut ausgebildet sind . Wenn man sich dann überlegt was man mit den angesetzten 10 Milliarden Euro vor Ort alles hätte machen könnte? Außerdem werden die in D. nicht annähernd reichen um hunderttausende auf Dauer zu versorgen. Was anderes kann bei einer weiteren bevor stehenden industriellen Revolution nicht raus kommen.

  80. @ W. Fladung
    „Leider haben Sie zu meiner Anmerkung, mit der ich den eher auf Flüchtlinge angewandten Begriff eines Schutzwalls um den zwischen Arm und Reich erweitert habe, nichts zu sagen. Oder befinden Sie sich womöglich auf der Sonnenseite des Walls?“

    Herr Fladung, die Antwort ist: Nein, für hiesige Verhältnisse jedenfalls.
    Aber ich definiere auch „Arm“ oder „Reich“ nicht über das Bankkonto oder über Statussymbole.
    Falls Herr Engelmann mitliest:
    „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ …… oder auch mit einem wachen Verstand.
    (dreimal auf Holz geklopft)

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