Eklat im Bundestag: AfD-Abgeordnete haben Vertreter:innen der „Querdenken“-Initiative in den Bundestag eingeladen, wo sie pöbelnd und mit Beleidigungen aufgefallen sind. Es war offenbar eine gezielte Störaktion der Antidemokraten. Die drei AfD-Abgeordneten Udo Hemmelgarn, Petr Bystron und Hansjörg Müller am Mittwoch, dem 18.11., insgesamt vier Gäste eingeladen. Diese hatten am Rande der Debatte und der Abstimmung über das neue Infektionsschutzgesetz Abgeordnete wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) angegangen, bedrängt, gefilmt und belästigt. Sie drangen demnach auch in ein Abgeordnetenbüro im sechsten Stock ein, filmten die Demonstration am Rande des Regierungsviertels und übertrugen diese per Livestream ins Internet. Insbesondere die Tatsache, dass Abgeordnete konkret angegangen wurden, könnte den Straftatbestand der Nötigung erfüllen. Es wird ermittelt.

Empörung CDUJenseits des Juristischen aber steht schon jetzt fest: So etwas hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben. Offenbar versucht die AfD weiterhin, die Grenzen des Mach- und Sagbaren weiter hinauszuschieben. Das war schon bisher ihre Strategie, und wie ich in meiner Rezension des Buchs „Digitaler Faschismus“ herausgearbeitet habe, hat diese Strategie System. Zurückrudern inklusive. So wundert es nicht, dass die AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland mit Blick auf das Video von der Belästigung des Wirtschaftsministers erklärten: „Wir bedauern das inakzeptable Verhalten. Zu keinem Zeitpunkt hat die AfD-Fraktion jedoch Gäste mit dem Ziel in den Bundestag eingeladen, den parlamentarischen Ablauf zu stören oder Abgeordnete an der Ausübung ihres Mandates zu behindern.“ Diese Erklärung ist juristisch fein austariert. Setze „Auftrag“ statt „Ziel“. Natürlich hat niemand diese Störer offiziell beauftragt, aber darf man eventuell davon ausgehen, dass die einladenden Abgeordneten wussten, wen sie da einluden und welche Ziele diese möglicherweise verfolgten? Man muss so was nicht explizit in Auftrag geben, wenn man weiß, wer diese Leute sind, wie sie gepolt sind, welche Meinungen sie vertreten und wozu sie fähig sind. Es reicht, dass diese Abgeordneten das, was geschehen könnte, in Kauf nahmen. Vielleicht billigend?

Es ist nicht das erste Mal, dass die AfD jeglichen Anstand vermissen lässt, aber diesmal ist sie zu weit gegangen. Die AfD hat sich demaskiert, wie FR-Kommentatorin und stellvertretende Chefredakteurin Karin Dalka schreibt. Das wahre Ziel der AfD ist die Aushöhlung der Demokratie und ihrer Institutionen, während sie andererseits im Zusammenhang mit den Corona-Demonstrationen behauptet, das Grundgesetz und die Freiheit zu verteidigen. Das Gegenteil ist der Fall.

fr-debatteDie AfD eifert gern ihrem Vorbild NSDAP nach

Und wieder einmal ein Schritt der selbsternannten Volksbefreier auf dem Weg des Angriffs auf unsere Demokratie. Auch wenn sich die AfD gerne der Praktiken der NSDAP bedient und ihrem großen Vorbild nacheifert, so befindet sich unser Land nicht in einer vergleichbaren Situation wie vor der Machterschleichung 1933, auch wenn der ein- oder andere Vergleich durchaus angezeigt ist. Apropos „angezeigt“: Ich, als Bürger, erwarte durch den deutschen Bundestag nun ein klares und eindeutiges Zeichen! Hier muss nun endgültig gegen die kleinteilige Demontage von parlamentarischen Traditionen durch diese Bande von Staatsfeinden vorgegangen werden! Dieser Haufen von Gestörten ist kein „Prüffall“ für den Verfassungsschutz, sondern zeigt auch mit diesen Aktionen, dass das Grundgesetz definitiv aktiv bekämpft wird diese Verbrecher verboten werden müssen! Es wurden keine Meinungen geäußert, sondern Straftaten begangen und offen die Feindschaft zu unserer freiheitlich- demokratischen dargelegt. Welches Beweises durch diese korrupten und durch und durch verbrecherischen Elemente bedarf es denn noch? Es wurden mittlerweile Abgeordnete sowie deren Mitarbeitende bedroht und der Versuch unternommen, Entscheidungsträger/innen zu nötigen. Personen, die so agieren, gehören in kein Parlament, sondern schlicht und ergreifend ins Gefängnis! Und wer versucht, durch Vergleiche zwischen dem Infektionsschutzgesetz und dem Ermächtigungsgesetz der Nazis den Nationalsozialismus zu verharmlosen, der begeht ebenfalls ein, zumindest moralisches, Verbrechen! Ich bin der Meinung, dass nunmehr auch die wehrhaften Demokratinnen und Demokraten gefragt sind, sich diesen widerlichen Verbrechern, Seit an Seit mit den demokratischen Institutionen entgegenstellen oder wollen wir diesen Elementen etwa das Heft des Handelns weiter überlassen?

Jan Waschkowski-Kusche, Bremen

fr-debatteEine solche Bedrohung hat es noch nicht gegeben

Die Störaktion sogenannter Querdenker, von Rechtsextremisten und braunen Demokratiefeinden zeigt erneut, wie gefährlich sich der Hass entwickelt, der von der AfD dem Publikum eingetrichtert wird. Ja, auch die jüngste inszenierte Aktion der braunen Verfassungsfeinde, der erneute Tabubruch ist eine neue Qualität des Rechtsextremismus in diesem Land. Diese Demokratie ist wehrhaft, was Vertreterinnen und Vertreter aller demokratischen Parteien im Bundestag, dem frei gewählten deutschen Parlament, der Herzkammer der Demokratie wiederum eindrucksvoll bekundet haben. Deshalb ist es gut, dass diese Störaktion der Rechten möglicherweise strafrechtliche Folgen haben wird. Doch nach all dem, was wir in diesem Jahr bereits an rechtsextremer Gewalt und Herausforderungen des demokratischen Rechtsstaats erlebt haben, ist es höchste Zeit, dass auch darüber nachgedacht wird, ob man gegen die, wie Karin Dalka treffend schreibt,k demaskierte AfD den Verfassungsschutz in dem Sinne, dass ein Verbotsantrag in die Nähe des Möglichen kommen könnte. Denn eine derartige Bedrohung der parlamentarischen Demokratie hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie gegeben. Es ist höchste Zeit, dass nicht nur verantwortliche Politiker im Bundestag, wie geschehen, auf den Plan treten, sondern dass auch der Verfassungsschutz und die Justiz ihrer Aufgabe nachkommen,und sich schützend vor die parlamentarische Demokratie in unserer Republik stellen. Wer es immer noch nicht bergriffen hat: Die größte Gefahr für den Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland geht mall wieder von rechts aus, wogegen Demokratinnen und Demokraten aufstehen müssen.

Manfred Kirsch, Neuwied

fr-debatteUngehinderter Zugang für Lobbyisten

Ich pflege eine herzliche Abneigung bzw. gar Feindschaft gegenüber der AFD und ihrer Politik. Nun haben sie sogenannten Querdenkern den Zugang zu den Räumen des Bundestages ermöglicht. Alle anderen Parteien sind empört und sehen die Grundfeste der Demokratie gefährdet, es wird geprüft ob ein Straftatbestand vorliegt. Dem mag tatsächlich so sein, doch wo bleibt die Aufregung angesichts des ungehinderten Zutrittsrechts zu den Räumen des Bundestages und der Abgeordnetenbüros für mindestens 778 Interessenvertretern bzw. Lobbyisten. Laut Bericht von Abgeordnetenwatch.de vom 14.01.2019 benötigen diese nicht einmal einer Einladung wie die der AFD an die Querdenker – nein sie verfügen über einen extra ausgestellten Ausweis mittels dem sie jederzeit Zutritt haben. Darunter so illustre Vereinigungen wie der Bundesverband der Deutschen Banken, der Bundesverband der Sicherheit- und Verteidigungsindustrie, der u. a. die Waffenschmieden Heckler&Koch und Krauss.Maffei vertritt. Und nicht zu vergessen der Deutsche Zigarettenverband.
Natürlich filmen und beschimpfen sie niemanden in den Fluren des Bundestages, aber was haben sie dort zu suchen? Niemand hindert sie daran die Abgeordneten und die Gesetzgebung in ihrem Sinne zu beeinflussen und Parteien wie die CDU/CSU und FPD verweigern sich gar einem Lobbyistenregister. Dabei sind es diese und ihre Machenschaften, die die vielbeschworene Demokratie gefährden, ungehindert Abgeordnete ( mit welchen Mitteln auch immer) beeinflussen und ihre Interessen offenbar ungehindert einbringen können. Solange dieses zugelassen und „legal“ ist, kann ich das Geschrei angesichts von einigen durchgeknallten „Alu-Hüten“ und Corona-Leugnern im Bundestag nicht ernst nehmen.

Jochim Maack, Hamburg

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6 Kommentare zu “Eine Bande von Staatsfeinden

  1. Man muss doch nur die Methoden der Nazis in den 20er Jahren zu Rate ziehen, dann hat man das Strickmuster der Afd doch auf dem Schirm. Was ich nun gar nicht verstehe, gestern Abend in den Tagesthemen, Frau Miosga interviewt Frau Weidel. Ausgerechnet zum Thema Pandemie, wo die Regierung ja nun auch nicht so toll aussieht.Also eine Steilvorlage. Was soll das ? Das ist doch genau das, was die Afd will, Aufmerksamkeit . Die Schrägdenker haben sich bestimmt gefreut.

  2. @ Jürgen H. Winter

    Genau das, was Sie schildern, ist auch m.E. zu kritisieren; nämlcih, dass der AfD von den Medien zuviele Aufmerksamkeit gewidmet wird. In den SWR-Landesnachrichten wurde am Mittwoch, als die neuen Maßnahmen beraten wurden, ausgerechnet der Fraktionsvorsitzende der AfD im Landtag dazu befragt.

    Und auch in anderen Fragen wird von deren Parteitagen ausführlich berichtet als beispielsweise von den Linken, obwohl die AfD häufig die Presse ausschließt.

  3. Leider muss in diesem Kontext erwähnt werden, dass die unbedachten Aussagen von Herrn Lauterbach (SPD) zur Unverletzlichkeit der Wohnung bzw. zu den Quer-Denker-Demonstration in Frankfurt auch Steilvorlagen für die AfD waren, sich als Schützer der Grundrechte darzustellen und die mediale Präsenz zu erhöhen. Da hätte ich ein bisschen mehr Klugheit erwartet.

  4. Der AfD ist hinlänglich bekannt, dass der Vorschlag eines Bürgergeldes ausschließlich für Deutsche weder vor einem Gericht der Bundesrepublik noch vor dem Europäischen Gerichtshof Bestand haben kann. Ihr geht es auch nicht darum, auch nicht um seriöse Finanzierungsvorschläge oder anderes in vernünftiger Weise. Sie verfolgt damit erneut ihre perfide Taktik, die aus ihrer Sicht nationalitätsfeindliche, also gegen den Deutschen, das Deutschsein gerichtete Politik und Staatengemeinschaft Stimmung zu machen. Und dabei kennt sie in Sachen Diskriminierung und Ausgrenzung keine Grenzen.
    Genau an dieser Stelle der sozialpolitischen Vorstellungen der AfD wird ihr Rassismus erneut offenbar. Warum soll denn ein Bürger, eine Bürgerin eines anderen EU-Mitgliedstaates an unseren, von Deutschen mühsam erwirtschafteten Vorteilen teilhaben? Er, sie nimmt uns doch schon Arbeitsplätze und Wohnraum weg! Und dann auch noch Bürgergeld, einfach so? Nein, nur für Deutsche, was auch immer das heißen soll. Wer ist das denn? Sind wir dann wieder beim Arierausweis, beim Stammbaum?
    Wann geht den Sympathisanten und Sympathisantinnen dieser Partei endlich ein Licht auf? Populistische Hetze fein verpackt, gut vorbereitet, im Schafspelz daherkommend, also zutiefst antidemokratisch und systemfeindlich, das sind deren strategischen Kerne.
    Zum Glück – und das stimmt hoffnungsvoll – leben wir in einer vielfältigen, diversen und starken Gesellschaft, die begriffen hat, wie wichtig Demokratie und Freiheit, wie unverzichtbar für unseren Wohlstand und Frieden ein freies und offenes Europa ist. Aber seien wir wachsam und wehren uns mit Zivilcourage und Engagement.

  5. Zur Strategie der Neuen Rechten, jener Sammlung von Identitären, Pegida, Querfront und AfD, gehört es, ihre Ablehnung der demokratischen Ordnung mit Bildern und verkürzten Aussagen von Widerstandskämpfern gegen das Nazi-Regime zu kaschieren. Dabei ist ihnen keine Perversion geschmacklos genug; immer wieder fallen ihnen noch Steigerungen des Unsäglichen ein. Und so zitieren sie sinnentstellend aus Flugblättern der „Weißen Rose“, kopieren das Bild von Sophie Scholl in ihre Pamphlete und missbrauchen auch Dietrich Bonhoeffer für ihre völkischen Umsturzpläne.
    Der neueste Spross dieses Morastes ist die Querdenken-Bewegung, die sich vor allem aus Corona-Leugnern und Verschwörungsideologien speist. Und da man von gleicher Dummheit ist, verwundert es nicht, wenn eine ungebildete Göre, die sich „Jana aus Kassel“ nennt, ihre Verachtung von Covid-19-Kranken mit der Zivilcourage von Sophie Scholl vergleicht. Oder wenn eine Elfjährige in Karlsruhe die zum Schutz vor Corona objektiv notwendigen Kontaktbeschränkungen mit dem Verstecken Anne Franks vor den NS-Mördern in eine Beziehung setzt. Da haben ganz offensichtlich Eltern versagt, möglicherweise auch Schulen, vielleicht sogar die gesamte demokratische Öffentlichkeit.
    Doch mich verwundert auch, dass sich der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung anscheinend zum ersten Mal mit solcher Propaganda konfrontiert zeigt. Denn seit mindestens fünf Jahren, zeitlich parallel zur großen Flucht aus Syrien nach Europa, vor allem nach Deutschland, werden Bürger, die sich öffentlich gegen den neubelebten Faschismus zu Wort melden, aus blau-braunen Ecken bedroht und mit Hass übersät. Und immer wieder sind die Schmähschriften mit Porträts von Sophie Scholl und willkürlich aus dem Zusammenhang gerissenen Flugblättern der „Weißen Rose“ illustriert. Hunderte von Bedrohten wehren sich mit Strafanträgen gegen solche Einschüchterungen. Melden das die Staatsanwaltschaften nicht nach „oben“ in die Justizministerien? Veranlassen diese Vorgänge den Verfassungsschutz lediglich dazu, das rechte Auge völlig zu schließen?
    Ich habe typische Beispiele aus Droh- und Hassbriefen, die mir ein von mehreren Gerichten (wegen Beleidigung) verurteilter Straftäter seit viereinhlab Jahren ins Haus schickt, beigefügt.

  6. Hallo Herr Mertens,
    ja, sie haben Recht. Man kann wohl sagen, dass sich seit Beginn der Bundesrepublik die schleichende Rechtslastigkeit immer weiter ausbreitet, auf allen Gebieten. Es kann einem himmelangst werden. Dazu kommt, dass in den Medien, vor allem dem TV, das immer weiter verbreitet wird, manchmal unter dem Mäntelchen als normales Programm, ach, wie schlimm, aber häufig auch als ernst zu nehmende Tatsache. Die schlimmen Zeiten sind schon wieder zu weit entfernt, der Mensch vergisst eben schnell. Was ist zu tun ? Ich weiß es nicht, es ist grauslich.

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