„Ich bin Sexarbeiterin und außerdem ein Monster, weil ich meinen Job liebe“

Mit der Prostitution ist es ähnlich wie mit bestimmten weichen Drogen: Um den damit einhergehenden Sumpf von Kriminalität — Frauenhandel, Zwangsprostitution — trocken zu legen, müssten die Gewerbetreibenden ihre Arbeit legal ausüben können. Stigmatisierung und restriktive Gesetze führen lediglich zu wachsender Kriminalität. Prostitution gleich verbieten zu wollen ist Unsinn, wie auch Sönke Rix, frauenpolitischer Sprecher der SPD-Bundstagsfraktion, im FR-Gastbeitrag schrieb. Es hat dieses Gewerbe immer gegeben, und jene, die ein Interesse daran hatten, dass es ausgeübt wird, fanden die nötigen Wege. Worauf es ankommt ist, dass jene, die diesem Gewerbe nachgehen, dies aus freien Stücken tun. Was einfacher klingt, als es in der Realität oft ist, denn wenn jemand mit sexuellen Dienstleistungen Geld verdienen muss, weil ihm schlicht nichts anderes übrig bleibt, ist es möglicherweise nicht weit her mit der freien Willensentscheidung. Der Unterschied zur Zwangsprostitution liegt dennoch auf der Hand: Es kommt darauf an, wer die Entscheidung trifft.

Bisher habe ich männliche Prositutierte, die es ja auch gibt, mitgemeint und mich daher geschlechtsneutral ausgedrückt. Erstaunlich ist ja bei alledem, dass kaum jemand etwas dagegen zu haben scheint, wenn Männer sexuelle Dienstleistungen anbieten. Bei den Frauen ist hingegen „Emma“ sofort auf dem Posten. Auch jetzt wieder. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat nichts anderes als Frauenschutz im Sinn, wenn sie, wie kürzlich berichtet wurde, für die Legalisierung von Prostitution eintritt. Das bedeutet keineswegs die Legalisierung von Menschenhandel und Zwangsprostitution. AI hat etwas gemacht, was üblicherweise sonst unterbleibt: Zwei Jahre lang haben Vertreter der Organisation mit Betroffenen weltweit gesprochen und sich ein Bild von deren Perspektive gemacht. Das Resultat scheint eindeutig zu sein: Legalisierung von Prostitution ist Frauenschutz. So sehen es die Prostituierten selbst. Hinzugefügt werden muss: AI hat dabei die Situation von Prostituierten weltweit im Blick. In Deutschland ist die Situation für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter relativ gut, auch wenn es Lücken im Gesetz und Probleme in der Realität gibt. Diese Lücken soll ein neues „Prostituiertenschutzgesetz“ schließen, das u.a. die Pflicht der Gewerbetreibenden zur Registrierung und eine Beratungspflicht enthalten soll — was nach Kontrolle und Bevormundung klingt.

AI geht jedoch noch weiter und provoziert mit der Forderung, dass auch die Zuhälterei und der Betrieb von Bordellen legalisiert werden sollen. Ich denke, damit ist nicht die Situation in Deutschland gemeint. Hierzulande können Bordelle legal betrieben werden, auch wenn dafür mitunter abenteuerliche Geschäftskonstruktionen gefunden werden müssen. Leider kommt es dabei zu Auswüchsen wie Flatrate-Sex, gegen die vorgegangen werden muss. Und die Zuhälterei bewegt sich meines Wissens in einem rechtlichen Graubereich. In der Tat, es gibt noch viel zu tun.

Almuth Wessel aus Gütersloh schreibt:

„Lieber Herr Rix – vielen Dank für Ihren Gastkommentar i.S. Prostitutionsgesetz. Sie sprechen mir in vielem aus der Seele. Vor allem was Ihre Eingangspassage anbetrifft. Ich erlebe seit meinem Zwangsouting vor neun Jahren tägliche die Schizophrenie meiner Umwelt im persönlichen Umgang mit mir . Manches davon hat schon Slapstick-Format – zum Beispiel die leicht schleimige Servilität eines ehemaligen Berufskollegen, der noch bis vor kurzem demonstrativ die Straßenseite wechselte, wenn wir uns in der Stadt begegneten – seitdem ich mich in der Kommunalpolitik engagiere, MUSS er hin und wieder mit mir reden… Oder die Art und Weise, in der alles, was ich sonst so mache, außerhalb der Sexarbeit geflissentlich ignoriert wird (Erfahrungen als Journalistin, als Therapeutin, Bühnenerfahrung, Kleinkunstprogramm,…alles nichts wert. Ich bin Sexarbeiterin und außerdem ein Monster, weil ich meinen Job liebe….) MEIN persönlicher Wunsch an das Ministerium Schwesig: die Anerkennung von Sexarbeit als freiberufliche Tätigkeit. An vielen meiner Kolleginnen ist eine Psychologin oder eine Sozialarbeiterin verloren gegangen. Vieleicht sollte Frau Schwesig mal eine Studienreise nach Neuseeland unternehmen – das einzige Land weltweit, in dem Sexarbeit nicht geächtet wird. Und die Frau Schwarzer von Emma sollte sie gleich mitnehmen – wäre doch interessant, was dann dabei herauskäme… vielleicht eine Reportage über „Neuseeland – der großte Puff der Welt..“? (Sarkasmus off…)“

Brigitta Kreß aus Frankfurt:

„Die Würde des Menschen ist also doch verhandelbar. Wenn das Signal aus der Politik besagt, dass der Kauf von sexuellen Diensten durch und mit dem (meist) weiblichen Körper erlaubt ist, werden damit die Grundwerte der Demokratie erschüttert. Das Recht auf Unversehrtheit und Selbstbestimmung wird dad absurdum geführt, wenn es keinen Schutz vor Selbstzerstörung gibt. Nicht nur dass nun der Frauenkörper weiter als Ware und Objekt betrachtet werden kann, auch das Bild vom Mann ist erbärmlich, denn über ihn, den potenziellen Freier, bricht sein scheinbar unkontrollierter Trieb wie ein Naturereignis herein, dem es nichts entgegen zu setzen gibt. Keine Selbstwahrnehmnung, keine soziale Kontrolle, keine Vernunft, keine Justiz. Da kommt meist der Satz: „Prostitution ist eine Kultur, die es seit Menschengedenken gibt.“ Gewalt auch.“

Sigurd Schmidt aus Bad Homburg:

„Amnesty International ist in die Schusslinie offizöser internationaler Frauenorganisationen geraten, weil man die Entkriminalisierung freiwillig ausgeübter Prostitution im Sinne von Ich-AGs weiterhin unterbunden sehen möchte. In Deutschland ist freiwillige Prostitution bekanntlich kein Strafdelikt mehr.
Die „Verwertung“ des eigenen Körpers zur Erzielung von Einkünften kann sehr unterschiedliche Formen annehmen. Auch Sportler verwerten in einem bestimmten Sinne ihren Körper. In manchen Ländern, vor allem der dritten Welt, verkauft man eigene Organe, um Einkünfte zu erzielen. Tabak- und Alkoholsüchtige fügen sich und der Volkswirtschaft enorme Schäden zu.
Will man durch Quasi-Sklaverei erzwungene Liebensdienste von Zwangsprostituierten unterbinden, müsste man freiwillig sich prostituierende Frauen ( und gelegentlich auch Männer) „zertifizieren“. Funktionieren wird dies aber auch nicht, denn im Rotlicht-Milieu taucht ein Jeder gerne ab und will keine Kennzeichnung als offiziell anerkannte „Sexarbeiterin“. Im Übrigen sind die offiziösen internationalen Verbände, die ein saubere Femininität predigen, nicht gerade dafür bekannt, sich wirklich gegen die allgemeine Sexualisierung des gesellschaftlichen Lebens klar zu äußern!. Dessous-Intimwäsche prangt überall auf den Litfaßsäulen, in den Medien und im Internet. Kein neuer Autotyp ohne mehr oder weniger entblößte Frauenkörper: „Sex is in the City“. Freiwillige Prostitution hat gesellschaftlich eine durchaus zu bedenkende „positive“ Funktion. Männer, die ein ungestilltes Sexbedürfnis haben, können – wenn sie dies fair tun –ihren Trieb ausleben, ohne fremde junge oder auch ältere Frauen zu belästigen, von Mädchen ganz zu schweigen. Etwas überspitzt formuliert, übt freiwillige Prostitution eine gewisse Volkshygiene aus. Man braucht da gar nicht mit der alten Redeweise vom „ältesten Gewerbe der Welt“ operieren. Aber Prostitution muß schon eingehegt und überwacht werden. Denn Prostitution wird rasch auch zum Nährboden für echte Kriminalität. Wer sich mit Prostitutions-Soziologie beschäftigt, findet sehr viel praktischen Anschauungs-Unterricht in den faktischen Gegebenheiten der Kommunalpolitik der Stadt Zürich!“

Hans-Peter Lange aus Frankfurt:

„Die Vokabel prostituere (lat.) bedeutet: herabwürdigen, sich preisgeben. In beiden Übersetzungen liegt schon eine verräterische Wertung: Frauen, die dieses Gewerbe betreiben, sind unwürdig, minderwertig; „machen sich dazu“ oder „werden gemacht“. Dies ist, vom Menschenrechtsgesichtspunkt betrachtet, eine klare Diskriminierung dieser Frauen, sofern es deren freiwillige Entscheidung ist, diese Tätigkeit auszuüben.
Jede Frau hat das Recht, genau wie jeder Mann, über den Umgang mit Sexualität selbst zu bestimmen. Und das heißt zum Beispiel: Sie kann (wie auch jeder Mann) schlafen, mit wem sie (er) will; das nimmt natürlich Sex mit Minderjährigen aus. Wenn die Frau sich dabei selbst auf ihren Partner in oder außerhalb der legitimierten Ehe beschränkt, ist das ihre bewusste Entscheidung. Wenn eine Frau – ein Mann nimmt sich das Recht sowieso – auf eine Ehe oder eine Partnerbeziehung verzichten will, ist das auch allein ihre Sache. Wenn sie in der Woche mit mehreren Männern schläft, ist das auch ihre Sache. Sie kann das so oft und so ausgiebig tun, wie sie will. Niemand hat ihr da hineinzureden; die eigene Entscheidung gilt für die Frau wie für den Mann. Da gibt es keinen Unterschied.
Wenn eine Frau nun freiwillig die Entscheidung trifft, für den Beischlaf mit Männern Geld zu nehmen, ist das auch allein ihre Sache. Sie wird dann zu einer „Sex-Arbeiterin“, die Sexualität zu ihrem Beruf macht. Ob man dies nun selbst mag oder nicht, ist unwesentlich. Denn in jedem (!) auf der Welt existierenden System des Kapitalismus ist Sexualität weit über den Rahmen der Sex-Arbeit hinaus längst eine gängige Ware; so, wie alles im Kapitalismus zur Ware gemacht wird (sogar die „Moral“). Wer das bestreitet, belügt sich wider besseres Wissen selbst.
Sex-Arbeit ist ein Beruf, der durch Ent-Diskriminierung und Entkriminalisierung ein Gutteil aus der Ecke des Dunkelgewerbes geholt werden kann. Das heißt noch lange nicht, dass Zwangsprostitution nicht kriminell wäre und als Straftat verfolgt werden muss, und ich meine: muss! Zwangsprostitution ist eine Form der Vergewaltigung in Permanenz zum Zweck der Ausbeutung. Und das gilt selbstverständlich auch für Mädchen- und Frauenhandel und für alle Personen, die daran beteiligt sind (einschließlich Zuhälter, Sex-Club-Besitzer und Freier).
Es muss dazu nicht nur in Deutschland, sondern – über die UNO – weltweit gesetzliche Regelungen geben, die rechtlich erlaubte Sex-Arbeit von krimineller Form von Prostitution trennt. Ein großes Hindernis sind freilich noch überholte und eindeutig reaktionäre religiöse Doktrinen und atavistische Traditionen, die im Sinne der Durchsetzung von Menschenwürde und Menschenrechten zu beseitigen sind. Prüderie ist übrigens in der heutigen Zeit und Gesellschaft verbrecherisch geworden. Und auf Deutschland bezogen: Niemand wird in der jetzigen BRD die Geschichte ungestraft wieder auf das Niveau der Adenauer-Ära zurückschrauben dürfen.
Jetzt äußere ich mich noch ganz persönlich: Für mich sind Leute, die solch überkommenen Traditionen und Religionsdogmen anhängen, schlichtweg Spinner. Die kann es meinetwegen auch geben. Wenn solche Spinner allerdings versuchen, andere auf ihr Bewusstseinsniveau herabzuziehen, werden sie zu Verbrechern. Wenn es ihnen gar gelingen würde, Staaten auf ihr Niveau herabzuziehen, sind sie Schwerverbrecher. Wenn sie mich dabei auf ihre Linie zwingen würden, wären sie Schwerstverbrecher. Und die dürfte ich in Notwehr töten, wenn sie mich direkt angriffen.“

Christian Fuchs aus Gutenstetten:

„Ich finde es unmoralisch, mit Sex Geschäft zu machen, und das fängt für mich schon mit der Herausgabe eines Erotikkalenders an. Erst recht hat ein anständiger Mann nichts im Striplokal, gar im Puff verloren. Trotzdem billige ich die nach reiflicher Überlegung getroffene Entscheidung der Menschenrechtsorganisation: Erstens hat die jahrhundertelange Kriminalisierung der käuflichen „Liebe“ diese nicht verhindern können. Zweitens geht es um den Schutz der Prostituierten. Wenn die Prostitution erlaubt ist, können sie ihren Lohn vor Gericht einklagen, brutale Freier/Zuhälter juristisch belangen. Drittens: Wenn die sehr lukrative „käufliche Liebe“ legal ist und damit halbwegs human abläuft, würde die Zahl der freiwillig tätigen Huren steign und sich die entsetzliche Zwangsprostitution nicht mehr lohnen. Viertens könnten die verschuldeten Gemeinden so neue Steuereinnahmen erschließen. Im Sexgeschäft werden ja Milliarden verdient.“

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8 Kommentare zu “„Ich bin Sexarbeiterin und außerdem ein Monster, weil ich meinen Job liebe“

  1. Mir erscheinen die Argumente derer, die die Legalisierung der Prostitution befürworten, recht widersprüchlich.
    Die Sexarbeit soll rechtlich so behandelt werden wie jede andere Arbeit auch. So weit so gut. Das muss dann auch heißen, dass die Frauen und Männer, die diesem Gewerbe nachgehen bzw. in diesem Milieu tätig sind, den gleichen – natürlich auf ihr Gewerbe zugeschnittenen – Vorschriften und Kontrollen unterworfen sein müssen wie jede(r) andere Berufstätige auch. Das heißt Anmelden des Gewerbes mit vorher einzuholender Betriebserlaubnis, Registrierung der Angestellten, Gesundheits- und Hygienekontrollen, wie sie z.B. im Gaststättengewerbe ebenfalls vorgeschrieben sind, Meldung bei der Steuerbehörde etc.
    Da hört man aber dann den Einwand, dass sich diese freiwilligen Sexarbeiterinnen dagegen wehren, auf diese Weise zwangsgeoutet zu werden, weil sie, wenn sie sich offen zu ihrem Beruf zu bekennen, befürchten, von ihrer Umgebung schief angesehen zu werden. Das finde ich merkwürdig. Wenn sie so selbstbewusst sind, wie sie sich darstellen, und sich vor sich selbst nicht ihres Berufes schämen, was interessiert sie dann die Meinung und das dumme Geschwätz anderer? Sie wussten ja schließlich vorher, dass es derzeit in unserer Gesellschaft noch Ablehnung gegen ihren Beruf gibt, (die sich mit der Legalisierung zunehmend abbauen wird). Wenn sie also von allen gemocht werden wollen, dürfen sie diesen Beruf nicht ergreifen, sie haben ja die freie Wahl (oder doch nicht?). Hier etwas zu vertuschen und sich eine Scheinidentität zu geben, empfinde ich als Heuchelei.
    Auch die einleitende Passage des Gastbeitrags von Sönke Rix finde ich fehl am Platze. Genauso, wie eine Sexarbeiterin die Freiheit haben muss, diesem Beruf nachzugehen, muss den Menschen in ihrer Umgebung zugestanden werden, sich darüber ihr eigenes Urteil zu bilden. Es kann von ihnen verlangt werden, die Betreffende höflich zu behandeln, aber ob sie näheren Kontakt oder eine Freundschaft mit ihr unterhalten wollen oder nicht, muss ja wohl ihnen selbst überlassen bleiben.

  2. In unsere Rechtsordnung mit dem BGB und dem Vertragsrecht paßt das Ganze doch überhaupt nicht.
    Das BGB finden Sie auch im Internet, wenn Sie es nicht im Bücherschrank haben sollten.

    Nur mal sich den BGB § 323 abseits aller „Moral“ dabei vorstellen als „Fall“:

    „Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung“
    Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/

    Der rechtskundige Freier macht eine Ausschreibung im Puff, ein anderer „Fall“.

    Das wären dann aber eher Fälle für die Titanic, aber diesmal für das Magazin gleichen Namens ….

  3. Dessen ungeachtet ist aber m.E. die Prostitution durchaus in irgendeiner Form zu „normalisieren“, auch wenn ich oben die rechtlichen Schwierigkeiten damit zu beschreiben versuchte.

    Und hier eine „Moralkeule“ zu schwingen, das hieße ja, die ebenfalls und uralte „legale Prostitution“ in Millionen Beziehungen zu treffen, wo es nur etwas verschämter dabei zugeht, wenn der eine Partner mit einer Wohnung, einem Auto und Schmuck, oder was immer sich denken läßt, „zahlt“ und der andere es „nimmt“.

    Dabei will ich niemandem zu Nahe treten, der eine wunder- und liebevolle Partnerschaft führt.

    Aber die Übergänge sind fließend, wie die genannten „Grauzonen“ halt, grau wie so oft das ganze reale Leben, selten schwarz, selten weiß ……

  4. „Worauf es ankommt, ist, daß jene, die diesem Gewerbe nachgehen, dies aus freien Stücken tun.“

    So ist es .

    Allerdings fehlt bei dem Thema meist der Verweis auf scheinbare Freiwilligkeit , viele Prostituierte sind nach meinem Wissen Opfer sexuellen Mißbrauchs in der Familie und werden quasi „geeicht“ auf ihren späteren , freiwillig ergriffenen Beruf, nicht selten auf dem Umweg über eine Drogensucht.

    Das „Erlernen“ , der eigenen Existenz als Objekt Anderer sitzt tief und ist nur schwer zu überwinden , auch für Männer , der Schritt , sich fürs Benutztwerden bezahlen zu lassen , ist da ein sehr logischer .
    Auch unter Freiern würde ich einen hohen Anteil an Traumatisierten vermuten , die Unfähigkeit , Beziehungen aufzubauen , dürfte einer der Hauptgründe sein für den Bordellbesuch , diese Zuweisungen eines „unkontrollierten Triebes “ halte ich für steinzeitlich und für typisch neofeministisch .

    Auf nur scheinbare Freiwilligkeit sollte man aber nicht reagieren mit der moralinsauren Keule , sowas hilft nie in derartigen Zusammenhängen , die Anerkennung des Berufes ist der richtige Weg und das Angebot psychischer Unterstützung für Ausstiegswillige , was es ja schon gibt , ob ausreichend , weiß ich nicht , würde ich aber bezweifeln.
    Auch darf man die Prostitution natürlich nicht über einen Kamm scheren , nicht jede/r ist gleich ein Opfer , es ist halt vielschichtig , wie meistens , selbstverständlich gibt es viele völlig freiwillige Sexarbeiter/innen.

    Ein schönes Thema , um die Verlogenheit des neuen Feminismus zu entlarven ( der nicht zu verwechseln ist mit der linksliberalen Frauenrechtsbewegung vergangener Tage) .
    Der Schutz von Frauen interessiert die nicht die Bohne (oder muß es heißen „die Bohnin“?) , es geht nur um Ideologie und um Hetze gegen Männer.

  5. @ DH

    Was meinen Sie mit dem „neuen Feminismus“ und dessen Verlogenheit? Entdecken Sie letztere bei denen, die für die legale Sexarbeit plädieren, oder meinen Sie Alice Schwarzer, die Prostitution grundsätzlich für Ausbeutung hält?
    Für mich ist der Fall klar: Die Frauen, die sich gegen Bevormundung und Einschränkung wehren und diesen Job wirklich freiwillig ausüben, muss das gelten, was ich oben in #1 beschrieben habe. Denjenigen, die unter ihrer Tätigkeit leiden oder gar dazu gezwungen werden, muss geholfen werden, und da gibt es ja zumindest in den Brennpunkten einige Adressen, an die sie sich wenden können.

    Eine andere Frage ist die Kontrollierbarkeit der durch die Legalisierung zunehmenden Kriminalität im Rotlichtmilieu. Es gibt bei der Polizei unterschiedliche Ansichten, ob die Fahndung nach Menschenhändlern durch die Legalisierung erleichtert oder erschwert wird. Diejenigen, die hier gegen Gesetze verstoßen, werden ja nach wie vor im Verborgenen arbeiten und eine Registrierung vermeiden. Die Angst vor den Zuhältern und die daraus resultierende Weigerung seitens der Frauen, gegen sie auszusagen, wird mit oder ohne Legalisierung gleich groß sein.

  6. @Brigitte Ernst

    Gemeint ist die Ideologie-Fraktion , zu der auch und nicht zuletzt Alice Schwarzer zählt.
    Denen geht es nicht um den Menschen , der betroffen ist , sondern um „höherstehende“ Vorstellungen , die ausgesprochen reaktionär und kleinbürgerlich sind , das ist eigentlich genau jene „Moral“ , die die frühere Frauenrechtsbewegung bekämpft hat.

    Zustimmung zur Kontrollierbarkeit , es steht zu fürchten, daß auch an dieser Stelle die schwarze Null zuschlägt , im Zeichen des überflüssigen Sparzwangs wird auch die Polizei kaputt gespart , mit übelsten und sehr direkten Folgen , in diesem Fall für die Opfer der Zwangsprostitution.

  7. Um das Ergehen von Menschen zu beeinflussen, kümmern sich seit Menschengedenken Kundige, die der Physis oder der Psyche derjenigen, die sich ihnen anvertrauen, einen Dienst erweisen, wobei man heute zwei Gruppen dem Ansehen nach unterscheidet:

    Gruppe 1: Arzt, Therapeut, Kosmetiker, Hand- und Fußpfleger, Masseur, Seelsorger, Friseur, Wahrsager, Lehrer, Schamane und andere mehr.

    Gruppe 2: Henker und Prostituierter.

    Beide Gruppen, weibliche genauso wie männliche, haben gemein, daß sie ihre Dienste sehr nah am Kunden verrichten. Über die Notwendigkeit der ersten Gruppe beschleichen uns keinerlei Zweifel. In der zweiten Gruppe hat sich zum Glück der Henker als entbehrlich erwiesen. Über die Notwendigkeit von Prostituierten dürfte eigentlich kein Zweifel bestehen: Sie bedienen ihre Kunden, ob Stamm- oder Laufkundschaft, zu deren Zufriedenheit. Zumindest waren noch keine Kunden so unzufrieden, daß sie die Abschaffung der Prostitution gefordert hätten.

    Daraus folgt, daß, was jeder Person der ersten Gruppe recht ist, dem oder der Prostituierten billig sein muß. Entweder freiberuflich mit Gewerbeanmeldung und allem , was dazugehört, oder angestellt in einem seriösen Puff mit Lohnsteuer, Versicherung und Urlaubsanspruch.

    Ich habe mich jetzt nicht darüber unterrichtet, inwieweit zum Beispiel Lehrer oder andere Personen, die mit Schutzbefohlenen umgehen, verpflichtet sind, sich auf ansteckende Krankheiten untersuchen zu lassen. Wenn in dieser Hinsicht Vorschriften bestehen, wäre es sinnvoll, sie auch auf Prostituierte anzuwenden.

    Man liest allenthalben von Arbeitssklaven, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen angeworben wurden, und, ihrer Pässe beraubt, die Kosten für ihren Transfer abarbeiten müssen. Nach meiner Auffassung fällt die Zwangsprostitution in diese Kategorie und bedarf keiner besonderen – moralbetonten – Gesetzgebung. An sich ist es naiv, die Ausbeutung und Erpressung von Menschen verbieten und bestrafen zu wollen; aber da, wo es konkret möglich ist, wie bei der Zuhälterei, sollte man es tun.

  8. Da unser verehrter Bronski manchmal doch kleine Satiren durchgehen läßt, stelle ich mal die Frage nach der zuständigen Gewerkschaft für die Damen und Herren des sog. „ältesten Gewerbes“?

    Wäre das
    a) Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
    b) Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft
    c) Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten

    oder eine eigene Spartengewerkschaft, siehe bei den Fluglotsen Gewerkschaft der Flugsicherung e.V. (GdF), oder Verband Deutscher Flugleiter e.V. (VDF), oder die „Vereinigung Cockpit“ bei den Piloten?
    Da müßte dann auch noch mehr darüber nachgedacht werden …….

    Schon die Antike kannte ja beim Sex den Streik, siehe „Lysistrata“ von Aristophanes, Zitat aus der Wikipedia:

    „Das Stück thematisiert den Kampf einiger Frauen gegen die Männer als Verursacher von Krieg und den damit verbundenen Leiden. Getragen von dieser Erkenntnis verschwören sich die Frauen Athens und Spartas, um den Frieden zu erzwingen. Sie besetzen unter Führung der Titelheldin Lysistrata die Akropolis und verweigern sich fortan sexuell gegenüber ihren Gatten. In Sparta wird durch Lampito ähnliches veranlasst. Nach einigen Verwicklungen und Rückschritten – mehrfach versuchen liebestolle Frauen, die Burg in Richtung der Männer zu verlassen, oder die erbosten Herren, selbige zu erstürmen – führt der Liebesentzug tatsächlich zum Erfolg.“

    Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Lysistrata

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