Ich habe ihn noch nicht gesehen, den neuen Werbespot der hessischen SPD. Diesmal soll es um frische rote und faule schwarze Früchte gehen. Sicher ein Fortschritt gegenüber dem letzten Spot mit den Kühen, oder? Die FR berichtete über die Präsentation im Frankfurter Kino „Orfeos Erben“ und kommentierte das Ereignis mit den Worten: „Politik ist uncool. (…) Mitglied in einer Partei zu werden, um mitzugestalten? Kommt für die wenigsten in Frage.

Dazu schreibt mir Jürgen W. Fritz aus Frankfurt:

„Mitgestalten. Ha, wie weltfern und naiv! Und Sie wollen eine kritische Zeitung sein? Nach fünfzig Jahren haben Sie sich noch immer Ihren ‚Kinderglauben‘ bewahrt, dass man in den Parteien etwas gestalten könnte? Na denn, wohl bekomm’s, wie man sieht. Da ist die Mehrheit der Bürger schon entschieden weiter in ihrer Erkenntnis und meidet aus wohlüberlegten Gründen die Wahlurnen.

Auch ich hing einmal Ihrem Irrglauben an, etwas ‚mitgestalten‘ zu können. Doch die Belehrung war eindringlich, sogar in drei Wahlperioden als Stadtverordneter oder als Vorsitzender einer Gruppierung. Stets gab es da zwei bis vier Küngler in Hinterzimmern, die bestimmten, wo’s denn langgehen sollte. Und das gilt nicht nur für die ‚Volks‘-Parteien, auch für so kleine Gruppierungen, wie beispielsweise die ‚Grauen Panther‘.

Man konnte ruhig dafür oder dagegen sein, spielte überhaupt keine Rolle. Und Argumente? Einfach lächerlich, damit zu kommen! Eine Mehrheit von Mitläufern war immer gewiß. Der eine wollte nur die Anerkennung von „oben“, der andere ein Mandat, die andere einen Posten, der einen städtischen Auftrag oder ein Grundstück, die eine Stelle für die Tochter in der Verwaltung (klappte auch)… und so geht’s weiter in alle Ewigkeit, falls nichts dazwischen kommt!

Behalten Sie sich weiter Ihren erbaulichen Glauben der politisch-demokratischen Korrektheit, die Zuneigung der Mächtigen und Einflußreichen ist Ihnen gewiss – so lange der Krug zum Brunnen geht!“

Das klingt sehr ernüchternd. Aber unser Kommentator, Pitt von Bebenburg, mit dem ich daraufhin sprach, sieht die Sache nicht weniger nüchtern. Das hat er auch in seinem Kommentar geschrieben:

„Ein bisschen Pop-Faktor kann nicht schaden. Doch niemand sollte sich vormachen, dass damit das größte Manko der etablierten Politik ausgebügelt würde: die Unzufriedenheit mit ihren Ergebnissen, von „Unterrichtsgarantie“ bis Gesundheitsreform. Erst wenn die Menschen das Gefühl hätten, sie könnten wirklich auf solche Entscheidungen Einfluss nehmen – dann könnten die Parteien auf Mitglieder-Andrang hoffen.“

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11 Kommentare zu “Pop-Faktor

  1. @Herr Fritz,“Parteien und Klüngel“
    Herr Fritz, Sie schreiben. „…der eine wollte einen Auftrag, der andere ein Grundstück, der …“;
    Was Herr Fritz, wollten Sie?

  2. Der Irrglauben besteht darin das viele denken Politiker wären Volksvertreter. In Wirklichkeit sind Politiker lediglich Interessensvertreter. Ein jeder Politiker vertritt seinen Interessen. Falls diese mit den eigenen übereinstimmen, ist das schön, ansonsten Pech gehabt.

  3. @2.Eckhard,“Volksvertreter“,
    das sind Politiker per se; Herr Eckard, wieso zweifeln sie das an? Für mich spiegeln Politiker unser Volk wider; Ja, Politiker widerspiegeln in einer Demokratie den durch Wahlen dargebrachten Volkswillen! Wie auch immer der sich erklärt und erklären lässt; Wahlen sind der Zeitpunkt an dem in einer Demokratien die Wahlberechtigten ihre Volksvertreter in die Parlamente senden. Wer vorher an der Willensbildung mitgewirkt hat, ob FR, FAZ, ZEIT, Spiegel, Fokus oder BILD, egal, die Wahlberechtigten „sprechen“ oder geben ihr Votum ab; damit ist die „Messe gelesen“! Und wer sich nicht daran beteiligt und wer nicht aktiv oder auch indirekt nicht an der Kandidatenkür mitwirkt, darf sich nicht beschweren, wenn ihm die „Auswahl“ unter den Personen und/oder Parteien nicht genügt oder gefällt!

  4. Warum sind „die“ Parteien heute so?
    Weil sie korrumpiert worden sind im Laufe der letzten 40 Jahre durch viel Geld und Macht.Weil sie zu Lobbyorganisationen der großen Interessensblöcke verkommen sind.
    Die Parteien, welche hicht korrumpierbar waren, wurden verboten.

  5. @Armin Ortwein,“Parteien“;
    Falsch! Parteien sind so wie sie sind, weil man sie lässt! Anstatt dass sich Normalbürger auch in das Alltagsgeschäft „einlässt“, überlässt er die ach so „verpönte Politik“ den anderen, um dann all die wenigen Gelegenheiten der Wahltermine zu bemerken, dass es Organisationen gibt, die sich als Parteien um Wählerstimmen bemühen (müssen). Das „Ohnemich(el)prinzip“, das in den 60 ern schon bemerkt wurde, auch in öffentlichen Räumen kritisiert (Aufkleber usw.), aber das heute fast zum Mehrheitsprinzip geworden ist (siehe Ffm-Oberbürgermeisterwahl mit ca. 30% Wahlbeteiligung); wenn dieser Trend nicht von den Bürgern selbst mit aktiver Beteiligung geändert/gestoppt wird, dann „Gute Nacht Demokratie“! Also nicht meckern, einmischen!

  6. @Armin Ortwein, „Politik,Parteien die 2.“
    Herr Ortwein, mit Verlaub, Ihr letzter Satz ist schlichtweg Quatsch! Parteien werden nur in unserem Staat verboten, wenn Sie unsere geltende Grundgesetzliche Ordnung, bzw. unser Staatswesen angreifen oder sogar abschaffen wollen! Und wie schwer ein Verbotsverfahren ist, konnte man vor wenigen Jahren sehen, als es um die NPD ging; also keine falschen Legenden winden, sondern demokratisch aktiv werden im Rahmen unserer Rechtordnung!

  7. @“Demokratie“;
    in einem Krimi der Serie „Bella Bock“ wird ein wichtiger Satz gesprochen: „Für Demokratie muss man jeden tag kämpfen!“

  8. Bestätigen kann ich auch für meine kleine Partei, was Herr Fritz schreibt: Der Frust sitzt tief! Aber was hilft uns die Depression?
    Am Ende bleibt uns die Hoffnung und die Erkenntnis, dass es in der Politik offensichtlich ein real existierendes Paradoxon gibt: Schlechte Politiker machen schlechte Politik und das Ergebnis ist doch respektabel.
    Früher war alles besser, gilt einfach nicht. Wenn die „großen“ (toten)Diktatoren für einen Tag zu Besuch auf der Erde wären, müßten sie sich wohl sehr wundern ….
    Aber was ist das Geheimnis? Wer weiß eine Antwort?

  9. @8.Hubert Look;
    verehrter Herr Look, ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten, aber ich kann mit ihrem Namen und einer Partei keine Verbindung in meiner Erinnerung finden. Es würde das „Rätsel“ lösen, wenn Sie den Namen der/Ihrer „kleinen Partei“ nennen würden.
    mfG

  10. Den Frust des Herrn Fritz kann ich in gewisser Weise schon nachvollziehen. Er hat nicht unrecht; leider neigen Menschen, sobald sie die Möglichkeit haben, Macht auszuüben, diese im Dienste des eigenen Wohles zu gebrauchen. Dies gilt übrigens auch in beruflicher Hinsicht. Aber warum, Herr Fritz, biten Sie keine Alternative an? Was soll anders werden? Herr Ortwein, wünschen Sie sich wirklich in Deutschland verbotene Parteien – gleich, welcher Couleur – in der Verantwortung. Ich möchte der optimistischeren Position des Herrn Schulz zustimmen. Anders als bei Cervantes ist der Kampf gegen Windmühlen übrigens nicht immer aussichtslos. Vielleicht erwarten einige politisch Engagierte einfach zuviel. Ist die Durchsetzung eines Zebrastreifens oder einer Tempo-30-Zone vor einer Grundschule nicht auch ein schöner Erfolg politischen Wirkens im Kleinen? Muß es immer der ganz große Wurf sein?

  11. Korrekturen (man sollte den Text vor dem Abschicken nochmal durchlesen):
    1. „leider neigen Menschen DAZU,…“
    2. „…biEten Sie keine Alternative…“
    2. „… in der Verantworung?“

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