Wichtige Impulse – aber was passiert?

Es ist wieder so weit: Die Mächtigen der Welt treffen sich zum G8-Gipfel. Diesmal auf der japanischen Insel Hokkaido. Die Liste der Probleme, die auf der Tagesordnung stehen, ist eben so lang, wie das Zutrauen in den Willen und die Möglichkeiten der Mächtigen, die Zukunft der Menschheit tatkräftig zu gestalten, gering ist. So hatten die G8-Teilnehmer im Jahr 2005 in Gleneagles versprochen, ihre Ausgaben für Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2010 auf 50 Milliarden US-Dollar aufzustocken. Geschehen ist genau das Gegenteil: Japan hat seine Aufwendungen von 2006 auf 2007 um 30 Prozent reduziert – und ist damit unrühmliches Vorbild. Im G8-Durchschnitt wurden Entwicklungshilfemittel um 14 Prozent reduziert. Auch Deutschland kann sich nicht rühmen. Zwar wurden die Ausgaben um sechs Prozent erhöht. Allerdings wurden, wie es auf der entsprechenden Seite der Welthungerhilfe heißt, „Schuldenerlasse für Irak und Nigeria ebenso eingerechnet wie Studienplatzkosten für ausländische Studierende – Gelder, die den Ärmsten in den Entwicklungsländern definitiv nicht zugute kommen.“ Kein Wunder, dass die Welt von der Erfüllung der acht Milleniumsziele, formuliert in der UN-Milleniumserklärung von 2000, weit entfernt ist. 

Vom G8-Gipfel der führenden Wirtschaftsnationen könnten wichtige Impulse ausgehen, jedenfalls theoretisch.  Zahlreiche NGOs bemühen sich darum, die Themen der Nachhaltigkeit an den Gipfel heranzutragen. Wie kann man es zum Beispiel hinkriegen, dass alle Frauen auf der Welt Zugang zu Verhütungsmitteln bekommen – und sich diese auch leisten können? Renate Bähr, Geschäftsführerin der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung, meint: „Wenn alle Menschen Zugang zu Verhütung hätten und somit jährlich 76 Millionen ungewollte Schwangerschaften verhindert würden, würde sich das zugleich positiv auf den Klimawandel, aber auch auf die Ernährungssicherheit und die Gesundheit der Menschen auswirken.“

Klingt so einfach und ist doch so komplex. Darum versuchen die NGOs, ihre Themen auch beim G8-Gipfel zu setzen. Die DSW ist im Vorfeld des Gipfels in Toyako Mitveranstalterin des Parlamentariertreffens „G8 International Parliamentarians’ Conference on Global Health, Climate Change and Food Security“. Gesundheit, Bevölkerungsentwicklung, Klimawandel und Nahrungsmittelknappheit – alles hängt mit allem zusammen. Da sollen dann Parlamentarier aus den G8-Staaten mit Experten diskutieren. Es geht um die Verbesserung der Gesundheitsversorgung in den Entwicklungsländern. Das allein ist schon ein gewaltiges Thema, wenn man darunter nicht nur die medizinische Versorgung versteht, sondern auch die Lebensgrundlagen wie Zugang zu Nahrungsmitteln in Zeiten, in denen die Preise für Grundnahrungsmittel stark gestiegen sind und es in manchen Ländern – siehe Haiti – schon zu Brot- bzw. Hungeraufständen gekommen ist. Laut einem Bericht der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) und der Welternährungsorganisation (FAO) werden die Lebensmittel voraussichtlich teuer bleiben (Agricultural Outlook, pdf-Dokument), zumindest teurer als in der Vergangenheit. Dürren wie die in Australien könnten zur Verschärfung der Krise beitragen.

Wie einfach es vielleicht wäre, zeigt sich am Beispiel des entwicklungspolitisch hinterherhinkenden Sorgenkinds Afrika (ohne Simbabwe), das auch in Toyako wieder Thema sein wird. Derzeit sind 15 Millionen Afrikaner auf der Flucht, zum größten Teil Binnenflüchtlinge. Doch ein Teil versucht, nach Europa zu kommen. Und dann passiert das hier. Die Industrienationen reagieren auf dieses Problem mit dem dümmsten, leider aber auch naheliegendsten Mittel: dem der Abschottung. Rüstungsausgaben und andere Abwehrmaßnahmen sind ja letztlich gut fürs europäische Bruttoinlandsprodukt. Würde man nur einen Bruchteil der weltweiten Rüstungsausgaben für Ziele der nachhaltigen Entwicklung einsetzen, um etwas gegen die Verelendung in den Herkunftsregionen der Flüchtlinge zu tun – das Problem wäre rasch erledigt. Schädlich fürs BIP, wenn Gelder abfließen? Tun sie ja nicht. Entwicklungshilfeprojekte werden häufig an die Auflage geknüpft, das etwaige an das Projekt gebundene Aufträge an die Geberländer vergeben werden.

Ich komme ins Lästern. Stop, Bronski! Das tut dem komplexen Thema nicht gut. Auch wenn es auf jeden Fall wünschenswert wäre, würden die G8-Mächtigen nicht nur erkennen, dass gehandelt werden muss, sondern dass alles mit allem zusammenhängt. Sie – wir und sie (ja, auch du) – denken häufig noch immer viel zu sehr in nationalstaatlichen Kategorien. Und anstatt diese Zusammenhänge zu erkennen, verabschieden jene Mächtigen Mogelpackungen. Sehen nicht – oder tun zumindest so, als würden sie es nicht sehen -, dass diese Probleme, so wie auch der Klimawandel, nicht an nationalen Grenzen halt macht. Kann es sein, dass man mit Katastrophen noch Geld verdienen kann? Gut fürs BIP, oder?

Hoffen wir mal, dass der Gipfel von Toyako endlich Fortschritte bringt. Ein bisschen Druck kann jeder einzelne machen, der seine „Stimme gegen die Armut“ abgibt (die Aktion endet am 1. Juli, die gesammelten Wünsche werden der Bundesregierung am 3. Juli übergeben).

Der G8-Gipfel beginnt am 7. und endet am 9. Juli. Bis dahin ist noch etwas Zeit. Formulieren wir doch mal unsere Forderungen an die Mächtigen der Welt. Und daraus machen wir einen Text für die FR.

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36 Kommentare zu “Wichtige Impulse – aber was passiert?

  1. Die „Wuth über den verlorenen Groschen“, ein Klavierstück von Beethoven, hat weltweite Berühmtheit erlangt.

    Schreiben wir nun also die „Wuth über die verlorene Welt“, ein Stück für „Ebony and Ivory“, korrekt ersetzt durch Fichte mit Plastiküberzug und führen wir es auf vor den Ohren der Japaner, die ja der CD ihre physische Größe verliehen haben, weil die „Neunte“ von Beethoven daraufpassen sollte.

    Dann sagen wir ihnen mit vorgehalt’ner Hand, daß sie die Ode an die Freude nicht verstanden haben, ebensowenig wie alle anderen, die vom Gipfel von Toyako auf ihre Sherpas herabschauen.

    1.Forderung an die Mächtigen der Welt: Gebt euch zu erkennen!

    2. Forderung: Teilt und lasst herrschen!

  2. Man kann auf einiges gespannt sein. Lange Reden, lange Gesichter und wieviel Kaffee getrunken wird. Doch leider wird auch auf diesem erneuten Gipfel der Eitelkeiten wieder nicht ueber das Problem dieser voellig gestoerten Gesellschaft gesprochen. Ausgabenerhoehung und Schuldenerlasse sind durchaus gute Ausgangspunkte ueber die man Reden moechte, doch wem kommen diese Punkte zugute? Einem Menschen in den Regionen um die es sich handelt wuerde sicher vor Neid platzen, wenn Er in Erfahrung bringt wie viel ein Entwicklungshelfer im Monat erhaelt fuer seine anerkennende Arbeit. Doch nuetzt es nur der wirtschaftlich bessergestellten Industriegesellschaften. Und dies nur deshalb weil Wir immer jemanden benoetigen dem es noch schlechter geht auf dem man mit dem Finger zeigen kann. so haelt man mensch ruhig und gefuehgig. dieses System aendert sich nicht, es beseht seit Jahrtausende und wird durch Macht und Niedertracht gesteuert. Etik ist nur ein Wort genau wie das Wort „helfen“ nur ein Wort bleibt.

    dFzGe

  3. Dieses Mal treffen sie sich also auf Hokkaido, um dort die Welt nun endlich ultimativ zum Guten zu revolutionieren. Warum Japan?? Vermutlich, weil dort Provinzpolitiker vom Schlage Merkels und Sarkozys, die ja ansonsten alle Hände voll damit zu tun haben, die Europäer von „Ihrem Baby“, dem Reformvertrag zu überzeugen, noch nicht waren.

    Tut etwas fürs Klima und bleibt zuhause, “Ihr Möchtegern-Veränderer” und spielt Euch nicht ein weiteres Mal medienwirksam auf, als würdet Ihr auch nur ein wichtiges Problem der Menschheit lösen können! Das glaubt Euch nach Kyoto, Heiligendamm und Co. sowieso kein Mensch mehr. Also verschont uns mit den alten, vorhersehbaren Bildern aus Hokkaido. Zäunt Ihr Euch dort eigentlich auch wieder ein? Möge der Medientross die Inszenierung Eures politischen Kaffeekränzchens nicht wie gewohnt wohlwollend-unkritisch begleiten, sondern Euch bitten zuhause zu bleiben. Via Videokonferenz lässt sich auch vom Schreibtisch aus vieles machen, ohne uns auf den Wecker zu gehen und die Umwelt zu verpesten. Wir würden es Euch danken!

  4. Ich habe zwei – scheinbar voneinander unabhängige – Meldungen . Die erste fand ich in der heutigen FR, als Klein- bzw. Kurzmeldung zum Thema „Verlust der Tropenwälder ungebremst“. Die andere gibt es im SPIEGEL dieser Woche, auf der S. 115, mit der Überschrift „Tigerland vorm Untergang“, zum Thema Verlust der Mangrovenwälder im Ganges-Delta“, mit der Schlußbemerkung des Ökologen Abdullah Harun Chowdhury, eines Bangladeshi, zu den zurückgehenden Fängen der Shrimps-Farmer: „Wenn sie nur noch halb so viel fangen, dann bekommen sie eben doppelt so viele Kinder.“

    Alle angekündigten Programme im Vorfeld des neuen G8-Gipfels für Entwicklungshilfe machen in den Summen zusammengezählt noch nicht einmal 1% der weiltweiten Rüstungsausgaben aus. Alle Versprechen, die vollmundig in Heiligendamm gegeben wurden, wurden nicht erfüllt, also gebrochen. Was zu tun ist, ist bekannt, siehe die auch von Dir aufgeführten 8 Milleniumsziele.
    Vielleicht würde eine neue US-Administration andere Zeichen durch neue Zielvorgaben setzen. Aber bei dem diesjährigen Zusammentreffen der Herren und der einen Dame dürfte wieder der alte Sozialarbeiterspruch gelten „Schön, das wir mal wieder darüber geredet haben.“

    Wie wir immer wieder erkennen können, gibt es keine internationale Solidarität, also auch keine Basis für gemeinsames Handeln.
    Regierungschefs begreifen sich immer noch vorrangig als ausführendes Organ für nationale Interessen der mächtigen Wirtschafts-Lobbygruppen, also im Bereich Öl- und Gasriesen, der Rüstungs-, Luft/Raumfahrt- und Automobilindustrie, der Pharma- und Lebensmittelkonzerne und all denen, die von diesen abhängig sind und gefüttert werden, wozu natürlich auch die großindustrielle Agrarindustrie mit allen Verzweigungen einschl. der Biosprit-Gewinnung gehört.

    Natürlich gibt es international Bestrebungen, einiges zu ändern, z.B. im Bereich der Gewinnung von Energie aus nachwachsenden Rohstoffen oder aus Sonne, Wind und Wasser. Nur deuten alle Zeichen darauf hin, das in naher Zukunft etliche Züge, zusätzlich noch mit Zeitbomben bestückt, aufeinander zurasen. Mehr Erdbevölkerung bei abnehmender landschaftlicher Nutzfläche, schwindenden Meeres- und Trinkwasser-Ressourcen, schmelzenden Polkappen und Gletschern, Artenschwund und Ausbreitung von oftmals noch multiresistenten Schädlingen; all dies läßt wenig Hoffnung wachsen. Es gibt viel zu tun…drum lassen wir’s am besten bleiben, werden sich auch die G8-Verantwortlichen sagen.

    Das gerade in einem schwer gebeutelten Erdteil, wie Afrika, Despoten wie Mugabe noch hofiert werden und noch nicht einmal gerügt werden von den meisten, zugegeben, oft genauso despotisch und nur ans eigene Wohl denkende Regierungschefs, die eher an ihr Schweizer Bankkonto als an die Not der eigenen Bevölkerung denken, ist nur ein Baustein zum Grabtempel, den sich die Menschheit derzeit errichtet.

  5. Frust allenthalben und kein Vertrauen in die Mächtigen.

    Wie auch, wenn niemand auf den Bush klopft und die Muh-Gabe nur ein Almösi für den Trittbrettl-Fahrer auf der Tali-Bahn ist.

    Jetzt versteh ich erst, wieso Heiligendamm!
    Ein Damm hält ja was ab, und die Heiligenflut bricht dann woanders herein-ach so!

    Und schlussendlich bauen die G(8)teten ja fleissig eine Arche, und weil die so klein wird, muß die Artenvielfalt weg, weil sonst nicht zwei von jeder Platz haben.

    Jetzo macht es einen Sinn: Survival of the fittest!
    Wer zu ihnen passt, den nehmen sie mit.

  6. Es ging hier ja um Forderungen an die (Ohn-) Mächtigen dieser Welt, dann will ich nach der Lektüre zweier spannender Blogs (s.u.) doch auch meinen Senf dazugeben:

    Wenn sie, die die Ärzte einmal liebevoll als „klügste Männer der Welt“ bezeichnet haben, ihren Einsatz für Freiheit und Bürgerrechte ernstnähmen, würden sie nicht ständig Einschränkungen der persönlichen Freiheiten und Bürgerrechte durchdrücken. Natürlich bedingt Freiheit auch Verantwortung, aber selbst wenn ich dem Bürger jegliche Freiheit nehme und die ganze Verantwortung auf mich nehme (was auch Macht bedeutet), kann ich trotzdem nicht für seine Sicherheit garantieren. Den einzigen Effekt, den ich erziele, sind Staatsausgaben für unsinnige Sicherheitsprojekte (mit Sicherheit ein Mehrfaches der Entwicklungshilfe) und unmündige Bürger. Letzteres hat des Bundesverfassungsgericht im so genannten „Volkszählungsurteil“ bereits anno 1983 festgestellt. Ich denke, dass das auch die Ziele derjenigen sind, die angeblich unsere Freiheit bedrohen sollen.

    Meine Forderung lautet daher: Gebt dem Bürger, dem Souverän wieder mehr Freiheit und Verantwortung in die Hand, das stärkt die Demokratie! Und hier schließt sich denn auch der Kreis zu den beiden inspirierenden Blogs: Anstatt starke Kryptographie zu verbieten, muss sie gefördert werden.

    Weiterführendes:
    F!XMBR: Dieser Artikel könnte bald illegal sein
    Netzpolitik.org: Mitmachen: Europaweite Aktion gegen das Telecom-Paket

  7. Im Haushaltsplan der Bundesregierung für 2009 ist eine Steigerung der Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit auf 800 Millionen Euro vorgesehen. Laut Informationen verschiedener Nichtregierungsorganisationen, etwa Oxfam, reicht dies allerdings bei weitem nicht aus, um die deutsche Zusage auf Anhebung dieser Leistungen bis 2010 auf 0,51 Prozent des Bruttoonlandprodukts einzuhalten.

  8. Liebe Mächtigen der Welt,

    vielleicht überschätzen wir ja Eure Macht ganz erheblich und ihr seid gar nicht so mächtig wie ihr tut. Wenn es wirtschaftlich nicht so läuft wie Ihr es euch wünscht und trotz großer Unternehmensgewinne viele ohne Arbeitsplatz dastehen, lauft ihr Gefahr nicht wiedergewählt zu werden. Also ordnet Ihr euch unkritisch der Wirtschaftslobby unter und versucht nur keinen Sand ins Getriebe der Forderung nach globalem Wirtschaftswachstum zu streuen (obwohl das nachweislich auch nicht zu mehr Arbeitsplätzen führt). Wenn einige etwas weitsichtigeren unter Euch (welche könnten das sein?) versuchen würden eine Politik der Zukunft, unter Berücksichtigung von ökologischen Nachhaltigkeitskriterien und sozialen Ausgleich in Gang zu bringen, hieße das möglicherweise kurzfristig unpopuläre und schmerzhafte Maßnahmen zu ergreifen (noch teureren Sprit, Umbau der Wirtschaft, Definition neuer wirtschaftlicher Ziele – weg vom Bruttosozialprodukt als Parameter für Wirtschaftswachstum sondern Definition von qualitativen Zielen etc.). Die Konsequenz, keine Wiederwahl. Somit blockiert ihr euch ständig selbst. Da die Masse des Volkes dies ja auch alles letztendlich mit trägt, sind wir auch nur ein Teil Eurer Trägheit und Inkompetenz, oder?
    Also, deshalb macht weiter so. Denn je schneller wir auf eine globale Krise zusteuern (diesbezüglich macht Ihr wirklich eine gute Arbeit), desto schneller werden wir alle gezwungen werden uns umzustellen und zu verändern.
    In diesem Sinne viel Spaß miteinander in Japan und weiter so.

    Euer

    Joachim Milz

  9. Zynismus pur, das Ganze.

    Letztlich kann man dem Gipfel ja nur noch den Effekt abgewinnen, daß die Mächtigen der Welt einmal erfahren, wie gut sich ein voller Bauch anfühlt, in der Hoffnung darauf, daß diese Erfahrung dazu führt, dem nächsten Hungernden, dem sie begegnen, dieses Gefühl zu gönnen, wenn nicht gar zu schildern, wenn es die Zeit erlaubt.

    Aber den Effekt verhindert ja wieder der Koch, weil er gegen die Kuschelpädagogik ist.

    Teufels Kreis.

  10. Wir sollen Wünsche an die G8-Mächtigen richten? Es würde schon reichen, Wünsche an unsere Medien-Verantwortlichen zu richten! Wer das Trauerspiel am Mittwoch abend bei „Hart-aber-fair“ mit angesehen hat, bei dem eine Bärbel Höhn als Jeanne d’Arc der Vernunft versucht hat, gegen 5 bornierte, versnobte und ignorante Herren, einschließlich Herrn Plasberg selbst, anzukämpfen – wobei bei Christian Wolff noch eine gewisse Einsicht spürbar war – der schmeißt die Flinte gleich in den Nordhäuser Doppelkorn. Auch die Zuschriften im HAF-Blog deuten nicht gerade darauf hin, das hier im Volke so etwas wie Einsicht entstünde. Aber woher auch, bei 98% genetischer Übereinstimmung mit Schimpansen im afrikanischen Regenwald.

    Joachim Milz gebe ich allerdings nur bedingt Recht, das möglicherweise erst eine globale Krise (er drückt sich hier sehr vorsichtig aus) irgendeine Umstellung bewirken würde.

    Denn: wir brauchen doch auf die globale Krise nicht mehr zu warten – wir stecken mittendrin!
    Aber als Vogel Sträuße merken wir es nicht, oder wollen es nicht merken. Und die „Umstellung“, die dann zu erfolgen hat, wird uns eiskalt erwischen, weil sie nicht mehr von unserem Wollen gesteuert sein wird, sondern dann, soweit noch vorhanden, von unserem Überlebenswillen bzw. Vermögen zu retten, was noch zu retten ist, oder, vielleicht noch besser gesprochen, von unserem Unvermögen, weil die meisten – mangels Fähigkeiten (Feuer machen, Wasser finden, welche Pflanzen sind eßbar) wohl über die Wupper gehen werden. Ein bißchen gegenseitig Schädel einkloppen gehört natürlich auch dazu.

    Horten wir also guten Wein, und verraten es keinem, wo er liegt – er kann schließlich zum Hauptgang Armageddon nicht allen gereicht werden.

  11. Zusagen von Gleaneagles und Heiligendamm einhalten!

    G8-Staaten dürfen nicht wortbrüchig werden

    Obwohl die G8-Staaten auf Wunsch Japans auf dem nächsten G8-Gipfel vom 7.-9. Juli in Hokkaido angesichts der Ernährungskrise und der Rohstoffpreishausse neben dem Hauptthema Klimawandel auch über ihre Hilfen für Afrika sprechen werden, drohen sie hinter alte Versprechen zurückzufallen. Es ist ein politischer Skandal, dass die G8 in einem durchgesickerten Entwurf des G8-Kommuniques über Entwicklung in Afrika noch nicht einmal die bestehenden Finanzierungszusagen bekräftigen. So sagten die reichsten Industrienationen bereits 2005 im schottischen Gleneagles zu, bis zum Jahr 2010 ihre Entwicklungshilfen für Afrika auf bis zu 25 Milliarden US$ zu erhöhen. Doch diese Versprechen sind bereits jetzt leer: Im Jahr 2007 ist die Entwicklungshilfe in vier der G8-Staaten zum Teil drastisch eingebrochen. Zwar ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass Deutschland nicht dem negativen Trend folgt und seine Entwicklungshilfe 2009 um rund 800 Millionen Euro erhöhen will. Doch gemessen an seiner Wirtschaftskraft liegt der in absoluten Zahlen zweitgrößte Geber weltweit nur auf Platz 12 in Europa. Deutschlands Entwicklungshilfe-Quote stagniert damit bei etwa 0,38%. Die Finanzierungslücke zur Erreichung der internationalen Verpflichtungen zur Steigerung der deutschen Entwicklungshilfe auf 0,51% im Jahr 2010 steigt damit auf über drei Milliarden Euro. Schon jetzt verlautet aus Regierungskreisen, dass Zielerreichung im nächsten Jahr praktisch unmöglich ist, selbst wenn die Bundesregierung erhebliche Mehreinnahmen aus der Versteigerung von CO2-Emmissionszertifikaten und neue Haushaltsmittel einrechnen würde. Schon im nächsten Jahr wird also auch Deutschland den anderen G8-Staaten folgen und wortbrüchig werden!

    Dies ist ein Skandal und ein kollektives Versagen der Mächtigen dieser Welt. Denn es geht nicht um Rechentricks, sondern um das bloße Überleben von Menschen und die endgültige Überwindung der Armut auf dieser Erde. Noch nie standen so viele Mittel zur Verfügung wie jetzt, wenn wir unsere Anstrengungen auf die international vereinbarten Entwicklungsziele konzentrieren würden. Aber während jeden Tag 5.000 Kinder an den Folgen von Armut sterben, sind die G8-Staaten mit 750 Mrd. US$ für etwa drei Viertel der weltweiten Rüstungsausgaben verantwortlich.

    Es ist besorgniserregend, dass auch die Gesundheitsversprechen von Heiligendamm auf der Kippe stehen. Die G8-Staaten scheinen von ihrem Versprechen, bis 2010 allen Menschen den Zugang zu HIV/Aids-Prävention und einer lebensrettenden oder -verlängernden Behandlung zu ermöglichen, abzurücken. Ein konkreter Zeitraum ist im Entwurf des G8-Kommuniques nicht mehr zu finden. Angesichts der geringen Fortschritte in der Verbesserung der Gesundheitssituation in vielen afrikanischen Staaten südlich der Sahara ist es absolut inakzeptabel, wenn die G8 jetzt darüber debattieren, ob die in Heiligendamm zugesagten 60 Mrd. US$ zur Bekämpfung von Malaria, Tuberkulose und HIV/Aids innerhalb von drei, fünf oder acht Jahren erreicht werden sollen. Da alleine die USA bereits 50 Mrd. US$ zugesagt haben, wird die Zielvorgabe für die andere G8-Staaten, zusätzlich 10 Mrd. US$ zu mobilisieren, ihrer globalen Verantwortung offenkundig nicht gerecht.

    Ob angesichts dieser Widersprüche die Hoffnungen, die wie jedes Jahr im Vorfeld des G8-Gipfels in die Mächtigen der Welt gesetzt werden, gerechtfertigt sind, darf zu Recht bezweifelt werden. Bereits 2007 standen im Ostseebad Heiligendamm die wirtschaftsliberalen Beschlüsse der G8 im direkten Widerspruch zur Rhetorik der partnerschaftlichen Unterstützung für Afrika oder den Zielen des internationalen Klimaschutzes. So lehnen auch heute noch die G8-Staaten eine stärkere Regulierung spekulativer Transaktionen auf den internationalen Finanzmärkte – Mitauslöser der derzeitigen Nahrungsmittelkrise – ab. Und auch der ernsthafte Wille zu ehrgeizigen Fortschritten im Klimaschutz darf vor dem Hintergrund der faulen Kompromissformeln aus Heiligendamm und dem Einknicken der selbsternannten „Klima-Kanzlerin“ Angela Merkel vor der deutschen Automobillobby in Frage gestellt werden.

    Wir brauchen dringend langfristige Investitionen zur Unterstützung einer nachhaltigen Landwirtschaft, funktionierender und finanzierter Gesundheitssysteme und dem uneingeschränkten Zugang zu Bildungsangeboten für alle, damit wir die weltweite Armut überwinden und eine andere Welt, eine Erde der Menschlichkeit Wirklichkeit werden lassen! Dafür sollten wir kämpfen!

    Dr. Klaus Schilder, terre des hommes

  12. Lieber Bronski,

    die „Forderungen an die Mächtigen der Welt“ müssten lauten: „Mehr globale Gerechtigkeit“ und „Klimaschutz jetzt“. Für den Klimaschutz bedeutete dies:

    1. Eine Einigung der G8-Staaten auf Treibhausgas-Reduktionen, die es ermöglichen, einen zerstörerischen Klimawandel zu vermeiden. Notwendig dafür wäre bis 2050 mindestens eine Halbierung der globalen Emissionen und für die G8-Staaten eine Senkung der Emissionen um mindestens 30% bis 2020 (jeweils gemessen an 1990).

    2. Milliardenschwere Finanzmittel für den Schutz der Urwälder (Urwaldschutz ist Klimaschutz), den Ausbau der Regenerativen und der Energieeffizienz.

    3. Der Verzicht auf Atomkraft und die deutliche Reduktion des Einsatzes von Kohle.

    Keine dieser Forderungen wird eingelöst werden in Hokkaido. Du schriebst: „Hoffen wir mal, dass der Gipfel von Toyako endlich Fortschritte bringt.“ Ist diese Hoffnung nicht ein bisschen naiv, Bronski?

    In der dramatischen Abschlusssitzung der Klima-Konferenz in Bali im vergangenen Dezember forderte der Delegierte von Papua-Neuguinea gegenüber den USA „… if you are not willing to lead, leave it to the rest of us, please get out of the way.“

    2007 haben sie sich in einen Strandkorb gequetscht, bevor sie ihren dürftigen Klima-Beschluss gefasst haben. 2008 werden wir sie wahrscheinlich in einer Pagode posieren sehen. So ein G8-Gipfel ist ein bisschen wie „Waldis EM-Studio“ samt Waldemar Hartmanns kult-verdächtigen Mottos „I red‘ bloß drüber“.

    Es klingt paradox: Wir müssen in der Tat unsere Forderungen formulieren. Wir müssen deutlich machen, wie weit die G8 von der Lösung der Probleme entfernt sind. Und dennoch wäre es gefährlich, auf die Erfüllung dieser Forderungen seitens der G8 zu hoffen. Ich hoffe nur darauf, dass die G8 keine Wege verbauen, die wir für die zweite Phase des Kyoto-Protokolls dringend brauchen. Also, „hey, George W., hey Yasuo, hey G8, Klimaschutz wird im Rahmen der Vereinten Nationen gemacht. Please get out of the way!“

    Beste Grüße aus Berlin

    Tobias Münchmeyer, Greenpeace

  13. Das Glaubwürdigkeitsproblem der G8: Mehr als ein paar Dollar

    Es ist vor allem die Inszenierung von Politik, die G8-Gipfel prägt. Das jährliche Ritual im Bereich der Hilfe für Afrika etwa hat man sich so vorzustellen, dass zunächst die NGOs die Regierenden mahnen, ihre Versprechen aus den letzten Treffen zu erfüllen („Wort halten“), woraufhin diese jedoch mit neuen Versprechen reagieren, deren Einhaltung alsdann wieder einzufordern ist.

    Bedauerlicherweise ist diese Problemanzeige jedoch höchst unvollständig. Bleibt man beim Thema Afrika, so ist festzustellen, dass Deutschland jenseits der G8-Dynamik die afrikanischen Staaten in Handelsverträge zwingt, die nichts anderes beabsichtigen als die Öffnung der afrikanischen Märkte für deutsche und europäische Produkte. Wer nun denkt, dass diese Märkte uninteressant seien, der irrt: die Märkte der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (AKP-Staaten), die von den Freihandelsverträgen mit der EU, den sogenannten Economic-Partnership Agreements (EPAs), betroffen sind, sind zusammen genommen für die Exporte der Europäer fast so bedeutend wie China, das europäische Exportvolumen in die AKP-Region beträgt ungefähr das Zweieinhalbfache im Vergleich zu Indien.

    Die Marktöffnung, die die EU von den afrikanischen Staaten im Rahmen der EPAs fordert, lässt alle Summen, die im Kontext von G8-Versprechungen genannt werden, in einem anderen Licht erscheinen. Die britische Nichtregierungsorganisation Christian Aid etwa hat vor einiger Zeit ausgerechnet, dass Afrika Südlich der Sahara in den vergangenen zwanzig Jahren durch eine falsche (weil von den Industrieländern über Handelsverträge und Strukturanpassungsmaßnahmen erzwungene) Marktöffnungspolitik knapp 300 Milliarden US-Dollar verloren hat. Das entspricht im Übrigen ungefähr dem, was diese Region in dem genannten Zeitraum an Entwicklungshilfe erhalten hat.

    Mit anderen Worten: nicht nur, dass leere Versprechungen Afrika nichts nützen; hinzu kommt, dass die internationale Handelspolitik sich nicht an den entwicklungspolitischen Interessen Afrikas orientiert, sondern an den Exportinteressen der G8-Länder. Damit werden entwicklungspolitische Erfolge vielfach durch Handelspolitik im Keim erstickt.

    Ähnlich im Falle von AIDS. Auch hier leidet der afrikanische Kontinent in besonderer Weise. Nun könnte man denken, dass die G8 alles unternähmen, um die Epidemie zu bekämpfen. Sie vermitteln auch genau diesen Eindruck, indem sie lautstark zusätzliche Mittel für die AIDS-Bekämpfung versprechen. Tatsächlich ist der Tatendrang der G8-Staaten jedoch begrenzt. Nicht nur, dass die Erfüllung der diversen Versprechen ungewiss bleibt – die gleichen G8-Staaten, die immer neue Mittel immer wieder neu ankündigen, sind seit Jahren dabei, den globalen Patentschutz zu stärken, und zwar im Rahmen von G8 wie auch darüber hinaus in bilateralen Freihandelsverträgen. Da aufgrund der Monopolsituation patentgeschützte Medikamente extrem teuer und für die Armen in Afrika in aller Regel unerschwinglich sind, tragen die G8 mit ihrer Politik dazu bei, dass vielen Armen der Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten verwehrt bleibt. Mehr noch: insbesondere die USA tun sich mit Drohungen gegenüber solchen Ländern hervor, die nichts anderes tun, als ihre in internationalen Verträgen zum Patentrecht, vor allem dem TRIPS-Vertrag der WTO, verankerten Rechte wahrzunehmen: wer, wie Südafrika oder Thailand, etwa Zwangslizenzen erteilt, um statt teurer patentierter Originalpräparate zu kaufen, billigere Nachahmerprodukte herzustellen, muss mit hartem Druck aus Washington rechnen.

    Fazit: Die G8-Politik und die Politik der G8-Staaten sind der Entwicklung der armen Länder, insbesondere in Afrika, gleich in mehrfacher Hinsicht unzuträglich. Das Problem liegt tiefer als nur auf der Ebene nicht eingehaltener Versprechen. Was benötigt wird, ist eine kohärente Politik für Entwicklung, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit. Und davon trennt die G8 sehr viel mehr als nur ein paar Dollar.

    Michael Frein, Evangelischer Entwicklungsdienst (EED)

  14. #11

    Lieber Herr Schilder,
    gerne würde ich kämpfen, um sinnvolle Ziele der Armutsbekämpfung zu erreichen, allein, ich weiß nicht mehr wie.

    Wahlversprechen werden gebrochen, Wählerstimmen ignoriert, Protestaktionen belächelt und in bewährter Manie(r) kriminalisiert, Spenden veruntreut.

    Quo vadis?

  15. Ich will es nun mal vorsichtiger angehen,sonst gibt es wieder was auf den Deckel.
    Bisher endete alles in der Poltik (weltweit)mit einem Dementi,dass in den Spielregeln der hohen Politik immer ein halbes Eingeständnis einer ganzen Dummheit war.
    Was erwarten wir also ??
    Der Mensch hat die fatale Neigung aus Fehlern der Vergangenheit nur eines zu lernen,wie man neue begehen kann und in diesem Sinne wäre es naiv zu glauben,es würden vernünftige durchführbare Ergebnisse dabei herauskommen.
    Ich stimme Joachim Milz zu und würde noch etwas weiter gehen,mit der Hoffnung die Karre würde richtig in den Dreck (Sumpf)gefahren,fürchte allerdings,dass diese dann nicht herausgezogen wird ,sondern der Sumpf zum Festland erklärt wird.
    So war es und so wird es bleiben!
    Fazit:Luftschlösser zu bauen ist kostenlos.
    Sie zu Zerstören ist sehr teuer!!

  16. Ein kleiner Nachtrag zu 15
    Vorsicht : Armut ist eine der besten Lebensschulen.Sie macht hart,unnachgibig und vor allen Dingen „Grausam“
    Eine Geselschaft die Menschen in Armut leben läßt kann nicht auf Dauer kultivierten Lebensgewohnheiten und edle Ideale erwarten.
    Verrohung aber saubere Luft ??
    Eventuell lohnt es sich darüber nachzudenken ob wir nicht alle in einem gewissen Sinne Arm sind ,allein aus der Tatsache das wir Armut zulassen.
    Bei allen ausgebeuteten Klassen war es immer so: Kummer und Elend machen roh und grausam gegeneinander,obwohl alle wissen,das dieser Kummer und dieses Elend dem gesm.Räderwerk und seinen Herren zuzuschreiben sind.
    Die größte Perversion der unersättlichen ist ,dass sie sogar die Armut besitzen wollen
    aus jeweils verschiedenen Gründen.
    Die wohl derzeitig wichtigste Pflicht der Mächtigen scheint zu sein,die Minderheit der weltweit Wohlhabenden gegen die Mehrheit zu schützen.
    In Zukunft ,wenn sich dass alles nicht schnell ändern wird werden die Armen ihre Sorgen nicht weiter ertragen ,jedoch leider keine schriftliche Eingabe an die Behörde machen,sondern mit der Faust an deren Türe schlagen die noch was haben.
    Willkommen im Leben.!!!!

  17. diesmal aus einem Internet im bolivianischen Tiefland. Begreifen wir doch mal die Krise als Chance. Ohne Krise keine Bewusswerdung. Es wird sich etwas veraendern und das wird wehtun. Das wir da schon mittendrin stecken in der Krise kann man so sehen, spueren tun es viele noch nicht in ausreichendem Masse. Ich halte es dabei mit dem homoeopathischem Prinzip. Die richtige Potenz (moeglichst niedrig) im richtigen Moment und am richtigen Ort angewendet kann dann auf einmal Wunder bewirken (auch wenn der „Mediziner“ das leugnen wird). Dies bedeutet jedoch die Prinzipien wirklich zu verstehen und anwenden zu koennen und das wiederum hat auch etwas mit Bewusstsein zu tun. Also, durchschauen und durchblicken was da gespielt wird und die Dinge beim Namen nennen. Und selbst nach seinen eigenen Prinzipien dann auch handeln.
    Gruesse
    Joachim Milz, EED Bolivien

  18. Es ist schön, zu merken, daß es viele Gruppierungen und Organisationen gibt, egal ob als NGOs, institutionell, oder anders organisiert, welche sich mit mehr oder weniger Hoffen und Bangen, mit mehr oder weniger Wut – oder auch beginnender Verzweiflung – an die Bewußtmachung der Öffentlichkeit über die globalen Probleme (und deren Ursachen samt Widersprüchen) machen, und sicherlich auch schöne Teilerfolge erzielen.

    Ich gewinne leider zunehmend den Eindruck, das hier Tausende von Don Quichottes unterwegs sind, welche zwar versuchen, reale Windmühlen zu errichten, aber gleichzeitig sich abmühen, gegen die ideologischen Windmühlen in den Hirnen anzukämpfen; ja, auch in den eigenen.

    Benützen die Verantwortlichen in Staat und Wirtschaft nicht auch alle diese „Don Quichottes“ für ihre Zwecke, mißbrauchen sie als Aushängeschild dafür „was bei uns alles getan wird“, oder auch als Rechtfertigung, selbst nix zu tun? Ehrenamtliche Arbeit ist ja auch viel billiger, und natürlich im Einsatz draußen – leider – oft auch gefährlicher, weil eben weder militärische noch polizeiliche Absicherung dahinter steht und auch nicht mit gepanzerten Wagen durch die Gegend gefahren wird. Während man dann in klimatisierten Räumen bei frischem Mineralwasser sitzt und kluge Reden schwingt, machen andere die Arbeit, und manchmal auch die Drecksarbeit. Leider zählen auch alle dazu, die im Staatsauftrage als Soldaten oder im Dienste von Söldner-Organisationen dann „schützen“, was immer man darunter verstehen will und mag.

    Wie ist das mit dem Apfelbäumchen, verehrte Mitdiskutanten? Haben wir noch eine Chance? Ist es nicht bereits 5 nach 12? Ist es lediglich die Hoffnung, die uns aufrecht erhält – oder die Angst vor der Verzweiflung?

    Wie ist es um die Lernfähigkeit des Menschen bestellt, um die Fähigkeit zur Folgenabschätzung, zum wahren Mitweltschutz, zur Verpflichtung zur Nachhaltigkeit in allen Bereichen? Begreifen wir diese Erde als eine Art Lebewesen (Gaia-Prinzip), welches wir zum (Über-)Leben benötigen, welches uns aber nicht braucht – und uns sicherlich bald abschütteln wird wie ein Hund die Flöhe? Warum wollen wir unsere „Mutter Erde“ unbedingt umbringen – Todes-Sehnsucht, lieber Thanatos als Eros?

    Die Antwort steht sicherlich nicht in der BILD-Zeitung, und auch nicht im Teletext, sondern wahrscheinlich irgendwo in den Sternen, im Buch vom großen Manitou, oder wie immer man ihn nennen mag.

    PS: Eine Frage an Joachim Milz: War die Befreiung von Frau Betancourt ein echter Erfolg, oder ein Deal, begleitet von einer medialen Inszenierung? Jedenfalls habe ich mich über die Befreiung gefreut.

  19. Sehr erfreulich, dass hier ein paar interessante Kommentare zusammengekommen sind. Ich plane nun die Veröffentlichung eines G8-Textes am kommenden Mittwoch, d.h. wir müssen morgen, Dienstag, bis spätestens 15 Uhr mit dem Text fertig sein.

    Als Überschrift sticht mir ein provozierendes Zitat aus # 8 von Joachim ins Auge:

    „Viel Spaß in Japan – und weiter so“

    Aber das ist erstmal nur ein Vorschlag.

    Ich weiß nicht, ob Wolfgang Recht hat, der in # 10 sagt, wir seien schon mittendrin in der globalen Krise, die Joachim erst noch „herbeisehnt“. Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass wir in der Krise sind – egal ob am Anfang oder in der Mitte

    Duktus des Textes, Karl Schilder und Tobias Müchmeyer folgend: Es darf zu Recht bezweifelt werden, dass die Hoffnungen, die in die Mächtigen der G8 gesetzt werden, berechtigt sind. Der Einstieg in den Text könnte daher frei nach Tobias lauten:

    „Es ist wahrscheinlich naiv zu glauben, dass der G8-Gipfel von Toyako endlich Fortschritte bringen könnte. Zu groß ist die Kluft zwischen dem, was zu tun wäre, und dem, was getan wird, zu groß die Unterschiede zwischen den Lippenbekenntnissen der G8-Mächtigen und dem, was davon umgesetzt wird. Dabei wäre es allerhöchste Zeit. Nicht nur hinsichtlich des Klimawandels.“

    Gleich weiter.

  20. Folgende Gliederung:

    1. G8-Soll
    2. G8-Ist
    3. Forderungen
    4. Fazit

    1. G8-Soll-Zustand: Lippenbekenntnisse

    Gleneagles; für Deutschland bedeutet das: Steigerung der deutschen Entwicklungshilfe auf 0,51 % vom BIP bis 2010
    Heiligendamm: Zugang zu HIV-Medikamenten für alle Betroffenen bis 2010; zugesagt: 60 Milliarden US-Doller

    2. G8-Ist-Zustand: Rechentricks

    – Durchgesickerter Entwurf eines G8-Kommuniques: Die G8 bekräftigen noch nicht einmal die bestehenden Finanzierungszusagen – die sie allerdings sowieso nicht einhalten
    – Entwicklungshilfe eingebrochen; Deutschland trotz Steigerung um 800 Mio. an Platz 12 in Europa, gemessen an der Wirtschaftskraft 0,38 % vom BIP; auch Deutschland wird wortbrüchig werden
    – Gesundheitsversprechen: G8 debattieren jetzt darüber ob das Ziel der zugesagten 60 Milliarden innerhalb von 3, 5 oder 8 Jahren erreicht werden soll
    – das Beispiel von Michael Frein, # 13, wobei klarzustellen ist, dass die EU nicht mit G8 identisch ist, wohl aber ihre Handelspolitik. Deutschland und die EU zwingen den AKP-Staaten Handelsverträge auf, die für diese einer Marktöffnung gleichkommen. 300 Milliarden wurden aus den Sub-Sahara-Ländern abgezogen, ungefähr der gleiche Betrag floss als Entwicklungshilfe dorthin. Die internationale Handelspolitik (auch der EU) orientiert sich nicht an den entwicklungspolitischen Interessen Afrikas, sondern an den Exportinteressen der G8-Länder.

    3. Forderungen

    – Einhaltung der Zusagen im Streben nach nachhaltiger Entwicklung (s. Schluss von Karl Schilders Posting)
    – mehr globale Gerechtigkeit, Klimaschutz jetzt. Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen, Schutz der Urwälder, Ausbau der regenerativen Energien und der Energieeffizienz, Verzicht auf Atomkraft und Kohle

    4. Fazit

    G8 ist geprägt von der Selbstinszenierung der Mächtigen (Strandkorb, Pagode) und nicht daran interessiert, eigene Versprechen einzuhalten: „I red‘ bloß drüber“

    Zynischer Schluss frei nach Joachim: Also viel Spaß in Japan und weiter so. Denn je schneller wir auf eine globale Krise zusteuern (diesbezüglich machen die G8-Mächtigen wirklich gute Arbeit), desto schneller werden wir alle gezwungen werden, uns umzustellen und zu verändern.

  21. Zum Schluss vielleicht ein Zitat von Hoimar von Ditfurth bzw.Martin Luther?

    Hätten wir alle ein Apfelbäumchen gepflanzt,wären diese Bäumchen ein stattlicher Wald von Milliarden Bäumen und manches CO2- und Hungerproblem wäre gelöst.

    Untertitel von Ditfurth’s Buch 1985:“Es ist soweit.“

  22. Hallo Bronski,

    können wir aus meiner Sicht gerne so handhaben wie in 20. vorgeschlagen. Bitte Text gerne kürzen.
    Und an BvG: Lassen Sie uns bei der G8-Clique anfangen. Wir brauchen Sie nicht, da Sie Teil der Probleme sind, und nicht Teile der Lösungen darstellen. Gute Ideen wachsen von unten. Da lohnt es sich, gemeinsam zu gärtnern. Besten Gruß

  23. Hier nun mein Entwurf für den Text. Die Endfassung muss heute, Dienstag, um 15 Uhr fertig sein. Ich habe alle Autoren per Mail und telefonisch informiert, dass sie einen Blick drauf werfen sollten. Erfolgt also hier nun kein Einspruch, werte ich dies als Zustimmung.

    Viel Spaß in Japan – und weiter so!

    Die Hoffnung, der G8-Gipfel von Toyako möge endlich Fortschritte bringen, ist naiv. Zu groß ist die Kluft zwischen dem, was zu tun wäre, und dem, was getan wird, zu groß die Unterschiede zwischen den Lippenbekenntnissen der G8-Mächtigen und dem, was davon umgesetzt wird. Dabei wäre es allerhöchste Zeit. Nicht nur hinsichtlich des Klimawandels.

    Im schottischen Gleneagles sagten die G8-Nationen 2005 zu, bis zum Jahr 2010 ihre Entwicklungshilfen für Afrika auf bis zu 25 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. 2007 tönte es aus Heiligendamm: Bis 2010 sollen alle Menschen Zugang zu Medikamenten zur HIV-Prävention bzw. –Eindämmung, zur Bekämpfung von Malaria und Tuberkulose bekommen. 60 Mrd. US-Dollar waren den afrikanischen Staaten südlich der Sahara versprochen. Zweimal 2010 – und zweimal wird nichts draus.

    Was die Gesundheitsversprechen betrifft, debattieren die G8 jetzt vor allem darüber, ob sie die zugesagten Mittel auf drei, fünf oder acht Jahre strecken. Womöglich in der Hoffnung, dass ein Teil der Bedürftigen dann tot ist? Doch neue Bedürftige werden nachrücken. Und in puncto Entwicklungshilfe nehmen die G8 in einem durchgesickerten Entwurf des Gipfel-Kommuniques über Entwicklung in Afrika davon Abstand, die Finanzierungszusagen von 2005 auch nur zu bekräftigen. Die Entwicklungshilfe ist 2007 in vier der G8-Staaten zum Teil drastisch eingebrochen. Japan hat den entsprechenden Etatposten um 30 Prozent reduziert, im G8-Durchschnitt sind es 14 Prozent weniger als in 2006. Deutschland folgt diesem negativen Trend noch nicht und will seine Entwicklungshilfe 2009 um rund 800 Millionen Euro erhöhen. Doch gemessen an seiner Wirtschaftskraft liegt der in absoluten Zahlen weltweit zweitgrößte Geber nur auf Platz 12 in Europa. Deutschlands Entwicklungshilfe-Quote stagniert damit bei etwa 0,38 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Will Deutschland das Ziel von 0,51 Prozent bis 2010 noch erreichen, klafft hier eine Finanzierungslücke von mehr als drei Milliarden Euro. Schon jetzt verlautet aus Regierungskreisen, dass dieses Ziel bereits 2009 in der Praxis unmöglich zu erreichen ist, selbst wenn die Bundesregierung erhebliche Mehreinnahmen aus der Versteigerung von CO2-Emmissionszertifikaten und neue Haushaltsmittel einrechnen würde. Schon im nächsten Jahr wird also auch Deutschland wortbrüchig werden. Dann helfen auch keine Rechentricks mehr; derzeit werden die Schuldenerlasse für Irak und Nigeria sowie die Kosten für ausländische Studierende in Deutschland eingerechnet.

    Die Zusagen der G8-Nationen sind Lippenbekenntnisse, nichts weiter. Am wenigsten geht es ihnen um Ziele der nachhaltigen Entwicklung. Denn genau das bedeutet Entwicklungshilfe heute: Investitionen in eine nachhaltige Landwirtschaft, in funktionierende Gesundheitssysteme und in den uneingeschränkten Zugang zu Bildungsangeboten für alle, damit wir die weltweite Armut überwinden und das Wachstum der Weltbevölkerung in den Griff bekommen. Das würde letztlich auch den Klimawandel beeinflussen: Hätten alle Menschen Zugang zu Verhütungsmitteln, könnten jährlich rund 76 Mio. Schwangerschaften verhindert werden.

    Worum es den G8 stattdessen geht, zeigt eine Rechnung der britischen Nichtregierungsorganisation Christian Aid. Danach haben allein die afrikanischen Länder südlich der Sahara in den vergangenen zwanzig Jahren 300 Mrd. US-Dollar verloren – eine Summe, die in etwa der entspricht, die diese Weltregion im gleichen Zeitraum an Entwicklungshilfe erhalten hat. Für die Industriestaaten ist Entwicklungspolitik damit eine Art Nullsummenspiel; nur wird das nicht eingestanden. Sie zwingen die afrikanischen Staaten mit Handelsverträgen und Strukturanpassungsmaßnahmen zu einer Politik der Marktöffnung. Im nächsten Schritt können die afrikanischen Volkswirtschaften mit den teils hochsubventionierten Produkten der Industrienationen nicht konkurrieren.
    Die internationale Handelspolitik orientiert sich also nicht an den entwicklungspolitischen Interessen Afrikas – um nur diesen Kontinent anzusprechen, der im Zentrum der G8-„Bemühungen“ steht –, sondern an den Exportinteressen der G8-Länder. Diese Handelspolitik erstickt entwicklungspolitische Erfolge vielfach bereits im Keim. Ähnlich verhält es sich im Kampf gegen HIV. Hier stärken die G8-Länder den globalen Patentschutz für Medikamente, deren Produzenten zu Monopolisten werden. Damit werden diese Medikamente so teuer, dass sie für die Armen in Afrika in der Regel unerschwinglich sind. So unterlaufen die G8-Nationen wissentlich genau die Ziele, die sie selbst in Heiligendamm gesetzt haben.

    Es geht nicht um Almosen für die Ärmsten der Armen, sondern um eine nachhaltige Entwicklung, die auch im Interesse der G8-Nationen ist. Es geht – mindestens – um die Einhaltung der eigenen Ankündigungen. Darüber hinaus um globale Gerechtigkeit, Klimaschutz, Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen, Schutz der Regenwälder, Ausbau der regenerativen Energien und der Energieeffizienz, auch um Verzicht auf Atomkraft und Kohle. Doch dieser Entwicklung stehen die G8 trotz selbsternannter Klimakanzlerin eher im Weg. Wie sagte der Delegierte Papua-Neuguineas zum Abschluss der UN-Klimakonferenz auf Bali gegenüber den USA: „Wenn Sie nicht vorangehen wollen, überlassen Sie das uns und gehen bitte aus dem Weg.“

    So aber ist G8 nichts weiter als die Selbstinszenierung des Clubs der Reichen. In Heiligendamm posierten sie im Strandkorb. In Toyako in einer Pagode? Ein G8-Gipfel ist ein bisschen wie „Waldis EM-Studio“ samt Waldemar Hartmanns kultverdächtigen Motto “I red’ bloß drüber”.

    Also viel Spaß in Japan – und weiter so! Denn je schneller wir auf eine globale Krise zusteuern – und diesbezüglich machen die G8-Mächtigen ihre Sache wirklich gut -, desto schneller werden wir alle gezwungen sein, uns umzustellen und zu verändern. Denn die G8 sind Teil des globalen Problems. Und nicht dessen Lösung.

    Verfasst von den Netzdetektiven Dr. Karl Schilder (Terre des hommes), Tobias Münchberger (Greenpeace), Michael Frein (Evangelischer Entwicklungsdienst EED), Dr. Joachim Milz (EED) mit Bronski

    —————–

    PS: Der Text ist möglicherweise zu lang. Das werde ich wissen, wenn ich ihn in den Karton einfließen lasse (das war Fachsprache 😉 ). Es kann also sein, dass noch Kürzungen nötig sind. Hier steht er aber trotzdem in einer vorläufigen Endfassung.

  24. Ich stimme dem Text zu, würde allerdings gerne noch den kleinen zarten Hinweis darin sehen, das es sich bei den – nicht erfüllten – Zusagen für Hilfen nur um einen Bruchteil dessen handelt, was von den gleichen G8-Staaten für Rüstung (und gegen den internationalen Terrorismus) ausgegeben wird. Ist Hunger kein Terrorismus? Allein die Gelder, die Deutschland in diesem Jahr für die wunderbaren superteuren und mit allen Schikanen ausgestatteten Fregatten vom Typ 125 für die Marine ausgegeben will, betragen mit 2,2 Mill. Euro mehr als ein Viertel des Entwicklungshilfe-Etats von 8 Milliarden Euro. Unser Rüstungsetat insgesamt ist fast 4x so hoch wie die Gesamtausgaben für Entwicklungshilfe. (Quelle: http://www.kriditsch.wordpress.de)

  25. Okay, Wolfgang, das baue ich noch ein. Bin gerade dabei, den Text zurecht zu machen. In etwa einer Stunde werde ich die Endfassung hier veröffentlichen.

  26. Hier die Endfassung:

    Die Hoffnung, der G8-Gipfel von Toyako möge endlich Fortschritte bringen, ist naiv. Zu groß ist die Kluft zwischen dem, was zu tun wäre, und dem, was getan wird, zu groß die Unterschiede zwischen den Lippenbekenntnissen der G8-Mächtigen und dem, was davon umgesetzt wird. Dabei wäre es allerhöchste Zeit. Nicht nur hinsichtlich des Klimawandels.
    Im schottischen Gleneagles sagten die G8-Nationen 2005 zu, [GRUNDTEXT]die Entwicklungshilfe für Afrika [/GRUNDTEXT]bis 2010 auf bis zu 25 Mrd. US-Dollar zu erhöhen. 2007 tönte es aus Heiligendamm: Bis 2010 sollen alle Menschen Zugang zu Medikamenten zur HIV-Behandlung, zur Bekämpfung von Malaria und Tuberkulose erhalten. 60 Mrd. US-Dollar waren den afrikanischen Staaten südlich der Sahara versprochen. Zweimal 2010 – und zweimal wird nichts draus.
    Was die Gesundheitsversprechen betrifft, debattieren die G8 jetzt vor allem darüber, ob sie die zugesagten Mittel auf drei, fünf oder acht Jahre strecken. Und in puncto Entwicklungshilfe nehmen sie in einem Entwurf des Gipfel-Kommuniques davon Abstand, die Zusagen von 2005 auch nur zu bekräftigen. Die Entwicklungshilfe ist 2007 in vier der G8-Staaten teils drastisch eingebrochen. Japan hat den entsprechenden Etatposten um 30 % reduziert, im G8-Durchschnitt sind es 14 % weniger als 2006. Deutschland folgt diesem negativen Trend noch nicht und will seine Entwicklungshilfe 2009 um rund 800 Millionen Euro erhöhen. Doch gemessen an seiner Wirtschaftskraft liegt der in absoluten Zahlen weltweit zweitgrößte Geber nur auf Platz 12 in Europa. Die deutsche Entwicklungshilfe stagniert bei etwa 0,38 % des Bruttoinlandprodukts. Will Deutschland das Ziel von 0,51 % bis 2010 noch erreichen, klafft eine Finanzierungslücke von mehr als drei Milliarden Euro. Schon jetzt verlautet aus Regierungskreisen, dass dieses Ziel bereits 2009 in der Praxis unmöglich zu erreichen ist. Im kommenden Jahr wird also auch Deutschland wortbrüchig werden. Dann helfen auch keine Rechentricks mehr; derzeit wird der Schuldenerlass für Irak und Nigeria sowie die Förderung ausländischer, in Deutschland Studierender eingerechnet.
    Die Zusagen der G8-Nationen sind Lippenbekenntnisse, nichts weiter. Am wenigsten geht es ihnen um nachhaltige Entwicklung. Genau das bedeutet Entwicklungshilfe heute: Investitionen in eine nachhaltige Landwirtschaft, in funktionierende Gesundheitssysteme und den uneingeschränkten Zugang zu Bildungsangeboten für alle, um die weltweite Armut zu überwinden und das Wachstum der Weltbevölkerung einzudämmen. Das würde letztlich auch den Klimawandel beeinflussen: Hätten alle Menschen Zugang zu Verhütungsmitteln, könnten jährlich rund 76 Mio. Schwangerschaften verhindert werden. Stattdessen gaben die G8-Staaten 2006 750 Mrd. US-Dollar für Rüstung aus. Deutschland hat für 2,2 Mrd. Euro vier Fregatten bestellt, für 864 Millionen zwei U-Boote.
    Worum es den G8 wirklich geht, zeigt eine Rechnung der britischen Nichtregierungsorganisation [PRESSE-KURSI]Christian Aid[/PRESSE-KURSI]. Danach haben allein die afrikanischen Länder südlich der Sahara in den vergangenen zwanzig Jahren 300 Mrd. US-Dollar verloren – eine Summe, die in etwa der entspricht, die diese Weltregion im gleichen Zeitraum an Entwicklungshilfe erhalten hat. Für die Industriestaaten ist Entwicklungspolitik damit eine Art Nullsummenspiel. Sie zwingen die afrikanischen Staaten mit Handelsverträgen und Strukturanpassungsmaßnahmen zur Öffnung ihrer Märkte. Doch die afrikanischen Volkswirtschaften können mit den teils hochsubventionierten Produkten der Industrienationen nicht konkurrieren.
    Die internationale Handelspolitik orientiert sich also nicht an den entwicklungspolitischen Interessen Afrikas – des Kontinents, der im Zentrum der G8-„Bemühungen“ steht –, sondern an den Exportinteressen der G8-Länder. Diese Handelspolitik erstickt entwicklungspolitische Erfolge vielfach bereits im Keim. Ähnlich verhält es sich beim Kampf gegen HIV. Die G8-Länder stärken den globalen Patentschutz für Medikamente, deren Produzenten zu Monopolisten werden. Damit werden diese Medikamente so teuer, dass sie für die Armen in Afrika unerschwinglich sind. So unterlaufen die G8-Nationen wissentlich genau die Ziele, die sie selbst in Heiligendamm gesetzt haben.
    Es geht nicht um Almosen für die Ärmsten der Armen, sondern um eine nachhaltige Entwicklung, die auch im Interesse der G8-Nationen ist. Es geht – mindestens – um die Einhaltung der eigenen Ankündigungen. Darüber hinaus um globale Gerechtigkeit, Klimaschutz, Schutz der Regenwälder, Ausbau der regenerativen Energien und der Energieeffizienz, auch um Verzicht auf Atomkraft und Kohle. Doch dieser Entwicklung stehen die G8 eher im Weg. Wie sagte der Delegierte Papua-Neuguineas zum Abschluss der UN-Klimakonferenz auf Bali gegenüber den USA: „Wenn Sie nicht vorangehen wollen, überlassen Sie das uns und gehen bitte aus dem Weg.“
    G8 ist nichts weiter als die Selbstinszenierung des Clubs der Reichen. In Heiligendamm posierten sie im Strandkorb. In Toyako in einer Pagode? Ein bisschen geht es zu wie in „Waldis EM-Studio“: „I red’ bloß drüber“. Also viel Spaß in Japan – und weiter so! Denn je schneller wir auf eine globale Krise zusteuern – und diesbezüglich machen die G8-Mächtigen ihre Sache wirklich gut –, desto schneller werden wir alle gezwungen sein, uns umzustellen. Die G8 sind Teil des globalen Problems. Nicht dessen Lösung.

    Dr. Klaus Schilder (Terre des hommes), Tobias Münchberger (Greenpeace), Michael Frein (Ev. Entwicklungsdienst EED), Dr. Joachim Milz (EED) und Wolfgang Fladung mit Bronski

  27. Lieber Bronski,

    in Deinem / unserem Text kommt der Klimaschutz zu kurz. Außerdem ist er noch ein bisschen trocken. Als Titel würde ich vorschlagen: „Mir red’n bloß drüber“.

    Inzwischen sind einige der Texte aus Toyako online, so auch der Text zu Umwelt und Klima:
    http://www.mofa.go.jp/u_news/2/20080708_143446.html

    Mit Hilfe eines „Taschenspielertricks“ wird wie bereits in Heiligendamm engagierter Klimaschutz simuliert. Es heißt dort, die G8 verfolge das Ziel, „mindestens 50% der globalen Emissionen bis 2050 zu senken“. Der Trick besteht darin, dass das Vergleichsjahr oder Basisjahr für diese Halbierung bewusst verschwiegen wird. Nach allem was wir dank des Weltklimarates IPCC wissen, wäre global mindestens eine 50%-Senkung bis 2050 ausgehend von den Emissionen von 1990 notwendig. Da seit 1990 die Emissionen jedoch weltweit erheblich gestiegen sind, reicht eine Halbierung der heutigen Emissionen bei weitem nicht aus. Die 50% von Toyako sind von daher ein Ziel, das Klimachaos sehr wahrscheinlich macht. Einschränkung: das kleine Wörtchen „mindestens“ vor der „50%-Senkung“ war in Japan heftigst umstritten. Offenbar haben sich die vier europäischen G8-Staaten wenigstens an dieser Stelle durchgesetzt und haben das „mindestens“ im Text halten können.

    Neben dem 2050-Ziel wären aber auch Ziele für 2020 für die G8-Staaten selbst wichtig gewesen. Auch hier Fehlanzeige.

    Die G8, die historisch gesehen für etwa 62% der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind, haben erneut darin versagt, Verantwortung und Engagement im Klimaschutz zu zeigen. Das beste an diesem G8-Gipfel war, dass es der letzte Gipfel mit George W. Bush war. Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel: Auf Italien 2009 mit Obama darf man wirklich gespannt sein.

    Beste Grüße

    Tobias Münchmeyer, Greenpeace

    (nicht Münchhausen, nicht Münchberger (wie Du schriebst), sondern einfach Münchmeyer

  28. @ Tobias

    Sorry wegen dem „Münchberger“. Hab das korrigiert. Danke für den Hinweis.

    “Mir red’n bloß drüber” ist als Überschrift über dem Dreispalter zu kurz. Ich hab jetzt gemacht: „Dann mal viel Spaß in Japan – und weiter so!“

    Stimmt, der Text ist ein wenig trocken. Er bringt halt viele Zahlen. Trotzdem hat er eine klare Tendenz. Hast Du konkrete Vorschläge?

    Ich schau mal gleich, wie der Klimaschutz im Text noch gestärkt werden kann.

  29. Vorschlag:

    Auch was den Klimaschutz angeht, agieren die G8 mit Taschenspielertricks. Sie visieren nun zwar eine Senkung der Emissionen um mindestens 50 Prozent an, verschweigen aber das Vergleichsjahr. Der Weltklimarat nimmt dafür 1990. Seitdem sind die weltweiten Emissionen rapide gestiegen. Wenn die G8 als Basisjahr nun 2008 setzen – dafür halten sie sich mit schwammigen Formulierungen alle Türen offen -, dann reicht eine Reduzierung von 50 % bis 2050 bei weitem nicht. Das Klimachaos ist vorpogrammiert.“ Die G8, für etwa 62% der globalen Emissionen verantwortlich, versagen beim Klimaschutz erneut.

    Ende

    Ich mache aber darauf aufmerksam, dass der Text insgesamt nicht die aktuellen Gipfelergebnisse analysiert, sondern die Politik der G8 insgesamt.

  30. Neue Fassung

    Die Hoffnung, der G8-Gipfel von Toyako möge endlich Fortschritte bringen, ist naiv. Zu groß ist die Kluft zwischen dem, was zu tun wäre, und dem, was getan wird, zu groß die Unterschiede zwischen den Lippenbekenntnissen der G8-Mächtigen und dem, was davon umgesetzt wird. Dabei wäre es allerhöchste Zeit. Nicht nur hinsichtlich des Klimawandels.
    Im schottischen Gleneagles sagten die G8-Nationen 2005 zu, [GRUNDTEXT]die Entwicklungshilfe für Afrika [/GRUNDTEXT]bis 2010 auf bis zu 25 Mrd. US-Dollar zu erhöhen. 2007 tönte es aus Heiligendamm: Bis 2010 sollen alle Menschen Zugang zu Medikamenten zur HIV-Behandlung, zur Bekämpfung von Malaria und Tuberkulose erhalten. 60 Mrd. US-Dollar waren den afrikanischen Staaten südlich der Sahara versprochen. Zweimal 2010 – und zweimal wird nichts draus.
    Was die Gesundheitsversprechen betrifft, debattieren die G8 jetzt vor allem darüber, ob sie die zugesagten Mittel auf drei, fünf oder acht Jahre strecken. Und in puncto Entwicklungshilfe nehmen sie in einem Entwurf des Gipfel-Kommuniqués davon Abstand, die Zusagen von 2005 auch nur zu bekräftigen. Die Entwicklungshilfe ist 2007 in vier der G8-Staaten teils drastisch eingebrochen. Japan hat den entsprechenden Etatposten um 30 % reduziert, im G8-Durchschnitt sind es 14 % weniger als 2006. Deutschland folgt diesem negativen Trend noch nicht und will seine Entwicklungshilfe 2009 um rund 800 Millionen Euro erhöhen. Doch gemessen an seiner Wirtschaftskraft liegt der in absoluten Zahlen weltweit zweitgrößte Geber nur auf Platz 12 in Europa. Die deutsche Entwicklungshilfe stagniert bei ca. 0,38 % des Bruttoinlandprodukts. Will Deutschland das Ziel von 0,51 % bis 2010 noch erreichen, klafft eine Finanzierungslücke von mehr als drei Milliarden Euro. Dieses Ziel ist bereits 2009 unmöglich zu erreichen ist. Im kommenden Jahr wird also auch Deutschland wortbrüchig werden. Daran werden alle Rechentricks nichts ändern.
    Auch beim Klimaschutz agieren die G8 mit Taschenspielertricks. Sie visieren eine Senkung der Emissionen um mindestens 50 Prozent an, verschweigen aber das Vergleichsjahr. Der Weltklimarat nimmt dafür 1990. Seitdem sind die Emissionen weltweit rapide gestiegen. Wenn die G8 als Basisjahr 2008 setzen – dafür halten sie mit schwammigen Formulierungen alle Türen offen –, ist das Klimachaos vorprogrammiert.
    Die Zusagen der G8-Nationen sind Lippenbekenntnisse, nichts weiter. Am wenigsten geht es ihnen um nachhaltige Entwicklung. Genau das bedeutet Entwicklungshilfe heute: Investitionen in eine nachhaltige Landwirtschaft, in funktionierende Gesundheitssysteme und den uneingeschränkten Zugang zu Bildungsangeboten für alle, um die weltweite Armut zu überwinden und das Wachstum der Weltbevölkerung einzudämmen. Das würde letztlich auch den Klimawandel beeinflussen: Hätten alle Menschen Zugang zu Verhütungsmitteln, könnten jährlich rund 76 Mio. Schwangerschaften verhindert werden. Stattdessen gaben die G8-Staaten 2006 750 Mrd. US-Dollar für Rüstung aus. Deutschland hat für 2,2 Mrd. Euro vier Fregatten bestellt.
    Worum es den G8 wirklich geht, zeigt eine Rechnung von [PRESSE-KURSI]Christian Aid[/PRESSE-KURSI]. Allein die afrikanischen Länder südlich der Sahara haben in den vergangenen zwanzig Jahren 300 Mrd. US-Dollar verloren – eine Summe, die in etwa der entspricht, die diese Weltregion im gleichen Zeitraum an Entwicklungshilfe erhalten hat. Für die Industriestaaten ist Entwicklungspolitik damit eine Art Nullsummenspiel. Sie zwingen die afrikanischen Staaten mit Handelsverträgen zur Öffnung ihrer Märkte, doch deren Volkswirtschaften können mit den teils hochsubventionierten Produkten der Industrienationen nicht konkurrieren.
    Die Handelspolitik orientiert sich also nicht an den Interessen Afrikas – das im Zentrum der G8- „Bemühungen“ steht –, sondern an den Exportinteressen der G8-Länder. Diese Politik erstickt entwicklungspolitische Erfolge vielfach bereits im Keim. Ähnlich beim Kampf gegen HIV. Die G8-Länder stärken den globalen Patentschutz für Medikamente. Deren Produzenten werden zu Monopolisten. Damit werden diese Medikamente so teuer, dass sie für die Armen in Afrika unerschwinglich sind. So unterlaufen die G8 wissentlich die Ziele, die sie selbst in Heiligendamm gesetzt haben.
    Es geht nicht um Almosen für die Ärmsten der Armen, sondern um eine nachhaltige Entwicklung, die auch im Interesse der G8-Nationen ist. Es geht – mindestens – um die Einhaltung eigener Ankündigungen. Darüber hinaus um globale Gerechtigkeit, Klimaschutz, Schutz der Regenwälder, Ausbau der regenerativen Energien und der Energieeffizienz, auch um Verzicht auf Atomkraft und Kohle. Doch dieser Entwicklung stehen die G8 im Weg. Wie sagte der Delegierte Papua-Neuguineas zum Abschluss der UN-Klimakonferenz auf Bali gegenüber den USA: „Wenn Sie nicht vorangehen wollen, überlassen Sie das uns und gehen bitte aus dem Weg.“
    G8 ist nichts weiter als die Selbstinszenierung des Clubs der Reichen. In Heiligendamm posierten sie im Strandkorb. In Toyako in einer Pagode? Ein bisschen geht es zu wie in „Waldis EM-Studio“: „I red’ bloß drüber“. Also viel Spaß in Japan – und weiter so! Denn je schneller wir auf eine globale Krise zusteuern – und diesbezüglich machen die G8-Mächtigen ihre Sache wirklich gut –, desto schneller werden wir alle gezwungen sein, uns umzustellen. Die G8 sind Teil des globalen Problems. Nicht dessen Lösung.
    Dr. Klaus Schilder (terre des hommes), Tobias Münchmeyer (Greenpeace), Michael Frein (Ev. Entwicklungsdienst EED), Dr. Joachim Milz (EED) und Wolfgang Fladung mit Bronski

  31. So geht es, wenn Mensch aus Zeitgründen Zahlen nicht sorgsam kontrolliert. Bronski hat die Rüstungsausgaben der G8-Staaten für 2006 angegeben mit 750 Mrd. US-Dollar. Lt. SPIEGEL online v. 9.6.08 waren die Zahlen für 2007, für die G8-Teilnehmer von mir aus der Auflistung addiert, 824,5 Mrd., und lagen somit nochmals 10% über denen von 2006 (falls die Zahl für 2006 korrekt ist).
    Vielleicht liegt es aber auch daran, das die Zahlen teilweise in US-Dollar und teilweise in Euro genannt werden und da schon mal leicht was durcheinander geraten kann.
    Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,558520,00.html

  32. @ Wolfgang

    Den Ball spiele ich teilweise zurück: Der Text stand hier seit 14:40 Uhr online, und es wäre noch Zeit gewesen, die aktuellere Zahl einzupflegen. Hättest mich nur drauf aufmerksam machen müssen, so wie du um 12:22 ja, darauf aufmerksam gemacht hast, dass die Rüstungsausgaben rein sollten. Tja, das ist schade, dass wir die aktuellere und höhere Zahl nicht drin hatten.

    @ Robert

    Wie wär’s denn mit mitmachen? Stattdessen hinterher wohlfeile Sprüche absondern …

  33. Blauäugig in die Wolken geschaut:

    http://www.bundesregierung.de/

    „Die mittelfristige Finanzplanung sieht bis 2010 eine Steigerung der Verteidigungsausgaben auf rund 29,5 Milliarden Euro vor.“

    Da schlage ich die Eingliederung der Entwicklungshilfe in das Verteidigungsministerium vor, die sind offensichtlich fitter im Mittelbeschaffen
    Die Umwidmung der Entwicklungshilfe in „präventiv-pazifistische Maßnahmen“ wäre doch ein schöner Name für das Ziel, den Menschen vor Ort zu helfen, damit Konflikte gar nicht entstehen.

  34. Bronski, man kann meinen Kommentar auch als Vorschlag ansehen. Wieso liest man immer nur in Blogs etwas über den „Qualitätsjournalismus“, aber nie in den etablierten Medien selbst? Können sich so viele Blogger irren oder fehlt es da an Selbstkritik? Sind das nicht auch wichtige Impulse – aber was passiert?

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