Die Debatte über die Impfpflicht offenbart eine massive Vertrauenskrise

Wer Masern immer noch als Kinderkrankheit sieht, erkennt das Risiko nicht, dass in dieser Infektionskrankheit liegt. Es ist richtig: In Deutschland verläuft die Infektion in zwei Drittel aller Fälle „unkompliziert“, wie die Mediziner sagen. Symtome einer trockenen Bronchitis, Kopfschmerzen, geschwollene Lymphknoten, Ausschläge bis hin zu den berüchtigten Pusteln und vor allem Fieber bis 41 Grad – das ist der normale Krankheitsverlauf, und das ist das, was die Mediziner „unkompliziert“ nennen. Kompliziert wird es etwa dann, wenn Sekundärerkrankungen auftreten wie Durchfall oder Lungenentzündung, die den ohnehin angegriffenen Organismus schwächen. Bei uns in Deutschland führen Masern in einem von tausend Fällen sogar zum Tod, sagt das Robert-Koch-Institut. Die US-amerikanische Seuchenschutzbehörde CDC nennt drei von tausend. In Entwicklungsländern hingegen kann die Letalitätsrate bei bis zu 25 Prozent der Infizierten liegen. Die meisten Menschen sterben dort nicht an den Masern selbst, sondern an den begleitend auftauchenden Lungenentzündungen. Von weltweit 535.300 (geschätzt) Maserntoten im Jahr 2000 sank die Zahl bis 2010 auf 139.300, dies entspricht einer Senkung um 74 %

Diese Zahl, 25 Prozent, ist auch der Grund dafür, dass die Weltgesundheitsorganisation die Masern ausrotten will. Sie orientiert sich dabei am Beispiel der Pocken, die unter den „Big Five“ der Menschheitsgeißeln – außer den Pocken sind das Pest, Malaria, Influenza und HIV – der schlimmste Krankheitserreger waren und die heute als ausgerottet gelten. Dieser Erfolg wurde erreicht durch eine Impfpflicht, die in Deutschland von 1949 bis Ende 1975 bestand und von der WHO 1967 verbindlich vorgeschrieben worden war.

MasernDoch das waren andere Zeiten. In Deutschland hatten es autoritäre Einstellungen zwar zusehends schwerer, aber obrigkeitliches Denken war immer noch weit verbreitet, und so nahmen die Menschen vielfach hin, was verordnet wurde. Eine Impfpflicht heute, verordnet von oben, über alle Widerstände hinweg, welche Kritiker gegen ein solches Verfahren vorbringen?

2018 hat sich die Zahl der Masernfälle
in Europa verdreifacht. Darauf bezieht
sich auch der Bildtext hier rechts.

Es gibt Gründe für die Impfung und Gründe dagegen. Die Epidemiologen haben natürlich den Blick aufs große Ganze und argumentieren: Wenn es gelingt, eine Durchimpfung der Bevölkerung von 90 Prozent, besser 95 Prozent zu erreichen, kann der Erreger nicht mehr übertragen werden. Dann stirbt er aus. Gut, das wäre wünschenswert im Sinne einer globalen Gesundheit. Niemand braucht die Masern. Doch was hilft diese globale Sicht einem Zeitgenossen, der schon einmal Komplikationen nach einer Impfung erlebt hat, sei es am eigenen Leib, in der Familie oder im Bekanntenkreis, oder der auch nur davon erfahren hat und daher grundsätzlich kritisch eingestellt ist? Was hat er von einer masernfreien Welt, wenn er oder sein Kind möglicherweise unter Impffolgen zu leiden hätte? Bei Wikipedia heißt es dazu lapidar: „Die Verwendung der Masernimpfstoffe ist unter Medizinern unumstritten, wird aber von der Impfgegnerszene abgelehnt.“

Impfpflicht? Dazu gab es in der FR ein Pro und Contra: Gegen die Impflpflicht argumentierte Jan Sternberg in seinem Artikel „Der Zwang geht ins Leere„. Steven Geyer hingegen sagt: „Appelle allein helfen nicht„. Ich denke, man müsste versuchen, die Menschen mit Argumenten zu erreichen, auch wenn das sicher nicht bei allen gelingen wird. Aber es gibt ein grundlegendes Problem, das von dieser Debatte überlagert wird und das Rudolf Kohleick aus Taunusstein anspricht. Der folgende Gastbeitrag wurde leicht gekürzt auch im Print-Leserforum der FR veröffentlicht.

Die Debatte über die Impfpflicht offenbart eine massive Vertrauenskrise

Von Rudolf Kohleick

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Die ganz überwiegende Mehrheit der Eltern dürfte nicht darauf erpicht sein, ihre Kinder der Ideologie von generellen Impfbefürwortern oder Impfverweigerern zu opfern. Sie wollen schlicht das Beste für ihr Kind, und das heißt, im konkreten Einzelfall zu entscheiden, ob eine Impfung durchgeführt oder aus gesundheitlichen Gründen besser unterbleiben sollte. Auf solch sorgfältige Fürsorge hat jedes Kind einen Anspruch. Statistische Globalaussagen, dass Masernerkrankungen in der Gesamtbevölkerung schwerere Schäden verursachen als Impfungen, helfen da nicht weiter.

Wenn solche Eltern dann beim Robert-Koch-Institut lesen, dass geimpfte Mütter ihren Säuglingen einen schwächeren und kürzer vorhaltenden Nestschutz mitgeben als Mütter, die die Krankheit durchgemacht haben, und dass des weiteren heutzutage gerade die Säuglinge überdurchschnittlich oft erkranken, mag der Eindruck entstehen, dass Impfungen vielleicht doch nicht das allein und umfassend Seligmachende sind, als das sie dargestellt werden, und dass bei ihrer flächendeckenden Einführung neben der Gesundheitsfürsorge andere Motive wesentlich waren.

Wenn Eltern die Erfahrung machen, dass ihr Kinderarzt bei einer im Zuge der Impfung auftretenden Fieberattacke oder anderen Krankheitssymptomen jeden Zusammenhang mit der Impfung kategorisch verneint, und wenn sie aus den Medien von den Widerständen erfahren, die bis zur Anerkennung eines Impfschadens zu überwinden sind, relativiert sich vermutlich ihre Einschätzung von der Harmlosigkeit von Impfungen.

Wenn sie dann noch Problemfelder wie Igel-Leistungen, überflüssige Eingriffe, Schiebereien bei der Organtransplantation u.ä. vor Augen haben, könnten sie vermuten, dass im Gesundheitswesen umsatzmaximierende Erwägungen unzulässig hohen Einfluss erlangt haben. Das inzwischen mehrfach praktizierte Ausschlussverfahren per Impfpass, das unberechtigterweise auch all diejenigen ausschließt, die durch Durchmachen der Krankheit oder Stille Feiung hinreichend Schutz aufgebaut haben, andrerseits aber die übersieht, bei denen die Impfung wirkungslos blieb, kommt so in den Geruch, ein Druckmittel zu sein, das möglicherweise die gesetzliche Impfpflicht ersetzen soll.

Der Gesundheitssektor hat sich über einen langen Zeitraum in eine massive Vertrauenskrise hineingearbeitet. Hier sind beide Autoren (Pro und Kontra!) viel zu weit weg vom Puls des Volkes. In ihrer Fürsorge allein gelassene Eltern als „Impfmuffel“ zu diffamieren, die sich auf Kosten anderer „durchmogeln“ wollen oder „Horrorgeschichten von gravierenden Impfschäden im Hinterkopf haben“, vertieft das Misstrauen. So biegt man sich die Situationsanalyse zurecht, um „Die Impfpflicht muss her“ (Pro) oder ein „ja zur Bedingung von Kitas und Schulen, nur Kinder mit Impfschutz aufzunehmen“ (Kontra) als einzige logische Folgerung erscheinen zu lassen.

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3 Kommentare zu “Die Debatte über die Impfpflicht offenbart eine massive Vertrauenskrise

  1. Vertrauenskrise…ja, habe ich zu Medizin, Ärzten, Pharmazie…aufgrund meiner neg. persönlichen Erfahrungen…wie soll ich da noch Vertrauen haben?

    Impfungen…neg. Folgen genauso schlecht beweisbar wie meine neg. Erfahrungen mit Beschneidung? Es ist nicht anerkannt…beweise Schmerzen, Missempfindungen…unmöglich…

    Bei Impfung, mein Bruder wurde noch Pockenzwangsgeimpft…er wurde daraufhin massiv krank (war er bis dahin nie…), meine Mutter habe ihn über Tage nur getragen…zur gleichen Zeit wurde ein Mädchen aus einem Dorf weiter, das mit demselben Impfstoff behandelt wurde, auch massiv krank…es blieben schwerste Behinderungen zurück und verstarb einige Jahre später als Jugendliche…ein Zusammenhang mit der Impfung…konnte nie bewiesen werden…

    Der Impfstoff für Schweinegrippe…ist da inzwischen nicht der Verdacht im Zusammenhang mit später auftretender Narkolepsie? Wer sich damit impfen ließ, hat das lebenslange Risiko, daran zu erkranken?

    Wir haben anfangs unsere Kinder impfen lassen…sie zeigten auch alle massive Reaktionen, waren vorher Topfit…und danach lange kränklich…sorry, wir haben aufgehört, die letzten sind nicht mehr geimpft…das Risiko und der zu erwartende Nutzen…?

  2. Habe 2 Dokumentationen gesehen…eine über die Opioidsucht in den USA, eine andere über Todesfälle durch Psychopharmaka/Antipsychotika…wenn ich da sehe, wie die Pharmaindustrie für ihre Gewinnmaximierung echt über Leichen geht, Menschen nur noch Objekte sind, um sich an denen zu bereichern…macht das die „Impfindustrie“ auch? Geht es noch ums heilen, Menschen zu helfen…oder nur ums Geld?

    Mein Vertrauen ist weg…

    https://www.youtube.com/watch?v=mCQwpVYXgfc
    https://www.youtube.com/watch?v=BuWbg6bGfRg

  3. @ Martin Z.

    Ich bin erst mal froh, dass die Pocken so gut wie besiegt sind. Das damit verbundene nicht unerhebliche Risiko hat die jetzige Eltern- und Großelterngeneration auf sich genommen. Die Kinder und Kindeskinder können jetzt davon profitieren, welch ein Glück!

    Auch die Kinderlähmung habe ich als große Bedrohung in Erinnerung. Sobald mehrere Fälle auftraten, wurde unser städtisches Schwimmbad geschlossen. Mein Mann erkrankte als Kind schwer und musste für längere Zeit ins Krankenhaus. Die Schwester einer Mitschülerin behielt ein atrophisches Bein zurück. Wie erleichtert waren wir damals, als erst die Salk-Impfung und dann die Schluckimpfung eingeführt wurden. Jetzt tritt diese Krankheit kaum noch auf, vorausgesetzt, dass die Bevölkerung durchgeimpft ist.

    Noch einige andere Impfungen halte ich für unerlässlich, vor allem die gegen Tetanus, und ich habe meine Kinder umfassend impfen lassen.

    Ich begrüße den Fortschritt der Medizin auf diesem Gebuet und frische auch selbst regelmäßig meinen Impfschutz auf. Das mag daran liegen, dass in meinem Umfeld nie Impfschäden aufgetreten sind. Mir gibt der Gedanke, geimpft zu sein, Sicherheit.

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