Ihr Endgerät wird es Ihnen nachsehen!

Sind wir auf dem Weg in den Überwachungsstaat? Plötzlich halten alle das Vorgehen Südkoreas zur Eindämmung von Sars-CoV-2 für vorbildlich. Das Land hatte massenhaft Handydaten ausgewertet, um Infektionsherde und -ketten zu erkennen und – und zwar ohne Einwilligung der Eigentümer dieser Daten. Etwas Ähnliches schwebt Experten jetzt offenbar für Deutschland vor. Allerdings mit freiwilliger Teilnahme, heißt es derzeit. Die „Corona-App“ auf dem Handy würde seinen Besitzer warnen, wenn er Kontakt zu einem Infizierten hatte. Er könnte sich dann in vorbeugende Quarantäne begeben oder sich testen lassen, wobei Letzteres allerdings erst nach einer Weile sinnvoll wäre, da die Infektion nicht sofort nach dem Infektionsgeschehen nachweisbar ist.

Angeblich lassen sich die Verbindungsdaten so weitgehend anonymisieren, dass sie keiner Person mehr zugeordnet werden können. Wer’s glaubt! Und was könnte man mit dieser Technologie sonst noch anfangen? Mal unterstellt, die Bundesrepublik wäre keine stabile Demokratie, sondern eine „Demokratur“ wie Ungarn, und eine Regierungschefin Merbàn wüsste gern, wann und wo welche Kritiker ihres Regimes sich getroffen haben – da hätte sie ihr Überwachungsinstrument. Unter anderen Vorzeichen und mit anderen Kriterien, doch das Vorgehen wäre dasselbe. Ersetze einfach die Eigenschaft „Infizierter“ durch „Regimekritiker“. Nicht auszudenken!

Berichterstattung zum Thema in der FR: „Ist die Corona-App die Lösung?“, Pro und Kontra im FR-Tagesthema vom 31. März

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Die Coronavirus-Pandemie – Eine Übersicht

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Balken 4Rücksichtnahme statt Massenüberwachung

Die Diskussion um Massentests und Handy-Ortung ist meinem Eindruck nach ein Ablenkungsmanöver, weil man zurzeit weder die Tests noch die Handydaten sinnvoll auswerten kann. Zudem erklären die Virologen, dass wir Corona in der jetzigen Form erst loswerden, wenn der größere Teil der Bevölkerung Immunität erworben hat. Es ist also gar nicht mehr sinnvoll, jeden einzelnen Fall zu verfolgen.
Der Flaschenhals in der Krise ist doch die Schutzkleidung! In den Altenheimen ist das Problem schon angekommen. Ein infizierter Pfleger, und schon sterben die Bewohner, und das Pflegepersonal wird krank. Nun droht dieselbe Misere auf die Krankenhäuser überzugreifen. Eigentlich stehen „Hessens Kliniken in den Startlöchern“ (FR Frankfurt Rhein-Main 28.03.2020 S.1), um mehr Corona-Kranke zu versorgen. Aber es steht praktisch keine Schutzkleidung zum Wechseln zur Verfügung. Wenn also mehr Infizierte in Kliniken ankommen, ist damit zu rechnen, dass sich Patienten und Klinikpersonal unkontrolliert gegenseitig anstecken.
Der Flaschenhals Schutzkleidung könnte unser Gesundheitssystem an einen Kipppunkt bringen. Eine zunehmende Zahl an Krankenschwestern und Ärztinnen nämlich könnte den Job unter derart unzumutbaren Arbeitsbedingungen hinschmeißen, um sich in Zeiten von Corona in Ruhe um die eigene Familie zu kümmern.
Mit der Begründung: Jedes Menschenleben zählt! werden Kontaktsperren, Shutdown und Menschenrechtsverletzungen gerechtfertigt und Reden gehalten, die vor Sozialromantik nur so triefen. Sagen wir doch einfach: Jede Atemmaske zählt!

Astrid Bremer, Frankfurt

fr-debatteÜberwachung ist nötig, Zuwendung nicht

Täglich steigt die Zahl der Corona-Infizierten. Es ist ruhig geworden auf den Strassen, die Menschen halten höflich Abstand und sind doch zugewandter geworden. Viel wird über den bestmöglichen Schutz für Alte, Schwache und Kranke nach gedacht. Die real existierenden Alten, Schwachen und Kranken haben aber derzeit richtig grosse Probleme. Sie leben in kosteneffizient verschlankten Pflegeheimen, liegen in lediglich per Pauschale abgerechneten Krankenbetten und warten vergeblich auf das Essen der Tafeln. Der Grund dafür ist einfach: es gibt nicht genug Personal für die Pflege (eindeutig zu kostenintensiv) und die ehrenamtlichen Helfer der Tafel (preiswerte Rentner) haben wahrlich gute Gründe in diesen Tagen zuhause zu bleiben. Alten- und Krankenpfleger positionieren sich deutlich -trotz Überstunden und mit Wut im Bauch- gegen Applaus und Ständchen vom Balkon, wenn sie nach ihrem Dienst totmüde nach Hause wanken. Sie fordern stattdessen dreist eine anständige Bezahlung und würdige Arbeitsbedingungen.
Christian Drosten, der Viren-Heiland der Nation, hat da eine viel billigere Idee. Wir laden uns alle eine Tracking-App aufs Handy, die jede Bewegung und Begegnung aufzeichnet und völlig unkompliziert Aufschluss über alle unsere Sozialkontakte gibt, natürlich verschlüsselt! Funfact am Rande: alles, aber auch alles kann gehakt werden und genug Kontrolle über unsere Daten haben wir schon lange nicht mehr. Die Idee könnte aber ein Kassenschlager werden, wenn genug mitmachen. Alle Anderen sind dann eben verantwortungslos. Und kaufen bestimmt auch nicht für die alten Nachbarn mit ein.
Also werden weiterhin erschöpfte Pflegekräfte zu den neuen Superhelden deklariert und finanziell im Regen stehen gelassen. Der öffentliche Raum benötigt viel dringender effiziente Überwachung als dass im privaten Raum Zeit und Geld für würdigere Formen der Zuwendung geschaffen würden.
Corona ist eine Herausforderung. Eine für den Charakter, nicht für Massenüberwachung. Wenn Sie das nächste Mal aus dem Supermarkt kommen und da sitzt ein Obdachloser, geben Sie ihm oder ihr etwas Geld. Das ist Solidarität mit den Schwachen. Ihr Endgerät wird es Ihnen nachsehen.

Susanne Alpers, Frankfurt

fr-debatteHeiße Luft, angeblasen von Nerds

Die Pro-Contra-Diskussion läuft in die falsche Richtung! Wie die Pro-Vertreterin richtig aufführt, lässt sich das Datenschutzproblem mit der Bluetooth-Technik lösen. Doch was hilft das? Ein Nerd wird erfahren, dass er einem anderen Nerd begegnet. Ich habe – wie viele meiner Generation – kein Mobilphone… und was nun? Die Frage ist doch: wie viele Menschen – alt oder jung – laufen mit eingeschaltetem Mobilphone auf der Straße herum? Es wäre nötig, dass alle Menschen mit eingeschaltetem Mobilphone herumliefen und besagte App mit Bluetooth-Technik geladen hätten… sonst sind die Ergebnisse…. pfffffd…. lauter heiße Luft von Nerds angeblasen!

Carsten Dietrich Brink, Gauting

fr-debatteDie offene Datentür unserer Smartphones

Um die Funktionalität einer Corona-App zu aktivieren, muss diese mit dem Betriebssystem des Smartphones synchronisiert werden. Dieses Betriebssystem stammt entweder von Google (Android) oder von Apple (iOS), in seltenen Fällen von Microsoft. Es wird dem Nutzer kostenlos zur Verfügung gestellt. Als Gegenleistung akzeptiert dieser die Übermittlung von Trackingdaten an den Hersteller. Die sind zwar anonymisiert, können aber zusammen mit den vielen anderen, die das jeweilige Gerät produziert und die diesem immer zuzuordnen sind, zu einem Profil zusammengefügt und an Dritte verkauft werden. Ist der Nutzer besonders naiv und unterhält über das identische Handy Accounts bei weiteren Datenkraken wie Facebook, Instagram & Co, begibt er sich via Mobiltelefon faktisch in ein Glashaus, an dem sein Name und seine Anschrift stehen. Die Vorstellung, dass sich die offene Datentür eines Smartphones durch Bluetooth überlisten ließe, ist abwegig. Denn sämtliche Daten, auch die vermeintlich nur lokal gespeicherten, sind von denen, welche an der Anonymität ihrer Kunden kein Interesse haben, abrufbar.
Eine effiziente Mobilitätsüberwachung der Bevölkerung ließe sich nur mit einem persönlichen Sender erreichen, der den ursprünglichen Gesundheitsstatus enthält, Veränderungen registriert und den jeder Bürger (Frau, Mann, Kind) Tag und Nacht mit sich zu führen hätte und dessen Signale ausschließlich auf besonders gesicherten digitalen Wegen an staatliche Vireninstitute weitergeleitet würden. Von dort könnten vorläufige Einschätzungen und die Warnung gefährdeter Personen durchgeführt werden. Ein solches Verfahren ließe sich mit dem Datenschutz vereinbaren, falls es sich auf der Ebene ärztlicher Schweigepflicht bewegte.
Ich habe jedoch Zweifel, dass die deutsche Industrie zur kurzfristigen Konstruktion und Produktion derartiger Geräte in der Lage wäre. Deren Unvermögen zeigt sich bereits bei eigentlich simplen Atemschutzmasken. Die Innovationsfähigkeit der Maschinenbauer scheint über Abschalteinrichtungen bei Dieselmotoren nicht hinausgekommen zu sein.
Die Eindämmung der Corona-Pandemie lässt sich derzeit (bis zur Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen) nur durch Kontaktvermeidung und Hygiene (Händewaschen) erreichen.

Klaus Philipp Mertens, Frankfurt

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3 Kommentare zu “Ihr Endgerät wird es Ihnen nachsehen!

  1. Gleich mehrere Beiträge in der Ausgabe vom 7.12. beschäftigen sich mit dem Einsatz von Apps auf dem Smartphone, die der Eindämmung der Corona-Epidemie dienen sollen. Mit Skepsis zu betrachten ist der Bericht „Corona-App aus Dreieich: Infektionsketten per Handy verfolgen“. Dabei wird über eine App berichtet, die Bewegungsprofile erstellt angeblich sicher die Daten auf einem Server speichert. Viele der dort aufgestellten Behauptung der Firma sind schlicht haarsträubend.
    Zuerst einmal: Warum ist diese App nur über Apple und Google zu beziehen? Der App Store „F-Droid“, der nur quelloffene und auf Sicherheit hin geprüfte Apps vertreibt, wird nicht erwähnt. Statt dessen wird auf „Die Datensicherheit von Apple für IOS und Google für Android“ verwiesen. Interessant.
    Wichtiger aber ist, dass dies einer von vielen Vorschlägen ist, Daten auf einem zentralen Server abzulegen. Unter dem Gesichtspunkt „Datenschutz“ sind alle Vorschläge der Speicherung auf zentralen Datenbanken mit Skepsis zu betrachten. Denn: Wer kontrolliert die Server? Nach allen Erfahrungen, zuletzt mit dem Videokonferenzsystem „Zoom“, kann man den Betreibern solcher zentraler Digitalangebote nicht trauen. Wie sicher sind die Daten wirklich? Niemand kann garantieren, dass ein Crackerangriff immer und überall ausgeschlossen ist. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen: Kein System ist sicher.
    Daher sind auch die Pläne von Gesundheitsminister Spahn, Gesundheitsdaten zentral zu speichern, abzulehnen. Sie sind schlicht eine Gefahr für die persönliche Freiheit. Daten zentral zu speichern ist auch ein Vorschlag vom Leser Mertens. Seine anfänglich geäußerte Kritik an den Datenkraken ist vollkommen richtig. Aber die Überlegung, zentrale Datenverwaltung könne hier Abhilfe schaffen, führt in die Irre. Anstatt auf zentralisierte Datenhaltung zu setzen, sind dezentrale Verfahren, die die Persönlichkeitsrechte achten, weiter zu entwickeln. Dazu hat der Chaos Computer Club einen Kriterienkatalog entwickelt:
    „10 Prüfsteine für die Beurteilung von „Contact Tracing“-Apps“ (https://www.ccc.de/de/updates/2020/contact-tracing-requirements). An diesen Kriterien kann man das europaweite Projekt PEPP-PT beurteilen, das die Belange des Datenschutzes weitgehend berücksichtigen soll. Hier zumindest ist ein dezentraler, die Persönlichkeitsrechten achtender Ansatz gewählt worden.
    Und im übrigen bin ich der Meinung, dass eine informationstechnische Grundbildung viele der vorliegenden Vorschläge von verfolgenden Apps von vornherein als das erkannt hätte, was sie sind: Abzocke und Überwachung.

  2. Ich habe starke Bedenken bzgl. der Corona Bluetooth-APP. Bluetooth ist unsicher. Siehe Tech-Artikel hier (von 2020) https://www.datenschutz-praxis.de/fachartikel/bluetooth-angreifer-aussperren/ Schlussfolgerung aus dem Artikel: Richte ich mein Bluetooth gut geschützt ein, blockiert es die Corona-App (Ultimative Empfehlung: Ausschalten, wenn man es nicht braucht).
    1. Das Ziel Corona Kontakte zu ermitteln ist nur über Bluetooth realisierbar. Es kann also nur funktionieren, wenn bluetooth dauerhaft aktiv ist. Das ist ein elementarer Eingriff ins Betriebssystem bei Android/Apple.
    2. Bluetooth ist kein sicheres Protokoll. Kann gehackt werden. Insbesondere dann, wenn alle Hacker wissen, dass in Kürze 50 Mio Deutsche z.B. mit ständig aktiviertem Bluetooth auf der Strasse herumrennen.
    3. Praktisches Beispiel: Moderne Handys haben ein BT-Radius von ca. 30m. Das reicht aus um alle Handys z.B. im Supermarkt zu orten bzw. zu hacken. Dabei spielt es keine Rolle, wie die CoronaApp selbst programmiert ist was die Sicherheit oder die
    Anonymisierung der Daten angeht. Ich halte es für äusserst unwahrscheinlich, dass die ein Sicherheitspaket mitbringt, das mein aktiviertes Bluetooth im Sinne des o.g. Artikels abschottet.
    4. Die meisten Handys haben einen unzureichenden Viren/Hackschutz, das ist bekannt (im Vergleich zu PC-Systemem). Dieses Manko kann die App nicht ausgleichen. Die meisten User sind damit überfrodert.
    5. Grundsätzlich: Die Gewöhnung an staatliche Eingriffe – so einleuchtend das im Einzelfall erscheinen mag – geht in Richtung chinesischer Verhältnisse. Der Unterschied: Aber das ist doch freiwillig.!
    Der nächste denkbare Schritt: Alle Migranten bekommen eine Zwangsapp, die man nicht deaktivieren kann auf ihr Handy zur Überwachung. Argument: „Wir alle haben uns bei Corona ja auch offen gemacht.“
    6. Eigentlich wurden hierzu alle Argumente beim Thema Vorratsdatenspeicherung bereits ausgetauscht.

  3. Kürzlich schrieb Herr Carsten D. Brink, Gauting, in der FR treffend, dass nicht alle ein Smartphone besitzen, bzw. diese wegen begrenzter Akkulaufzeit auch nicht immer eingeschaltet sind. Damit wird ein großer Personenkreis leider nicht mit diesem Werkzeug erreicht, obwohl der Gesundheitsminister J. Spahn schon sehr früh diese Möglichkeit einer Corona-App ins Spiel gebracht hat.
    Wenn man zudem noch bedenkt, dass nach „Expertenmeinung“ die Dunkelziffer der Virenträger ca. 5 bis 10 mal höher sein kann als die nachgewiesenen Infizierten und eine geschätzte Einschaltquote der Smartphones von 50% vorliegt, dann liegt die Trefferwahrscheinlichkeit mit einer Corona-App bei ca. 5 %, maximal 10%.
    Bei dieser geringen Wahrscheinlichkeit, einem Infizierten zu begegnen, würde ich mich sehr unwohl fühlen, zumal die nachgewiesenen Infizierten sich sowieso in häuslicher Quarantäne aufhalten müssen. Die überwiegende Anzahl der symptomlosen Virenträger könnte mit einer App gar nicht erfasst werden.
    Daher halte ich das Tragen eines Mund-und Nasenschutzes bei Menschenansammlungen, z.B. beim Einkaufen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, verpflichtend für alle, in Verbindung mit Abstandhalten, für die wirksamere Methode, siehe Österreich, Jena, asiatische Länder usw.
    Warum das noch nicht in Deutschland, insbesondere in ausgesuchten Infektionsgebieten, vorgeschrieben ist, liegt auf der Hand: Die Bundesregierung hat nicht genügend Masken, obwohl die Vorsorge in einer Risikoanalyse (Bundestags-Drucksache 17/12051 vom Jan. 2013, FR v. 20.3.2020) beschrieben wird. Damals war unsere Kanzlerin schon im Amt!
    Offensichtlich haben viele Verantwortungsträger versagt, und Herr Spahn setzt meiner Meinung nach die falschen Prioritäten. Die Problematik wird mit Sicherheit noch intensiv diskutiert werden.

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