Was will die „Islamkritik“?

„Sie sollen Deutsche werden, sich schlicht und recht als Deutsche fühlen – unbeschadet ihres Glaubens und ihrer alten heiligen Erinnerungen, die uns Allen ehrwürdig sind; denn wir wollen nicht, dass auf die Jahrtausende germanischer Gesittung ein Zeitalter deutsch-jüdischer Mischkultur folge. (…) Es bleibt aber ebenso unleugbar, dass zahlreiche und mächtige Kreise unseres Judentums den guten Willen, schlechtweg Deutsche zu werden, durchaus nicht hegen. (…) Überblickt man alle diese Verhältnisse – (…) – so erscheint die laute Agitation des Augenblicks doch nur als eine brutale und gehässige, aber natürliche Reaktion des germanischen Volksgefühls gegen ein fremdes Element, das in unserem Leben einen allzu breiten Raum eingenommen hat. Sie hat zum Mindesten das unfreiwillige Verdienst, den Bann einer stillen Unwahrheit von uns genommen zu haben; es ist schon ein Gewinn, dass ein Übel, das Jeder fühlte und Niemand berühren wollte, jetzt offen besprochen wird.“

Heinrich von Treitschke (1834-1896) in „Unsere Aussichten“,
Preußische Jahrbücher Band 44, 1879

Wiederholt sich Geschichte?

Denken Sie sich in diesem Zitat mal die Vokabeln „jüdisch“ bzw. „Judentum“ raus, ersetzen Sie sie durch „islamisch“ und „Islam“. Kommt Ihnen dann etwas daran bekannt vor? Das Zitat stammt aus der Zeit des Berliner Antisemitismusstreits vor gut 130 Jahren. Es ging damals um die Assimilation in Deutschland lebender Juden, um ihre vollständige Anpassung. Es könnte auch unserer Zeit entnommen sein, wenn man statt Judentum Islam setzte. Die gleichen Argumentationsmuster, die gleichen Topoi. Wiederholt sich Geschichte etwa doch?

In seiner Reaktion auf das Buch „Die Panikmacher. Die deutsche Angst vor dem Islam“ von FAZ-Feuilletonchef Patrick Bahners hat Henryk M. Broder auf Welt-Online geschrieben:

„Bahners ‚Streitschrift‘ über die ‚Panikmacher‘, die Angst vor dem Islam verbreiten, ist das Kamikaze-Unternehmen eines Intellektuellen, der keine Angst zu haben für eine Tugend hält.“

Ich habe „Die Panikmacher“ – hier ein Ausschnitt auf FAZ.net – gelesen, und ich habe nicht den Eindruck, als habe Patrick Bahners keine Angst. Er ist viel zu nachdenklich, um keine Angst zu haben. Er krakelt sie allerdings nicht heraus, und mit großer Wahrscheinlichkeit geht sie auch in eine andere Richtung als Broders Angst. Sie verbirgt sich in den Untertönen, in seiner Nachdenklichkeit, seiner Polemik, die mitunter lustvoll zupackt und dann natürlich wehtut. Bahners formuliert diese Angst indirekt ganz am Schluss seines Buchs:

„Nicht wie aus einem Munde, aber immer lauter ertönt es heute: Der Islam ist das Problem. Was wollen diejenigen, die diese Parole lancieren? Ralph Giordano und Henryk M. Broder sind redegewaltige Männer. Aber sie haben wohl kaum geglaubt, dass sämtliche Muslime deutscher Nationalität nach Lektüre der Autobiographie von Ayaan Hirsi Ali vom Glauben abfallen würden. Aber wenn nicht – was dann?“

Was will die „Islamkritik“?

Bleiben wir mal bei dem Treitschke-Zitat, überführen es in die heutige Zeit und beziehen es auf Muslime. Dann lese ich: Unleugbar hegten zahlreiche Muslime keinen Willen, Deutsche zu werden; die Reaktion des Volksgefühls darauf sei eine natürliche, da ein fremdes Element im deutschen Leben zu breiten Raum eingenommen habe; und endlich kann man offen darüber sprechen. Das sind die drei Eckpunkte auch unserer heutigen Islam-Diskussion:

  1. Muslime wollen sich nicht integrieren
  2. Sie sind (wegen ihrer Religion) ein fremdes Element, das natürlicherweise eine Abstoßungsreaktion provoziert
  3. Man durfte es nicht offen sagen, aber jetzt ist der Tabubruch endlich erfolgt

Wenn man freundlich bleiben will, dann sind das erstmal nur Thesen. Etwas unfreundlicher: Behauptungen. Oder treffender, aber ziemlich unfreundlich: Vorurteile. Oder aber sehr unfreundlich und damit auf Broder-Niveau: Tatsachen. Also gut, ein Kompromissvorschlag: Nennen wir sie Thesen. Das scheint mir am neutralsten.

Das Schöne an Patrick Bahners Buch ist, dass er sich mit diesen Thesen nicht lange aufhält. Sie sind quasi im Vorübergehen entlarvt: Topoi, Stereotypen, die von den Protagonisten der „Islamkritik“ unhinterfragt wieder und wieder verwendet werden und die nicht zur Kritik stehen. Bahner bestreitet keinen Moment, wie Broder es auf Welt-Online unterstellt, dass es Islamismus und islamistischen Terrorismus gibt, er widerspricht der Beobachtung nicht, dass es an manchen Schulen Probleme gibt – etwa mit dem Schwimmunterricht, aber auch mit Lernverweigerung u.a.m. – oder dass es Stadtteile gibt, die sich zu muslimischen Gettos entwickelt haben. Das sind Tatsachen, die er nicht infrage stellt. Er hinterfragt allerdings ihr reales Gewicht. Und zwar nicht rethorisch schäumend, sondern meistens schön sachlich. Bahners polemisiert nur dann, wenn er auf Polemik trifft. So lässt er Broder abblitzen als einen „Strategen des Meinungskampfes“, der mit den „Exzessen seines unermüdlichen Wortwitzes Bewunderung auf sich zieht wie ein Extremsportler“. Er attestiert ihm eine „Hingabe an den Krawall“: „Als Berserker der reinen, inkorrekten, hässlichen Wahrheit ist Broder das Idol in den Schattenboxclubs der Bloggerszene. Ein urbanes Publikum goutiert die artistischen Volten der maßlosen Polemik als symbolische Übersprungshandlungen einer zeitgemäßen Liberalität.“

Diese „zeitgemäße Liberalität“ schätzt Bahners in Wirklichkeit nicht als besonders liberal ein. Vor allem aber hält er sie für unreflektiert. Wer seine publizistische Reichweite seinen Fähigkeiten als Schlagzeuger oder Lautsprecher verdankt, der wird, statt nachzudenken, immer kräftiger auf sein Schlagzeug eindreschen und immer lauter in sein Mikrofon hineinschreien, um die erwünschte Reichweite zu erzielen; der ist daran gebunden, die Wünsche seines Publikums zu bedienen, und das natürlich immer neu, immer schriller und immer weniger um Diskurs bemüht. Diskurs? Was ist Diskurs? Nein, es geht ums Rechtbehalten.

Und ebenso wie die „Islamkritiker“ hat Bahners natürlich Recht. Immerhin legt er eine Streitschrift vor, die diesen Namen tatsächlich verdient, anders als vieles von Broder und Kelek und alles von Sarrazin, und es gelingt ihm locker, diese Burschen und Burschinnen der Leichtfertigkeit zu überführen. Dieses Wort kommt in seinem Buch zwar nicht vor; es würde wohl auch zu bedenkenträgerisch klingen. Aber es schwingt überall dort mit, wo er belegt, dass die Protagonisten der „Islamkritik“ sich nicht lange mit Widersprüchen aufhalten, sei es im Umgang mit Fakten oder mit der eigenen Biografie. Die Entdeckung, dass die Rechtbehalter nicht zwangsläufig wirklich Recht haben, ist das zweite Schöne an Bahners Buch.

Ein Beispiel. In einer Expertise von 2006 über die Teilnahme von muslimischen Mädchen am Schwimmunterricht schrieb Necla Kelek, Schwimm- und Sportunterricht finde an Schulen mit hohem Ausländeranteil „praktisch ohne weibliche Beteiligung statt“. Ein dramatisches Ergebnis! Bahners beschreibt, wie Frau Kelek zu diesem Ergebnis kam: „Am Telefon, erzählte Frau Kelek, habe sie von der Schulsekretärin der Moses-Mendelsohn-Schule in Berlin-Mitte erfahren, es würden keine Anträge mehr auf Befreiung (vom Schwimmunterricht) gestellt. Seit so viele Mädchen Kopftuch trügen, akzeptiere die Schule ohnehin, dass sie nicht zum Schwimmen kämen.“ Eine andere Schulleiterin bestätigte ihr, so lägen die Dinge überall an Schulen mit hohem Ausländeranteil. Daraufhin interpretierte Kelek die Erhebung der Berliner Schulverwaltung, „wonach im Schuljahr 2004/05 nur fünfzehn Befreiungsanträge gestellt worden waren, im Sinne ihrer These, förmliche Gesuche seien gar nicht nötig.“

Dabei steht in ihrer eigenen Expertise etwas anderes: An der Erika-Mann-Schule im Wedding, „Türkenanteill 55 Prozent“, müssen alle am Schwimmunterricht teilnehmen, „die Kopftuchträgerinnen trügen im Wasser eine Plastikhaube“. Ähnliches gilt für die Moses-Mendelsohn-Schule, deren Leiter sagte: „Schwimmen ist kein Problem. Ausnahmen sind mir nicht bekannt.“ Damit widersprach er der Schulsekretärin – doch die war nur eine Aushilfsssekretärin. Das Fazit der Studie: „Von ‚erheblichen Verweigerungsquoten‘ sei auszugehen. Frau Kelek forderte ein ‚einheitliches Meldesystem für Kulturkonflikte‘.“ Martin Spiewak, Zeit-Redakteur, hat die Kelek-Ergebnisse überprüft, indem er Stellungnahmen von Kultusministerien und Schulbehörden einholte, und kommt zu dem Ergebnis: „Die These vom breiten Unterrichtsboykott muslimischer Eltern scheint nicht haltbar.“ Der Vorwurf der bewussten Integrationsverweigerung von Muslimen sei mittlerweile „eine feste Argumentationsfigur in der deutschen Öffentlichkeit und Politik, stütze sich aber auf Vermutungen und Einzelbeobachtungen. „Aus Hamburg hörte Spiewak, die größten Schwierigkeiten habe man mit christlichen Fundamentalisten.“

Der Fundamentalismus der „Islamkritiker“

Streichen wir den letzten Satz dieser Kurzdarstellung, denn es soll nicht ums Aufrechnen gehen; damit würde man sich ja auf das Argumentationsmuster der Islamkritiker einlassen: Hier die Christen – „wir“ -, da die Muslime – „die“. Ein Drittel der deutschen Bevölkerung gehört keiner Konfession an, auch ich selbst übrigens nicht.

Bahners tut gut daran, nur selten von christlichem Fundamentalismus zu sprechen. Etwas häufiger spricht er von islamischem Fundamentalismus, und am häufigsten, denn das ist das Thema seines Buches, spricht er, auch wenn er es nicht so nennt, vom Fundamentalismus der Islamkritiker. Dem Fundamentalismus der Panikmacher.

Necla Kelek, das zeigte das Beispiel oben, hat zu früh aufgehört nachzuhaken. Der Verdacht lautet: Sie hat in ihren Anfragen bestätigt bekommen, was sie vermutet hatte oder, etwas schärfer formuliert, was sie bestätigt haben wollte. Eine vorletzte Wahrheit, wenn man so will, die aber gut mit der letzten Wahrheit korrespondierte, die sie schon kannte. In anderer Hinsicht hat sie früher mehr nachgehakt, es dann aber sein gelassen: Bahners weist groteske Widersprüche zwischen Keleks Doktorarbeit und ihrem daraus entstandenen Buch „Die fremde Braut“ nach. Widersprüche, die Kelek später mit der Erwartungshaltung ihres Doktorvaters begründete, die sie nicht enttäuschen wollte, obwohl sie schon damals eigentlich anderer Meinung war.

Henryk M. Broder dagegen hat überhaupt nicht nachgehakt. Sonst wäre ihm ein bestimmtes Detail nicht entgangen – ein Detail namens Dementi. Das Prinzip „Stille Post“ ist Ihnen bekannt? Man tuschelt dem Nachbarn was ins Ohr, der tuschelt es weiter, und am Ende der Runde freuen sich alle, was dabei herausgekommen ist. In diesem Fall etwas schön Islamkritisches. Man ahnt es schon: Der Fall hat eher Anekdotencharakter. Es geht um das legendäre „Sparschweinschlachten“, dem Bahners ein kleines Kapitel widmet – zweites Beispiel.

Die britische Regionalzeitung Lancashire Evening Telegraph hatte am 21.10.2005 unter der Überschrift „‚Anstößige“ Sparschweine werden geschlachtet“ berichtet, dass aus Rücksicht auf muslimische Kunden Sparschweine aus den Schaufenstern von Bankfilialen entfernt worden seien. Der Daily Express übernahm die Nachricht, verbreitete sie um die Welt und bewirkte, wie Bahners schreibt, dass sich „Blogger, Radiomoderatoren und andere Knallbonbondealer“ mit der bedrohten Tierart solidarisiert hätten. Doch als der Guardian bei den Banken, um die es ging, nachfragte, erfuhr er, dass die eine schon seit Jahren keine Sparschweine mehr als Werbemittel verwendete und die andere gerade eine Anzeigenkampagne mit einem Sparschweinmotiv gefahren hatte. Elf Monate nach dem Dementi verbreitete Ayaan Hirsi Ali die „Legende vom Sparschweinmassaker“ weiter, und Broder brachte sie Anfang Februar 2007 „noch einmal in einem Videoblog unters Fanvolk“. Stefan Niggemeier stellte die Sache richtig, doch zwei Wochen später folgte „zur Warnung vor der ‚Verharmlosung des Islam'“ eine Warnung der eher unbedeutenden Ulrike Ackermann: „In Großbritannien werden die Sparschweine aus den Banken geräumt, weil sie die religiösen Gefühle der Muslime verletzen könnten, die im Schwein ein unreines Tier sehen.“ Ihr „Lob der Dissidenz“ verlinkte sie auch auf Broders Blog „Achse des Guten“, und da steht der Link zu Perlentaucher noch heute. (Hier zu Perlentaucher direkt.)

Bahners will in „Die Panikmacher“ keine Anekdoten erzählen, aber er tut es zum Glück hin und wieder trotzdem. Das Buch ist auch so schon streckenweise recht trocken, vor allem an den Stellen, wo es um positive und negative Glaubensfreiheit und in diesem Zusammenhang um das „Kopftuchurteil“ des Bundesverfassungsgerichts geht. Eine schwierige Materie. Damals wurde das Kopftuch der Fereshta Ludin im Sinne einer Ausweitung der negativen Glaubensfreiheit jener Schülerinnen und Schüler gewertet, die es erblicken mussten; das Urteil behauptete eine „Zwangslage in der Schule“. Artikel 4 des Grundgesetzes gewährleiste „auch die Freiheit, kultischen Handlungen eines nicht geteilten Glaubens fernzubleiben“ und dehnte (nach Bahners) „diese klassische Definition der negativen Glaubensfreiheit“ im folgenden Halbsatz aus: „das bezieht sich auch auf Kulte und Symbole, in denen ein Glaube oder eine Religion sich darstellt“. Bahners fragt: „Was gibt es denn für Kulte, in denen sich die jeweilige Religion nicht darstellt?“ So habe auch das Gericht anerkennen müssen, dass in „einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensrichtungen Raum gibt“, niemand ein Recht darauf habe, „von fremden Glaubensbekundungen, kultischen Handlungen und religiösen Symbolen verschont zu bleiben“.

Man merkt: Bahners setzt sich mit den Unschärfen des Urteils detailliert auseinander. Hier blitzt sein eigentliches Motiv auf, hier gewinnt er an Tiefenschärfe, und man merkt, worum es ihm geht: Er sorgt sich um die Liberalität unserer Gesellschaft. Um ihren Zustand, ihre Verfasstheit, um das Grundgesetz. Stehen die „Islamkritiker“ überhaupt noch auf dem Boden dieses Grundgesetzes, wenn sie jeden Verständigungsversuch mit Muslimen als „Verrat“ brandmarken? Ist die Freiheit des Anderen noch die eigene Freiheit? Ist es tatsächlich so, dass, wie die „Islamkritiker“ behaupten, die Muslime ihren Anspruch auf Religionsfreiheit laut einfordern, oder ist es nicht eher so, dass ihnen diese Religionsfreiheit vom Grundgesetz her ganz einfach zusteht, ohne dass sie sie einfordern oder verteidigen müssten, und dass sie sie meistens eher im Stillen ausüben, wie es für religiöse Rituale üblich ist? Und ist nicht gerade dies wiederum etwas, was ihnen vorgeworfen wird, weil sie sich zum Beten aus der Öffentlichkeit zurückziehen, in Moscheen, die misstrauisch beäugt werden, weil dort Sprachen gesprochen werden, die Deutsche nicht verstehen? Was können Muslime tun, damit das Misstrauen der Deutschen verebbt?

Auf die Minute genau am 11.9.2001, 8:46 Uhr in New York

Sie können zum Beispiel darauf verzichten, die Twin Towers in Schutt und Asche zu legen – könnte man jetzt mit Henryk M. Broder sagen, und das wäre eben das Niveau der Islamdebatte, die wir gegenwärtig überwiegend haben. Broder schreibt dies auch in seinem Welt-Online-Text „Vor dem Islam Angst zu haben ist eine Tugend„: In Bahners Welt sei

„es nicht der militante Islam beziehungsweise der Islamismus, der das friedliche Zusammenleben der Menschen bedroht, es ist die Spezies der ‚Islamkritiker‘ – lauter Panikmacher, Paranoiker und Politkasper, die sich aufgemacht haben, um eine so friedliche, harmlose und tolerante Weltanschauung wie den Islam in Verruf zu bringen. Er (Bahners) nennt viele Namen und zitiert viele Beispiele, nur eine Information verkneift er sich: wie die ‚Islamkritik‘ als Diskursgegenstand in die Welt gekommen ist. Dabei kann man den Zeitpunkt auf die Minute genau festlegen: Es war der 11. September 2001, um 8.46 Uhr New Yorker Zeit. Bis dahin beschränkte sich ‚Islamkritik‘ auf die Frage, ob man als Urlauber in Ägypten oder in Tunesien mehr für sein Geld bekommt.“

Broder irrt – hat er nicht recherchiert? Hat er das Buch, auf das er antwortet, nicht gründlich genug gelesen? Die „Islamkritik“ ist früher in die Welt gekommen. Wenn man sie nicht schon ansatzweise im Antisemitismusstreit der Kaiserzeit erkennen will, dann vielleicht in einer Ausgabe des Spiegel von 1973, Titelgeschichte: „Gettos in Deutschland: Eine Million Türken“. Der Artikel selbst, den Bahners zitiert, trug die Überschrift „Die Türken kommen – Rette sich, wer kann“ und beginnt mit einem Ortstermin: „Die Kneipe am Kottbusser Tor war mal echt Kreuzberg, Ecklage, Berliner Kindl, Buletten, Sparverein im Hinterzimmer. Heute rotiert am Buffet der Hammelspieß senkrecht, der Kaffee ist süß und dickflüssig, aus der Musikbox leiert orientalischer Singsang.“ Die erwähnte Kneipe hieß „Hisar“ – Festung. „Der Buschkowsky von damals hieß Günther Abendroth“, schreibt Bahners, „Bezirksbürgermeister von Kreuzberg. ‚Wenn das so weitergeht‘, zitiert ihn der Spiegel, ‚ersaufen wir einfach.'“ Im Kreuberger Urban-Krankenhaus seien schon ein Drittel der Neugeborenen „Kleinst-Türken“. Klingt das irgendiwe nach Sarrazin? Oh, welch Tabu-Bruch! 1973!

Das Argumentationsmuster ist also alt, und es hat nichts mit 9/11 zu tun. Der idyllische Sparverein im Hinterzimmer ist inzwischen Geschichte, nicht nur in Kreuzberg. Die Topoi der Islamkritik sind es nicht. Sie feiern immer wieder fröhliche Urständ, sie erweisen sich als resistent gegen alle Einwände – denn Ihre Religionskritik weist selbst religiöse Züge auf. Sie sind ein Glaubenssystem. Alle Kritik wird von ihr, wie Broder das oben vormacht, mit wortgewaltigem, aber inhaltsleerem Getöse abgeschmettert. Sie will nicht am Diskurs teilnehmen, denn sie behauptet eine Wahrheit, und über Wahrheiten diskutiert man nicht. Sie ist das, was sie den Muslimen quasi in Sippenhaft vorwirft: fundamentalistisch.

Wen auch immer Bahners sich vornimmt – es bleibt nicht viel von ihm übrig. Neben den bereits genannten Namen dürfen auch Alice Schwarzer, Kristina Schröder, Armin Laschet, Ralph Giordano und andere auf Tauchstation gehen – und auch Thilo Sarrazin, der „im Gestus des nackten Positivismus phantastische Literatur“ produziere. Wovon aber etwas übrig bleibt, das ist die Ahnung von einer Bundesrepublik, wie sie einmal war, und von einer Leitkultur, wie sie sein müsste: orientiert am Grundgesetz mit seinen Werten von Religions- und Meinungsfreiheit und natürlich vor allem seiner Garantie der Menschenwürde. Die „Islamkritik“ dagegen behauptet, dass wir uns in einer Art Bürgerkrieg mit dem Islam befänden, in dem jeder Versuch eines Dialogs schon eine Kapitulation vor dem Islam darstellt. Sie behauptet es. Sie glaubt daran. Der Versuch, sie vom Gegenteil zu überzeugen, scheint sinnlos zu sein. Es geht ihr nicht um Verständigung. So bleibt am Schluss wiederum die Frage:

Was will die „Islamkritik“?

Bahners stellt diese Frage ans Ende seines Buchs, das eine Streitschrift ist und das „Die Panikmacher“ heißt. Will die „Islamkritik“ wirklich nur Panik machen? Was auch immer ich auf „islamkritischen“ Seiten lese, trieft oberflächlich von Hass und nochmals Hass, und darunter kommt Angst und nochmals Angst. Auch in Broders Welt-Text taucht der Begriff „Angst“ auf, als Tugend chriffriert: Man muss sich nicht dafür schämen, vor dem Islam Angst zu haben. Gewiss nicht. Vielleicht sollte man sich aber fragen: Warum habe ich Angst vor dem Islam? Persönliche Erfahrungen? Dann sollte man sich fragen: Kann man diese Erfahrungen verallgemeinern?

Bahners ist Feuilleton-Chef der konservativen FAZ, aber sein Buch ist nicht konservativ, es ist im besten Sinne liberal. Es fragt nach den Grundrechten, nach dem Zustand des Wertekanons unserer Republik und in diesem Sinne auch nach unserer Leitkultur, die es nicht religiös verortet, sondern an den universellen Menschenrechten festmacht. Das ist die Sorge Patrick Bahners: Was bedeuten diese Menschenrechte heute noch? Sind sie immer noch universell?

Angst, Angst, Angst. Das ist das Generalmotiv der „Islamkritik“, auch wenn sie sich angriffslustig gibt und so davon abzulenken versucht, dass sie sich in der Defensive fühlt. Warum ist das so? Ich habe eine Vermutung. Die Protagonisten der „Islamkritik“ können nicht mehr anders. Angst ist ihr Kapital. Sie leben davon, zu warnen und Angst und Panik zu verbreiten, denn als Publizisten haben sie sich auf das Genre „Islamkritik“ festgelegt. Ohne dieses wären sie nichts. Sie sind damit auch wirtschaftlich davon abhängig. Angst ist nicht nur ihre Pose, sondern ihr Lebensunterhalt. Sie haben ein Interesse daran, Angst zu verbreiten, denn sie leben davon, ganz handfest, in Euro und Cent. Ihr Kapital ist die Angst.

Festzustellen bleibt: Die „Islamkritik“ gibt keine Antworten. Sie prangert an, aber sie sagt nicht, wie es besser würde. Patrick Bahnert schreibt gegen Ende seines Buches, Thomas Steinfeld habe den „Islamkritikern“ die Frage gestellt, was eigentlich aus der – behaupteten – Unvereinbarkeit von Koran und Grundgesetz folge. Wenn sie das in Europa aus den konfessionellen Kriegen herausgewachsene System der Religionsfreiheit verwürfen, „den Aufstand der Toleranz der Mehrheit gegen eine Minderheit organisieren wollen und das Ende der Toleranz für den Islam verlangen – was geschieht dann, ganz praktisch betrachtet“? Er habe keine Antwort erhalten. Bahnert weiter: „Die Islamkritik hat keinen Anlass, Szenarien einer humanistischen Erneuerung des Islam im Bündnis mit solchen Kräften der weltlichen Klugheit zu entwerfen, wie sie zu den entscheidenden Trägern der Reformationen Luthers und Calvins gehörten. (…) Die Islamkritik ist die ins Apokalypitsche gesteigerte Neuauflage der Magnettheorie des Kalten Krieges.“

Einer von Heinrich von Treitschkes Gegenspielern in der Antisemitismusdebatte des Kaiserreichs war der große Historiker Theodor Mommsen. Er schrieb auf den eingangs zitierten Aufsatz Treitschkes, zitiert nach Bahners:

„Herr von Treitschke ist ein redegewaltiger Mann; aber er selbst hat doch wohl kaum geglaubt, dass auf seine Allokution hin die Juden nun, wie er es ausdrückt, sämtlich deutsch würden. Und wenn nicht, was dann? Ein kleines klares Wort darüber wäre nützlicher gewiesen als all die ziellosen großen. Nur so viel ist klar: Jeder Jude deutscher Nationalität hat den Artikel in dem Sinne aufgefasst und auffassen müssen, dass er sie als Mitbürger zweiter Klasse betrachtet, gleichsam als eine allenfalls besserungsfähige Strafkompanie. Das heißt den Bürgerkrieg predigen.“

Darf ich es sagen? Geschichte wiederholt sich eben doch.

Patrick Bahners: „Die Panikmacher. Die deutsche Angst vor dem Islam. Eine Streitschrift“. C.H.Beck München 2011

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84 Kommentare zu “Was will die „Islamkritik“?

  1. Was genau soll nun „Islamkritik“ sein, eine Form der Religionskritik?

    Die kritische Betrachtung religiöser Bestrebungen in den weltlichen Bereich hinein ist im, auch nur ansatzweise, säkularen demokratischen Rechtsstaat Pflicht.

    Allein um jeder dieser Erscheinungsformen die notwendigen klaren Grenzen zu setzen. Und klarzumachen das es dabei für niemanden Sonderrechte geben kann, bzw. diese abzuschaffen um dem staatl. Neutralitätsgebot gerecht werden zu können.

    Aber zu dem Herren,

    mit seinem Elaborat reiht sich nun Herr Bahners in die Liste der Ärgernisse unserer Zeit ein; als Antipode zu den von ihm teilweise zurecht kritisierten Personen ist er, um seine eigene Kritik aufzugreifen so eine Art invertierter Broder mit etwas Sarrazin.

    Und damit hat er auch so seine Schwierigkeiten mit dem Artikel 4:

    „So habe auch das Gericht anerkennen müssen, dass in “einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensrichtungen Raum gibt”, niemand ein Recht darauf habe, “von fremden Glaubensbekundungen, kultischen Handlungen und religiösen Symbolen verschont zu bleiben”.“

    Zu diesem Sachverhalt bleibt er leider im Ungefähren.

    Es bleibt festzuhalten:

    Religionsfreiheit ist keine Narrenfreiheit

    Als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, und damit einer „unangreifbaren Legitimation“ darf und kann Religion nicht zu mehr als ihrer freien Ausübung dienen. Jedwede Ausflüsse die darüber hinaus in Ansprüchen gegenüber Dritten münden sind schon im Ansatz ein Dekonstruktionsversuch der FDGO und damit mindesten latent verfassungsfeindlich.

    Es ist an sich zu begrüßen, dass es auch der Einsicht von Herr B. vergönnt war zu bemerken das sich eben aufgrund der Positiven Religionsfreiheit hier jeder Mensch zurechtlegen kann was er glaubt oder nicht, das geht eben niemand sonst etwas an.
    Nur steht diese Erkenntnis doch im, bahnerstypischen, eklatanten Widerspruch zu der Forderung nach Sachlichkeit.
    Das dabei im Kommentar von Bahners eine GG – feindliche Bestrebung zum „Verständigungsversuch“ mutiert, ist Herrn B. durchaus anzulasten; steht er denn damit noch auf dem Boden des GG?

    Denn es kann nicht sein erst mal Neutralitätsansprüche zu erheben, was zu begrüßen ist, und dann gewissermaßen weltliche Entwicklungshilfe zu fordern; warum?

    Bahnert lässt genau die Antworten vermissen, die er von anderen einfordert, damit bleibt er was er war; ein Ärgernis!

    Das ist schließlich keine beliebige Verhandlungsmasse! Denn die negative Religionsfreiheit darf genauso absolut gelten wie die positive!
    Die „german Angst“ ist wirklich ein Witz, nur Herr B. profitiert als löungsfreier Trittbrettfahrer auch davon.

    Mfg Karl Müller

  2. Karl Karl,

    wer hat Sie bloß so konditioniert?

    zu Ihrer Frage:
    Ich denke es waren anfangs meine Freunde, die aus allen Teilen der Welt kommen,
    meine Eltern, die mich gelehrt haben Menschen ihrer selbst wegen zu schätzen,
    mein Studium,
    meine persönlichen Erfahrungen,
    meine literarische Recherche
    und schlussendlich meine feste Überzeugung…

    und wer hat Sie so konditioniert?

  3. @Bronski

    auch wenn ich von Necla Kelek nichts halte und ich denke, dass es witzig ist ihren Namen falsch zu schreiben ;-), wollte ich nur kurz darauf hinweisen, dass er im Artikel falsch geschrieben wurde (Ne“k“la heißt Ne“c“la)

  4. Sehr geehrte Sarah,

    Ihre Frage beantworte ich mit Verweis auf Ihre eigene Auzählung.

    Doch muß ich zugeben, es interessiert mich duchaus, was genau Sie zu „unterschreiben“ gedenken.
    Die in toto auch nicht wirklich erfreulichen oder gar konstruktiveren Hypothesen des Anti-Broder?

    Der, doch mit dme Sarrazenen und Broder mehr gemein hat als der geneigte, lösungsorientierte Leser ertragen mag?

    Verbleibe mit erheblicher Neugier auf Ihre Antwort.

    Karl Müller

  5. Ich unterschreibe ganz genau abschließende Aussage des Artikels…

    „Darf ich es sagen? Geschichte wiederholt sich eben doch“

    Für mich ist die Islamkritik ein einziges Anprangern und Herunterputzen…

    und in meinen Augen widerholt sich eine Ära, die man Deutschland noch heute anlastet. Auch meine halb-jüdische Oma meint, dass es den Anschein hat, als wären die Muslime nun das neue Feindbild.

  6. Sehr geehrte Sarah,

    für einen solchen Allgemeinplatz braucht es den Herrn Bahnert wirklich nicht.
    Bedauerlich ist allerdings das in diesem Zusammenhang jede Menge tatsächlicher Probleme im Orkus des Ideologisierens verschwinden und ein völlig zweckfreier Freund-Feind Mechanismus medial befeuert angeworfen wird. „Teile und herrsche“ drängt sich da gewissermaßen auf.

    Was die „Konditionierung“ angeht, die ist in Deutschland als Grundlage fast jedweden Unsinns ja so gut instrumentalisierbar, warum also verändern was den Parteienstaat schützt und ihm nützt.

    Schon das Bedürfnis mit dieser eigentlich absurden Debatte Religion irgendwie werten zu wollen muss scheitern, mangels Bezug im Sinne einer Vergleichbarkeit i.S. naturwiss. Quantifizierung und wegen der verbreitet eher mangelhaften Kenntnis der Grundrechte….

    Ein Teufelskreis den auch Herr Bahnert sehr subtil stabilisiert und davon profitiert, ziemlich widerlich, oder?

    Wie bereits bemerkt: Wer selbstkritisch hinschaut erkennt die Defizite auch ohne der Herrn B.,
    wer bloß seiner vermeintlichen Endeckung nachplappert ist genau dem Mechanismus zum Opfer gefallen der zur Wiederholung historischer Fehler geführt hat.

    Die Warnung, das der neue Faschismus mal als Antifaschismus daherkommen kann, passt dazu sehr gut.

    MfG Karl Müller

  7. ich brauche einen herrn bahnert nicht, um eigene thesen aufstellen zu können, diese habe ich bereits vor Jahren begonnen aufzustellen. Aber zu Zeiten eines Sarrazins und eines Broders, braucht es auch eines Bahnerts 😉

  8. Es ist die Verlogenheit in dieser Debatte, wie sie jetzt auch wieder von Bronski und seiner reflexartig antwortenden Kommentatorin Sarah eingebracht wird, die die Auseinandersetzung so unerfreulich, mühsam und fruchtlos macht.

    „Darf ich es sagen?“ (Bronski)

    Natürlich dürfen Sie es sagen. Wieso aber stilisieren Sie sich – in der ansonsten von Ihnen kritisierten Art – mit dieser Formulierung hier zum Märtyrer hoch, dessen Meinung unterdrückt oder tabuisiert würde?

    „Geschichte wiederholt sich eben doch.“ (Bronski, unterschrieben von Sarah)

    Erkennen Sie Ihre darin enthaltene argumentative Unredlichkeit? Glauben Sie wirklich, Geschichte könnte sich nur in einer Richtung wiederholen? Oder darf man zur Analogiebildung nur Ereignisse heranziehen, die weniger als, sagen wir mal, 100 Jahre zurückliegen? Den einen gestehen Sie zu, die erlittenen Angriffe des Westens mit den mittelalterlichen Kreuzzügen zu vergleichen, bei den anderen gilt Ihnen die Erinnerung an die Türken vor Wien oder die Eroberung Südwesteuropas als demagogisch. Die einen sollen unwidersprochen mit dem Begriff „Zwangsgermanisierung“ polemisieren dürfen, den anderen wirft man wegen des Begriffs „schleichende Islamisierung“ Hetze vor.

    [Exkurs]
    Dass man nicht immer auf das Mittelalter, das Tausendjährige Reich oder 9/11 schauen muss, zeigen andere Beispiele. Wer erinnert sich denn heute noch daran, was im April 2000 passiert ist? Da wurden auf der vor Borneo gelegenen Schildkröteninsel Sipadan in einer Nacht- und Nebelaktion Tauchtouristen durch Rebellen der Abu Sayaf-Gruppe auf die philippinische Insel Jolo entführt und dort monatelang unter schrecklichsten Bedingungen gefangen gehalten. Darunter war auch die deutsche Familie Wallert aus Göttingen. Gegen ein in der Höhe unbekanntes Lösegeld (man sprach von 21 Millionen Dollar) wurden die Gekidnappten wieder freigelassen.

    Schon vergesen: die Entführung und/oder Tötung von Touristen, Diplomaten, Rotkreuz-Helfern, NGO-Mitarbeitern in Algerien, Tunesien, Ägypten, im Jemen, im Irak (Archäologin Susanne Osthoff, Ingenieure René Bräunlich und Thomas Nitzschke, Hannelore Krause und ihr Sohn Sinan), in Afghanistan (Rüdiger Diedrich – getötet- und Rudolf Blechschmidt) – um nur einige zu nennen?
    [Ende Exkurs]

    Hier lebende Türken – genauer: türkische Staatsbürger inkl. der DoppelpassbesitzerInnen – sind stolz auf ihr „Heimat“land Türkei. Dann müssen sie sich allerdings auch an diesem Heimatland messen lassen. Dass es in ihrem Heimatland eine religiöse Säuberung ungeheuren Ausmaßes gegeben hat und immer noch gibt, sollte daher nicht unerwähnt bleiben. Aber hier rumpöbeln, wenn man – wie ich in einem anderen Thread schrieb – einer jungen kinderwagenschiebenden Frau mit freundlichen Worten die Tür aufhält. Dass Sarahs Beissreflex nicht das Verhalten des Migranten kritisiert, sondern mir erneut lauthals Rassismus vorwirft: erstaunlich, wie lange sie ihren Realitätsverleugnungspegel aufrecht erhält.

    Auf einer argumentativ ebenso unredlichen Ebene bewegen sich auch Sarahs sonstige Beiträge. Ihre „persönlichen Erfahrungen“, literarischen (?) „Recherchen“ und „schlussendlich [ihre] feste Überzeugung“ dürfen zwar zur Begründung ihrer Position herhalten, dasselbe gesteht sie anderen aber nicht zu.

    Auf Sarahs originelle Feststellung „bei all dem Wirrwar vergisst man, dass es sich bei all den Flüchtlingen, bei all den Türken,[…] um Menschen handelt […]“ hatte ich mit der Frage geantwortet: „Darf ich Sie übrigens daran erinnern, dass es sich auch bei “all den Deutschen”, auf die Sie so arrogant herunterblicken, um Menschen handelt?“ Leider konnte sie sich nicht dazu durchringen, auch mir (als „Rassist“, „Ausländerfeind“, „Islamophober“, „vom Sarrazinismus Befallener“ diffamiert) zuzugestehen, dass es sich bei mir ebenfalls um einen Menschen handelt.

    Ein weiterer Uralt-Trick der Unredlichkeit besteht darin, Sachverhalte umzudeuten. Aus „Sorge um“ wird „Angst vor“. Bronski und Sarah würden sich vielleicht als „glühende Verteidiger der Grundrechte“ bezeichnen, die die Sorge umtreibt, das Grundgesetz könnte ausgehöhlt werden. Das schmeichelt dem Ego. Aber man könnte sie, mit dem eigenen sprachlichen Umwidmungstrick, auch so bezeichnen: „von krankhafter Angst vor der Aushöhlung des Grundgesetzes zerfressen klammern sie sich hilflos an dessen Paragraphen“.

    Ein weiterer Trick wird aus der Kiste geholt. Zur Unterstützung der eigenen Position wird auf etwas Universelles zurückgegriffen – nämlich die Menschenrechte, schriftlich in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 fixiert. Dass es darüber hinaus eine ganze Menge Universelles gibt, nämlich jahrtausendealte – kulturübergreifende – Verhaltensweisen, wird galant ausgeblendet. Ein Teil der menschlichen Mimik zählt ebenso dazu wie gesellschaftliche Selbstbehauptungsmechanismen. Da wird auch hierzulande die Trommel für die Rechte der Amazonas-Indianer gerührt, damit sie ihre Kultur, ihre Mythen und Riten, ihre Sozialstruktur usw. gegen die weissen Siedler behaupten können. Prima, da bin ich dabei! Dass man dasselbe Recht aber den Bewohnern der 16 deutschen Bundesländer abspricht: versteh‘ einer diese Bewußtseinsspaltung.

    Dieselbe Blickverengung findet sich auch im Hinblick auf bi-ethnische/bi-kulturelle/bi-religiöse Ehen zwischen Deutschen und türkisch/arabischen Migranten, die ja relativ selten sind. Wenn es von türkisch/arabischer Seite dazu heisst: „Die Deutschen passen nicht zu uns und unserer Kultur!“ dann wird das als legitime kulturelle Präferenz akzeptiert. Tut dies ein Deutscher, erschallt sofort Sahras bekannter Ruf „Diskriminierung!“, „Rassist!“, „fremdenfeindlich!“.

    Um es mit einem abgewandelten Satz von Papa Heuss zu sagen: „Na, dann diskutiert mal schön!“

  9. Schnippsel, es würde aber auch Ihnen zur Ehre gereichen, Reflexe durch Reflexion zu ersetzen.

  10. @ Schnippsel #11:
    Sie sprechen mir aus der Seele.
    Erinnert sei auch an die Zerstörung der Buddha-Statuen von Bamiyan.

    @ Bronski:
    Ich habe leider zu wenig Zeit und daher nicht die Muse,
    einen längeren Aufsatz zum Thema Deutschenfeindlichkeit (der Deutschen) zu schreiben (wie von Ihnen einmal vorgeschlagen).
    Schnippsles Ausführungen (denen ich zustimme) wären jedoch ein möglicher Aufhänger.

    Ebenso einige Äußerungen (denen ich nicht zustimme)im geschlossenen Blog:
    „Mit Verstand ist das nicht zu erklären“
    von Stephanie Goldbach, Werner Engelmann, Jutta Rydzewski und Wolfgang Fladung.

  11. @11 Schnippsel

    Da hat es aber mal wieder so richtig gerummst bzw. geschnippselt. Um die Dinge nicht zu weit treiben zu lassen, möchte ich mich lediglich auf einen Absatz beschränken.

    „Ein weiterer Trick wird aus der Kiste geholt. Zur Unterstützung der eigenen Position wird auf etwas Universelles zurückgegriffen – nämlich die Menschenrechte, schriftlich in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 fixiert.“

    Aha. Wer sich also auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 beruft/bezieht, holt einen weiteren Trick aus der Kiste. Bevor Sie weiterhin so einen groben Unfug behaupten, sollten Sie sich mal eingehend mit Geist, Inhalt und Vorgeschichte dieser Erklärung beschäftigen. Übrigens, diese Erklärung lehnt sich ganz eng an das Grundgesetz, im Hinblick auf die Grundrechte, an. Was Sie eigentlich besonders freuen sollte, dass sowohl in der Erklärung als auch im Grundgesetz von Menschen, und nicht von Nationalitäten, Religionen, Kulturen, Riten und Gewohnheiten die Rede ist. Jegliche Fremdenangst, oder gar Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie, und ähnliches rassistisches Sarrazinatentum, ist also völlig fehl am Platze. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist ein hoch erfreulicher Zivilisationssprung, und sicher kein Trick aus irgendeiner Kiste.

    „Dass es darüber hinaus eine ganze Menge Universelles gibt, nämlich jahrtausendealte – kulturübergreifende – Verhaltensweisen, wird galant ausgeblendet.“

    Hier wird nix ausgeblendet, weder galant noch ungalant, sondern es werden Prioritäten gesetzt, und besser als mit der Allgemeinen Erklärung, wonach z.B. nicht das Recht des Stärkeren sondern die Stärke des Rechts zu gelten hat, kann das nicht geschehen.

    „Ein Teil der menschlichen Mimik zählt ebenso dazu wie gesellschaftliche Selbstbehauptungsmechanismen.“

    Vernunft, Verstand, Toleranz, Internationalität usw. usw. haben Sie bei Ihrer Aufzählung ganz vergessen.

    „Da wird auch hierzulande die Trommel für die Rechte der Amazonas-Indianer gerührt, damit sie ihre Kultur, ihre Mythen und Riten, ihre Sozialstruktur usw. gegen die weissen Siedler behaupten können. Prima, da bin ich dabei!“

    Prima. Es hindert Sie niemand daran weiter zu trommeln.

    „Dass man dasselbe Recht aber den Bewohnern der 16 deutschen Bundesländer abspricht“:

    Wer tut das und wer ist man? Mir werden in NRW diese Rechte z.B. nicht abgesprochen, ich würde das auch gar nicht zulassen. Aber wer weiß, was Sie unter „Kultur, Mythen und Riten, ihre Sozialstruktur usw. gegen die weissen Siedler“ so alles verstehen.

    „versteh’ einer diese Bewußtseinsspaltung.“

    In der Tat. Sie sollten Ihre also erklären. Übrigens, die umfassende Einführung ins Thema ist Bronski hervorragend gelungen. Besonders der nachfolgende Absatz trifft exakt ins Schwarze:

    „Angst, Angst, Angst. Das ist das Generalmotiv der „Islamkritik“, auch wenn sie sich angriffslustig gibt und so davon abzulenken versucht, dass sie sich in der Defensive fühlt. Warum ist das so? Ich habe eine Vermutung. Die Protagonisten der „Islamkritik“ können nicht mehr anders. Angst ist ihr Kapital. Sie leben davon, zu warnen und Angst und Panik zu verbreiten, denn als Publizisten haben sie sich auf das Genre „Islamkritik“ festgelegt. Ohne dieses wären sie nichts. Sie sind damit auch wirtschaftlich davon abhängig. Angst ist nicht nur ihre Pose, sondern ihr Lebensunterhalt. Sie haben ein Interesse daran, Angst zu verbreiten, denn sie leben davon, ganz handfest, in Euro und Cent. Ihr Kapital ist die Angst.“

    Aber auch den übrigen Text empfehle ich Ihnen noch einmal aufmerksam(er) zu lesen.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  12. @SchnippSchnapp…

    wenn ich Bronski recht gebe äußere ich das liebendgern als erste… bevor wieder hasstiraden folgen.

    „Auf einer argumentativ ebenso unredlichen Ebene bewegen sich auch Sarahs sonstige Beiträge. Ihre “persönlichen Erfahrungen”, literarischen (?) “Recherchen” und “schlussendlich [ihre] feste Überzeugung” dürfen zwar zur Begründung ihrer Position herhalten, dasselbe gesteht sie anderen aber nicht zu.“

    orientieren sie sich doch mal an der ausgangsfrage!
    Und ich gestehe den „sarrazinisten“ genauso viel oder genauso wenig zu wie sie mir!

    Oh schändlich, die deutschenfeindlich unter deutschen… stimmt nicht! Ich bin feindlich gegenüber jeder rechts angehauchten politischen äußerung und nicht feindlich gegenüber den anderen deutschen. Demgegenüber müssten Sie auch eine Deutschenfeíndlichkeit haben, den eher links angehauchten gegenüber.

    wie desöftern erwähnt, es gibt zwei Seiten… die Mitte (sage ich mal pauschal) gibt es nicht… denn diese würde Neutralität bedeuten und ich denke wir sind uns einig, dass es keine wirkliche neutralität in der politik gibt!

  13. Ich möchte mich kurz einschalten, um Schnippsels # 11 zu antworten.

    Lieber Schnippsel,

    Sie klingen verletzt. Ich bedaure das und möchte mich dafür entschuldigen, sofern das meine Schuld ist. Eine Debatte, die Verletztheiten in Kauf nimmt oder sogar zum Ziel hat, ist unfruchtbar und damit verschwendete Zeit. Mein Ziel war es ganz gewiss nicht, Sie zu verletzen. Allerdings spreche ich in meiner Bahners-Rezension Klartext: So habe ich das Buch gelesen, und ich denke, dass ich Bahners‘ Intention damit recht nahe komme. Ich habe damit einen Diskussionsbeitrag geleistet, der hoffentlich mehr leistet als der oben verlinkte Broder-Text. Das haben Sie in diesem Blog auch schon oft getan: Diskussionsbeiträge geleistet, allerdings eher im Sinne der „Islamkritik“. An anderer Stelle haben Sie sich auch schon mal von mir unter die „Sarazzin-Wutbürger“ verortet gesehen. Das musste vielleicht nicht sein.

    Wir haben eine Islam-Debatte, die an vielem krankt. Unter anderem, das habe ich in meinem Eingangstext aufzuzeigen versucht, an der Unredlichkeit der sich selbst so nennenden „Islamkritiker“, aber auch an den offenen Türen, die sie damit bei vielen Deutschen einrennen, die sich nicht fragen, warum diese Türen so weit offen stehen. Der Broder-Text, den ich oben verlinkt habe, ist ein Beispiel für die Arbeitsweise der „Islamkritiker“. Seine sprachliche Fertigkeit ist bewundernswert, seine inhaltliche Leere erschreckend. Keinerlei Argumente, nur Rhetorik. Broders aufgeblähte Emphase verursacht mir beinahe Durchfall. Dahinter steckt, und da hat Bahners absolut recht, ein Berserker. „Islamkritik“ auf Berserker-Niveau – was bringt uns das? Was bringt das Ihnen, Schnippsel? Außer dass Sie sagen könnten: Moslems sind Scheiße! oder Die sind schuld!, hätten Sie dadurch nichts gewonnen. Mit Verlaub: Das ist unter Ihrem Niveau. Oder geht es Ihnen einfach nur ums Rechtbehalten, so wie Broder?

    Sie sagen, ich stilisierte mich zum Märtyrer, attestieren mir argumentative Unredlichkeit; Sie sagen, mir würde ein Erinnern an die Türken vor Wien als demagogisch gelten; Sie führen mir meine Blindheit vor Augen, wenn ich beim Problem, dass wir in Deutschland mit den Moslems haben, die Probleme ausblende, die die Christen in der Türkei haben – auch wenn ich zu all dem nichts gesagt habe; und für all das haben Sie ein schönes Wort: „Realitätsverleugnungspegel“.

    Für mich ist die Frage: Wer verleugnet hier wirklich die Realität? Nein, bitte Schnippsel, ziehen Sie sich den Schuh nicht wieder an. Sie haben in verschiedenen Blog-Kommentaren eindrücklich eine Realität beschrieben, in der Muslime sich unverständlich verhalten. Grüßen nicht zurück, schlagen einem die Türen vor der Nase zu, verbergen ihre ohnehin verhüllten Frauen im Gebüsch und so weiter. Das war in der Vorab-Diskussion zum Blogtalk mit der Offenbacher Bürgermeisterin, wenn ich mich richtig erinnere. Sie haben da zwar auch Kontra gekriegt, aber das ändert nichts daran, dass es Probleme im Zusammenleben gibt und dass es Leute braucht, die auf diese Probleme hinweisen.

    Aber genau das tun diese „Islamkritiker“ nicht. Die Probleme, die es mit unseren Muslimen unzweifelhaft gibt, sind für diese „Islamkritiker“ lediglich Aufhänger zur Agitation – Broders hasserfüllte Antwort auf Bahners zeugt in meinen Augen davon, dass Bahners ihn genau da erwischt hat, wo es richtig weh tut. Broder sagt gar nichts Inhaltliches dazu, er haut nur drauf – mit einem zugegeben machtvollen Wortfurz. Genau das macht er bei jeder Gelegenheit, die sich ihm bietet, mit Muslimen.

    Wollen Sie sich damit gemein machen?

    Übrigens: Indirekt könnte man aus meinem Eingangstext ableiten, ich setzte Broder mit von Treitschke gleich. Das kommt mir nicht in den Sinn, und das will ich hier klarstellen. Was Broder absondert, ist eigentlich keiner Diskussion würdig. Viel spannender fand ich da das Spiegel-Streitgespräch zwischen Bahners und Necla Kelek.

  14. ich habe soeben das streitgespräch gelesen… auffällig ist mal wieder, dass sich Kelek, genau wie Sarrazin immer wieder in haltlose Argumente verstrickt. Die mädchen würden nicht zum Schwimmunterricht gehen dürfen bla bla… klar es gibt diese Fälle, allerdings sind sie selten. Komischer weise dürfen meine muslimischen Freundinnen ja auch mit Deutschen befreundet sein und schwimmen gehen… unsd das durften sie auch, als sie noch zur Schule gingen 😉

  15. Hallo Bronski,

    Zu Ihrer umfangreichen Antwort gibt es doch einige Entgegnungen zu machen. Zunächst die Frage nach der „Islam-Debatte“, gibt es diese in ernsthafter Form wirklich und sind thematischen Grenzen vorhanden?

    Hat sich nicht vielmehr eine „Diskussion“ über reale Missstände mit Befindlichkeitsfragen ins Ungefähre entwickelt und ist eigentlich fruchtlos?

    Jedweder Themenkomplex der Aufmerksamkeit generiert fällt auch schnell der politischen Unzucht zum Opfer, insbesondere wenn die konstruktiven Segmente dabei schnell untergehen. Damit kann jeder Interessent versuchen durch Medienpräsenz zu punkten und mit „Kritischen Analysen“ in Buchform Geld zu machen.

    Nur die eigentlich schon obsolete Frage: „Lähmt solcher Rummel nicht jeden Verbesserungsversuch?“, was mich aber dabei noch mehr verärgert: „Wird vor dem Hintergrund phänomenologischer Betrachtung und Kampf um die Deutungshoheit von Sachverhalten nicht verdrängt und vergessen gemacht wer in rechtklar definierbaren Einzelaspekten aus dem Problemkomplex die Verantwortung trug?“

    Als gutes Beispiel mag hier die Tolerierung des sich Einrichtens diverser Clanstrukturen, die nichts anderes darstellen als OK – Familienbetriebe, gelten. Diese Entwicklung wurde nämlich, in allen Fällen bemerkenswert ähnlich, gegen den dringenden Rat von LaPo und anderen Dienststellen sehr lange ignoriert, bis es dann zu spät war und sich im jetzigen Klima
    feste Strukturen etabliert haben. Hier haben unsere verantwortlichen Minderleisterorganisationen einfach aus Angst versagt, es werden sogar vereinzelt Vorwürfe erhoben solche Entwicklungen seien befördert worden.

    Für manche Dinge auf Bundesebene trifft das sogar zu, es sei nur an „ecolog“ erinnert, nicht nur was die Finanzierung angeht.

    Wer Broder ließt, weiß was er bekommt! Völlig leer ist sein Erguss zwar nicht, aber auch Polemik ist ein Stihlmittel. Niemand ist gezwungen daran festzuhalten.

    Die Frage nach dem „Recht behalten“ ist eine schwierige, denn da steht ja immer die Frage nach dem konkreten Zusammenhang dahinter. Als hilflose Kritik von Berufsrelativierern am kompromisslosen Festhalten am Bezugssystem der FDGO ist es ein Ärgernis,
    als berechtigte inhaltliche Frage nach möglicherweise unsauberen statistischen Erhebungen dagegen sehr berechtigt.

    Die ganze Form einer Pseudodebatte ist inhärent realitätsverleugnend. Werden doch sowohl Verallgemeinerungen wie auch sehr kritische Einzelfälle zu einem schwer verdaulichen Brei vermengt.
    Schon die Feststellung zu welcher Religionsgruppe eine als vermeintliches Problem erkannte Bevölkerungsgruppe zählt ist für sich schwierig und letztlich sinnlos. Der fruchtlose Versuch mit Korrelation Kausalitäten zu erklären, als NaWi bekomm ich dabei jedes Mal fast einen Herzanfall.
    Die gängige kriminologische Forschung zeigt sehr wohl das es Unterschichtenproblem zu sein scheinen und eben ein Teil der Straftäter sich nur die eigene, vermeintliche Religion als Hilfsmittel und Entschuldigung für konkrete Taten oder schlicht dissoziales Verhalten herauspickt. Ein Problem das sich auf der polizeilich repressiven Seite durchsaus rechtsstaatlich lösen ließ, wenn hier nicht die jeweilige Landespolitik ständig behindernd eingriffe. Anderenfalls bekäme aber so gut wie jede Partei ihr Fett weg, was Versagen angeht geben sich unsere Minderleisterorganisationen eigentlich nichts mehr.

    Lieber Bronski, es braucht nicht nur Menschen die auf entsprechende Probleme hinweisen, sondern auch Kräfte die das auf rechtstaatlicher Basis hinreichend lösen können. Die politisch retadierend verantwortliche Seite scheut hier Verantwortung und Kosten, denn die konsequente Durchsetzung der Öff. Sich. u. O. verlangt in eineigen Soziotopen eben nicht mehr bloß die Präsenz einer Schicht der SchuPo, es wären, der Beispiele mit Gefangenenbefreiung etc., genug Lagen schon da gewesen wo durchaus eine Ehu notwendig und erforderlich gewesen wäre!

    Zudem kann eine ansatzweise freie Gesellschaft gut auf die Störungen und Gefährdungen durch Steinzeitfrömmler gleich welcher Genese gut verzichten.

    Aber auch das kommt nicht offen zur Sprache, jedenfalls tragen auch die Kritiker hier auch mehr zur Verschleierung und Polarisierung denn zur Eröffnung von Hintergründen und Ursachen bei.

    Persönlich finde ich Herrn Bahners auch zum Kotzen, doch hat er auch erhebliche Defizite die Herr Broder durchaus hätte auflisten können; ist nur ziemlich viel Arbeit und als Text sicher nicht mehr populär. Denn „B“ stellt auch sehr subtil Teile des GG zur Disposition.

    Mfg Karl Müller

  16. @ # 2 Karl Müller

    Zur Bahners Feststellung: „So habe auch das Gericht anerkennen müssen, dass in “einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensrichtungen Raum gibt”, niemand ein Recht darauf habe, “von fremden Glaubensbekundungen, kultischen Handlungen und religiösen Symbolen verschont zu bleiben” schreiben Sie:
    „Zu diesem Sachverhalt bleibt er leider im Ungefähren. Es bleibt festzuhalten: Religionsfreiheit ist keine Narrenfreiheit. Als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, und damit einer ‚unangreifbaren Legitimation‘ darf und kann Religion nicht zu mehr als ihrer freien Ausübung dienen. Jedwede Ausflüsse die darüber hinaus in Ansprüchen gegenüber Dritten münden sind schon im Ansatz ein Dekonstruktionsversuch der FDGO und damit mindesten latent verfassungsfeindlich.“

    Mit Verlaub: Wer im Ungefähren bleibt, sind Sie. Zumindest mir ist überhaupt nicht klar, was Sie an Bahner auszusetzen haben. Hat er etwa den Religionen „Narrenfreiheit“ eingeräumt, die über dem Gesetz steht? Darauf kann ich bei ihm keinen Hinweis finden.

    Im Ungefähren bleibt auch Ihre Behauptung, Religion „darf und kann … nicht zu mehr als freien Ausübung dienen“. Widersprechen Sie damit der einhelligen, durch Urteile des BVerfG mehrfach bestätigten Auffassung von Verfassungsjuristen, dass Religionsfreiheit auch das Recht einschließt, Religion öffentlich sichtbar zu machen? Es entspricht keineswegs unserer Verfassungspraxis, das Spannungsverhältnis zwischen positiver und negativer Religionsfreiheit in der Weise aufzulösen, wie Sie es sich vorstellen: „Jedwede Ausflüsse die darüber hinaus in Ansprüchen gegenüber Dritten münden sind schon im Ansatz ein Dekonstruktionsversuch der FDGO und damit mindesten latent verfassungsfeindlich.“

    Zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung gehört, dass jeder seine politischen, religiösen und weltanschaulichen Auffassungen öffentlich bekunden kann, mit Anti-Atom-Aufklebern oder religiösen Symbolen, mit Infoständen, Demonstrationen oder religiösen Prozessionen, so lange dabei geltende Gesetze nicht verletzt werden.

  17. @ Bronski

    Auf die struktuerellen Parallelen zwischen der generalisierenden „Islmkritik“ und dem Antisemitismus des 19. Jahrhunderts habe ich schon an anderer Stelle hingewiesen und dabei auch auf Treitschke verwiesen. Trotzdem wäre es falsch, den Antisemitismus mit dem heutigen „Antiislamismus“ gleichzusetzen, weil es auch erhebliche strukturelle Unterschiede gibt. Ihr Feststellung, dass sich Geschichte widerholt, kann auch nicht so mißdeutet werden, dass eine der Judenverfolgung ähnliche Verfolgung der Muslime droht. So haben Sie es aber sicher auch nicht gemeint.

  18. @ Abraham,

    niemand muss sich im Geltungsbereich des GG irgendwelchen Religionen unterwefen, das kenn Jeder nur für sich selbst entscheiden.

    Allerdings besteht m.E. ein Rechtsanspruch darauf mit „Religion“ nicht belästigt zu werden. Im öffentlichen Raum ergeben sich damit natürlich einige Schwierigkeiten wenn z.B. Bekundungen in aufdringliche Misson oder Drohungen etc übergehen. Die alleinige Präsenz von Sympolen im ö.R. kann auch schon zu Konflikten führen insoweit öffentliche Gebäude betroffen sind; vonwegen Neutralitätsgebot. Ansonst ists egal.

    Solte ich das bei Bahners überlesen haben, dann ists erledigt.

    Die Sichtbarkeit ist kein Problem, eher der Ausfluss solcher Vorstellungen in Form eines Machtanspruchs. Beispielsweise in der bei einer Demonsration aufkommende Forderung eine israelische Flagge aus einer Wohnung entlang der Demo-Route zu entfernen….
    Da war die Entscheidung des EL zum Abhängen einfach falsch. Das hätte unmittelbar zur Auflösung der Versammlung führen müssen. So wird fahrlässig die öff. Sich & O. dekonstruiert und eineklatantes Versagen der Pol.-Führung darstellt.

    An „öffentlichen Bekundungen“ reibe ich mich garnicht. Bahners manipulative Art macht ihn zu einem etwas diffiziler auftretenden Anti-Broder, das verursacht Übelkeit; schön zu lesen im verlinkten spon-Gespräch.

    Beste Grüße Karl Müller

  19. @ Karl Müller

    Das Zeigen einer israelischen Flagge gehört zum Recht auf Meinungsfreiheit. Die Angriffe aus den Reihen der „Gasa“-Demo gegen die Flagge verletzen unsere Rechtsordnung. Es ist aber doch unstrittig, dass die Entfernung der Flagge durch die Polizei falsch war und von der Polizeiführung mißbilligt wurde.

    Mit Islam hat das ganze aber herzlich wenig zu tun.

    P.S.: Wenn ich durch die Münchner Fußgängerzone gehe, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich in agressiver Weise von christlichen Fundamentalisten recht groß. Von Muslimen wurde ich noch nie „missioniert“.

  20. @ Abraham,

    genau darauf wollte ich ja hinaus. Kritik kann sich dabei nur gegen die Instrumentalisierung richten. Über einen beliebigen Glauben zu befinden kann sowieso nicht gelingen, das schaffen Religionen nicht einmal in sich selbst.

    Daher ist auch die ganze „Debatte“ eher fatal und nicht geeignet Mißstande abzubauen!

    Extrem belästigt haben mich bisher auch hauptsächlich „Christen“ oder Leute die sich dafür halten…

    Was diese unsägliche Demo anging, da hat man von der höheren PolFüh. her gekniffen und leider den Schwarzen Peter an die Einsatzleitung verschoben, statt gegenüber der Landespolitik Rückrat zu zeigen. (Nicht genug Kräfte bereitstellen und nacher Meckern ist mindestens unfein)

    Beste Grüße Karl Müller

  21. @ Karl Müller # 19

    Ich denke nicht, dass wir hier eine Pseudodebatte führen, und ich glaube auch nicht, dass die Aspekte dieser Debatte lediglich rechtlich relevant sind. Die Art, wie diese Debatte geführt wird, wirft ein Schlaglicht auf das gesellschaftliche Klima in unserem Land, das hart geworden ist. Das zeigt sich auch an Ihrem Kommentar, wenn Sie bei Migranten sofort an organisierte Kriminalität und Soziotope denken und damit den Denkschemata der „Islamkritik“ folgen. Die Wirklichkeit dürfte komplexer sein. Das sage ich als einer, der mitten in einer Stadt lebt, die den höchsten Migrantenanteil Deutschlands hat.

    „Zudem kann eine ansatzweise freie Gesellschaft gut auf die Störungen und Gefährdungen durch Steinzeitfrömmler gleich welcher Genese gut verzichten.“

    Ich greife mir diesen Satz aus Ihrem Kommentar mal heraus, weil er zum Kern des Problems führen könnte.

    1: Unsere Gesellschaft ist nicht „ansatzweise frei“, sondern sie ist so frei, wie es nur irgend möglich ist. Mehr Freiheit werden Sie in kaum einem Land finden – noch. Zugleich kann man nämlich beobachten, dass es immer wieder Anläufe zu Gesetzgebungsverfahren gibt, die im Ergebnis dazu angetan sind, Grundrechte einzuschränken (Vorratsdatenspeicherung vs. informationelle Selbstbestimmung, Swift usw.). Diese Politik will unsere Freiheit verteidigen mit Mitteln, die unsere Freiheit einschränken. Und das gehört durchaus zum Problemfeld der Islam-Debatte, weil diese Anläufe unter dem Vorzeichen von 9/11 unternommen werden.

    2. Störungen und Gefährdungen durch Steinzeitfrömmler sind lästig und ärgerlich, aber wie das Beispiel der fundamentalchristlichen Missionare in deutschen Fußgängerzonen zeigt – auf der Frankfurter Zeil sind sie auch unterwegs, und das sehr auffällig -, sind sie nicht auf den Islam beschränkt. Die „Islamkritik“ beschränkt sie aber eben nur auf den Islam. Alle Störungen rühren vom Islam her, alle Gefährdungen für unsere Gesellschaft haben dort und nur dort ihre Ursachen. Wie unsinnig das ist, zeigt vielleicht ein Gedankenspiel: Das wäre so ähnlich, als würden Sie sagen, alle Christen seien Kinderschänder, weil Detlef S., der Kinderschänder aus Fluterschen, der kürzlich zu 14,5 Jahren mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt wurde, oder der Pfarrer aus Fritzlar, der jetzt angeklagt wurde, oder die diversen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche von Christen begangen wurden. Ein zugegeben pointiertes Beispiel, aber ich denke, es kommt rüber, was ich damit sagen will. Zudem steht in Frage, ob alle Moslems „Steinzeitfrömmler“ sind, nur weil ihre Religion der Islam ist. Dieser Ansatz erscheint mir doch ziemlich schematisch.

    3. Es mag ferner sein, dass wir gut auf diese „Steinzeitfrömmler“ verzichten können, aber sie sind nun mal hier, und sie werden nicht wieder gehen. Genauso wie die „Steinzeitfrömmler“ unter den Christen (Evangelikale, Kreationisten) oder vereinzelte orthodoxe Juden, falls es welche in Deutschland gibt – Abraham wird das besser wissen als ich. Mit solchen plakativen Formulierungen kommt man in dieser Debatte jedenfalls nicht weiter. Klappe zu, aber Affe nicht tot – und jetzt?

    @ Abraham # 21

    „Ihr Feststellung, dass sich Geschichte widerholt, kann auch nicht so mißdeutet werden, dass eine der Judenverfolgung ähnliche Verfolgung der Muslime droht. So haben Sie es aber sicher auch nicht gemeint.“

    Nein, ich war zunächst nur fasziniert von der historischen Analogie. Die Argumente damals und heute sind die gleichen. Erstaunlich – als wären seitdem nicht 130 Jahre vergangen, als wäre unser Kultur auf der Stelle stehen geblieben. Worin ich allerdings darüber hinaus ein Problem sehe, ist zwar nicht eine etwaige Moslemverfolgung, aber eine Moslemstigmatisierung. Dazu trägt die „Islamkritik“ mit ihrer Hetze massiv bei, ohne auch nur den Hauch einer Lösung des Problems zu liefern, das sie erkannt haben will.

  22. Hallo Bronski,

    Die Frage ob „wir hier“ eine eigentlich nicht führbare Debatte fortsetzten kann m.E. durchaus bejaht werden soweit die unsägliche „Islamkritik“ betroffen ist. Denn mit solch symptomatischer Kritik lassen sich trefflich nahezu beliebige Feindbilder oder Gruppengegensätze erzeugen; selbst die Nutzer elektrischer Rasenmäher könnten so zum Feindbild befördert werden.
    Das damit auch sehr befremdliche gesellschaftliche Verhältnisse beleuchtet werden trifft ja zu, wobei wohl weniger „hart geworden“ als etwas ehrlicher.
    Denn die „durchschnittliche Zivilisationsdecke“ ist auch in Europa eher dünn, speziell in Deutschland.

    Von daher ist der rechtliche Aspekt einer der wenigen „neutralen“ Bezugspunkte, denn daran muss sich das Verhalten des Einzelnen im Blick auf die Anerkennung der Gültigkeit des GG messen lassen. Mir ist sehr wohl bekannt das damit Menschen aus allen Kulturen Schwierigkeiten haben können, ob aus Afghanistan oder nordhessischen Bergdörfern!

    Das zeigt auch Ihre Reaktion auf mein mit Bedacht gewähltes Beispiel, denn auch der Tatkomplex von Sittensen fiele darunter. Nur das berührt Zusammenhänge aus Fernost.

    Tatsächlich ist gerade, ohne einen Betroffenheitsgetrübten Blick, die OK außerhalb ethnisch abgeschotteter Strukturen ein besonderes Beispiel von Völkerverständigung!
    Soziotop, ein schönes Schlagwort das ohne Definition zumindest interessante Reaktionen triggert.

    “Zudem kann eine ansatzweise freie Gesellschaft gut auf die Störungen und Gefährdungen durch Steinzeitfrömmler gleich welcher Genese gut verzichten.”

    Zur Freiheit der Gesellschaft:

    Mann möchte dazu eigentlich nur schmunzelnd kommentieren: „das was Sie als freiest möglich beschrieben, ist so fiktiv wie der Wert von Papiergeld; können Sie gern behalten.“ Dafür können Sie mich gern als Zyniker bezeichnen, über den Nachweis des Gegenteils würde ich mich sogar freuen.

    Wenn Sie es noch nicht bemerkt haben, auch jetzt schon spotten die Eingriffsbefugnisse der BOS durchaus Ihrer „Freiheitshypothese“. Was sich, gesehen aus etwa 1980, mehr oder weniger linear mit Freiheitsbeschränkungen bemerkbar gemacht hat.
    Die dümmliche 9/11 Debatte hat hier nur die Zurückhaltung noch weiter gemindert und bei den „Kälbern die sich die Metzger selbst wählen“ die Zustimmung noch verbreitert; wer hat eigentlich diese Zustimmer alle lobotomisiert, könnte man sich fragen. Oder sind die Menschen bloß staatsfromm und naturdoof?

    Die Tendenz durch Angstproduktion an der FDGO zu sägen hält leider fast ungebremst an. Dazu sieht sich die 4te Gewalt offenkundig nicht in der Lage hier gegenzuhalten; zeichnet sich auch in der „Pseudodebatte“ gut ab.

    „Diese Politik will unsere Freiheit verteidigen mit Mitteln, die unsere Freiheit einschränken. Und das gehört durchaus zum Problemfeld der Islam-Debatte, weil diese Anläufe unter dem Vorzeichen von 9/11 unternommen werden.“

    Damit führt sich doch diese „Debatte“ selbst ad absurdum, Freiheitsrechte werden auch so schon eingeschränkt dass es kracht, mit der Terrormär geht es nur ein Stück einfacher.

    Auch hier muß ich verhalten grinsen, Steinzeitfrömmler ist, hatte das nur anklingen lassen, eine Kategorie die sich mit einem Typ von Gläubigen jeder Herkunft füllen lässt, die Systematik ist daher beabsichtigt.
    Allein auf den Islam hab ich das gar nicht bezogen, sind Sie da vielleicht einer Vorstellung meiner Gedankenwelt aufgesessen?
    Mit Ihren Beispielen rennen Sie bei mir offene Türen ein! Das ist tatsächlich tendenziell hochproblematisch und zeigt wie wenig unser aller Gesellschaftsbewusstsein entwickelt ist.

    Selbstverständlich ist es hilfreich solche Gruppen wie Steinzeitfrömmler zu identifizieren. Denn aus dieser Richtung ist nie ein konstruktiver Diskurs zu erwarten. Bestenfalls verdienen solche Gruppen ein wenig staatliche Repression damit bei denen erst gar nicht der Verdacht keimt irgendwie „auserwählt“ zu sein und sich extra legem stellen zu können. Beispiele hierzu dürften sich bei so ziemlich jeder religiösen Guppierung finden.

    Wobei mir das Gedankenspiel, entsprechde „Christen“ in den Vatikan abzuschieben, durchaus gefällt.

    MfG Karl Müller

  23. Hallo. Ich lese dieses Blog seit langem still mit und will jetzt zum ersten Mal etwas sagen. Erst an Herrn Bronski: Auch wenn ich mich immer noch nicht an Ihren Nick gewöhnt habe, finde ich die Hartnäckigkeit bewundernswert, mit der Sie immer wieder versuchen, die Islam-Debatte in ruhigeres Fahrwasser zu bringen. Ihr Blogtalk mit Birgit Simon aus Offenbach hat mich damals sehr interessiert. Er hat vor allem gezeigt, wo Integration entschieden wird, nämlich vor Ort in den Kommunen in einer oft sehr kleinteiligen Arbeit, von der die Mehrheitsgesellschaft wenig mitbekommt. Nach meiner Einschätzung liegt das 1. daran, dass zu wenig davon nach außen kommuniziert wird und 2. daran, dass die Mehrheitsgesellschaft davon gar nichts wissen will.
    Insofern hat Müller Karl recht, dass das hier eine Pseudodebatte ist. Das ist aber auch schon der einzige Punkt, an dem ich ihm zustimme. Ansonsten verstehe ich sein Geschwurbel ganz einfach nicht. Der rechtliche Aspekt soll der einzige neutrale Bezugspunkt in einer solchen Debatte sein. Das ist doch Unsinn, Sie sind selbst nicht neutral genug, um so etwas sagen zu können. Der Punkt ist doch, dass es in dieser Debatte um den Islam viele Behauptungen gibt, die von Leuten wie Kelek als Tatsachen ausgegeben werden. Herr Bronski hat ganz oben das Beispiel „Schwimmunterricht“ gebracht. Kelek hat behauptet, das sei ein riesiges Problem, und das hat sie als Ergebnis einer Studie ausgegeben, die Diskussionsgrundlage sein soll. Aber das stimmt überhaupt nicht, ebensowenig wie es stimmt, dass die Gerichte mit Streitfällen wegen des Schwimmunterrichts überschwemmt werden. Das stimmt so nicht. Im Spiegel-Streigespräch sagt Bahners:
    „Das ist eine Erfindung, das stimmt einfach nicht. Die Zahl solcher Rechtsstreitigkeiten ist verschwindend gering. Die Probleme werden in aller Regel im Einzelgespräch mit den Eltern gelöst.“
    Kelek hat dem nichts entgegenzusetzen.
    Das heißt, die Islam-Debatte in Deutschland wird unter falschen Vorzeichen geführt. Da wurde manipuliert – und zwar nicht von Bahners. Die Motivation dieser Leute müsste mal psychologisch durchleuchtet werden. Bei Frau Kelek hatte ich schon lange das Gefühl, dass sie sich wie eine Besessene verhält. „Die Panikmacher“ nimmt diese Argumente unter die Lupe. Ich habe den Eindruck, dass nicht viel davon übrig bleibt.
    Ich möchte hinzufügen, dass ich nicht bestreite, dass es Probleme mit integrationsunwilligen Muslimen gibt. Aber man muss doch versuchen, und zwar gerade wegen unseres Grundgesetzes, das jedem Bürger Rechte und Pflichten gibt, diese Debatte möglichst sachlich zu führen. Verdrehte, unverständliche Kommentare wie die von Müller Karl helfen dabei nicht.
    Danke für Ihre Geduld.
    Marc

  24. @ Dresdner

    Lieber Marc,

    ich begrüße Sie herzlich. Schön, dass Sie sich dazu durchgerungen haben, nicht nur mitzulesen, sondern nun auch Bronskis Einladung von oben zu folgen: „dies ist Ihr Platz zum Mitdiskutieren“.

    Dass Sie mit Kritik an unverständlichem „Geschwurbel“ einsteigen, finde ich geradlinig und konsequent. Schließlich bemühen Sie sich erfolgreich um eine sachlich zusammenhängende und sprachlich verständliche Darstellung Ihrer Gedanken. Man kann aber bestimmte Kommentatoren auch einfach ignorieren.

    Den Blogtalk mit Birgit Simon hatte ich nicht mitbekommen und aufgrund Ihres Hinweises nun großenteils nachgelesen und finde die dort vorgestellten praktischen Integrationsbemühungen natürlich auch begrüßenswert. Allerdings schmälert das m.E. nicht die Wichtigkeit auch der theoretischen Beschäftigung und der ideologischen Auseinandersetzung mit der Thematik. Oder welchen Sinn sollte es für Sie haben, nach langem Besinnen nun ausgerechnet in eine „Pseudodebatte“ einzusteigen?

    Ihre Kritik an Kelek teile ich weitgehend, jedoch gibt Bahners m.E. in dem Disput keine bessere Figur ab, und dem ganzen Konzept der Zusammenfassung verschiedener Autoren unter dem Oberbegriff „Islamkritik“, gegen die sie sich ja wehrt, stehe ich auch skeptisch gegenüber. Der ganze Artikel hier ist mir auch zu langatmig und diffus, darüber muss ich erst noch nachdenken, bevor ich ggf. gezielt auf einzelne Aspekte eingehen kann.

    Ihnen einstweilen fröhliches Kommentieren und Diskutieren!

    Grüße
    Heinrich

  25. @Dresdner,

    willkommen hier im Blog… es wäre sehr zu wünschen, wenn ihr Beispiel anderen still Mitlesenden, so es sie gibt, vielleicht einen kleinen Ruck versetzt, auch einmal etwas beizutragen.

    Ich muß aber leider auch schon gleich etwas hinterfragen. Sie sagen:

    „Er hat vor allem gezeigt, wo Integration entschieden wird, nämlich vor Ort in den Kommunen in einer oft sehr kleinteiligen Arbeit, von der die Mehrheitsgesellschaft wenig mitbekommt.“

    Also, wenn die Mehrheitsgesellschaft von der Integration vor Ort, in den Kommunen, wenig mitbekommt, dann besteht die Frage, wo müsste sie denn dann stattfinden, damit sie etwas davon mitbekommt? Mein Auffassung ist, gerade dort vor Ort, in den Kommunen, müsste sie der Bürger doch am ehesten bemerken?

    Oder ist es eher die „Kleinteiligkeit“, weswegen die Mehrheitsgesellschaft wenig mitbekommt? D.h. die Erfolge praktischer Integrationsbemühungen, wenn es welche gibt, sind recht klein, können von der Mehrheitsgesellschaft auch schon mal übersehen werden… meinten Sie das so?

  26. @ Abraham #21

    Also wenn du so kommentierst, mein Lieber, wenn soll das überzeugen oder zur Diskussion bewegen? Deine Aussage:

    „Trotzdem wäre es falsch, den Antisemitismus mit dem heutigen “Antiislamismus” gleichzusetzen, weil es auch erhebliche strukturelle Unterschiede gibt.“

    versteht sich doch nicht von selbst. Es wäre also meinem und sicher auch dem Verständnis anderer dienlich, wenn du die strukturellen Unterschiede benennen würdest, die du siehst.

    Von mir aus aber folgende vorläufige Überlegungen dazu:

    1. Die Übereinstimmung der ideologischen Muster, derer sich der von dir und Bronski ins Spiel gebrachte Treitschke bedient, mit den Stereotypen der „Islamkritik“ sind doch zunächst einmal bemerkenswert und bedürfen der Analyse und Diskussion.

    Allgemein könnte man bei der Beantwortung der Frage: „Wiederholt sich Geschichte“ z.B. erst einmal mit folgendem Satz beginnen, mit dem Karl Marx seine Schrift „Der achzehnte Brumaire des Lois Bonaparte“ einleitet:

    „Hegel bemerkte irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.“

    Deutet das vielleicht auf den „strukturellen“ Unterschied zwischen dem Antisemitismus des 19. Jh. und dem gegenwärtigen „Antiislamismus“ hin, wie du ihn siehst: jener als Tragödie, dieser als Farce?

    Marx führt seinen Gedanken auf bemerkenswerte Weise fort, die bestimmt nicht ohne Erklärungswert auch für unsere Fragestellung ist:

    „Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen. Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden. Und wenn sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und die Dinge umzuwälzen, noch nicht Dagewesenes zu schaffen, gerade in solchen Epochen revolutionärer Krise beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole, Kostüm, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neuen Weltgeschichtsszenen aufzuführen.“

    Das will zumindest meinen: es gibt keine identischen Wiederholungen in der Geschichte. Eine solche Aussage kann man sinnvollerweise weder Hegel noch Bronski unterstellen, trotz seines letzten Satzes und entgegen der geschwätzigen Replik von Schnippsel, wo ich nicht verstehe, wieso Bronski sich bei der entschuldigen muss.

    Der Geschichtsverlauf ist dagegen geprägt von „Kontinuitäten“ und von „Diskontinuitäten“, von Umbruchsituationen und gesellschaftlichen Umgestaltungen. Bei diesen bedienen sich aber, so der bemerkenswerte Hinweis von Marx, die Protagonisten der Stereotypen aus dem kollektiven Gedächtnis. Die „Islamkritiker“ werden ganz gewiss nicht Treitschke gelesen und von ihm abgekupfert haben, sondern der spricht damals auch nur das aus, „was alle denken, aber niemand sich zu sagen getraut“, das verfestigt sich eben zu Stereotypen, zu sprachlich geronnenen Floskeln von scheinbar evidenten wahrheiten, die keiner Empirie und keiner argumentativen Begründung mehr bedürfen. Und die wirken im kollektiven Gedächtnis im Untergrund fort und können jederzeit reaktiviert und angewendet werden auf neue Verhältnisse und gesellschaftliche Konfliktkonstellationen.

    Wenn du also schreibst: „Trotzdem wäre es falsch, den Antisemitismus mit dem heutigen “Antiislamismus” gleichzusetzen, weil es auch erhebliche strukturelle Unterschiede gibt“, Dann übergehst du damit, dass es eben um Stereotypen geht. Die haben damals natürlich schon nicht gestimmt und gepasst, haben aber gleichwohl ihre Wirkung entfaltet und tun es auch heute wieder, trotz aller „strukturellen Unterschiede“, die sich bei einer rationalen Analyse offenbaren.

    2. „Ihr Feststellung, dass sich Geschichte widerholt, kann auch nicht so mißdeutet werden, dass eine der Judenverfolgung ähnliche Verfolgung der Muslime droht. So haben Sie es aber sicher auch nicht gemeint.“

    Unabhängig davon, was Bronski gemeint haben könnte oder nicht: Von der Publikation der zitierten antisemitischen Äußerungen Treitschkes über manifesten militanten Antisemitismus, Diskriminierungen, Pogromen bis hin zum Massenmord an Juden war ein vergleichsweise langer Weg, der sich nur im Nachhinein als folgerichtig ausnimmt, damals jedoch ebenso von Kontinuitäten und Brüchen bestimmt war. Die „Judenverfolgung“ war eine logische, aber keine kausal notwendige Folge des Antisemitismus Treitschkes. Es hätte auch ganz anders kommen können.

    Aber es könnte auch so kommen, dass den Muslimen eine „ähnliche Verfolgung“ droht. Es gibt strukturelle Unterschiede, aber eben auch frappierende Gemeinsamkeiten.

    Zur Judenverfolgung gilt die Devise: Wehret der Wiederholung der Geschichte! Zur Muslimenverfolgung: Wehret den Möglichkeiten und Anfängen!

  27. Je öfter ich den Text lese, umso mehr festigt sich mein Eindruck, dass es der beste Eingangstext ist, den ich hier im Blog gelesen habe. Es beginnt schon bei der Überschrift: Was will die „Islam-Kritik“? Aus sehr guten Gründen ist Islam-Kritik in Anführungsstriche gesetzt. In der Tat, was da personell als „Islam-KritikerInnen“ bezeichnet wird, ist alles andere aber nix Kritisches. Broder, Giordano, die sich ständig vermehrenden Sarrazyniker usw., sind doch keine Islam-Kritiker, sondern schlicht und ergreifend rassistische Hetzer, die bewusst und gewollt, Panik, Angst und Hass verbreiten. Für Broder und Konsorten ist das die Geschäftsgrundlage, davon leben diese „Islam-Kritiker“, das ist ihr tägliches Brot, ganz handfest, in Euro und Cent, wie es trefflich im Eingangstext heißt. Deshalb werden diese „Islam-Kritiker“ auch ständig in den öffentlich-rechtlichen Verblödungsveranstaltungen, auch Talkshows genannt, platziert. Dort sollen Sie auftragsgemäß ihren hinreichend bekannten Müll abladen, und sie tun es auch mit großer Begeisterung. Der ohnehin fremdenängstliche deutsche Michel wird dabei mit dem üblichen lei(d)kulturellem Blödsinn gefüttert, nach dem Motto, „wir“ die Guten gegen „die Bösen“, und schon ist wieder ein Klima geschaffen, was mit Islam-Kritik auch nicht die Bohne zu tun hat. Die kreischenden, sarrazinischen Broders und Co. wollen alles (Un)Mögliche, sie kultivieren u.a. den Zombiismus und Sprechblasenautomatismus, aber Eines wollen sie garantiert nicht, einen kritschen Dialog führen. Im Gegenteil, so wie es völlig zu Recht ebenfalls im Eingangstext steht, schon der Dialog, also das Gespräch, ist bereits die Kapitulation vor dem Islam. Übrigens, mit diesem horrenden Blödsinn schaffen die kapitulierenden Broders und Sarrazinaten auch nix ab sondern richtig an, nämlich dicke Kohle für die eigene Tasche. Sie spalten und hetzen auf Deuvel komm raus, und der Michel zahlt auch noch für diesen Müll. Es geht den versammelten Broders, Assimilierungs- und Untergangsfetischisten, den deutschfimmeligen, lei(d)kulturellen, westlichen Wertegemeinschaftlern gar nicht um Verständigung, oder gar Toleranz und Ausgleich, oh nein, genau das Gegenteil wollen sie: Angst, Panik, Hetze, Feindschaft, Hass und Gewalt. Nix Vernunft, nix Gesprächsbereitschaft, nix Zuhören, dieser ganze gutmenschliche, sozialromantische Multi-Kulti-Kuschel-Kurs muss überhaupt in die Tonne getreten werden, und DER Moslem, DER Türke eigentlich gleich hinterher. Nix kuscheln sondern draufhauen, dass die Heide wackelt. Deutschland den Deutschen, die gefährlich fortschreitende, schleichende Unterwanderung durch DIE Moslems muss gestoppt werden; egal wie.

    Besonders traurig ist die Tatsache, dass dieses vergiftete Klima offenkundig politisch und medial auch so gewollt ist, denn sonst würden diese Broders, Barings und Co. doch nicht ständig in den Verblödungsrunden sitzen. Ihr Kapital ist die Angst, steht schon im Eingangstext. In der Tat, Angst macht (noch mehr) Angst, aus Angst entwickelt sich Feindschaft, aus Feindschaft Hass usw. usw.. Broder und Co. als Islamkritiker zu bezeichnen ist an Verlogenheit nicht zu überbieten. Es sind miese Hassverbreiter, die eindeutig gegen den Islam hetzen. Als wirklichen Islam-Kritiker würde ich dann schon eher Patrick Bahner bezeichnen.

    Die öffentliche Debatte war bisher schräg, sie wird auch zukünftig, für die nächsten Jahrzehnte, schräg bleiben, ggf. sogar noch schräger werden. Dagegen anzugehen ist vergebliche Liebesmüh. Das Feindbild, wie es seit dem 11.09.01 „geboren“ wurde, wird noch lange herhalten müssen, zumal es ein „Besseres“ bisher noch nicht gegeben hat. Bis zu 1,5 Milliarden Moslems, auch wenn 99,9999 Prozemt davon völlig friedlich sind, Menschen wie du und ich, u.U. friedlicher als so manche Christinisten, haben nun mal ihre Welt-Rolle zu spielen. Schließlich will die NATO immer mal wieder Kriege führen, um die westlichen Werte mit Bomben und Raketen, mit Mord, Totschlag und Folter, in die weite Welt zu exportieren, und außerdem wollen die Broders dieser Welt mit ihrer „Islam-Kritik“ auch weiterhin Kohle verdienen.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  28. Empfehlung: Ein Fremdwörterbuch. Passend dazu: die Bloggerin ist eine Autorin des Manifests der vielen, schreibt auch eine Tuchkolumne in der taz, und hat sich in der BBC mal mit Sarrazin „unterhalten“; hier äußert sie sich dazu: http://www.youtube.com/watch?v=_qbc5SL9kl0

    Zum Thema selbt müsste ich ausholen, dazu habe ich gerade nicht viel Zeit. Nur soviel: Es gibt nicht „den Islam“. Es gibt viele Muslime, die noch andere Identitäten haben als ihren Glauben. Oder sind hier alle Kommentatoren Atheisten/Christen und definieren sich über nichts anderes? (Herkunft/Geschlecht/Interessen/Beruf/etc.) http://www.perlentaucher.de/artikel/3619.html

    Deswegen wehre ich mich auch dagegen, dass es ein Problem mit „dem Islam“ gibt. In Deutschland gibt es meinetwegen ein Migrationsproblem (selbstverschuldet) und in den USA eins mit der eigenen Außenpolitik.

    Al Qaida übrigens ist so erfolgreich, weil transnational, weil wenig hierarchisch. Integratives Moment: Religion, war nötig, sonst könnte man so ein Netzwerk nicht am Leben erhalten. Hätte auch jede andere Religion sein können. Ansonsten hat das ganze auch wieder eher wenig mit “dem” Islam zu tun, mehr mit der Überhöhung des kleinen Dschihad. Es ist doch unglaublich, an so einem Mist eine Islamkritik festmachen zu wollen. Wird demnächst auch wieder das Christentum mit Kreuzzügen gleichgesetzt oder was? Ich weiß auch nicht, ob Broder es weiß, aber mit dieser Panikmache tut er genau das, was der (transnationale) Terrorismus will.

    Weiter: in der (Politik)Wissenschaft ist/war es bis vor kurzem relativer Konsens, dass die Religion an Wichtigkeit im Staatsgebilde abnimmt. Dass sich das quasi von selbst erledigt hat. Das ist ein Trugschluss. Empfehlung hierzu ein Aufsatz, den man ganz gut runterlesen kann: Der Islam auf der Suche nach seinem Platz in Frankreich und Deutschland. Man muss ein bisschen hochscrollen, um zum Anfang des Textes zu kommen. Hier ist so bemerkenswert, dass nachgewiesen wird, dass sich sowohl Frankreich als auch Deutschland das “Islam-Problem” selbst gemacht haben.

    Ein weiterer empfehlenswerter Aufsatz in diesem Buch, S.164, Claus Leggewie (Islam in Deutschland und in den USA. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich seiner These, dass Europas Umgang mit Religionen sich dem amerikanischen angleichen sollte, zustimme. Man betrachte allein die Anti-Moschee-Hetze in NY). Ich glaube, in beiden Texten kommt auch dieses oben erwähnte Problem zur Sprache: Verfasstheit des Staates. Toleranz. Umgang mit Religionen im Allgemeinen.

  29. „Your comment is awaiting moderation.“ Hab ich was Böses getan, dass ich moderiert werde? 🙂

  30. Marie, die Moderation wird u.a. dann ausgelöst, wenn ein Beitrag zwei oder mehr externe Links enthält. Vielleicht ist es das?

  31. @ dreas, Marie

    Genau das war es. Manchmal kann die Freischaltung solcher Kommentare, die automatisch in die Moderation geschickt werden, ein wenig dauern, wenn ich mal etwas anderes zu erledigen habe. (In diesem Fall war ich in Wiesbaden.) Den zweiten Versuch lösche ich, okay?

  32. @Marie
    ich lese die kolumne von kübra gümüsay nur zu gerne, da sie die realität sehr gut beschreibt. nur wird das hier leider keinen sog. „islamkritiker“ interessieren… wie jutta schon besagt hat: verlorene liebesmüh 😉

    herrlich ist das interviewvon bbc, wo die autorin anruft und sarrazin sprachlos macht… während dieser nämlich in seinem schlechten englisch fordert, kübra solle sich integrieren, fragt sie ihn was sie dafür tun soll.. sie studiert, sie spricht perfekt deutsch, sie spricht perfekt englisch, trägt ein kopftuch (was nach sarrazins thesen abgelgt werden muss, um sich „integrieren“ zu können) Ich habe das interview genossen.

  33. Ohja, ich hab es auch damals gehört – und bin vor Fremdscham für Sarrazin fast im Bode Versunken. 🙂

  34. @ Bronski #16

    Bevor ich mich aus diesem Thread und aus dem Blog insgesamt verabschiede, möchte ich noch einige Anmerkungen machen. Meinetwegen brauchen Sie sich nicht die Mühe machen, darauf zu antworten, da ich darauf ja nicht mehr eingehen werde.

    1. Es ehrt Sie, dass Sie sich meinetwegen Sorgen machen. Aber seien Sie versichert: Sie haben mich nicht verletzt. Und selbst wenn: jemand, der wie ich auch gerne mal polemisch austeilt, muss natürlich auch einstecken können. Ich wüsste allerdings noch nicht einmal, wodurch Sie mich verletzt haben könnten.

    Da ich mir z.B. die Thesen eines Herrn S. gar nicht zu eigen gemacht habe, kann es mich auch nicht treffen, wenn eine Frau R. aus B. beständig versucht, mich in eine solche Ecke zu schieben. Mein Eingeschnapptseinspotential ist in dieser Hinsicht offenbar weitaus geringer als in gewissen migrantischen Milieus.

    2. In mehreren Threads sind hier diverse Schlagabtausche um die Themen Islamkritik, Integration, Ausländerfeindlichkeit usw. geführt worden. Ihr obiger Eingangsbeitrag scheint mir aber auf dem besten Weg zum vorläufigen Tiefpunkt dieser Auseinandersetzung. Sie und Frau R. aus B. bauen sich, wie gehabt, genüsslich einen Popanz auf, auf den Sie dann nach Kräften dreinschlagen können. Ging die erste Runde vom Buch eines Herrn S. aus, wird nun das Buch eines Herrn B. in den Ring geschickt.

    Ich verstehe nicht, wozu es gut sein soll, sich an zwei oder drei Herren abzuarbeiten. Beim Fremdsprachenunterricht (ach ja, rassistisch wie ich bin habe ich mal am Programm „Deutsch für Ausländer“ mitgewirkt) lautet eine Grundregel: „Nie, nie, nie das Falsche wiederholen! Also sagen Sie nie: ‚das heisst nicht Stunte, sondern Stunde‘! Und schreiben Sie Falsches nie an die Tafel!“. Der ständige Hinweis auf das böse S-Buch wertet es unnötig auf. Es ist doch geradezu absurd, über Bücher zu schwadronieren, statt über (und vor allem: mit) Menschen zu reden.

    3. Den „islamkritischen“ AutorInnen werfen Sie vor, das Thema aus rein ökonomischen Interessen ständig am Köcheln zu halten: um ihre Bücher verkaufen zu können. Herr B. hingegen wird vermutlich von rein altruistischen Motiven bewegt? Auch Naika Foroutan (Projekt „Heymat“) und der FR-Gastautorin Ferdos Forudastan liegen wirtschaftliche Überlegungen natürlich fern.

    Diesen Herrschaften scheint offenbar nicht bekannt zu sein, dass im vielgepriesenen Internet-Zeitalter ein Text auch einfach so – will sagen: kostenfrei – ins Internet gestellt werden kann – wenn es ihnen denn tatsächlich nur um die Verbreitung ihrer Argumente ginge. Aber in den Talkshowrunden macht es sich besser (will sagen: ist es werbewirksamer), auf ein Buch zu verweisen als auf einen Link im Internet.

    Natürlich ist es auch rein zufällig, dass eine ganze Reihe dieser „anti-rassistischen“ Damen und Herren neben ihrer Tätigkeit als AutorInnen auch noch am Tropf öffentlicher Gelder hängen. Gegenüber dem Risiko, ein Buch zu publizieren, das ein Flop werden könnte, ist eine dauerhafte Projektfinanzierung per Staatsknete auf jeden Fall erstrebenswerter und ertragreicher.

    Erinnert sei zudem an die milliardenschwere Migrationsindustrie, die kräftigst an den Zitzen von Mutter BRD saugt. Allein vom Umfang her würde ich vermuten, dass den ProfiteurInnen dieses Geldsegens nicht an einer schnellen und/oder wirkungsvollen Lösung gelegen ist. Anstelle von mehr Selbstverantwortung werden mehr Sozialarbeiter und mehr Schulpychologen und mehr Beschäftigungstherapeuten und mehr Lehrer und mehr Betreuungseinrichtungen und noch mehr Kurse mit mehr Kursleitern und mehr irgendwas, Hauptsache vom Staat finanziert, gefordert.

    4. Sind die „Islamkritiker“ von Hass getrieben, hinter dem Angst, Angst, Angst steht, so handelt es sich bei ihren Gegnern natürlich ausschließlich um Menschen, die frei von Ressentiments eine offene, sachliche Diskussion und einen fairen Ausgleich widerstrebender Interessen anstreben. Da kann man wegen der hehren Motive ja mal gnädig über die ständigen Herabsetzungen Andersdenkender durch Frau R. aus B. hinwegsehen. Frau S., unsere heranwachsende geistige Elite, die sich ja „wissenschaftlich mit dem Thema auseinandergesetzt“ hat, braucht seit ihrer Abschlussprüfung selbstverständlich nicht mehr zu differenzieren, sondern kann ihren geistigen Dünn[pieps] ungebremst in die Runde geben („ich denke wir sind uns einig, dass es keine wirkliche neutralität in der politik gibt“).

    Sie haben mit Ihrer rhetorischen Frage, ob sich Geschichte wiederholt, leider auch wieder die Auschwitz-Keule ins Spiel gebracht. Abgesehen davon, dass sich der Hinweis auf einen der dunkelsten Momente der Menschheitsgeschichte auf Dauer abnutzt, banalisiert er diesen durch ständigen unverhältnismäßigen Gebrauch. Man könnte Ihnen, vermutlich mit einiger Berechtigung, entgegenhalten, dass das Schwingen der Auschwitz-Keule nicht nur aus Angst geboren ist, sondern sie auch erzeugen will. Ob das mehr als nur Abwehr und Abgrenzung erzeugt?

    Das Übergewicht türkisch-islamischer Organisationen, die nur einen Bruchteil der Muslime repräsentieren, in der öffentlichen Debatte habe ich mehrfach angeschnitten. Es scheint mir, dass den Funktionären häufig nicht an einer Lösung von Problemen, sondern eher an deren Erzeugung gelegen ist, um ihre eigenen Posten dauerhaft zu sichern.

    Anhand der Frankfurter Kommunalwahl sieht sich selbst die FR genötigt, darauf hinzuweisen „Kandidaten in Frankfurt wird Kontakt zu den Grauen Wölfen nachgesagt“. Man braucht also keinen Rückgriff auf 9/11 oder Hass oder Angst, um ein gewisses Misstrauen an den Tag zu legen. Ob die Tatsache, dass immer mehr Muslime (und ihre Vertretungen) die Gerichte zur Durchsetzung ihrer Interessen bemühen, ein stichhaltiger Beweis dafür ist, dass „der Islam in Deutschland angekommen ist“, bezweifle ich.

    5. Den „Islamkritikern“ wird vorgeworfen, sie würden Menschen nur nach ihrer wirtschaftlichen Nützlichkeit beurteilen. Auf die wiederholte Frage, worin denn nun genau die „Bereicherung“ durch türkische und/oder arabische Migranten bestünde, kommt als Antwort der Hinweis auf Tausende von Unternehmen mit Zehntausenden von Arbeitsplätzen.

    6. Fällt das Wort „Leitkultur“, folgt (sofern nicht sofort der Reflex „Zwangsgermanisierung“ ausgelöst wird) auf dem Fuß zumindest der Hinweis, die Migranten müssten doch schließlich ihre Kultur und ihre Traditionen beibehalten dürfen. Allein die Frage, um welche Kultur und welche Traditionen es sich dabei eigentlich handelt, löst einen weiteren Abwehrreflex aus. Dennoch: welche Kultur und welche Traditionen sind denn konkret gemeint? Die antisemitische, antichristliche, antikurdische, antiarmenische Kultur und Tradition des „Heimat“landes Türkei? Die Kultur und Tradition der inzüchtigen Verwandtenehen einer verarmten Bauernschaft? (Die Reizworte Zwangsheiraten, Importbräute, „Ehren“morde, gewaltorientierte „Macho“kultur usw. lasse ich freundlicherweise mal weg).

    7. Wer mir das Bekenntnis zum schwachsinnigen Satz „Der Islam gehört zu Deutschland!“ (weil er nun mal da ist) abfordern will, sollte im Gegenzug den Satz „Bedenken gegen den Islam gehören zu Deutschland!“ oder die schärfere Variante „Ausländerfeindlichkeit gehört zu Deutschland!“ im Munde führen. Man könnte auch „Der Schimmelpilz gehört zum Badezimmer!“ propagieren.

    Fazit: wenn die Rollen mit „Wir – die Guten!“ und „Bäh – die Islamkritiker“ von vorne herein festgelegt sind, möchte ich an einer solchen Theateraufführung nicht teilnehmen.

    Dabei gäbe es genügend Diskussionsstoff. Um zwei, drei zu nennen:

    a) Eine – vermutlich eher theologisch ausgerichtete? – Religionskritik, insbesondere der großen Offenbarungs- und Missionierungsreligionen. (Dank Abrahams geduldiger Hilfe musste ich meine – durch eine brutale jesuitische Erziehung geprägte – Unkenntnis des Judentums feststellen.)

    Dass es irgendwie meine Aufgabe sein könnte, „Szenarien einer humanistischen Erneuerung des Islam“ zu entwerfen – welch‘ skurile Idee! Genau das wäre die Anpassungsleistung, die „der Islam“ von sich aus zu leisten hätte. Und wenn es dann irgend wann einmal diesen sog. „Euroislam“ geben sollte – dann könnte man vielleicht sagen: der Islam ist in Deutschland angekommen. [1]

    b) Eine Bestandsaufnahme und Kritik dessen, was ich „Organisierte Religion“ (OR) genannt hatte. Man könnte analog zu den Universitäten auch von „Verfasster Religion“ sprechen. Dies betrifft übrigens u.a. so aktuelle Fragen, wieso die beiden christlichen Kirchen am Ethikrat zur Nutzung der Atomenergie teilnehmen. Dazu gehört für mich jedenfalls die Frage, wie man den säkularen Staat weg von der OR weiterentwickeln könnte. Ob die „freie Religionsausübung“- die im Gegensatz zu allen anderen Grundrechten keinem irgendwie gearteten Gesetzesvorbehalt unterworfen ist – tatsächlich bedeuten kann/soll/darf, seine Religion (bzw. seine individuelle Auslegung von Religion) jederzeit an jedem Ort in jeder Form auszuüben.

    c) Eine gesellschaftliche Debatte darüber, was die von Heitmeyer in seiner Untersuchung [1] ermittelten Zahlen aussagen. Müssen wir damit leben, dass Menschen oft weniger von ihrem Intellekt, sondern mehr von ihrem limbischen System gesteuert werden? Was soll denn mit den „islamkritischen“ Menschen hierzulande passieren – ganz praktisch? Mediale Desensibilisierungskampagnen mit Hijab-tragenden Muslimas als Ferhsehansagerinnen? Wird es einen Migranten-Soli geben, mit dem der deutsche Steuerzahler die besondere Förderung von Migranten und ihrer Kultur finanzieren soll?

    d) Wie lange soll denn eine theoretische Diskussion noch dauern darüber, ob sich Geschichte wiederholt oder nicht, ob Antiislamismus = Antisemitismus ist, ob „Islamkritiker“ Panik schüren (und wenn ja: wo ist diese Panik denn?), ob Menschen mit schlechten Büchern Geld verdienen dürfen, ob und wann sich jemand diskriminiert fühlt, darf man die eigene Erfahrung verallgemeinern?

    Also wenn die Islamkritikerkritiker nicht mehr an Lösungen anzubieten haben als wohlfeile Parolen der Art „Wir wollen Friede, Freude, Eierkuchen, Vernunft, Verstand, Toleranz, Internationalität usw. usw.“ – worüber soll denn hier diskutiert werden?

    Tschüss, ich bin dann mal weg! Der gutmenschlichen Selbstbeweihräucherung möchte ich nicht weiter im Weg stehen.

    [1] Mir langt es, dass ich mich mit der Lektüre einiger Bücher aus dem Herder-Verlag in die Vorstellungen einiger moslemischer Reformdenker eingelesen habe. Z.B.

    Der Islam am Wendepunkt, Liberale und konservative Reformer einer Weltreligion, Hg. Katajun Amirpur/Ludwig Ammann, Herder spectrum 5665

    Unterwegs zu einem anderen Islam, Texte iranischer Denker, Hg. Katajun Amirpur, Bd.4 Buchreihe der Georges-Anawati-Stiftung (Modernes Denken in der islamischen Welt)

    aber auch:
    Der islamische Weg nach Westen, Globalisierung, Entwurzelung und Radikalisierung, Olivier Roy, Panthéon bzw. die frz. Ausgabe „L’Islam mondialisé“ bei Editions du Seuil

    [2] Zur Erinnerung: nach Untersuchungen des Bielefelder Soziologen Wilhelm Heitmeyer aus 2007 nimmt die Ablehnung von Muslimen in Deutschland immer mehr zu. 29 Prozent waren eher oder voll und ganz der Meinung, Muslimen solle die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden. 39 Prozent stimmten eher oder voll und ganz der Aussage zu: „Durch die vielen Muslime hier fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land.“ Über 60 Prozent sagten, der Islam passe „überhaupt nicht“ oder „eher nicht“ in „unsere westliche Welt“ und lasse sich nicht mit europäischen Werten vereinbaren.

  35. @ Heinrich, # 30

    „… und entgegen der geschwätzigen Replik von Schnippsel, wo ich nicht verstehe, wieso Bronski sich bei der entschuldigen muss …“

    Schnipsel hat das schon verstanden und verabschiedet sich jetzt aus diesem Blog, weil ihm der Wind hier zu hart entgegenweht.

    Ich habe den BBC-Podcast gefunden mit Thilo Sarrazin im englischen O-Ton. Es ist wirklich kaum zu fassen, selbst wenn man die Peinlichkeiten abzieht, die daraus resultieren, dass Sarrazin kein Englisch-Muttersprachler ist. Das Gespräch mit Kübra Gümüsay kommt ab Minute 43:30.

    Klick hier und dann auf „Listen now“

    I want you to integrate

  36. @Schnippsel

    In der Hoffnung, daß Sie hier zumindest noch mal reinlesen:

    Auch wenn ich selber nur noch sehr sporadisch im FR-Blog vorbeischaue (und dann noch sporadischer meine bescheidene Meinung abgebe), werde ich Ihre intelligenten, fundierten, fairen Beiträge vermissen.

    Mögen Sie noch viele sonnige Wochenenden verbringen!

  37. @Schnipschnap

    auch wenn sie dies nicht lesen… da mich die debatte über integration sehr berührt und aufgrund meines bekanntenkreises persönlich betrifft, sehen sie es mir bitte nach, dass ich teilweise unsachlich und emotional argumentiere (komischer weise sind sie nie auf meine quellenverweise eingegangen) … da ich mich bereits im berufsleben befinde, bin ich nicht mehr „heranwachsend“.

  38. @40 Schnippsel

    Offenbar hat es Ihnen, Frau/Herr Sch., aus weiß ich nicht, die Frau R. aus B. besonders angetan, zumal Sie sich in Ihrem Abschiedsbrief mehrfach auf Frau R. aus B. bezogen haben. Auf den letzten Absatz Ihrer umfangreichen Abschiedsverlautbarung möchte Frau R. aus B. noch kurz eingehen. Frau R. aus B. begrüßt es ausdrücklich, dass Sie an die Heitmeyer-Studien erinnern, zumal Frau R. aus B. das selbst schon mehrfach getan hat. Daraus erklärt sich u.a. auch sozusagen die „marktwirtschaftliche“ Motivation der Broders, Sarrazins und Co.. Eben, das ist die Geschäftsgrundlage der großen und kleinen, bekannten und weniger bekannten, in jedem Fall zahlreichen rassistischen Islamhetzer, wenn über 60 Prozent sagen, der Islam passe „überhaupt nicht“ oder „eher nicht“ in „unsere westliche Welt“ und lasse sich nicht mit europäischen Werten vereinbaren. Wenn Islam-Hetze und andere Unappetitlichkeiten in diesem Zusammenhang „nachgefragt“ werden, und das belegen die Prozentzahlen, dann können damit, in einer „Marktwirtschaft“, glänzende Geschäfte gemacht werden. So funktionieren die Marktmechanismen in einer kapitalistischen Welt. Angebot und Nachfrage bzw. umgekehrt. Und das nutzen, was in einem zombiistischen Kapitalismus legitim ist, die Broders, Sarrazyniker und Co. aus, oder glauben Sie etwa ernsthaft, das rassistische Geschmiere eines Sarrazins wäre deshalb zum erfolgreichsten Buch geworden, weil der Sarrazin ein brillanter Schriftsteller ist? Nee, ne, das glauben noch nicht einmal Sie. Was alleine zählt sind die Auflagen und Einschaltquoten. Was kaputt geht, was an Hass, Feindschaft, Gewalt und sogar Krieg damit erzeugt wird, interessiert den kapitalistischen Zombiismus nicht. Augen zu und durch, der Rubel muss rollen, alles andere ist zu vernachlässigen. Was glauben Sie z.B., welche Motive Frau Emma Schwatzer zur BILD getrieben haben, oder warum der ganze Politikbetrieb, angefangen bei einem ehemaligen Bundeskanzler und seinem „grünen“ Vize, weitgehend nur noch aus Lobbyisten besteht, um das mal ganz vornehm und sehr zurückhaltend auszudrücken? Kohle, Kohle über alles, auch christliche Linsen genannt.;-) Und weil das so ist, wie es ist, hatte ich Sie in @14 schon einmal auf einen Absatz des Eingangstextes hingewiesen, der das in schöner Offenheit beschreibt. Sozusagen als Abschiedsgeschenk, möchte ich, extra für Sie, die entsprechende Passage erneut zitieren:

    „Angst, Angst, Angst. Das ist das Generalmotiv der „Islamkritik“, auch wenn sie sich angriffslustig gibt und so davon abzulenken versucht, dass sie sich in der Defensive fühlt. Warum ist das so? Ich habe eine Vermutung. Die Protagonisten der „Islamkritik“ können nicht mehr anders. Angst ist ihr Kapital. Sie leben davon, zu warnen und Angst und Panik zu verbreiten, denn als Publizisten haben sie sich auf das Genre „Islamkritik“ festgelegt. Ohne dieses wären sie nichts. Sie sind damit auch wirtschaftlich davon abhängig. Angst ist nicht nur ihre Pose, sondern ihr Lebensunterhalt. Sie haben ein Interesse daran, Angst zu verbreiten, denn sie leben davon, ganz handfest, in Euro und Cent. Ihr Kapital ist die Angst.“

    Aber dennoch können Sie unbesorgt sein, die Hetze gegen den Islam wird weitergehen, auch wenn sich der neu ernannte Bundesinnenminister, Friedrich, mit einer schon unglaublichen, gnadenerweisenden Großzügigkeit im Deutschlandfunk dazu „bekannt“ hat, dass Menschen muslimischen Glaubens zur … deutschen Gesellschaft gehören. Donnerwetter, welch eine Erkenntnis!! Spontan habe ich mich gefragt, wozu sollten sie denn sonst gehören, zumal sie, die muslimisch Glaubenden, doch nun mal in dieser Gesellschaft auf Dauer leben. Der Herr Friedrich hat dann noch gesacht, dass es Aufgabe der Politik sei, den muslimisch Glaubenden bei der Integration zu helfen. Was dieser Mann unter Hilfe versteht, möchte ich jetzt aber nicht näher beleuchten, denn dann würde Ihnen Ihr Abschied noch schwerer fallen als ohnehin schon, wie ich mal ganz frech vermute.

    Schönen Sonntag.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  39. Mir geht es wie FRettchen, auch ich werde Schnippsel vermissen.

    @ Jutta Rydzewski #44:
    zum Absatz: “Angst, Angst, Angst. Das ist das Generalmotiv der “Islamkritik” fällt mir analog zu Bronskis Zitat-Umdeutung sehr aktuell ein:
    “Angst, Angst, Angst. Das ist das Generalmotiv der “Kernkraftkritik” …

  40. In unseren Medien werden m.E. religiöse Themen viel zu oft und auch viel zu weit aufgeblasen.
    Religion spielt in unserem Leben längst nicht mehr die dominierende Rolle. Das ist auch gut so.
    Als Agnostiger stehe ich besonders der katholischen Kirche kritisch gegenüber, und sage das auch unumwunden. Desgleichen wage ich auch zu sagen : Ich mag auch den Islam nicht.
    Ich brauche sie beide nicht.

  41. Ich habe den Eindruck, dass die Islamdebatte im Augenblick in der öffentlichen Diskussion kaum noch eine Rolle spielt. Der Beitrag von Bahners in der FAZ, der im Zusammenhang mit seiner Buchveröffentlichung stand sowie ein paar Reaktionen darauf markierten den Abschluss. Das war’s in meinen Augen.

  42. @47 maat

    Im Augenblick mag sein, aber auf Dauer wird dieses überaus „dankbare“ Thema sicherlich immer wieder „bemüht“ werden. Wenn sich die grün/rote Euphorie etwas gelegt hat, der Guttenzwerg mit seinen Untertanen immer noch schmollt, und sich auch sonst nix Berichtenswertes anbietet, wird der graue „Islam-Alltag“ bestimmt wieder hochgezogen. Überhaupt, das Thema wird „uns“ noch auf sehr, sehr lange Zeit „begleiten“, nicht nur national sondern weltweit. Denken Sie nur daran, wie viele „Islam-Experten“ von diesem Thema „leben“, im politischen wie im ökonomischen Sinne. Gar nicht auszudenken, wenn z.B. den Seehofers, Dobrindts, Broders, Schwatzers, oder den versammelten Sarrazinaten ihr Islam-Räppelchen weggenommen wird. Aber immerhin, der neue Innenminister hat ja gesacht, dass die Muslime zur deutschen Gesellschaft gehören. Wer hätte das gedacht? Das ist ja fast so, als ob Muslime in den deutschen Adelsstand erhoben worden sind. Bin mal gespannt, wann die ersten Danksagungen erfolgen.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  43. Die Nachwirkungen der „Integrations“debatte sind hammerhart… seit Sarrazins Buch fühlen sich viele Muslime wie aussätzige, Friedrich wird das Thema wieder aufrollen, wenn es sich nicht von selbst aufrollt

  44. Im Kommentar Nr. 29 wurden mir ein paar Fragen gestellt.

    „Also, wenn die Mehrheitsgesellschaft von der Integration vor Ort, in den Kommunen, wenig mitbekommt, dann besteht die Frage, wo müsste sie denn dann stattfinden, damit sie etwas davon mitbekommt? Mein Auffassung ist, gerade dort vor Ort, in den Kommunen, müsste sie der Bürger doch am ehesten bemerken?
    Oder ist es eher die “Kleinteiligkeit”, weswegen die Mehrheitsgesellschaft wenig mitbekommt? D.h. die Erfolge praktischer Integrationsbemühungen, wenn es welche gibt, sind recht klein, können von der Mehrheitsgesellschaft auch schon mal übersehen werden… meinten Sie das so?“

    Hallo Max Wedell. Der Teufel ist ein Eichhörnchen, was? Sehr witzig.
    Meine Beobachtung ist eine völlig andere. Wir haben hier einige sehr gute Integrationsprojekte, bei denen meines Erachtens konsequent gefordert und gefördert wird. Zum Beispiel Projekte zur Gewaltprävention bei jungen Muslimen, die meistens mit einem gestörten Bild von Männlichkeit aufgewachsen sind. Dafür kann es viele Ursachen geben, und das führt hier zu weit. Dieses Streetworker-Projekt hat tatsächlich dazu geführt, dass es bei uns ruhiger wurde. Es wurde zu etwa gleichen Teilen von Stadt und Land bezahlt, der Bund hat auch was dazu gegeben. In der Zeitung war darüber zu lesen. Wem also nicht von allein aufgefallen war, dass es friedlicher geworden war, der fand in der Zeitung was darüber. Darum fiel ich fast aus allen Wolken, als an meinem Stammtisch über die Geldverschwendung geschimpft wurde, weil das Projekt natürlich nicht kostenlos war. Beschwert haben sich die gleichen Leute, die vorher darüber geschimpft haben, dass man sich auf Dresdner Straßen nicht mehr sicher fühlen konnte. Jetzt konnte man sich sicher oder wenisgtens sicherer fühlen, und das war dann Geldverschwendung. Es gab dann eine hitzige Diskussion, in der mir Worte um die Ohren gehauen wurden, die ich in diesem Blog auch schon von Ihnen gelesen habe, Max Wedell. Ich denke, ich weiß auch schon, was Sie auf meinen Kommentar antworten werden.
    Ich sage trotzdem: Das Hauptproblem sind nicht die Muslime, das Hauptproblem sind wir Deutschen. Wir rucken uns die Wirklichkeit immer gerade so zurecht, wie wir sie haben wollen. Wenn wir uns von jungen Kerlen nachts auf der Straße bedroht fühlen, die irgendwie südländisch aussehen, dann rufen wir nach dem Staat bzw. nach der Polizei. Wenn der Staat dann etwas tut, dann bedeutet das ein Einknicken vor den Muslimen, verbunden mit Verschwendung von Steuermitteln.
    Jeder kann die Erfolge der jeweiligen kommunalen Integrationspolitik daran ablesen, ob es in seiner Umgebung friedlich ist oder nicht. Aber nicht jeder will diese Erfolge auch registrieren. Manche sind ganz zufrieden damit schimpfen zu können. Diese Haltung ist in unserer Gesellschaft mehrheitsfähig, und darum ist das für mich die Mehrheitsgesellschaft.

  45. Innenminister Friedrich ist der einzige, der noch anständiges DEUTSCH kann:
    Der Wulff-sche Satz „Der Islam ist angekommen“ ist absoluter Schwachsinn, weil der Islam hier personifiziert wird. Aber „der Islam“ ist ja keine Person, sondern STECKT IN DEN PERSONEN.

    Aber nur wirkliche Personen können ankommen, daher hat Friedrich recht: „Die Muslime sind hier angekommen“ — absolut richtig, ohne blödsinnige Personifikation bzw. Metapher.

    Lernt mal anständiges DEUTSCH überall, ihr Nullen überall!!!!!

    Mit der Korruption der Sprache beginnt jegliches Unheil… (Karl Kraus)(.)

  46. es sollte auch hier die Aktion „ein Tag ohne uns“ geben… an dem Muslime und auch andere Menschen, die sich aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert fühlen, streiken… die ganze Aktion sollte länger als ein Tag sein… das wäre eventuell ein leiser Weckruf!

  47. @ Guidolein # 51

    Lern erst einmal anständig Blogkommentare zu schreiben, du Vollidiot! Will nicht sagen: anständige Blogkommentare, die gibt es genauso wenig wie anständiges Deutsch. Nur „wirkliche Personen“ können anständig sein, nicht aber Sprachen.

    Über Karl Kraus zu reden wäre ich hier wohl berufener als irgendwer, Walter Benjamin bezeichnet, wie man sieht mit Recht, dessen Adepten als „trostlos“. Also: statt die Backen so dich zu machen und dich mit Versatzstücken aus Texten von Karl Kraus zu schmücken, hör auf, hier die deutsche Sprache auf so unheivolle Weise zu korrumpieren!

    Nehmen wir nur den Satz: „Der Wulff-sche Satz “Der Islam ist angekommen” ist absoluter Schwachsinn“ .

    „Wulffsche“ wird ohne Bindestrich geschrieben, wo genau ein B indestrich zu setzen ist, bekommen wir später einmal. Die Floskel vom „absoluten Schwachsinn“ ist Schwachsinn. „Schwach ist ein relationaler Begriff im Vergleich zu stark. „Schwachsinn“ gibt es also immer nur im Verhältnis zu stärkerem, im Wortsinn sinnhafterem Sinn.

    Immerhin wird mit der Behauptung: „Innenminister Friedrich ist der einzige, der noch anständiges DEUTSCH kann“ guidolein aus dem Kreis der auserwählten Deutschkenner ausgenommen. Zum Kreis der Anständigen gehört er ohnehin nicht. Aber was an folgendem kruden Satz „anständig“ im kruden guidoleinschen Sinne sein soll, verschließt sich meinem Verständnis:

    „Dass der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt.“  

    Eine Tatsache, die sich nicht belegen lässt? Einen solchen Satz hätte der anständige, wenn auch egomanische Karl Kraus sich auf der Zunge zergehen lassen. so spricht und sprach man nicht einmal in Österreich.

    Was aber nun den zitierten angeblichen Wulffschen Satz betrifft, so hat der diesen umgekehrt eben nicht gesprochen, sondern der ist eine guidoleinsche Erfindung, damit er so die scheinhafte Möglichkeit bekommt, Wulff, dem er sonst trotz dessen bescheidenen Verstandes nicht beizukommen weiß, in einem relativ (!) schwachsinnigen Kommentar kritisieren kann.

    Tatsächlich führte Wulff wörtlich aus:

    „Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“

    Aber selbst die Aussage „Der islam ist angekommen“ wäre sprachlich nicht unanständig, sondern korrekt. Er wäre die metaphorische Aussage, dass die Religion des Islam sich mit den und durch die hier lebenden Muslime in Deutschland etabliert hat. Darin ist keine Personifizierung des Islam ausgedrückt, sondern hier ist sprachlich etwas Abstraktes versinnlicht. „Islam“ und „Religion“ sind nämlich abstrakte Gegenstände. Für ein Spatzenhirn auf Grundschulniveau: „kann man nicht anfassen“.

    Problematischer ist da schon die Form, in der Friedrich zum geistigen Gegenschlag ausholt, indem er nämlich flugs das Motiv der Kulturlosen von der „deutschen Leitkultur“ in Stellung bringt.

    „Die Leitkultur in Deutschland“, sagte Friedrich nämlich, „ist die christlich-jüdisch-abendländische Kultur, nicht die islamische“.

    Bedenkt man, dass die jüdische Kultur erst einmal als „fremdes Element des germanischen Volksgefühls“ (Treitschke) deklariert und die Juden vertrieben oder ermordet worden sind, bevor sie von Leuten wie Friedrich zum Ritterkreuzträger der deutschen Leitkultur geadelt werden konnten, dann kann man die Muslime nicht genug davor warnen, sich mit der deutschen Kultur gemein machen zu wollen.

    Denn die da vollmundig die „christlich-jüdisch-abendländische Kultur“ in Anspruch nehmen, berufen sich allemal auf das „Volk der Richter und Henker“ (Karl Kraus)

  48. Was die deutschen Teilnehmer, an der Spitze der neue oberdeutsche Innenminister, Friedrich, wirklich von der so genannten Deutschen Islamkonferenz halten, ist bei der ersten Sitzung unter dem Neuen klar geworden: Eine verlogene Veranstaltung, bei der sich die deutsche Teilnehmerseite bis auf die Knochen blamiert hat. Die übliche parteipolitische Verwurstung, „angereichert“ mit der perfiden Forderung, des neuen Oberdeutschen, nach Denunziation (offenbar immer noch oder schon wieder eine deutsche Spezialität). Die ursprüngliche Absicht der Konferenz, Gemeinsamkeiten zu stärken, Unterschiede zu bewältigen, Integration und Teilhabe zu fördern, klingt spätestens jetzt nur noch wie Hohn und Spott. Ein erbärmliches Schauspiel, was während, aber auch besonders im Anschluss an die Konferenz, von deutscher parteipolitischer Seite geboten wurde. Höhepunkt der Boykott-Aufruf aus der SPD. Das muss mensch sich einmal vorstellen, da streiten sich die Parteien wie die Kesselflicker, und haben offenbar immer noch nicht kapiert, dass es gar nicht um ihren kleingeistigen Parteienstreit sondern um Integration geht. Peinlich, peinlich, peinlich. Dass die schwarz verbretterte Union, insbesondere der Rechtsaußenverein aus Bayern, unter Integration lediglich deutschen Lei(d)kulturkokolores versteht, ist sicher nix Neues, dass Rot/Grün aber auch nix Vernünftiges zustande bringen, unterstreicht die Armseligkeit des gesamten Politikbetriebes in dieser wichtigen Angelegenheit. Beispiel nehmen sollten sich die deutschen „Integrationsexperten“ an der anderen Teilnehmerseite. Es ist doch beschämend, wenn z.B. der Vizevorsitzende der Alevitischen Gemeinde Deutschland, Ali Ertan Toprak, selbst Mitglied der Grünen, den parteipolitisch Verblödeten sagen muss, dass die muslimischen Verbände sehr wohl für sich selbst eintreten können. Toprak: „Es ärgert mich, dass SPD und Grüne immer meinen, sie müssten in unserem Namen sprechen.“ Sowohl die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), als auch die Türkische Gemeinde wollen in jedem Fall weiter diskutieren und die Konferenz fortsetzen. Ggf. sollte die deutsche Seite zunächst einmal von der muslimischen lernen, dass es nicht um Selbstdarstellung, Parteipolitik, um Schaulaufen eines neuen Ministers und Hühnergackern geht, sondern um ein außerordentlich wichtiges Thema, was gerade für Deutschland täglich wichtiger wird. Apropos gackern. Ich höre sie schon wieder gackern, insbesondere aus dem unfähigen christinistischen Unionshaufen, von den Integrationsverweigerern, die doch nur staatliche Transfers „abgreifen“ wollen, wogegen „wir uns“ bis zur letzten Patrone wehren müssen, wie es z.B. der bayerische Karnevalsvorsitzende, Seehofer, beim letzten politischen Aschermittwoch stolz herausposaunt hatte.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  49. Nachtrag:

    http://ad-sinistram.blogspot.com/2011/03/der-friederich-der-friederich-der-ist.html

    Letzter Absatz daraus:

    Hans-Peter Friedrich tritt mit einer Dreistigkeit auf, die nichts Gutes für die Zukunft erahnen läßt. Da stolperte ein harter, menschlich wohl aber total unfähiger Hund und versessener Kreuzritter bloß aufgrund Parteiproporzes in einen Ministersessel hinein. Mit frecher Schnauze und kaltblütiger Überheblichkeit spielt er den unnachsichtigen Sheriff und brüskiert damit die Muslime dieses Landes. Friedrich ist ein geschichtsvergessener Schnösel, der aufgrund seines persönlichen Geltungsbedürfnisses keinen inneren Frieden wahren oder fördern kann – er ist ein arroganter und überheblicher Brandstifter, der glaubt, das Miteinander habe daraus zu bestehen, dass der Muslim in Deutschland voller Unterwürfigkeit dem abendländischen Deutschen zu begegnen habe. Wie ein Kolonialherr trat er bei der Islamkonferenz auf – das sind scheinbar die Qualitäten von Ministern, wie man sie sich in diesen Zeiten, da Sarrazin als weiser Philosoph gilt, dringlich erhofft. Noch mehr von dieser kleingeistigen aber dreisten Sorte und es brennt in diesem Lande lichterloh – innen wie außen!

  50. Mit dem Nachhaken ist es so eine Sache. Bronski versucht in der ziemlich langen Anmoderation die Islamkritik zu entlarven. Mit einigen Beispielen, bei denen man allerdings ebenfalls nachhaken sollte.

    „Das Fazit der Studie: “Von ‘erheblichen Verweigerungsquoten’ sei auszugehen (so Kelek)… Martin Spiewak, Zeit-Redakteur, hat die Kelek-Ergebnisse überprüft, indem er Stellungnahmen von Kultusministerien und Schulbehörden einholte, und kommt zu dem Ergebnis: “Die These vom breiten Unterrichtsboykott muslimischer Eltern scheint nicht haltbar.” … “Aus Hamburg hörte Spiewak, die größten Schwierigkeiten habe man mit christlichen Fundamentalisten.”

    Hm, da werde ich zumindest stutzig. Hier werden Aussagen von Politikern und politisch Handelnden als Gegenargumente geliefert. Wahrscheinlich auch noch von jenen, die uns jahrzehntelang vorgegaukelt haben, dass es keine schwerwiegenden Probleme im Bereich der Integration gebe. Ich kenne genug Lehrer, die sich immer wieder darüber beklagen, dass sich gerade Schulleiter und Behörden um die Zustände in den Problemschulen, insbesondere um das Problem der mangelnden Integrationswilligkeit von Schülern mit bestimmtem MH, herumdrücken, sie gar aus guten Gründen einfach ignorieren. Schulleiter wollen ihre Schulen nichtin Verruf bringen, Behörden haben kein Interesse bei der Regierung anzuecken.

    Vor einem Jahr gab es in einem Berliner Magazin eine Gegenüberstellung zweier Interviews genau zu diesem Thema. Das erste wurde mit einer Grünen-Bezirksstadträtin, das zweiete mit einem SPD-Stadtrat eines angrenzenden Bezirkes mit ziemlich gleicher Problemsituation geführt. Ihre Aussagen konnten widersprüchlicher nicht sein. Das sollte doch zu denken geben.

    Aber warum wird nicht näher auf jene Problemfelder eingegangen, bei denen klare Fakten ein klares Bild ergeben? Einwanderer aus bestimmten Herkunftsländern sind insbesondere in Kriminalitäts- und Arbeitslosenstsatistiken deutlich überrepräsentiert. Ich werde morgen weiterschreiben- bis denne.

  51. @ fox

    Die folgenden Zahlen können Sie in der BAMF-Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“ von 2009 (!) entnehmen:

    Am gemischtgeschlechtlichen Sportunterricht nehmen 0,1 % der Muslime aus religiösen Gründen nicht teil, aus anderen Gründen 0,8 % der Muslime (1,0 % der weiblichen Muslime) sowie 2,1 % der Schüler anderer Religionszugehörigkeit (2,0 % der weiblichen Schüler).

    Am gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht nehmen 1,0 % der Muslime (1,9 % der weiblichen Muslime) aus religiösen Gruünden nicht teil. Aus anderen Gründen nehmen 1,9 % der Muslime (2,2 % der weiblichen Muslime) sowie 1,2 % der anderer Schüler (0,8 % weiblich) nicht teil.

    Das sind Keleks „erhebliche Verweigerungsquoten“.

  52. @ fox

    Nur nebenbei: Es handelt sich bei meinem Eingangstext nicht um eine Anmoderation, sondern um eine Rezension des Bahners-Buchs, über die gestritten werden kann.

  53. @Jutta
    Sie haben natürlich Recht, die Muslime in der Islamkonferenz, sollten selbst einschätzen, wiees nun weiter geht. Insbesondere habe ich des öfteren an politischen Sitzungen teilgenommen, um sagen zu können, dass keiner von außen nachvollziehen kann, wie die Situation in der Konferenz ist. Keiner kann von außen einschätzen, wie sich die Betroffenen verhalten sollten… um den Deppen ggf. loszuwerden. An sich ist der Boykott eine interessante Idee, ob das was bringt ist die andere Frage. Und wenn die muslimishen Vertreter der Ansicht ind, die Diskussion ist eine bessere Idee, dann werden sie das schon richtig machen ;-). Denn nur sie sind die Spezialisten, da es in der Debatte um sie geht. Ih weiß das ist ein wenig durcheinander geschrieben, das ist die Müdigkeit. Gute Nacht

  54. @ Sarah

    Ein Problem besteht auch darin, dass die in der Islamkonferenz vertretenen Organisationen nur unzureichend „die Muslime“ in Deutschland repräsentieren. Die meisten Muslime gehören keinem muslimischen Verein an und auch die Mehrzahl der Moscheevereine hat sich keinem der Verbände angeschlossen. Das liegt auch daran, dass Muslime keine Gemeindestruktur brauchen, um entsprechend ihrer religiösen Vorstellungen zu leben, so lange es in der Nähe eine Moschee gibt, in die man zum Beten gehen kann.

    Deshalb ist der Einfluss des „organisierten Islams“ auf „problematische“ Jugendliche oder auf radikalisierte Einzelpersonen bzw. Gruppen begrenzt. Auch dies zeigt, dass Friedrichs Idee einer Sicherheitspartnerschaft nicht durchdacht ist, abgesehen von der psychologischen Wirkung einer solchen Forderung, die eine Kollektivhaftung „der Muslime“ für islamistischen Terrorismus suggeriert.

    Das heißt nicht, dass man die Probleme wie den wachsenden Antisemitismus unter muslimischen Jugendlichen, Jugendgewalt, Bildungsverweigerung, Unterdrückung von Frauen und islamistischen Radikalismus totschweigen darf. Auch darüber muss gesprochen werden, was bereits an vielen Stellen und vor Ort – ohne öffentlichen Tamtam – geschieht und auch in der Islamkonferenz thematisiert wurde.

  55. @Abraham

    ich denke auch nicht, dass man der Islakonferenz beigewohnt haben muss um urteilen zu können dass Friedrich eine komplette Fehlbesetzung ist… 😉

    Den wachsenden Antisemitismus stelle ich persönlich zwar nicht fest, allerdings denke ich ist dieser hauptsächlich auf den Konflikt zw. Israel und Palästina zurück zu führen.

  56. @ Sarah

    Auf den Nahostkonflikt kann man den muslimischen Antisemitismus nicht allein zurückführen, weil sich dieser Hass nicht gegen Israel (oder die Israelis), sondern gegen Juden allgemein richtet. Nicht „du Israeli“, sondern „du Jude“ ist das wieder aufgetauchte Schimpfwort auf deutschen Schulhöfen. Das in muslimischen Gesellschaften relativ neue Phänomen des Antisemitismus ist ein Teil der Ideologie der Moslembrüder seit deren Gründung und wird derzeit vor allem von Hisbollah und Hamas mit Versatzstücken der europäischen antisemitischen Mythen des 19. Jahrhunderts kräftig geschürt. Die „Protokolle der Weisen von Zion“ (einer Fälschung des zaristischen Geheimdienstes, in der die heimliche Weltherrschaft der Juden „entlarvt“ wird) und allerlei Variationen der „Ritualmordlegende“ erfreuen sich leider großer Beliebtheit in der arabischen Welt und beeinflussen auch die „Populärkultur“ in der Türkei (wie die TV-Reihe „Im Tal der Wölfe“ und die gleichnamigen Kinofilme, die auch in Deutschland von jungen Türken konsumiert werden). Auch die „Waffenbrüderschaft“ zwischen Nazi-Deutschland und dem Mufti von Jerusalem wirkt noch nach. Zu den Zeiten, als man noch problemlos in die palästinensischen Gebiete reisen konnte, habe ich öfters von höchst irritierten deutschen Touristen gehört, dass sie mit den Worten „Hitler gut“ begrüßt wurden.

    Ich kenne etliche Muslime, denen diese Entwicklung großes Kopfzerbrechen macht und die versuchen, gegenzusteuern.

  57. Sarah (#61), da möchte ich dringend Widerspruch äußern. Hier übernehmen Sie leider unkritisch ein ideologisches Rechtfertigungsmuster des islamistischen Antisemitismus. Welchen realen Einfluss sollte denn der Israel-Palästina-Konflikt für die Lebenswirklichkeit junger Muslime in z.B. Pakistan, Tunesien, Berlin-Neukölln oder einer französischen Banlieue haben? Es erscheint mir einigermaßen offensichtlich, dass der Verweis auf diesen Konflikt einerseits dazu dient, erlebte Probleme und Widersprüche (auch innere Widersprüche) auf einen externen Feind zu transformieren, und andererseits zur Einbindung von Menschen in eine virtuelle „Opfergemeinschaft“. Diese selbst zugeschriebene „Opferrolle“ dient wiederum sowohl zur Rechtfertigung eigener Agressionen („Notwehr“) wie auch zur Abwehr unerwünschter äußerer Einflüsse (man befindet sich ja quasi in einem Ausnahmezustand).

  58. @ Abraham @dreas

    Ich bin mir nicht sicher, ob tatsächlich alle zwischen Israel und dem Judentum unterscheiden können. Z.B. habe ich einmal eine Dokumentation gesehen, in der palästinensische Kinder und Jugendliche davon sprachen, dass „die Juden“ ihre Häuser zerbombt hätten.

  59. @ Marie

    Bei dieser Äußerung wird wohl klar sein, dass nicht Juden aus Frankreich oder Australien gemeint waren. Ansonsten ist ein palästinensischer Antisemitismus (den gibt es leider auch in den von der Autonomiebehörde kontrollierten Medien und vor allem in übelster Form in der Hamas-Propaganda) nicht weniger schlimm als der muslimische Antisemitismus z.B. in Kreuzberg.

  60. ok, bestimmt gibt es noch etliche andere Faktoren, die einen Antisemitismus herbeiführen keine Frage…und er ist freilich da und sehr ernst zu nehmen.
    Als Begründung von vielen muslimischen Jugendlichen höre ich sehr oft die Geschichte mit dem Nahostkonflikt… andere Faktoren fallen ihnen gar nicht ein… sie sagen eben „die Juden (eig. Israelis, für einige sind das wie von Marie bereits erwähnt, alles Juden)greifen uns Muslime an… sie töten Menschen.“ Sie identifizieren sich mit den Palästinensern.
    Dies macht sich zumeist an der sehr dramatisierten Medienberichterstattung des Fernsehens in den jeweiligen Sprachen fest. Es werden Bilder von leidenden Menschen gezeigt, Bilder die ein sehr einseitiges Bild auf den Nahostkonflikt werfen.
    Das ist der Grund, warum ich einiges des Antisemitismus unter Muslimen am Nahostkonflikt festmache. Ihr habt natürlich recht, dass dies nicht die einzige Erklärung sein darf. Aber es ist eine sehr Bedeutende. Ähnliches erklärt auch Özdemir von den Grünen.

    http://www.welt.de/politik/article3256528/Oezdemir-warnt-vor-Antisemitismus-unter-Muslimen.html

  61. Sarah (#67), ich denke, dass man sich darauf einigen kann, dass der Nahostkonflikt sicherlich ein bedeutender Anlass für die Hervorbringung offen antisemitischer Denk-, Sprach- und Verhaltensmuster bei muslimischen Jugendlichen ist, aber wohl kaum (abgesehen vielleicht von Fällen direkter Betroffenheit) deren Ursache im eigentlichen Sinn. Hier spielt vermutlich das von Cem Özdemir genannte Bedürfnis nach einer eigenen, positiv besetzten Identität („Kampf gegen die Unterdrücker des palästinensischen Volkes“, wobei „die Palästinenser“ stellvertretend für die Gesamtheit der Muslime stehen) die größere Rolle. Hinzu kommt vermutlich teilweise die Lust an der Provokation, wie sie in den von Marie verlinkten Blogbeiträgen (#66) beschrieben wird. Ich hatte deswegen so klar widersprochen, weil ich es wichtig finde, zwischen Anlass und Ursache zu unterscheiden, und es fatal fände, wenn der Eindruck entstünde, Rechtfertigungsversuche für Inhumanität im Kern zu akzeptieren.

  62. @Marie #64

    Nun, wie sollten sie auch, wo die Israelis es ihnen ja quasi vormachen?
    Ich erinnere mich noch gut, daß vor einigen Jahren die BBC eine Dokumentation (o.ä.) brachte, in der es in irgendeiner Weise darum ging, wie Israel sich gegenüber Palästina verhalten hatte, und das Verhalten war nachweislich ein sehr kritisierbares gewesen. Daraufhin bezichtigte die israelische Politik die BBC des Antisemitismus (explizit wegen dieser Reportage!).

    Davon einmal abgesehen, ist es ganz grundsätzlich schwierig (etwas zu kritisieren)- und das gilt sowohl für den ‚Antisemitismus‘ als auch für die ‚Islamophobie‘ – , weil beide Religionen Staatsreligionen sind. Da ist es IMMER so gut wie unmöglich, das eine vom anderen zu trennen. Kritisiert man die Religion, kritisiert man zwangsläufig die Menschen dieses Landes. Und wer ein paar hundert Jahre zurückdenkt, wird feststellen, daß es im Christentum kaum anders gewesen ist.

    Ich denke, solange sich in dieser Hinsicht nichts ändert, wird sich auch an den Empfindungen und Reaktionen nicht viel ändern.

  63. @ # 69 Frettchen

    Ich verstehe Ihre Argumentation überhaupt nicht. Weil die israelische Regierung bestimmte Kritik an ihrem Vorgehen als antisemitisch bezeichnet (worüber man streiten kann, denn selbstverständlich ist nicht jede Kritik Israels schon Antisemitismus, aber es gibt auch ausgesprochen antisemitische Kritik), ist der undifferenzierte Antisemitismus arabisch stämmiger (oder palästinensischer) Jugendlicher in Ordnung?
    Es erschließt sich mir nicht, wenn Sie in diesem Zusammenhang von „Staatsreligion“ sprechen. Zum einen stimmt es schon in Bezug auf Israel nicht. Israels Regierung wird zwar auch von einigen religiösen Parteien getragen, die Regierungspolitik ist aber nicht religiös – schon gar nicht bezüglich des Konflikts mit den Palästinensern – begründet. Die Mehrzahl der jüdischen Israelis versteht sich als nicht-religiös, und es gibt sowohl religiöse Kritiker (z.B. die „Rabbiner für Menschenrechte“) wie auch nichtreligiöse Kritiker der Besatzungs- und Militärpolitik. Über die intensive Auseinandersetzung innerhalb der israelischen Gesellschaft kann man sich aus Büchern und Filmen israelischer Autoren auch in Deutschland informieren (gerade die kritische Auseinandersetzung mit den Libanonkriege ist das Thema mehrerer beindruckender Filme aus Israel, wie „Belfort“, „Walz with Bashir“ und zuletzt „Lebanon“).

    Das entscheidende ist aber, dass fast die Hälfte der Menschen, die sich zum Judentum bekennen, keine Israelis sind, sondern in den USA, Europa, Russland, Südafrika oder Australien als Staatsbürger ihrer Länder leben. Ich möchte an den Ausgangspunkt unserer Diskussion erinnern: Es ging darum, dass es falsch ist, Muslime als Gemeinschaft für Islamismus und islamistischen Terror verantwortlich zu machen. In Bezug auf Juden soll es nun „verständlich“ sein, wenn sich gegen sie ein durch angebliche oder tatsächliche Untaten Israels begründeter Hass richtet?

  64. @Abraham
    Das habe ich so nicht geschrieben. Auf Maries Einlassung, daß palästinensische Jugendliche „die Israelis“ mit „den Juden“ gleichsetzten, habe ich ein Beispiel gebracht, daß die israelische Regierung dies ja auch tut: indem sie Kritik an Israels Politik als Antisemitismus bezeichnet, also als gegen Juden gerichtet, weil sie Juden sind. (Und die BBC-Reportage damals hatte überhaupt nichts mit Judentum zu tun und war strikt politisch, ohne irgendeinen religiösen Aspekt. Von Antisemitismus konnte also wirklich nicht die Rede sein.)

    Daß dies leider dazu führt, daß z.B. in Frankreich Juden (von arabischen Jugendlichen) überfallen werden, halte ich selber auch für absolut bedauerlich. Ich wollte lediglich aufzeigen, wie es dazu kommen kann. Eine Erklärung liefern, sozusagen. Von „verständlich“ habe ich nichts geschrieben.

    Abgesehen davon ist es der israelischen Regierung schon wichtig, daß möglichst viele Israelis auch Juden sind, immerhin haben sie ihren Staat darauf gegründet. Bitte, die Gründung Israels gründet auf der Geschichte des Judentums, da kann man doch nicht einfach sagen, dem sei nicht so, bloß weil die jüdischen Israelis sich heutzutage angeblich als nicht-religiös bezeichnen.

    Daß ich hier nur auf einen Zwischenaspekt eingegangen bin, der mit dem Ausgangspunkt der Diskussion nicht unbedingt etwas zu tun hat, möge man mir verzeihen.

    P.S. und wenn Sie jetzt argumentieren möchten, daß ich „die Israelis“ geschrieben habe, wo es um, na sagen wir mal, „Taten der israelischen Regierung geht“, möchte ich darauf hinweisen, daß die Mehrheit der Israelis diese Taten rechtfertigt.

  65. @ FRettchen

    Ich will hier keine Israel-Debatte lostreten. Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass der Konflikt zwischen den Israelis und den Palästinensern kein religiöser ist, sondern einer von zwei „jungen“ Nationen, die eine staatliche Lösung – einen jüdischen Staat einerseits und einen palästinensischen anderseits – im gleichen Gebiet suchen. Ein Konflikt, in dem nicht nur echt gegen Recht steht, sondern leider auch Unrecht gegen Unrecht. Ein Konflikt, den das propagandistische Schüren von Judenhass, wie es die Hisbollah und die Hamas (und abgeschwächt leider immer wieder auch die palästinensische Autonomiebehörde) tun, nur verschärft. Auch deshalb, weil dies bei den „normalen“ Israelis das Gefühl des Kampfes um Existenz verstärkt, eines „Überlebenskampfes“, in dem es um „wir oder sie“ geht, in dem deshalb jedes Mittel recht ist. Auch deshalb steht die Mehrheit der Israelis hinter der Regierung und hinter dem militärischen Eingreifen in Gasa und Libanon. Eine Mehrheit, die zwar einer Zwei-Staaten-Lösung zustimmen würde, aber auf ihr Zustandekommen nicht glaubt.

    Deshalb ist wichtig, dass es in Israel und Palästina Kräfte gibt, die zum Abbau der Feindbilder beizutragen versuchen. Und auch wir in Deutschland sollten uns nicht durch den Nahostkonflikt in falsche Frontstellungen bringen lassen.

  66. @ Bronski

    Das Thema „Islamkritik“ ist verständlicherweise völlig verdrängt worden von der Diskussion über die FR. Da es aber ein wichtiges Thema ist und ich schon wegen der (Post-) Patriarchats-Debatte leider nicht dazu gekommen bin, zu der Erdogan-Debatte Stellung zu beziehen, möchte ich dich bitten, den Thread zu verlängern bzw. fortzusetzen, ginge das? Sonst morgen vielleicht noch ein paar abrisshafte Gedanken dazu.

    Das Problem des arabischen Antisemitismus weitet das Thema aber allzu sehr aus, das möchte ich für eine spätere gesonderte Diskussion vorschlagen. Dazu hier vorab zwei kurze Buchrezensionen aus der FR von 2004:

    http://www.ca-ira.net/verlag/rezensionen/kuentzel-djihad_rez-flores.2.html

    Der Rezensent hat vor zwei Jahren ein Buch herausgebracht:

    „Der Palästinakonflikt: Wissen was stimmt (HERDER spektrum – Taschenbuch)“

    Der mit der Materie vertraute Micha Brumlik empfiehlt das Buch dem deutschen Publikum anstelle des hier leider nicht zu Ende diskutierten Buchs von Shlomo Sand, Die Erfindung des jüdischen Volkes. Ich war davon eher enttäuscht, weil es mir wenig Neues bot, aber als Kompendium zur Einführung und zum aktuellen Stand Des Israel-Palästina-Konflikts erfüllt es sicher seinen Zweck.

  67. @ Abraham
    Sie nennen Zahlen aus der BAMF-Studie zu der Teilnahme muslimischer Kinder an gemischtgeschlechtlichem Sport- bzw. Schwimmunterricht. Die „Verweigerungsquote“ ist hier tatsächlich äußerst gering. Um die Glaubwürdigkeit dieser Zahlen einzuschätzen, müsste man sich mit der Studie allerdings genauer auseinandersetzen. Dazu habe ich aber keine Zeit. Und außerdem: Teilnahmeverweigerungen in diesen Fällen als auch die Kopftuchdebatte sind völlig harmlose Problemchen, die mich weniger interessieren.

    Dagegen ist es schon auffällig, wie wenig sich Bahner mit den einschlägigen Problemen in den muslimischen Communities auseinandersetzt. Ich habe sie bereits schon häufug in diesem Forum angesprochen. Die Studie des Berlin-Instituts von 2009 nennt erschreckend hohe Zahlen zu Schulabbrüchen unter türkischen und arabischstämmigen Jugendlichen. Auch wenn Bahner auf diesen Mißstand in seinem Buch kurz eingeht, so scheint er aber das reale Gewicht dieser und der anderen Problemlagen völlig zu unterschätzen. So kommt Gewalt in muslimischen Familien in Deutschland überproportianal häufig vor, die Gleichberechtigung der Geschlechter wird in muslimischen Millieus weitgehend nicht akzeptiert. Frauenhäuser in Berlin werden vorwiegend von muslimischen Frauen aufgesucht und 80% aller Intensivtäter in Berlin haben einen MH. Die Akzeptanz von Ehrenmorden ist unter Berliner Jugendlichen m. türkischem oder arabischem Hintergrund erschreckend hoch. Studien, die sich mit solchen Fällen umfassend auseinandersetzen, gibt es nicht. Kann man angesichts dieser Fakten nun Kritiker wie Kelek und Broder als reine Panikmacher darstellen? Selbst Bundespräsident Wulff hielt es für nötig, bei seiner Rede vor dem türkischen Parlament einige dieser Mißstände unter den türkischen Einwanderern in Deutschland offen anzusprechen. Auch wenn Kelek und Broder teilweise Einseitigkeit vorgeworfen werden kann, diesem Vorwurf müsste sich Bahner aber mind. genauso stellen. (Ich muss allerdings einräumen, ich habe bisher nur Ausschnitte seines Buches gelesen.)

    Die Ursachen für o.g. Probleme sind natürlich nicht allein auf den Islam zurückzuführen. Jedoch spielt eine fundamentale Auslegung dabei häufig eine gewichtge Rolle. Man sollte sich nicht scheuen, diese weitgehend zu untersuchen.

  68. @ Fox
    Ihre Reaktion ist das typische Muster der „Islamkritik“. Erst zweifelt man Gegenargumente – wie Sie unter # 56 zur Widerlegung der von Kelek behaupteten „erheblichen Verweigerungsquote“ muslimischer Mädchen beim Schwimm- und Sportunterricht – an. Wenn dann eindeutige Zahlen zeigen, dass die reale Situation den geübten Alarmismus nicht stützt, weicht man sofort auf ein weiteres Thema aus. Wie kommen Sie darauf, dass Bahners, indem er Kelek in Bezug auf „erhebliche Verweigerungsquoten“ widerlegt, die „erschreckend hohe Zahlen zu Schulabbrüchen unter türkischen und arabischstämmigen Jugendlichen“ völlig unterschätzen würde?

    Es gibt kaum jemanden, auch bei den hier wiederholt geführten Diskussionen, der Integrationsdefizite bestimmter Schichten muslimischer Zuwanderer bestreitet. Diese wurden in den letzten Jahren ausführlich untersucht und in zahlreichen Studien kritisch dargestellt, eine Diskussion darüber, was dagegen unternommen werden kann, wird unter Beteiligung der Migranten- und Islamverbände intensiv geführt. Dazu braucht es der „Islamkritik“ nicht. Ihre Protagonisten wie Kelek oder Broda leisten mit ihren Generalisierungen und mit einer Dämonisierung des Islams keinen Beitrag zur Lösung der konkret vorhandenen Probleme, sondern betreiben Panikmache. Und genau darauf zielt Bahners mit seiner Streitschrift, so habe ich zumindest Bronskis Rezension verstanden.

  69. @ Heinrich

    Ich schulde Dir noch eine Antwort zu den strukturellen Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen dem Antisemitismus des 19. Jahrhunderts und dem Islamhass unserer Zeit.

    Zu den Gemeinsamkeiten möchte ich verweisen auf Benz, Wolfgang (Hrsg.): Islamfeindschaft und ihr Kontext. Dokumentation der Konferenz „Feindbild Muslim – Feindbild Jude“. Berlin: Metropol-Verlag 2009. In einer Besprechung von Armin Pfahl-Traughber (http://www.doew.at/aktuell/mitt/191_rez2.html) heißt es:

    >Zu den Gemeinsamkeiten der beiden Feindbilder bemerkt Benz bereits in seiner Einführung bilanzierend: „Die Parallelen von Antisemitismus und Islamfeindschaft sind unverkennbar: Mit Stereotypen und Konstrukten, die als Instrumentarium des Antisemitismus geläufig sind, wird Stimmung gegen Muslime erzeugt. Dazu gehören Verschwörungsfantasien ebenso wie vermeintliche Grundsätze und Gebote der Religion, die ins Treffen geführt werden. Die Wut der Muslimfeinde ist dem alten Zorn der Antisemiten gegen die Juden ähnlich; die Verabredung einer Mehrheit gegen das eine oder andere Kollektiv der Minderheit, das als solches ausgegrenzt wird, ist gefährlich, wie das Paradigma der Judenfeindschaft durch seine Umsetzung im Völkermord lehrt“ … Indessen geht es Benz und seinen MitautorInnen nicht um eine pauschale Gleichsetzung, wollen sie doch primär strukturelle Merkmale der Islamfeindschaft herausarbeiten. Dazu dienen ihnen die vergleichenden Perspektiven der Vorurteilsforschung, wobei gerade die Analyse des Antisemitismus wichtige Hinweise liefert.<

    Zu den Unterschieden nur einige Stichpunkte:
    – Die Juden in Deutschland waren mehrheitlich keine Zuwanderer, wenn auch die „Gefahr“ einer Zuwanderung aus dem Osten eines der Motive des Antisemitismus bildete.
    – unterschiedliche Sozial- und Bildungsstruktur: die Juden als „gefährliche“ Aussteiger, die Muslime als eine für den Sozialstaat „gefährliche“ Unterschicht
    – „jüdische Weltverschwörung“ als reines Hirngespinst, reale Gefahr des Islamismus (wenn auch gegen alle Muslime instrumentalisiert)

  70. @ Abraham

    Ich bin ebenfalls gegen eine Dämonisierung des Islam. Und auch die Protagonisten Kelek und Broder richten sich nicht grundsätzlich gegen diese Religion an sich, sondern sie kritisieren lediglich die politischen, fundamentalistischen Stömungen, die in Deutschland aber leider selbst nach Auffassung von Lale Akgün weit verbreitet sind. Nur eben genau das will P.Bahners nicht wahrnehmen.

    Ich habe unter #75 genügend Beispiele gebracht, die aufzeigen, dass die Kritik Keleks und Broders keine Panikmache ist. Bahners blendet viele dieser Aspekte aus. Seine Methode ist es, sich harmlose Beispiele herauszugreifen, deren Gewichtung überbewertet wird. Auf die Tragweite der einschlägigen Probleme geht er entweder gar nicht, oder nur völlig unzureichend ein.

    Schließlich möchte ich noch auf die Gegenposition von Klaus v. Dohnanyi verweisen, die im Tagespiegel am 14.03. unter dem Titel erschien: Die Panik vor der Panik.

    Ein Auszug:
    „Hier liegt die ganze Schwäche der „Panikmacher“. An keiner Stelle beschäftigt sich Bahners mit der Dynamik des politischen Islam. Dem Buch fehlt jede historische Dimension. Um die einen als „Panikmacher“ beschuldigen zu können, muss Bahners offenbar die anderen für eine problemlose Bagatelle ansehen. Hat uns der Kosovokrieg nicht gelehrt, dass Glaube – auf beiden Seiten – ein schrecklicher Vorwand für Gewalt sein kann?…

    In Deutschland leben vermutlich rund vier Millionen Muslime; ein großer Teil von ihnen ist gläubig (und sicherlich gläubiger als die große Mehrheit der „Kirchensteuer-Christen“). Dieser islamische Glaube muss sich aber in Deutschland irgendwie mit den hier geltenden Regeln und seinen „christlichen Wurzeln“ arrangieren. Die Frage lautet: Kann der Islam das? Und tut er das?

    Es ist diese zweite Frage, die Patrick Bahners „Islamkritiker“ bewegt, nicht die erste. Denn keiner seiner Gescholtenen behauptet, dass es prinzipiell keine Möglichkeit eines „europäischen Islam“ geben könne. Und es gibt ja auch genug islamische Theologen, die eine solche Möglichkeit begründen. Aber das ist eben nicht die Frage. Denn diese lautet: Dient der Glaube des Islam, dienen Teile des Korans manchen Gläubigen und Predigern als Rechtfertigung rechtswidriger Gewalt und der Verletzung von Menschenrechten, und zwar aus Glaubensgründen „dieser schönen Religion“, wie der Frankfurter Mörder meinte?

    Für die weitaus größere Zahl unserer muslimischen Mitbürger gilt das gewiss nicht. Sie sind gläubig und gesetzestreu. Aber warum gibt es so viele Hassprediger und wer hat sie geschickt? Und was ist ihre Wirkung? Professor Udo Steinbach, bis 2007 Direktor des deutschen Orientinstituts, forderte in einer Rede 1998 hierüber „einen Dialog ohne Blauäugigkeit“ und plädierte für einen „Euro-Islam“. Dieser Wissenschaftler (der übrigens in Schwierigkeiten geriet, weil er zu viel Verständnis für die Palästinenser äußerte) sagte damals unter Bezugnahme auf eine aktuelle wissenschaftliche Studie außerdem: „Unter einem nicht geringen Teil der türkisch-muslimischen Jugend hierzulande (bestehe) einen Tendenz, einen seiner selbst sicheren Islam zu verherrlichen, was bei einem Teil von ihr auch eine gewisse Bereitschaft zur Gewalt beinhalte.

    So also schon von einem Islamkenner und Islamfreund 1998. Doch je weiter man in Bahners „Panikmacher“ vorankommt, desto ärgerlicher wird es, dass er den ernsthaften Teil der Islamkritik entweder völlig ausblendet oder unvollständig – und teilweise sogar verfälschend – zitiert. Ein bisschen mehr an historischer Aufmerksamkeit hätte ich gerade von Bahners erwartet. Nur beispielhaft: Als 1995 der großen, in Harvard lehrenden Islamwissenschaftlerin Annemarie Schimmel der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen wurde, gab es vielstimmigen Protest, weil Frau Schimmel im Zusammenhang mit den islamistischen Todesdrohungen gegen Salman Rushdie bemerkt hatte, der Autor habe „auf sehr üble Art die Gefühle einer großen Menge von Gläubigen“ verletzt. Die Kritiker dieser Äußerungen verlangten nun die Rücknahme des Preises und forderten Bundespräsident Roman Herzog auf, von einer Laudatio abzusehen.

    Hier der Link:
    http://www.tagesspiegel.de/kultur/die-panik-vor-der-panik/3946164.html#kommentare

  71. Lieber Abraham,

    danke für die zusätzlichen Informationen! Einiges davon ist mir bekannt, mit anderem beschäftige ich mich gerne weiter, gegen einiges hätte ich ggf. auch kritische Einwände. Zum eigentlichen Thema hätte ich, wie gesagt, auch noch etwas beizusteuern gehabt, allein, Bronski hält mich bzw. meine Nachfrage einer Antwort offenbar nicht für würdig. Deshalb: vielleicht ein andermal an anderem Ort.

    Grüße
    Heinrich

  72. Ich finde, um dies doch noch einzubringen, dass die ganze Integrationsdebatte sehr vordergründig geführt wird. Einen der bedenkenswertesten Texte, die ich dazu gefunden habe, gebe ich hier dem Nachdenken anheim.

    http://www.dreigliederung.de/news/08021200.html

    Die wohlmeinenden Liberalen unterscheiden sich demnach nur graduell von den hier kritisierten Islamkritikern, ihr Bestreben ist vorgeblich Integration, doch die vorgestellten Bedingungen dafür, die die praktische Politik setzt, zielen auf Assimilation. In dem Text heißt es dazu lakonisch: „mit Integration meinen die Deutschen Assimilation“. Und die ist, wo sie zur Bedingung gemacht wird, eine Art Zwangsassimilation, gegen die Erdogan sich zu Recht ausspricht. Sie IST ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

    Zur Information: es gibt das Verb „assimilieren“ in zwei verschiedenen Bedeutungsvarianten, einmal als reflexives Verb: sich assimilieren, und einmal als transitives Verb: andere assimilieren. Das Nomen „Assimilation“ stellt die Substantivierung beider Verbformen dar. Wenn Erdogan die Assimilierung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anprangert, dann zielt er natürlich nicht auf Individuen, die sich freiwillig assimilieren, das wäre ja absurd, sondern auf die mehr oder weniger von der Gesellschaft und dem Staat als Voraussetzung für Immigration und Aufenthalt in Deutschland
    erzwungenen bzw. geforderten Assimilationsakte.

    Aber deutsche Politiker und Publizisten werfen ihm ungemäße Einmischung in die deutsche Innenpolitik vor, wenn er, von der Bundesregierung eingeladen oder geduldet, zu Millionen türkischen Staatsbürgern spricht, deren Ministerräsident er ist.
    Im Text heißt es dazu:

    „Der CSU-Vorsitzende Erwin Huber bringt die gefühlte Mitte auf den Punkt: „Erdogan hat türkischen Nationalismus auf deutschem Boden gepredigt.“ Auf deutschem Boden! Huber stößt sich nicht etwa daran, daß Erdogan Nationalismus gepredigt hat, sondern daran, daß er das auf deutschem Boden tat.“

    Und unser Blogmoderator Bronski nimmt sich heraus, ihm in einem Thread, den er mit dem Titel „Ein orientalisch-raffinierter Mensch“ versieht, der zwar nicht von ihm stammt, aber von exakt der gleichen Qualität ist wie die Rede vom hinterhältigen Juden oder dem gerissenen Chinesen, den schlichten Ratschlag zu geben: „Halten Sie ganz einfach den Mund.“

    Dabei wäre gerade die Geschichte der Juden und des Antisemitismus im 19. Jh. ein pikantes Lehrstück in dieser Hinsicht, denn der offensive Anitsemitismus kam just in dem Moment verstärkt zum Ausdruck, wo der Großteil der Juden in Deutschland, im Nachklang zur rechtlichen Gleichstellung der Juden durch die Französische Revolution und die Napoleonischen Besatzungen, nach rechtlicher Gleichstellung strebten und sich weitgehend an die deutsche Gesellschaft assimilierten bzw. sich schon assimiliert hatten. Abraham möge mich da korrigieren.

    Genau darin aber besteht das Lehrstück, dass man nicht auf die Juden schauen darf, wenn man den Antisemitismus, noch auf die Muslime, wenn man Muslimfeindschaft begreifen will. Wobei jeweils bestimmte Umstände auf Seiten der Diskriminierten verstärkend wirken, sei es die Politik Israels oder seien es die realen Konkurrenzen, denen das Bildungsbürgertum damals durch die hohe Anzahl akademisch gebildeter Juden ausgesetzt war.

    Es wäre demzufolge leicht zu erklären, dass sich Ausländerfeindschaft bei uns lange Jahre zumal in Subschichten bemerkbar machte, wo Türken eine reale Arbeitsplatzkonkurrenz darstellten, wogegen sich die bürgerlichen Schichten eher liberal und tolerant zeigten, und es wäre untersuchenswert, was sich neuerdings auf dem Hintergrund der Prekarisierung von Teilen dieser Schichten auch für deren Perspektiven an Veränderungen ergeben, so dass die Islamophobie in der „Mitte der Gesellschaft“ um sich zu greifen und mediale Unterstützung und Aufmerksamkeit zu gewinnen scheint.

    Übrigens läuft gerade auf Phönix eine Themenwoche „Integration“, heute um 18.30 z.B, eine sehr sehenswerte Dokusendung „Deutsche in Amerika“, aus der deutlich wird, dass die deutschen Amerika-Auswanderer dort das taten, was alle Immigranten tun, sich nämlich zunächst an ihre Landsleute halten und die mitgebrachten sprachlichen und kulturellen Gepflogenheiten lange Zeit kollektiv weiter pflegen, und zwar in Abgrenzung zu anderen einheimischen oder eingewanderten Gruppen. (Wer sich die Mühe machen möchte, möge mal im Netz die Orte Pomerode oder Blumenau in Brasilien aufsuchen.)

    Der Sender schreibt zu der Sendung:

    „Der Film folgt dem Weg der Familie, der sie über St. Louis schließlich nach Loose Creek in Missouri führt. Im benachbarten Hermann siedeln die Westfalen, in Washington die Pfälzer und in Loose Creek eben die Rheinländer. Die deutschen Siedler suchen die Nähe ihrer Landsleute und meiden das offenen Land.“

  73. @Heinrich
    Lieber Heinrich,
    ich möchte nicht in diese Debatte einsteigen, bei der ich längst den Überblick verloren habe. Aber ich weiß, dass Du auch die „Blätter“ liest. Ein Text darin war der beste, den ich überhaupt zu dem Thema gelesen habe („Feindbild Muslim“ von Armin Pfahl-Traughber). Der Autor beschäftigt sich dort mit einer Begriffsklärung und-differenzierung. So schreibt er z.B.:“ Noch weniger taugt die gängige Verwendung von ‚Islamkritik’ als Alternativbezeichnung für „Islamfeindschaft“. Damit wird der bedeutende Unterschied zwischen einer aufklärerisch-menschenrechtlichen und einer fremdenfeindlich-hetzerischen Position gänzlich aufgelöst.“

    Diese Unterscheidung hat -soweit ich das überblicken kann -hier noch nicht stattgefunden.

    maat

  74. Lieber Heinrich,

    volle Zustimmung. Von der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein verlangt auch niemand eine Assimilation, sondern deren Rechte auf sprachliche und kulturelle Eigenständigkeit sind sogar gesetzlich gesichert.

    Liebe maat,

    natürlich ist die Bezeichnung „Islamkritiker“ für Broda, Kelek und Co. mißverständlich. Gegen eine Islamkritik wäre – wie gegen jede Religionskritik – nichts einzuwenden. Hier wird nicht eine kritische Auseinandersetzung mit der Religion Islam gesucht, sondern ein Popanz „Islam“ konstruiert. Leider setzen sich Medienschlagworte fest.

  75. @ Abraham, @ maat

    leider können wir die Diskussion offenbar nicht weiterführen, in die auch ich spät und quer eingestiegen bin, obwohl, liebe maat, nicht nur begriffliche Differenzierungen, sondern auch andere wesentliche Aspekte noch gar nicht recht ausgelotet sind, schade!

    Die Dänen haben nicht nur gesetzlich gesicherte Rechte auf sprachliche und kulturelle Eigenständigkeit in Schleswig-Holstein, sondern sogar garantierte Sitze im Landesparlament. Das hängt mit vertraglichen Vereinbarungen zwischen der deutschen und der dänischen Seite zusammen, die ebenso der deutschen Minderheit jenseits der Grenze entsprechende Rechte einräumt.

    Soweit ist das als Ausnahmesituation ja noch nachvollziehbar und akzeptabel aber es gibt weitere Minderheiten-Sprachen in Deutschland, welche die Behörden verpflichtet sind im amtlichen Verkehr und bei Gericht zuzulassen, nämlich Plattdeutsch, Friesisch, Romanes und Sorbisch, Sprachen, die z.T. von nur einigen Tausend Sprachteilnehmern gesprochen werden, die alle auch das Hochdeutsche beherrschen, nicht jedoch z.B. Türkisch, Russisch und Arabisch. Das hängt mit eigentümlichen Vorstellungen der Europäischen Charta zusammen, die Minderheitensprachen nur von indigenen Bevölkerungsgruppen anerkennt, nicht jedoch von migrantischen. Auf diesem weiten Feld ließe sich viel verändern, ebenso wie im Schulunterricht, wo man z.B. Türkisch als 1. Fremdsprache oder Leistungskurs gleichberechtigt neben Latein und Englisch etablieren könnte.

    Die begriffliche Differenzierung, auf die maat hier verweist, hat schon einen positiven Sinn, und ich stimme ihrer Wertschätzung des Autors durchaus zu. Er reklamiert eine schärfere Trennung eben von Kritik an bestimmten Prinzipien der muslimischen Religion und der praktischen Religionsausübung, z.B., was Frauenrechte betrifft, vom aufklärerisch-menschenrechtlichen Standpunkt aus und der eben dergestalt nicht islamkritischen oder islamfeindlichen, sondern „antimuslimistischen“ Anfeindung der islamgläubigen Menschengruppe. Nur von hier aus, so seine Folgerung aus der begrifflichen Differenzierung, ist auch ein Vergleich (nicht eine Gleichsetzung!) mit dem Antisemitismus möglich und sinnvoll.

    Soweit in aller Knappheit noch eine Antwort, die hoffentlich überhaupt noch veröffentlicht wird.

    Grüße
    Heinrich

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