Opfer einer Massenpsychose?

Im Gaza-Streifen schweigen jetzt die Waffen. Israel öffnet eingeschränkt die Grenzübergänge für die Einfuhr humanitärer Hilfsgüter. Die Fatah geht auf die Hamas zu; eine Aussöhnung zwischen den rivalisierenden Gruppen wäre Voraussetzung für die Lösung vieler Probleme. Derweil die Lage sich also zu beruhigen scheint, treiben FR-Leser Jürgen Sieler aus Hamburg grundsätzliche Überlegungen um:

„Ich frage mich nicht erst seit heute, ob große Teile der israelischen Bevölkerung, Medien und Politiker eingeschlossen, nicht Opfer einer Massenpsychose sind. Wie sagt Aviv Geffen im FR-Interview: ‚Stellen Sie sich vor, eine dieser Raketen würde auf Frankfurt niedergehen (…) die Israelis werden seit acht Jahren fast jeden Tag beschossen.‘ Fast wortgleich ein Angehöriger der israelischen Botschaft im Rundfunk. Dem Mann vibrierte die Stimme, als der Reporter es wagte, nach der Verhältnismäßigkeit der Opferzahlen zu fragen (ein Raketenopfer in Israel, mehr als 1000 Tote auf der anderen Seite).
Israel hat nach jeder palästinensischen Attacke zurückgeschlagen, es wurde eine Mauer durch palästinensisches Land gebaut, es wurden Hamas-Aktivisten im Gaza-Streifen liquidiert, auf offener Straße – und dabei sind mehr als einmal auch Kinder ums Leben gekommen. Wie nennt man eine Krankheit, wenn der Verfolgungswahn Erinnerungen an die eigenen Handlungen aus dem Gedächtnis des Patienten verdrängt?Mehr als 1000 tote Palästinenser – Friedenspolitik auf israelisch. Was kommt als nächstes? Giftgas?
Jemand, der seit 60 Jahren Gewalt mit Gewalt beantwortet, ist immer nicht nur Opfer, sondern auch Täter. Das gilt für beide Seiten. Nur ein Psychopath wird das bestreiten.“

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30 Kommentare zu “Opfer einer Massenpsychose?

  1. Ebenfalls danke für diesen Artikel!

    Als Kriegsgrund wird der ständige Raketenbeschuss genannt, gegen den Israel sich verteidigen musste.

    Natürlich musste Israel etwas tun, um Schäden durch diese Raketen zu verhindern.

    Warum hat es kein Raketenabwehrsystem eingerichtet, das diese überdimensionalen Feuerwerkskörper in der Luft zerbröselt hätten.

    Gestern hat mir jemand auch etwas über eine Art Flak erzählt, mit der das auch ginge. Bin kein Waffenfreak, kann also nur vermuten.

    Ein Abwehrschirm wäre die richtige Antwort auf die Provokationen der Hamas gewesen – zumindest für ein zivilisiertes Land!

    Da Israel diese Möglichkeit oder ein anderes defensives Mittel nicht genutzt und es vorgezogen hat, lieber 1400 Menschen zu töten,
    bringt mich zu dem Schluss, daß das Töten gewollt war.

    Jahrelang war ich überzeugt, daß Israels Aggressionen dem Trauma des Holocausts entspringen. Ein obsessives Sicherheitsdenken, daß zu Überreaktionen führt.

    Dieser Erklärungsversuch entglitt mir spätestens dann, als ich das Video der 3 Geschwister (ca. 2-5 Jahre alt) sah, die durch israelische Scharfschützen gezielt getötet wurden.

  2. Das mit dem Abwehrsystem wurde schon mehrfach probiert. Sowohl der Einsatz von Raketen wie von Lasern ist im wesentlichen gescheitert, weil sich diese Systeme zu schnell übersättigen lassen.

    Für die FK-Abwehr im Nächstbereich gegen direkt anfliegende FK gibt es einige Rohrwaffensysteme, aber mit extrem kurzer Reichweite und ebenso leicht zu übersättigen.

    Feldbrauchbare Einsatzmittel die zufriedenstellend wirken gibt es zur Zeit nicht.

    Gruß Karl

  3. Ich kann nur jedem, der Englisch versteht, haaretz.com empfehlen, den Online-Dienst der israelischen links-liberalen Zeitung (etwa der FR vergleichbar). Dor findet man eine Vielzahl von kritischen Meinungen, die alles andere als eine „Massenpsychose“ sind. Es gibt dort auch keine Stimme, die die zivilen Opfer unter den Palästinensern nicht bedauern würde, wenn sie auch von der Mehrzahl der Israelis als Folge der Hamas-Strategie gesehen wird, sich hinter Zivilisten zu verstecken. In Israel sind auch keine Siegeskundgebungen veranstaltet worden, wie die der Hamas in Gaza. Herrscht nicht eher dort eine Massenhysterie, wenn der Tod von so vielen Menschen als „Sieg über Israel“ gefeiert wird?

    @ Angelika Seifritz

    Die Flugzeit einer in Gaza abgefeuerten Rakete nach Sderot beträgt 15 Sekunden. Versuchen Sie innerhalb von 15 Sekunden einen Tennisball mit einem Luftgewähr zu treffen.

  4. Also ich hab das Gefühl, jeder Raketenschießer verliert ein paar Jahrzehnte im Paradies und ein Gott wird seinen Kopf schütteln, aber heftig…

  5. @abraham

    Ich habe in den letzten 2-3 Wochen Haaretz (Sie wissen, daß Dumont Niven Miteigentümer ist?) gelesen und den Kommentaren der Israelis eigentlich eher entnehmen können: Finish the job IDF! Hamas are cowards! Gideon Levy wurde als Verräter beschimpft etc. Auf die toten Kinder angesprochen, hieß es, selber schuld, da Ihr die Hamas gewählt habt bzw. die Hamas benutzt sie als Human Shields. Die UNO sei antisemitisch, bzw. was geht uns die UNO an etc.

    Was mich verwundert ist, daß uns überall militärische High-Tech-Waffen gezeigt werden, mit Infrarot-, Laser-, Satelliten-, millimetergenau- und ich-weiß-nicht-was-für-Schnickschnack, aber kein Abwehrsystem für Qassams. Was ist eigentlich mit Iron Dome?

  6. Gewolltes Töten, das würde ich nicht so sagen.

    Letztendlich funktioniert wohl Israel auch nicht anders als andere (westliche) Länder. Politiker kümmern sich in erster Linie darum, die Legislaturperiode möglichst gut zu überstehen, bzw. die nächste zu erringen. Da schaut Olmert nach dem Raketenbeschuß dem Volk genauso aufs Maul wie Bush dem seinen nach 0911. Wenn es dann allgemein heißt, „es muss jetzt wirklich etwas getan werden“, na dann muß man halt was tun. Das kann man dann gleich koppeln mit dem, was einem die Kriegsbürokratie, d.h. das Verteidigungsministerium, empfiehlt. Die wollen vielleicht ihre neuesten Waffensysteme ausprobieren, oder einfach nur dafür sorgen, daß ihre Soldaten nicht „einrosten“. Die Lobbyisten der Militärindustrie schließlich werden sich nicht dazwischenwerfen und „Nein, nein!“ rufen.

    „Töten“ kommt am Ende dabei heraus, das stimmt schon, aber ob es so direkt „gewollt“ ist, na ja…

  7. @ A. Seifriz

    כיפת ברזל‎

    nutzt auch bisher nicht gegen größere Raketensalven, da die track while scan Komponente dann überlastet wird, egal was Rafael darüber sagt, dazu scheint es aber eine neue multi scan scource Lösung zu geben. Einzelschüsse funktionieren wohl recht gut, aber Wunder sind auch hier, eben wegen der kurzen Flugzeit nicht zu erwarten.
    Zudem ist die Flugbahnprognose bei „Quassam“ Orginalmodellen wegen der vielen intrinsischen Fehlerquellen nicht sehr hilfreich, aber das wissen Sie sicher selbst.

    Gruß Karl

  8. q #7 Angelika Seifritz

    Komisch, dann muss Haaretz zwei Internet-Seiten haben, eine für Sie und eine für mich. Jeder kritische Bericht, den deutsche Medien über den Krieg in Gaza gebracht haben, stand zuerst in Haarez – neben zahlreichen kritischen und nachdenklichen Berichten. Allerdings werden dort auch die Völkerrechtsverletzungen der Hamas, nämlich die Verwendung von Zivilisten als „Schutzschild“, thematisiert.

    Heute wird dort berichtet, dass die Frage, ob die Gefährdung von Zivilisten bei dem Militäreinsatz mit dem Völkerrecht vereinbar ist, von der juristischen Abteilung der IDF (hat die Bundeswehr solche Abteilung?) kontrovers diskutiert wurde. Letztlich wurde entschieden, dass dies durch das Recht auf Selbstverteidigung gedeckt ist. Berichtet wird auch darüber, dass die Armee alle Angriffe auf Zivilobjekte prüft, genauso wie die Frage, warum (die sonst nicht verbotene) Phosphormunition auch in dicht bewohnten Gebieten eingesetzt wurde.

    Was den Einsatz defensiver Mittel betrifft, welche stehen Israel zur Verfügung? Die Grenzblockade, die als Antwort auf die (völkerrechtswidrigen) Raketenattacken während der letzten sechsmonatigen Feuerpause von Israel verhängt wurden, haben die Hamas nicht am weiteren Terror hindern können und trafen die Zivilbevölkerung. Weder Ägypten noch die UN oder EU sind aktiv geworden, um den Waffenschmuggel durch die Tunnels zu stoppen.

    Schließlich war es die Hamas, die den Waffenstillstand nicht verlängert und den Raketenbeschuss des Südens Israels massiv ausgeweitet hat. Dass es nicht eine hohe Zahl von Toten auf Seiten Israels gab, lag daran, dass die Schulen geschlossen und das öffentliche Leben praktisch zum Stillstand kam. Wie lange hätte sich das Leben dort nur noch in Bunkern oder deren Nähe abspielen sollen, wie es seit 8 Jahren in Sderot der Fall ist?

    Ist der dramatische Appell von Olmert vergessen, der vor Beginn der israelischen Operation auf Al Dschasira die Bevohner von Gasa beschwört hat, die Hamas zu stoppen, weil sonst Israel eingreifen muss?

    Was war die Antwort der Hamas? Die IDF solle doch kommen, man werde Gaza verteidigen und in ein Friedhof für jüdische Soldaten verwandeln. Zum Friedhof ist Gaza geworden, für die als Geisel mißbrauchten Palästinenser. Und das feiert die Hamas noch als Sieg!

    Die Diskussion darüber, ob selbst ein vom Völkerrecht gedeckter Krieg moralisch zu rechtfertigen ist, der den Tod so vieler Zivilisten verursacht, muss geführt werden. Dazu muss man aber alle Tatsachen berücksichtigen und nich von vornherein Israel alle Schuld zuschieben!

  9. @ Abraham

    nachdem was bisher zu sehen war ist der WP-Einsatz durch die IDF sehr zweckentsprechend gewesen, einige Anwendungen erschienen sogar sehr zögerlich. Gut bin mehr mit FM und HC vertraut, aber solange WP als Nebelmittel und nicht als Brandstoff verwendet wird, gibt es auch kein rechtliches Problem; zumal wenn sich die Verwendung nicht nachweislich gegen Zivilisten richtet.

    Gruß Karl

  10. Unangenehm erscheint das Timing.
    Es scheint, als hätte man noch schnell Tatsachen geschaffen, bevor der neue Hoffnungsträger Obama die Bühne betritt.

  11. Lauthals wird nun die Untersuchung der „Kriegsverbrechen“ Israels gefordet, obwohl die Feststellung, ob internationales und humanitäres Recht verletzt wurde, erst am Ende der Untersuchungen stehen kann. Diejenigen, die dies wie die UN fordern, wären allerdings glaubwürdiger, wenn sie gleichzeitig auch verlangen würden, auch das Verhalten der Hamas gegenüber der eigenen Bevölkerung unter völkerrechtlichen Gesichspunkten zu untersuchen.

    Das israelische Mistrauen gegen die Unparteilichkeit der UN kann man verstehen, wenn diese als Sonderberichterstatter einen Richard Falk einsetzt, der Gaza mit dem Warschauer Ghetto vergleicht. Israel weiß außerdem, dass die öffentliche Vorverurteilung auch dann nicht revidiert wird, wenn unabhängige Untersuchungen die Vorwürfe widerlegen. Als Israel 2002 nach mehreren Selbstmordattentaten gegen die dafür verantwortlichen Gruppen von Militanten in Djenin militärisch vorgegangen ist, wurde der Armee ein „Massaker“ vorgeworfen, es war die Rede von über 1.000 Toten. Dass später internationale Organisationen bestätigt haben, bei den mehrtägigen Kämpfen seine 54 Palästinenser getötet worden, davon 45 Militante, hat das Bewußtsein der Öffentlichkeit nicht erreicht. So hat Norbert Blüm unlängst bei „Hart aber fair“ wieder behauptet, Israel habe schon Djenin „platt gemacht“ wie jetzt Gaza.

  12. Nochmals zu Mr. Falk:

    Der UN-Sonderbeauftragter scheint mit dem Völkerrecht nicht vertraut sein, wenn er behauptet, nur die Angriffe auf die Gebiete, von denen der Raketenbeschuss ausgegangen sind, wären von dem Recht auf Selbstverteidigung gedeckt. Unstrittig ist nach internationalem Recht dem Angegriffenen erlaubt, alle Militäreinrichtungen anzugreifen, auch wenn der Angriff von diesen nicht ausgegangen ist. Waffenlager und Nachschubwege sind legitime Angriffsobjekte. Ein Bruch des humanitären Völkerrechts ist es hingegen, Militäreinrichtungen in der Nähe oder in zivilen Objekten zu errichten, das sollte Herr Falk in der Genfer Konvention nachlesen.

    Die Ausübung des Selbstverteidigungsrechts ist juristisch auch nicht von vorherigen Verhandlungen mit dem Gegner abhängig. Aber auch politisch befindet sich Herr Falk auf dem Holzweg, denn Israel hat über Ägypten indirekt mit der Hamas verhandelt und unzweideutig die Bereitschaft zur Fortsetzung der Waffenpause erklärt.

    Mögen Falk und Co. aus verständlicher moralischen Empörung handeln. Sie sollten aber auch die politischen Folgen bedenken: Ihre einseitige Parteinnahme stärkt nur der Hamas den Rücken (bzw. ihre Wahnvorstellung, „Sieger“ des Krieges zu sein) und erschwert die in Ägypten laufenden Gespräche über eine dauerhafte Waffenruhe.

  13. Beide Seiten haben in der Vergangenheit schwere Fehler begangen. Frieden kann aus meiner Sicht nur dann erreicht werden, wenn die Vergangenheit überwunden wird.

    Ich glaube, dass Israel bereits Ansätze dazu gezeigt hat. Bestimmte Siedlungsgebiete in der Westbank wurden gegen den Widerstand der Siedler von israelischem Militär geräumt.

    Was allerdings Hamas veranstaltet ist reine vergeltung. Solange sie Israel provozieren und dem Land das Existenzrecht absprechen, wird es keinen Frieden im Nahen Osten geben können. Es ist den Palästinensern zu wünschen, dass sie neue politische Kräfte hervorbringen, die wirklich an einem Friedensprozess interessiert sind. Mit der Hamas erscheint mir dieser nicht möglich.

  14. @ abraham
    Bei aller Skepsis über die Berichterstattung fürchte ich, dass Israel in diesem Krieg schwere Menschenrechtsverletzungen begangen hat.

    „Auch Amnesty International hat einen Nachweis für den Einsatz von Weißer-Phosphor-Geschossen in dicht bevölkerten Wohngebieten in Gaza-Stadt sowie nördlich davon erbracht. Nach internationalem Übereinkommen sind solche Waffen, die bis zu hundert in Phosphor getunkte Einzelkomponenten enthalten, legal, dürfen aber nicht gegen Zivilisten verwendet werden.“

    Nachdem ich den Bericht von Inge Günther in der FR (s. Link) gelesen habe, denke ich, dass Israel leider mit unverhältnismäßiger Brutalität gegen die Zivilbevölkerung vorgegangen ist.

    Ich lese an anderer Stelle (http://www.ftd.de/politik/international/:Gaza-Knieschuss-f%FCr-Verr%E4ter/464925.html), wie die Hamas Fatah-Anhänger im Gazastreifen brutal verfolgt.

    Aber wenn ich das Leiden beider Seiten auf die Waagschale werfe, dann fürchte ich, dass Israel mit seinem Recht auf Selbstverteidigung zu weit gegangen ist.

    Ich lese auch, dass Israelis jetzt Hilfsgüter für Gaza sammeln. Das glaube ich gerne. Israelische Menschen sind ja sicher genauso entsetzt über das Ausmaß der Zerstörung in Gaza wie die Weltöffentlichkeit.

    Zusammenfassend: diese Art Gegenschlag gegen die Hamas war einfach falsch und wird sich nicht positiv für Israel auswirken.

  15. Betr. #1, Bronski: Bei dieser Gelegenheit möchte ich einen allgemeinen Verfahrensvorschlag für das FRBlog machen und zwar in gutem Glaube, fern vor mir die Absicht, das FRBlog maßregeln zu wollen. Bitte schlagen Sie den Diskutant/inn/en auch vor, eine Antwort auf ein Kommentar um dessen Nr. (angelsächsisch: „#“) zu ergänzen und entsprechend einzugrenzen. „@Name“ kann ruhig bleiben, wenn jemand sich bloß auf den/die Autor/in beziehen will. (Vielleicht baut WordPress auch die Blog-Baumstruktur in die nächste Version ein.)

    Beispiel http://www.frblog.de/gaza/ vom 29.12.2008 17:35 bis 19.01.2009 01:39: 175 Kommentare in einem linearen Thread. Wer geneigt ist, sich Zeit zum lesen zu nehmen, wird diese Zeit verdoppeln müssen, um auch die Dialoge wahrnehmen zu können.

  16. (1) Beim Auszug aus Gaza, 2005, wurden die israelischen Gebäude gesprengt, eine m.E. häßliche und der Verständigung nicht dienende Geste. Hätte man nicht manches doch stehen lassen können?!

    (2) Beispiel Geiselnahme: Wer würde die Geiselnehmer samt Geiseln erschießen und „mission accomplished“ (Aufgabe erfüllt) melden?

    (3) Feldlazarette zur Versorgung der Verletzten wären m.E. nötig, zumindest bis die Krankenhäuser in Gaza wieder aufgebaut bzw. eingerichtet werden. Doch lieber auf ägyptischer Seite, da dort Qassams nicht zu befürchten sind.

  17. @ #18 I.Werner

    Darüber, ob das militärische Eingreifen Israels im Gaza politisch klug und moralisch vertretbar war, gibt es auch in Israel häftige Diskussionen. Ich traue mir da kein abschliessendes Urteil zu, zumal man viele Fragen (wie die, ob ein Abwarten letztlich nicht zu einem noch schlimmeren Krieg geführt hätte) erst mit einem zeitlichen Abstand wird bewerten können. Woran wir uns sicher einig sind, dass der Krieg eine Katastrophe für die Palästinenser in Gaza war.

    Ob bei den Militäraktionen die internen Vorschriften der israelischen Armee und internationale Regeln verletzt wurden oder ob gar „Kriegsverbrechen“ (was noch eine gesonderte Kategorie wäre) begangen wurden, werden erst Untersuchungen klären, die bereits begonnen wurden. Gegen vorschnelle Urteile (Vorurteile?) bin ich skeptisch, auch ven sie von amnesty international kommen (als ich, viele Jahre lang, aktiv bei ai mitgearbeitet habe, hatte man großen Wert darauf gelegt, erst nach sorgfältiger Untersuchung öffentliche Erklärungen abzugeben).

    @ # 20 Paul Ney

    1) Die Übergabe der Siedlungen an die Palästinenser bei dem Gaza-Abzug 2005 hatte Israel angeboten, die Autonomiebehörde hat aber auf einer Zerstörung der Gebäude bestanden, weil man für die Einfamilienhäuser keine Verwendung sah. Einzig unzerstört blieben Synagogen, die allerdings von den militanten Palästinensern sofort gesprengt wurden. Die landwirtschaftlichen Betriebe wurden weitgehend unversehrt übergeben.

    3) Verwundete Palästinenser werden auch in Krankenhäusern in Israel behandelt, ein Feldlazarett zu Behandlung verwundeter Zivilisten hat das israelische Militär ebenfalls eingerichtet. Dies war in Haarez zu lesen, nicht aber in deutschen Medien.

  18. @21

    Sie sollten vielleicht weniger darüber nachdenken, ob der Krieg eine Katastrophe für die Palästinenser war (und ist), sondern vielleicht mehr darüber, ob er nicht vielleicht eine Katastrophe für Israel ist. Wenn man von der Demographie arabischer Länder ausgeht, so sind doch mindestens 50% der Bewohner Gazas Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Glauben Sie im Ernst, diese könnten irgendwie zum Schluß gelangen, was sie erlebten wäre eine gerechte Reaktion Israels auf den sporadischen und recht wirkungslosen Raketenbeschuß durch Hamas? Glauben Sie wirklich, hier wäre nach dem, was diese Kinder und Jugendlichen in ihrer unmittelbaren Umgebung, oder am eigenen Leib erlebten, ein Aufbau eines Verständnisses gegenüber Israel möglich, statt einen Haß auf Israel und seine nichtarabischen Bewohner zu entwickeln?

    Die Frage, wer das moralische Recht auf welche kriegerische Handlung hat, steht für mich im Hintergrund, mit viel Rabulistik kann man sie eh so oder so beantworten. Viel wichtiger wäre doch die Frage nach dem langfristigen Saldo der kriegerischen Handlungen für denjenigen, der sie ausführt, und ob dies eher einen Nutzen oder eher einen Schaden für einen selber ergibt.

    Ich meine, Israel hat sich eher geschadet. Dies ist aber nicht das erste Mal. Z.B. die gravierenden Einschränkungen der Bewegungsfreiheit der Palästinenser in den besetzten Gebieten, die allgegenwärtigen Kontrollstellen, der Bau von Zäunen und Mauern… da muß jemand schon recht naiv sein, um zu glauben, dies würde Israel nutzen… natürlich gibt es Aspekte des Nutzens (gewisse schwer quantifizierbare Abnahme von Attentaten in Israel z.B.), aber dadurch, daß es den Konflikt perpetuiert, d.h. immer neue Gründe liefert, sich von Israel schikaniert zu fühlen und daher Israel zu hassen, schadet es am Ende Israel.

    Es sei denn, Israel kann mit dem Zustand, dauergehasst zu werden, gut leben. Dann baut man eben Mauern und Zäune, sorgt für eine starke Armee, die ab und an mal ordentlich austeilt… für mindestens die nächsten 60 Jahre, aber wahrscheinlich auf ewig.

    Natürlich müssen sich auch die Palästinenser die Frage stellen nach Nutzen und Schaden ihrer politischen und militärischen Entscheidungen für sich selbst. Sie werden aber doch nicht behaupten wollen, nur weil die Palästinenser oft so handeln, daß es ihnen im langfristigen Saldo schadet, Israel verpflichtet wäre, so zu handeln, daß es SICH schadet.

  19. @16

    ich drücke es mal ganz vereinfacht aus: wenn Israel einer Gruppe von 100 Personen, unter ihnen sagen wir 10 Anhänger von Hamas, die Israel ein Existenzrecht absprechen, Bomben auf den Kopf wirft, tötet man vielleicht ein paar Anhänger der Hamas. Die 60 Kinder und Jugendlichen dieser Gruppe (sofern sie überleben) werden aber genau durch diese Bomben anfällig, jetzt oder später die Ansicht zu entwickeln, Israel hätte kein Existenzrecht. Um es mal deutlich zu sagen: Ich meine, Israels Bomben ERZEUGEN die Ansicht, Israel hätte kein Existenzrecht, sie zerstören sie nicht.

    Hamas muß bekämpft werden, das stellen hier doch nur wenige in Abrede, aber es stellt sich die Frage nach dem Wie. Wie es momentan geschehen ist kann man mit guten Gründen für reichlich kontraproduktiv halten. Wenn man jemanden umbringt, zerstört man nun mal nicht die Ideen (fixe oder andere), die er hatte. Millionen andere können diese Ideen auch übernehmen.

    @17

    Das habe ich aber bei Karl May anders gelesen:

    „Lasst die Waffen sprechen.“

  20. @ # 22 max wedell

    Sicherlich zählt auch zu den Folgen des Krieges, dass der Israelhass unter den Palästinensern wächst. Auch das wird in innerisraelischen Diskussion längst thematisiert. Allerdings darf man nicht die jahrelange Propaganda der palästinensischer Medien und die Indoktrinierung selbst cder Kleinsten vergessen, die längst für Hass sorgt.

    Widersprechen muss ich Ihrer Bemerkung zu „schwer quantifizierbare(n) Abnahme von Attentaten in Israel“. Das ist kein Nebenthema; bei dem Selbstmordanschlägen und Busatentaten sind in Israel etwa so viele Zivilisten ums Leben gekommen, darunter Kinder und Jugendliche, wie jetzt in Gaza. Auch dies zählt zu den Realitäten und ist eines der Gründe, warum die Öffentlichkeit in Israel von der Regierung ein hartes Durchgreifen gegen den Terror fordert. Das mag von unserer sicheren Warte unvernünftig erscheinen. Wie würden aber Sie handeln, wenn Sie betroffen wären?

    Ein Patentrezept zur Lösung der Krise hat wohl keiner.

  21. Ich bin kein Kenner aber ich möchte trotzdem die Frage stellen.
    Hatte Israel nach dem 6-Tagekrieg nicht die Gelegenheit deeskalierend zu handeln,statt die Gebiete zu erweitern und Gaza noch mehr einzuengen.
    Wurde zu dem Zeitpunkt eine Möglichkeit verpasst für einen friedlicheren Weg.
    @24
    abraham.
    Unabhängig von der Realität,sollten die Toten nicht aufgerechnet werden ,dass ist kein Weg zur Deeskalation.
    Und eine weitere Frage:
    Wenn alles nicht politisch zu regeln ist,warum versucht man es nicht mit den Argumenten des Glaubens und der Religion mit seinen Gesetzen

  22. @ # 25 alterbutt

    Nach 1967 hat es eine Reihe von verpassten Gelegenheiten gegeben, zu einem Ausgleich zu kommen, und zwar auf beiden Seiten. Allerdings hat es zwischen den von Israel besetzten Gebbieten und Israel bis zur ersten Intifada weitgehend offene Grenzen gegeben. Die (teilweise) Schließung der Grenzen zur Gaza begann mit der 2. Intifada und steigerte sich durch die Übernahme der Regierung durch Hamas. Seit dem Hamas-Putsch, der Entführung von Gilad Schalit und der Zunahme der Raketenagriffe kam es dann zur Grenzblockade.

    Ich bin mir nicht bewußt, Tote aufgerechnet zu haben. Ich habe nur an die Dimension des Terrors errinert.

    Warum Religion keine Friedenslösung bringt, können Sie verstehen, wenn Sie in der Hamas-Charta deren religiöses Verständnis nachlesen:

    „Artikel 6: Die Islamische Widerstandsbewegung ist eine eigenständige palästinensische Bewegung, (…), die dafür kämpft, dass das Banner Allahs über jeden Zentimeter von Palästina aufgepflanzt wird.

    Artikel 7: ….Der Prophet – Andacht und Frieden Allahs sei mit ihm, – erklärte: Die Zeit wird nicht anbrechen, bevor nicht die Muslime die Juden bekämpfen und sie töten; bevor sich nicht die Juden hinter Felsen und Bäumen verstecken, welche ausrufen: Oh Muslim! Da ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt; komm und töte ihn!“

    Dem stehen auf jüdischer Seite „Siedler-Fundamentalisten“ entgegen, die sich darauf berufen, Gott habe das Land Israel (mindestens bis zum Jordan) den Nachkommen Abrahams zugedacht.

  23. @24,

    ich denke es ist falsch, zu sagen, der Haß wäre ja schon sowieso irgendwie da gewesen, durch Schulbücher oder andere Propaganda erzeugt. Nein, anders herum wird ein Schuh daraus, Haß ist die Ursache für das, was in den Schulbüchern steht, und der wachsende Haß von heute, den Sie ja selber konstatieren, wird bestimmen, was in den Schulbüchern von morgen stehen wird.

    Die Auffassungen über „Palästinenser und ihre Einstellung zu Juden und Israel“ (mal ganz pauschalierend betrachtet, ich weiß, das ist problematisch) haben eine Bandbreite, die durch folgende zwei Eckpunkte definiert wird:

    1. Palästinenser haben, ähnlich wie ehemals die Nazis, einen Haß auf Juden, der irgendwie den Charakter einer Konstante hat. EGAL wie sich Israel verhält, der Haß wird grundsätzlich bestehen bleiben, er kann daher nur durch Gewalt im Zaum gehalten werden.

    2. Palästinenser sind wie alle Menschen, sie wollen zuallererst in ihrer Heimat in Frieden und mit der Möglichkeit von Wohlstand leben. Wenn sie nicht das Gefühl haben, dies würde von Israel bedroht, könnten sie die freundschaftlichsten Beziehungen zu ihren Nachbarn haben.

    Ich habe den Eindruck aufgrund Ihrer zehlreichen Postings in dieser Sache, daß Sie jenseits der Mitte in Richtung 1 tendieren, obwohl Sie natürlich von der Extremposition 1 sicher einiges noch entfernt sind, während ich doch eher diesseits der Mitte in Richtung 2 tendiere.

    Bis man aber auch Verhältnisse wie in 2 erreichen kann, wird Israel Opfer bringen müssen. Sie haben recht, dies von außen zu empfehlen ist einfacher als selber die Opfer zu bringen. Deswegen ist es ja auch nicht mehr als nur die Äußerung einer Idee, die Entscheidungen selber dazu müssen aus Israel kommen. Da aber niemand gern im Bewußtsein, dies würde für den Frieden zukünftiger Generationen sorgen, die Wahrscheinlichkeit erhöht sieht, z.B. einem Bombenattentat zum Opfer zu fallen, sehe ich eher schwarz. Es gibt aber kaum Möglichkeiten, die haßerzeugenden Maßnahmen abzustellen, ohne damit auch gleichzeitig die Sicherheit Israels zu vermindern, dies ist das Dilemma, bzw. der Grund, konstatieren zu müssen, daß „es keine Patentlösung gibt“.

  24. Eine irdische Lösung wird es nicht geben,allein das Bewusstsein sich an die eigenen Gesetze des jeweiligen Glaubens könnte die Lösung sein.
    Rückbesinnung ohne wenn und aber!
    Nächstenliebe,Respekt ………….
    Von Haß und Krieg steht auf beiden Seiten nichts was beide Seiten in ihrem Verhalten entschulden könnte.
    Wenn beide Seiten ihre Schuld annehmen lässt es sich besser Verhandeln.

  25. @ # 28 max wedell

    Keineswegs neige ich der Meinung zu, „Palästinenser haben, ähnlich wie ehemals die Nazis, einen Haß auf Juden, der irgendwie den Charakter einer Konstante hat“. Ein „Antijudaismus“ hat im Islam, anders als im Christentum, keine Tradition. Das Zusammenleben der Juden und Araber war zwar nicht unproblematisch (die Juden als geduldete Minderheit unterlagen mal mehr mal weniger gesellschaftlichen Beschränkungen), aber (an europäischen Maßstäben gemessen) weitgehend friedlich.

    Der islamistische Antisemitismus ist weitgehend ein „westlicher“ Import. Er bedient sich der antimodernistischen Ideologie des 19. Jahrhunderts.

    Der von der Hamas geschürte Hass ist auch nicht für alle Palästinenser charakteristisch. Zwischen weiß und schwarz gibt es viele Zwischentöne, was sich an nicht wenigen jüdisch-israelischen/palästinensischen Kooperationen zeigt.

    Manches wäre tatsächlich „einfach“: Die effiziente Unterbindung von Waffenschmugel würde eine Öffnung der Grenzen zur Gaza möglich machen. Umgekehrt würde die Auflößung der illegalen Siedlungs-Außenposten und isolierter Siedlungen im Westjordanland die Sicherheit Israels nicht beeinträchtigen, aber die Auflösung mancher Checkpoits ermöglichen und damit die Lebensqualität der Palästinenser verbessern.

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