TTIP: Europäische Standards sind in Gefahr

Der Eindruck hat sich längst verfestigt: Die in Berlin und Brüssel machen sowieso, was sie wollen. Das Beispiel TTIP verdeutlicht das, denn es wird weiter in verschlossenen Türen verhandelt, weiterhin sind große Teile der Vertragstexte – auch des parallel ausgehandelten Abkommens Ceta mit Kanada – unter Verschluss, oder der Zugang ist stark erschwert. Mehr Transparenz wäre nötig und wurde eingefordert – auf einer Großdemonstration in Berlin, auf der am vergangenen Wochenende Menschen in einer Zahl zusammenkamen, die an die großen Friedensdemonstrationen der Siebzigerjahre erinnerte: Die Veranstalter sprechen von einer Viertelmillion Demonstranten. Das sind Menschen, die TTIP nicht wollen. Und zwar nicht nur, weil sie den Versprechungen der Unternehmerverbände, das Freihandelsabkommen mit den USA würde Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze bringen, grundsätzlich misstrauen. Nicht nur, weil sie gesehen haben, dass ein anderes Freihandelsabkommen, nämlich Nafta, in Mexiko wirtschaftlichen Niedergang gezeitigt hat. Nicht nur, weil das von vielen Seiten scharf kritisierte Schiedsgerichtsverfahren intransparent ist, wie es intransparenter nicht geht – ein Schlag ins Gesicht von hochentwickelten und überwiegend gut funktionierenden Rechsstaaten. Sondern vor allem, weil diese Menschen der Politik nicht vertrauen.

Die deutsche Politik hat sich den Ruf erarbeitet, über die Köpfe der Menschen hinweg zu machen, was sie will. Wenn jetzt der Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sich hinstellt und nachträglich bedauert, man habe wohl versäumt, den Menschen TTIP rechtzeitig zu erklären, dann erfasst er das Problem nur zur Hälfte. Immerhin, das wäre schon mal was: dass die Politik sich hinstellt und den Menschen in diesem Land erklärt, was das soll. Das wird sie aber nicht tun; sie zeigt sich von der Demo unbeeindruckt. Viel wichtiger wäre aber, eine echte Debatte über TTIP zu führen – ein Schritt, der natürlich erst folgen kann, wenn die Politik mal gesagt hat, was sie sich dabei eigentlich denkt. Diese Debatte wird aber bisher nur begrenzt geführt. Daher ist die Bedeutung der Demo kaum zu unterschätzen. Ein breites Bündnis aus Oppositionsparteien, Gewerkschaften, Kirchen und Globalisierungskritikern hat eine Viertelmillion Menschen mobilisieren können, die ihre Meinung klar zum Ausdruck brachten: So geht es nicht weiter.

So ist es. Denn: Wer braucht TTIP?

Gert Hupka aus Mainz-Kastel meint:

„Die politische Kaste in Deutschland wird sich keinen Deut darum scheren ob 50.000, 150.000 oder 500.000 Bürger gegen diese Verträge demonstrieren. 150.000 Demonstranten sind ja nicht mal 0,2 Prozent der Bevölkerung und sowieso gegen Alles und für Nichts. Was können wir uns glücklich schätzen, dass wir Volksvertreter haben, die wissen, was gut fürs Volk ist. Unwichtiges wie Vertragstexte braucht man da nicht zu kennen, da unsere kapitalistischen Freunde aus Amerika schon alles bedacht haben.
PS: Wie war das noch mit „Schaden vom Volk abwenden“?“

Rasmus Ph. Helt aus Hamburg:

„Der Kommentar von Klaus Staeck greift bei aller berechtigten Kritik am TTIP-Abkommen, das vor allem Großkonzernen nützt, immer noch zu kurz. Zum einen wurde eines der wichtigsten Argumente gegen einer Sondergerichtsbarkeit für die Wirtschaft vergessen, das darin besteht, dass in ähnlichen Handelsverträgen wie
etwa zwischen den USA und Australien auch kein juristischer Investorenschutz existiert. Zum anderen liegt das eigentliche Problem, worüber insbesondere Sozialdemokraten nachdenken sollten, wenn ihnen ihre ureigensten Werte noch etwas bedeuten, darin, dass, wenn die reichen Industrienationen alleine zu ihren Gunsten die Spielregeln für die Globalisierung festlegen, auch nicht weniger als die Ergebnisse der leider ziemlich in Vergessenheit geratenen Nord-Süd-Kommission von Willy Brandt im Auftrag der Vereinten Nationen eines fairen Welthandels gerade gegenüber den ärmsten Entwicklungsländern in ihr genaues Gegenteil verkehrt werden. Deswegen bleiben weniger die Gegner als vielmehr die Befürworter mit ihrer Rhetorik „putzig“, wenn man einmal die ideologische Metaebene verlässt und sich nur mit den konkreten Inhalten beschäftigt!“

Friedrich Grimm aus Weinsberg:

„Wer sich schon einmal nur ein klein wenig über die Auswirkungen des Handelsabkommen NAFTA (USA, Kanada, Mexiko) informiert hat, der kann sich in etwa auch vorstellen, was TTIP, CETA oder TISA für Schneisen in unsere Arbeitswelt, Umwelt, ja auch ganz private Welt schlagen werden, so sie denn Wirklichkeit würden. Mein Vorwurf an die Politik, und hier Merkel und Gabriel im Besonderen, ist, dass hier eher eine Vogel-Strauß-Haltung eingenommen wird, denn eine verantwortliche Politik betrieben wird. Welche Schleusen will denn die Politik, und hier die der EU eingeschlossen, denn noch für das Kapital öffnen? Krankt die europäische Idee nicht zuletzt auch daran, dass wir bislang fast ausschließlich eine EU im Sinne des Kapitals haben. Gleichgültig, ob wir nun nach den USA schauen, wo Obama, mit Milliarden von Großunternehmen bei seinem Wahlkampf unterstützt, jetzt mit TTIP sich revanchieren will (Elizabeth Warren). Oder ob wir nach Berlin und Brüssel blicken, wo die Zahl der Lobbyisten Parlamentsstärke erreicht hat. Wo diese Lobbyisten heute unverblümt Gesetzte diktieren; alles im Sinne des Kapitals. War bzw. ist ein gewisser Matthias Wissmann, vormals ewiges Mitglied der Jungen Union, nicht ständiger Gast im Kanzleramt (Abgasskandal)? Wie immer wird Frau Merkel auch hier nicht mit diesem weitreichenden Skandal in Verbindung gebracht. Stattdessen will ihr unsere bestens funktionierende, man möchte glauben gleichgeschaltete, Presse allen Ernstes den Friedensnobelpreis hinschreiben. Dafür vielleicht, dass diese Bundeskanzlerin ein einziges Mal den Mumm hatte Farbe zu bekennen? Speichelleckerei ist da noch sehr milde ausgedrückt.“

Richard Geist aus München:

„Trotz der sehr eindrucksvollen Demo gegen TTIP vom Wochenende macht die relativ kleine Minderheit der TTIP-Befürworter weiter wie bisher. Weiterhin die Fakten geheim halten und die Bürger beruhigen mit unverbindlichen Beteuerungen, man versuche unsere Standards hoch zu halten.
Logisch nachvollziehbar ist jedenfalls, dass viele Standards allein dadurch in Gefahr sind, dass der Sinn und Kern der Freihandelsabkommen TTIP und CETA vor allem in einer gegenseitigen Anerkennung aller Produktzulassungen liegt, obgleich die Produktsicherheitssysteme auf beiden Kontinenten so verschieden sind, dass sie nur auf Basis von völlig verschiedenen Rechtssystemen funktionieren. Ein Abgleich der Rechtssysteme ist in den Freihandelsabkommen aber nicht vorgesehen! Der hieraus folgenden Konsequenz sollte Rechnung getragen werden.
In der EU muss für neue Produkte vor dem Verkauf die Unbedenklichkeit nachgewiesen werden (Vorsorgeprinzip). In den USA wird die Produktsicherheit ohne Unbedenklichkeitsnachweis dadurch sicher gestellt, dass die Unternehmen bei Schäden durch ihre Produkte selbst von normalen US-Bürgern auf viele Millionen oder gar Milliarden Dollar verklagt werden können. Dieses US-Nachsorgeprinzip wirkt bei uns jedoch nicht, da durch US-Produkte geschädigte EU-Bürger aufgrund unseres EU-Rechtssystems nur vergleichsweise mikrige Beträge erfolgreich einklagen können. US-Konzerne wäre deshalb dumm, wenn sie als vielleicht riskant erachtete Produkte nicht zuerst an Europäern ausprobieren würden.
Anders herum schützt es eine EU-Mittelstandsfirma nicht vor extrem hohen Schadensersatzklagen in den USA, dass sie für ihr Produkt eine Unbedenklichkeitsprüfung der EU vorweisen kann, wenn der Schaden beispielsweise durch eine nicht den US-Standards genügende Bedienungsanleitung hervorgerufen wurde. Eine Versicherung gegen das in den USA extrem hohe Prozessrisiko könnte jedoch viele kleinere EU-Firmen finanziell überfordern. Wenn also die extrem unterschiedlichen Produkthaftungs-Rechtssysteme nicht auch angeglichen werden, geht eine gegenseitige Anerkennung der Produktzulassungen in jedem Fall stets einseitig zu Lasten der EU-Bürger! Logische Konsequenz wäre eine Absenkung vieler bestehender Produktsicherheitsstandards für EU-Bürger.
Dieser logische Zusammenhang wurde bisher noch nicht beleuchtet und er sollte zumindest diskutiert werden und so in die Verhandlungen einfließen, um nicht aus ideologischer geprägter Geheimniskrämerei in eine Falle zu tappen.“

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20 Kommentare zu “TTIP: Europäische Standards sind in Gefahr

  1. „Wer braucht TTIP?“ steht am Ende des Artikels. Nach allen mir zugänglichen Informationen braucht niemand TTIP,Ceta oder Tisa, nicht einmal die Konzerne. Auch konnte mich bisher noch niemand von der Notwendigkeit überzeugen.

    Ein örtlicher IHK-Geschäftsführer wollte vor wenigen Tagen in einer Veranstaltung TTIP schmackhaft machen, indem er die heutigen Handelsbeziehungen mit den USA aufzählte. Allein diese Darlegung machte deutlich, dass TTIP nicht notwendig ist.

    In einer anderen Veranstaltung hatte der Linken – MdB Michael Schlecht andere Podiumsteilnehmer nach der Notwendigkeit von TTIP gefragt und keine Antwort erhalten.

    „Wenn“, wie oben erwähnt, „jetzt der Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sich hinstellt und nachträglich bedauert, man habe wohl versäumt, den Menschen TTIP rechtzeitig zu erklären,…“ muss ihm entgegengehalten werden, dass er wiederholt den Gegnern vorwarf, man könne nicht gegen etwas sein, was man nicht kenne. Wenn man aber etwas angeblich nicht kennt, kann man nach dieser Logik doch auch nicht dafür sein. Und jetzt auf einmal gesteht er ein, man habe versäumt, den Menschen TTIP zu erklären.

    Was stimmt nun? Kannte er den Inhalt, hätte er diesen doch erklären können anstatt die Gegner öffentlich als hysterisch zu beschimpfen. Kannte er den Inhalt selbst nicht, hätte er ihn auch nicht erklären können.

    Was er bisher im Bundestag oder bei öffentlichen Auftritten zum Thema erwähnt hat, war zum Teil widersprüchlich, fehlerhaft oder abwegig, überzeugen konnte er bisher in keinem Fall.

    Und dass Gabriel mit seiner vorbehaltlosen Zustimmung zu TTIP die Partei ruiniert, scheint er entweder nicht zu merken, oder es scheint ihm egal zu sein.

  2. Allmählich scheint sich Unruhe im bisher so behaglichen Nest der Bundesrepublik bemerkbar zu machen.
    TTIP könnte sich zum berühmten „Tropfen, der das Fass zum Überlaufen“ bringt, entwickeln.
    Das Thema liegt auf dem Tisch, eine immer breiter werdende Öffentlichkeit will Klarheit über die Inhalte bekommen, die da verhandelt werden. Da genügt es keinesfalls, die eigenen Vorschläge vorzustellen, ohne die Wünsche des mächtigen Vertragspartners zu erwähnen.
    Das Demokratieverständnis im Volke beginnt immer mehr zu schwinden, das Vertrauen in Politik, Regierung und Parteien wird weniger. Die Wahlbeteiligung sinkt. Sehen das unsere Politiker nicht oder wollen sie es nicht sehen ? Dank GROKO ist vom Parlament da nicht viel zu erwarten, die Fraktionsführer der Regierungsparteien bringen ihre Schäfchen schon rechtzeitg in die richtige Spur.
    APO – da war doch mal was ?

  3. Zur APO-Zeit wurden wir von der Politik weniger verschaukelt als heute, den meisten Menschen ging es besser, insofern ist es verwunderlich, dass noch keine APO auf den Plan getreten ist.

    Und lieber eine APO als Pegida, AfD etc.

  4. Das wirklich Schlimme ist das man wie selbstverständlich unterstellt das die vom Volk gewählten Politiker selbiges verraten und verkaufen.

  5. Auch Politiker müssen sich nach den vom Bundestag und Bundesrat verabschiedeten Gesetzen und Verordnungen richten. Welche Richtlinien sind zu beachten um Verhandlungen als Geheim einzustufen? Kann ich diese Richtlinien nachlesen? Sind wir Wähler (der Souverän) nach der Wahl unseren Abgeordneten bzw. der Regierung der Entmündigung ausgeliefert? Wir können mit der nächsten Wahl unsere Politiker nicht einmal für einen beschissenen Geheimvertrag abwählen, da wir den Inhalt nicht kennen. Ich hoffe es wird demnächst viele TTIP-, CETA-, TISA- und andere Geheimvertrags- Snowdens geben. Politiker müssen das Vertrauen zur Geheimhaltung verlieren!
    Echte Demokratie ist, für mich, mit Geheimhaltung unvereinbar!

  6. Da kann man nur konstatieren: die Debatte über die eine schlimme Sache – Migration – toppt die andere schlimme Sache – TTIP. Wahrscheinlich werden schon Wetten bei den Wall-Street-Bankern abgeschlossen, wann wir und wie über den Tisch gezogen werden. Die reiben sich die Hände, weil wir solche andere Probleme haben. Da können sie quasi unbemerkt ihren marktradikalen Scheiß durchdrücken.

  7. Wenn das so ist, wie Richard Geist aus München schreibt, ist dieser Punkt allein schon „stark genug“ das Abkommen auf den Müll zu werfen. Schade dann, für die vielen vergebens aufgewendeten Arbeitsstunden, in denen Nützlicheres hätte getan werden können.
    Gibt es denn keine Möglichekeit in unserem so demokratischen Lande, hierüber Klarheit zu erzwingen, bevor es zu spät ist ? Gibt es keine juristischen Schritte, Gerichte rechtzeitig einzuschalten ?

  8. 250000 Menschen haben in Berlin gegen TTIP
    demonstriert, soviel wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Wie wurde in den Medien darüber berichtet? Der Rundschau war es mal eine halbe Seite wert und im Fernsehen eine kleine Meldung. Es lag vielleicht auch daran, dass kein Auto gebrannt hat.
    Unsere Demokratie ist doch schon durch die Diktatur des Kapitals abgelöst worden.
    Wer Geheimverträge macht hat etwas zu verbergen
    und das böse Erwachen kommt später. Bisher hat das Volk alles geschluckt, hoffen wir dass sich das ändert und die Wähler aufwachen.
    Ich kann nur hoffen, dass es noch ein paar große Demos geben wird. Ich bin jedenfalls dabei.

  9. 250 000 Menschen haben gegen TTIP demonstriert.
    Das ist gelebte Demokratie ! Doch was hat es bewirkt ? Anders gefragt : Was muss denn geschehen, um etwas zu bewirken ?

  10. Einmal anders und auch provokant gefragt:
    „250 000 Menschen haben gegen das Steuerzahlen und gegen das Grundgesetz demonstriert.“
    Das ist gelebte Demokratie ! Doch was hat es bewirkt ? Anders gefragt : Was muss denn geschehen, um etwas zu bewirken ?

  11. Nach kurzem Nachdenken:
    Welche „Selektoren“ müssen die hochverehrten Herrn und Damen Kommentatoren nun wohl anwenden ………?

  12. Die Mainstreampresse hat, anstelle von der Demo zu berichten, lieber das Geld, das Gabriel von Steuergeldern in Höhe von 2. 235.794 Euro missbraucht hat, für Anzeigen gegen TTIP-Kritiker kassiert.

    Wie G. Krause richtigerweise erwähnt hat, wäre ein Autobrand den Medien für eine Sensationsmeldung von der Demo willkommen gewesen.

    Schön wäre es, wenn der neue kanadische Ministerpräsident Trudeau sich von Ceta distanzieren würde.

    Lohnenswert ist folgende Sendung http://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/konzerne-klagen-wir-zahlen-102.html, diese sollte sich Gabriel mal anschauen.

    Ich hoffe trotz allem, dass der Widerstand auf Dauer hilft. Steter Tropfen höhlt den Stein.

  13. „250 000 Menschen haben gegen TTIP demonstriert.“ Ist das gelebte Demokratie, die Herrschaft des Volkes? Ist das Volk der Souverän, der sich vom dicken Hofnarren Sigmar sagen lassen muß, es fürchte sich vor TTIP und habe nicht die geringste Ahnung, wovor es sich eigentlich fürchtet. Bilden eine Viertelmillion Demonstranten die Talsohle im Tal der Ahnungslosen?

    Wahrlich, es besteht kein Grund zur Furcht. Wenn die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika vereinbaren, daß die jeweils eigenen Standards auch im Wirtschaftsraum des Vertragspartners gelten, so tun sich ungeahnte Möglichkeiten zur Wertschöpfung auf. Ressourcen wie Arbeitskraft, Energieverbrauch und Rohstoffe können geschont werden.

    Nehmen wir als Beispiel das schon ausgiebig gerupfte Chlorhühnchen. Die Brathähnchen-Kette Kentucky Chlorinated Chicken hat vor, in der BRD ein Franchisesystem aufzubauen. Die angehörenden Broiler-Stationen sind verpflichtet, ihre Rohware aus den USA zu beziehen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, zu dem die zuständige Bundesbehörde eingreift; denn die Behandlung von Hühnerfleisch mit Chlor ist hierzulande verboten. Kentucky Chlorinated Chicken verklagt die Bundesrepublik vor einem Schiedsgericht und erhält einen Schadenersatz für entgangenen Gewinn in Höhe von 50 Mrd. Euro zugesprochen.

    Im nächsten Beispiel führt die EU die Abgasnorm Euro 7 ein. Neu daran ist, daß die einzuhaltenden Grenzwerte der Realität angepaßt werden, derzufolge, wie man weiß, ein Kraftfahrzeug im Fahrbetrieb mehr CO2 und Schadstoffe ausstößt als im Testlauf. Als erstes Unternehmen der europäischen Automobilbranche beschließt VW, in Kalifornien ein Werk zu errichten, in dem Pkw, die diese europäische Norm erfüllen, für den amerikanischen Markt montiert werden sollen. Was folgt, ist klar: Kalifornien sperrt sich gegen das Vorhaben. Der Volkswagenkonzern klagt vor einem Schiedsgericht und erstreitet einen Schadenersatz über 500 Mrd. Dollar.

    Der Vorteil liegt, wie die Beispiele zeigen, deutlich auf der Hand: Ohne jegliche unternehmerische Tätigkeit mit allen ihren Nachteilen findet hier eine Wertschöpfung ungeahnten Ausmaßes statt. Darum, JA zu TTIP!

  14. Ich habe eine Fabrik für Windturbinen. Das Land X beschliesst grosszügig Windenergie zu fördern für die nächsten 120 Jahre. Bedingung ist, dass die 70% der Windturbinen im eigenen Land gefertigt werden. Ich rede mit meiner Bank und entschliesse mich im Land X für 1 Milliarde Taler eine grosse Fabrik zu bauen. Gerade als die erste Windturbine die Fabrik verlassen soll, gibt es im Land X Wahlen und die Konservativen gewinnen mit der Parole „Keine Verspargelung der Landschaft“. Die Installation von Windturbinen wird verboten. Eine Entschädigung wird per Gesetz ausgeschlossen. Meine Bank will ihr Geld wiederhaben.
    Ich kann vor ein Gericht im Land X gehen, wo ich vermute, dass der Richter zur konservativen Partei gehört. Mein Anwalt sagt, dass so ein Prozess mit mehreren Instanzen viele Jahre dauern kann.
    Oder es gibt die Möglichkeit eines Schiedsgerichts, bei dem ich einen Richter wählen kann, Land X einen und wir uns auf den dritten einigen. Das Verfahren dauert höchstens 1 Jahr und es gibt keine zweite Instanz.
    Wofür sollte ich mich entscheiden?
    In internationalen Verträgen ist es schon immer üblich gewesen, im Streitfall den Rechtsweg auszuschliessen und die Schlichtung anzurufen. Warum das jetzt plötzlich generell des Teufels ist, erschliesst sich mir nicht.

  15. # 11, Günter Rudolphi,

    gehe ich recht in der Annahme, dass Sie mit dem Themenvergleich ausdrücken wollen, dass jegliches Demonstrieren in diesem unserem Lande überflüssig ist ?

    # 14, Manfred Petersmark,

    gute Satire. Und was man mit diesem Geld alles machen könnte…

  16. „gehe ich recht in der Annahme, dass Sie mit dem Themenvergleich ausdrücken wollen, dass jegliches Demonstrieren in diesem unserem Lande überflüssig ist ?“

    Gute Frage, werner h.

    Die Montags-Demos damals in Leipzig haben das marode DDR-Regime zum Einsturz gebracht, die waren also wirkungsvoll.

    Eine meiner Lieblings-Demos machte aber Fritz Teufel im Gericht (Zitat):
    „Vorwurf eines Steinwurfs während Schah-Besuch
    Am 2. Juni 1967 wurde Teufel unter dem Vorwurf, einen Stein geworfen zu haben, während der Demonstration gegen den Schah Reza Pahlavi verhaftet und saß bis zum Verhandlungsbeginn im November in Untersuchungshaft. Während der Verhandlungen fiel Teufel vor allem durch – aus Sicht der Staatsanwaltschaft – respektloses Verhalten auf. Als er eine längere Stellungnahme abgeben wollte, wurde er vom Richter ermahnt, er möge nur Tatsachen vorbringen, die der Wahrheitsfindung dienten. Etwas später kam er dann der Aufforderung des Richters, sich zu erheben, mit der Bemerkung nach: „Wenn’s denn der Wahrheitsfindung dient.“ Dieser Satz wurde zu einem geflügelten Wort. Am 22. Dezember 1967 wurde Teufel freigesprochen.“
    Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Teufel
    (Hervorhebung durch mich)

    Hätte er eines der damals doch üblichen Papp-Schilder (oder Transparente) im Gericht hochgehalten, oder auch darauf wieder lange doziert, oder aus der StPO vorgelesen, oder skandiert »Hoh, Ho, Ho Chi Min, al-Fatah will win« (wie der SDS), hätte er sich nicht mit diesem einen Satz verewigt.

    Intelligent (bzw. Intelligenz) demonstrieren, ja, und das geht auch ohne Papp-Schilder und Fahnen auf der Straße oder bei Günther Jauch.

  17. @ 17, Günter Rudolphi

    „Intelligent (bzw. Intelligenz) demonstrieren, ja, und das geht auch ohne Papp-Schilder und Fahnen auf der Straße oder bei Günther Jauch.“

    Das ist, wie ich annehme, Ihre gute Antwort auf die „gute Frage“ von werner h.

    Könnten Sie uns Ihre eigene Vorstellung aufzeigen, wie denn wirkungsvoll zu demonstrieren sei! Vielleicht hätten Sie einen denkwürdigen Satz für die breitere Öffentlichkeit? Sowas fehlt noch.

  18. @ 18 (manfred petersmark)
    „Vielleicht hätten Sie einen denkwürdigen Satz für die breitere Öffentlichkeit?“
    Ich arbeite da noch etwas dran!

    Vor Gericht fällt mir aber auch nichts Besseres ein als:
    „Ich schließe mich den Ausreden meines Verteidigers an.“

    Auf der Straße sagte ich heute, nach einer kurzen Debatte:
    „Alles nicht so einfach, wenn man es doppelt nimmt.“

    Ansonsten: „Ei Guude wie, wo machste hie?“

    Das versteht hier jeder und demonstriert Heimatverbundenheit.

    Der Datterich hätte bei Günther Jauch vielleicht gesagt:
    „So e Mensch is kah Gäjestand for mein Zorn“

    Und der Datterich hatte die Welt verstanden:

    „Lisettche, noch e halb Scheppche!“

  19. # 19, Günter Rudolphi, 0:45 h,

    Ich hoffe, ich habe Sie da richtig
    verstanden ? Sie trinken gern auch
    mal einen Schoppen ? Ich auch ! Also,
    alles nicht so eng sehen… Ende.
    (noch vor Mitternacht)

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