Clemens Tönnies galt als honorig. Jetzt gilt er als Rassist. Der Fleischfabrikant, Milliardär und Aufsichtsratschef beim Fußballbundesligisten Schalke 04, hatte beim Tag des Handwerks in Paderborn Steuererhöhungen im Kampf gegen den Klimawandel kritisiert. Stattdessen solle man lieber jährlich 20 Kraftwerke in Afrika finanzieren. „Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren“, hat Tönnies wörtlich gesagt und dafür Beifall von den anwesenden Honoratioren erhalten. Die Fans liefen Sturm, der Ehrenrat des Vereins erwies sich als mutlos, die Ethikkommission des DFB braucht noch Zeit für eine Entscheidung, die Tönnies selbst allerdings bereits getroffen hat: Er lässt seine Vereinsämter drei Monate lang ruhen.
Was wird da wieder für eine Sau durchs Dorf getrieben? Sollte man nicht lieber die Kirche in selbigem belassen? Der Tönnies hat halt verbal daneben gegriffen, sich gewissermaßen verplappert, das kann schon mal passieren, und außerdem: Er hat doch Recht! Wäre Afrika nicht derart unterentwickelt … Ja, was wäre, wenn die Afrikaner richtig Strom hätten? Haben sie derzeit nicht. Achtung, jetzt wird’s ironisch: Nachts wird es in Afrika nämlich zappenduster! Elektrizität? Was ist das? Die Afrikaner sind quasi dazu gezwungen, Bäume zu fällen, um Feuer zu machen. Unerwünschter Nebeneffekt: Der Afrikaner verstärkt auf diese Weise den Klimawandel, ja, er ist praktisch selbst schuld an den Veränderungen, die ihn dann in die Flucht treiben. Aber bemerkt jemand den Denkfehler? Wer Feuer hat, der hat auch Licht! Was redet denn der Tönnies da? Es ist also gar nicht dunkel in den Hütten und Verschlägen der Afrikaner! Jedenfalls nicht, wenn sie, wie es typisch für sie ist, fleißig waren beim Bäumefällen. Doch was tut der Afrikaner trotzdem? Er schnackselt, und zwar auch noch gern, frei nach Gloria von Thurn und Taxis. Diese Vorliebe hat er total exklusiv. Andere Menschen, zum Beispiel bei uns in Deutschland, schnackseln nicht gern, sondern nur wegen des demografischen Wandels. Aus Pflichtgefühl. Und wegen der Rente. So was kennt der Afrikaner nicht, er hat nur seinen Spaß im Sinn, bei Licht und auch dann, wenn es dunkel ist. Also quasi den ganzen Tag. Er produziert Kinder. Tu zwei Afrikaner unterschiedlichen Geschlechtes zusammen, und gleich hast du die Hütte voller Kinder. So ähnlich ist das bei unseren Muslimen, die bekanntlich nichts Besseres zu tun haben, als unentwegt kleine Kopftuchmädchen zu produzieren, aber das führt an dieser Stelle vielleicht ein kleines bisschen zu weit.
Es dürfte klar geworden sein, worin der Rassismus in Tönnies Worten besteht. Wie DFB-Interimschef Reinhard Rauball es formulierte: Tönnies habe „generalisierend und abfällig“ über die Bevölkerung eines ganzen Kontinents gesprochen. Das ist alles andere als eine Lappalie. Zum einen zeigen solche „verbalen Fehlgriffe“, was einer wirklich denkt – denn wenn er es nicht denken würde, käme er nicht auf die Idee, so etwas auszusprechen. Zum anderen ist Tönnies nicht irgendwer. Eine solche herausgehobene Position sollte nur bekleiden, wer dazu geeignet ist. Nicht nur, aber auch bei einem Verein wie Schalke 04, der eine antirassistische Fankultur hat. Fünf der Spieler des aktuellem Bundesligakaders stammen aus Afrika (drei aus Marokko, je einer aus Algerien und dem Senegal). Schalke 04 hatte legendäre Fußballer wie Gerald Asamoah und Hans Sarpei (beide aus Ghana). Letzterer schrieb auf Facebook: „Die Aussagen von Clemens Tönnies zeigen ein Weltbild, dass an die Kolonialzeit erinnert. Es sind rassistische Bemerkungen, die in keinster Weise mit dem Leitbild des FC Schalke 04 oder unserer modernen offenen Gesellschaft vereinbar sind.“ Asamoah zeigte sich geschockt: Tönnies „beleidigt mich und alle anderen Betroffenen“. Sie unterstellen dabei als gegeben, dass Tönnies mit seinen Afrikanern Schwarze gemeint hat. So wird man seine Worte wohl tatsächlich deuten müssen.
Es ist erschreckend, was in diesem Land inzwischen sagbar ist und was auch tatsächlich Beifall erhält. Das Reden über Ausländer hat den gesellschaftlichen Diskurs mehr verändert als die Ausländer selbst, die als Migranten und Asylsuchende zu uns kommen. Wir müssen dringend sprachlich abrüsten. Den Respekt, den wir vom Gegenüber erwarten dürfen, müssen wir diesem Gegenüber ebenso selbstverständlich von uns aus entgegenbringen. Wir brauchen ein Ethos des Miteinanders, nicht des Gegeneinanders, denn die Probleme dieser Welt wie etwa den Klimawandel werden wir nur miteinander bewältigen können. Man muss nicht auf Kosten armer Menschen, die für die Zustände in ihren Heimatländern mehrheitlich nichts können, Witze reißen, um einer Honoratiorengesellschaft einen Lacher abzuringen. Vielleicht ging es Tönnies um nichts anderes als nur darum, die Stimmung in Paderborn beim Tag des Handwerks ein bisschen aufzulockern? Doch was heißt da „nur“? Was für ein Bild hat Tönnies von seiner Zuhörerschaft, wenn er glaubt, in seiner Rede mit einer solchen Bemerkung Sympathien sammeln zu können?
Nach dieser Diagnose ist Tönnies ungeeignet für seinen Posten bei Schalke 04. Er hat zwar um Entschuldigung gebeten: Seine Aussage „war falsch, unüberlegt und gedankenlos und entsprach in keiner Weise unserem Leitbild. Es tut mir sehr leid.“ Diese Entschuldigung ist zu schwach. Tönnies sollte klarmachen, dass er das Ungeheuerliche an seiner Aussage begriffen hat. Wenn er sein Amt wieder aufnimmt, muss er beweisen, dass er dafür geeignet ist. Die Bundesrepublik ist ein Land, das selbst schweren Straftätern eine zweite Chance gibt. Diese Chance sollte auch Tönnies gegeben werden. Auch wenn es laute Rufe gibt, er möge sich völlig zurückziehen: Wir vertiefen die Risse in unserer Gesellschaft nur, wenn wir unnachgiebig Bestrafung fordern. Rache sollte in unserem Denken keinen Platz haben. Damit werden wir die Rassisten nur anfeuern, denn sie werden Tönnies zum Märtyrer stilisieren, zu einer Ikone des „Man wird doch wohl noch sagen dürfen“. Doch Tönnies muss zeigen, dass er resozialisiert werden kann. Wir erwarten von ihm, dass er dafür stimmige Beweise liefert. Allein die Unterlassung der Wiederholung seiner allafrikanischen Weisheiten wird nicht genügen. Er könnte zum Beispiel den Vorschlag des Herrn Schwerdtfeger aufgreifen – siehe dessen Leserbrief unten.
Schalkes Ehrenrat hat falsch entschieden
Anstelle von Steuererhöhungen im Kampf gegen den Klimawandel, sollten wir Fleisch- und Wurstfabrikanten wie Clemens Tönnies (Aufsichtsratschef von Schalke 04) 20(!) Gemüse- und Obstplantagen geben. Dann würde sicherlich in Brasilien aufgehört, im Amazonas-Regenwald Bäume im rasenden Tempo abzuholzen um auf den Flächen Weideland für Rinder und Anbauflächen für Soja zur Fütterung und Mästung von Tieren anzulegen. Vielleicht entstünde durch den Umgang mit Pflanzen dann etwas Empathie für Lebewesen. Und durch den Wegfall von Massentierhaltung würde nicht unendliches Leid für die Tiere produziert.
Der Ehrenrat von Schalke 04 hat die Aussagen von Herren Tönnies als „nicht rassistisch“ eingestuft (falsche Entscheidung!), zumindest hätte er die Aussagen jedoch als dümmlich einstufen sollen. Was bei der Diskussion nur mal am Rande erwähnt wurde, aber mindestens genauso erschreckend ist: Herr Tönnies hat bei seiner Rede auf dem „Tag des Handwerks“ Beifall aus dem Publikum bekommen!
Otto Gebhardt, Frankfurt
Nicht von heute auf morgen
Mit Daniel Kothenschultes (unter TIMES MAGER verstecktem) politischem Kommentar „Team Tönnies“ wird u.a. die Frage aufgeworfen, wer definieren darf, was Rassismus ist. Offensichtlich nicht der „weiße Mann“, wohl jedoch der Autor, wie sich zeigt.
Zweifellos ist der Begriff Rassismus zu einem Totschlagargument geworden. Jede noch so kleine unbedachte Äußerung in Richtung nichtweißer Menschen kann einem mit Leichtigkeit den Rassismusvorwurf einbringen. Ähnliches gilt im Bereich des Sexismus. Wer sich gern in der Rolle des Gesinnungspolizisten sieht oder etwa einem politischen Gegner schaden möchte, wird daher jede Gelegenheit nutzen, jemanden des Rassismus oder des Sexismus zu bezichtigen. Denn die inkriminierte unbedachte Äußerung verrät ja die wahre Gesinnung, die dahinter steckt. Doch Vorsicht! Vielleicht sollte man in den meisten Fällen besser sagen: traditionell dahintersteckt(e) und noch nicht ganz ausgeräumt ist. Denn so was geht halt nicht bei allen von heute auf morgen.
Im übrigen sollte man in vielen Fällen – möglicherweise auch im Fall Tönnies – statt von Rassismus eher von sozialem und kulturellem Chauvinismus sprechen. Den erleben wir doch auch – aber ohne die anlässlich eines Rassismusvorwurfs entstehende große Aufregung – bei der weit verbreiteten Einstellung gegenüber unseren ehemaligen „Brüdern und Schwestern“ und speziell dem bemitleidenswerten Volk der Sachsen. Im Tönnies-Jargon könnte das dann etwa so lauten: „Denen sollte man 200 Milliarden – natürlich für politische Bildung! – aufs Konto schieben. Dann meckern sie nicht mehr so viel und wählen CDU!“
Hans-Jürgen Schroeder, Minden
Wir dürfen Leute mit rassistischer Haltung nicht dulden
Eins vorweg, die Herren Funkel ganz besonders und Veh genießen meine Anerkennung als Trainer. Grundsätzlich äußern sich viel zu wenige SportlerInnen und FunktionärInnen zu gesellschaftspolitischen Themen. Tragen sie Maulkörbe oder ist es einfach nur Desinteresse ?
Wenn die beiden Herren sich nicht ihrem wohlverdienten Altersruhestand nähern würden, müsste ich meinen,sie bewerben sich in der Fleischfabrik Tönnies. Wie kann Herr Funkel sonst ein so flammendes Plädoyer für die menschenverachtende Äußerung des Herrn Tönnies halten und Herr Veh dem zustimmen ? Immerhin gibt es persönliche Nähe, weil Clemens und nicht Herr Tönnies genannt. Die Beiden halten das nicht für in Ordnung, einen schweren Fehler gemacht, er hat etwas gesagt was man nicht sagen soll (nur denken und so handeln),sein Leben kaputt macht und er nicht mehr auftreten kann….. Den beiden Herren entgeht, hier ist nichts rausgerutscht, sondern hier ist Kalkül im bösen Stil, welches vor applaudierenden 1600 „Mittelständlern“ in Paderborn aufging.
Was bedeuten die rassistischen Aussagen und die Stellungnahmen der Herren Funkel und Veh für die ganz vielen aus allen Ländern der Erde stammenden Spieler unter Verträgen von Fortuna Düsseldorf und 1.FC Köln ? Unter geschlachtet verstehe ich, was laut Dokumentation in den weltweiten Schlachtfabriken des Unternehmens Tönnies mit den Menschen-und Arbeitsrechten der Beschäftigten passiert, Tierwohl dank der jeweiligen Gesetzgeber außen vor bleibt. Als Markt für minderwertige Produkte ist u.a. Afrika im Unternehmen sehr wohl gefragt und wird durch Lobbyismus auch gefördert und subventioniert. Es geht hier nicht um die privaten unakzeptablen Aktivitäten wie Flugbelästigung,Großwildjagd und anderer Dekadenz.
Respekt vor dem Schauspieler Peter Lohmeyer für den Vereinsaustritt nach vielen Jahren! Zurück zum Sport, wir dürfen Leute mit rassistischer Geisteshaltung wie Tönnies, Funkel, Veh und vieler Anderer in Funktionen nicht dulden. Das heißt abschlachten im Sinne von Herrn Funkel oder weniger martialisch: aus den Funktionen entfernen,wenngleich sich dadurch deren Gesinnung nicht ändert! Gleichfalls kann auch das Hinterziehen von Steuern durch SportlerInnen und Funktionären wie an prominenten Beispielen der Herren Rummenigge und Höneß nur zum Entfernen aus deren Ämtern führen. Hier geht es nicht um Kavaliersdelikte, sondern um Menschenrechte bzw.Verteidigung unserer Demokratie.
Wenn solche Verhalten auch das „echte“ Leben spiegeln,müssen wir auf Vorbilder besonders im Sport aus sein.
Heinrich Etling, Friedberg
Eine Spende, die wehtut
Das mindeste, was ich von Herrn Tönnies erwarte, außer den drei Monaten Pause im Aufsichtsrat, ist eine Spende, die weh tut, und zwar nicht für Kohlekraftwerke, aber vielleicht zweckgebunden im Bereich „Erneuerbare Energien“ (Biogas/Fotovoltaik) an einen der vielen gemeinnützigen Vereine, die mit viel ehrenamtlicher Arbeit versuchen, die Lebensverhältnisse in Afrika zu verbessern. Ansonsten nehme ich seine Entschuldigungen nicht ernst. Eine Liste von Vereinen, die z.B. in Uganda tätig sind, gibt es hier.
Nun ist Herr Tönnies mit Sicherheit nicht einer der großen Symphatieträger in Deutschland -Schalke hin oder her-. Dies begründet sich schon dadurch, Besitzer einer Groß- bzw. Massenschlachterei in NRW zu sein, was ihn in den Augen vieler disqualifiziert. Dies sind die, die u.a. für eine Abkehr von gegenwärtigen Essgewohnheiten plädieren – und sie tun das mit Recht.
Was hat Tönnies gesagt? Er sagte, dass in Afrika zu viele Bäume gefällt werden. Wenn dem so ist, müsste „man“ dem wohl entgegenwirken, oder etwa nicht?
Wie dieses Entgegenwirken aussehen kann, muss ausgehandelt werden, auch unter Einbeziehung der Regierungen afrikanischer Staaten.
Weiter sagte er sinngemäß, dass die Afrikaner zuviel Kinder produzieren…
Falsch ist das nicht, die Statistiken, das Bevölkerungswachstum Afrikas betreffend, weisen nichts anderes aus. Die daraus resultierenden Hochrechnungen für die nächsten Jahrzehnte sind besorgniserregend.
Nun kann wegen der flapsigen Ausdrucksform des Herrn Tönnies, was die von ihm angerissenen Probleme betrifft, der Stab über ihn gebrochen werden. Aber es scheint im Moment en vogue zu sein, sofort wieder eine Schublade aufzumachen und in dem Fall einen wie Tönnies reinzustecken…. Auf der Vorderseite der Schublade klebt in dem Fall das Schildchen „RASSISMUS“.
Wäre die ganze Aufregung ähnlich ausgefallen, hätte Tönnies vor seinen Zuhörern eine akademischere Ausdrucksform für die angesprochenen Probleme gefunden?
Der Rassismus nimmt überhand, das muss ich ihnen sicherlich nicht sagen. Gestern Nachmittag auf dem Weg ins Stadion standen wir am Hbf und haben auf die S-Bahn gewartet. Alle Eintracht Fans waren gut an den weißen T-Shirt zu erkennen. Auf einmal aus dem nix, fing eine Person mit weißem Shirt mit Frankfurt Aufschrift an, einen Mann mit dunkler Hautfarbe zu beleidigen und zu bedrängen, er hatte nichts getan und stand sichtlich verängstigt da und sagte nix. Der Pöbelnde war so laut das nahezu der gesamte Bahnsteig die Situation mit bekam aber niemand reagierte, der Rassist war sicherlich der Meinung das er gleich verbündete bekommt die ihm bei Hilfe leisten, doch es kam zum Glück anders. Ich bin mit 3 anderen Freunden direkt auf diese Person zu gegangen und haben ihm sehr deutlich zu verstehen gegeben das er seinen Mund halten soll und das Rassismus in Frankfurt absolut keinen Platz hat, erst recht nicht als Fan von Eintracht Frankfurt. Eine weitere Frau kam dann direkt dazu und hat das Opfer aus dieser Situation „befreit“ und ist mit ihm einige Meter weiter den Bahnsteig entlang um ihn zu schützen, alle anderen Leute am Bahnsteig haben die Situation nur beobachtet. Der Rassist war sichtlich überrascht das ihm keiner zugestimmt hat und in einer anderen Stadt, auch in Hessen wäre es für das Opfer sicherlich anders ausgegangen. Wir mussten dann noch einige Minuten mit ihm rum diskutieren bis er sich dann entschieden hat nicht die einfahrende S-Bahn Richtung Stadion zu nutzen, weil er merkte das er absolut unerwünscht ist. Ich will mir gar nicht vorstellen wie sich dunkelhaeutige zur Zeit fuehlen müssen und diese Person sich gefühlt hat aber zum Glück leben wir in der toleranten Stadt Frankfurt am Main. Uns hat diese Situation so sehr beschäftigt das ich das mit ihnen teilen musste.
@ Manfred Schmidt
Warum ist es so schwer zu begreifen, dass es rassistisch ist, mit abfälligen Pauschalurteilen über Ausländer oder andere Ethnien zu sprechen? Tönnies wollte einen Witz auf Kosten armer, unterprivilegierter Menschen machen, die praktisch keine Chancen haben, sich aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Das ist widerlich und rassistisch! Es ging Tönnies doch nicht um eine Problemanalyse! Das werden Sie hoffentlich nicht im Ernst annehmen.
@Manfred Schmidt
Über die rassistischen Aussagen von Herrn Tönnies wurde ja ausführlich in den Kommentaren geschrieben.
Nachdem Sie auch auf das Thema „Bäume fällen“ in Ihrem Kommentar eingehen, habe ich nochmals den Anfang meines Leserbriefes hier rein kopiert.
Und das meine ich mit dümmlich: Von gefällten Bäumen profitiert Herr Tönnies im Übermaß. Entweder er ignoriert das oder er ist nicht in der Lage, da einen Zusammenhang herzustellen!
Anstelle von Steuererhöhungen im Kampf gegen den Klimawandel, sollten wir Fleisch- und Wurstfabrikanten wie Clemens Tönnies (Aufsichtsratschef von Schalke 04) 20(!) Gemüse- und Obstplantagen geben. Dann würde sicherlich in Brasilien aufgehört, im Amazonas-Regenwald Bäume im rasenden Tempo abzuholzen um auf den Flächen Weideland für Rinder und Anbauflächen für Soja zur Fütterung und Mästung von Tieren anzulegen. Vielleicht entstünde durch den Umgang mit Pflanzen dann etwas Empathie für Lebewesen. Und durch den Wegfall von Massentierhaltung würde nicht unendliches Leid für die Tiere produziert.
@ Otto Gebhardt
Es war nicht nötig, diese Passagen noch einmal hier rein zu kopieren. Sie steht oben in der Anmoderation, wo Ihr Leserbrief ungekürzt veröffentlicht worden ist. Aber vielleicht geben sie hier ja noch einmal einen Impuls.
Auf die ersten 2 kurzen Sätze in Bronskis Einleitung möchte ich eingehen:
„Tönnies galt als honorig. Jetzt gilt er als Rassist.“
Herr Tönnies war für mich nie honorig, dafür gibt es viele Gründe, belegt durch die Umstände der Beschäftigung von Menschen in seinen Betrieben. Andere Großschlachtereien verfahren ebenso, ohne Zweifel.
Jetzt gilt er als Rassist.
Und da fängt für mich das Bauchgrimmen an. „Wir“ beklagen das Vorgehen des Herrn Bolsonaro in Brasilien wegen seiner neuen Politik, die Waldrodungen im Amazonasgebiet zu erweitern.
Diese Klagen werden mit Recht geführt und deshalb muss man auch -wie bereits gesagt- das Roden von Wäldern in Afrika bedauern. Das war der eine Teil von Herrn Tönnies‘ Aussage, aber vielleicht war das gar nicht von ihm beabsichtigt, er scheint nicht besonders feinfühlig zu sein.
Das Nächste darin war, was die Bevölkerungsstatistik für Afrika seit langem aufzeigt -ebenfalls bereits gesagt-.
Nun ist Herr Tönnies gewiss kein Charmebolzen, sondern ein Experte für flapsige Stellungnahmen.
Deshalb war mein letzter Satz im Kommentar übrigens als Frage gestaltet….
Ich denke, hier wird mal wieder das ganze Empörungspotenzial hervorgeholt,
was die Be- bzw. Verurteilung wegen Rassismus‘ beliebig macht.
Ähnlich denken so auch andere aus Sport und Politik, die dazu bereits Stellung bezogen.
Das Geschehen am Frankfurter Hauptbahnhof, geschildert von Alessandro Linossi ist eindeutig durch ein Verhalten entstanden, das man als Rassismus bezeichnen kann, „Rassismus“ ist inzwischen konnotiert.
Nun wird dieser offensichtliche SGE-Fan mit Sicherheit nicht das hellste Licht am Weihnachtsbaum sein und deshalb wohl auch unbelehrbar. Ein gutes Licht wäre auf seine begleitenden „Kumpels“ gefallen, hätten die ihn gebremst.
Für mich unbegreiflich sein Verhalten, auch angesichts der bei der Eintracht spielenden Fußballer mit unterschiedlicher Herkunft.
Deshalb ist Alessandro Linossi, seinen Freunden und der ebenfalls aktiv gewordenen Frau Dank und Respekt für ihr couragiertes Eintreten zu zollen.
Ein Nachtrag noch zu Herrn Otto Gebhardts Kommentar in dem Teil, in dem er empfiehlt Tönnies Obst- und Gemüseplantagen zu „geben“.
Herr Tönnies bedient, was in Deutschland nachgefragt ist. Und nachgefragt waren pro Kopf im Jahr 2018 etwas mehr als 60 kg Fleisch zum Konsum. Insgesamt liegt der durchschnittliche Fleischverbrauch beim einzelnen bei knapp unter 89 kg, der Unterschied ist wohl durch die Herstellung von Tiernahrung zu begründen.
Würde der Fleischkonsum in Deutschland radikal heruntergefahren, würden in Deutschland und anderen Teilen der Welt nicht mehr diese Menge an Schlachttieren gezüchtet werden müssen, die mehr und mehr Weideland benötigen.
Die Konsequenzen sind ja wohl bekannt, nicht nur die wegen des benötigten Futters.
Außerdem -und jetzt bin ich wieder beim Thema Bevölkerungswachstum- brauchen mehr und mehr auf der Erde lebende Menschen mehr und mehr Nahrung die produziert werden muss.
Entziehen „wir“ Herrn Tönnies die Geschäftsgrundlage und essen „wir“ nur noch 15 kg Fleisch pro Kopf und Jahr, das geht, es wird in unserem Haushalt praktiziert.
Dann muss sich Herr Tönnies Sorgen um sein Geschäft machen und wird weniger Zeit haben „rassistische Reden“ zu produzieren…..
In der Hoffnung hiermit die Kurve zum Thema noch hinbekommen zu haben…..
Lieber Manfred Schmidt,
kein Problem, Kurve hinbekommen. Das Thema Fleischproduktion hat ja auch Otto Gebhardt schon in seinem Leserbrief angesprochen. Ich schalte mich an dieser Stelle aus einem anderen Grund ein. Mir fällt auf, dass Sie sich hier im FR-Blog insbesondere zu solchen Themen äußern, in denen es um Rassismus geht. Hinsichtlich der Wahrnehmung, was daran das Problematische ist, fragen Sie immer wieder: Was darf gesagt werden und was ist rassistisch? Diese Frage bewegt sie also nach meinem Eindruck. Wollen wir uns mal über diese Grenze unterhalten? Ich würde Sie gern zu einem Blogtalk einladen, allerdings erst im Oktober. Es ginge dabei nicht darum, Sie oder irgendwen zur Rede zu stellen, sondern darum, über diese Grenze zu sprechen. Ich möchte an dieses Thema mit derselben Sensibilität herangehen wie an andere Blogtalks. Es geht mir darum, Stimmungen auszuloten, denn die Frage, was gesagt werden darf und was nicht, bewegt viele Menschen.
Ooooh lieber Bronski, Herr Büge,
Sie haben es bemerkt, dass ich sowohl was (aus der Hüfte geschossene) Rassismus- als auch Islamamhasszuteilung betrifft, eine Meinung habe die differenziert und ich mit dieser Meinung auch anecke.
Häufig habe ich betont, dass ich kein Rechter bin und auch niemals die AfD wählen würde, dazu bin ich viel zu sehr von der Idee der EU überzeugt und
stehe fassungslos vor dem, was einige aus der AfD so herausposaunen, vor allen Dingen, was sich so vom weit rechten Rand zur AfD hingezogen fühlt. Aber -und nun relativiere ich erneut- es sind nicht alle von der AfD, die ich hart rechts verorten würde.
Ich war heute auf der Website der dänischen Sozialdemokraten, die bei der letzten Wahl einen großen Erfolg für sich verbucht haben und inzwischen die Ministerpräsidentin stellen. Besonders der Punkt, bei dem die Partei ihre Migrations- und Migrantenpolitik darlegt und begründet, fand mein Interesse, Ich bin ziemlich gut mit der dänischen Sprache vertraut und bin mehrmals in der Woche auf der Website von Berlingske, der Internetauftritt dieser Zeitung ist ein wenig boulevardesk, aber um im Sprachtraining zu bleiben, sehr hilfreich.
So, und nun zu Ihrer Anfrage?: Darf ich mir das -sagen wir bis Montag- überlegen, wobei ich schon jetzt dazu neige, nicht kneifen zu wollen.
Ich bin vom 03.09. bis 07.09. in Frankfurt, habe ein paar Dinge zu erledigen, bin aber, Stand jetzt, nicht zu sehr okkupiert.
Wie Sie sicher wissen, lebe ich nahezu das ganze Jahr in Portugal.
In der Zeit, in der Sie in Frankfurt sind, bin ich im Urlaub – ob auf dem Fahrrad zur Verwandtschaft nach Norddeutschland oder mit dem Camper nach Frankreich, das steht noch nicht fest. Hängt am Wetter. Wie gesagt, den Blogtalk würde ich gern im Oktober machen, und wie der Name es sagt, wäre es ein Talk via Blog, also mit der Ihnen vertrauten Kommentarfunktion in diesem Haus. Dazu müssen Sie nicht extra nach Frankfurt kommen, das können Sie von Portugal aus machen. Würde mich freuen, überlegen Sie es sich. Wir haben noch Zeit.
Und jetzt zurück zum Thema: Tönnies und seine schnackselnden Afrikaner.
@Manfred Schmidt
Ich stimme Ihnen was den Fleischverbrauch anbelangt durchaus zu, ich selbst esse im Jahr keine 15 kg Fleisch/Wurst, ernähre mich weitestgehend vegetarisch.
Vielleicht ist meine Aussage im Brief nicht eindeutig genug, deshalb versuche ich es hier nochmals:
Wenn ich Herrn Tönnies richtig interpretiere, wirft er den Menschen in Afrika vor, (sinnlos) Bäume zu fällen, was dem Klima enorm schadet. Er sagte das ja im Kontext mit der Einführung einer CO2-Steuer, die er – wieder meine Interpretation – wohl ablehnt. Stattdessen eben 20 Kraftwerke, damit keine Bäume gefällt werden.
Und er, der Herr Tönnies, verdient eine Unmenge an Geld mit dem Verkauf von Fleisch, wofür in enormen Tempo mehr und mehr Regenwald (hier: in Brasilien) abgeholzt wird.
Dass er den Menschen in Afrika etwas vorwirft, von dem er in grossem Ausmass profitiert – das finde ich nicht wirklich intelligent! Für mich ist das eindeutig, dass er gar nicht in der Lage ist, diese Zusammenhänge zu überschauen.
Rassismus ist ein schwieriges Thema. In meiner Jugend war ich so unbefangen, so frei und so neugierig auf andere Kulturen, Als Schülerin in einer kleinen Großstadt, die immerhin eine Technische Hochschule beherbergte, begegnete ich vielen ausländischen Studenten als ich in meinen Ferien an einer Garderobe eines Tanzlokals jobbte. Es war alles so leicht und ohne Arg, einfach nur nett. Ein Austausch von Mensch zu Mensch. Ich liebte afrikanische Lyrik, ebenso afroamerikanische Literatur z,B, von James Langston Hughes. Ich liebe auch die Musik von Miles Davis. Die heutigen Debatten um Rassismus bringen mich aber völlig durcheinander. Meine Unbefangenheit ist weg. Das finde ich sehr schade.
@ I.Werner
Zum Stichwort Unbefangenheit tauchen einige Erinnerungen aus meiner frühen Kindheit bei mir auf.
Eine Geschichte wurde mir von meiner Mutter erzählt, weil ich noch zu jung war, um mich zu erinnern. Im Alter von zweieinhalb (also 1949) machte ich mit meiner Mutter meine erste Zugreise. Uns gegenüber habe ein afroamerikanischer Offizier gesessen, der freundlich mit mir Kontakt aufgenommen habe. Neugierig und fasziniert soll ich mich ihm vorsichtig genähert und ihm mit dem Finger über die Haut gestrichen und gefragt haben: „Bist du ein Nergerlein?“ Die einzigen schwarzen Menschen, die ich kannte, entstammten dem bekannten Bilderbuch, das heute, so glaube ich, verpönt ist.
Sollte der Amerikaner mich verstanden haben, war er ob meiner Wortwahl sicher nicht böse, denn noch Martin Luther King benutzte 1964 in seiner berühmten Rede „I Have a Dream“ das Wort Negro als Bezeichnung für Afroamerikaner.
Ich erinnere mich auch, dass wir in den 50er Jahren das Spiel „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann“ spielten. In meiner Vorstellung war dieser Böse, der uns verfolgte, aber kein Afrikaner, sondern ein Weißer, der sich rabenschwarz angemalt und gekleidet hatte, um Kinder zu erschrecken.
Als kleines Mädchen besaß ich mehrere Puppen, darunter auch zwei mit dunkler Hautfarbe. Die eine nannte ich Toxie nach der Protagonistin des etwas rührseligen Films über ein sogenanntes „Besatzungskind“. In meinen Spielen waren alle Puppen meine Kinder, auch die dunkelhäutigen. Da ich von Fortpflanzung und Genetik noch keine Ahnung hatte, wunderte ich mich über das peinlich berührte Lächeln der Erwachsenen, wenn ich von meinen „Kindern“ erzählte.
Wenn sie nicht von Älteren negativ beeinflusst werden, sind Kinder meist interessiert und arglos. Die Vorurteile, aber auch die Tabus, das, was man sagen und nicht sagen darf, kommen später.
Zur Person Clemens Tönnies:
Die Tatsache, dass er laut Forbes-Liste auf Platz 85 der reichsten Menschen der Welt steht, muss nicht bedeuten, dass er geistig über das Stammtischniveau hinausgewachsen ist. Auch abgesehen von seiner primitiven Äußerung gehört er nicht zu dem Menschenschlag, der mir sympathisch wäre. Laut Wikipedia hat er sich mit Cum-Ex-Geschäften bereichert und sich nach verbotenen Preisabsprachen der Bestrafung entzogen, indem er kurzerhand die Firma, die Bußgelder zahlen sollte, liquidiert hat. Ein übles Schlitzohr also oder besser ein Ganove, leider nicht der einzige in den höheren Rängen der Fußballwelt.
Zum Abholzen der Wälder in der Dritten Welt:
Ich finde es ziemlich arrogant von Europäern, wenn sie von den Bevölkerungen armer Länder verlangen, für die Erhaltung des Klimas auf Abholzung zu verzichten, nachdem die Europäer selbst jahrhundertelang ihren Wald gerodet haben, um sich mit ihren Siedlungen und Feldern auszubreiten, Schiffe zu bauen etc., so dass jetzt bei uns kaum noch Bäume übrig sind, um CO2 aus der Atmosphäre aufzunehmen.
Bei dem Zusammenhang zwischen Strommangel und Geburten bezieht sich Tönnies wohl auf die längst widerlegte Legende vom angeblichen Anstieg der Geburtenzahlen 9 Monate nach spektakulären Blackouts in den USA. Unausrottbare Ammenmärchen.
Und die hohen Geburtenraten in manchen afrikanischen Ländern haben vielfältige Ursachen, am wenigsten wahrscheinlich die, dass Afrikaner mehr „schnackseln“ als Weiße. Viel eher liegt es an der mangelnden Verhütung, an der neben der Armut natürlich auch überkomnene Denkmuster schuld sind. Ein Problem auch die verbreiteten viel zu frühen Zwangsverheiratungen junger Mädchen, denen nicht zugestanden wird, über die Zahl ihrer Kinder selbst zu entscheiden (und die das Schnackseln mit dem ihnen aufoktoyierten Mann wahrscheinlich eher weniger goutieren).
Alles wohl zu komplex für einen Typen von limitierter Geistesgröße.
Rassismus? Ja, auch. Aber vor allem Dumpfbackigkeit.
@Brigitte Ernst
Werte Frau Ernst, es sind ja nicht nur die arroganten EuropäerInnen, die die Abholzung des Regenwaldes kritisieren. Vor allen Dingen in Brasilien, im Amazonas-Regenwald, wehrt sich die indigene Bevölkerung (und nicht nur sie) gegen die Zerstörung. Es geht dabei um deren schiere Existenz!
Und die Regierung, und die, die am meisten von den Rodungen profitieren, sind wohl wahrlich nicht die Ärmsten!
Was Europa anbelangt, da stimme ich ihnen zu. Wir hauen ja immer noch jeden Baum um, wenn eine Straße etc. gebaut werden soll!
Kleiner Exkurs nach Brasilien – okay. Das Thema könnte besser in der Diskussion über die Warnungen des Weltklimarats besprochen werden. Und nun wäre es schön, wenn der Rassismus des Clemens Tönnies wieder Thema würde.
Hallo lieber Bronski, Herr Büge,
nachdem ich mit meiner Frau wegen des von Ihnen vorgeschlagenen Blogtalks
sprach und sie mir sagte „natürlich machst Du das“, bin ich also bereit, das mit Ihnen durchzuziehen und bin gespannt, was dabei auf mich zukommt?.
Wegen des von Ihnen dafür angedachten Termins sprechen wir uns sicher noch ab.
Liebe Grüße MS
Man solle doch Kraftwerke finanzieren in Afrika – „Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren.“ Das Publikum schwieg, applaudierte aber an dieser Stelle nicht, wie der Veranstalter in einer Verlautbarung schreibt. Dass der Redner einer „Bevölkerungsgruppe mit bestimmten biologischen Merkmalen hinsichtlich ihrer kulturellen Leistungsfähigkeit“
… einen – aus seiner Sicht – kulturell überlegenen Vorschlag machte, störte also weiter niemanden. (In Anführungszeichen: Auszüge aus der Definition von Rassismus des Duden.) Mag ja sein, dass dies auch kultureller und sozialer Chauvinismus war, wie Hans Jürgen Schröder anmerkt, nur – rassistisch waren die Sätze auf jeden Fall. Sie waren nur keinen Applaus wert, aber eben auch keinen Widerspruch. Das ist schon ein Skandal für sich. Tönnies legt für drei Monate den Aufsichtsvorsitz bei Schalke 04 nieder. Rassismus? Nein, sagt der Ehrenrat des Vereins. Diskrimierung sei es gewesen. Das sicher auch. Und sicher ist wohl auch, dass viele im Lande meinen, dass endlich mal wieder jemand gesagt hat, was man mal sagen müsse. Das ist der Schaden, den Tönnies anrichtet. Er macht dieses Denken und Reden hoffähig. Ob er das nun wollte oder nicht. Er hätte ein wenig länger nachdenken sollen, denn steter (Wort)-Tropfen höhlt eben auch den Stein.
Bertram Münzer
Auch ich bin sehr dafür, Menschen, die einen Fehler gemacht haben, eine zweite Chance zu geben, so wie es jetzt einige Bundesligatrainer für Clemens Tönnies fordern. Voraussetzung ist allerdings, dass die Person ihren Fehler einsieht und ernsthaft bereut. Bei Clemens Tönnies ist dies aber nicht der Fall: Seine Aussagen hat er nicht als spontane Antwort gemacht, er wurde nicht provoziert und es handelt sich nicht nur um ein Schimpfwort. Vielmehr handelt es sich um eine Aussage, die typisch ist in rechtsextremen Kreisen. Eine derartige Aussage kann nur jemand machen, der auch eine entsprechende Haltung hat. Wenn Herr Tönnies jetzt diese Aussage bereut, heißt das nur, dass er zukünftig aufpassen will, dass seine rassistische Haltung nicht nach außen dringt. Bezeichnender Weise hat er sich nur bei den Schalker Fans und seinem Verein entschuldigt; offenbar, weil er mitbekommen hat, dass er einen Imageschaden verursacht hat.
Aufrichtige Reue würde beinhalten, dass er sich mit seiner Aussage auseinander-setzt und sich insbesondere bei den Afrikaner*innen entschuldigt, die er schließlich in infamer Weise beleidigt hat. Herr Tönnies setzt die Arroganz des „weißen Mannes“ fort, indem er selbst sein „Strafmaß“ festsetzt: Ganze drei Monate Auszeit. Wenn jetzt auch der DFB – nach dem Schalker Ehrenrat – nicht den Mut hat, diesem Treiben ein Ende zu setzen und Herrn Tönnies die notwendige Integrität für derartige Positionen abzusprechen, verkommen die Appelle gegen Rassismus im Fußball zum hohlen Geschwätz.
@ all
In puncto Transparenz, falls es jemanden interessiert: Im Hintergrund dieses Threads hat es wieder Auseinandersetzungen gegeben, die mich ehrlich gesagt entsetzen. Bertram Münzer hat die Definition für Rassismus zitiert, die der Duden gibt. Ich spare mir ein neuerliches Zitat und gebe den Link zum Duden. Ähnlich der Brockhaus, und bei Wikipedia steht es auch nicht anders. Für den Hintergrund: Die FR richtet sich in ihren Schreibweisen nach den Empfehlungen des Duden, und die Begriffsdefinitionen, die von namhaften Wissenschaftlern erarbeitet wurden, betrachten wir als bindend für unsere Arbeit. Das heißt, dass sie auch hier im FR-Blog Anwendung finden. Es kann vor diesem Hintergrund keinen Zweifel daran geben, dass die Tönnies-Äußerungen rassistisch waren. Es war auch nicht das Thema in diesem Thread, ob sie es waren oder nicht, sondern es ging um die Frage, was daraus folgt.
Trotzdem gibt es Zeitgenossen, die einfach sagen: „Was schert mich der Duden? Ich mache meine eigenen Definitionen und deute die Dinge nach den strikten Regeln meiner freien Meinung nach eigenem Gusto.“ Da frage ich mich doch, welche Verbindlichkeit Regeln und Gesetze überhaupt noch haben, wenn sie einfach so in den Wind geschlagen werden? Dieses Phänomen ist überall zu beobachten, nicht nur in kontroversen Diskussionen. Auch an Regeln des Straßenverkehrs, um nur ein Beispiel zu nehmen, fühlen viele Zeitgenossen sich nicht mehr gebunden. Vielleicht eifern sie damit nur „Vorbildern“ wie Uli Hoeneß oder Theodor zu Guttenberg nach, die sich die Dinge ja ebenfalls so zurecht gebogen haben, wie es ihnen gepasst hat? Dieser Weg führt zum Zerfall unserer Gesellschaft.
Das Problem mit den Rassisten ist, dass die meisten von ihnen nicht wissen, dass sie Rassisten sind, und dass sie es nicht wissen wollen. Letztlich offenbaren sie sich aber doch, etwa wenn sie den Rassismus anderer zu relativieren versuchen.
@ Bronski & all
Genau so ist es vielerseits: Die Beanspruchung der eigenen Meinung mit eigenwilligen Definitionen und Deutung der Dinge!
Es herrscht inzwischen ein inflationärer Gebrauch der Meinungsfreiheit und insbesondere eine Vorstellung von Freiheit, die so erschreckend schlicht ist, dass die Frage nicht aufhören kann: Woher kommt das eigentlich? Was ist da in den letzten Jahren in der Gesellschaft passiert, dass ein derartig teils abgrundtiefes Niveau erreicht worden ist. Ganz zu schweigen von der Debattenkultur in den bekannten Netzwerken. Rainer Mausfeld („Warum schweigen die Lämmer?“) spricht von „Indokrination statt Information“. Demokratie werde durch die Illusion von Demokratie ersetzt, die freie öffentliche Debatte durch eine Meinungs- und Empörungsherrschaft, das Leitbild des mündigen Bürgers durch das des politisch apathischen Konsumenten.
Es muss etwas mit dieser Apathie in der Bevölkerung zu tun haben und der schier unendlichen Überflutungen von Nichtigkeiten und Ablenkungsmanövern.
Was hat sich da so etwa seit Ende der 1970ern entwickelt?
Dann diese Unverbindlichkeit von Regeln und Gesetzen: Die Welt war selbstverständlich „früher“ auch nicht heil, aber es gab trotzdem so etwas wie Spielregeln, die einzuhalten waren und wenn nicht, gab es Sanktionen (selbst im dem Leben auf der Staße).
Irgendwie wuchs man mit bestimmten Werten und Normen auf, die nicht leicht zu kippen waren.
Der Straßenverkehr heute ist teilweise ein einziges Desaster, ein Schauplatz der Egomanen und Unbelehrbaren sowie der Gefährdung anderer. Parkplätze ein permanent beanspruchtes Recht der „freien Bürger“. Mit einem Satz: Jeder macht, was ihm gerade in den Kram passt.
Selbstverständlich geht die Selbstsucht, die Egomanie über den Straßenverkehr weit hinaus. Selbst auf den Sportplätzen muss permanent an die Spielregeln appelliert werden.
Es gibt soviele Indikatoren, die darauf hinweisen, dass die Demokratie echt in Gefahr ist der Willkür zu weichen.
Man kann, wenn man mal, so wie ich gerade „vom Leder zieht“ nicht nur der Politik, den Politikern die Schuld anlasten, obgleich es erschreckend ist, mit welch einer Flachheit sie ihre Positionen verlautbaren und mit welchen Banalitäten sie versuchen die Komplexität der gesellschaftlichen Entwicklungen darzustellen.
Wir erleben es ja an Beispielen wie Clemens Tönnies, mit welchen Geistes Kinder wir zu tun haben, die die Geschäfte in Wirtschaft, Finanzen oder Sport leiten.
Uli Hoeneß ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie banal der Umgang mit den gesetzlichen Verfehlungen gelöst werden kann. Wie eine Geschichte aus dem alten Feudalismus: Macht makes money & money makes Recht.
Diese und andere Beispiele machen mürbe und lassen eine Gesellschaft, die eh auf wackligem Boden steht, doppelt und dreifach anfällig für schlichte Lösungen und auch für Beanspruchung des eigenen Rechts.
Eines ist für mich jedenfalls klar: Dieser Kapitalismus mit seinem überbordenden Konsumismus, Egozentrismus und schier nie endenden wollenden Eventcharakter, der wird, muss eines Tages in sich zusammenkrachen!
Denn freiwillig gibt da keiner seine Macht und Privilegien ab.
Hallo Bronski, hallo Herr Malyssek, es gibt eine Reihe von Dingen, die sich gegenüber früher verändert haben, da ist vor allem der Individualismus, der Mensch ist nicht mehr auf andere angewiesen, er kann alles selbst regeln. Früher brauchte man Freunde, Nachbarn, Kollegen, man war gezwungen mit ihnen auszukommen, weil man ihrer Hilfe bedurfte.Das führte zu einer gewissen Toleranz. Nun gibt es viele Leute, die nicht nur ihr eigenes Leben regieren, sondern auch noch viele andere. Die sind es gewohnt, dass sie Recht haben, weil ja das normale Umfeld abhängig ist und zur Toleranz tendiert. In diese Kategorie kann man wohl Herrn Tönnies einordnen, er ist es gewohnt, dass seine Meinung d i e Meinung ist und hat nicht bedacht, dass das Umfeld, in dem er sprach nicht sein normales Umfeld war. Das nur zur Erklärung seiner Ausdrucksweise, es scheint, dass auch seine Geschäftspraktiken ja nicht so menschenfreundlich sind, wie kann man sonst so schnell so reich werden, dies ist eine Vermutung von mir . Uns allen ist dieser Menschentypus wohl bekannt, das ist ein Klischee, ich weiß.Dies wirft man ihm aber nicht vor, erstaunlicherweise, dabei halte ich es für viel bedeutender, mal als Verfehlung gesehen.
Wie auch immer, ich glaube nicht , dass das Verhalten im Verkehr früher besser oder anders war, im Gegenteil, es gab viel mehr Tote, Alkohol war eine lässliche Sünde, und freundlicher waren die Menschen auch nicht.Es ist wohl am ehesten die Individualität, die enorm angewachsen ist, und damit die Rechthaberei einerseits, die Gedankenlosigkeit andererseits, man braucht den anderen ja nicht, also was solls.
Der Gebrauch der Meinungsfreiheit ist ein anderes paar Schuh. Die Gedankenlosigkeit mit der die Menschheit vor sich hin vegitiert, aber der Meinung ist, es sei alles in bester Ordnung, finde ich sehr bedrückend, da bestehe ich aber auch durchaus auf meiner Meinung und mache keinen Hehl daraus, weil diese Leute eben eigentlich keine Meinung haben, sondern einfach alles nachplappern, aus dem Netz oder wo auch immer, wenn es ins eigene Leben passt. Da heißt es dann, das geht so nicht auch dann wenn eine Diskussion unmöglich ist, wie z.B.mit der Natur. Letztlich geht es um Durchblick. Aber das ist natürlich auch nur meine Meinung.Ich könnte mir vorstellen, dass Herr Tönnies eigentlich gar nicht versteht, was denn an seiner Rede so schlimm sein soll, wo doch so viele ihm sicher Recht geben….
@ Jürgen H. Winter
Danke für Ihre Rückmeldung.
Ja, es hat sich einiges gegenüber früher geändert. Ich spreche hier nur über die Zeit, die ich auch selbst erlebt habe.
Persönlich kann ich das ganz gut am Fußballsport nachzeichnen. Das aufeinander Angewiesensein war ganz klar stärker. In vielerlei Hinsicht könnte man sogar von einem „Stammesdenken/handeln“ sprechen. Das nur in Kürze.
Zum individualismus: Es ist zunächst nichts Schlimmes, Individualist zu sein (statt „Herdentier“). Individualismus schließt Gemeinsinn nicht aus. Der Mut ein Einzelner zu sein, kann eine große Stärke sein. Ich halte da sehr viel davon.
Also würde ich heute von einer anderen Sorte Individualismus sprechen.
Worauf ich hinausziele, ohne dass ich hier zu weit ausholen möchte, ist unsere ausbeuterische und selbstausbeuterische Lebensweise, die nunmal viel mit dem (globalen) Kapitalismus, der Gier, mit dem Überfluß im Westen und dem Mangel und dem Elend beim Rest der Welt zu tun hat. Gemeinwesen, Gemeinschaft, Gemeinsinn, Solidarität, Zugehörigkeit, Überschaubarkeit u.v.a.m. muss mühsam erhalten oder zurückerkämpft werden gegen die Macht der Mächtigen und Meinungsbeherrschenden.
Wer heute nicht den Stimmen der Selbstverwirklichung oder des puren Leistungsdenken folgt, ist schnell weg vom Fenster. Wahrscheinlich ist es eben auch die Angst davor, die diesen schädlichen Individualimus, diesen Narzissmus hervorbringt. Die äußeren Strukturen sind längst zu inneren Strukturen geworden.
Tönnies ist in diesem ausufernden Fußballbusiness ein Alphatier, ein Macher und hat sich bisher vielleicht nicht so sehr um seine Wortwahl kümmern müssen. Da hat sich dann doch was hinsichtlich der öffentlichen Aufmerksamkeit geändert. Selbst in dem hochbezahlten Fußball kann man nicht nur mit Sprücheklopperei oben bleiben.
Wenn Sie sich, Herr Winter, vorstellen können, dass Herr Tönnies eigentlich gar nicht versteht, was denn an seiner Rede so schlimm sein soll, dann ist da bestimmt ein Fetzen wahr dran. Was nichts entschuldigt, aber was glauben Sie, was ich in den unteren Ligen so alles höre, erlebe!
Trotzdem, es gibt jetzt auch(!) die Sensibilität für die falschen Töne. Das macht mich noch lange nicht optimistisch, aber immerhin …
Wenn wir den Individualismus ersetzen oder erweitern durch Begriffe wie Egozentrismus, Eventfanatismus, Hyperoriginalität u.ä., dann meine ich sagen zu können, dass wir „postmoderne“ Menschen(oder wie sollen wir uns heute nennen?) summa summarum überfordert sind mit all dem, was auf uns einstürzt und die Meinungsfreiheit, der Ruf danach, nur Hilferufe sind. Und ganz rechts sieht es jetzt so aus, wie’s gerade aussieht. Und links sind dann die einsamen Rufer in der Wüste …
Nochmal: Tönnies Aussagen waren rassistisch!
Was hat das wiederum mit der Apathie der Masse zu tun? Bedenkzeit bitte.
Hallo Herr Malyssek, Ihrem Text ist nichts hinzuzufügen, sehe ich auch so. Das Problem ist wahrscheinlich, wie sie auch vermuten, in seinen Kreisen ist das der ganz normale Tenor, er hat sich eben verplappert.Das entschuldigt natürlich gar nichts, aber wenn man sich ansieht, was die Gerichte heute durchwinken, es ist unglaublich. Das Verwaltungsgericht in Giessen hatte darüber zu befinden, ob die AfD Werbung „Migration tötet “ rechtens ist. Ist es . Da fällt mir nichts mehr ein.Wo fängt Volksverhetzung an ? Man muss die Wörter doch nur umstellen, und das ist wohl auch der Plan.Allem Anschein nach ist homo sapiens eben doch nicht der große Wurf, eher ein sehr mittelmäßiges Modell.Der allgemeine Trend ist wohl kaum aufzuhalten, er herrscht weltweit.