“Thierse hat den Nagel auf den Kopf getroffen”

Inzwischen hat Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse sich bei Helmut Kohl entschuldigt, und dieser hat die Entschuldigung angenommen. Hintergrund: Die Leipziger Volkszeitung hatte Thierse in einem Interview mit dem Satz zitiert: „Seine Frau im Dunkeln in Ludwigshafen sitzen zu lassen, wie es Helmut Kohl gemacht hat, ist kein Ideal.“ Ideal in diesem Sinne ist dagegen, dass Franz Müntefering sich um seine schwer erkrankte Frau kümmern will und deswegen von seinen Regierungsämtern zurückgetreten ist.

Die Thierse-Äußerung brachte mir eine Menge Leserbriefe ein, die dem SPD-Politiker beipflichteten. So schreibt Gisela Peter aus Frankfurt:

„Dass Wolfgang Thierse äußerst ungeschickt vorging, ist keine Frage. Leider hat er aber den Nagel auf den Kopf getroffen. Helmut Kohl hat sich unerträglich verhalten, als seine Frau in großer Not war und er ungerührt seinen politischen Geschäften nachging.“

Politikerschelte kommt von Martin Obst aus Friedrichsdorf:

„Was Herr Thierse zu sagen gewagt hat, hat damals der weitaus überwiegende Teil des Volkes gedacht. Wenn jemand im politischen Gewerbe einmal die Wahrheit zu sagen wagt, wird er von der übrigen mehr oder weniger verlogenen Polit-Mischpoke sofort ausgepfiffen. Und dann wundern sich die im Nebenberuf Politik Treibenden ( im Hauptberuf haben diese Leute ja ihre „Nebenjobs“) noch über das negative Ansehen, das sie im Volke – beim Stimmvieh – besitzen. Und wie innig das Familienleben unseres wohlgenährten Fastnobelpreisträgers sein muss, kann man auch daraus ersehen, dass sich seine beiden Söhne nie mit dem Vater in der Öffentlichkeit sehen lassen.“

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25 Kommentare zu ““Thierse hat den Nagel auf den Kopf getroffen”

  1. Unerträglich finde ich, was hier von Betroffenheit anführenden Leserbriefschreibern Herrn Kohl angetan wird. Der Mann hat, wie auch immer man zu seiner Politik stehen mag, lange Jahre in einem unglaublichen Ausmass für dieses Land gearbeitet, einen hohen persönlichen Preis dafür bezahlt und muss sich das jetzt noch als Lieblosigkeit vorrechnen lassen. Frau Kohl hat sich bewusst für diesen Mann und seinen Weg mitentschieden, es mit getragen. Über solche tragischen Intimitäten hat kein Mensch zu richten, schon gar nicht in solch unerträglich überheblicher Weise.

  2. Kein Mensch hat in Zusammenhang mit Thieses Äußerungen Betroffenheit angeführt.
    Das “ unglaubliche “ Ausmaß in , oder mit, oder wie? Herr Kohl für dieses Land gearbeitet hat, bestand in der Hauptsache darin, Kohl(e) für seine korrupten Parteizuarbeiter (Hürland Büning z.B.)und div. Wirtschaftsgiersäcke anzuschaffen. Von den „jüdischen“ Vermächtnissen eines Herrn Ex-Innenministers Kanther und Co. (Verkehrssünder müssen härtestens bestraft werden), gar nicht zu reden.
    Die dümmlichen Versuche, diesen Unglücksfall der deutschen Geschichte in eben solche Bücher zu hieven, sind geradezu ekelhaft.

  3. Pingback: lycka.de
  4. Was kann hier anderes herauskommen, als daß auf dem Andenken einer Toten herumgetrampelt wird?

    Es ist kein Ideal, die Familie für den Beruf zu vernachlässigen.
    Das ist alles,was Thierse gesagt hat.

    Eine hochgespielte Plattheit.

  5. Apropos „Richten“ (Kommentar 1):

    Hat nicht Hannelore Kohl mit ihrem Handeln und Richten gegen sich selbst auch gleichsam über ihr Leben und ihre Lebensbegleiter gerichtet und gegen sie gehandelt?

    Um diesen offensichtlichen Fingerzeig eines verzweifelten und einsamen Menschen in seinem suizidalen Handeln wahrzunehmen, braucht man mit Sicherheit nicht erst eine Aussage von Herrn Thierse -zig Jahre nach dem beabsichtigten, weil begründeten (!) Ableben von Frau Kohl, die wohl ihrem äußeren wie inneren Dunkel nichts mehr entgegenzusetzen hatte.

    Mag sein, dass sich manch einem Kohl-Huldiger angesichts der Thiers’schen Rede der Pfälzer Saumagen umdreht – mir hängt er eher zum Hals raus!

    Otti

  6. Vorab,Herr Thierse hat die Wahrheit gesagt und Otti kann ich nur recht geben. Ich möchte aber gerne auf den Kommentar von Frau Liehse eingehen. Als Frau Kohl sich für Ihren Mann in jungen Jahren entschieden hatte, wußte sie bestimmt nicht, wie er sich entwickeln würde, aber die Ansätze waren sicherlich latent vorhanden. Sie wußte nicht, mit was für einem machtgeilen Ehrenmann, mit einem Betrüger und Lügner am deutschen Volk sie es zu tun hatte. Als sie seine Machenschaften nicht mehr „sehen“ konnte, wurde sie krank. Sie büßte quasi für seine Sünden und die logische Konsequenz war der Selbstmord. Die Kohl-Freunde werden sicher aufschreien, aber was hat der Mann, s.Otti, noch für uns getan? Für die Einheit kann er nichts, überhaupt nichts. Er war zufällig an der Macht,es waren die Menschen der ehemaligen DDR, die die Einheit erzwungen haben. Dies hätte z.B. auch unter einem anderen Kanzler „passieren“ können. Es waren auch die sog. Siegermächte, die ihre Zustimmung gaben, ohne diese wären wir heute noch ein geteiltes Land. Mir wird jedemal schlecht, wenn ich lese, daß der „Ehrenmann“ Kohl wieder für seine „Verdienste“ geehrt wird.

  7. Und wer sind Sie, Gabriele? Hannelore Kohls beste Freundin oder Therapeutin? Oder haben Sie eine Kristallkugel auf dem Tisch? Ich bin doch immer wieder verblüfft über die ferndiagnostischen Kompetenzen mancher Leute, die sich hier den Richterposten anmaßen. Selbst wenn! Ihre Beurteilung der Wahrheit entspräche, hätte die „logische Konsequenz“ auch eine Scheidung sein können… Zu einer Beziehung gehören immer zwei. Meine Güte, ich bin nun wahrlich kein Kohl-Fan, aber wenn ihr den Mann demontieren müsst, dann doch bitte auf politischer Ebene.

  8. #11
    Der Rheinwasserstand am Kölner Pegel verändert sich derzeit kaum.
    Samstagfrüh wird der Wasserstand am Kölner Pegel zwischen 2,50m K.P. und 2,30m K.P. liegen und sich nur wenig verändern. Aufgrund der Niederschläge im südlichen Einzugsgebiet wird der Rheinwasserstand ab Sonntag wieder langsam steigen.

    Das Team der Hochwasserschutzzentrale wünscht allen ein schönes erholsames Wochenende!!

  9. lieber fiasco und bvg,

    lieber Bronski,

    was hat der Kölner Pegel mit den Äußerungen Thierses zu tun? Ich entsinne mich, dass Herr Theel hier Hausverbot angedroht (oder gar schon umgesetzt) bekommen hat, da er nicht zu Thema schrieb, obwohl er näher am Thema war als der Kölner Pegel.

  10. @15. Bronski, @14. Inga Wolf

    „Es ist die Summe des Lebens, die diesen Tod verschuldet hat“ sagt Johann Kresnik in der auch heute noch sehr lesenswerten Rezension uber seine Theaterinszenierung „Hannelore Kohl“, Tagesspiegel vom 21.12.2004:
    http://www.b2b-profit.net/IMG/article_PDF/article_807.pdf

    Und uber Lichtallergien kann man nachlesen: „Eine Person mit Lichtallergie muss nicht den Rest ihres Lebens in dunklen Kellern zubringen. Wenn die Spezialisten genau wissen, um welche Art der Lichtallergie es sich handelt, kann eine gezielte Therapie erreichen, dass der Betroffene ein relativ normales Leben führen kann.“ (mdr, 6.08.2005).

    Man muss also nicht Freundin oder Psychoanalytikerin von Hannelore Kohl gewesen sein, um die Aussage zu treffen, dass emotionale Vernachlässigung mitentscheidend an ihrem selbstgewählten Rückzug ins Dunkle und ihren Selbstmord war. Insofern hat Wolfgang Thierse meiner Meinung nach einfach nur Recht und hat die Wahrheit auch in der Wortwahl treffend ausgedrückt.

    Viele Grüße
    Fiasco

    NB: Mein Beiträge 11 und 13 waren die Retour-Retourkutsche auf BvG’s unbeanstandeten Kommentar (alkohol-)“pegelpedingt“, #83 im Blog-Thema „Vermeintlich in der Psycho-Ecke“.

  11. Sie sagen es selbst, Fiasco: selbstgewählt.
    Emotionaler Vernachlässigung kann frau auch anders begegnen als mit der „logischen“ Konsequenz Erkrankung und Selbstmord.

    Aber warum gleich noch mal steht eigentlich derzeit der Ehemann Helmut Kohl auf der Anklagebank? Ich glaube, bei so mancher Kritik handelt es sich eher um Projektionen eigener menschlicher und politischer Enttäuschungen über den langjährigen Staats“vater“ auf die Person Hannelore Kohl, als um fundiertes Wissen über die Kohl’schen Ehebeziehungen.

  12. @fiasco,

    inhaltlich stehe ich da voll bei ihnen. Ich finde auch das Herr Thierse etwas billig und plump, aber inhlatlich in ordnung lediglich darauf hin gewiesen hat, dass die Alternative für Herrn Müntefering seine Frau mit der Krankheit alleine zu lassen (sowie der einst Helmut Kohl) kein Ideal, sprich keien Lösung ist. Und man muss Herrn Thierse zu seine sehr sarkastischen, von ihm aber vermutlich nicht beabsichtigten, doppeldeutigkeit von „im Dunkeln sitzen lasse“ gratulieren. Dies hatte Titanic Niveau.

  13. @17. Tusnelda

    Er sitzt ja gar nicht auf der Anklagebank (was ja auch sinnlos wäre, denn Politiker seines Kalibers werden nie verurteilt, ein „Old Schwurhand“ findet sich immer), sondern wird nur kritisiert, weil er seine Ehefrau emotional und zeitlich vernachlässigt hat, nach eigenen Aussagen von ihren Selbstmordgedanken wusste und NICHTS geeignetes getan hat, um ihr beizustehen und gemeinsam Auswege zu finden.

    In sehr vorsichtigen (!) Thierse Worten: „Seine Frau im Dunkeln in Ludwigshafen sitzen zu lassen, wie es Helmut Kohl gemacht hat, ist kein Ideal.“

    Will heissen: Mit ihr gemeinsam Auswege zu finden – unter Verzicht auf seine Politiker-Karriere – wäre der geeignete Weg gewesen.

  14. @19, Fiasco

    Ich meinte keine juristische Anklagebank. Ich möchte hier auch nicht zum Kohl-Fürsprecher mutieren. Ich mag den Mann nicht. Aber ich finde Charakterisierungen und psychologische Fernanalysen, wie Otti und Gabriele sie betreiben, weit, weit über’s Ziel hinausgeschossen und anmaßend. Und bleibe dabei: Zu einer Beziehung gehören zwei, Erkrankung und Selbstmord waren keine notwendige logische Konsequenz, sondern selbst gewählt (meinetwegen: Erkrankung unbewusst, Selbstmord bewusst). Tragisch: ja. Bemitleidenswert: sehr. Ein Ideal: definitiv nicht. Aber einzig und allein Kohl’s Schuld und Versagen als Ehemann? Ist es so einfach? Grausamer Täter, unschuldiges Opfer? Wer hat das Recht, das zu beurteilen? Otti, Gabriele, Sie und ich jedenfalls nicht. Können wir jetzt wieder über blühende Landschaften im Osten und CDU-Spendenaffären reden? Nur so zum Beispiel…

    Viele Grüße
    Ihre Tusnelda (the one and only – ährlisch)

  15. @20. Tusnelda

    „Können wir jetzt wieder über blühende Landschaften im Osten und CDU-Spendenaffären reden? Nur so zum Beispiel…“

    Herzlich gerne. Oder wie wir Bronski beim Schreiben der Einleitung zum FR-Kritik-Blog (3) helfen können? Auch nur so zum Beispiel … scheint ja ein heftiger Fall von Schreibblockade vorzuliegen.

  16. 20. Tusnelda

    gute Idee, Tusnelda. Thierses Äußerungen haben wenigstens Kohl und sein segensreiches Wirken ein wenig ins öffentliche Interesse gebracht.
    Der Ärmste – war drauf und dran völlig vergessen zu werden.
    Er ist noch immer Ehrenvorsitzender einer durch und durch kleingeistig – macht(geld)geilen
    “ Christlich “ demokratischen Union “ die – Pofalla sei Dank – nichts an Unitelligenz und Ellenbogen verloren hat.
    Wir wollen unsere Treuhand wieder haben.

  17. 20. Kommentar von: Tusnelda

    Warum wollen Sie hier über Helmut Kohl als Politiker diskutieren? Das ginge am Blog-Thema vorbei.

    Die kleinbürgerlich erregte Menge kritisiert Thierse für einen Vorwurf, den der private Mensch Thierse dem privaten Ehemenann Kohl – öffentlich – machte. Dass diese Erregung mehr ein Reflex darauf ist, dass ein „Soze“ (so pflegt(e) Herr Kohl von Sozialdemokraten zu reden) – den „Vater der deutschen Einheit“ angreift, eigentlich also eine zutiefst politisch begründetet Erregung ist, das aber gesteht sich das bürgerliche Bewußsein lieber nicht ein. Um das gleichwohl als solches vielleicht begründbare menschliche Versagen des Herrn Kohl, das dem bürgerlichen Individuum gleichzeitig nur allzu verständlich und verwerflich erscheint, nicht Grund geben zu lassen, am (zeitweiligen) Garanten der eigenen (Klassen)herrschaft kratzen zu lassen, greift mann dann mit der beobachtbaren Wirrnis des Denkens einen Herrn Thierse an.

    Bleiben wir also beim Blog-Thema: Ich finde auch, menschlich und privat gesehen, konnte Thierse wahrscheinlich mit Recht genau das sagen, was er sagte. Die politischen Taten eines Herrn Kohl spielen hier überhaupt keine Rolle. Was die Eigenverantwortlichkeit von Frau Kohl für ihr Leben und ihren Tod betrifft, so könnten Ihre Entscheidungen doch niemals begründen, dass ihr Ehemann sie und wenn auch nur teilweise, aber eben für sie sicher sehr merklich alleine ließ. Die letzten Gründe dafür, wären in der Seele Herrn Kohls zu suchen, vielleicht aber doch auch „nur“ in seinem damaligen politischen Ehrgeiz zu finden. Ein diskutierbarer Grund für das kritisierte Handeln Herrn Kohls könnte allerdings auch noch sein, dass der Katholik Kohl seiner Frau die beabsichtigte Todsünde des angekündigten Selbstmords nicht verzeihen konnte oder wollte. Aber diese Diskussion ist hier ebensowenig gegen Kohl zu führen, wie eine pseudopolitische Verteidigung der politischen Taten des ehemaligen Kanzlers um Thirse zu widerlegen.

    Genau hier stellt sich aber die Frage: Welche Diskussion wollte die FR hier im Blog eigentlich anstoßen? Da das Thema weder eine ernsthafte Diskussion um die politischen Verdienste oder Nivhtverdienste Kohls hergibt, noch hier der Ort sein kann, ein Urteil über Kohls Menschlichkeit zu sprechen, bleibt der ungute Verdacht zurück, dass wir es hier nur wieder mit einem Stück des neuen FR-Magazin-Journalismus zu tun haben, in dem es so schön pseudopolitisch menschelt, was heutzutage „so gern“ gelesen wird, zwar keine Aufklärung, aber Rendite für den Eigner bringt.

  18. 23. Kommentar von: cobra Der Kommentar muss erst vom Administrator bestätigt werden.
    Geschrieben am 23. November 2007 um 23:37 Uhr

    Bitte, Warum ist der o.a. Kommentar immer noch in der sogenannten Warteschleife

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