Michael Glos schwadroniert über „Steuersenkungen“. Er sollte demnächst vielleicht „Sonnenschein für alle“ fordern. Wer jetzt behauptet, die Sache mit den Steuern sei ernster zu nehmen als die mit der Sonne, der ist entweder in der FDP oder hat einen Schatten oder (am wahrscheinlichsten) beides.
Dass es sich bei dem Glos-Vorstoß um nicht mehr als eine populistische Versimpelung des Themas handelt, lässt sich vielleicht am besten an dem erkennen, worüber der Minister nicht redet. „Wir müssen dafür sorgen, dass das Geld in den Taschen der Bürger bleibt, die es verdienen“, verkündet er. Soll das eine pauschale Senkung der Lohn- und Einkommensteuer bedeuten? Auch für Geringverdiener, also beim Eingangssteuersatz? Auch beim Spitzensteuersatz, den nur die sehr gut Verdienenden bezahlen? Oder will der Mann die gerade erhöhte Mehrwertsteuer wieder senken? Oder den eben erst eingeführten Aufschlag für die Begütertsten („Reichensteuer“) wieder abschaffen? Und, mindestens ebenso wichtig: Wo soll der trotz derzeit guter Einnahmen hoch verschuldete Staat das einsparen, was ihm bei Steuererleichterungen fehlte? Bei der Bildung? Beim Elterngeld? Oder ganz unten, bei den Empfängern von Sozialleistungen, die ohnehin zu wenig haben, um direkte Steuern zu zahlen, und deshalb von einer Senkung auch nicht profitieren würden?

Nichts gibt dem Bürger besser Auskunft über den ihm abverlangten Beitrag zum Gemeinwesen als der Steuerbescheid – falls er ihn versteht, denn unser Steuersystem ist nicht gerade übermäßig transparent. Erkennen allerdings lässt sich auch so, dass es mit seinen Vergünstigungen und Vermeidungsmöglichkeiten für Privilegierte dem Gebot der Gerechtigkeit nicht wirklich entspricht.

Politik hätte noch eine Menge zu tun, bis die Belastungen so gerecht wie möglich und so wirtschaftsverträglich wie nötig verteilt wären, und das möglichst auch für Laien nachvollziehbar. Wer statt dessen mal eben per „Bild“ und Glotze vollkommen nebulös über Senkungen spekuliert, der versündigt sich an dieser Aufgabe. Und das offensichtlich in der zynischen Hoffnung, die Wähler wären blöde genug, auf das Spiel hereinzufallen.

Politiker, die so handeln, sollten sich wenigstens nicht mehr über sinkende Wahlbeteiligungen beklagen.

Die ausführlichere Fassung dieses Kommentars erscheint morgen in der „FR“.

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45 Kommentare zu “Steuerpopulismus

  1. @Michel Glos;
    ***
    Ist er nicht ein schlauer Mann
    Der auch zur Unzeit fordern kann

    Er fordert nun ganz nebenbei
    Wir denken, ach ein Osterei

    Die Steuer die muss endlich runter
    Ja der Michel Glos, der ist ja munter

    Schon mancher der ihn beim talken sah
    Meinte er ist eigentlich zum Schlafen da

    Dabei hat er nur fleißig nachgedacht
    Worüber heute heimlich wird gelacht

    Denn alle wissen eigentlich hat er recht
    Und fühlt sich rundherum als Steuerknecht

    Drum nehmt den Michel wie er ist
    Und hofft, dass er uns nicht vergisst

    Wenn eines Tages Bayerns Wahlen sind vorbei
    Und alle wissen, es war halt nur ein Osterei

    ***

  2. Ja, lieber Stephan Hebel,
    dem Kommentar habe ich eigentlich nichts hinzuzufügen, und die reine Akklamation ist meine Sache nicht.
    Aber, lieber Hans-Jürgen, wenn du hier das Dichten nicht unterlässt, hole ich meinen Knüppel: Anekdote über Kaiser Franz-Joseph, aus dem Sack.

  3. @Heinrich, Glos;
    ***
    Franz Joseph der Kaiser
    War ein Reimverreißer

    Heinrich ist ein Hochverehrter
    Und ein harter Reimbewerter

    Michel Glos der ist Minister
    Und die Bibel kennt Philister

    Seine Thesen sind umstritten
    Sind aller Orten nicht gelitten

    Glos muss vermutlich nichts beweisen
    Und geht wie Heinrich bald auf Reisen
    ***

  4. Eigentlich ist es doch bezeichnet für den Zustand Deutschlands, wenn Steuersenkungen populärer als Investionen in Bildung, Kinderbetreuung und Entwicklungshilfe sind. Die (vermutlich) dahinter stehende Ideologie der „Selbstverantwortung“ hat doch schon lange ihre Ineffizienz gezeigt.

    Nichtwählen, auch als Wahlboykott bezeichnet, halte ich dennoch für den vollkommen falschen Weg, weil man seine Mitbestimmungsmöglichkeit damit aus der Hand gibt; hinterher über „die da oben“ zu schimpfen verbietet sich dann von selbst. Außerdem legitimiert Nichtwählen doch gerade diese Politik, die Stephan Hebel anprangert.

  5. @ Hans-Jürgen
    hübsch gekontert, aber die Anekdote behalte ich in der Hinterhand.

    @ Robert B. Meine Zustimmung!
    Wie war das noch, sind nicht die Konservativen bei niedriger Wahlbeteiligung im Vorteil?

  6. Ich glaube, dass die Konservativen bei niedriger Wahlbeteiligung deshalb im Vorteil sind, weil dann vor allem Linke und Sozialdemokraten nicht wählen gehen; im Zusammenhang mit Schröders Politik der „Neuen Mitte“ konnte man das auf Länderebene zumindest beobachten.

    Im Allgemeinen sind extreme Positionen im Vorteil, wenn die große Mehrheit nicht/weniger wählen geht, was aus naheliegenden Gründen nicht nur wegen der schwindenden Legitimität der gewählten Vertreter für die Demokratie problematisch ist. [Über einen Zusammenhang zwischen Konservativen und extremen Positionen möchte ich hier jetzt nicht diskutieren, das führt zu weit vom Thema weg 😉 ]

    Interessant ist allerdings, wie die Konservativen niedrige Wahlbeteiligungen begründen können: Gehen nur wenig Studenten zu den Hochschulwahlen, sind selbstverständlich die (traditionell eher links gerichteten) Asten nicht demokratisch legitimiert (was in Hessen sogar zur Mittelkürzung führt). Geben allerdings nur wenige Bürger ihre Stimme für den neuen alten Bürgermeister ab, sind sie (angeblich) mit dessen Politik zufrieden. Von „im Amt bestätigen“ will dann keiner etwas wissen. Aber ich merke gerade, dass ich mich wiederhole.

  7. 8.Robert B.,“Wahlbeteiligung“;
    so bedauerlich es ist, dass die Wahlbeteiligung allgemein und im Besonderen bei Direktwahlen sinkt, so falsch ist es aber auch, bei mit einer „Minderheit der Wähler“ zustande gekommenen „Mehrheit der gültigen Stimmen“, von einer nicht legitimierten Mehrheit zu sprechen; man setz in einer Demokratie voraus, dass der der nicht zur Wahl geht jedes Ergebnis akzeptiert. Sicher man kann dies kritisieren, aber es gibt nur diese Möglichkeit.
    Richtig ist aber, dass bei solchen Wahlen mit geringer Wahlbeteiligung, eine Minderheit über die so genannte „Schweigende Mehrheit“ obsiegen kann, bzw. wird und wenn diese aus einem mehr oder weniger fanatischem Wähler- und Kandidatenpotential besteht, kann das für die Gesellschaft fatale Folgen haben.
    Aber hieraus zu folgern, dass solche Wahlen -unter einer bestimmten Wahlbeteiligung, nicht gültig seien, ist ebenso fatal, denn dann könnte es passieren, dass man aus dem Wählen nicht herauskommt!
    Deshalb müssen alle „Aufrechten Demokraten“ alles tun, dass die Wähler in großer Mehrheit zur Urne gehen. Und dies auch mit dem Voraugenhalten von fatalen Konsequenzen die bei Wahlenthaltungen drohen; wie zum Beispiel, dass radikale Gruppen so formal „legal“ an die „macht“ kommen könnten!
    Was die beschämend geringe Wahlbeteiligung bei den Kommunaldirektwahlen anbelangt, zeigt dies, dass das unter Wallmann eingeführte Verfahren der Bürgermeister- und Landratsdirektwahlen eigentlich falsch ist und teilweise zu Neuvoten nach relativ kurzen Zeiträumen führte, wenn im Parlament eine zu große Mehrheit gegen den „Exponenten“ stand; aber zum Glück blieben größere „Katastrophen“ bisher wegen zu geringer Wahlbeteiligung bisher aus, jedenfalls was die staatlichen Parlamente und Direktwahlen anbelangt!
    mfg, hjs

  8. Hm, das heißt das nun, dass die „schweigende Mehrheit“ im Grunde mit der Politik zufrieden ist oder tatsächlich boykottiert? Wie ich uns kenne, ist aber wahrscheinlich ersteres der Fall, auf hohem Niveau meckern ist ja auch eine Stärke. Bei einem Boykott widerspricht das allerdings schon der Legitimität.

    Was halten sie, Hans-Jürgen, eigentlich von einer Wahlpflicht?

  9. @10 Robert B.
    Sie haben im Grundsatz zwar Recht, jedoch vergessen Sie bitte nicht, dass es zwischen „zur Wahl gehen und eine Partei/Person wählen“ und „Nicht wählen“ noch die Alternative „zur Wahl gehen und einen ungültigen Stimmzettel abgeben“ gibt. Dass dies auch nicht das Optimum ist, steht ausser Frage, jedoch würden dadurch die Statistiken unter einem erheblich veränderten Licht stehen, dann ist’s nämlich nicht mehr so einfach, von Legitimation zu sprechen.

  10. Guter Einwand, Hajo. Ungültig wählen ist IMHO etwas Anderes als sich zu enthalten. Bei einer Wahlpflicht müsste einer dieser Tatbestände – ich tendiere dabei zur ungültigen Stimmabgabe – als „Neinstimme“ gewertet werden, was bei einer Mehrheit dieser Stimmen konsequenterweise eine Neuwahl bedeutete.

  11. @12. Robert B.
    .. und man setzt sich nicht dem Verdacht aus, statt dessen zum Brunchen gegangen zu sein
    (sorry Herr Bronski, DAS konnte ich mir nun wirklich nicht verkneifen)
    Aber das mit der Wahlpflicht sollte man sich wirklich gut überlegen: wir sind in unserem ach so freiheitlichen Staat doch ohnehin über-reglementiert und welche Konsequenzen sollte ein Nicht-Wählen haben, denn ohne diese ist eine gesetzliche Verordnung sinnlos, oder?

  12. @Robert B.u.hajo Gebhardt;
    diese von ihnen Beiden quasi wie bei einem Jojo immer wieder auch jonglierend benutzten pseudo Wahlalternativmethoden des Enthaltens und bewusst ungültig gemachten Stimmzettel, bringt überhaupt nichts! Das einzige was von Nutzen ist, ist aktive Teilnahme an Parteiveranstaltungen, selbst auf die Gefahr hin für seine Ansichten ausgelacht oder ausgebuht zu werden.
    Nur wer seine Ansichten zu unserer Gesellschaft und zu politschen Themen und deren Lösung öffentlich kundtut, kann politisch Einfluss nehmen; nur das ist gelebte Demokratie, alles andere ist fabulieren im luftleeren Raum!
    Sorry, auch das musste angemerkt werden!
    mfg,hjs

  13. @14 Hans-Jürgen Schulz
    Ich fürchte, dass Sie, lieber Herr Schulz, das, was Sie da vorgeschlagen haben, noch nie selbst durchgeführt haben. Dazu kann ich Ihnen nur raten: Lassen Sie’s auch in Zukunft (nicht etwa, weil ich Ihre Argumentation nicht schätze!), in der Regel werden Sie weder ernsthaft gehört noch ausgebuht sondern bestenfalls ignoriert werden. Auf Parteiveranstaltungen der sog. etablierten Parteien will „man“ keine wirklichen Diskussionen haben, hier ist nur „brav-Händchen-Heben“ bei „Abstimmungen“ angesagt.

  14. @15.Hajo Gebhardt,“Parteien“;
    da bin ich anderer Ansicht als Sie. Denn ich werde sehr wohl gehört und meine Mails auch ganz oben gelesen. Und auf der örtlichen Ebene gilt auch mein Wort etwas.
    Einfach nur versuchen und mit Argumenten versuchen zu überzeugen; sicher das macht auch Arbeit, in den Gremien der Parteien wird man auch auf Widersacher stoßen, aber auch hier argumentieren und Verbündete suchen, bzw. finden, oft auch die bewussten dicken Bretter bohren!
    mfg, hjs

  15. @Hajo:
    Es soll ja Staaten geben, bei denen man dafür bestraft wird, dass man nicht zur Wahl geht. Dieses Mittel mag zwar funktionieren, halte ich aber nicht für der Sache dienlich. Bei Telepolis gab es vor längerer Zeit mal den Vorschlag einer interessanten Spielart der direkten Demokratie: Der Bürger kann seine Stimme für einzelne Abstimmungen oder auch generell einem Wahlmann (z.B. dem Abgeordneten seines Wahlkreises) übertragen.

    @Hans-Jürgen:
    Ich hatte letztes Jahr einiges mit Berufspolitikern zu tun und meine Erfahrung ist, dass diese sich gerne oberlehrerhaft dem Bürger/Wähler gegenüber verhalten. Besonders „schlimm“ wird es, wenn sie sich zu Parteiveranstaltungen (mein „Trauma“ war die öffentliche Fraktionssitzung auf dem Hessentag) treffen: Man wird als Kritiker überhaupt nicht ernst genommen. Da arbeite ich lieber mit der Presse zusammen, die hören wenigstens zu.

  16. Ich wundere mich, dass hier alle von „Wahl“ schreiben, gerade so, als ob es etwas zu wählen gäbe. Das sind doch nur die Sandkastenspiele der Mächtigen für’s Volk. Denkt mal daran: Was ist aus den Grünen geworden als sie an der „Macht“ waren? Was treibt die PDS in Berlin? Und mit der SPD an der Regierung ist es den Produktionsmittelbesitzern noch immer am besten gelungen, siehe Harz IV, die eigenen Interessen durchzusetzen. Wahlen werden nicht von den Parteien bestritten sondern von den Werbeagenturen, und diese bekommen ihr Geld von den Steuerzahlern, das die Parteien für die angekreuzten Wahlzettel erhalten. Beim Thema „Rauchen“ ist doch deutlich geworden, weshalb die Politiker sich seit Jahren winden. Weil die Zigarettenindustrie einen derart großen Einfluss ausübt, dass sogar deren Stellungnahmen als Gesetzesvorlagen den Abgeordneten auf den Tisch geflattert sind. Gemerkt haben es manche erst hinterher.

    Ich bin erstaunt, dass man auf die verbalen Versatzstücke eines solchen Politikerdarstellers, wie dieser Glos einer ist, überhaupt noch eingeht, von dem auch die Wohlmeinenden wissen, dass er ohne die Hilfe seiner Beamten im Ministerium keine gehaltvolle DIN-A-4-Seite Text zusammenbrächte. Diese Leute bringen mich nicht an die Wahlurne!

    Gruß bakunix

  17. @18.bakunix, „Glos“;
    siehe meinen ersten Eintrag, ganz vorn der erste von den 18!
    mfg,hjs

  18. bakunix, solche Leute sollten sie aber gerade an die Wahlurne treiben, um abgewählt zu werden. Man muss die jeweilige Spielart seines Gegners kennen: Politiker abwählen, Industrie boykottieren, … Brandsätze werfen hat noch nie großartig funktioniert.

  19. „ein demokratischer Patriot muss leuchtende Augen bekommen, wenn er CSU wählen darf“ Günther Beckstein (CSU) lt. Volksstimme v. 10.4.07
    ich finde, dass ist der ultimative Wahlaufruf

  20. Lieber Herr Hebel,

    sehr schön geschrieben, Herr Glos soll sich schämen.

    Liebe Herren Schulz und B.,

    von Wahlpflicht halte ich gar nichts. Das Recht, wählen zu gehen, und damit über das eigene Schicksal zu bestimmen, ist nämlich, so man es wahrnimmt, mit erheblicher Verantwortung gegenüber der Gesellschaft verbunden. Die Wahl selbst sollte daher verantwortungsbewusst, informiert und bedacht getroffen werden. Wer das nicht will, soll es doch besser bleiben lassen.

    Ich versteige mich soweit, zu behaupten, dass der Gesellschaft besser gedient wäre, wenn ausschließlich verantwortungsbewusste, informierte und bedachte Bürger dieses Recht besäßen. Dann würden Dummheiten wie die des Herrn Glos nicht straffrei bleiben oder gar an der Urne honoriert, sondern ggf. zur Abwahl wegen Inkompetenz führen. Der Einfluss von „BILD und Glotze“ auf das Wahlergebnis würde deutlich eingeschränkt.

    Nur wie entscheiden, wer verantwortungsbewusst, informiert und bedacht ist? Durch einen „Wahl-Führerschein“? Wer würde dann den Fragebogen erstellen?

    Was meinen Sie dazu?

  21. @ Lumpi #22

    Das allgemeine Wahlrecht ist Grundlage der Demokratie. Diese schwer erkämpfte Errungenschaft darf nicht einfach aufgegeben werden, nur weil sich ein gewählter Politiker als Dumpfbacke erweist.
    Ist es nicht auch Ausdruck von (schwer erträglichem) Dünkel, wenn man sich anschickt, das Wahlvolk in verantwortungsbewusst, informiert und bedacht bzw. verantwortungslos, unwissend und gedankenlos einzuteilen?
    Natürlich juckt es einen schon, von Abstammungsdeutschen zumindest dieselben Kenntnisse in Staatsbürgerkunde verlangen zu wollen wie von einbürgerungswilligen Ausländern, der Verlust eines Grundrechts darf damit aber nicht Verbindung stehen.
    Wenn es aber dennoch in Ihrem Sinne zu einer Wahlberechtigungsprüfung kommen sollte, wird „zur Verwaltungsvereinfachung“ die Verleihung des Wahlrechts einfach an die Höhe des Einkommens gekoppelt: wer viel Geld verdient, gilt als verantwortungsbewusst und wird mit dem Wahlrecht ausgestattet – wer wenig verdient oder gar von Sozialleistungen abhängig ist, beweist damit seine Verantwortungslosigkeit und wird von Wahlen ausgeschlossen. Hatten wir das nicht schon mal?

  22. @22.Lumpi,“geprüfter Wahlberechtigungsschein“;
    verehrter Lumpi(?); wenn möglich versuche ich immer ernsthaft bei solchen Themen zu bleiben und auch freundlich zu den Mitbloggern. Im jetzigen Fall muss ich gar nichts machen, sondern ich schließe mich ganz einfach nur dem an, was YETI Ihnen ganz richtig schrieb.
    Nur soviel noch „von mir“: In der Mathematik geht man davon aus, dass im Unendlichen, bzw. auch bei einer sehr großen Menge, was bei Wahlen meist zutrifft, jedenfalls bei denen des Bundes und Landes,
    „Die Summe aller Fehler ist gleich Null“! mfg, hjs

  23. Liebe[r] Yeti,

    wenn die Wahrnehmung eines Grundrechts (ich schätze dieses Grundrecht im übrigen sehr!) durch den verantwortungslosen Umgang damit zum absehbaren Schaden der Gesellschaft führt, ist es nicht nur nicht verboten, sondern angezeigt, die Formulierung des Grundrechts zu überdenken und gegebenenfalls an geeignete Bedingungen zu knüpfen. Diese Bedingungen sind bereits heute aus verschiedenen Gründen:
    1. die deutsche Staatsangehörigkeit
    2. ein Lebensalter von mind. 18 Jahren

    Warum nicht als dritten Punkt ein Mindestmaß an historischem und staatsbürgerlichem Wissen einfordern? Die Gelegenheit und damit das Recht, sich einer solchen Prüfung zu stellen und sich damit am Entscheidungsprozess zu beteiligen, muss weiterhin jedem Bürger zustehen.

    Wir haben auch alle ein Recht auf „Mobilität“, also freizügige Bewegung. Zum Schutze der Gesellschaft geht das aber nicht so weit, dass alle mit selbstgebauten Vehikeln herumfahren, -fliegen oder -schwimmen dürfen. Nein — dieses Recht ist an den Erwerb von „Berechtigungsscheinen“ geknüpft, die eine entsprechende Eignung prüfen. Jedem steht frei, diese Prüfungen zu bestehen.

    Ihren letzten Absatz brauchen wir nicht diskutieren — gell?! 😉

    Lieber Herr Schulz,

    freundlich aber nicht ernsthaft 😉 — Da haben Sie sich ein winziges Stückchen aus der Statistik gegriffen und in den falschen Kontext gesetzt. Wenn Sie das auf eine Wahl anwenden, können Sie aussagen, dass aufgrund der großen Anzahl der Stimmen Fehler beim Zählen oder durch nicht repräsentative Auswahl der Stichprobenmengen bzgl. des wahren und des beobachteten Ergebnisses gering sind. Mit dem Wert des Wahlergebnisses selbst hat das nichts zu tun. Das Wahlergebnis repräsentiert zuverlässig die Entscheidung aller abstimmungsberechtigten Bürger. Diese Entscheidung ist jedoch zu häufig auf Unwissen und Gedankenlosigkeit gegründet, die bekanntermaßen DAS Einfallstor für Populismus sind, und diesem Missstand sollte irgendwie abgeholfen werden.

  24. @Liebe(r)Frau/Herr Lumpi“Summe aller Fehler“;
    ich rechne hier zu „Fehlern“ auch die abgegebenen Stimmen der Wähler, die entweder uninformiert, fehlinformiert, auch das was an Infos da ist, fehlinterpretieren, aber auch bewusst aus welchen Gründen auch immer, ein Kreuzchen so machen wie es die Elite unserer Gesellschaft eigentlich nicht setzen würde.
    Wie sagt der Franzose(vermutlich anders schreibt, aber egal) „cest la Vie“, so ist das Leben. Demokratie ist auch ein Kampf der Klugheit gegen die Dummheit und auch der Demagogie mit guten und wertigen und überzeugenden Argumenten zu begegnen!
    Alles andere wäre dem Prinzip der Demokratie, also der Herrschaft die vom Volk ausgeht, bzw. ausgeübt wird, zuwider handeln.
    Und was die Altersgrenze für das Wahlrecht angeht, soll ja der Mensch erst eine gewisse Reife haben, die kindliche Beeinflussbarkeit ausschließt; bei den Menschen die ohne eigene Einsicht wegen Demenz oder sonstiger Einschränkung sind, trifft wieder zu, was ich mit „Summe aller Fehler..“ schrieb.
    Die Staatsangehörigkeit als Wahlrecht ist eine international geregelte Sache, da jeder nur über Staatsangelegenheiten seiner Staatszugehörigkeit entscheiden darf und soll. Dies trifft analog auch auf Land- und Kommunalwahlen zu; Sie können auch nicht in Frankfurt gemeldet wohnen und dann mal eben über den Main zur Offenbach-OB-Wahl wählen gehen. Na, überzeugt? mfg, hjs

  25. @ 22

    Lumpi schreibt: „Die Wahl selbst sollte daher verantwortungsbewusst, informiert und bedacht getroffen werden. Wer das nicht will, soll es doch besser bleiben lassen. Ich versteige mich soweit, zu behaupten, dass der Gesellschaft besser gedient wäre, wenn ausschließlich verantwortungsbewusste, informierte und bedachte Bürger dieses Recht besäßen.“

    Wenn dieser Vorschlag Realität werden sollte, könnten wir das, was wir Demokratie nennen, gleich auf den Müllhaufen der Geschichte schmeißen. Ich denke, ein Bürger der verantwortungsbewusst, informiert und bedacht für Herrn Oettinger (derzeit Ministerpräsident von BaWü) bei der Landtagswahl sein Kreuz gemacht hätte, wäre jetzt eventuell in der Bredouille, nachdem er dessen Rede, die er im Freiburger Münster gehalten hat, gelesen hätte. Erinnere Dich mal an die „jüdischen Vermächtnisse“, die der hessischen CDU angeblich größere Spendengelder eingebracht haben sollen. Deren wahlführerscheingeprüfte Wählerinnen und Wähler müssten sich doch heute noch in den Hintern beißen. Warum sollten also verantwortungsbewusste, informierte und bedachte Bürger Politiker wählen, die diesen Anforderungen gar nicht gerecht werden. Wenn Du Deinen Vorschlag auf diese Folgen hin weiterspinnst, kannst du nur zu dem Ergebnis kommen: Nein, das kann’s nicht sein!

    Gruß bakunix

  26. @ Lumpi

    Wenn schon bei der letzten Bundestagswahl nur die staatlich anerkannt verantwortungsbewussten, informierten und bedachten Bürger hätten wählen dürfen – hätten diese so umfassende prophetische Gaben besessen zu wissen, dass Michael Glos Wirtschaftsminister werden und ein halbes Jahr später Unfug reden würde, wenn sie das Kreuz bei der entsprechenden Partei machen?

    Will damit (wie bakunix) sagen, dass auch die Lumpischen Musterwähler es nicht vermeiden können, dass Politiker in Ämter gespült werden, deren Anforderungen sie nicht gerecht werden.

    Gut, Sie haben Glos als Aufhänger für Ihren Beitrag gewählt; aber nennen Sie doch Politiker, die auch nach Ihrem Maßstab in die Regierungsverantwortung dürfen.
    Sie werden merken, dass die Auswahl verschwindend klein ist.
    Ein Bundeskanzler Schröder, der anno 1998 als ersten Auslandskontakt dem letzten europäischen Despoten, Lukaschenko in Minsk, seine Aufwartung machte und in seiner Regierungszeit (wie auch sein Außenminister Fischer) dem Zentralorgan der geistigen Verflachung aus dem Hause Springer bereitwillig zu Interviews zur Vefügung stand, sollte auch nicht dazu gehören – oder?

  27. @Verantwortungsbewusste Blogger;
    Jo mei, würd der Bajoware sagen; jo mei, wos hoab i a Durscht, jetzt drnga i erscht mei Mahs un olle Großkopfeten kenn mi a ma; oans zwoa Gsuffa!

  28. Liebe[r] Herr Schulz,

    da Sie auf Ihrer Null-Fehler-These beharren, ziehen wir ein simples Gegenbeispiel zu Rate. Die letzte Demokratie auf deutschem Boden führte zur Installation des Dritten Reiches (durch demokratisch legitimierte Wahl) und damit zum schlimmsten Völkermord aller Zeiten. Ich denke, wir sind uns einig, dass es sich hierbei um einen signifikanten Fehler handelt.

    Allein die Vergrößerung des Betrachtungsabstands auf — sagen wir — das Universum als solches, verkleinert die Bedeutung dieser gemeinschaftlichen Fehlentscheidung. Man könnte dann sagen, wenn die Menschheit ein Fehler ist, dann vernichtet sie sich eben selbst. Mir fehlt die Gelassenheit, in diesen Maßstäben zu denken, deshalb bin ich über die Dummheit und Gedankenlosigkeit, die vielen demokratischen Entscheidungen zugrunde liegt, jedes mal erneut entrüstet.

    Da Sie mit „unantastbaren“ Rechten hantieren, die angeblich die Demokratie definieren, erinnere ich an den Ursprung des Konzepts in der Antike. Die damalige Einschränkung auf männliche freie Bürger halte ich heute nicht mehr für geeignet. Ich sage das deshalb, damit Sie nicht auf die Idee kommen, ich wolle wieder die Sklaverei einführen 😉
    Jedoch betrachte ich weiterhin ein nachzuweusendes historisches und staatsbürgerliches Wissen (das kann man prüfen, Verantwortungsbewusstsein eher schlecht) als ein geeignetes Mittel, den Einfluss von Populismus, platter Lüge und kurzsichtigem Aktionismus zu mildern.

    Mit Verlaub, um mich zu überzeugen, fehlt Ihrer Argumentation die Tiefe.

    @bakunix,

    Herrn Öttinger wurde nicht von verantwortungsbewussten, informierten und bedachten Wähler gewählt. Wir haben diesen Filter nicht.

    @Yeti,

    die Leute sind nicht plötzlich aufgetaucht. Der informierte Wähler kennt sie und kann nicht so leicht überrascht werden wie der, der nach der Krawattenfarbe abstimmt.

    Wer sich derzeit der demokratischen Wahl stellen will, ist leider gezwungen, unwürdigen Populismus zu betreiben, einfach weil die wahlbestimmende Mehrheit nichts anderes zu erfassen gewillt ist. Mich persönlich schreckt das ab.

    Sicher kann niemand endgültig die Einflussnahme von Inkompetenz verhindern. Mir geht es schlicht um Ideen zu deren Reduzierung.

  29. Ich bin in Mathematik und Statistik eine klare Null. Aber mein Eindruck ist, dass sich der Satz von der statistisch bei großer Masse sinkenden Fehlerquote bei Wahlen manchmal ins Gegenteil verkehrt: Die Ergebnisse sind eher „dümmer“ als die einzelnen Wählerinnen und Wähler. Das wird sich jeder erklären können, der beim Nachdenken über seine Wahlentscheidung einmal festgestellt hat, dass er eigentlich gern wesentlich differenzierter wählen würde, als die Entscheidung für eine Partei (oder höchstens zwei wg. Erst- und Zweitstimme) es ihm/ihr ermöglicht. Sicher wird es auch Unaufgeklärte geben, die auf irgendwelche Kampagnen hereinfallen und ohne viel Information irgendwen wählen. Aber ebenso sicher gibt es viele, die sich auf ein „kleineres Übel“ zurückziehen, weil sie sich in einer politischen Partei (manche sicher auch in allen) nicht wiederfinden.

    Ich neige deshalb statt zu Einschränkungen beim Wahlrecht zum eher umgekehrten Weg: mehr direkte Demokratie. Die Beteiligung des Wahlvolks an mehr Einzelentscheidungen als bisher würde zumindest die Möglichkeit eröffnen, näher an der Sache zu diskutieren, und das durchaus differenzierter: Populistische Allgemeinplätze wie „Steuern senken“ könnte man gar nicht abstimmen lassen, wenn der Anspruch bestünde, über gesetzesreife Projekte entscheiden zu lassen.

    Ich weiß: Auch bei Volksabstimmungen können Rattenfänger (und die entsprechenden Medien) Einfluss nehmen. Aber es wäre dann eine Aufgabe engagierter Bürger und seriöser Medien, eine vernünftige Debatte zu ermöglichen. Das mag angesichts der Realität utopisch wirken – aber bevor ich die Stärkung des „Volkswillens“ nicht wenigstens ausprobiert habe, würde ich nicht gern an Einschränkungen denken.

    Ich fand es im übrigen spannend, wie sich die Diskussuion in diesem Thread ins fast schon Demokratietheoretische entwickelt hat. Vielleicht kann ich ja mit meinem Vorschlag anregen, damit noch ein bisschen weiterzumachen.

  30. @30.Lumpi u. 31.Hebel“Demokratie“;
    Herr/Frau Lumpi, das nenne ich Argumente verdrehen, deshalb werde ich auch nicht(mehr) darauf eingehen.
    Herr Hebel, ihre Kommentare werden von mir immer sehr geschätzt und Ausführungen wie diese Ihre sind nachzuvollziehen, aber nicht ohne Grund sind bei uns die Hürden für „Volksvoten“ hochgelegt. Sie führen selbst an: „Rattenfänger“ und so weiter!
    1.und 2. Stimmen, sicher hier kann manchmal für uns „Wähler“ was ärgerliches heraus kommen, aber es profitieren von den meist für die FDP erfolgten 2.Stimmenerfolgen mal sowohl die einen wie die anderen, das traf auch für Rot/Grün so zu, vermutlich bald auch für Schwarz/Grün(?)! Dies haben wir nun mal so und lässt sich nicht ändern.
    Ich finde auch, dass sich unser Wahlsystem seit 1949 bewährt hat und davon lasse ich mich auch nicht durch das schwierige Ergebnis 2005 auf Bundesebene abbringen.
    Selbst diese „Enthaltungsergebnisse“ bei den kommunalen Direktwahlen haben bisher noch keinen Schaden angerichtet. Und dort wo es zu ärgerlichen Situationen kam, reichte auch unser Recht aus, dies zu korrigieren; siehe hierzu Hanau mit Abwahl von Hertel; oder Amöneburg oder oder. Deshalb nicht immer den Rechtsrahmen ändern wollen, sondern ganz einfach nur die Möglichkeiten ausschöpfen. Wie ich schon schrieb: „Argumentieren und klug argumentieren! Dass nach dem 1.Weltkrieg die seinerzeitige „Weimarer Demokratie“ nicht von langer Dauer war und letzendlich auch erfolglos war, schlimmer sogar – wie wir heute wissen – die Möglichkeit in sich barg, in das für Europa und die Welt, auch das deutsche Volk und besonders die europäischen Juden, so katastrophale Nazireich „einmündete“, hatte viele Gründe, über die Geschichtsforscher besser referieren können als ich!
    Also lasst uns nicht vordergründig das heutige Wahlrecht schlecht machen, nur weil in Berlin aus der Not geboren eine große Koalition regiert und hin und wieder die selbständigen „Landesfürsten“ aufmüpfig sind!
    mfg,hjs

  31. @Lumpi:
    Ich moechte den „Volkswillen“ bei der Machergreifung bezweifeln. Hitler hatte die Wahlen im September 1932 nicht mit absoluter Mehrheit gewonnen, und er wurde auch nur „Kanzler auf des Praesidenten Gnaden“, erst der geschickt eingefaedelte und ausgenutzte Reichtagsbrand fuehrte zum Ermaechtigungsgesetz und damit zum Ende Weimars. Mit Rechtmaessigkeit hatte das nichts zu tun, nur war eben die Weimarer Verfassung dagegen nicht geschuetzt.

    Das heutige Grundgesetz ist aber durch die Erfahrungen der Vergangenheit gut geschuetzt, so das auch noch soviel Dummheit nicht nur der Waehler, sondern auch der verantwortlichen Personen, es doch sehr schwer haben, aehnliches wie 1933 zu tun.

    @ Stefan Hebel:
    Ich unterstuetze ihren Vorschlag zu mehr direkter Demokratie. Mehr Beteiligung der Buerger kann aber sowohl Segen als auch Fluch sein. Fuer eine Umsetzung dieser Ideen ist IMHO noch eine gewaltige Entwicklung der Gesellschaft vonnoeten: Ne mehr Entscheidungsgewalt jeder einzelne hat, desto mehr muss er weniger an sich und sein eigenes Wohlbefinden zuerst denken, sondern immer die gesellschaftlichen Zusammenhaenge mit im Blick haben. Das kann abschrecken. Insofern muessen die Menschen auf dem Weg mitgenommen werden, was wohl noch eine Weile dauern wird und allein durch (multi)mediale Diskussion (leider) kaum zu schaffen ist.

    MfG Jan

  32. Hans-Jürgen schreibt schon wie ein Politiker spricht, indem er das bestehende Wahlrecht und –system verteidigt, gerade so, als wollte er selbst zu den Gewählten gehören. Zitat: „Also lasst uns nicht vordergründig das heutige Wahlrecht schlecht machen, nur weil in Berlin aus der Not geboren eine große Koalition regiert und hin und wieder die selbständigen ‚Landesfürsten’ aufmüpfig sind!“

    Ich bleibe dabei und argumentiere wahlsystemkonform: Von den 598 Sitzen des Bundestages werden nur 299 über des Wählers Kreuz entschieden. Die andere Hälfte oder noch mehr, falls Überhangmandate entstehen, rutscht über die Landeslisten in den Bundestag. Wer das ist, darauf haben wir Wählerinnen und Wähler keinen Einfluss, weil den Parteien vorbehalten bleibt, die Landesliste festzulegen. In diesem Bereich könnte die Macht der Wahlberechtigten gestärkt werden. Dazu gibt’s in der Literatur genug theoretische Überlegungen, die in die Praxis umgesetzt werden könnten.

    Betrachten wir uns die 5%-Sperrgrenze: Diese Wählerstimmen fallen bei der Verteilung der Mandate unter den Tisch, wenn eine zur Wahl angetretene Gruppierung diese Marke nicht überspringen kann. Ist das gerecht?

    Außerdem werden die Wahlergebnisse für die Parteien geschönt dargestellt, wie auch in der FR üblich. Die Nichtwähler fallen bei den Grafiken unter den Tisch. So würde bei einer Wahlbeteiligung von 50% eine Partei nicht ein 32%-Balken sondern nur ein 16%-Balken im Diagramm zustehen. Daran könnte m.E. die demokratische Legitimation genauer abgelesen werden.

    Gruß bakunix

  33. @Lumpi

    Sie bleiben also unverdrossen dabei, dass ein abfragefähiges Wissen immun gegen falsche Wahlentscheidungen macht.
    Wie erklären Sie sich dann, dass Menschen mit abgeschlossenem Hochschulstudium in Rechtswissenschaften (denen man per se [zähneknirschend] ein gutes Allgemeinwissen attestieren muss), nämlich die Herrschaften Horst Mahler und Jürgen Rieger, aktive Rattenfänger der Nazis sind – von ihren passiven Mitläufern und Wählern mit akademischer Bildung ganz zu schweigen?

    Stephan Hebels Vorschlag der Durchdemokratisierung der Gesellschaft (mit Wahlurne an den Stammtischen?) birgt auch die Gefahr, nach hinten loszugehen. Erinnert sei nur an die teilweise unrühmlichen Ergebnisse bei Volksabstimmungen in der Schweiz.
    Wie sehr in dieser, das Banner „linksliberal“ weit vor sich her tragenden Tageszeitung die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit sein kann, hat sich erst heute wieder gezeigt:
    Die Redaktion hat die nationale Karte gezogen („Wir sind Papst!“) und sich in die Schar der Gratulanten des mächtigsten Mannes ohne demokratische Legitimation(!) zum 80. Geburtstag eingereiht.

    Das verweist darauf, dass bei der letzten Landtagswahl ein Großteil der auf Oettingers Partei entfallenden Stimmen nicht etwa durch fehlendes Allgemeinwissen, sondern durch Beeinflussung der gottesfürchtigen Badenser und Würtemberger seitens der Kirchenmänner zustandegekommen ist.

    Statt nun dem Bürger die Ausübung seines Wahlrechts streitig zu machen, sollten ihm die Leute vom Hals geschafft werden, die dazu angetreten sind, ihn zu verdummen.

  34. @bakunix:

    Ich gehe jetzt mal nur auf das ein, was sich direkt auf die FR bezieht. Es stimmt, dass wir und bei den Wahl-Grafiken an der offiziellen Zählweise orientieren. Ich würde das gern auch beibehalten, einfach damit diejenigen, die noch mal nach dem schauen möchten, was sie am Vorabend gehört haben, die gleiche Basis haben. Allerdings gehbe ich Ihnen Recht, dass wir wesentlich öfter als bisher (wir tun es, aber in der Tat nicht immer) die Ergebnisse per Text und Grafik im Verhältnis zu den Wahlberechtigten darstellen sollten. Ich werde das hier besprechen, finde den Hinweis gut.

    @yeti: Auch an Sie nur die Antwort auf die Kritik an der FR. Da muss ich nun sagen: Wir haben nicht gratuliert, sondern wir haben den Geburtstag des Papstes, der – ob wir wollen oder nicht – weltweit große Aufmerksamkeit erregt, mit Bild und Text(en) aufgegriffen. Ich verstehe die Chronistenpflicht, die wir ja auch haben, nicht so, dass wir zu ignorieren hätten, was uns nicht passt. Nebenbei bemerkt: Das wäre eine ziemlich dünne Zeitung. Die Texte fand ich im übrigen ausreichend kritisch.

  35. @bakunix“Wahlrecht“;
    wir alle sind „Politiker“, das sollten wir nicht vergessen; die Frage ist halt nur, wie wir uns einbringen! Heutzutage ist das sogar ohne Mitgliedschaft in Parteien möglich, zumindest bei der SPD. Und nun zur erscheinenden Ähnlichkeit meiner Ausdrucksweise mit der eines Politikers; nur weil es so klingt, ist es noch lange nicht falsch.
    Nun zur 5%-Hürde, diese wurde ganz bewusst 1949 eingeführt, um eine Zersplitterung der Parlamente zu verhindern, aber auch zu verhindern, dass kleine Gruppen womöglich aus politischen „Wirrköpfen“ ohne Fähigkeit demokratische Kompromisse zu bilden, zuhauf in den Parlamenten sitzen und die notwendigen politischen Entscheidungen blockieren oder sogar verhindern; was ja auch ein Grundübel in der „Weimarer Republik“ war!
    Also, noch was, was wie ein Politiker klingt; wir können uns alle viele gute Gedanken machen, aber wir sollten nicht vergessen, dass wir in unsere Bundesrepublik nun die längste Friedensperiode in den letzten Jahrhunderten haben und dies vermutlich auch dieser jetzt bei uns „herrschenden“ Demokratie zu verdanken haben. mfg,hjs

  36. @ Hans-Jürgen

    Das sehen wir’s mal wieder. Wenn die sozialdemokratisch affizierte Gedankenwelt infrage gestellt zu werden droht, folgen die pauschalisierenden Urteile. Es seien die zahlenmäßig Wenigen im politischen Geschäft, die die „Wirrköpfe“ seien und „die notwendigen politischen Entscheidungen blockieren“, wie Hans-Jürgen zum besten gibt.

    Du unterstellst damit, dass nur die Parteien, die mit großem Werbeetat und Einfluss in den Medien sich ein gewisses Stimmenpotenzial verschaffen können, die Einsicht in Notwendiges hätten. Jeder politische Beschluss ist nicht evident notwendig, er ist interessengeleitet. Und hier haben die Sozialdemokraten sich immer wieder gegen die in der Gesellschaft Schwachen entschieden.

    Wenn Du die Weimarer Republik als Beleg dafür heranziehst, dass nur die Stimmen der Wählerinnen und Wähler zählen sollen, deren von ihnen gewählte politische Gruppierung mindestens 5% der abgegebenen Stimmen erhalten haben, hättest Du auch ein paar Jahre weiter zurückdenken sollen, als die SPD 1914 den Kriegskrediten der Kaiserlichen zustimmte und somit den 1. Weltkrieg ermöglichte – mit all den Folgen für die Weimarer Republik. Vergiss nicht den Reichsminister Gustav Noske (SPD), der alle, die 1919 eine sozialistische Republik forderten, blutig niederschlagen und in den Jahren danach die kaisertreuen Freikorps (z.B. „Stahlhelm“) immer mehr an Einfluss gewinnen ließ. Hätte die SPD in dieser Zeit die Justiz nicht den Befürwortern des Kaiserreiches überlassen, die sich auf dem rechten Auge blind stellten, hätte die Mär von dem Scheitern der Weimarer Republik wegen der fehlenden 5%-Hürde sich nicht bis heute halten können.

    Gruß bakunix

  37. @“Argumente“;
    ***
    Nur wenn man sie dreht und wendet
    Wird die Geschicht auch vollendet

    Drum lasst uns kräftig rühren und mischen
    Und so Fakten die nicht passen verwischen
    ***

  38. @40.Yeti;“Lumpi“;
    das mit dem „Gassigehen“ war wohl doch ein wenig despektierlich, wie ich meine als höflicher Mensch feststellen zu müssen.
    Aber lieber Yeti, das mit der Historie ist auch nicht so einfach.
    Wenn Du Dir die Sache mit Filbinger, bzw. Oettinger ansiehst, was stellst Du fest? Der MP Oettinger hat sich von seinen eigenen Ausführungen gestern distanziert!
    Ja, wer hatte ihm denn das aufgeschrieben und hatte er sich das vorher noch nicht einmal durchgelesen? Fragen über Fragen!
    Dabei war das alles noch nicht einmal so lange her; was sind denn schon gut 60 Jahre!
    mfg,hjs

  39. @Hans-Jürgen

    Ich gehe davon aus, dass „Lumpi“ nicht der Name ist, mit dem der Kollege / die Kollegin standesamtlich erfasst wurde.
    Wer sich aber bewusst einen Dackelnamen zulegt, muss die eine oder andere boshafte Bemerkung schon aushalten können.

    Welcher Hafer den Oettinger gestochen hat, weiß ich auch nicht. Vermutlich wollte er sich nur dem rechten Rand anbiedern und hat dabei die Sensibilität der Zuhörer unterschätzt.

    Grüße nach Nordhessen

  40. Wenn wir 5 Millarden jedes Jahr Körperschaftsteuer in den Sand setzen und die Gewerbesteur auch noch senken, dann Sollte auch noch Geld da sein, um die Einkommenssteuer zu senken.
    Natürlich ist das populistisch, aber da ist Herr Glos groß, mit etwas vorpreschen und dann als Bettvorleger bei Frau Merkel enden. So einen blassen Wirtschaftmisnister hatten wir noch nie. Und wir hatten schon viele blasse.

  41. @ Uwe

    „blasse Wirtschaftsminister“

    Sie meinten doch nicht etwa die Zeit, als viele Wirtschaftsminister auf „mann“ endeten und in der „blaugelben“ Partei waren? Einer davon ging erst nach Brüssel und dann kurze Zeit später zu einer spanischen „Telefon-Firma“(?)!

  42. @ 43 Uwe

    „BMW Glos“

    schöne Abkürzung; oder? Ist aber Zufall, denn Finanzminister abgekürzt ist BMF.
    Aber der tollste Ausspruch von Michel Glos ist doch der, den er bei Illner kürzlich gemacht hat; auf die Vorhaltung zu seinem Steuersenkungsvorschlag, dass Steinbrück ihm widersprochen habe, sagte er sinngemäß, „dass der das nur gemacht habe, weil es ihm (Steinbrück) wohl nicht selbst eingefallen sei“. Das spricht doch Bände; oder?

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