Die SPD hat sich auf ihrem Parteitag in Position gebracht für die nächste Bundestagswahl in etwa zwei Jahren und ist dabei ein kleines bisschen nach links gerückt. „Mitte links“ heißt der politische Ort, an dem ihr Vorsitzender Sigmar Gabriel die SPD sieht. Ich weiß nicht, ob es überhaupt noch eine linke Position ist, den Spitzensteuersatz von derzeit 42 auf dann 49 Prozent anheben zu wollen – wenn selbst hartgesottene Konservative wie der FAZ-Schirrmacher darüber nachdenken, ob links nicht doch recht gehabt habe, sind solche Ideen zweifellos auf dem Weg in den Mainstream. Und das ist gut so.
Gut ist auch, dass die SPD aus ihrer eigenen Vergangenheit Lehren ziehen zu wollen scheint. Sigmar Gabriel hielt eine fulminante Rede über die entfesselten Märkte (wir haben nicht vergessen, wer an ihrer Entfesselung maßgeblich mitgewirkt hat) und das verbreitete Gefühl der Ohnmacht, über entwertete Arbeit, für den gesetzlichen Mindestlohn und eben die gerechte Besteuerung. Unter CDU-Kanzler Helmut Kohl war die Besteuerung durchaus noch gerechter, aber die SPD richtet ihren Blick jetzt gen Zukunft.
Und auch das ist gut so. Eine Ablösung der derzeitigen Regierung wird es nur mit einer selbstbewussten SPD geben, die ihre Themen in die Gesellschaft trägt. Die Partei bereitet sich nun auf Rot-Grün 2013 vor. Wie die Umfragen derzeit ausfallen, könnte es ihr zumindest gelingen, die jetzige Koalition abzulösen, denn in keiner aktuellen Erhebung packt die FDP die Fünf-Prozent-Hürde; Merkels CDU hätte keinen Koalitionspartner. Eine Ablösung der Koalition entspränge damit deren Schwäche, nicht der Stärke der Opposition. Diese Stärke muss sie noch beweisen und so ihren Willen zur Macht zeigen.
Da ist noch viel zu tun. Die aktuelle forsa-Umfrage sieht die SPD bei 26 Prozent, die Grünen bei 16, die Linke bei 9 und die Piraten bei 6 Prozent, während die CDU auf 35 Prozent steigt, allerdings ohne FDP – 3 Prozent – keine Regierungsmehrheit hätte, ebensowenig wie Rot-Grün. Die Kanzlerin bekommt für ihre Europa-Politik rätselhafterweise offenbar Zustimmung bei den Deutschen, obwohl doch jetzt schon zu erkennen ist, dass der auf dem aktuellen EU-Gipfel eingeschlagene Weg tiefer in die Krise führen wird: Wenn alle sparen, wirkt sich das nicht gerade positiv auf die Wirtschaft aus. Vielleicht ist es Merkels erkennbarer Wille, in Europa den Ton anzugeben, der den Deutschen imponiert?
Die SPD muss also weiterhin um ihre in der Schröder-Zeit verlorene Glaubwürdigkeit kämpfen. In zahlreichen Leserbriefen, die ich im Lauf der Zeit veröffentlicht habe, wird ihr die neoliberale Agenda-Politik Gerhard Schröders nachgetragen. Dieses verlorene Vertrauen muss sie zurückgewinnen. Deswegen ist die SPD meines Erachtens schlecht beraten, würde sie einen der Agenda-Protagonisten – Steinmeier und Steinbrück -, die bereits mit den Hufen scharren, zum Kanzlerkandidaten machen. So populär sie auch sein mögen: In NRW hat zumindest Steinbrück bewiesen, dass er es nicht kann. Und die SPD kann nicht mit ihm. Und da der vermeintliche Parteilinke Wowereit sich in Berlin gerade quasi selbst disqualifiziert hat, was Rot-Grün betrifft, bleibt nur Sigmar Gabriel. Seine Parteitagsrede war natürlich auch eine Bewerbungsrede.
Peter Michel aus Ravensburg meint:
„Wer die Reden auf dem SPD-Parteitag verfolgt hat, dem kann ja, in Erinnerung an die einstigen Traditionen dieser Partei, wieder ganz warm ums Herz werden. Und da mag auch der Wunsch aufkommen, sie – als das seit ewigen Zeiten „kleinere Übel“ – 2013 wieder zu wählen. Doch Zweifel bleiben, aus Erfahrung, angebracht, ob man dann nicht bald wieder mit Kurt Tucholsky wird anstimmen müssen: „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!“
Man geißelt die unregulierten Finanzmärkte und die Allmacht der Spekulanten, und doch war es die SPD, die die Barrieren für Finanzakrobaten abgeräumt hat. Man beklagt schwindende Steuereinnahmen zulasten des Gemeinwohls, und doch waren es die Sozis, die den Spitzensteuersatz von 52 auf 43 Prozent gesenkt haben, so dass selbst Helmut Kohl heute als linksextremistischer Steuerpolitiker erscheint. Man deckt die Hunderttausende, die von ihrer Arbeit nicht mehr leben können, mit salbungsvollen Solidaritätsadressen zu, und doch ist es der zum Spitzenlobbyisten mutierte Ex-Kanzler Schröder, der sich noch immer nicht entblödet, sich des von ihm geschaffenen größten Billiglohnsektors in Westeuropa zu rühmen …
Auf was wirklich Verlass zu sein scheint, ist der allen zuvor wacker verkündeten Prinzipien abschwörende Machtopportunismus der SPD, wenn sie erst einmal wieder die Regierung gestellt hat.“
Manfred Kirsch aus Neuwied:
Ein relativ unspektakulärer SPD-Parteitag liegt hinter uns. Die SPD scheint sich nach zwei Jahren Opposition zu einer verheerenden Regierungspolitik wieder gefangen zu haben und hat das Tal der Tränen offensichtlich nach den Wahlerfolgen dieses Jahres durchschritten. Doch dieser Parteitag war in der Tat ein Kuschelparteitag mit einer leichten Linkswende. Man kann die Sozialdemokratie nur dazu ermuntern, sich weiter links zu positionieren, wenn sie als echte Alternative zu Schwarz-Gelb auch wahrgenommen werden will.
Eng verknüpft damit ist natürlich die Frage, wer Kanzlerkandidat werden soll. Man kann die Politik nur davor warnen, für diese Aufgabe Repräsentanten der alten „Agenda 2010“-Politik zu nominieren. Wenn die SPD glaubwürdig für eine neue Politik stehen will, gebietet es auch die „neue Ehrlichkeit“, dass sie hier personell ein Zeichen setzt. Der Neuanfang in der K-Frage muss also Sigmar Gabriel heißen. Die Menschen in dieser Republik würden es der SPD nicht verzeihen, noch einmal eine Politik nach dem „Basta!“-Muster Gerhard Schröders zu machen.“
Rasmus Ph. Helt aus Hamburg:
„Die Kritik von Helmut Schmidt an der „deutschen Kraftmeierei“ hat ihre Berechtigung. Denn wenn die Geschichte eines lehrt, dann ist dies vor allem, dass das Image und damit auch der Wohlstand von Deutschland darauf basieren, dass man sich selbst nicht zu wichtig nimmt. Weswegen die Bundesregierung richtigerweise keinen geringen Fehler begeht, lediglich finanzielle, aber keine rhetorische Solidarität mit den südeuropäischen Ländern zu zeigen. Da ein solches Verhalten das Misstrauen gegenüber einer angeblichen Dominanz der Bundesrepublik gewaltig verstärkt, unabhängig davon, ob diese in Berlin überhaupt angestrebt wird.
Weshalb der Ex-Kanzler nicht nur, weil die Begriffe „Solidarität“ und „Internationalität“ mehr als alles andere den historischen Charakter der Sozialdemokratie beschreiben, die absolut richtigen Worte gefunden hat. Auch wenn einige Parteitagsdelegierte die Botschaft leider nicht verstanden haben. Denn gerade mit Geschichtsphilosophie lässt sich sehr gut gegen die Angst der Menschen um ihr Geld argumentieren, da diese Wissenschaft – anders als etwa die moderne Ökonomie – die meisten ihrer Thesen an Hand von realen Beispielen auch beweisen kann!“
Diese SPD ist für mich nach wie vor nicht glaubwürdig, und ich denke dabei immer an eines der Lieblingssprichwörter meiner verstorbenen Mutter: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht.“ Wer die Historie der SPD kennt, über das erste Ermächtigungsgesetz 1914, das dem Kaiser Wilhelm Zwo die nötigen Finanzmittel zur Kriegsführung verschaffte, über den „Bluthund“ Noske 1918/19, damals Polizeiminister, der die Arbeiter- und Soldatenaufstände blutig niederknüppeln ließ, über die (heimliche) Zustimmung zur Ermordung von Luxemburg/Liebknecht, bis zu den Schröderschen Neoliberal-Demokraten (was war da noch „sozial“ an den Sozialdemokraten, was war an der Agenda 2010, an Hartz-Gesetzen, an Steuervorteilen für Reiche und Entfesselung der „Märkte“ eigentlich noch „sozial“?) Die Geschichte der Sozen ist gleichzeitig eine unendliche der Volksverarschung und der Paktiererei mit dem Kapital. Die verweigerte Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz für Hitler 1933 war – leider – nur eine rühmliche Ausnahme.
Haben wir vergessen, was 2005 vor den Wahlen getönt wurde, wegen „keine Erhöhung der MWST“, und was dann in der GroKo herauskam, nämlich eine um 1% höhere Erhöung als von der CDU gefordert? Haben wir vergessen, was sich Schröder und Eichel, als „Genossen der Bosse“ hinsichtlich Staubzucker für die Vermögenden geleistet haben? Das einzige SPD-ähnliche Merkmal war damals, das der Staubzucker noch rosa eingefärbt wurde. Wir werden höchstwahrscheinlich nach den nächsten Wahlen eine Neuauflage der GroKo erleben, unter einer Kanzlerin Merkel und einem Finanzminister Steinbrück. Gerade dieser Freund des Kapitals, trotz aller markigen Sprüche Richtung Schweiz, wird alles versuchen, damit die jetzt geforderte Erhöhung der Einkommensteuer auf 49& Makulatur bleibt, und es lediglich zu einer symbolischen Erhöhung kommt, die sich kaum vom bereits jetzt existierenden Steuersatz von 45% (42% plus 3% Reichensteuer) unterscheidet.
Es kann jedoch auch alles ganz anders ausgehen. Ein Euro-Crash, eine starke Rezession mit wachsendem Arbeitslosenheer, eine neue rechtspopulistische Partei a la Wilders oder Marine le Pen, und schon werden die Karten neu gemischt.
Die USA machen uns heute schon vor, in welche Richtung die Reise gehen wird. Da helfen dann auch kluge Kommentare in wertkonservativen Zeitungen, wie der FAZ, nicht mehr weiter. Und das Stimmverhalten, oder besser, die Stimmenthaltung bei der S21-Abstimmung, zeigt auf, daß den meisten Menschen, soweit ihnen nicht selbst der Kittel brennt bzw. sie selbst unmittelbar betroffen sind, siehe die neue Startbahn auf Rhein-Main, so eine Art hess. S21, Politik und Einmischen bzw. aktives Mitgestalten am Allerwertesten vorbei geht.
Ein Nachtrag: Hätte sich der ach so kluge Kanzler Schmidt durchgesetzt, hätten wir heute über 60 AKWs am Laufen, mit den entsprechenden Atommüll-Mengen. Sicherlich von der Strommenge her ein Klasse Export-Schlager!
Gabriel wäre der Richtigste unter denen , die zur Verfügung stehen , man darf gespannt sein , ob der Ansatz einer Erneuerung sich durchsetzt oder ob die K-Frage in Stein… gemeißelt bleibt.
Leider haben sowohl Peter Michel als auch Wolfgang Fladung Recht , der Verrat gehört zur SPD wie der Floh zum Hund.
Es steht zu befürchten , daß sich daran nichts ändern wird – es gibt höchstens die Option einer „Einhegung“ der Sozis.
Einerseits durch den Umstand , daß sie nur durch starke Grüne (auch nicht viel besser) und durch eine wahrscheinlich dritte Partei an die Macht gelangen können – seien es die Linke oder gar die Piraten , wer weiß?
Andererseits haben wir seit Rot-Grün eine Zeitenwende erlebt , ein Zurück zur Agenda-Ploitik kann es nicht geben , auch nicht nicht mit den „Altvorderen“.
Ich muß doch noch meinen Beitrag um einige Fakten ergänzen.
Wer hat Heide Simonis bei der Wahl ein Bein gestellt? Es war ein „Sozialdemokrat“. Wer wollte nicht, daß Andrea Ypsilanti in Hessen zur MP gewählt werden würde? Genau, 4 „aufrechte“ Sozialdemokraten. Wäre auch zu schön gewesen, Hessen als vorausmarschierendes Bundesland mit dem Konzept von Hermann Scheer in eine ökologisch-nachhaltige Zukunft, jenseits von Lobby-Interessen. Die FR hat beim Bein stellen – leider – mitgeholfen. Warum sind bzw. waren (Clement) Figuren wie Clement, Sarrazin, von Dohnani und andere immer noch in der SPD, und nicht in der CDU oder FDP? Genau, weil es diese Partei immer wieder schafft, auf ihren Parteitagen nach links zu blinken, dann aber in der Realität bzw. an der Macht nach rechts abzubiegen, eben dahin, wo die Pfründe in der Industrie und bei den Lobbyistenverbänden warten. Schröder und seine Kumpanei zu Carsten Maschmeyer ist ja nur ein Beispiel von und für viele(n).
Manche der Vorleute in der SPD sind sicherlich überzeugt davon, und das Desinteresse und Stimmverhalten der Wähler spricht ja dafür, daß sie jetzt in den Umfragen nur reüssieren können, wenn sie eine klarere Mitte-links-Kante zeigen. Das ist real dann genauso glaubhaft und überzeugend wie der angebliche Linksruck der CDU. Da machen sich die Player und Strippenzieher an den nationalen und internationalen Spielkonsolen eine neue Flasche Schampus auf und feixen sich einen.
Die SPD in BW hat sich ja bereits geoutet.
Die teilweise abschätzige Berichterstattung der letzten Monate über Sigmar Gabriel – wegen seinem angeblich erratischem Agieren – ist durch seine Rede auf dem SPD-Parteitag ( FR: „fulminant“, NZZ: „flammend“) und sein Wiederwahlergebnis eindrucksvoll wiederlegt worden. Auch das bekannte Quengeln einer bestimmten bürgerlichen Öffentlichkeit über das Aufmüpfig-Sein der SPD-Linken ist verstummt. Mit Hannelore Kraft, Manuela Schwesig und Aydan Özuguz ist das weibliche Element im neuen Vorstand der SPD eindrucksvoll vertreten. Nach einer schwierigen Durststrecke steht die SPD vorerst im Aufwind der Wählergunst. Bleibt die Kanzler-Kandidatenfrage. Ob es möglich sein wird, diese – wie vom Vorstand gewünscht – wirklich bis Ende 2012 offen zu halten, darf bezweifelt werden. So wird es in der SPD ein gewisses „Schau-Laufen“ der Kandidaten/innen geben … und das sind keineswegs nur drei, denn Hannelore Kraft und Klaus Wowereit haben ganz klar angedockt.
Sigurd Schmidt am 11. Dezember 2011 um 12:50: Ein Kommentar einer Pressesprecherin der SPD, eher aus dem links-Mitte Lager? Vielen Dank.
Nochmals: Die Aussagen, oder besser, Sprüche, der Kandidaten sind Makulatur, wenn es dann um die konkrete Politik geht. Auch Genosse Schröder, so ehem. Juso-Chef, galt einmal als Linker. Die Person Klaus Wowereit, nach seiner Wende in Berlin hin zur (irgendwo noch alten Diepgen-CDU) wegen 1,5 Autobahn-Km spricht ja für sich. Da hat sich ein angeblich „linker“ Sozi und heimlicher Kanzlerkandidat vieler Linker super geoutet. Und wenn es um einen Kandidaten aus dem rechten Lager geht, war wohl Christian Ude aus München trotz rhetorisch ausgefeilter Rede dann bis weit in die Mitte rein ein „pflegeleichterer“ und vor allem besser vermittelbarer Kandidat als Genosse Steinbrück. Gute alte Tante SPD, vielleicht schaffst Du es ja noch ohne Rollstuhl ins Altersheim. Und Ottmar Schreiner könnte ja dann dem Oskar in der Linkspartei Hallo sagen.
Solange die SPD es nicht schafft, eine Fundamentalkritik am kapitalistischen System und der damit einhergehenden Wachstumsgläubigkeit für Zins und Mehrwert (koste es an Menschen und Umwelt, was es wolle), in politisches Wollen und dann auch Taten umzusetzen, bleibt sie mit ihren marginalen kosmetischen Korrekturen und Volksbeschwichtigungen (das härtere Wort möchte ich nicht nochmals wiederholen) nur weiterhin Steigbügelhalter der Herrschenden und damit die Schminke auf der Fratze des alles dominierenden Kapitals.
@Wolfgang Fladung
Ihren Anmerkungen und Ausführungen, sehr geehrter Herr Fladung, stimme ich vollinhaltlich zu. Nein, so wird das nix mit der SPD, die sich immer noch SOZIALdemokratisch nennt, obwohl sie mit der SOZIALdemokratischen Partei von Willy Brandt, nur noch, wenn überhaupt, sehr wenig zu tun hat. SPEZIALdemokratisch wäre erheblich passender. Offenkundig hat die Partei immer noch nicht kapiert, was und wer für ihren fulminanten Niedergang bis auf 23 Prozent verantwortlich ist. Dazu ein Blick auf die drei Musketiere, die angeblich Kanzler können. Alle drei „Kanzlerkönner“ sind Schröderianer, wobei die beiden Stones, tief überzeugt, es sogar bis zum heutigen Tage sind. Da krebst die so genannte SPD aktuell bei 26 Prozent oder ein bisschen mehr herum, macht aber Radau als ob sie nahe der absoluten Mehrheit wäre, und will exakt mit dem Personal, was den katastrophalen Niedergang verursacht hat, Wahlen gewinnen. Unglaubwürdiger kann die propagierte Neuausrichtung, Linke-Mitte, nicht sein. Zu allem Überfluss hebt der neue Gottvater, Helmut Schmidt, den Peer Steinbrück in den Stand des Ober-Kanzlerkönners, wobei das ganze mediale Theater der beiden „Schachspieler“ schon peinliche und bizarre Züge trug. Alle drei „Kanzlerkönner“ haben jedoch etwas Gemeinsames. Sie sind grandiose Wahlverlierer, mit schon historischen Ausmaßen. Der von Gottvater Schmidt geadelte, Peer Steinbrück, hat es immerhin geschafft, im Jahre 2005, als Ministerpräsident von NRW, das schlechteste Wahlergebnis für die SPD seit … 1954 einzufahren. Die SPD musste in der Folge die jahrzehntelange Regierungsverantwortung an die CDU und den „Volkstribun“ Rüttgers abgeben. Steinbrücks Karriere tat das jedoch keinen Abruch, ganz im Gegenteil. Aus dem desaströs gescheiterten Ministerpräsidenten wurde der strahlende Finanzminister der so genannten Großen Koalition. Auch seine Fehler, Fehleinschätzungen und eklatante Widersprüche im Rahmen der Finanzkrise 2008 haben es nicht verhindert, dass Steinbrück, nicht nur von Schmidt, sondern auch den „interessierten“ Systemmedien zum „Kanzlerkönner“ hochgejubelt wurde. Was an Steinbrück wirklich sozialdemokratisch sein soll, hat mir bisher auch noch niemand erklären können. Mehr als nur eine große Klappe und arrogantes Getue, ähnlich wie bei dem ehemaligen Superminister, einem gewissen Wolfgang Clement, sehe ich bei ihm nicht. Der Zweite in der Riege der „Kann-Kanzler“, und wie Steinbrück immer noch tief überzeugter Schröderianer, Frank-Walter Steinmeier, so genannter „Architekt“ der Agenda 2010, hatte bei der Bundestagswahl 2009, als damaliger Spitzenkandidat der SPD, sage und schreibe 23 Prozent „eingefahren“. Das konnte ihn aber nicht davon abhalten, unmittelbar nach der historischen Niederlage, in einem schon gespenstischen Fernsehauftritt, sich selbst zum neuen Fraktionsvorsitzenden auszurufen. Unglaublich, der Mann, der für seine Partei die größte Wahlniederlage aller Zeiten zu verantworten hat, hält sich immer noch für geeignet. Bleibt als Dritter der Kanzlerkönner, der amtierende Vorsitzende, Sigmar Gabriel. Auch er ein desaströser Wahlverlierer. 2003 erreichte Gabriel bei der Landtagswahl in Niedersachsen 33,4 Prozent, ein Minus von 14,5 Prozent, mit der Folge, dass die SPD die Macht an die CDU abgeben musste. So viel zu den „Kanzlerkönnern“ der so genannten SPD. Dennoch ist alles Friede, Freude, Eierkuchen bei den „Genossen“, einschließlich Vorratsdatenspeicherung. Übrigens, auf dem Parteitag wurde zwar der neue Messias, Helmut Schmidt, der den Niedergang der SPD in den Siebzigern eingeleitet hatte, frenetisch gefeiert, wogegen ich den Namen, Willy Brandt, nicht gehört habe. Das sagt eigentlich schon alles über den Zustand dieser Partei. Dass von Brandt nix zu hören war, mag aber auch damit zusammenhängen, dass der Bundeskanzler, Willy Brandt, bei den vorgezogenen Neuwahlen zum Deutschen Bundestag, am 19. November 1972, die SPD zum größten Wahlsieg in ihrer Geschichte geführt hatte. Die Partei erhielt 45,8 % der Zweitstimmen und war zum ersten Mal stärkste Fraktion im damaligen Bonner Parlament. Warum sollte man sich in der so genannten SPD auch daran erinnern, zumal das Ergebnis ja wie aus einer anderen Welt klingt. Zur Erinnerung, 23 Prozent, die es 2009 noch gegeben hatte, sind gerade mal die Hälfte. Überhaupt ist die so genannte SPD, in jedweder Hinsicht halbiert. Nicht nur was die Wahlergebnisse anbelangen, sondern auch die Mitgliederzahlen und Sonstiges. Aber macht ja nix, dafür hat man drei „Kanzlerkönner“ und einen Gottvater. 2013 wird es für diese Spezialdemokraten wahrscheinlich zum Anhängsel für irgendwen reichen, Vizekanzler und Juniorpartner ist ja auch schon mal was, zumal die drei „Kanzlerkönner“ damit ja beste Erfahrungen haben. Die gute, alte Tante, wie sie unter Brandt noch war, wird wohl für immer nur noch Geschichte sein.
mfg
Jutta Rydzewski
@ Wolfgang Fladung
Ich bin ehrlich gesagt erstaunt über Ihre Kommentare. Bei allem historisch gerechtfertigten Misstrauen gegenüber der SPD: Allein die Tatsache, dass sie antreten will, um wieder mehr Steuergerechtigkeit herzustellen und die Einnahmen des Staates aus Quellen, denen das nicht wehtut, erhöhen zu wollen, ist doch ein deutliches Indiz dafür, dass die SPD aus ihren Fehlern Konsequenzen zieht – und das ist für mich ein Grund, sie zu wählen. Sie hat mit der Agenda 2010 ihren „Markenkern“ beschädigt, und das scheint sie begriffen zu haben. Wenn sie es jetzt ernst damit meint, ihre Glaubwürdigkeit wieder herstellen zu wollen, dann wird sie dieses Wahlversprechen auch umsetzen müssen. Ansonsten ist es ganz schnell wieder vorbei mit der neuen Ehr- und Herrlichkeit. Ich für mein Teil bin bereit, ihr zunächst mal zu glauben. Und dann schauen wir weiter.
Ihr Spruch, die Aussagen der Kandidaten seien Makulatur, sobald es um konkrete Politik gehe, ist reine Behauptung. Ich finde das schädlich. Teilweise kann Ihr Misstrauen zwar nachvollziehen, aber sind Sie denn nicht auch dabei, wenn es darum geht, die unsägliche schwarz-gelbe Koalition abzuschaffen? Wie wollen Sie das schaffen, wenn nicht mit der SPD? Mit der Linken? Diesen Flitzpiepen, die zurzeit nichts, aber auch wirklich gar nichts auf die Reihe kriegen? Wir haben DIE Krise des Kapitalismus, und was kommt von den Linken außer Postengezerre? Ja, Lafontaine ist jetzt wieder mehr in den Medien präsent, gestern zum Beispiel bei Jauch, wo er übrigens keine gute Figur machte. Ich bemühe hier einmal einen Begriff der geschätzten Jutta Rydzewski: Können Sie diesen Lautsprecher wirklich ernst nehmen? Ich nicht. Viele Positionen der Linken sind mir zwar sympathisch, aber sie verliert ihre Glaubwürdigkeit in meinen Augen dann – und dies vollständig -, wenn sie kein Interesse daran hat, diese Positionen in konkreter Regierungsarbeit umzusetzen. Dann nämlich, davon bin ich überzeugt, wären viele ihrer „Sprüche“, um in Ihrem Jargon zu bleiben, Makulatur.
Politik ist ein schmutziges Geschäft. Gelegentlich müssen Positionen geräumt werden. Angela Merkel hat das exemplarisch vorgemacht mit ihrem Atomausstieg und hat damit den Markenkern der CDU meines Erachtens ebenso nachhaltig beschädigt wie Schröder den der SPD mit der Agenda 2010. Während die SPD ihre Sinnkrise jetzt hoffentlich hinter sich hat, hat die CDU und der deutsche Konservatismus sie erst noch vor sich.
Und da Sie Helmut Schmidt ansprechen: Man muss keineswegs mit allen seinen Meinungen konform gehen. Auch ich war damals gegen den Nato-Doppelbeschluss und habe heute in der Rückschau den Eindruck, dass der durchaus richtig war. Was die AKWs betrifft, die er hätte bauen wollen: Er hat sie aber nicht bauen können. Trotzdem ist er aus meiner Sicht ein Politiker, der immer zu seinen Überzeugungen stand und daraus keinen Hehl gemacht hat. Er ist quasi die verkörperte Glaubwürdigkeit schlechthin. Bei Schmidt weiß man klar, wofür er steht. Solche Politiker gibt es nicht mehr. Kohl, Schröder, Merkel – alles Wendehälse.
Ich bin bereit, der SPD eine Chance zu geben – wenn sie Sigmar Gabriel oder Hannelore Kraft zur Wahl stellt. Mit Steinbrück oder Steinmeier möchte ich nicht gehen. Und Sie, Herr Fladung, sollten mal darüber nachdenken, ob Ihre Haltung nicht vielleicht ein bisschen zu defätistisch ist. Ich jedenfalls kann in Ihren Kommentaren nichts Positives lesen.
Mein Vater pflegte zu sagen: Es wird nie so viel gelogen, wie nach einem Krieg – und vor einer Wahl. Das gilt noch heute und ausnahmslos für alle Parteien. Ich erinnere nur an die Einheit zum Nulltarif. Allein die Mineralölsteuer wurde unter Kohl 1993 innerhalb eines Jahres um 25 Pfennig erhöht.
Die SPD schafft es einfach nicht zu erkennen, in welche Richtung ihr die Wähler abhanden kommen. Und das ist m. E. links. Die Senkung des Spitzensteuersatzes um 11 Punkte, die (Mit-)Einführung der Abgeltungssteuer, das Mittragen der MWSt.-Erhöhung, Senkung der Körperschaftsteuer. Alles Markenzeichen des Neoliberalismus, wie er vor allem unter Schröder betrieben wurde. Mit Steinbrück ( der bislang noch nix gewonnen hat) und dem blassen Steinmeyer wird das auch 2013 nichts. Gabriel? Bislang auch wenig überzeugend. Bei Frau Kraft ist auch – noch – keine klare Linie zu erkennen. Kurz, es fehlt der SPD an Persönlichkeiten und der Mut zu einer klaren Kurskorrektur. Was spricht dennn gegen einen Spitzensteuersatz von über 50% (bei wirklichen Spitzeneinkommen)? Warum wird nicht endlich die Erbschaftsteuer auf ein Niveau gehoben, das ihre Bedeutung unterstreichen würde (leistungsloses Einkommen, und dies bei einem privaten Geldvermögen von ca. 4,5 Bill. Euro (!)). Da war bislang nichts zu vernehmen.
Vieles läuft auf eine neue große Koalition, erneut unter Mutti, hinaus. Wenn die SPD das vermeiden will, muss sie sich deutlicher von einem Teil ihrer Belegschaft, nämlich dem Seeheimer Kreis, abgrenzen. Ansonsten viel Spaß als alter und neuer Juniorpartner.
Hier ist viel über die SPD geschrieben worden was ich gut nachvollziehen kann. Also kann man nur sagen solche Leute dürfen in D. nie mehr das sagen haben. Dann soll halt Fr. Merkel mit ihrer schwarz/gelben Laienspieltruppe weiter machen, die Sozis können es eh nicht besser.
Sigmund am 12. Dezember 2011 um 15:12, Zitat: „Allein die Tatsache, dass sie antreten will, um wieder mehr Steuergerechtigkeit herzustellen und die Einnahmen des Staates aus Quellen, denen das nicht wehtut, erhöhen zu wollen, ist doch ein deutliches Indiz dafür, dass die SPD aus ihren Fehlern Konsequenzen zieht – und das ist für mich ein Grund, sie zu wählen.“
Na dann viel Vergnügen, weniger beim Wählen, eher daran, was „hinten bei rauskommt“. Rot-Grün dürfte es aller Wahrscheinlichkeit nicht (mehr) geben, weil den Grünen die notwenigen Stimmen durch die Piraten abhanden kommen und der SPD die notwendigen durch die sozialdemokratisierte (oder zumindest sich als solche Gebende) CDU mit ihrem uckermärkischen Flagschiff.
Das es die SPD mit ihrem neuen Ansatz nicht allzu ernst meinen kann, zeigt sich für mich darin, daß mir ein glaubhaftes „mea culpa“, sie wie von Frau Käßmann, fehlt. Hier wird das Fähnlein nach dem Wind gedreht, und der weht sogar aus konservativen Organen, wie der FAZ, inzwischen eher von links. Auch Merkel & Co. haben ja ihre Atomkraft-Wende nur gemacht, weil nach Fuck-You-Shima plötzlich gegen eine deutsche Ablehnungs-Mehrheit von 80% Plus regiert werden mußte. Der Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg kam demnach nicht aus Überzeugung, sondern aus Opportunismus. Beweis ist für mich, daß die Endlager-Sucher, vor allem in Bayern, eher halbherzig bis gar nicht betrieben wird, und irgendwann es dann doch heißt: In Gorleben ist ja alles so schön fertig vorbereitet, also nix wie hin mit der „strahlenden Zukunft“.
Wir werden also höchstwahrscheinlich die Groko-Neuauflage erleben, und dann werden die hehren Parteitagsbeschlüsse ganz leicht und weit aus dem Fenster fliegen, weil es wieder heißen wird: In einer Koalition muß man halt Kompromisse machen. Wie sagt ein gewisser Sigmund so schön in seinem Beitrag: „Politik ist ein schmutziges Geschäft“. Gilt daher wohl auch für die SPD. Und der Adenauer-Satz „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“ gilt wohl immmer noch. Schließlich ist auch das Gedächtnis der meisten Wähler so kurz wie der Mittelfinger der Lobbyisten lang ist.
Noch zwei Bemerkungen zu den Vor-Diskutanten: # 9, Napez: Der Seeheimer Kreis ist nicht „Teil der Belegschaft“, er ist die SPD! Er hat ja schließlich all die „Koryphäen“ hervorgebracht, welche der SPD zum glorreichen 23%-Wahlergebnis verholfen haben, einschließlich der jetzt gehypten Kanzlerkandidaten Steinmeier und Steinbrück.
Und # 9, Jutta Rydzewski: Danke, immer wieder gut, zu erfahren, daß man nicht allein im, vermeintlich falschen, Gewande steckt. Auch die FAZ hat sich ja inzwischen, siehe Schirrmacher, besonnen, welcher eigentlich dem deutschen Michel besser passt.
Nochmals Sigmund, # 8, zur Linken: „wenn sie kein Interesse daran hat, diese Positionen in konkreter Regierungsarbeit umzusetzen. Dann nämlich, davon bin ich überzeugt, wären viele ihrer “Sprüche”, um in Ihrem Jargon zu bleiben, Makulatur.
Welche Positionen soll bitte die Linke in konkrete Regierungsarbeit umsetzen, wenn
a) sie noch nie im Bund an der Regierung war und
b) noch nicht einmal die SPD es geschafft hat, irgendwelche „linke“ Positionen in konkretes Regierungshandeln umzusetzen?
Was haben denn die Rechts-Parteien CDU-CSU-FDP in „konkrete Regierungsarbeit“ umgesetzt? Das die Linke sich mit ihren Streiterein keinen Gefallen tut, und diese auch vom – potentiellen – Wähler nicht als Diskurs, sondern eben nur als „Streiterei“ aufgenommen werden, ist für mich auch ein Ärgernis, genauso wie die unglücklichen Bemerkungen zu Castro und Chavez. Allerdings hat jedes Ding zwei Seiten, und die Polarisierung in Lateinamerika ist nur mit den dortigen Verhältnissen zu erklären. Dazu bedarf es allerdings bestimmter Kenntnisse, die wohl nicht jeder aufweist.
Noch ein Nachtrag zu den Steuerplänen der SPD: Abgeltungssteuer auf 32%, warum nicht ganz abschaffen und diese – leistungslosen Einkommen – genauso wie die der Malocher mit letztendlich 49% besteuern? Doch halt, Steinbrück ist dagegen, und der gilt ja jetzt wohl als der große weise Mann, geadelt durch Übergott Helmut S.
Es ist irgendwie fast komisch. Da schreibt sich ein offensichtlich politisch engagierter Mensch fast die Seele aus dem Leib, und am Ende steht als Quintessenz: Es ist doch eh alles Scheiße, ich will das nicht. Das klingt nicht nur inkonsequent, sondern ist es auch.
Nein, Herr Fladung, die SPD ist NICHT der Seeheimer Kreis, sondern die SPD ist eine immer noch große Partei mit Flügeln, deren Interessen austariert werden müssen. Das passiert in einem Diskussionsprozess, und am Ende steht ein Kompromiss. Sich hinzustellen und zu rufen: Das hier ist mein Wille, und wenn ich meinen Willen nicht bekomme, dann seid ihr ganz, ganz doof! … Finden Sie das nicht selbst ein bisschen sonderbar?
Früher haben es die Volksparteien verstanden, in ihren Flügelkämpfen Kompromisse zu erzielen, die auf einen gesamtgesellschaftlichen Konsens zielten. Dazu hat in der SPD auch der Seeheimer Kreis beigetragen, der Positionen, die in der Gesellschaft nun mal vorhanden waren (und sind), in die parteiinterne Diskussion trug, Dann kam Basta!-Schröder und hat dieses System in der SPD auf Jahre abgewürgt. Er ist offensichtlich noch heute davon überzeugt, das Richtige getan zu haben, indem er Westeuropas größten Niedriglohnsektor schuf, wie das oben ein Leser treffend geschrieben hat, aber glaubwürdig in dem Sinn, dass er sich damit gesamtgesellschaftliche Verdienste erarbeitet hat, ist er nicht. Merkel steht ihm in dieser Art zu regieren in nichts nach, nur ist sie dabei leiser. Dieses „Es wird gemacht was ich sage“ ist schädlich nicht nur für unsere Gesellschaft, sondern auch für die betroffene Partei. Das wird die CDU noch merken.
Jetzt hat die SPD sich auf ihrem Parteitag neu aufgestellt und Kompromisse gefunden, die die ganze Partei tragen kann. Die Forderung nach Steuererhöhung ist einer davon. Es liegt in der Natur von Kompromissen, dass dabei nicht alle ihren Willen bekommen können – siehe Reichensteuer. Aber Kompromisse, mit denen alle leben können, befrieden letztlich die gesamte Gesellschaft. Ich hoffe, dass die SPD in diesem Sinne ihre Traditionen, die sie anscheinend wiederentdeckt hat, beibehält und dass das Pendel weder in die eine Flügelrichtung noch in die andere zu deutlich ausschlägt.
Was die Chance zu regieren betrifft: Ja, es kann sein, dass Rot-Grün es wegen der Piraten nicht schafft. Mit dieser neuen Partei werden SPD und Grüne sich auseinandersetzen müssen. Sie sind übrigens schon dabei. In der neuesten Umfrage (Emnid 11.12.) haben die Piraten 7 Prozent, die Rot-Grün natürlich fehlen. Ich wüsste jedoch nicht, warum das ein Grund zum Spotten sein soll. Das Auftauchen der Piraten hat seine Berechtigung. Die anderen Parteien haben die Piratenthemen ganz einfach nicht ausreichend wahrgenommen, und dafür kriegen sie jetzt die Quittung. Was am Ende als Regierung rauskommt, werden wir sehen. Eine Große Koalition wird es aber nicht werden. Niemand in der SPD will das. Der Schock der 23 Prozent, der das Ergebnis der letzten Großen Koalition war, sitzt in der Partei extrem tief.
Rot-Grün hat in dieser Umfrage 44 Prozent. Die jetzige Koalition hat 38 Prozent, wobei die FDP mit 3 Prozent aber nicht im Bundestag wäre. Linke und Piraten haben je 7 Prozent. Die Linke nähert sich also erfreulicherweise der 5-Prozent-Hürde. Ich fände es gut, wenn die Deutschen diese Partei nicht mehr wählen würden, in der der eine Flügel sagt: Ich will überhaupt nicht regieren, ich mache lieber Fundamentalopposition. Das geht für eine Protestpartei, aber das lutscht sich ab, und irgendwann werde solche professionellen Nein-Sager eben nicht mehr ernst genommen.
# 13 – Sigmund: Da Sie ja sich so für Kompromissfähigkeit und für das Austarieren von Interessen einsetzen, wäre es gut, wenn Sie bei der Findung derselben auch einmal meine Gegenargumente einbinden würden bzw. auf diese eingingen. Aber so wie es aussieht, ist ein Konsens sowieso nicht möglich, und da die Debatte in erster Linie zwischen uns beiden abläuft, werde ich Sie auch nicht mehr mit Gegenargumenten behelligen.
Mein politisches Engagement läuft bereits seit Jahren außerparlamentarisch ab, über einen Gesprächskreis der Nachdenkseiten, über Attac, und über unsere Lokale Agenda 21. Ich kann also durchaus der “Selbst was zu sagen”-Aufforderung von Bronski, welcher das Thema vorgegeben hat, nachkommen, ohne als Quintessenz in einer politischen Partei zu landen. Und ich sage auch nicht “ist eh alles Scheiße”, sondern ich bin der festen Überzeugung, daß das, was derzeit in den etablierten Parteien läuft, nicht so das Gelbe vom Ei ist. Und mit dieser Überzeugung bin ich in guter Gesellschaft, von Albrecht Müller über Habermas bis hin zu Schirrmacher. Und ich stelle mich auch nicht hin, wenn Sie mir das unterstellen, und will wie ein trotziges Kind meinen Willen haben, sondern bemühe mich, eben außerparlamentarisch etwas zu bewirken, so z.B. wie auch die Menschen bei Occupy- oder „Empört Euch”.
Ja, es gibt in der SPD drei Richtungen, den Seeheimer Kreis, die moderate Mitte, und die Linken. Ich hatte meine Formulierung “der Seeheimer Kreis ist die SPD” davon abgeleitet, welche Richtung in den letzten Jahren die Partei- und mehr noch Regierungspolitik dominiert hat, und da gibt es ja wohl keine Zweifel. Und bei den Seeheimern docken auch die Lobbyisten am liebsten an. Beide Seiten wissen ja, warum.
Da gibt es noch den hehren Begriff des “demokratischen Sozialismus”, welcher ja immer noch im SPD-Programm steht, und auch unter Schröder und Maschmeyer nicht gestrichen wurde. Hierzu ein Zitat aus WIKIPEDIA:
“Nach dem Politikwissenschaftler Thomas Meyer vertreten alle Theorien eines demokratischen Sozialismus
* ein egalitäres Gerechtigkeitskonzept,
* bejahen den demokratischen Rechtsstaat unbedingt,
* treten für sozialstaatliche Sicherungen für alle Bürger ein,
* wollen das Privateigentum sozialverträglich begrenzen oder überwinden und
* den Wirtschaftssektor gesellschaftlich einbinden und politisch regulieren.” Ende Zitat.
Seltsamerweise finden Sie den Begriff sowohl im SPD- als auch im Programm der Linkspartei, über deren Scheitern Sie sich so freuen würden. Sie können sicher sein, daß nach der sich abzeichnenden Rezession 2012/2013 (Stagflation ist auch möglich) hier die Wählerzahlen wieder anziehen werden. Nur ist dann die Frage, ob dann die SPD nicht doch wieder in Muttis Arme sinkt, anstatt es mit den echten Roten zu versuchen. Übrigens sollten Sie, wenn Sie der politische Mensch sind, der Sie vorgeben zu sein, der Linken den gleichen innerparteilichen Diskurs, oder auch Streit. zugestehen, wie der SPD. Ich kenne übrigens eine Partei, in der sich derzeit “Fundamentalopposition” abzeichnet: die FDP.
Ein interessanter Hinweis der heutigen NachDenkSeiten auf ein Essay des SPD „Hoffnungsträgers“ Sigmar Gabriel. Mit solchen wissenden Intelligenzbestien läßt sich der Euro und Europa sicherlich retten, wetten das?
(Link abgelehnt, Anm. Bronski, siehe Blog-Regel Nr. 8 )
Leider quatscht jetzt auch Gabriel das übliche Mainstream-Gelabere nach.
„Die Zukunft Europas liegt in den Schuldenbremsen.“
O weh oweh…
Auf die Gefahr hin, daß es keiner mehr liest, hier ein Nachtrag der NachDenkSeiten von heute zum „schlauen“ Essay von Sigmar Gabriel, einem der „Hoffnungsträger“ der SPD, in dem aufgezeigt wird, daß ihm eigene Parteitagsbeschlüsse wohl schnurz sind. Diesen Hinweis widme ich speziell, aber nicht nur, Herrn Sigmund.
(Link abgelehnt, Anm. Bronski, siehe Blog-Regel Nr. 8 )
@ Wolfgang Fladung
Damit Sie nicht den Eindruck haben, hier ins Leere zu schreiben: ich und sicher viele andere lesen hier mit. Aber ich habe nichts Konstruktives beizutragen. Ich sehe weit und breit keinen klugen Kopf in der Politik, dem ich zutrauen würde, die augenblicklichen Pobleme sozial und europagerecht anzugehen.
zu @ I.Werner
Im Prinzip absolute Zustimmung. Wenn ich mir aber in den benachbarten Ländern umschaue, dann würde ich mir wünschen wir gehen in die Richtung der Skandinavischen Länder. Das traue ich immer noch am meisten der SPD zu. In wie weit das Wunschdenken ist wird die Zukunft zeigen.