Die Sozialdemokraten starten aus dem Stimmungstief in den Wahlkampf. Olaf Scholz setzt mit einer starken Rede beim Parteitag ein Aufbruchssignal. Ob das reichen wird? In den aktuellen Umfragen dümpelt die altehrwürdige SPD bei 15 Prozent hinter den Grünen und CDU/CSU. 23 Jahre neoliberaler Politik haben ihre Spuren hinterlassen. Es war die SPD unter ihrem früheren Kanzler Gerhard Schröder, die bis heute für die Sozial-„Reformen“ verantwortlich gemacht wird, deren Aushängeschild Hartz IV war, die damalige Neuregelung von Langzeitarbeitslosengeld und Sozialhilfe unter dem Etikett einer „Grundsicherung“ bzw. eines Existenzminimums (das gleichwohl noch sanktioniert und gekürzt werden darf). Der Grundgedanke war damals, Arbeitsmarktpolitik von der Angebotsseite her zu denken, nicht von der Nachfrageseite. Also: einen Pool billiger Arbeitskraft zu schaffen, insbesondere im Dienstleistungssektor, aus dem die Unternehmen sich bedienen konnten. Das gelang. Druck auf die Löhne, Druck auf die Arbeitnehmer, auch solche Jobs anzunehmen, für die man eigentlich überqualifiziert war und ist, Druck auf Arbeitslose. Die Arbeitslosigkeit sank, der größte nationale Niederiglohnsektor Europas entstand, und viele Probleme wurden erfolgreich in die Zukunft verschoben wie zum Beispiel die Rentenfrage – denn wer heute kaum was verdient, wird im Alter erst recht arm sein: geringe Rente und nichts zurückgelegt. Es war die SPD, die maßgeblich für diese tickende Zeitbombe verantwortlich ist.
Heute ist diese SPD nur noch ein Schatten ihrer selbst, obwohl sie sich als Juniorpartner in der großen Koalition redlich abgemüht und den unbeweglichen Konservativen tatsächlich einiges abgerungen hat. (Dazu gleich mehr in den Zuschriften, die unten folgen.) Diese SPD, die nun mit Olaf Scholz, dem Bundesfinanzminister und Vizekanzler der großen Koalition, in den Wahlkampf startet, würde Hartz IV nur zu gern vergessen lassen. Doch es hängt ihr an als ihr größter sozialpolitischer Sündenfall. Die Partei hat sich gleichwohl dazu durchgerungen, die „Reform“ von einst zu reformieren. Aus dem verhassten Arbeitslosengeld II soll ein „soziales Bürgergeld“ werden: Während der ersten beiden Jahre, in denen man in „Grundsicherung“ ist, sollen Ersparnisse nicht aufgebraucht und soll die Wohnung nicht infrage gestellt werden. „Künftig soll Vermögen nur dann überprüft werden, wenn es erheblich ist, das heißt über 60.000 Euro liegt“, informiert Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD).
Darüber hinaus setzt die SPD in ihrem Wahlprogramm einen Schwerpunkt beim Thema Wohnungsnot, will künftig 100.000 neue Sozialwohnungen jährlich bauen und wirbt mit der griffigen Formel „Spekulanten stoppen!“ um Stimmen. Das Wahlprogramm beginnt mit weiteren gängigen Schlagworten: „Zukunft. Respekt. Europa.“ Klimaneutralität bis 2045 kommt immerhin schon im zweiten Programmpunkt vor. Über die derzeitige Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) lässt sich viel Gutes sagen: Sie hat sich nach Kräften abgerackert – und sich die Zähne an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ausgebissen. Schulze muss das kürzlich ergangene Urteil des Verfassungsgerichts tiefe Genugtuung bereitet haben: Die Karlsruher Richter hatten den Gesetzgeber verpflichtet, bis Ende 2022 die Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 näher zu regeln und dabei die Grundrechte der nächsten Generation und kommender Generationen mitzudenken. Eine Klatsche für die große Koalition, insbesondere für die Bremser in Sachen Klimapolitik, die überwiegend CDU/CSU angehören. Das Urteil hat einiges in Gang gebracht, denn auch die Konservativen haben begriffen, dass Klimapolitik vermutlich das zentrale Thema des kommenden Wahlkampfes wird. Ein Themenfeld, auf CDU/CSU wenig zu bieten haben. Nun hat das Kabinett angeblich ganz schnell ganz viel Einigkeit erzielt, offenkundig in dem Bemühen, eine offene Flanke zu schließen, an der beide Parteien, CDU/CSU ebenso wie SPD, den Attacken der Grünen nicht viel entgegenzusetzen haben.
Olaf Scholz ist von den drei Menschen, die sich um das Spitzenamt dieses Landes bewerben, zweifellos der mit der größten Regierungserfahrung. Er war schon in der ersten großen Koalition unter Angela Merkel Bundesminister, erzielte als Spitzenkandidat bei der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft im Jahr 2011 die absolute Mehrheit mit der SPD, blieb auch nach der Bürgerschaftswahl 2015 Erster Bürgermeister (Koalition mit den Grünen) und trat 2018 zurück, um Bundesfinanzminister in Berlin zu werden. Beim innerparteilichen Ringen um den Parteivorsitz der SPD unterlag er Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, die ihn nun gleichwohl entschlossen auf den Kandidatenschild hoben.
Olaf Scholz wird sich am 19.5. in einer Podiumsdiskussion den Fragen von FR-Chefredakteur Thomas Kaspar stellen. Die Veranstaltung wird gestreamt und kann via Youtube verfolgt werden. Falls Sie wissen wollen, wofür der Kandidat steht, können Sie ihn dies selbst fragen. Wir schalten Sie zu ihm durch. Die technischen Voraussetzungen, die Sie mitbringen müssen, entnehmen Sie bitte der nebenstehenden Information.
Welche Fragen Thomas Kaspar an den Spitzenkandidaten haben wird, lässt sich nicht vorhersagen, aber wer seinen Leitartikel Später Spurt neulich gelesen hat, wird bereits einen Eindruck davon gewinnen, wohin die Reise geht. Und welche Fragen haben Sie?
Wieder und wieder diese substanzlosen Fragen
Ist es Absicht oder Bequemlichkeit von Journalist:innen? Mit der SPD wird sich nur mit Umfragewerten auseinandergesetzt und mit der ständigen Frage, wie Scholz’ SPD aus dem Umfragetief herauskommen will. Egal ob Zeitung, Zeitschriften, Radio oder Fernsehen, ewig die gleichen sinnleeren Fragestellungen.
Anstatt sich mit den Inhalten des Zukunftsprogramms der SPD zu beschäftigen, wird am Sonntag Saskia Esken im „Bericht aus Berlin“ im Kontext des SPD-Parteitages wieder und wieder die gleiche Frage gestellt. Dabei könnten sich die Fragesteller:innen ihre Frage selbst leicht beantworten. Schauen wir auf die Regierungspolitik. Alles, was die SPD gegen die CDU/CSU erfolgreich durchsetzt, hat in der veröffentlichten Meinung der Fragesteller: innen die Regierung Merkel (CDU) gemacht. Alles, was die SPD gegen die CDU/CSU nicht durchsetzen konnte, wird der SPD angelastet, die es ja in der Regierung hätte machen können. Lobbyregister, Transparenz Gesetz, Mindestlohn, Grundrente, Subunternehmer, Werkverträge, Leiharbeit, allgemeine Tarifbindung, Lieferkettengesetz, Insektenschutz, soziale Wohnraumförderung, Bekämpfung der Steuerkriminalität sind nur einige Beispiele, in denen der politische Handlungsrahmen gegen den kräftigen Widerstand der CDU/CSU in der Regierung gestaltet werden musste.
Wenn es erfolgreich ist, schreiben sich das Frau Merkel und CDU/CSU Fachpolitiker:innen als ihr Verdienst zu und viele Journalist:innen geben dies unkommentiert an die Bevölkerung weiter. Ausnahmen bestätigen die Regel. Noch niemand hat den Unionspolitikern die Frage gestellt, warum die CDU/CSU immer noch bei 25 Prozent plus liegt, obwohl bis auf Herrn Müller sämtliche Bundesminister: innen der CDU/CSU ihren Job nicht nur katastrophal ausgeübt haben, sondern zig Milliarden Euro Steuergeld ohne Leistung für die Bürger: innen verpulvert haben (Verteidigung, Verkehr, Wirtschaft, Landwirtschaft, Bildung, Gesundheit zähle ich bewusst nicht dazu).
Immerhin scheinen ähnlich substanzlose Fragen nach innerparteilichen Kritikern und ob das Programm zur Person passt, nicht mehr genügend Angriffsfläche zu bieten. Ebenso ist die Zwischenüberschrift der FR vom 9.5. S. 7: „Auf seine eigenen Leute ist nur bedingt Verlass“ bei 94 Prozent Zustimmung erst einmal beantwortet.
Bleibt zu hoffen, dass die Inhalte des Zukunftsprogramms endlich in den Mittelpunkt der Diskussionen rücken. Wenn über die Inhalte der Parteiprogramme, wenn sie denn erst einmal von allen Parteien erstellt wären, ebenso oft und nicht nur einmal berichtet würde wie über Meinungsumfragen, wäre der politische Diskurs in Deutschland endlich mal wieder eröffnet. Aber leider haben die meisten Redaktionen in Presse, Funk und Fernsehen daran kein Interesse oder sie können es nicht mehr?
Jörg Kramer, Uelzen
Mehr Bodenhaftung und Selbstreflexion!
Der späte Spurt der SPD klingt leider wenig überzeugend. Zum einen bleiben erhebliche Zweifel an einem glaubhaften Zukunftsplan, solange unter den großen hervorgehobenen Missionen immer noch ein entscheidendes Thema für den künftigen Wohlstand wie die Bildung fehlt. Zum anderen gibt es eine nicht unerhebliche programmatische Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit, da Olaf Scholz vor seinem Abgang als Erster Bürgermeister in Hamburg mit dem protzigen Elbtower noch ein politisches Erbe hinterlassen hat, bei dem ein vornehmlich sehr reiches Publikum dann im absoluten Gegensatz zu einer echten Respektsgesellschaft und eben der Rede auf dem Parteitag auf die benachbarten ärmeren Stadtviertel wie die Veddel herabblicken darf. Deshalb bedarf es hier in jedem Fall mehr Bodenhaftung und Selbstreflexion, zumal ebenfalls bei der Mietenproblematik noch hinzugefügt werden muss, dass die SPD eine erhebliche Mitverantwortung für die gegenwärtige Entwicklung trägt, indem sie der Föderalismusreform II zugestimmt hat, in deren Folge der soziale Wohnungsbau in Deutschland massiv eingebrochen ist!
Rasmus Ph. Helt, Hamburg
Sollen wir im September Krawattenfarben wählen?
Ich habe mich richtig über die FR geärgert! Wozu habe ich diese Zeitung abonniert, wenn ich dann auf Seite 6 einen Artikel lesen „muss“, der so auch in der „Gala“ stehen könnte? Völlig unpolitisch und inhaltsleer, von der Qualität von Artikeln für Leser, die politischen Wahlen nach der Kravattenfarbe o.ä. vornehmen. Was haben die Schreiber für ein Politikverständnis? „Seine SPD“ – der König und sein Land? Die SPD hat Scholz zu ihrem Kanzlerkandidaten gemacht, im Gegensatz zu anderen Parteien in einem geordneten Verfahren. Nicht umgekehrt! Natürlich auch nicht Esken und Walter-Borjans alleine! Wir „GenossInnen“ stehen auch nicht unter nirgend einem Kommando, weder dem von Parteivorsitzenden oder dem von Kanzlerkandidaten!
Elisabeth Drosselmeyer, Hannover
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Aber wenn es sie schon noch gibt, dann kann man sie ja auch ein bisschen madig machen., z.B. mit diesem Kommentar des Herrn Kaspar. Eigentlich sollte man in dieser unserer Republik froh darüber sein, dass es Menschen und Parteien gibt, die über unsere Zukunft nachdenken und die in den nächsten Jahren Politik machen wollen, um das fast gestrandete Schiff BRD wieder flott machen wollen. Da kann man sicher sagen, dass die SPD auch in den letzten Jahren in der Regierung war und es da auch schon hätte machen können. Das ist sicher richtig wenn man außer Acht lässt, das man mit einer Partei zusammen regieren musste, die längst ausgebrannt ist und nichts mehr auf die Reihe kriegt. Schaut man sich die Minister der CDU/CSU an so muss man feststellen, das da überhaupt nichts Konstruktives mehr kam. In der letzten 4 Jahren konnten nur die Minister der SPD durch konstruktive Politik überzeugen und von guten Ansätzen der SPD-Minister blieb oftmals nichts mehr übrig, wenn im Kabinett beschlossen werden musste. Ich erinnere hier nur an die SPD-Forderung für Tempo 130 auf Autobahnen. Wobei ich sogar meine, dass sich die SPD an dieser Stelle hätte durchsetzen müssen (zumal die Mehrheit der Bevölkerung dies will).
Ich meine , dass es der FR gut anstehen würd,e hier inhaltlich auf die Aussagen von Olaf Scholz zu konzentrieren als auf angeblichen Zeitproblemen herumzureiten.
Im Übrigen will ich noch hinzufügen, dass die CDU/CSU überhaupt kein Programm hat und die Grünen mit programmatischen Aussagen zumindest „sehr zurückhaltend“ sind, es sei denn zur Umweltpolitik.
Erst im Letzten Satz kommt Herr Kaspar zur wichtigsten Aussage, „dass einen Ausgleich zwischen wirtschaftlichen Interessen und sozialer Gerechtigkeit im Angesicht der Klimakrise bitter nötig“ ist.
Ich hoffe für uns alle, dass es eine neue Regierung geben wird, die bitte ohne die CDU/CSU unser Land voranbringen kann.
Moin zusammen,
folgende Frage(n) zum Theme habe ich an die Chefredaktion der Frankfurter Rundschau geschickt:
Moin liebe Chefredakteur:innen der Frankfurter Rundschau,
anbei meine Frage(n) an Herrn Olaf Scholz:
Moin Herr Scholz,
um das vorauszuschicken: Ich halte Sie nicht für einen Sozialdemokraten. Und die SPD halte ich nicht für eine sozialdemokratische Partei. Andererseits wünsche ich mir politisch seit unendlich vielen Jahrzehnten nichts sehnlicher als Regierungsparteien, die sozialdemokratisch denken und handeln. Exakter: ökosozialdemokratisch. Weil der Planet Erde mit allen seinen Bewohnern nichts dringender braucht als eine Abkehr vom jahrzehntelangen Aberglauben an den Marktfundamentalismus (beschönigend „Neoliberalismus“ genannt).
Die SPD hat mit 50,1 Prozent die Bundestagswahl gewonnen. Sie kann alleine die Regierung stellen. Sie sind Kanzler, Herr Scholz. Eine Frage darf ich an Sie stellen. Es werden zwei Fragen.
Seit der Regierungszeit von gerd schröder setzten Sie und Ihre Partei sich dafür ein, daß der Reichtum umverteilt wird von den Armen zu den Reichen, und besonders von den ganz Armen zu den ganz Reichen und den ganz ganz Super-Reichen. Und zwar sowohl bei uns in Deutschland als auch weltweit. Und das auf Kosten der Biosphäre. Die SPD stand also für Ungerechtigkeit der heute lebenden Menschen und für Ungerechtigkeit der in Zukunft lebenden Menschen, ja sogar für Ungerechtigkeit der belebten Natur. Begründet wurde diese Politik mit Koalitionszwängen. Die grünen Koalitionspartner wollten das so. Die Schwarzen sowieso. Kompromisse müssen halt sein in einer Koalition. Und so macht man Kompromisse. Das waren zwar schlechte Kompromisse. Aber puh…
Sie sind Kanzler. Die SPD regiert allein. Yeah! Sie können durchregieren! Jetzt meine Frage: Wie verteilen Sie um? Worin investieren Sie?
Ich merke gerade, es stellt sich mir eine Frage 1b: Sie sind Kanzler, müssen aber mit anderen Parteien in einer Koalitionsregierung -gruselige Vorstellung- Kompromisse schließen. Was geht mit Ihnen, Herr Scholz? Wie verteilen Sie um? Worin investieren Sie?
Ich bin im Mai 1993 aus der SPD ausgetreten und nie wieder eingetreten wegen der Entscheidung der SPD für die Drittstaatenregelung. Ende 2017 war ich als Arzt auf der Sea-Watch 3 und habe mitgeholfen, Schiffbrüchige aus dem Mittelmeer zu retten (siehe Interview mit der Frankfurter Rundschau „Das Mittelmeer ist die gefährlichste Grenze der Welt“). 2019 war ich wieder auf der Sea-Watch 3, diesmal ausschließlich im Hafen von Catania. Wir durften diesmal keine Schiffbrüchigen retten. Ich kann es nicht mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, eine Partei zu wählen, die die Drittstaatenregelung und das Flüchtlingselend nicht bekämpft. Frage 2: Wann setzen Sie und Ihre Partei sich kompromisslos für die Abschaffung der Drittstaatenregelung ein?
Jetzt bin ich mal gespannt, Herr Scholz, ob ich Sie wählen kann…
Mit freundlichen Grüßen
Michael Lübbers
Die niedrigen Umfragewerte für die SPD sprechen dafür das es in D. kaum Arbeitnehmer gibt. Sie würden sonst schauen was die Partei für sie die letzten Jahre erreicht hat. Als Beispiel ich kenne in meinem Umfeld sehr viele Leute die nach den im Moment gültigen Regeln die nächsten Jahre in Rente gehen wollen aber diese Regeln wurden zum großen Teil von der SPD bestimmt und werden eine Grün/ Schwarze Regierung kaum überleben. SPD wählen werden von diesen Leuten aber kaum welche, aber erwachsen sind die Leute schon. Das ist aber nicht neu. Also darauf hoffen das Sachthemen der Partei helfen ist aussichtslos.
Hallo Herr Jörg Kramer,
es gibt in der FR viele gut zutreffende Leserzuschriften, aber Ihr heutiger Leserbrief übertrifft qualitativ wirklich alles. Super beobachtet und treffend formuliert. Auch ich habe mich oft über die inhaltlosen Fragen der Journalisten gewundert,
Da selbst ich die Antworten meist kenne – und sicherlich die Journalisten auch- vermute ich , daß die Moderatoren daran interessiert sind, speziell diese Antworten- Tendenz, zu publizieren.
Bin auch der Überzeugung, daß durch Auswahl des Interviewten ein zu erwartender tendenziöser Inhalt Meinungsbildend eingesetzt wird. l. Man verspricht zwar absolute Neutralität, aber mit diesen Interviews kann man eine inhaltlich zu erwartende Tendenz publiziern. Wünsche Ihnen weiterhin eine gute Beobachtungsgabe.
Die SPD und Olaf Scholz haben offiziell den Wahlkampf zu den Bundestagswahlen im Herbst eröffnet. Das Wahlprogramm kann sich sehen lassen: Klimaschutz, gute Arbeit und soziale Gerechtigkeit stehen im Mittelpunkt.
Die programmatischen Aussagen zu Klimaneutralität und Klimaschutz, zu prekären Arbeitsverhältnissen, Bürgergeld oder der schwarzen Null, zu Vermögenssteuer, Wohnungsbau und Verkehr, weisen in die richtige Richtung. Sie sind es wert, darüber zu diskutieren und zu streiten.
Das Programm ist eine klare Absage an die CDU und ein konkretes Angebot an die Linkspartei und die Grünen. Ob es für ein Regierungsbündnis von Linke, Grünen und Sozialdemokraten am Ende reichen kann, das werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. Eines ist allerdings heute schon klar: „Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren“ (Bertolt Brecht).
@ Hans-Dieter Freckem, 14. Mai 2021 um 12:14 , Leserbrief Jörg Kramer
Hallo, Herr Freckem,
ich möchte Ihnen absolut beipflichten, ebenso wie dem Leserbrief von Herrn Kramer.
Ich füge hier einen Teil meines Kommentars zum SPD-Parteitag hinzu, den ich schon beim entsprechenden FR-Kommentar geäußert habe.
(https://www.fr.de/politik/spd-parteitag-programmentwurf-kanzlerkandidat-sozialdemokraten-olaf-scholz-90527866.html#idAnchComments )
„Mit welcher Perfidie selbst „seriöse“ Medien auf das übliche Bashing aufspringen, sei an der Berichterstattung von „Phoenix“ aufgezeigt.
Da fiel dem Moderator nichts Besseres ein, als eine Journalistin der „Wirtschaftswoche“ (!) die Chancen von Scholz bewerten zu lassen.
Das ist etwa so, wie wenn man von einem Schalke-Fan nach verlorenem Derby gegen Dortmund eine „sachliche“ Bewertung der Qualitäten der Dortmunder Mannschaft erwartet.
Es spricht für die Qualität der Rede von Scholz, dass diese Journalistin mehrfach nach Luft schnappen musste, um irgendwas finden zu können, was sie ihm anhängen könnte.
Fazit:
Was man an plumper, oft auch jahrelang eingeübter Lust an Bashing (wie auch hier wieder an einigen Kommentaren) eher in zunehmendem Maß feststellen muss, ist auch als Reflex anzusehen auf die Befriedigung niedrigster Instinke durch viele Medien.
Ich hoffe, Journalistinnen und Journalisten der FR sind sich dieses Zusammenhangs und dieser Verantwortung bewusst.“
Es reicht nicht aus, ein „gutes“ Programm zu haben. Nötig sind auch Spitzenpolitiker, denen man glaubt, daß sie es vehement umsetzen wollen.
Unter dem Strich sind seit 1998 unter SPD-Regierungen die Reichen immer reicher geworden auf Kosten der Ärmeren. Das ist das Gegenteil von sozialdemokratischer Politik.
Olaf Scholz kann sich von dieser Politik nicht distanzieren, weil er sie tatkräftig mitverantwortet.
Nichts wäre schlimmer für die Sozialdemokratie und sogar allgemein für die Demokratie als eine SPD-Regierung, die wieder neoliberal handelt.
Die SPD hat nichts besseres zu bieten als „Scholzomat“? Traurig!
„Jetzt wieder eine Regierungsbeteiligung abzulehnen, weil Multimillionäre nach der Krise (!) etwas mehr (!) zum Gemeinwohl beitragen müssen“, so Kevin Kühnert in der heutigen (!) Frankfurter Rundschau über Christian Lindner und dessen FDP (die (!) von mir gesetzt).
Multimillionäre sollen also laut diesem aktuellen Interview mit einem SPD-Spitzenpolitiker nur etwas mehr zum Gemeinwohl beitragen und auch nur für die Zeit der Krise, mutmaßlich CORONA-Krise? Oder meint Kevin Kühnert die Treibhausgas-Krise. Dann müßten die Multi(!)-Millionäre etwas länger löhnen. Oder die Verteilungskrise. Die wird mit dieser Politik nie besser.
Ich habe längere Zeit mit einem SPD-Bundestagsabgeordneten korrespondiert, der wohl für Wirtschaftsfragen zuständig ist und den ich eigentlich vom Nichtraucherschutz her kenne. Der sagte mir: Agenda 2010 war so super und so nötig. Hopfen und Malz verloren…
Mir fällt es schwer, mich für Fehler zu entschuldigen. Ich kann verstehen, wenn anderen Menschen das auch schwer fällt. Die Agenda 2010 war zu großen Teilen ein Fehler. Ich erwarte von Olaf Scholz, daß er sich glaubwürdig von der Agenda 2010-Politik distanziert. Ich erwarte von Olaf Scholz mehr Größe, als ich das selbst hinkriege, wenn ich mal was falsch mache.
Frage notfalls Frau Hans(?), die ist ja eigentlich zuständig 🙂
Zum Interview mit Olaf Scholz:
Leider kamen meine Fragen nicht zum Eisatz, aber dies wird vielen anderen ebenso ergangen sein.
Zum Ablauf hat m.E. die Befragung nach den politischen Stationen zuviel Zeit (die Hälfte) eingenommen, so dass die Fragen der Leser zu kurz kamen. Auch wurde dem ersten Teilnehmer sehr viel Zeit zur Darstellung, weniger zur Fragestellung eingeräumt, während später z.B. der von mir geschätzte Ralf-Michael Lübbers ausgebremst wurde.
Olaf Scholz hat sich zwar gut geschlagen, aber manche Fragen, so etwa die der älteren Dame wegen der Ratifizierung des Atombombenverbots, ungenau ohne Festlegung beantwortet.
Vielleicht helfen diese Erfahrungen zur Verbesserung der nächsten Runde(n)?
@ Peter Boettel:
Vor einer größeren Gruppe zu reden ist für mich nicht einfach. Bühne wäre noch schwieriger gewesen. Kann sein, daß ich nicht auf den Punkt gekommen bin. Tut mir leid, daß Sie nicht dran gekommen sind. Liebe FR, ich konnte das Angebot aber auch nicht absagen, Olaf Scholz meine Meinung zu sagen 🙂
Zur Drittstaatenregelung bzw. Dublinabkommen muß ich noch etwas sagen. Habe in Vorbereitung zur Podiumsdiskussion bei Sea-Watch um eine Stellungnahme gebeten. Die Antwort von ihnen konnte ich bei der Diskussion nicht anbringen. Deshalb mache ich das hier.
Von Italien nach Deutschland überstellte Geflüchtete scheinen sehr häufig bei uns einen negativen Asylbescheid zu bekommen. SW vermutet, daß gezielt Asylsuchende herausgesucht werden, die bei uns wenig Chancen haben. Das ärgere die italienische Regierung. Auch werde auf Wünsche der Asylsuchenden nicht eingegangen (z.B. sprachliche Kenntnisse, Verwandte, Berufe). Lampedusa habe einen Solidaritätsaufruf an die EU gestartet, auf den aber niemand eingegangen ist. Sea-Watch werde blockiert, um die Solidarität mit den EU-Staaten bei der Verteilung der Geflüchteten zu erzwingen. Unser Boot bleibt im Hafen (habe ich 2019 selbst erlebt), und die Schiffbrüchigen ertrinken. Sea Watch wünscht diesbezüglich Aufklärung von Scholz.
Das mit der Glaubwürdigkeit bei der SPD ist halt so eine Sache. Aus Gewerkschaftssicht ist das denke ich glaubhaft und ok. Mehr konnte man mit der Union die letzten 8 Jahre kaum erreichen. Beim Thema Klima sehe ich das ein bisschen anders. Als Frau Hendriks aus Paris zurück kam waren es Gabriel und Kohlelohre die sie ausgebremst haben. Ob der starke Kohleflügel wirklich weg ist möchte ich bei dem Kohleausstiegsgesetzt bezweifeln. Besonders wenn man sich in Erinnerung ruft was der Ministerpräsident von Brandenburg dazu gesagt hat. Frau Merkel hat die Tage gesagt das man für Klimaschutz Mehrheiten braucht. Die hat sie in der Unionsfraktion mit Sicherheit nicht gehabt aber bei der SPD kann man sich da auch nicht sicher sein.
Zum Thema Drittstaatenregelung habe ich gerade einen Leserbrief geschrieben. Finde das Thema wichtig, gerade auch was die Glaubwürdigkeit der SPD betrifft.
Moin lieber Herr Büge/“Bronski“, nachrichtlich Sea-Watch,
die Grenz“schutz“agentur Frontex sieht Schiffbrüchigen im Mittelmeer beim Ertrinken zu. Hoch präzise mit neuester Technik. Finanziert von der Friedensnobelpreisträgerin Europäische Union. Aber sie rettet keine Schiffbrüchigen mehr.
Frontex rettet nicht. Die Anrainerstaaten des Mittelmeers retten nicht. Vorbei fahrende Zivilschiffe fürchten sich davor, bestraft zu werden, wenn sie Schiffbrüchige retten. Richtig gelesen: Bestraft zu werden, wenn sie Menschen vor dem Ertrinken retten, und nicht umgekehrt: ins Gefängnis eingekerkert zu werden, wenn sie beim Ertrinken zugucken. Und privaten Rettungsschiffen wie Sea-Watch und Sea Eye macht man das Leben schwer. Man läßt sie aus fadenscheinigen Gründen nicht ein- oder auslaufen.
Nochmal: Menschen ertrinken, weil man ihnen rechtzeitige Hilfe verweigert. Männer. Frauen. Kinder. Institutionalisierte unterlassene Hilfeleistung. Ein mörderisches Verbrechen!
Welche Partei will sich damit identifizieren?
Es ist notwendig, daß Geflüchtete europaweit gerecht verteilt werden. Die Drittstaatenregelung und das Dublinabkommen müssen deswegen abgeschafft werden. Das nimmt Druck von den Anrainerstaaten. Die schnelle Rettung von Schiffbrüchigen muß wieder selbstverständliche Pflicht der Anrainerstaaten sein. Und private Rettungsschiffe dürfen an ihrer wertvollen Arbeit nie mehr gehindert werden!
Mit freundlichen Grüßen
Michael Lübbers
Leider bin ich sehr enttäuscht. Ich hatte mich mit der Frage beworben:‘ Wäre die SPD bereit, sich in einer künftigen Regierungskoalition nur unter der Bedingung zu beteiligen, wenn die BRD den UNO-Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnet?‘, die auch angenommen wurde.
In den ersten 30 Min. der Veranstaltung sollte der Dialog O. Scholz/Th. Kaspar stattfinden, anschließend die Fragesteller:innen zugeschaltet werden. Der Dialog zog sich eine volle Stunde (!) hin. Die Fragesteller hatten immerhin die Möglichkeit, sich zu äußern, ob sie mit der Antwort von O. Scholz zufrieden seien. Wegen Zeitmangels konnten die beiden letzten Teilnehmer, zu denen ich gehörte, dies leider nicht.
So war es mir nicht möglich, O. Scholz darauf hinzuweisen, dass er nicht auf meine Frage einging, sondern sich zum A-Waffensperrvertrag äußerte; fälschlicherweise auch diesen Vertrag nannte, bei dessen erster Konferenz der AVV-Staaten die BRD als Beobachter teilnehmen werde.
O. Scholz vermied daher eine klare Stellungnahme der SPD bezüglich Beitritt der BRD zum Atomwaffenverbotsvertrag.
Im Beitrag der FR vom 21.5. zu der Podiumsveranstaltung wurde meine Frage nicht genannt.“
@ Jutta-Maria Roth:
Ihre Kritik deckt sich mit meinen Ausführungen vom 20.05. Ich hätte mir im Beitrag der Printausgabe ebenfalls einige Hinweise auf andere Fragen gewünscht, die in der Sendung nicht zur Sprache kamen. Es war nur eine Wiedergabe der Sendung.