Bei der Fußball-WM häufen sich die Fehlentscheidungen. Eine davon: dass nicht gegebene zweite Tor der Engländer im Achtelfinalspiel gegen Deutschland. Dazu ein Gastbeitrag von FR-Leser Christian Rohrbacher aus Potsdam.

„Sehr genossen habe ich heute die Atmosphäre beim Public Viewing und das Feiern der deutschen Tore im Achtelfinale. Betrübt bin ich wegen des nicht gegebenen 2:2 für England. Dabei ist es das Eine, dass damit das Spiel womöglich wesentlich anders hätte verlaufen können.
Das Andere ist die Botschaft, die hier über die WM vermittelt wird. Die deutschen Spieler, das sind für viele von uns Helden. Sie sind vor allem Vorbilder für Kinder und Jugendliche hierzulande, so auch Manuel Neuer und der ein oder andere Abwehrspieler. Neuer muss gesehen haben, dass der Ball hinter der Torlinie war. Und als der Schiedsrichter das Tor nicht gegeben hat, ist er stumm geblieben. Wer will es ihm verdenken, so läuft es halt im Profisport.
Ich befürchte aber, dass als Botschaft aus diesem Spiel bei vielen Menschen ankommt: Wenn’s um deinen Vorteil geht, halte mit der Wahrheit ruhig hinter dem Berg – auch wenn du damit jemand anderen um den verdienten Erfolg bringst.
Ist das eine Einstellung die uns gut ansteht? Werden wir damit die Herausforderungen unserer Zeit bewältigen?
Ich wünsche mir für die Zukunft, dass einzelne Sportler die Courage haben, aus diesem Korsett des Gewinnens-um-jeden-Preis herauszusteigen und Werte zu repräsentieren, die mit Sport ursprünglich verbunden sind: Wettkampf, Spaß, Anerkennung der eigenen Leistung und der des Gegeners. Man stelle sich die Diskussion und Aufmerksamkeit vor, die Neuer mit einem ehrlichen ‚Schiri, der war drin!‘ verursacht hätte.
Der deutschen Elf wünsche ich, dass sie diesen Sieg richtig einzuordnen wissen und in den nächsten Spielen weiter den tollen Fußball spielen wie in der zweiten Hälfte gegen England.“

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32 Kommentare zu “Schiri, der war drin!

  1. Passt zwar nicht ganz zum Thema, aber nach dem heutigen Interview von Jogi Löw möchte ich vor einem evtl. Debakel gegen Argentinien (was ich nicht hoffe), fragen ob Löw die Spieler nach ihrer politischen Einstellung ausgewählt hat

  2. @rohrbacher

    Sehr richtig und aus der Seele gesprochen, Herr Rohrbacher. Die Spieler, die unredliche Mittel anwenden, um zu siegen, zerstören den Sport und zeigen letztlich nur eines: Dass sie nicht verlieren können!
    Sie haben noch nicht begriffen , dass es ohne die anderen 11 Spieler gar kein Spiel gäbe und ihr (angebliches) Können überhaupt niemanden mehr interessieren würde.
    Wenn ein Spieler dann noch nicht einmal bereit ist, den Schiedsrichter zu unterstützen, hat das ganze Spiel nicht begriffen.

  3. Die Euphorie und der kollektive Jubelrausch über den verdienten und überzeugenden Achtelfinalsieg unserer Mannschaft haben die zarten Misstöne über das nichtgegebene Tor für England schon im Keim erstickt. Klar war es ein „pragmatisches“ und verständliches Agieren unseres Teams, einfach so weiterzuspielen als wäre der Ball nicht hinter der Torlinie gelandet. Aber der Fairness halber muss man doch zugeben, dass dies auch ein unsportliches Verhalten unseres Teams gegenüber der englischen Mannschaft war. Hätten M. Neuer oder andere Spieler den Schiedsrichter wegen seiner krassen Fehlentscheidung im Sinne der Gerechtigkeit und Wahrheit aufgeklärt, wäre dies ein historische Geste des Fairplay gewesen, und erst dann hätte dieses Spiel das Prädikat „Jahrhundertspiel“ verdient, egal wie es ausgegangen wäre. Aber der Gedanke des Fairplay ist im Profisport nur eine Worthülse und ein Marketingtrick, auf den wir immer wieder hereinfallen. Indem wir nun auf die Schiedsrichter eindreschen und sie als blinde Pfeifen diffamieren, versuchen wir uns nur von unserer heimlichen Zustimmung zu diesem unsportlichen Verhalten reinzuwaschen. Trotz dieses Wermutstropfens hoffe ich auf einen Sieg unserer Mannschaft am Samstag gegen Messi und Co, aber bitte ohne Unterstützung der Schiedsrichter, denn die hat diese Mannschaft überhaupt nicht nötig.

  4. Ganz schwach glaube ich mich daran erinnern zu können, daß der Ball, nachdem er einmal hinter der Torlinie aufgeprallt war, wieder zurücksprang und dann noch einmal herunterfiel, diesmal auf die Torlinie. Den ersten Aufpraller, eindeutig IM Tor, konnte Neuer doch, wenn ich mich recht erinnere, gar nicht gesehen haben, weil er noch voll in der Parade war. Als er sich dann umgedreht hatte, sah er den Ball auf die Torlinie herabfallen, und dabei schnappte er ihn sich dann. Lange Rede, kurzer Sinn, mir ist so, als wäre Neuer der letzte gewesen, der hätte wissen können, daß der Ball wirklich drin gewesen war, weil das Eindeutige nur hinter seinem Rücken passierte.

    Wie gesagt, fadenscheinige Erinnerung, es kann mich gern jemand belehren, wenn er ganz sicher ist, dass es nicht so war.

  5. Den SportpädagogInnen müsste sich der Magen umdrehen

    Unter der Überschrift „Skrupellos wie die Italiener“ erschien in der FR am 30. Juni ein Gespräch mit einem Sportpsychologen. Es ging um das zweite Tor der englischen Mannschaft bei der WM, dass nicht anerkannt wurde, obwohl es eins war. Der Psychologe, der auch als Theologe vorgestellt wird, entdeckt im Verhalten des deutschen Tormanns eine „neue deutsche Tugend“ und lobt den deutschen Torhüter: „Er hat einfach so getan, als wäre nichts gewesen und dies im Interview anschließend sogar bestätigt. Das war, im positiven Sinne, richtig skrupellos, nur auf den eigenen Erfolg bedacht – eigentlich eine durch und durch italienische Eigenschaft.“
    Skrupellos zu sein – eine typische italienische Eigenschaft? Diese „Völkerpsychologie“ alter Tage verblüfft den fragenden FR- Journalisten sichtlich: „Ist das eine neue deutsche Tugend, weniger moralisch zu sein?“ Die Antwort des Psycho-Theologen erfolgt in drei Schritten.
    1. Schritt – noch Sport: „Auf jeden Fall hat die Mannschaft über dies ungerechte Ereignis ein Stück ihrer Ehrlichkeit zugunsten einer klaren Fokussierung auf den Erfolg abgelegt.“
    2. Schritt – weg vom Sport: „Wenn man so will, zeigt sie uns hier einen Charakterzug, den man bei vielen jungen Deutschen heute beobachten kann. Ihnen ist der persönliche Erfolg wichtiger als übergeordnete Moralvorstellungen, denen man sich zu beugen hat.“
    Diese Aussage erfolgt nicht wertfrei oder gar kritisch, denn:
    3. Schritt – zur deutschen Geschichte: „Darin drückt sich die kollektive Leistung aus, mit dem Erbe der Vergangenheit anders umzugehen als ältere Generationen.“
    Leistung? Unabhängig von der Frage, ob bisherige Generationen (insbesondere die der 50ger und 60ger Jahre) nun wirklich so moralisch mit „dem Erbe der Vergangenheit“, der Nazi-Diktatur, den deutschen Kriegsverbrechen und dem Völkermord an der jüdischen Bevölkerung und dem Völkermord an den Sinti und Roma umgegangen ist, wie suggeriert wird, – was hat das mit Sport und dem Torwart der deutschen Mannschaft zu tun? Ist sein amoralisches Handeln, die Wahrheit zu verschweigen (nach dem Motto „Recht oder Unrecht – mein Land“) nicht eine individuelle, aus der Situation heraus vielleicht verständliche, aber dennoch nicht zu entschuldigende sportliche Untugend? Nein, antwortet der Theologe, gut so, weiter so, skrupellos muss sie sein, die „deutsche Jugend“. Was zählt, ist der Erfolg! Fair play?? Das Spiel um des Spiels willen? Gott bewahre!
    Den Sport-PädagogInnen müsste sich der Magen umdrehen. Millionen von Jugendlichen spielen Fußball – eine Chance für soziales Lernen und Fair Play! Und Tausende von Trainern geben sich alle Mühe, die zunehmende Entwicklung einer „Ellenbogenmentalität“ einzudämmen. Aristoteles formulierte als Kardinaltugenden, sich täglich gegen Ungerechtigkeit, Feigheit und Dummheit angemessen, mutig und klug für Wahrheit einzusetzen. Und bei Erich Kästner heißt es knapp: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“. Manuel Neuer hätte, dem Schiedsrichter das Tor anzeigen müssen – egal, mit welchen Folgen. Dann hätte er ein Vorbild für Jugendliche in Deutschland werden können.
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    Dr. habil. Benjamin Ortmeyer ist Dozent am Fachbereich Erziehungswissenschaft der Goethe-Universität in Frankfurt

    *********

    Anm. Bronski: Dieser Gastbeitrag war von Herrn Ortmeyer als Reaktion auf das Interview mit Andreas M. Marlovits gedacht. Es fand sich jedoch außer auf der Bronski-Seite leider kein Platz in der FR, an dem er hätte untergebracht werden können. Da er nun auf der Bronski-Seite erscheint, wir hier im FR-Blog auch eine Diskussion zu diesem Thema haben, die durch einen anderen Gastbeitrag angestoßen wurde, veröffentliche ich ihn hier im Diskussionsfluss.

  6. Es ist doch sehr erfreulich, dass gewisse „deutsche Sekundärtugenden“ auch heut‘ noch nicht gänzlich verschütt‘ gegangen sind….
    Herr Ortmeyer war mir noch von der WM 2006 in Erinnerung, als ihn und weiteren Mitglieder der GEW das Schwingen schwarz-rot-goldener Fahnen ans Reich der tausend Jahre erinnerte. „Der Schoß ist …“.
    Ich hatte daher schon vor der aktuellen WM gewettet, dass Herr Ortmeyer sich auch jetzt „Kritisch“ zur deutschen Mannscaft bzw ihren Fans äußern würde. Und: auf ihn ist Verlass!Danke, Herr Ortmeyer!
    Eigentlich hatte ich schon nach all den Gelben Karten erwartet, seinerseits einen Nachweis des unabänderlichen „Furor teutonicus“
    zu erhalten; oder doch wenigstens einen Nachweis der Charakterdefizite
    der Spieler Özil, Khedira oder Cacau – igitt, warum spielen die für Deutschland? „Latente Faschisten, autoritäre Charaktere“ wäre doch das mindeste gewesen …
    Jetzt weiß ich wenigstens, dass Herr Ortmeyer dem Torwart Neuner moralisch turmhoch überlegen ist!
    Lieb‘ Ortmeyer, kannst ruhig sein, heute gegen 18 Uht hat die Chose wohl ein Ende, Sie werden nicht mehr von „Horden“, die schwarz-rot-goldene Fahnen schwenken, verstört werden.
    Schönes Wochenende

  7. Tsk tsk Herr Völker!

    Mit der Pünktlichkeit, mit der die deutschen Spieler die Spiele antreten, kann man auch KZs betreiben. Bitte berücksichtigen Sie das angemessen!

  8. Überforderung des Profis Neuner!
    Mitten in seinen schwächsten Minuten während der WM (gerade hatte er ein Tor zugelassen, weil er zu weit vor der Linnie stand), da knallt weit hinter ihm das nächste Ding auf (er stand wieder zu weit vor der Linie), wie sollte er in einer Rückwärtsbewegung den genauen Auftreffpunkt lokalisieren?
    Seine Verwirrung war so groß, dass er bei dem nächsten Freistoß wieder zu weit vorm Tor stand und Glück hatte, dass der Ball die Latte traf. Also, Herr Dr. Ortmeyer,moralisch können Sie Herrn Neuer nicht belangen.
    Bei der Überprüfung Ihrer Moralvorstellungen sollten Sie auch daran denken, dass abgesehen von dieser speziellen Situation, es auf dem Fußballfeld viele Moralvorstellungen gibt, die miteinander in Konkurrenz stehen. Dabei haben die Sportpädagogen eine große Auswahl und können mit ihren Argumenten in eine fruchtbare Diskussion einsteigen. Selbst das Regelwerk des Spielbetriebs spiegelt nur eine bestimmte Moralvorstellung wieder, die in vielen Fällen zu Diskussionen führt und ab und zu verändert wird.

  9. @6 Karl-Heinz Völker

    Zitat: „Es ist doch sehr erfreulich, dass gewisse „deutsche Sekundärtugenden“ auch heut’ noch nicht gänzlich verschütt’gegangen sind….
    Herr Ortmeyer war mir noch von der WM 2006 in Erinnerung, als ihn und weiteren Mitglieder der GEW das Schwingen schwarz-rot-goldener Fahnen ans Reich der tausend Jahre erinnerte. „Der Schoß ist …“.

    Mir ist, sehr geehrter Herr Völker, anlässlich der WM 2006, auch noch was in Erinnerung. Ich habe lange gezögert, ob ich das hier einstellen soll, mich aber letztlich dazu entschlossen, zumal ich befürchte, bei aller berechtigten Freude über das Auftreten und den Erfolg der deutschen Fußballer, dass die „nationalen Gefühle“ mal wieder auf Irrwege und Schlimmeres geraten.

    Das „Sommermärchen“, wie es der Historiker, Arnulf Baring, und sein Gesinnungs-Kumpel, Christean Wagner, (CDU-Fraktionschef im hessischen Landtag, der u.a. als hessischer Justizminister Fußfesseln auch für Arbeitslose und Drogenabhängige forderte) im Jahre 2006, anlässlich einer Veranstaltungsreihe gesehen und bekundet haben. Wagners damaliger Einladungstext:

    „Die Fußballweltmeisterschaft in unserem Land hat den Umgang mit nationalen Symbolen wieder selbstverständlicher gemacht. Die Diktatur der Nationalsozialisten und die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs hatten das deutsche Nationalgefühl stark beschädigt. In den Jahrzehnten nach 1945 hatten wir Deutsche große Probleme, zu einem normalen Patriotismus zurückzufinden. Das scheint nun gelungen zu sein. Unser Staat braucht Patrioten. Nur der, dem seine Heimat am Herzen liegt, zeigt auch Engagement für die Gemeinschaft. Die Liebe zur Heimat ist keine überholte Tradition, sondern einer der Eckpfeiler eines intakten Gemeinwesens. Zum Auftakt der Veranstaltungsreihe was uns leitet – Eckpfeiler einer bürgerlichen Kultur – nimmt sich der Eröffnungsvortrag dieser Thematik an. Der Historiker und Publizist Arnulf Baring wird das mitunter schwierige Verhältnis der Deutschen zu ihrer Nation beleuchten. Sein Vortrag – Es lebe die Republik – Es lebe Deutschland – verheißt eine anregende Diskussion.“

    Und dann legte er los, der so genannte Historiker Baring. Die Deutschen, so Baring, müssten „die eigene Würde und Selbstachtung wiederfinden“. Dabei könne man auf „lange Jahrhunderte deutscher Tüchtigkeit und deutscher Friedlichkeit“ aufbauen. So richtig in DEUTSCHE Fahrt gekommen, war Baring nun gar nicht mehr zu bremsen. Die Nazi-Diktatur sei hingegen nur „eine beklagenswerte Entgleisung“ gewesen. Es ist der helle Wahnsinn, was dieser Baring aus sich herauskotzt. Der unvorstellbare Naziterror mit 50 oder sogar 60 Millionen Toten war demnach lediglich eine beklagenswerte Entgleisung. Weiterhin vertrat Baring die Auffassung, dass die Deutschen in der Nazi-Zeit zwar antisemitisch gewesen seien, die Ermordung der Juden aber abgelehnt hätten. Sie (die Deutschen) hätten sich von Adolf Hitler eine „Konsolidierung“ des Landes versprochen, die er bis 1938 auch geleistet habe. „Alles, was danach kam, ist doch von der Bevölkerung nicht gewollt worden“, behauptete der Redner. Baring machte auch nicht davor Halt, den Holocaust zu relativieren, in dem er sich gegen die Einschätzung verwahrte, dass die Judenvernichtung als Verbrechen „einzigartig und unvergleichbar“ gewesen sei. Baring: „Das scheint mir schon eine Übertreibung zu sein.“ Unglaublich. Dieser Kerl verwahrt sich dagegen, dass die industrielle Mordmaschinerie der Nazis, der sechs Millionen Menschen auf viehische Weise zum Opfer gefallen sind, ein singuläres Verbrechen war. Dieser geistige und verbale Gewalttäter war aber noch nicht am Ende seines „Vortrags“. Die Gewalttaten heutiger Rechtsextremisten sieht Baring nicht als neonazistisch motiviert. „Das sind keine Nazis“, sagte er. Es gehe um „Jugendverirrungen“ von Leuten, „die sich wichtig machen wollen. Das ist nicht politisch.“ Dann folgte sozusagen das Finale. Mit Blick auf Einwanderer forderte Baring, nicht Integration sei gefragt, sondern „Eindeutschung“. Und er setze noch einen drauf, in dem er betonte, dass er den Begriff Eindeutschung dennoch verwenden würde, auch wenn der von den Nazis benutzt worden sei. „Diese Berührungsangst, irgendwelche Vokabeln zu übernehmen, die das Dritte Reich verwendet hat, hat auch was Kleinkariertes“, urteilte Baring.

    So weit die „Sommermärchenrede“ 2006 eines Mannes, der bis heute gerne gesehener Talkgast, auch und besonders bei den Öffentlich-Rechtlichen ist. Von Barings Vortrag zeigte sich Christean Wagner hoch zufrieden. Baring habe „vielen aus dem Herzen gesprochen“. Der Beifall des Publikums war auch entsprechend „herzlich“.

    Bleibt abzuwarten, wer sich nun anlässlich des Sommermärchens 2010 zu Worte melden wird, zumal die geistigen und verbalen Gewalttäter nicht weniger geworden sind, sondern sich sogar erheblich vermehrt haben. Ich erspare mir Namen zu nennen, zumal mir jetzt schon ganz übel ist. Dass es diese Typen gibt, denen jegliche Form von Anstand und Verantwortung offenbar fremd ist, wird wohl nie ganz zu verhindern sein. Dass es sich dabei nicht um lichtscheues braunes Gesindel handelt, sondern um teilweise prominente und angesehene Professoren und Wissenschaftler, ist ein absolutes Trauerspiel. Dass diesen geistigen und verbalen Brandstiftern aber immer wieder öffentlich-rechtliche Plattformen (an)geboten werden, ist ein Skandal wie er größer nicht sein kann. Wer wundert sich eigentlich noch darüber, dass sich immer mehr von diesen kranken Thesen, wozu ich ausdrücklich auch den sich erschreckend ausbreitenden Kultur- und Sozialrassismus zähle, in ganz normalen Bevölkerungskreisen anzutreffen ist? Ich fasse es manchmal gar nicht, was in ganz normalen Gesprächen, von ganz normalen Menschen, mitunter, bei gewissen Themen, für Ansichten vertreten werden. Natürlich, weiter so, Baring, Henkel, Sarrazin und Konsorten, talken bei Illner, Will, Plassberg und Co. Irgendwann wird es schon gelingen, den Menschen ein Menschenbild überzustülpen, was an alles Mögliche erinnert, aber nicht mehr an Menschen.

    Abschließend noch eine Frage zu @7 Max Wedell. Bevor ich Ihnen, Herr Max, Näheres zu Ihrer Aussage: „Mit der Pünktlichkeit, mit der die deutschen Spieler die Spiele antreten, kann man auch KZs betreiben“, mitteilen werde, möchte ich vorsorglich anfragen, wie ich dieses Zitat verstehen soll. Sollte das lediglich ein schlechter und äußerst geschmackloser Scherz sein, oder steckt mehr dahinter?

    mfg
    Jutta Rydzewski

  10. Liebe Frau Rydzewski,
    Sie schreiben
    „mich aber letztlich dazu entschlossen, zumal ich befürchte, bei aller berechtigten Freude über das Auftreten und den Erfolg der deutschen Fußballer, dass die “nationalen Gefühle” mal wieder auf Irrwege und Schlimmeres geraten. “
    Ich teile Ihre Befürchtungen nicht; diejenigen, die sich an Spielern wie Özil oder Khedira im deutschen Dress stören (oder zB Intelligenztests für Einwanderer fordern), die zerplatzen im Moment vor Zorn, gerade deswegen, weil’s in Löws Team so wunderbar läuft. Diese Leute hätten sich die Hände gerieben, wenn das Team in der Vorrunde ausgeschieden wäre. Ihre Ausführungen in allen Ehren, aber was haben Baring, Sarrazin bitte mit mir, meiner Frau, meinen Söhnen und wohl der übergroßen Mehrheit in unserem Land zu tun ? Wir sind verdächtig, weil wir uns an den Spielen und Erfolgen der deutschen Mannschaft erfreuen? Ich habe als junger Mann und später mit Familie etliche Länder bereist, auch solche, die unter der NS-Besatzung schwer gelitten haben. Die Menschen dort haben mich und meine Familie nach unserem Verhalten beurteilt und nicht nach unserer Staatsangehörigkeit. Generell verdächtig bin ich nur für einige meiner Landsleute, die aus meiner Freude an Fußballsiegen schließen, dass ich „auf Irrwege oder Schlimmeres“ gerate.
    Jetzt frage ich Sie: wer sind Sie, die Sie mich nicht mal persönlich kennen, dass Sie mich mit Verbrechern auf eine Stufe stellen?
    So was nennt sich Verleumdung.
    Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Sonntag.

    PS
    Mein sarkastischer Bezug auf „Sekundärtugenden“ meinte die „Zuverlässigkeit“, falls Sie es nicht kapiert haben.

  11. @10 Karl-Heinz Völker

    Sehr geehrter Herr Völker,

    vermutlich haben Sie auf meinen (relativ langen) Text nur zu spontan reagiert. Denn sonst vermag ich Ihren Vorwurf nicht nachzuvollziehen. Mit welcher Passage meiner Zuschrift habe ich Sie auf eine Stufe mit Verbrechern gestellt? Ich habe Sie lediglich zitiert, und Ihre Erinnerungen aus dem Jahre 2006 zum Anlass genommen, über meine Erinnerung aus 2006 zu berichten. Einen anderen Bezug auf Sie, oder gar Ihren Familienmitgliedern, gibt es nicht. Ich möchte Sie bitten, mir ganz konkret aufzuzeigen, was Sie meinen als Verleumdung empfinden zu müssen, denn so kann das nicht stehen bleiben. In jedem Fall sollten Sie aber meinen Text noch einmal aufmerksam(er) lesen. Danke für Ihre Mühe.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  12. Liebe Bloger,

    bin irgendwie kein Bloegr (Blogger?) und kenne mich da so nicht aus. Das wirkt alles sehr persönlich.

    Ich war um einen Gastbeitrag in der FR gebeten worden und bin nun im Blog. Nun gut, auch interessant.

    Ist es üblich, dass derartig weit weg vom Thema diskutiert wird?

    Zur Erinnerung, es ging in meinem nun auf der Leserbriefseite der FR veröffentlichten Beitrag

    a) um „skrupellos wie die Italiener“ als neue deutsche Tugend der Jugend (??), wie der FR Reporter nachfragte und
    b) nicht vor allem um den sehr jungen Torhüter, sondern um den befragten Psychologen und Theologen, der eine Art Theorie der „neuen deutschen Skrupellosigkeit“ aufstellt.

    Es ging mir nicht um das Deutschlandlied und die wechselhafte Geschichte der Farben der Fahne, es ging mir nicht um die Jungs aus Polen, der Türkei, Brasilien usw. die da in der Tat zur Unfreude der Nazis in der Mannschaft Deutschlands mitspielen –

    Es ging auch nicht um Kritik an deutschen Sekundärtugenden –

    Es ging und geht meiner Meinung nach darum, dass ein Wissenschaftler in der FR „Skrupellosigkeit“ überhaupt als Tugend im Sport rühmt. Und dieser Mann hat einen Zusammenhang mit dem „Erbe der Vergangenheit“ hergestellt, der aus meiner Sicht unzulässig ist. Genau dagegen hat sich mein Gastbeitrag gerichtet und ich würde mich freuen, wenn DIESES THEMA nicht durch eine Fülle anderer Diskussionsthemen, die sicher auch wichtig sind, derart in den Hintergrund rückt.

    Mich würde interessieren, was zu DIESEM THEMA die „Bloggerinnen und Blogger“ sagen – ich als Erziehungswissenschaftler kann eine Propagierung der „Skrupellosigkeit“ im Sport nicht unwidersprochen lassen von der an Volksverhetzung grenzenden positiven Diskriminierung „skrupellos wie die Italiener“ (und das findet der Wissenschaftler auch noch gut so) mal abgesehen. Über Gruppen derart pauschal zu urteilen ist schon im Alltag unerträglich, für einen Wissenschaftler aber absolut unzulässig. Sind wir uns wenigstens in diesem Punkt einig?

    Mit freundlichen Grüßen
    Benjamin Ortmeyer

  13. Der große Denker Oskar Lafontaine sagte einst: „Pflichtgefühl, Berechenbarkeit, Machbarkeit, Standhaftigkeit. […] Das sind Sekundärtugenden. Ganz präzis gesagt: Damit kann man auch ein KZ betreiben.“

    Als von Sekundärtugenden im Zusammenhang mit der deutschen Geschichte die Rede war, musste ich mich daran erinnern. Wir müssen also im Sport und auch anderswo mit „Fleiß, Treue, Gehorsam, Disziplin, Pflichtbewusstsein, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Ordnungsliebe, Höflichkeit, Sauberkeit, Standhaftigkeit“ endlich Schluß machen, sonst wiederholt sich womöglich die Geschichte. Wissen Sie das etwa nicht?

  14. P.S. Mein Post war an J.R. gerichtet, Ihren, Herr Ortmeyer, hatte ich noch nicht gelesen.

  15. Herr Ortmeyer, kurz noch eine Bemerkung zu Ihren Gedanken:

    Sind Sie wirklich sicher, daß, wenn Marlovits von „eigentlich einer durch und durch italienischen Eigenschaft“ spricht, er den italienischen Bürger meint? Wenn er im nächsten Satz von den „abgezockten Italienern“ spricht, so meint er jedenfalls die italienische Fußballmannschaft, und nicht, daß die Italiener insgesamt gehäuft „abgezockt“ sich verhalten.

    Fußballmannschaften haben nun mal irgendwie bestimmte national unterschiedliche Eigenschaften, woran auch immer das liegt (vielleicht gibt es nur nationale Trainerlehrbücher, und in jedem stehen andere Anweisungen? 😉 ). Auch als Schweinsteiger davon sprach, daß die Argentinier so sind, daß sie nunmal größere Schwierigkeiten mit dem Verlieren haben als andere, meinte er sicher auch nicht die Bürger Argentiniens, sondern eben nur die Fußballmannschaften (mit denen er Erfahrungen machte). Das ist also dann in diesen Mannschaften ein Konglomerat aus Nationalcharakter unterschiedlichen Traditionen in den Trainerstilen, unterschiedliche Erwartungshaltungen im nationalen Hintergrund usw usf., die am Ende in Summe statistisch gehäuft bestimmte Verhaltensweisen der Mannschaften ergeben, die sich von denen anderer Mannschaften unterscheiden… auf dem Spielfeld, und daneben.

    Im Grunde kann nur Marlovits uns sagen, wen er da mit „die Italiener“ gemeint hat.

  16. Liebe Frau Rydzewski,

    Sie schreiben doch explizit „dass die “nationalen Gefühle” mal wieder auf Irrwege und Schlimmeres geraten. “
    Damit implizieren Sie – für mich – dass jede Person, die sich eben a,m Spiel und Sieg der deutschen Mannschaft erfreut, schon verdächtig sei. Sollten Sie’s nicht so gemeint haben, umso besser.
    Dann würden Sie nämlich den realitäten hierzulande erheblich näher kommen.

    Und bitte sehen Sie hier ein italienisches Regierungsmitglied

    http://www.adnkronos.com/IGN/News/Politica/?id=3.0.3437266743

    an. Dort sicher kein Einzelfall, es werden Weine mit Bildern von BM oder AH auf dem Etikett verkauft (s Aram Matteoli – Viva Mussolini). Soll ich jetzt meine Freunde im Veneto verdächtigen? Das könnten doch nur Irrsinnige verlangen.
    Und, Herr Ortmeyer, mit der „deutschen Sekundärtugend“ der „Zuverlässigkeit“ meinte ich, dass ich schon ahnte, dass Sie sich auch bei dieser WM wieder zu Wort melden würden. Wenn Sie von Neuner verlangen, er habe das reguläre Tor dem Schiedsrichter melden müssen, ist in meinen Augen so naiv, wie die Bevölkerung aufzufordern, bei der Steuererklärung nicht zu tricksen.
    Okay, schönes Halbfinale, ich hoffe, mein Wunsch nach einem Sieg wird mir nicht allzu übel genommen.

  17. @16 Karl-Heinz Völker

    Richtig, lieber Herr Völker, exakt das hatte ich geschrieben, um dann im weiteren Verlauf die unsägliche „Sommermärchenrede“ des Herrn Baring aus dem Jahre 2006, in ihren wesentlichen Teilen, näher zu beleuchten. Daraus habe ich dann die entsprechenden Schlüsse gezogen, um u.a. deutlich zu machen, welche gesamtgesellschaftlichen Gefahren daraus erwachsen können. Sie haben dagegen (fast) so getan, als ob ich nicht von Baring, sondern von Völker und seiner Familie reden bzw. schreiben würde. Nun gut, war offensichtlich ein Missverständnis und fertig.

    Dass die Gefahren im Hinblick auf die „nationalen Gefühle“, die mal wieder „Purzelbäume“ schlagen könnten, mit jedem Sieg der Fußballer, über den ich mich mindestens genauso freue wie Sie, größer werden, je näher „wir“ dem Titel kommen, das, lieber Herr Völker, wollen doch auch Sie nicht bestreiten. Vielleicht klicken Sie mal z.B. auf http://www.tagesschau.de/sport/presseschauviertelfinale100.html von tagesschau.de. Überschrift: „Deutschland zerrupft Argentinien“.Und dann erfolgt eine internationale Presseschau, quasi rund um den Globus. Es hätte für einen öffentlich-rechtlicher Sender völlig ausgereicht, einige Pressestimmen aus Argentinien und meinetwegen Spanien und GB zu zitieren. Aber nein, es müssen ja Stimmen aus der ganzen Welt sein. Na, klar: Wir sind Weltmeister, zumindest fast. Wenn schon bei den Ö-R die deutsche Post so abgeht,was wird denn erst bei den Privaten oder in der BILD los sein? Ich weiß nicht, ob Sie mich verstehen. Ich habe nichts gegen Freude am Fußball, ich habe aber sehr viel gegen die Instrumentalisierung des Fußballs, durch Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, durch die Lautsprecher und Sprechautomaten dieser Republik. Und deshalb hatte ich dieses Baring und Konsortenbeispiel angeführt. Ich kapiere nicht, wie ein Baring immer noch seine Auftritte bei den Ö-R haben kann, warum er immer noch eingeladen wird. Fast erscheint es mir so, dass die Bluthunde mit voller Absicht vorgeschickt werden, um die Richtung klar zu machen. Nach einer derartigen Rede von Baring, dürfte der nie mehr im Fernsehen auftreten. Übrigens, da gibt es neben Baring noch andere Kadetten, auf die das ebenfalls zutrifft.

    Gegen Baring und Konsorten habe ich eine ganze Menge, aber ganz sicher habe ich nichts gegen Karl-Heinz Völker und seine Familie.;-))

    mfg
    Jutta Rydzewski

  18. @14 Max Wedell

    Zitat. „Der große Denker Oskar Lafontaine sagte einst: „Pflichtgefühl, Berechenbarkeit, Machbarkeit, Standhaftigkeit. […] Das sind Sekundärtugenden. Ganz präzis gesagt: Damit kann man auch ein KZ betreiben.“

    Als von Sekundärtugenden im Zusammenhang mit der deutschen Geschichte die Rede war, musste ich mich daran erinnern. Wir müssen also im Sport und auch anderswo mit „Fleiß, Treue, Gehorsam, Disziplin, Pflichtbewusstsein, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Ordnungsliebe, Höflichkeit, Sauberkeit, Standhaftigkeit“ endlich Schluß machen, sonst wiederholt sich womöglich die Geschichte. Wissen Sie das etwa nicht?“

    Zunächst einmal wusste ich schon länger, dass Sie offenkundig vermeiden wollen, mich direkt anzusprechen, Herr Max. Verstehe ich nicht, wo ich doch gerade zu Ihnen immer besonders freundlich bin. Außerdem verstößt das gegen die Höflichkeit, eine der von Ihnen oben aufgezählten Sekundärtugenden.;-) Ohne das an einen anderen Teilnehmer gerichtetes P.S. hätte ich wieder nicht gewusst, wen Sie meinen. Des Weiteren habe ich bisher nicht gewusst, dass Sie den großen Denker Lafontaine offensichtlich so verehren, und dadurch in die Lage versetzt sind, ihn (den großen Denker) spontan, ohne groß nachzudenken, zu zitieren. Jetzt weiß ich es.;-)

    mfg
    Jutta Rydzewski

  19. Lieber Herr Ortmeyer,

    Sie sprechen mir aus dem Herzen und dem Geiste. Mein Kommentar Nr. 3 war eigentlich ein Leserbrief, zu den beiden Artikeln “Jahrhundertspiel” von J. C. Müller und “Wembleytor” von C. Thomas, in dem ich nur die im “Vollrausch” des Sieges und der daraus hervorgerufenen Euphorie begangene Verniedlichung und Umdeutung einer Unsportlichkeit kritisieren wollte. Nicht mehr! Wohlweislich habe ich auf jede pädagogische und moralisierende Zurechtweisung verzichtet, weil ich selbst nicht anders als M. Neuer und die anderen gehandelt hätte. Die Reaktionen auf Ihren Beitrag sind doch aber auch ein schönes Beispiel für die letzte Pisa-Studie, in der behauptet wird, dass in Hessen das Leseverständnis nur durchschnittlich ausgeprägt ist (Entschuldigung, dass ich eben vom Thema abweiche). Außerdem müssen Sie im FR Blog immer damit rechnen, dass die Nazikiste aufgemacht wird. Hier gibt es immer welche, die hinter jedem furzenden Deutschen einen geistigen Nachfahren des Erfinders von Zyklon B sehen. Um der Diskussion aber wieder auf die Spur zu helfen, stelle ich hier die Behauptung auf, dass der Profisport unseren Kindern und Jugendlichen nur bei besonderen Umständen als Teil ihres Lebensentwurfs empfohlen werden sollte.

  20. @Bronski

    Zu diesem tiefergehenden Thema solltest Du Prof. Dr. Dr. M. Spitzer vom Uniklinikum Ulm zu einem Blogtalk einladen.

  21. Es fragt sich, ob Journalisten und Veranstalter einem so unwichtigen Ereignis wie einem Fußballspiel oder einem Gesangswettbewerb mit völlig unpassenden und überhöhenden Vokabeln erst einen Wert einblasen, der diese zu dem Verkaufsschlager und Polarisationskern macht, so wie die Kunst des Gurkenschnippelns durch Sternchenverleihen zur Frage der Lebensart gemacht werden kann.

    Mit Sicherheit kann man aus der Beschreibung solcher Spielarten Vokabeln wie „Stolz“,“Demütigung“ u.ä. leicht heraushalten, dann wird aber schnell klar, wie völlig uninteressant die Veranstaltung ist, sobald das Ergebnis feststeht. Es geht nämlich buchstäblich um Nichts.
    Vielleicht ist an dem Punkt die Frage zu stellen: Wie weit geht man, um ein Produkt zu verkaufen, wieviel Selbstwertgefühl knüpft man daran und bis zu welchem Ende lässt man die Massen den Sprüchen hinterherlaufen?

  22. @ BvG,

    schon damals beim ESC habe ich längere Traktate zum Kampf zwischen Gemeinschaften gebracht, der Gott sei Dank über die Sozialpraktiken Wettbewerb und Spiel entschärft werden kann, sowie auch über die Evolutionsvorteile der Herausbildung solcher Praktiken. Die zugrundeliegenden menschlichen Bedürfnisse sind temporal und regional universell, es ist daher falsch, es so hinzustellen, als handele es sich um Defizite oder gar Aufgedrängtes. Und für wie wichtig diese Stellvertreterkriege namens WM oder ESC eingeschätzt werden, da wird sich ein testosteronbeladener Jüngling sicher anders dazu äußern als ein liebes altes Großmütterchen.

    Der Mensch hat nunmal ein bestimmtes Hormongerüst mit (auch) Gefahrenpotential, das auf ein Leben in gefährlicher konfliktbeladener Umgebung ausgerichtet ist, und wenn Sie mich fragen, was ich für besser halte, den Versuch seiner Deformation durch Friedenspädagogik, oder die Kanalisierung in Ersatzritualen, dann entscheide ich mich für letzteres, weil ich meine, daß ersteres (allein) nicht ausreichend gut genug funktioniert.

  23. Liebe Frau Rydzewski,

    „Gegen Baring und Konsorten habe ich eine ganze Menge, aber ganz sicher habe ich nichts gegen Karl-Heinz Völker und seine Familie.;-))“

    Danke, ich auch nichts gegen Sie 😉

    Ob es generell internationaler Usus ist, nach Fußballspielen Kommentare aus allen möglichen Ländern zu veröffentlichen, weiß ich nicht. Ich musste hier über das österreichische Intelligenzlerblatt „Krone“ und dessen Hinweis auf Siegfried und Odin doch etwas schmunzeln, die haben’s gerade nötig. Ein Großteil der Bevölkerung wurde im März 1938 von AH gezeugt und dann von einem Backhendl ausgebrütet 🙂
    Vielleicht aber auch „typisch deutsch“, Stimmen „aus dem Ausland“ großes Gewicht beizumessen.
    Was gewisse „Zeitungen“ oder Sender angeht, werden diese doch von jeder/jedem mit etwas Grips nicht ernst genommen. Wurde nicht damals vom Wallraff angemerkt, dass Leser am Kiosk „das Revolverblatt“ verlangen?
    Ob man für Leute, deren Meinung man nicht teilt oder gar verabscheut, ein Auftrittsverbot in öffentlich-rechtlichen Medien verlangen kann – eine delikate Frage. Ich tendiere allerdings dazu, das Recht der freien Meinungsäußerung auch dort weit zu fassen. Wo hier eine Grenze zu ziehen ist, kann man allerdings lange diskutieren.

    Gruß

    K-H

  24. Lieber Herr Hofmann,

    „Außerdem müssen Sie im FR Blog immer damit rechnen, dass die Nazikiste aufgemacht wird. Hier gibt es immer welche, die hinter jedem furzenden Deutschen einen geistigen Nachfahren des Erfinders von Zyklon B sehen.“

    Hatte das Herr Ortmeyer nicht vor 4 Jahren so getan?

    Mit einem fröhlichen Furz aus einem fröhlichen Arsch

    grüßt Sie

    Karl-Heinz Völker

  25. @ Gastkommentar „Klose-Jubel in Jerusalem“ aus der israelischen Tageszeitung Ha’aretz (FR, 6.7.2010, S.10)

    Fußball als Chance

    Klose-Jubel in Jerusalem“ – dieser Gastkommentar aus der israelischen Tageszeitung Ha’aretz (FR, 6.7.2010, S.10) hätte wohl einen eigenen Blog verdient. Er bestätigt, was ich selbst mit französischen Freunden erlebt habe, Und er wird abgerundet durch Meldungen, dass NPD-Zentralen kleinlaut ihre Fahne verstecken, während Menschen mit „Immigrationshintergrund“, auch mit anderer Hautfarbe, die deutsche Flagge hissen: stolz auf einen Mesut Özil, einen Boateng, Cacau, Aogo, Khedira, Marin, Gomez, Podolski oder Trochowski – hervorragende Fußballspieler und dennoch ohne Anwandlungen von Überheblichkeit oder nationalistischen Tönen. – Was will man mehr?
    Freilich (man schaue sich unter diesem Aspekt den FR-Blog „Schiri, der war drin“ einmal durch): Die Erkenntnis des israelischen Kommentators, dass diese Mannschaft Vertrauen verdient und weltweit erringt, weil sie „anders ist als alle anderen in der deutschen Geschichte“, dass sie mit einem überlieferten – und gefürchteten – Bild „des Deutschen“ nichts zu tun hat, dass Fussball entkrampfend und sehr wohl völkerverbindend wirken kann, diese Erkenntnis ist hierzulande noch keineswegs Allgemeingut – der ermutigenden Erfahrung auch des „Sommermärchens“ von 2006 zum Trotz.
    Geschichtsbewusstsein und Aufgeschlossenheit gegenüber Fremden erweist sich eben nicht in einer ach so „moralischen“ Gesinnungsethik, die immer nur beschwörend das schlimme Gestern vor sich herträgt, Unterwerfungsgestik verlangt und die Augen vor den Chancen des Heute verschließt. Sie zeigt sich vielmehr in einer Verantwortungsethik, welche keiner „moralischen“ Beschwörungsformeln bedarf, die ihrer selbst bewusst die ausgestreckte Hand ergreift.
    Selbstvertrauen und Freude über eigene Leistung und von Menschen, die einem nahe stehen – ungeachtet dessen, ob sie mit einem Titel gekrönt wird oder nicht – sind eben kein Zeichen von „Verdrängung“, stehen dem Geschichtsbewusstsein nicht im Wege – im Gegenteil: Sie ermöglichen erst die notwendigen praktischen Konsequenzen.
    Werner Engelmann, Luxemburg

  26. Um nochmal auf den Beitrag von Christian Rohrbacher zu sprechen zu kommen:
    Ich kann mir kein einziges Land vorstellen, bei dem der Torwart während einer WM ein Tor gegen die eigene Mannschaft angezeigt hätte. Das hat in diesem Fall auch nix mit Profisport zu tun sondern mit dem Willen, möglichst weit vorne zu landen. Und ein bischen Schadenfreude gegen die gegnerische Mannschaft, weil der Schiri irrt, ist auch normal.
    Was ich wirklich unschön finde, ist, wenn ein Spieler der gegnerischen Mannschaft spieluntauglich geschossen wird. Da ist mit fair-play dann Ende.

  27. Ich habe hier eine ganz banale Frage an die Experten: wie finanziert sich die Nationalelf und warum hat Löw EINE Minute vor Abpfiff den Özil ausgewechselt?

  28. @ I. Werner

    Die Nationalelf finanziert sich aus den Einnahmen aus TV-Übertragungsrechten und Sponsorenverträgen.

    „warum hat Löw EINE Minute vor Abpfiff den Özil ausgewechselt?“

    Keine Ahnung. Manchmal versuchen Trainer, mit einem taktischen Wechsel kurz vor Schluss den Gegner aus dem Konzept zu bringen. Man darf spekulieren.

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