Knut Ringat, Geschäftsführer des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV), hat den RMV-Kunden für ihre Geduld gedankt. In einer Pressemitteilung. Mit Journalisten hingegen scheint er nicht besonders gern zu sprechen, wenn es um die Erschwernisse geht, die der RMV seinen Kundinnen und Kunden zugemutet hat. Der Unmut scheint groß zu sein, wenn ich mir die Leserreaktionen ansehe. Der öffentliche Nahverkehr in Frankfurt am Main liefert vielen derzeit Grund für heftige Beschwerden.
Da wäre zum einen die Komplettsperrung jenes S-Bahn-Tunnels, an dem die gesamte Metropolregion hängt. Von Bad Homburg bis Hanau, von Mainz und Wiesbaden bis Rödermark und von Darmstadt bis Friedberg — alle S-Bahnen müssen zwischen Frankfurt Hauptbahnhof und Ostendstraße durch diesen Tunnel. Die Arbeiten waren nötig für den Bau eines neuen elektronischen Stellwerks. Kabel wurden ausgetauscht und die Signaltechnik erneuert. Die nun überstandene Sperrung wird gleichwohl nicht die letzte sein. Sie erfolgte zwar während der Ferien, dennoch mussten rund 100.000 Fahrgäste täglich den Ersatzverkehr in Anspruch nehmen, der jedoch nicht reibungslos funktionierte.
Zweitens fährt die U5 derzeit nicht, weil in der Eckenheimer Landstraße die Gleise ins Hochbett gelegt werden. Ende August sollte der Betrieb wieder aufgenommen werden, aber bei den Erdarbeiten kam es zu unvorhergesehenen und wohl auch unvorhersehbaren Störungen. Hier ist die Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main (VGF) zuständig. Und drittens war kürzlich der Straßenbahn-Knotenpunkt am Frankfurter Hauptbahnhof für zwei Wochen außer Betrieb, weil Gleise und Weichen erneuert werden mussten. Fünf Straßenbahnlinien fielen aus. Einen Bus-Ersatzverkehr gab es nicht, auch der Autoverkehr rund um den Hauptbahnhof war beeinträchtigt. Ein Sprecher der VGF sprach von „Sprengpotenzial“ der Arbeiten. Damit hat er sicher recht.
Jede einzelne dieser Baumaßnahmen mag begründet und berechtigt sein — aber musste das alles so geballt durchgezogen werden? Und wie steht es mit den Ansprüchen der Kundinnen und Kunden, die ja immerhin mit ihren Fahrkarten, insbesondere den Zeitkarten, einen Beförderungsanspruch erwerben? Höhere Gewalt ist das in dieser Form nicht. Viel eher riecht das nach Planungschaos. Mag die Sprecherin des RMV auch zur Rechtfertigung anführen, dass die Maßnahmen frühzeitig kommuniziert worden seien — Werbung für den Umstieg vom Auto auf den ÖPNV, der zur Entlastung der Frankfurter so dringend geboten wäre, haben weder RMV noch VGF in diesen Sommermonaten gemacht. So wird der Effekt mancher Image-Werbekampagne der vergangenen Jahre ganz schnell zunichte gemacht.
Es ist nur verständlich und auch richtig, dass jetzt eine Debatte über Entschädigung der Zeitkarteninhaber geführt wird. Verkehrsdezernent Oesterling will beim RMV „ansprechen, ob es für Tunnelsperrung und verzögerten Betriebsbeginn der U5 einen Ausgleich geben kann“. Der Verkehrsclub Deutschland fordert das, und von Leserseite gibt es ähnliche Stimmen. „Der RMV gehört zu den teuersten Verkehrsverbünden der Republik“, schrieb FR-Redakteurin Jutta Rippegather im Kommentar. „Dafür kann der Verbraucher erwarten, auch jetzt bei der Sperrung des S-Bahn-Tunnels den gewohnten Service zu erhalten. Bei mangelhafter Ware Geld zurück.“
Leserbriefe
Helga Schkölziger aus Frankfurt meint:
„Als tägliche Fahrerin der U 5 zur Hauptverkehrszeit bin ich mittlerweile mehr als bedient von dieser stümperhaften „Planung“. Seit 2013 (?) wird dem bezahlenden Fahrgast über längere Zeiträume zugemutet, den Schienenersatzverkehr zu nutzen. D.H. morgens verdoppelt sich die Fahrzeit und nachmittags frühabends noch länger. Über den „Fahrkomfort“ möchte ich mich lieber nicht auslassen. Was macht der genervte Fahrgast wenn er kann: mit dem Bus an den weißen Stein und dann weiter mit der Ubahn. Oder über die Hügelstraße. Klingt gut, allerdings kommen die Busse morgens ab 7 Uhr schon voll besetzt aus Berkersheim in Preungesheim an! Bis zum Weißen Stein gleicht das dann einem Viehtransport. Zusätzliche Busse- immerhin fährt die U 5 alle 5 Minuten und ist soll: Fehlanzeige. Was soll,s wird sich der RMV denken: sind ja eh nur die Pender mit den bezahlten Dauerkarten.“
Axel Raue aus Bad Homburg:
„Heute Morgen hatte ich einen Termin in Frankfurt. Das veranlasste mich, gestern in der Online-Auskunft des RMV nach einer passenden Verbindung zu suchen, von Bad Homburg zur Haltestelle Stresemannallee/Mörfelder Landstraße. Laut Fahrplanauskunft sollte ich am Hauptbahnhof in die Straßenbahn 17 umsteigen. Meine Frau wies mich jedoch auf die Baustelle am Hauptbahnhof hin. Ein Umsteigen in eine Straßenbahn sei dort gar nicht möglich. Ich wollte nicht glauben, dass mir das Online-System des RMV eine falsche Auskunft gibt. Doch den Online-Informationen des RMV zur Baustelle Hauptbahnhof entnahm ich, dass meine Frau offenbar Recht hatte.
Für mich als Fahrgast ist es schlimm genug, dass auf die Tunnelsperrung eine weitere Plage folgt. Vielleicht ist das nicht zu vermeiden. Aber dafür, dass der RMV dann auch noch falsch oder widersprüchlich informiert, finde ich keine Worte. Vielleicht steht dahinter die strategische Überlegung, das RMV-Angebot noch abschreckender zu gestalten, indem man die Fahrgäste verhöhnt.
Vorsichtshalber machte ich heute Morgen einen Umweg über den Südbahnhof. Dort hatte ich das Pech, dass der Straßenbahnbetrieb wegen eines Staus massiv gestört war. Ich traf zwei Fahrkartenkontrolleure an, die mir aber keine Auskunft geben konnten, ob die Linie 14 in absehbarer Zeit wieder fahren würde. So legte ich den letzten Abschnitt meines Weges zu Fuß zurück. Nach diesen unangenehmen Erlebnissen sehe ich mich in der Auffassung bestärkt, eine Forderung Frau Rippegathers aufzugreifen: Der RMV soll keine Gummibärchen verteilen, sondern seinen geplagten Zeitkarteninhabern Gutscheine in angemessener Höhe zukommen lassen. Die Verantwortlichen sollten sich schämen, dass das nicht schon längst geschehen ist!“
Joachim Heuser aus Rödermark:
„Ich habe ein paar „Highlights“, den RMV betreffend. In Kurzform: Am letzten Donnerstag um 0:15 Uhr eine RMV-Tageskarte Rödermark – Nidda (Wetterau) für 29,70 Euro gekauft und auf mein Mobiltelefon geladen. Anschließend die E-Mail-Bestätigung des RMV ausgedruckt. Kontrolle : Auf dem Telefon unter „Tickets“ erschien das entsprechende Ticket. Anschließend: Nachtruhe. Am selben Morgen trat ich meine Reise gen Nidda an. Im Zug der Dreieichbahn nach Frankfurt wollte die Zugbegleiterin meinen Fahrschein sehen. Ich schaltete mein Mobiltelefon ein; auf der RMV-Seite unter „Tickets“: „Kein Ticket vorhanden“. Es ergab sich eine kurze Diskussion, dass so etwas ja gar nicht möglich wäre etc. Daraufhin zeigte ich der Dame meine Bestätigung. Sie schaute etwas ungäubig, ließ mich aber weiterfahren mit dem Hinweis, ich solle am Hauptbahnhof in Frankfurt bei der Bahn vorsprechen. Gesagt, getan, hin zum Empfang der Bahn, dort die Antwort: Nicht zuständig, ich solle zum RMV an die Hauptwache fahren – eigentlich wollte ich ja nach Nidda.
An der Hauptwache gleiches Spiel: Vortragen meines Anliegens. Antwort des Mannes am Schalter: Er habe keinen Zugriff auf die Datenbank, er sei ja von der VGF. Dann meinte er noch, ich solle doch die RMV-Hotline anrufen. Nachdem ich ihn gefragt hatte, ob er Pontius und Pilatus kenne, rief ich die „Hotline“ an, da mir ein E-Mail-Verkehr zu lange dauern würde. Aber: Keiner am Telefon. Also fuhr ich zum Südbahnhof und erwischte dort noch den Zug nach Fulda, den ich eigentlich im Hbf-Ffm eingeplant hatte und fuhr bis Gelnhausen. Im Zug wieder das gleiche Spiel: Der Zugbegleiter begann eine Diskussion mit mir, doch nachdem ich ihm meine Bestätigung gezeigt hatte, ließ er mich weiterfahren. In Nidda Hotline erreicht, sie konnte mir aber auch nicht helfen, da dieser Vorgang sich noch nie ereignet hätte. Sie schickte mir die Bestätigung meiner Buchung und wünschte mir noch eine gute Reise.
Fazit: Im Kassieren ist der RMV Spitze, auch was die Preise angeht. Wenn Probleme auftreten, ist keiner zuständig, und der Kunde ist immer der Doofe. Das gilt natürlich gleichermaßen für die Bahn-AG und die VGF. Keiner will sich mit Ruhm bekleckern.“