Der Preis der Freiheit ist Verantwortung

Über die Banken brauche ich den Leserinnen und Lesern des FR-Blogs nicht viel zu erzählen. Milliarden Euro für die Bankenrettung – da ist die deutsche Regierung in der Vergangenheit großzügig gewesen. Geht es aber um Unterstützung der Kommunen, um eine Energiewende, die diesen Namen verdient, um eine Entwicklungshilfe, für die wir uns nicht schämen müssten; geht es aber um die Armut im Land, um die Löcher in unseren Straßen, um den bröckelnden Putz an den Fassaden unserer Schulen, dann wird die Politik plötzlich kleinteilig. Aber sie sind ja systemrelevant, unsere lieben Banken.

Die jahrelange Manipulation von Zinssätzen kommt die Deutsche Bank und weitere internationale Großbanken nach Meldungen von dpa und anderen Nachrichtenagenturenteuer nun teuer zu stehen. Im Libor-Skandal hat die EU-Kommission gegen sechs Institute eine Rekordstrafe von 1,7 Milliarden Euro verhängt. Nach Ansicht der EU-Kartellwächter haben Banken aus Europa und den USA die Zinssätze zu ihren Gunsten manipuliert, um Handelsgewinne einzustreichen. Dabei ging es um verschiedene Referenzzinssätze wie den Euribor, den Libor und den Tibor.

Das sind keine bedauerlichen Einzelfälle, meint FR-Kommentator Markus Sievers. Gerade was die Deutsche Bank betrifft:

„Egal ob es um faule Kredite im US-Immobilienmarkt geht, um Umsatzsteuerbetrug oder die Manipulation von Stellgrößen der Finanzwirtschaft wie Euribor und Libor, überall ist der hiesige Marktführer vorne dabei. Zugleich hat die Deutsche Bank noch unter Führung von Josef Ackermann die Jagd nach immer höheren Renditen zum eigentlichen Geschäftszweck erklärt. Diese Unkultur rächt sich jetzt, wie die Sanktionen der EU-Kommission zeigen.“

Besonders nett ist – und gerade die Bankenkritiker werden das gern zur Kenntnis nehmen -, dass Deutsche Bank-Chef Fitschen derzeit beim deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble nicht besonders gut ankommt. Ich würde sagen: Dumm gelaufen. Da kann man jahrelang wunderbar professionelle Lobby-Arbeit machen und sogar von der Kanzlerin zum Abendessen eingeladen werden – die Nachfolger machen alles kaputt. Ich wünsche mir mehr Fitschens für unser Land!

Norbert Gehrke aus Bad Soden hat Herrn Fitschen einen Brief geschrieben:

„Sehr geehrte Damen und Herren,
im Vertrauen auf die Seriosität, Solidität und Integrität der Deutschen Bank hatte ich 2006 einen größeren Anteil meines Geldvermögens als Vorsorge für das Alter in Aktien der Deutschen Bank investiert (Kurs damals 80 Euro). Ich hatte erwartet, dass die Aktien längerfristig einen Wertzuwachs haben würden. Welcher Irrtum! Heute muss ich feststellen, dass meine Meinung und Einstellung zur Deutschen Bank bei allen genannten Kriterien grundfalsch war und ist. Ich muss zur Kenntnis nehmen, dass die reale Deutsche Bank unseriös, unsolide und weder moralisch noch tatsächlich integer ist. Ein Skandal nach dem anderen und eher zu einem erheblichen Anteil eine Ansammlung verantwortungsloser und skrupelloser Blender als vertrauenswürdiger, ehrlicher Banker.
Ich weiß, dass ich natürlich keine Antwort erwarten kann; es wäre aber interessant zu erfahren, ob überhaupt auch nur daran gedacht worden ist, von den Empfängern der exorbitanten – heute erwiesenermaßen- zu Unrecht bezogenen Boni zumindest die Rückzahlung zu fordern. Eigentlich müsste sogar mehr passieren bei dem für die Bank und seine Aktionäre angerichteten tatsächlichen und Vertrauensschaden!
Eine alte Unternehmererkenntnis besagt: „der Preis der Freiheit ist Verantwortung“. Wird diese Freiheit ohne die dazu gehörende Verantwortung missbraucht, wie bei der Deutschen Bank wiederholt und mehrfach geschehen, darf man sich nicht wundern, wenn diese Freiheiten durch staatliche und gesetzliche Regulierungen zum Schutz von Kunden und Aktionären eingeschränkt wird! Hätten die Banken ihre Freiheiten mit der nötigen Verantwortung wahrgenommen, gäbe es das in einer breiten Öffentlichkeit unterstützte Thema „mehr staatliche und gesetzliche Regulierungen für Banken“ nicht! Es lohnt sich, darüber einmal nachzudenken.
Ich gehe davon aus, dass dieses Schreiben direkt in den Papierkorb wandert, da man sich wohl bei der Deutschen Bank gar nicht angesprochen fühlt, denn was verstehen schon Kunden und Aktionäre. Diese fragen sich aber, warum muss –zum Schaden der Aktionäre- eine Rückstellung von mehr als vier Mrd. Euro gebildet werden (… wenn doch alle gezahlten Boni rechtens waren)?
Mit freundlichen Grüßen
ein erkennbar tief enttäuschter Aktionär und Bürger.“

Michael Maresch aus München_

„Überraschung! Die Banken manipulieren, bescheißen und betrügen. Hätte ich jetzt wirklich nicht geglaubt. Der Libor, der Zins, der Wechselkurs, alles göttliche Marktregulierung. Dachte ich bisher. Und die Merkel war auf dem Berg Ararat, wo sie die eherne Gesetzestafel erhielt, mit dem Auftrag, den heiligen Markt zu retten.
Und jetzt das! Wie bitte sollen wir gläubigen Doofbürger denn jetzt den Tanz ums heilige Kalb Geld und Kapitalismus fortsetzen? Machen wir uns strafbar, nur weil wir ein Girokonto haben? Mitschuldig?
Und dann wählen wir ein Parlament dessen erste Handlung es ist, sich grundgesetzwidrig einen Hauptausschuss zu geben und 90 Prozent der Parlamentarier auszuschalten. Weil aber die Opposition zu klein ist um Karlsruhe anzurufen, haben wir kein Grundgesetz, keine Gewaltenteilung mehr: ohne Kläger, kein Richter. Und der Gabriel furzt die Slomka an. Und, und…
Die Demokratie stirbt. Sie bleibt bei und mit Dieter Hildebrandt.“

Roland Klose aus Bad Fredeburg:

„Whistleblowing im Finanzwesen. Wer hat’s erfunden? Die Schweizer. So wird die Schweizer UBS-Bank nicht bestraft, weil sie die Kartellwächter auf Zinsmanipulationen beim japanischen Tibor aufmerksam gemacht hat. Schlechter erging es dagegen der Deutschen Bank, Barclays, der Royal Bank of Scotland, der Citygroup, JP Morgan und der Societe Generale. Sie müssen wegen Zinsmanipulationen z. B. beim Libor, dem Euribor und dem japanischen Tibor Rekordbußen von insgesamt 1,7 Milliarden Euro an die EU in Brüssel zahlen.
Whistleblowing im Finanzwesen. Wer hat’s erfunden? Die Schweizer. So verkaufen Schweizer Banker gegen Zahlung von Millionen Euro mit Vorliebe Steuer-CD’s an deutsche Finanzämter, die sich über die Enthüllung von deutschen Steuersündern und zusätzlichen Steuermehreinnahmen in Milliardenhöhe gerade zur Weihnachtszeit besonders freuen.
Whistleblowing über unrechtmäßige, massenhafte Ausspähungen von Millionen unschuldiger Bürger am Tefefon und Handy und im Internet sind dagegen z. B. bei den britschen und US-amerikanischen Geheimdiensten und ihren Administrationen absolutes Tabu. Wer hat’s erfunden? Heutzutage dominieren und beeinflussen Whistleblower wie z. B. Julian Assange, Edward Snowden, Chelsea Manning und Paolo Gabriele das Weltgeschehen, in dem sie geheime Dokumente allgemein verfügbar machen. Sie handeln meist uneigennützig und moralistisch und wollen auf Verbrechen und Verstöße von Staaten und Organisationen gegen internationales Recht wie z. B. Kriegsverbrechen, Korruption, Missmanagement, Günstlingswirtschaft, Lobbyismus, Lügen und Wirtschaftsspionage aufmerksam machen. Damit drohen ihnen Gefängnisstrafen, weil sie von den vermeintlich Geschädigten als Verräter angesehen werden. Aber warum wird Whistleblowing im Finanzwesen belohnt und Whistleblowing bei den Geheimdiensten, in der Armee, in der Wirtschaft, in der Kirche und in der Politik zum Teil sehr hart bestraft? Dabei braucht unsere Welt nicht weniger, sondern mehr Transparenz, um sozial gerechter und menschlicher zu werden. Viele Whistleblower braucht die Welt – Freiheit für die Whistleblower!“

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4 Kommentare zu “Der Preis der Freiheit ist Verantwortung

  1. Der Beginn der Finanzkrise ist jetzt fast 6 Jahre her. Wir haben gerade eine Bundestagswahl erlebt bei der das Thema Bankenregulierung praktisch keine Rolle gespielt hat. Mir fällt da gerade das Thema Flughafenausbau und Landtagswahlergebnis in den betroffenen Wahlkreisen ein. Das ist wohl ähnlich gehört aber im Moment nicht hier her. Also, komm ich wieder zum Thema zurück. Eine riesige Mehrheit hat bei der Wahl gezeigt das sie sich nicht für die Themen der Finanzkrise interessiert und das 4 jährige Nichtstun von Frau Merkel abgesegnet. Das sollte man nun mal, ob es einem passt oder nicht, zur Kenntnis nehmen. Was da gerade in dem derzeit sich in der Diskussion befindlichen Koalitionsvertrag steht weiß ich im Moment gar nicht und hat auch bisher in der öffentlichen Diskussion keine große Rolle gespielt.
    Warum sollte Frau Merkel an diesem Zustand etwas ändern wollen? Warum sollte eine SPD etwas ändern wollen? Für das was dazu die SPD, ich sage mal, an vielen richtigen Ansätzen in ihrem Wahlprogram hatte ist sie vom Wähler abgestraft worden. Parteien sind keine Selbstvernichtungsorganisationen schon gar nicht in einer Demokratie. Wie wird es weiter gehen? Meine Meinung dazu ist folgende. Die sich abzeichnende neue Regierung wird einen wirkungslosen Formelkompromiss verabschieden und es bleibt alles beim alten bis die nächste Finanzkrise kommt und der Steuerzahler wieder, wenn noch dazu in der Lage ist, zahlen soll. Die eigentlichen Gründe, wie z.B. das viel zu viel Geld im Umlauf ist im Vergleich zur Wertschöpfung geht man nicht an. Es gäbe verschiedene Möglichkeiten das anzugehen. Man könnte große Vermögen besteuern und damit Rücklagen bilden, oder eine wirksame Finanztransaktionssteuer einführen, oder die Marktwirtschaft auch bei Banken einführen mit klaren Insolvenzregeln(Zypern). Das sind einige Beispiele die auch Wirkung zeigen würden, besonders wenn sie alle eingeführt würden. Es wird aber keine dieser Regel geben und deshalb werden wir tatenlos der nächsten Finanzkrise entgegen gehen. Ist da dann wirklich die Regierung schuld?

  2. Die „Finanzkrise“

    „Der Sparer erzeugt mehr Ware, als er selbst kauft, und der Überschuß wird von den Unternehmern mit dem Geld der Sparkassen gekauft und zu neuen Realkapitalien verarbeitet. Aber die Sparer geben das Geld nicht her ohne Zins, und die Unternehmer können keinen Zins bezahlen, wenn das, was sie bauen, nicht wenigstens den gleichen Zins einbringt, den die Sparer fordern. Wird aber eine Zeitlang an der Vermehrung der Häuser, Werkstätten, Schiffe usw. gearbeitet, so fällt naturgemäß der Zins dieser Dinge. Dann können die Unternehmer den von den Sparern geforderten Zins nicht zahlen. Das Geld bleibt in den Sparkassen liegen, und da gerade mit diesem Geld die Warenüberschüsse der Sparer gekauft werden, so fehlt für diese jetzt der Absatz, und die Preise gehen zurück. Die Krise ist da.“

    Silvio Gesell (aus „Die Natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld“, 1916)

    20 Jahre später bezeichnete der „Jahrhundertökonom“ J. M. Keynes in seiner „Allgemeinen Theorie (der Beschäftigung der Politik)“ dieses Phänomen, das sich zwangsläufig aus der Verwendung von hortbarem Geld mit Wertaufbewahrungs(un)funktion (Zinsgeld) ergibt, als „Liquiditätsfalle“ – und beschrieb zwei Mittel, um sie hinauszuzögern: Erhöhung der Staatsverschuldung mit Ausgabe des Geldes für Projekte, die den Zinsfuß nicht senken (Löcher graben und wieder zuschaufeln, Kriegsrüstung, etc.), und Geldmengenausweitung.

    Um aus der Liquiditätsfalle herauszukommen, gibt es bei der weiteren Verwendung von Zinsgeld nur eine Möglichkeit: Eine umfassende Sachkapitalzerstörung muss den Zinsfuß anheben. Diese früher sehr beliebte „Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ konnte jedoch nur solange der „Vater aller Dinge“ sein, wie es noch keine Atomwaffen gab!

    Was nun?

    „Ich finde die Zivilisation ist eine gute Idee. Nur sollte endlich mal jemand anfangen, sie auszuprobieren.“

    Sir Arthur Charles Clarke (1917 – 2008)

    Der eigentliche Beginn der menschlichen Zivilisation setzt die Überwindung der Religion voraus, die den Kulturmenschen „wahnsinnig genug“ für das Geld machte, damit das, was heute „moderne Zivilisation“ genannt wird, überhaupt entstehen konnte.

    Seitdem sind wir „poor lost children of the sea“ –

    http://www.youtube.com/watch?v=qNJ0fMdeWEc

    – bis zu dem Zeitpunkt, an dem die reale Angst vor der größten anzunehmenden Katastrophe der Weltkulturgeschichte insgesamt größer wird, als die seit Jahrtausenden eingebildete Angst vor dem „Verlust“ der Religion:

    http://opium-des-volkes.blogspot.de/2013/11/einfuhrung-in-die-wahrheit.html

  3. Das die betrogenen Kleinanleger Ihrem Verlust Luft machen zeigt deren Ohnmacht an. Im Grunde ist Spekulation ein abgegrenztes Spielfeld, bei dem nicht jeder mitspielen darf. Ungerecht und absolut undemokratisch ist allerdings die Finanzierung der Management-Boni durch die Allgemeinheit (also umverteilt auf angeblich alle). Das wiederum heisst: Keine Verantwortung (also auch keine Konsquenzen) für alle am Spiel Beteiligten, da Gewinne privatisiert (also in vermeintliches Eigentum der Gewinner 😉 gesteckt wird), Verluste sozialisiert werden ist sozusagen rechtlich genehmigter Raub.

    Follow the money?

    Die Kernfrage die ich mir die ganze Zeit stelle ist: Stimmt die ganze Schmonzette?

    Und wenn ja,ich darf dazu in einer Demokratie eine Meinung haben, aber ob ich sie kundtun soll und ob das für die Demokratie von Vorteil ist kann ich mir nicht vorstellen.

  4. Mir wurde von meiner Bank (einer örtlichen Sparkasse) immer wieder der Kauf von Fonds angeraten. Zum Schluss wurde mir der Kauf von Lehmann Zertifikaten empfohlen. Daraufhin fragte ich, wie dieses Konzept dieser Zertifikate aufgebaut sei, weil – so argumentierte ich – erstens die Bank, zweitens Lehman Brothers und drittens ich, als Kunde,verdienen sollte. Wie das funktionieren sollte?
    Dann wollte ich noch wissen, wie die Gegenfinanzierung aussehen würde (Absicherung gegen einen Absturz des DAX). Da kam viel: „Äh. Äh und Äh“.
    Worauf ich mich erdreistete, festzustellen, mein Bankberater könne meine Frage gar nicht beantworten und wolle mir im Grunde genommen nur eine Wette verkaufen. (Was mich entsetzte, weil ich das nicht von einer Sparkasse erwartet hatte!)

    Dann mein Resümee. Für Wetten abzuschließen gehe man besser gleich in ein Wettbüro. Und zum Abschluss des Gesprächs sagte ich, ich würde kein Produkt kaufen, das ich nicht verstünde. Wobei ich gleich einräumte, von Finanzdingen nicht viel zu verstehen.
    Seitdem gelte ich bei meiner Bank als „beratungsresistent“.

    Ironie des Schicksals: Knappe sechs Wochen später war Lehman pleite.

    Seitdem ist meine Distanz zu Banken und deren „Beratungen“ noch viel größer geworden.

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