Was muss in Deutschland eigentlich noch passieren, damit der Staat, aber auch seine Behörden wie der Verfassungsschutz, endlich erkennen, welche Gefahr diesem Land von rechts droht? Reicht das Versagen im Fall NSU immer noch nicht? Gewaltsuchende Hooligans lieferten sich in Köln Straßenschlachten mit der Polizei unter dem Vorwand, gegen Salafisten zu demonstrieren. Ich wage mal folgende These: Die Salafisten sind lediglich eine Ausrede für diese Leute. Ein Vorwand, unter dem sie sich zusammenrotten und „demonstrieren“ können. Dabei haben sie die Deutschen grundsätzlich auf ihrer Seite, denn viele Deutsche finden, dass gegen die Salafisten zu wenig unternommen wird. Das kann man so sehen. Doch das Salafisten-Problem ist nur eine Facette eines viel größeren Problems.
Nun gut, inzwischen sind unsere Behörden auf dem rechten Auge ja nicht mehr ganz so blind. Die „Bürgerbewegung“ Pro NRW“ wird vom Verfassungsschutz offiziell als verfassungsfeindlich eingestuft. Immerhin. Die Webseite „Politically Incorrect“ hingegen, die im Hintergrund der „Demonstration“ anscheinend eine maßgebliche Rolle spielte, sitzt in den Niederlanden und kann daher nicht nach deutschem Recht behandelt werden; ein Einstufung als verfassungsfeindlich müsste nach niederländischem Recht vorgenommen werden, und das ist nicht so einfach. Das alles zeigt nebenher, wo es auch in Europa noch krankt. Immerhin wird PI-News beobachtet.
„Erfolgreich wird man sie [die Radikalisierung] allein in den Köpfen bekämpfen können, auf der Straße reicht eine gut vorbereite Polizei“, schreibt FR-Autor Harry Nutt in seinem Kommentar. Alle Bilder, die ich von dieser „Demonstration“ gesehen habe, deuten darauf hin, dass dieser Kampf längst verloren ist, ebenso wie der um die Köpfe der Salafisten. Diese Gesellschaft kümmert sich nicht um ihre Ränder, es sei denn, sie machen mit Krawall auf sich aufmerksam. Das ist eine deprimierende Erkenntnis – auch deswegen, weil diese Entwicklung absehbar war. Dieser Kampf um die Köpfe, den Harry Nutt fordert, hat in all den Jahren oder nur unzureichend stattfinden, und er wird auch jetzt nicht stattfinden. Daher bleiben nur die Mittel des Rechtsstaats. Mittelfristig sieht es düster aus für das gesellschaftliche Klima in Deutschland.
Roland Klose aus Bad Fredeburg meint:
„Mini-Bürgerkrieg in Deutschland. Dabei werden auf Deutschlands Straßen mittlerweile Konflikte aus Syrien, dem Irak und dem Rest der Welt importiert und gewalttätig ausgetragen. Es tummeln und versammeln sich die unterschiedlichsten Gruppen auf unseren Straßen zum Kampf gegeneinander und gegen unsere Polizei: Islamisten, Salafisten, Kurden, ISIS-Anhänger, Jesiden, Tschetschenen, Rechtsextreme, Rocker, Hooligans etc. Das erinnert mich an die Straßenschlachten zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten vor der Machtergreifung Adolf Hitlers am 30.01.1933. Diesem Missbrauch des Demonstrationsrechts in Deutschland muss unbedingt Einhalt geboten werden. Derartige gewalttätige Demos müssen strikt und umgehend verboten werden. Ansonsten sind diese gewalttätigen Demos nur der Nährboden für Terrorismus und Anschläge in Deutschland. Erwacht, Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU), Verfassungsschutz, BND und MAD. Gewalttätige Demonstranten sollten sofort aus Deutschland ausgewiesen werden können. Wohin? In Obamas Guantanamo sind bestimmt noch Zimmer frei, oder?“
Johanna und Heinz Abraham aus Kronberg:
„Der Unterschied zwischen einem autoritären Regime und einem Rechtsstaat mit Demokratie wird in der Bevölkerung nicht an sogenannten Freien Wahlen und formalen Mehrheiten gemessen, sondern daran, wie dieser antiautoritäre Staat durch Gesetze und durch die Polizei wie durch Gerichte die militanten Gegner dieser Gesellschaftsordnung behandelt.
Solange sie nur in Worten ihre Ablehnung ausdrücken und sich nach undemokratischen Zeiten sehnen, muß er sie gewähren lassen, auch wenn dies manchem nicht gefällt. Wenn sie aber in Taten, sei es einzeln oder in Massen, gegen die Hüter der Gesetze und der freiheitlichen Ordnung auftreten, Personen oder auch Sachen beschädigen, und das politische Demonstrationsrecht mißbrauchen, haben Polizei und Gerichte das Recht, notfalls gegen Gewalt mit legitimer Gegengewalt vorzugehen. Im Grunde sind solche „Widerstandskämpfer“ an unserem Rechtsstaat gar nicht interessiert, gleich ob lediglich ihre Lust an Schlägereinen auslebend oder aber dies mit Forderungen antidemokratischer Art verknüpfend. Auch wie in Köln beides vereint.
Dabei werden die berechtigten Forderungen von Teilen der Gesellschaft, die wir teilen, durchaus innerhalb unserer Rechtsordnung in Sachen Flüchtlinge oder bei anderen strittigen Themen abzuändern oder zu verbessern, aufgegriffen und mit Thesen vermischt, die aus dieser Rechtsordnung eindeutig herausführen würden. Für schlichte Gemüter, milde ausgedrückt, und für Leute mit geringer Bildung, etwas deutlicher gesagt, die ebenso schlichte Parolen von sich geben, gern in Stadien oder bei Demonstrationen, ersetzt dies Nachdenken und Anwendung der Logik, und auch das Verständnis, was ein Rechtsstaat kann und was nicht.
Nichtwähler und Protestwähler sind ohnehin, Wähler aber durchaus auch da und dort, oft durch milde Gerichtsurteile gegen Störer verunsichert. Und durch zu lasches Vorgehen der Polizisten ebenfalls, die aber bekanntlich dann durch ihre Führung – auf Grund von Anordnungen zur Zurückhaltung seitens der Politikern – zwischen Baum und Borke sitzen gelassen werden. Und so gibt es dutzende von verletzen Polizisten und wenige bei den Randalierern oder Gewalttätern. Und Polizisten werden ggf. bestraft, wenn sie das Recht schützen wollen, um die lauten Störer ja nicht noch mehr zu reizen, wie geschehen.
In Stich gelassenen Polizisten oder Richtern, die streng urteilen und nicht nur Bewährungs-“Strafen“ verhängen möchten, aber daran von „Oben“ gehindert werden, muß dieser Rechtsstaat manchmal als ein sogenannter erscheinen. Solange die Politiker nicht begreifen, daß man den Anfängen wehren müsse, um in späteren wirklich kritischen wirtschaftlichen oder sozialen Zeiten jene Gewalttäter nicht als Nachfolger der Schlägertruppen in der Weimarer Republik agieren zu sehen, ist die Lust an diesem Staat und seinen Politikern keine Herzensangelegenheit.
Scheuklappen ab und aktiven Demokratieschutz wagen!“
Salim Samai aus Berlin:
„Bald werden wir Muslime nicht mehr auf den Straßen laufen! Gibt es Verantwortung gegenüber uns, 99 Prozent der Muslime, die hier leben und dankbar für Deutschland und den Rechtstaat sind? Können wir unser Leben weiter als normale Menschen und Bürger führen?“
Joachim Sandner und Norbert Schlüpen aus Bonn:
„An die Polizistinnen und Polizisten, die am Samstag in Köln bei dem Gewaltterror der Hooligans und Nazis ihren Dienst taten. Die Unterzeichner dieses Briefes wollen Ihnen für Ihren Dienst in Köln danken und Ihnen gleichzeitig unser tiefes Mitgefühl ausdrücken, denn Sie haben Ihre Körper und damit Ihre Gesundheit für uns und unsere Gesellschaft eingesetzt. Auch die Angst, die diese Gewalttäter bewusst erzeugen wollen, haben Sie stellvertretend für uns übernommen.
Wir wünschen den Verletzten vollständige und schnelle Besserung. Auch wenn wir körperlich nicht verletzt sind, so fühlen wir dennoch eine seelische Verletzung, dass solche Gewaltexzesse in unserer Gesellschaft stattfinden. Wir wollen dazu nicht mehr schweigen. Wir sind entsetzt und schockiert. Und wir hoffen, dass Sie bald wieder gesund sind und unsere Gesellschaft anfängt, zu lernen, ihre Konflikte gewaltlos zu lösen.“
Joshua Awraham aus Ludwigshafen:
„Warum fragt keiner der Journalisten, was der Grund dieser „neuen Koalition“ ist? Vielleicht liegt es ja an unseren Politikern, nicht nur an den Politikern in Deutschland ?
Täglich hört und sieht man die Berichte der radikalen Moslems und man hat den Eindruck, von einigen Flugeinsätzen der USA, Canada, Frankreich und England, abgesehen, dass sich so wirklich keiner um dieses Problem kümmert. Nur die Kurden, die dürfen die Drecksarbeit übernehmen und werden sich wahrscheinlich daran ausbluten.
Können sich die Politiker eigentlich vorstellen, dass man als „normaler Bürger“ vor dieser Entwicklung der radikalen Moslems, einfach nur Angst hat und eigentlich erwartet, dass sich die Politiker zusammentun und dem Spuk der radikalen Moslems ein Ende bereiten?
Vielleicht liegt es aber auch an dem Umgang mit den radikalen Salafisten hier in Deutschland? Vielleicht liegt es aber auch an der derzeitigen „Migranten-Politik“ in Deutschland ?
Wo bleibt die Hilfe für die „armen Länder“, Hilfe beim Aufbau einer funktionierenden Wirtschaft, einem demokratischen und sozialen Staatengebilde. Dann brauchen die Menschen auch nicht mehr aus Ihren Ländern flüchten ? Vielleicht sind das die Fragen die es zu lösen gilt. Unsere Politiker haben noch sehr viel zu lernen. Ich finde auch, dass viele Journalisten immer die falschen Fragen stellen.“
Helmut Helm aus Bischofsheim
„Auf der Titelseite der Fr vom 28.10.14 kommentieren Sie die Gewaltexzesse von Hooligans und Rechtsradikalen in Köln und sind mit Ihrer Bewertung sehr schnell bei der Hand: Die Äußerungen des NRW-Innenministers zur Verschärfung des Demonstrationsrechtes verwerfen Sie ohne Begründung als „die falsche Antwort auf die besorgniserregende Radikalisierung“. Und schreiben so einfach (einfältig?) wie forsch: „Erfolgreich wird man sie allein in den Köpfen bekämpfen können, auf der Straße reicht eine gut vorbereitete Polizei.“ Und damit sind Sie mit dem Problem fertig.
Vermutlich wie viele andere Leser auch, fände ich es äußerst interessant, von einem Feuilletonisten (von dem man durchaus schon Kluges hat lesen können) zu erfahren, wie „man“ (wer soll das bitteschön sein?) eine primitive Meute von gewaltgierigen Barbaren „in den Köpfen bekämpfen“ könnte. Machen Sie doch wirklich einmal konkrete, fundierte, qualifizierte Vorschläge dazu (auch wenn man dazu mehr als zwanzig Textzeilen braucht) und verschanzen Sie sich nicht hinter wohlfeilen, aber völlig folgenlosen Floskeln! „In den Köpfen bekämpfen…“: Wie soll wer und wann und wo solche geist- und gewissenlosen Hirne erreichen? Mal sehen, ob man demnächst zu dieser ernst gemeinten Frage in der FR auch ernsthafte Antworten mit Substanz lesen kann, von wem auch immer!“
Klaus Boll aus Frankfurt:
„Es scheint nun auf der Agenda zu stehen, wie Menschen aus den westlichen Staaten dazu kommen, sich z.B. der IS anzuschließen. Gut so! Ich habe mich nach den Krawallen in Köln gefragt, wie es dazu kommt, dass Hooligans eine solche Nummer abziehen. Ich dachte daran, letzteres in einem Leserbrief zu thematisieren, wohlwissend, dass das so mancher nicht verstehen würde und mir womöglich Nachsicht unterstellen könnte. Die Muslimin Frau Kaddor hat mir das dankenswerterweise abgenommen, indem sie in dem Interview sagt: „Wir müssen die Augen aufmachen, wenn sich ein junger Mensch diskriminiert sieht, keinen Platz in der Gesellschaft hat, sich nicht verorten kann. Das gilt genauso für Jugendliche, die offen für die Neonaziszene sind. Das Muster der Radikalisierung ist dasselbe“. Danke Frau Kaddor. Abgesehen von dem religiösen Fundamentalismus, vor dem auch so mancher Christ nicht gefeit ist, und der auf einem anderen Blatt steht, müssen wir uns in unseren westlichen Demokratien fragen, was hier falsch läuft seit Reagan, Thatcher und der ‚geistig moralischen Wende‘ in Deutschland (und anderswo), die sich in einem brutalen Neoliberalismus Bahn brach und allzu oft Mitmenschlichkeit vermissen lässt.“
Wer immer noch,ohne jeden Beleg glaubt im „NSU-Tatkomplex“ vom „Versagen“ staatlicher Institutionen spechen zu müssen, verschließt seinen Blick vor der Realität.
Oder, schlimmer noch begünstigt die ungerechtfertigte Einschätzung das es beim „NSU“- mit „Versagen“ erklärt sei!
Dem stehen schon die vielen kriminaltechnischen Fragwürdigkeiten entgegen, vom operativen Rest ganz zu schweigen.
Aus polizeilicher Sicht muss man sich damit abfinden dass es immer einen „extremistischen Bodensatz“ geben wird, ob da nun der Einzelne „religiöser“ oder „weltlicher“ Faschist oder Linksextremist wird, hängt nur von den gerade „in“ befindlichen Strömungen und persönlichen Umständen ab.
Ist so und bleibt so, leider.
Nur wenn natürlich ein BL wie NRW bei religiösen Extremisten stets die weiche Welle fährt, macht sich natürlich der Im irgendwann unglaubwürdig. Nur Härte gegen weltliche Faschisten ist und bleibt unzureichend.
Man wollte sogar zu der Demo in Kölln seitens der Landesregierung den Einsatz von Wasserwerfern und BFE Wobei NRW selbst keine hat, da regierungsseitig als „böse“ angesehen) unterbinden, um auf Kosten von Bürgern und BOS bei der eigenen Klientel pressetechnisch gut darzustehen; nicht das erste Mal.
Zudem ist bei den Hohlköpfen soweiso der Wille zur Gewalt da, den bekommt man durch Repession kontrolliert, aber nicht weg. Die wollen das so!
KM
Dass junge Menschen (meistens Männer) sich mit der Polizei prügeln, ist kein neues Phänomen und hat wohl mehr mit Sinnsuche, Testosteron-Überschuss und Alkohol zu tun, als mit Politik oder Religion. Die meisten sind später stinknormale Familienväter geworden, manche sollen es sogar bis zum Minister gebracht haben. Unangenehm (vor allem für die Polizei), aber kein Grund den Untergang des Abendlandes zu befürchten.
Der Vergleich von Roland Klose ist fast gut gewählt, die Ausschreitungen in Köln mit den Straßenkämpfen der Weimarer Republik zu vergleichen, obwohl 1930 wohl andere Dimensionen hatte. Das Rechts gegen Links aus der Weimarer Republik war ein Dauerzustand, Hooligans gegen Salafisten ist etwas Neues – die meisten der Chaoten waren wahrscheinlich betrunken. Salafismus bedeutet ja auch Prohibition, an sich schon Grund um zu randalieren.
zu # Harry Nutt in Bronskis Eingangspassage:
Eine einfach schlicht ergreifende Äußerung, aber nicht besonders erhellend. Eine Floskel reihte sich sich an die andere. Augen zu und durch! Polizei auf der Straße reicht. Wirklich toll, diese „Erkenntnis“.
Bemerkenswert!! Eine wirklich beruhigende Botschaft.
Die Sorgen der Bürger vor einer Eskalation der Gewalt gegen den „friedlichen Islam“ werden ignoriert, weil nicht ins eigene Weltbild passend.
Soweit alle ganz verständlich. Aber warum wird hier nur über die rechten Terroristen gesprochen. Ich denke die Linken Terroristen, die Autos, Häuser und Kinderwagen anzünden und sich mit regelmäßiger Gewalt mit der Polizei prügelt ist da genau so gefährlich. Die vertreten doch auch nur geistlose Thesen. Am besten niemals arbeiten gehen, kostenlos essen und wohnen und dann mal zur Entspannung ein paar hochwertige Autos von den Kapitalisten anzünden. Diese Typen sind mindestens genau so gefährlich wie die braunen.
@ 5.,
was genau bezwecken Sie mit Ihrem Beitrag, denn, es sei daran erinnert, es geht strafrechtlich nicht darum obskure „Gesinnung“ zu würdigen. Das kann letztlich eh keiner überprüfen, sondern um überprüfbare Tatbestände.
Alles andere ist kindische Angstmache. Extremismus der dem gesellschaftlichen Gegenüber Rechte abspricht ist immer gefährlich, gleich aus welcher Ecke Rechtfertigungsgründe genommen werden.
KM
Na dann lasst uns doch weiter Autos und Wohnungen abfackeln. Das sind ja eh keine „überprüften Tatbestände“. Toll wie das in Deutschland so geht. Alles was nicht links angesiedelt ist, ist bei euch Braun. Kein Wunder wenn AFD u.A so viel Zulauf bekommen. Danke für das tiefgreifende Demokratieverständnis von@5.,
@7.
Ich hab in diesem Land mal einen Eid geleistet, das halte ich mich auch dran.
Hier gehts nicht um „Demokratieverständnis“ sondern um Ihre Tendezn nach Gesinnungsjustiz zu rufen. Ein Umstand der in deutlichem Widerspruch zu Buchstaben und Geist der FDGO steht.
Ich bestreite garnicht das unser politische Klasse fast in toto durch Vorgaben in Bund und Ländern die Polizei oft in ihrer Durchstzung von Sicherheit und Ordnung behindert, aber das geht zu 90 Prozent zu Lasten der politischen Parteien. Insbesondere wenn die Stellen weggeschrumpft und stattdessen Unsummen in sinnlose Massenüberwachung gesteckt werden!
Wenn es darum geht gleich massiv gegenüber Extremisten jeder Coleur aufzutreten und robuste Einsatze zu fahren, da bin ich ganz bei Ihnen!
Das Thema lässt einen einigermaßen hilflos dastehen, der Kampf um die Köpfe ist wirklich eine große langwierige Aufgabe. J. und H. Abraham haben ja Recht: Solange Gegner der Gesellschaftsordnung „nur in Worten ihre Ablehnung ausdrücken und sich nach undemokratischen Zeiten sehnen, muß er [der Rechtsstaat] sie gewähren lassen, auch wenn dies manchem nicht gefällt. (…)“ So ist es.
Allerdings sollten wir uns davor hüten, diese „Demonstrationen“ schnell in die Schublade „Die wollen doch nur (gefährliche Spiele) spielen“ zu stecken. Im Hintergrund steht hinter den gewalttätigen „Demonstrationen“ nicht nur Spaß an Randale, sondern (unter anderem) auch die politische Frage, inwieweit es unser „modernes Einwanderungsland“ schafft, eine gelungene Integration alter und neu hinzu kommender Bevölkerungsgruppen zu bewerkstelligen. Eine Integration, die Menschen einerseits nicht ausgrenzt, andererseits aber auch klar Grenzen zieht, wer und was, d.h. welche Werte, welche Handlungen und welches Gedankengut, nicht integriert werden sollen, wovon sich die Mehrheitsgesellschaft also deutlich distanzieren muss.
„Die Politik“ hat in puncto zukunftsfähiges Integrationskonzept für die Gesamtgesellschaft m.E. noch nicht den Stein des Weisen gefunden. Darüber sollte man sprechen. Ich kann mich nur dann gegen das, was an Fehleinschätzungen „in den Köpfen“ anderer Leute, etwa der Ausländer-raus-Fraktion, herum spukt, zur Wehr setzen = dagegen argumentieren, wenn ich selbst ein klares (Welt-)Bild und Konzept davon habe, wie Gesellschaft und Staat künftig gestaltet sein sollen.
Wie geht (gelingende) Integration? (Und inwieweit ist die Gesellschaft bereit, dafür Geld auszugeben?)
Viele Politiker und Verantwortliche, die ja meist in überdurchschnittlich guten Verhältnissen leben, haben in diesem Zusammenhang nach meinem Eindruck nur eine unzureichende Vorstellung davon, welche unberechtigten wie auch berechtigten Ängste/Irritationen die gegenwärtigen gravierenden gesellschaftlichen Veränderungen als Mixtur aus neuen Einwanderungsbewegungen, Globalisierung, Verschlechterungen des Arbeitsmarktes, sich verändernden Rollenbildern der Geschlechter usw. usf. bei größeren Teilen der Bevölkerung auslösen. Angst fördert Radikalisierung, gerade bei Menschen, die Schwierigkeiten haben, sich rational mit dem Wandel auseinanderzusetzen bzw. in diesen Prozessen (potenziell oder tatsächlich schon)auf der Verliererseite stehen.
zu #9 h.p.
Ich bin Ausländer und halte mich an die Gesetze. Mehr kann man als Integrationsleistung nicht erwarten.
Die Hooligans sind daher in meinen Augen die Nicht-Integrierten.
Zu #10: „Ich bin Ausländer und halte mich an die Gesetze. Mehr kann man als Integrationsleistung nicht erwarten. Die Hooligans sind daher in meinen Augen die Nicht-Integrierten.“
Ich hatte nicht vor, die Hooligans zu verteidigen, und habe explizit, sehr bewusst, von der „Integration a l t e r und neu hinzu kommender Bevölkerungsgruppen“ gesprochen. Alle einzelnen Gruppen müssen aufeinander zugehen, nicht nur eine Seite einseitig auf die andere.
Allerdings kann ich Ihre ersten beiden Sätze nicht unterstützen. Es ist doch nicht identisch mit gesellschaftlicher Integration (und reicht als persönliche Integrationsleistung aus), wenn man sich „an die Gesetze hält“. Das ist die Grundvoraussetzung für das Zusammenleben in einer (Groß-)Gruppe, ja, aber selbst wenn viele Menschen zusammenleben, die alle gesetzestreu sind, wächst da nichts zusammen, nicht unbedingt. Jede Gesellschaft braucht Gemeinsamkeiten wie eine vorherrschende Umgangs-Sprache und eine größere Überschneidungsmenge zwischen allen vorhandenen vielfältigen Kulturen/Werten/Verhaltensweisen.
zu #11
Die von Ihnen angesprochenenn gemeinsamen Kulturen/Werte/Verhaltensweisen sind ein Phantom. Sie existieren gar nicht. Was haben z. B. Bronski und die Hooligans gemeinsam, an das sich ein Ausländer anzupassen hätte. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass wir Ausländer mit den Eingeborenen kein Problem haben? Haben Sie schon mal von Inländerhass oder -diskriminierung gehört?. Wer ist also das Problem? Die Integrationsforderung ist nur ein Vorwand für weitere Diskriminierung.
zu #12
„Wer ist also das Problem? Die Integrationsforderung ist nur ein Vorwand für weitere Diskriminierung.“ Ich glaube, Sie machen es sich zu einfach. Jeder verhält sich und lebt, wie er will, ohne freilich Gesetze zu verletzen, und gut ist’s? Und man muss sich über Integration keine Gedanken machen?
1. Nein, Bronski und die Hooligans haben mit Sicherheit eine sehr verschiedene Weltsicht und Lebensweise. Wenn ich von gemeinsamen Kulturen/Werten/Verhaltensweisen gesprochen habe, bezog ich mich auf die so genannte Mehrheitsgesellschaft. Es gibt leider immer Gruppierungen, die sich von dieser Mehrheitsgesellschaft distanzieren. Wenn Sie meinen, gemeinsame Kulturen/Werte/Verhaltensweisen in einer Gesellschaft seien ein „Phantom“, heißt das für mich im Umkehrschluss quasi, alle Länder/Staaten dieser Erde sind für Sie irgendwie gleich, abgesehen davon, dass diese zufällig in verschiedenen Regionen liegen und man dort jeweils andere Verkehrssprachen hat. Menschen können aber sehr unterschiedliche Erfahrungen mit sich herum tragen (vor allem: Rollenbilder von Mann und Frau, religiöse Vorstellungen, usw.).
2. Man neigt bei diesem Thema ja immer zu Verallgemeinerungen (Ausländer – Eingeborene, Migranten – Nicht-Migranten). Trotzdem: Wenn Sie von „wir Ausländer“ sprechen, machen Sie sich bitte klar, dass in Deutschland Menschen leben, die ihre Wurzeln in ca. 200 unterschiedlichen Staaten haben. Das Spektrum reicht von Arbeitsmigranten aus zahlreichen Staaten über Flüchtlinge/politisch verfolgte Menschen bis zu Spätaussiedlern und ausländischen Studieren. Die „Eingeborenen“ sind auch eine durchaus heterogene Gruppe, klar, aber ganz so heterogen denn doch nicht.
3. „Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass wir Ausländer mit den Eingeborenen kein Problem haben? Haben Sie schon mal von Inländerhass oder -diskriminierung gehört?“. Nein, Sie haben Recht, auf diese Wortwahl trifft man hierzulande nicht. Ich lese und höre aber jede Woche in politischen Statements und wissenschaftlichen Studien, dass in Deutschland Einwanderer immer noch „diskriminiert“ werden und sich diskriminiert fühlen. Dies scheint mir ein deutliches Zeichen dafür zu sein, dass (noch) nicht alles ganz im grünen Bereich ist. In jüngster Zeit hat es dazu im Übrigen zwei aus meiner Sicht sehr spannende Leserbriefe gegeben, einen von Helge Nyncke (Die Regeln der Herkunftskultur stehen der Integration entgegen, 04.11.2014) sowie eine Erwiderung von Georg Pape (Interkulturelle Kompetenz, 08./09.11.). Nyncke verweist auf vielfältige Faktoren wie die Rolle der Geschlechter, patriarchalische Strukturen, religiöse Vorgaben, die Migranten aus ihrer Heimat und Kultur mitbringen und die von ihrer Seite aus Integration hemmen können. Pape hat darauf mit einem Plädoyer für den Erwerb von „interkulturelle Kompetenz“ geantwortet. Es sei „notwendig, dass wir uns bemühen, die geschichtlichen, religiösen und kulturellen Hintergründe [von Zuwanderern] besser zu begreifen“. Dies könnte „ … heißen, gesprächsfähig zu werden und eine Auseinandersetzung im Dialog zu ermöglichen.“ Es scheint also durchaus Menschen in Deutschland zu geben, die Gesprächsbedarf beim Thema Zusammenleben der Bürgerinnen und Bürger sehen. (Wobei auch die „Eingeborenen“ unter sich noch genügend Probleme im Miteinander haben, ohne Frage!)
zu #11
wenn ich schreibe, dass es die gemeinsamen Kulturen/Werte/Verhaltensweisen gar nicht gibt, schliessen Sie daraus, dass alle Menschen gleich sind. Wenn alle Menschen gleich wären, hätten Sie doch gemeinsames. Die Gemeinsamkeiten existieren nicht, weil alle Menschen verschieden sind. (siehe dazu Markus Gabriel: Warum es die Welt nicht gibt) An wen soll ich mich dann anpassen? An die Mehrheit? Wer definiert, was die Mehrheit ist? Wenn nächstes Jahr alle Männer high heels tragen, sollte ich mir dann auch welche kaufen?
zu #14
Mal abgesehen davon, dass Herr Gabriel auch einige Kritik an seinem Werk einstecken musste, wollte ich bei unserem Gespräch jetzt nicht unbedingt bei Kant & Co. landen.
„An wen soll ich mich dann anpassen? An die Mehrheit?“ – Zumindest in puncto bundesdeutsche Gesetze („Ich bin Ausländer und halte mich an die Gesetze“) scheinen Sie ja willig, allgemeine Regeln, auf die sich regional ansässige politische Mehrheiten mal verständigt haben, einzuhalten.
UND: Wenn es hierzulande üblich wäre, dass die meisten Männer hochhackige Schuhe trügen, vermute ich durchaus, Sie hätten auch welche an(!), Sie tragen ja höchstwahrscheinlich auch Jeans oder, sollten Sie Banker sein, Jackett in der Arbeitszeit und nicht Ihre bequeme Jogginghose.(?) Und in anderen Ländern würden Sie sich möglicherweise anders kleiden, sollte dort der schwarze Anzug unüblich sein.
OK, für Sie sind alle Menschen „verschieden“, und Gemeinsamkeiten „existieren [deshalb] nicht“. Wahrscheinlich würde Sie auch der Aussage, die ich in letzter Zeit von einigen Bekannten gehört habe, zustimmen (das meine ich jetzt nicht polemisch), dass Sie keine bestimmte Heimat haben, sondern die Erde Ihre Heimat ist. So etwa klingt sehr weltoffen. Was sagt uns das nun über das Zusammenleben von Bürger/innen aus, wie gesagt, um die 200 Nationen in einem real existierenden Staat?
Ich saß neulich in einem Café in einer mittelgroßen rheinland-pfälzischen Stadt, um mich herum an drei Tischen Familien, deren Mitglieder jeweils in drei verschiedenen Sprachen redeten, die ich nicht verstanden habe. Das war jetzt kein größeres Problem, verdeutlicht aber, dass Verschiedenheit auch einfach Nebeneinander-Leben bedeuten kann.
# 15
Ja, ich würde sagen, dass ich keine Heimat habe. Ich bin immer dorthin gegangen, wo ich Arbeit bekommen konnte und dort wo ich aufgewachsen bin, gab es keine Arbeit für mich. Das Problem ist nur, dass es Menschen gibt, die der Meinung sind, dass ich nun in ihrer Heimat bin und dort eigentlich nicht sein sollte.
Ihr Statement macht mich jetzt, ehrlich gesagt, etwas betroffen.
Es ist, darüber müssen wir gerade in diesem Thread nicht reden, sicher eine Tatsache, dass es in allen Ländern radikale Personen gibt, die meinen, dass die und die „fremden“ Leute vor Ort „eigentlich nicht sein sollten“.
Es gibt aber auch sehr viele andere Menschen, die grundsätzlich nichts gegen Einwanderer und Flüchtlinge usw. haben und die sich eben nur Sorgen machen, dass es nicht gelingt, die „Fremden“ und die „Einheimischen“ zusammenzuführen, so dass
a) die Zuwanderer sich nicht ausgegrenzt fühlen und sie in die Gesellschaft hineinwachsen, und so dass
b) die Einheimischen sich nicht zumindest unausgesprochen vor (Nachteilen durch) Einwanderung und zu viel fremden Eindrücken fürchten und deshalb Einwanderung, zumindest ab einer bestimmten Größenordnung, ablehnen.
Hier eine Brücke zu schlagen ist, wie gesagt, aus meiner Sicht alles andere als einfach. Ich weiß da auch kein Patentrezept. Es reicht aber ganz sicher nicht, wenn die Politik dazu übergeht, statistische „Migrantenquoten“, wie immer man dann „Migranten“ definiert, einzuführen, wo doch schon die „Frauenquote“ (meines Erachtens) nicht funktioniert. Statistische Kennziffern haben eben wenig mit Respekt vor anderen Menschen und mit realen Lebenslagen zu tun.
zu # 17
Vor zehn Jahren bin ich in ein Dorf mit 5000 Einwohnern gezogen. Die Gemeinde veranstaltete einen Begrüssungsabend für Neuzugezogene. Der Bürgermeister hat die Vorteile dieses Dorfes vorhergehoben. Dabei erwähnte er zweimal die niedrige Ausländerquote. Er kam mir gar nicht radikal vor, sondern ganz normal.
#18
Salopp formuliert: So etwas geht gar nicht. Das ist schon sehr verletzend.
Und es zeigt, dass die Idee des modernen Einwanderungslandes nicht nur an den Rändern der Gesellschaft (s. den Thread hier), sondern oft auch in ihrer Mitte noch nicht angekommen ist (meine Rede).
Ich denke nach wie vor nicht und will es auch nicht denken, dass jedermann, der sich kritisch/negativ äußert, wie Ihr Bürgermeister, gleich per se bös ausländerfeindlich ist. Er hat evtl. „nur“ großstädtische Schulen im Hinterkopf, in deren Klassen zum Teil 70 Prozent und mehr Kinder und Jugendliche Migranten sind, und ist „froh“, dass er die dort nötige Integrationsleistung nicht erbringen muss. Was keine Entschuldigung sein soll.