Psssst, wir müssen ab sofort ganz vorsichtig sein! Der große Bruder jenseits des Atlantiks liest nämlich mit. Und nicht nur das – er hört auch mit. Und er sieht alles! Jedenfalls alles, was wir via Skype machen. Was wir auf Facebook machen. Was wir überhaupt machen. Und die Internet-Giganten machen mit, indem sie die Nutzerdaten rausgeben. Alle. „Prism“ heißt das Programm der National Security Agency (NSA), das bis vor kurzem geheim war – bis es von einem jungen Mann namens Edward Snowden enthüllt wurde. Solche Leute nennt man Whistleblower.

Ich als bekennender Freund von Verschwörungstheorien muss allerdings zugeben: Ich bin nicht überrascht. Amüsiert aber auch nicht. Es ist mit dem Internet wie mit allen Technologien: Was gemacht werden kann, wird auch gemacht. Irgendwer macht es, einfach weil es möglich ist. Die rechtlichen Grundlagen für „Prism“ wurden in den USA nach 9/11 gelegt, und damit war es möglich. Ob es aber auch nötig ist? Die NSA behauptet, mit Hilfe von per „Prism“ ermittelten Daten schon zwei Terroranschläge verhindert zu haben. Das Attentat von Boston aber konnte der Geheimdienst nicht verhindern. Ergo bleibt wieder mal nur die Binsenweisheit, dass es keine absolute Sicherheit gibt, nicht einmal mit „Prism“.

Der Überwachung kann sich heute niemand mehr entziehen, selbst diejenigen nicht, die sich aus Angst davor, zum gläsernen User zu werden, nicht ins Internet trauen. Auf Bahnhöfen, in Banken und Supermärkten und einer zunehmenden Zahl von öffentlichen Plätzen sind Kameras installiert oder werden es bald sein. Benutzt man ein Navigationsgerät oder lässt man sein Smartphone im GPS-Modus, werden ständig Bewegungsdaten übermittelt. Mit Hilfe von Bonuskarten, angefangen bei der Bahncard, lässt sich Verbraucherverhalten studieren. Selbst als notorischer Barzahler, wenn man also auf den Einsatz von Kredit- und EC-Karten verzichtet, hinterlässt man Datenspuren. Nicht einmal als Eremit, der eine Höhle auf irgendeinem felsigen Ägäis-Eiland bewohnt, wäre man vor der Erfassung sicher.

Wir werden uns also fügen. Ist ja auch nicht so schlimm, denn erstens sind es ja die Guten, die unsere Daten sammeln, und zweitens dient das alles bekanntlich nur unserer Sicherheit. Folglich wird hier auf dem FR-Blog künftig nur noch Mainstream veröffentlicht. Ganz brav.

Dr. Ernst Jürgen Bernbeck aus Heppenheim:

„Es ist also kein Geheimnis mehr: Die USA sichern sich den Zugriff auf alle weltweit verfügbaren Daten, also Internetanfragen, Banküberweisungen, Flugverbindungen, Telefongespräche. Sie lassen dazu riesige Anlagen in der Wüste von Utah bauen und geben dafür Milliarden Dollar aus. Alles durch Gesetze gedeckt, Verwendung und Weitergabe der Daten nur in Einzelfällen und unter richterlicher Kontrolle, Missbrauch also ausgeschlossen. Nur muss die Aktion geheim bleiben. Dass Edward Snowden und kurz vorher schon Thomas Drake sie aufgedeckt haben, ist Verrat und gefährdet die Sicherheit der Vereinigten Staaten. Solche Verbrecher müssen bestraft werden.
Die USA also ein Überwachungsstaat? Da gibt es doch Vorläufer, z.B. die DDR. Die Stasi war allgegenwärtig, forschte die Bevölkerung aus, fürchtete überall Gefahren für die SED-Herrschaft. Nur hatte sie noch keine moderne Informationstechnologie und Speicherkapazität, sie brauchte Spitzel, Denunzianten und – wie umständlich – Tonnen von Akten.
Die DDR-Regierung war in Gefahr, wie ihr Zusammenbruch 1989 bewiesen hat. Sie versuchte, durch die Stasi ihr Überleben zu sichern. Ihre Paranoia war verständlich, ja geradezu systembedingt. Sollte es in den USA ähnlich sein? Die NSA, der amerikanische Sicherheitsdienst, soll die USA vor dem Terrorismus schützen. Zweimal schon, 2008 oder 2009, sollen Terrorüberfälle durch die NSA verhütet worden sein. Aber rechtfertigen diese bescheidenen Erfolge den Milliardenaufwand, die Verfassungsbrüche und die Geheimhaltung?
Mir scheint, die USA haben Grund zu einer ganz anderen Sorge. Bei enorm wachsendem Wohlstand und Überfluss der reichen Schicht Amerikas und der fortschreitenden Verarmung und Verelendung der Bevölkerungsmehrheit in Lateinamerika, Afrika und den arabischen Ländern könnten einige Leute auf den Gedanken kommen, dass ein Zusammenhang besteht zwischen dem Reichtum Minderheit und der Armut und Hoffnungslosigkeit der Mehrheit, dass da also das von den USA diktierte Wirtschaftssystem ein Hindernis ist für Gerechtigkeit und Frieden. Solche Leute könnten in Zukunft tatsächlich das amerikanische Lebensmodell in Gefahr bringen. Solche Leute, und es wird sie weltweit geben, muss die NSA frühzeitig aufspüren und unschädlich machen.“

Eric Boule aus Amsterdam (NL):

„Die US-Behörden versuchen seit einiger Zeit, die EU-Behörden in einem Cyberkrieg zu engagieren, weil die US attackiert würden. Jetzt stellt sich über Whistleblower Snowden heraus, dass die USA selbst an der Basis stehen von vielen Cyber-Attacken (61 000) weltweit. Was wird da gelacht, gewitzelt über die dummen Europäer auf der anderen Seite des Ozeans! So ließen die Europäer sich auch schon betören mit Sanktionen und Kriegen, welche nur im Interesse der USA waren.
Das alles hat Europa Hunderte Milliarden Euro gekostet. Und alle EU-Politiker und -Geheimdienste haben daran mitgearbeitet. Vielleicht gab es einige, die das Spiel durchschaut haben, aber mit vielen Millionen von Euro beruhigt wurden. Kein Wunder das es so schlecht geht mit unserem Kontinent.“

Wolfgang Schwaneberg aus Berlin:

„Unsere so genannten Datenschützer, die Herren Wiefelspütz, Schaar u.a., werden immer grotesker in ihren Forderungen nach noch mehr Datenschutz. Was soll das alles? Wenn es der Terrorismus-Früherkennung und der Verhinderung von terroristischen Anschlägen von links oder rechts dient, können sie die meisten meiner persönlichen Daten, E-Mails, Telefongespräche oder auch Bilder und Filmaufnahmen kontrollieren und verwenden. Ich habe keine kriminellen Geheimnisse oder etwas zu verbergen. Viele Dinge sind bereits von uns allen bekannt, z.B. im Telefonbuch oder im Internet. Na und? Wenn es unserer Sicherheit dient, dann bitte. Ich denke, dass viele ehrliche Bürger meiner Meinung sind. Die Kontrollen der Amerikaner haben auch bei uns schon Schlimmeres verhindert.“

Roman Gonther aus Frankfurt:

„Um es mal mit Gernot Hassknecht zu sagen: „Da kommt mir doch die kalte Kotze hoch!“ Und um allen mal richtig den Tag zu versauen, erinnere ich daran, dass demnächst Tausende von hippen Smartphone-Freaks mit einer Google-Brille auf der Nase rumlaufen werden, bei der keine Mensch weiß, ob sie filmt oder nicht und bei der zahllose Apps vermutlich ohnehin ständig Bilder zu Google und damit zur NSA senden (Navigation, Sightseeing-Apps, Gesichtserkennung etc.).
Man muss nicht mal im Netz unterwegs sein, um überwacht zu werden, man muss nur auf die Straße gehen. Wollt ihr die totale Überwachung? Klar! Wenn es uns sicherer macht! Dazu schmeißt der NSA-Chef ja auch demnächst lecker Daten auf den Tisch. Na also! Worüber er wahrscheinlich keine Statistik angelegt hat, ist, wie viele Unschuldige bisher in die Fänge dieses Überwachungswahnsinns geraten sind und aufgrund fehlerhafter oder unzureichender Daten verfolgt, behindert, nach Guantánamo verschleppt oder gar bei den zahlreichen Drohnenangriffen getötet wurden. Dass so etwas passiert, ist, denke ich, ein Gesetz der Wahrscheinlichkeit und genau aus diesem Grund ist eine solche Totalüberwachung mit den Bürgerrechten immer unvereinbar gewesen.
Dort wo ich in „das Leben der Anderen“ hineinschaue, erscheint vieles merkwürdig und missverständlich. Bald werden wir unser Leben nur noch so leben, dass wir uns fragen: Wie sieht dieses oder jenes aus Sicht der tausend Augen der NSA aus? Wie hört sich das mit den zahllosen Ohren der NSA an? Mache ich mich gerade verdächtig? Kann ich plausibel erklären, was ich hier tue? Wie kann ich mich dafür später rechtfertigen? Gerade bin ich ja nur ein kleines Stück Treibgut auf einem riesigen Strom von Daten, aber wird dieser oder jener Schritt, ein falsches Wort in einer Mail oder einem Facebook-Eintrag, eine Reise an einen bestimmten Ort vielleicht dazu führen, dass ich nach oben gespült werde oder mich im Gestrüpp am Ufer verfange? Ziehe ich Aufmerksamkeit auf mich?
Während ich das hier schreibe, kann ich nicht umhin daran zu denken, wie es sein wird, wenn ich das nächste Mal bei der Einreise in die USA vor den grimmig dreinschauenden Beamten der Einwanderungsbehörde stehe. Hat irgendjemand bei der NSA diese Zeilen gelesen? Schlagworte, die im automatischen Suchfilter des Überwachungsprogramms hängen bleiben, gibt es ja genug. Hat er verstanden, was ich meine? Oder liest das keiner?
Wer hat die Zeit, Millionen von Textdokumenten durchzugehen und sich dabei um tiefgreifendes Verständnis zu bemühen? Vielleicht hat irgendein vermeintlich hochentwickeltes Computerprogramm aufgrund bestimmter Wortkombinationen und Parameter mich zum potenziellen Terroristen erklärt, und sie schicken mich mit dem nächsten Flieger zurück? Oder hab ich weniger Glück?
Überzogene Paranoia? Vielleicht. Aber wo solche Gedanken, wie rational sie auch immer sein mögen, unser Handeln bestimmen, hat Unfreiheit schon längst begonnen. Ist es das wert? Präsident Obama glaubt, wie viele Amerikaner und auch Deutsche, sich zwischen Freiheit und Sicherheit entscheiden zu müssen. Was er vergessen hat zu erwähnen, ist, dass das Leben in einer freien Gesellschaft schon immer Mut erfordert hat. Für die Freiheit, wie wir sie heute kennen und genießen sollten, haben unzählige Menschen vor uns ihr Leben geopfert. Das klingt etwas pathetisch, aber mit der gleichen Begründung schicken die Amerikaner und wir heute junge Soldaten nach Afghanistan: Um dort unsere Freiheit zu verteidigen. Wenn es aber um unsern eigenen Arsch geht, hier an der „Heimatfront“, haben wir nichts Eiligeres zu tun, als diese Freiheit wie lästigen Ballast bei rauer See über Bord zu werfen. Könnte George Washington sehen, wie sein heutiger Amtsnachfolger mit seinem unter schweren Verlusten errungenen Erbe umgeht, müsste er sich vermutlich permanent übergeben.“

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31 Kommentare zu “Systembedingte Paranoia

  1. Arno Widmann leitartikelte zu Prism dann in der FR: „Bürger unter Generalverdacht“:
    http://www.fr-online.de/meinung/leitartikel-nsa-spionage-buerger-unter-generalverdacht,1472602,23396266.html

    Das liest sich doch sehr mitreißend, wenn Arno Widmann in seinem Leitartikel aufbrausend schreibt, er sei empört. Nein, da wird sogar das Kollektiv beschworen, „wir sind empört“ heißt es dort, und das sei zu Recht. Das ist schön, das ist verständlich, aber es sind trotzdem nicht mehr als plakative Worte eines hilflosen Zorns; das um den Verlust bürgerlicher Freiheiten vergossene Augenwasser kann ich nicht mehr ernst nehmen. Wer Augen hat zu sehen, wer Ohren hat zu hören, wer nicht komplett ignorant und merkbefreit ist, der wußte seit Jahrzehnten, welches unheilvolle Spiel die Dienste in den USA wie hierzulande spielen. Und inzwischen ist klar, daß auch die Briten kräftig mitmischen. Das läßt nur den Schluß zu, daß eigentlich niemand mehr dem „Stahlnetz“, wie es der Spiegel in seiner Serie vom März/April 1979 nannte, entkommen kann.
    Innenminister Friedrichs scheinbar feuchte Träume von der Bürgerüberwachung sind auch keinesfalls neu und schockierend. Der ehemalige BKA-Präsident Horst Herold war mit seinen Vorstellungen vom „Sonnenstaat“ aus dem Deutschen Herbst vom Ende der 1970ern deren Wegbereiter. Vor genau 34 Jahren druckte der Spiegel am 18. Juni 1979 den Artikel von Hans-Magnus Enzensberger „Bürger unter Generalverdacht. Hans Magnus Enzensberger über Privatsphäre, Demokratie und Polizeicomputer“ aus der Zeitschrift „Kursbuch“ nach. Dort heißt es in der Einleitung: „Der akademisch gebildete Computerfahnder im Bundeskriminalamt und ‚der gute alte Polizist mit seinem Knüppel, seinem Tschako und seinem Rechtsdrall‘ hätten nur eines gemeinsam: die ‚Wahnidee der perfekten inneren Sicherheit‘; die westdeutsche Bevölkerung, meint der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger, unterliege heute ‚einem Grad von Überwachung‘, von dem die Gestapo ‚nur träumen‘ konnte.“ Arno Widmann, Jahrgang 1949, kann nicht sagen, daß er die damalige Entwicklung nicht wahrgenommen hat, daß das an ihm vorbeigegangen ist – die Überschriften sind geradezu aufreizend identisch. Da kommt die Empörung reichlich spät, zu spät!

    Bürger werden seit Jahrzehnten gezielt und flächendeckend überwacht und ausgespitzelt, nicht erst seit gestern. Horst Herold in den 1970ern, das amerikanisch-britische Echelon seit mindestens zwanzig Jahren, gestern in die Öffentlichkeit gekommen und Empörung ausgelöst, und heute schon wieder alles vergessen? Jedesmal kommen, wenn die nächste große Abhöraktion aufgedeckt wird, kommen die Mahner und Empörten, reden von 1984 und davon, daß es 5 vor 12 sei – wie absurde! Liebe Leute im Lande, 1984 ist längst vorbei, und die Uhr zeigt nicht auf 5 vor 12, sondern sie zeigt, daß der Zug schon längst abgefahren und in voller Fahrt ist. Eine ehrenvollen Netz-Bürgerinitiative wie die von 2001 bis 2008 aktive „Stop1984“ war einfach nur noch größtenteils harmlos. Einerseits werden den Bürgern Rechte und Freiheiten durch immer klarere Entscheidungen der Obergerichte zugesprochen und gestärkt, andererseits wird der Schutz der Privat- und Intimsphäre der Menschen immer stärker durch alle möglichen Organisationen und Unternehmen ausgehöhlt. Da brauche ich weder Paranoia noch Empörung mehr, sondern zucke nur noch mit den Achseln. Die Generationen junger Menschen seit dem Ende der 1980er ist mit der flächendeckenden Elektronik aufgewachsen und regelrecht darauf dressiert worden, ihre Privat- und Intimspäre nicht mehr zu schätzen, sondern bei jeder Gelegenheit anderen höchst peinlich aufzudrängen. Die liefern freiwillig, drängen sich sich bei Facebook und Co. geradezu danach, wo andere sich noch gegen sperrten und empört sind. Bald wird es nicht mal mehr die hilflose Empörung eines Herrn Widmann geben, sondern nur noch Verständnislosigkeit darüber, wie solch eine Empörung damals möglich war.

    Der erste Teil der Stahlnetz-Serie im Spiegel vom 30. März 1979 findet sich unter:
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40351613.html

    Der komplette Spiegel-Artikel vom 18. Juni 1979 findet sich unter:
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40349651.html

  2. Und ihr glaubt wirklich, dass die Amerikaner das erst seit Obama machen?! LOL ROFL!!! Und ihr glaubt wirklich, dass die deutschen Behörden das erst seit Merkel, Kauder, Friedrich etc machen? LOL!!!! ROFL!!!! Es ist alles zu Spät. Ihr wollt jetzt Transparenz? Zu Spät, das Kind ist in den Brunnen gefallen! Alle werden es leugnen, alle werden es abstreiten und es aussitzen. Das Ende vom Lied ist, dass NICHTS passieren wird!!!!! Es wird eher noch schlimmer werden. Man muss sich nur mal das INDECT Programm anschauen. Die deutschen machen da auch kräftig mit und finden das mächtig toll. Willkommen im totalitären Konsum Staat!

  3. @EvaK

    „Bürger werden seit Jahrzehnten gezielt und flächendeckend überwacht und ausgespitzelt, nicht erst seit gestern.“

    Es stellt sich doch die Frage: Zu welchem Zweck? Ich kann mir schlecht vorstellen, dass die Innenminister des Bundes und der Länder diese Tätigkeit zum Selbstzweck betreiben. Wir sehen doch, dass der Staat bei dem NSU-Phänomen völlig versagt hat. Hätte eine Überwachung wie die vermutete stattgefunden, wären die staatlichen Überwacher nicht in dieses Pleiteloch gefallen.

  4. @ Rudi,

    “Bürger werden seit Jahrzehnten gezielt und flächendeckend überwacht und ausgespitzelt, nicht erst seit gestern.”

    Es ist mein Eindruck, daß hier entweder übertrieben wird (nach dem Motto: Ich weiß nichts Genaues, und gehe deswegen erstmal vom Worst-Case aus), oder man setzt die Kriterien an „Überwachung“ so tief an, daß schon der Bürger als überwacht gelten kann, dessen Adresse dem Einwohnermeldeamt und damit auch Polizei, Geheimdiensten usw. bekannt ist (ich übertreibe ein wenig, aber so in etwa).

    Mit dem „NSU-Phänomen“ kann ihre und meine Skepsis weniger gut bewiesen werden, weil die Auffassung ja verbreitet ist, daß die befassten Stellen hier nicht hätten versagen müssen, sondern einfach nur versagen wollten. Man könnte aber auch fragen, wieso gibt es überhaupt noch Steuerhinterziehung, wenn der Bürger ja jetzt schon gläsern ist. Allerdings wird er in der Frage seiner Einkünfte, insbesondere auch der Bankguthaben und -bewegungen zunehmend gläserner gemacht, aber ich habe irgendwie das vage Gefühl, daß speziell auch EvaK eine gezielte und flächendeckende Überwachung und Ausspitzelung eher gutheißt, wenn diese dem Zweck dient, die ordnungsgemäße Beseteuerung der Bürger sicherzustellen. Nicht zuletzt aber ist z.B. Raubkopiererei ein ausgesprochenes Massenphänomen, und die angebliche „flächendeckende Überwachung und Ausspitzelung“ konnte daran nicht das Geringste ändern. Auch irgendwie merkwürdig.

    Wie auch immer aber die gegenwärtige Situation sein mag… künftig wird natürlich die Datensammelei ganz stark zunehmen. Mehr und mehr Lebensäußerungen der Menschen werden durch digitale Domänen fließen statt im Analogen zu verbleiben, und werden damit speicherbar werden, außerdem werden die Speicherkapazitäten zunehmen. Das wird ernste Probleme aufwerfen, über die diskutiert werden muß.

  5. @Rudi

    „In der Politik geschieht nichts zufällig. Wenn etwas geschieht, dann kann man sicher sein, daß es auf diese Weise geplant war.“ (Franklin D. Roosevelt)

    “When you have excluded the impossible, whatever remains, however improbable, must be the truth.” (Sherlock Holmes in “The Adventure of the Beryl Coronet“)

    Die Ermittlungen gegen die NSU waren nicht ein Versagen des Staates, sondern ein gezieltes Nichtermitteln, Verfolgen falscher Ansätze sowie Diffamierung der Opfer und ihrer Angehörigen durch die Polizei und die Verfassungsschutz-Dienste. Nicht ohne Grund wurden vorhandene Erkenntnisse nicht genutzt und vertuscht, wurden Akten geschreddert und wurde die Öffentlichkeit nach Strich und Faden belogen. Das läßt leider den unerfreulichen Schluß zu, daß sowohl bei der Polizei als auch den Diensten Personen aktiv sind, die zumindest eine „klammheimliche Freude“ über die Mordserie empfinden oder sogar deutlich mit den Tätern sympathisieren.

    Das hat Methode und Historie, denn schon in den 1920ern wurden die Morde der rechtsextremen Organisation Consul an prominenten Politikern wie Walther Rathenau von der Polizei und den Gerichten nur sehr zögerlich verfolgt und bestenfalls mit sehr milden Gefängnisstrafen geahndet. Enzensberger schreibt nicht ohne Grund „der gute alte Polizist mit seinem Knüppel, seinem Tschako und seinem Rechtsdrall,“ der „die Wahnidee der perfekten inneren Sicherheit“ pflege.

    Bürgerliche Freiheit, Privatsphäre und Grundrechte wie Postgeheimnis und Unverletzlichkeit der Wohnung hingegen sind gefährlich Ideen linker Unterwanderer und Anarchisten, die den Staat schwächen und aushöhlen sowie die rechte Ordnung abschaffen wollen. Die Bürger- und Menschenrechte behindern nur die Polizei und den Staatsschutz in ihren Ermittlungen gegen all die verdächtigen Subjekte und linken Verbrecher, die alle irgendetwas zu verbergen haben – sonst würden sie ja nicht so auf Datenschutz und Privatsphäre bestehen. Rechtschaffene, brave Bürger wie der Berliner Wolfgang Schwaneberg haben nichts zu verbergen, die wollten nur Recht, Ordnung und Sicherheit, für die ist die Polizei „Freund und Helfer“ und nicht ein autoritäres Machtinstrument des Staates zur Bürgerkontrolle.

    Und um die geht es letztlich bei der Überwachungsmanie, all die Bürgerrechte nicht zu weit ins Kraut wuchern zu lassen, denn wir leben zwar in einer formalen Demokratie, aber diese Ansprüche in eine gelebte Wirklichkeit jenseits eines vierjährigen Wahlturnus umzusetzen würde die tatsächlichen autoritären Strukturen im Lande und die Herrschaft von Lobbygruppen deutlich gefährden. Wie gefährlich Demokratie und Bürgerrechte sind resp. von den Mächtigen empfunden werden, sagt der berühmte Satz Willy Brandts: „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“ Es ist schon erbärmlich, die als Ideal deklarierte Staatsform in einem Staat, der sich dieser verschrieben hat, als Wagnis zu bezeichnen. Und damit dieses „Wagnis“ nicht zu groß wird, wird überwacht, kontrolliert und gegängelt, werden Bedrohungen der inneren Sicherheit aufgebauscht, damit ängstliche Naturen sich ducken und freiwillig allen Beschneidungen ihrer Bürgerrechte zustimmen, Hauptsache (schein-)sicher.

  6. Noch gefährlicher für die Bürgerrechte und die Freiheit als die polizeiministeriellen Sicherheitsfanatiker sind selbsternannte rechtschaffene Bürger wie Wolfgang Schwaneberg, die angeblich nichts zu verbergen haben. Bettelten diese Leute darum, sie zu ihrer eigenen Sicherheit vor der bösen Welt und aus Angst vor der Freiheit doch am besten gleich ins Gefängnis zu sperren, erließen die Innenbehörden sofort eine entsprechende Verordnung. Die Schwanebergs dieser Welt würden sich auch ohne Zögern Überwachungselektronik unter die Klobrille, ins Bett und in die Unterhose setzen lassen, wenn nur die angebetete Obrigkeit ihnen sagt, das diene „der Terrorismus-Früherkennung und der Verhinderung von terroristischen Anschlägen von links oder rechts.“ Ein Leben in Ketten ist für diese Menschen einfacher, als das „Gespenst der Freiheit“ ertragen zu müssen.

  7. Da behält die alte Stragtegie der RAF doch recht.
    Man muß den Staat bloss in die Überwachungsmanie treiben, schon erhält man einen faschistoiden Überwachungsstaat, der die Freiheiten seiner Bürger soweit beschränkt, daß diese sich gegen ihn auflehnen.

    Dagegen hilft bloss die alte BvG-Strategie, daß nicht das Wissen um die Äusserungen der Menschen, sondern dessen Verwendung kontrolliert und ggf unter Strafe gestellt werden muß.
    Heißt es noch „Straftatbestand“ oder schon „Strafdenkbestand“?

    Den Überwachern sei ins Tagebuch geschrieben: Die „Terroristen“ haben längst den Wert der milliardenfachen Desinformation entdeckt und ihr geht ihnen auf den Leim.
    Terror 2.0 wächst durch euer Zutun.

  8. Das erschreckende an der ganzen Sache ist, dass wir, die gemeinen Bürger, in einer Demokratie lebend, mit den ans Licht gebrachten, gewonnenen Erkenntnissen rein gar nichts anfangen können.
    Wir werden alles hinnehmen müssen, wenn wir mal von ein paar „Beruhigungsänderungen“ absehen, die uns beruhigen sollen mit dem Gefühl, etwas „abgewehrt“ zu haben. Wie eingangs schon erwähnt wurde : Was machbar ist, wird auch gemacht ! Oder kennt hier jemand Mittel und Wege, dem „Ausspähen“ wirksam Einhalt zu gebieten ? Dann heraus damit !

  9. @ EvaK

    „Die Ermittlungen gegen die NSU waren nicht ein Versagen des Staates, sondern ein gezieltes Nichtermitteln, Verfolgen falscher Ansätze sowie Diffamierung der Opfer und ihrer Angehörigen durch die Polizei und die Verfassungsschutz-Dienste.“

    Das sind schwere Vorwürfe. Malte ich diesen Gedanken aus, hielten sich in dem von dir genannten Bereich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf, die ein ähnliches Denken, wenn nicht gar identisches wie der NSU hätten. Dann müsste man auch die Rekrutierungsfrage stellen: Welcher Menschentypus geht zur Polizei, zur Bundeswehr oder zum Geheimdienst? Zumindest den ersten beiden genannten Gruppen ist gemein, dass die Art und Weise ihrer Ausbildung sich ähnelt. Sicher wird aus diesem Milieu auch ein großer Teil der Mitarbeiter des Geheimdienstes rekrutiert. Es könnte vermutet werden, dass Leute aus dem NPD-Umfeld, die ihrerseits stark dem hierarchischen Denken frönen, von diesen Berufen angezogen werden und ihre Erfüllung darin sehen, sich für ihre Gesinnung auch noch bezahlen lassen zu können. Wir befänden uns einem Circulus vitiosus.

  10. Letztendlich fällt und mit dem NSA-Skandal ein Problem auf die Füße , das es mindestens seit dem zweiten Weltkrieg gibt , ein Relikt des Kalten Kriegs , das in seinen bedenklichen Aspekten nie verschwunden ist.
    Geheimdienste haben schon immer in Teilen rechtswidrig gehandelt , bis hin zum Mord , nur wurde dieses Verhalten im Kalten Krieg toleriert , weil es dem Zweck der Verteidigung des Westens zu dienen schien.

    Geändert hat sich seitdem nichts an der Struktur der Geheimdienste , nur fehlt jetzt der klare Feind und noch suchen sich die Dienste einen Gegner außerhalb der eigenen Gesellschaften.
    Institutionen haben aber ganz generell einen Drang zum Eigenleben , es ist also absehbar , daß sie sich irgendwann auch gegen innenpolitische Gegner richten könnten , da helfen dann auch unterwürfige und infantile Statements nicht weiter wie die jedes deutsche Klischee bestens bedienende Aussage „Ich habe nichts zu verbergen“.

  11. „Oder kennt hier jemand Mittel und Wege, dem “Ausspähen” wirksam Einhalt zu gebieten.“

    Punktuell gibt es die ganz sicher.

    Daten, die Behörden überlassen werden müssen, weil die anders gar nicht arbeiten können, sind grundsätzlich gefährdet, und da kann man als Bürger leider zunächst wenig machen. Damit meine ich Einwohnermeldeämter, Krankenkassen, Rentenkassen, Grenzübertritte oder sonstige Polizeikontrollen usw. Das Bankgeheimnis ist, wie ich erwähnte, jetzt schon weitgehend perdu, aber das finden wohl viele Bürger auch gut, jedenfalls unter jenen, die keine Bankguthaben haben oder die eine absolute Steuerehrlichkeit pflegen.

    Im Zusammenhang mit Prism wurde eine Reihe von Firmen publiziert, die angeblich Backdoor-Verbindungen zu Prism haben, über die sich die NSA Daten selbsttätig abholen kann. Man sollte dringend vermeiden, IT-Dienstleistungen dieser Firmen (Mail, Cloud, soz. Netzwerke o.ä.) zu konsumieren. Wer sicher gehen will, kann auch erstmal IT-Dienstleistungen von US-Firmen generell boykottieren. Daß deutsche Firmen vergleichbare Programme heute schon haben, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Sollte es doch dazu kommen, daß in größerer Zahl die Kunden von Firmen abwandern, von denen freiwillige Kooperation mit Geheimdienst-Behörden bekannt wird, könnte das dazu führen, daß die Firmen diese Kooperation verweigern. Dann müssten Gesetze geschaffen werden, die die Kooperation erzwingen… aber gegen deren Erschaffung kann der Bürger sich wehren, durch Bürgerinitiativen, Unterschriftenaktionen, Politikerbehelligung in dieser Sache usw.

    Für Mail-Verkehr oder andere Kommunikation wird generell Verschlüsselung empfohlen, z.B. RSA-Verfahren mit 2048bit-Keys wird auch von der NSA nicht so schnell zu knacken sein, wer ein wenig paranoid ist, kann auch 3072-bit-Keys oder längere verwenden.

    Fürs Surfen gibt es Anonymisierungsdienste, ich nenne beispielhaft einmal nur TOR (das zwar nicht perfekt, aber schon ganz gut ist), näheres bei Wikipedia.

    Informieren, welche Suchmaschinen anonym sind. Google dabei unbedingt vermeiden.

    Von Skype wäre abzuraten, eine brandneue Viedotelefonie-Technologie auf Browserbasis ist WebRTC, das Point-to-Point-Verbindungen ermöglicht. Man geht nicht mehr über Server Dritter, die angezapft sein können. Wer Backbones direkt abhört, könnte zwar die Datenströme mitschneiden, was aber bei Videoinhalten schwierig sein wird (Datenmenge). Binnen kurzem wird es aber auch hier Verschlüsselungsmöglichkeiten geben.

    Apropos Browser… proprietäre Browser, für die der Quellcode nicht vorliegt, sind unbedingt zu vermeiden. Tracking-Cookies oder Cookies überhaupt abschalten. Am besten auch Javascript (oder andere aktive Inhalte) generell abschalten, und nur da temporär zulassen, wo unbedenklich (z.B. durch NoScript für Firefox)… das vermindert die Möglichkeit stark, sich Spionage-Trojaner einzufangen.

    Ebenso übrigens geschlossene Betriebssysteme vermeiden. Das bedeutet dann ggf. den Umstieg von Windows auf Linux.

    Die allerwenigsten Navigationssysteme haben ein GSM-Modul, und ohne GSM-Modul können auch entgegen Bronskis Aussage überhaupt nicht „ständig Bewegungsdaten übermittelt“ werden. Am Smartphone muß man eben Lokalisierungsdienste (so vorhanden) ausschalten. Allerdings sind bei Handys generell noch Lokalisierungen durch Funklaufzeitmessungen bzw. die sog. „stille SMS“ möglich, dagegen gibt es meines Wissens kein Mittel. Solche Lokalisierungen werden jedoch nur anlaßbezogen durchgeführt, denn die Telefonnetze sind garnicht dafür ausgelegt, das flächendeckend, für jedes Telefon, und zu jeder Zeit zu erlauben… Bewegungsprofile können daher allenfalls für wenige Einzelpersonen erstellt werden. Ansonsten: je einfacher die Technik, desto schlechter lokalisierbar, daher LTE, UMTS usw. vermeiden.

    Kundenbindungsprogramme (DeutschlandCard, Payback usw.) unbedingt vermeiden. Kundenkarten anderer Art auch, wie etwa Bahncard. Dann muß man eben teurer fahren, wenn es anonym sein soll.

    Die Spuren, die man als Bargeldzahler hinterlässt, werden weitgehend noch nicht ausgewertet, denn in den wenigsten Geschäften, in denen diese Scheine vorbeiwandern, werden die Scheinnummern wohl registriert. Daß Banken allerdings registrieren, welche Scheinnummern sie an welche Kunden ausgeben, ist schon weniger unwahrscheinlich.

    Im Blickfeld öffentlicher Überwachungskameras geht man eben nicht mehr vorbei oder zieht vorher Sturmhauben übers Gesicht.

    Auszuschliessen, daß einem gelegentlich ein möglicher Datenabgriffspunkt durch die Lappen geht, ist allerdings schwierig, wie man an der Vielzahl der Möglichkeiten sieht. Das muß ja aber auch nicht sein, produziert man nur 1% der Daten, die ein Sorgloser produziert, ist das doch auch schon was.

  12. @wedell

    Das Problem ist die Interpretaion der Daten.
    Google, Facebook et al leben von der mathematisch nachgewiesen Tatsache, daß jeder mit jedem aus 7 Milliarden Bürgern in Verbindung gebracht werden kann, wenn 4-6 Daten zur Verfügung stehen. Auf diesem Wege sind Sie selbst mit Al-Kaida, Nazis und Kinderschändern in Verbindung zu bringen, wenn man es nur will.

    Analysen sind niemals objektiv. Analysten auch nicht. Wir erreichen eine neue Dimension der Gedankenfreiheit und Gedankenunfreiheit: Die angebliche Objektivität.

    Niemand kann aus den Daten, die ein Mensch hinterlässt, auf dessen Gesinnung schliessen. Wir sind auf dem Wege in eine neue Auflage des Unrechtsstaates, nämlich der Willkür der Interpretation. Dazu kommt die unbegrenzte Möglichkeit der Datenfälschung. Es gibt keine „Beweise“ im Internet.

  13. „Die Ermittlungen gegen die NSU waren nicht ein Versagen des Staates, sondern ein gezieltes Nichtermitteln, Verfolgen falscher Ansätze sowie Diffamierung der Opfer und ihrer Angehörigen durch die Polizei und die Verfassungsschutz-Dienste. Nicht ohne Grund wurden vorhandene Erkenntnisse nicht genutzt und vertuscht, wurden Akten geschreddert und wurde die Öffentlichkeit nach Strich und Faden belogen. Das läßt leider den unerfreulichen Schluß zu, daß … “ (EvaK #6)
    Nein Frau K. Dass ließe einen Schluss zu, wenn es sicher wäre. Der einzige Schluss, den es so zulässt, ist, dass sie sehr mutig mit Behauptungen sind. Der mindeste Vorwurf, den Sie hier erheben, ist der der Strafvereitelung um Amt, man könnte auch noch weiterfolgern, unterlassene Hilfeleistung oder gar, Sie behaupten mit „gezielt“ ja einen Vorsatz, Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Und das alles auf der Basis, dass Sie sich ein derartiges Versagen der Behörden nur auf der Grundlage persönlicher Unfähigkeit, unglücklicher Zu(sammen)fälle und ganz normaler, aber von Ihnen nicht verstandener Polizeiarbeit nicht vorstellen können.

    Es ist zwar aus Sicht der Anwälte der Hinterbliebenen richtig, etwa auf das Zusammenfallen des Termins einer Aktenschredderung und dem Eingriff des BKA hinzuweisen und eine Anzeige wegen des Verdachtes der Strafvereitelung zu machen. Aber es ist etwas anderes, die einfach zu behaupten, bevor auch nur eine Verhandlung stattgefunden hat.

    Was Sie als falsche Ansätze und Diffamierung der Opfer bezeichnen, ist der Beginn jeder ganz normalen Ermittlung bei Morden ohne klar erkennbares Motiv: Bei ca. 80% aller Morde stammen Mörder oder wenigstens das Motiv aus dem Umfeld des Opfers. Das Motiv, das wir hier im Rückblick nach der Zuordnung zu den mutmaßlichen Tätern und der Besichtigung ihrer Vita so deutlich sehen, ist im Einzelfall nämlich nicht deutlich, sondern nur untypisch: bei einem derartigen Motiv erwartet man normalerweise ein Bekennerschreiben. Und so unerfreulich das für die übrigbleibenden 20% der Hinterbliebenen eines Mordes auch sein mag: Solange Motiv und Täter nicht eindeutig eingegrenzt sind, befinden sie sich im Fokus der Ermittlungen.

  14. @BvG,

    es ist nicht spezifisch für im Internet oder in Computern usw. erhobene Daten, daß sie der Interpretation bedürfen. Das ist in der klassischen Strafverfolgung doch genauso. Unzählig sind die Wege, Sie mit einem Verbrechen in Verbindung zu bringen, auch völlig ohne Prism oder ähnliche Programme. Dabei bedarf es nicht mal 4-6 Fakten, sie mit einer kriminellen Tat in Verbindung zu bringen, sondern einer reicht, und den nennt man für gewöhnlich „Beweis“. Das war schon immer so. Unscharfe, d.h. nicht völlig schlüssige Daten nennt man traditionell Indizien. Indizien können sich schon seit langem, nicht erst durch die Mittel der Datenverarbeitung, zu einem Indizienbeweis verdichten, wenn sie nur zahlreich genug sind.

    Wenn einer breit gestreuten Anzahl Personen die Autoreifen zerstochen werden, die die Gemeinsamkeit haben, einer anderen Person X bekannt zu sein, so ist diese Bekanntheit alleine kein Beweis, daß X die Reifen zerstochen hat, es ist allenfalls ein ganz schwaches Indiz. Schreibt X aber gleichzeitig einen Brief, in dem er sich vehement über das Verhalten einer Reihe von Personen beschwert, und zwischen dieser Reihe von Personen und den Geschädigten besteht eine ganz auffällig hohe Korrelation, so verdichten sich die Indizien langsam aber sicher zu einem Indizienbeweis.

    Bei der Nutzung von Indizien für Indizienbeweise muß man absolut sorgsam vorgehen, da gebe ich Ihnen recht. Wenn Sie ein Beispiel für dabei mögliche grobe Fahrlässigkeit sehen wollen, so nehmen Sie doch einfach EvaK und die Art und Weise, wie sie aus verschiedenen eher detailarmen Fakten, die auch anders interpretierbar wären, einen Beweis konstruiert, daß der Staat absichtsvoll auf der Seite von Naziverbrechern steht („kein versagen des Staates“… aha, was denn dann?). Einer Aktenvernichtung z.B., die in Behörden an sich kein seltener Vorgang ist, wird eine ganz bestimmte Bedeutung beigemessen, ohne den genauen Inhalt der Akten zu kennen, andere Motivlagen für die Aktenvernichtung in Erwägung zu ziehen usw. Die gesetzlich vorgeschriebenen hohen Barrieren zwischen einer Zusammenarbeit, einem Datenaustausch zwischen Polizei und Nachrichtendiensten, die Ermittlungen natürlich auch stark behindern, werden überhaupt nicht berücksichtigt. Als Sahnehäubchen kommen noch zur Erhärtung des „Beweises“ wirklich an den Haaren herbeigezogene Indizien oben drauf, wie etwa, daß die „Polizei“ 1920 schonmal dieses oder jenes tat, oder daß ein Herr Enzensberger dieses oder jenes sagte, usw.

    Ausdrücklich Recht geben möchte ich Ihnen, daß es gerade bei Geheimdiensten überhaupt nicht von der Hand zu weisen ist, daß die erforderliche Sorgfalt bei der Indizienverdichtung auch öfter mal nicht waltet. Diese Sorgfalt kann nämlich nur durch Überwachung erzwungen werden, die immer auch eine Infragestellung beinhaltet. Überwachungsprinzipien und Infragestellung sind ein wichtiger Teil unseres Rechtssystems. So betreiben Rechtsanwälte Infragestellung von Befunden der Staatsanwaltschaft, und das ist ganz wichtig für Beschuldigte.

    Ansonsten ist der NSU-Fall eindeutig einer, bei dem das genaue Gegenteil einer vorschnellen oder fadenscheinigen Indizienverdichtung stattfand (aus welchen Gründen auch immer)… d.h. eine Indizienverdichtung, die eigentlich hätte stattfinden müssen, fand nicht statt.

    Aber nicht nur die Möglichkeiten der Fehlinterpretation von Fakten, sondern auch der Fälschung von Faktenlagen sind immer schon zahlreich gewesen. Ihr Friseur oder auch ganz andere Personen können Ihre Haare an einen Ort bringen, an dem ein Verbrechen geschah, und Sie in große Schwierigkeiten bringen. Eines der bekanntesten und wohl auch verbreitetsten klassischen Faktenfälschungsinstrumente ist wohl die Falschaussage.

    Es kommt aber doch wohl niemand auf die Idee, angesichts ihrer zahlreichen Unsicherheiten die klassische Strafverfolgung gänzlich einstellen zu wollen, sondern man hat ein System entwickelt, da mit diesen Unsicherheiten klarkommen kann, ohne daß dies allzu häufig in Schikane und Unrecht gipfelt.

    Es ist jedenfalls ganz klar so, daß Internetkriminalität de facto überhaupt nicht zu bekämpfen ist, wenn man auf das Erheben von Daten aus dem Internet verzichtet, und Computerkriminalität ist de facto überhaupt nicht zu bekämpfen, wenn man auf das Erheben von Daten aus Computern verzichtet. Wenn aber das Erheben von Daten aus Computern oder aus dem Internet nicht prinzipiell ungeeignet ist zum Zwecke der Bekämpfung von Internet- und Computerkriminalität, so ist nur schwer einzusehen, wieso das Erheben von Daten aus Computern oder dem Internet prinzipiell ungeeignet ist für die Bekämpfung anderer Arten von Kriminalität.

    Eine relativ neue Qualität ergibt sich jetzt dadurch, daß es nicht nur Ermittlungen gibt, die versuchen, eine schon begangene kriminelle Tat aufzuklären, sondern neuerdings Ermittlungen, die künftige kriminelle Taten verhindern wollen. Die Grenze zwischen diesen verschiedenen Typen von Ermittlungen verschwimmt. Kleinere kriminelle Taten (etwa Kauf von Waffen) können der Vorbereitung größerer krimineller Taten dienen, aber das muß ja nicht sein.

    Generalisiertes Datensammeln muß dabei nicht unbedingt dem Zweck dienen, künftige kriminelle Taten im Vorneherein zu verhindern, sondern kann auch dem Zweck dienen, künftige kriminelle Taten, wenn sie erst einmal stattgefunden haben, künftig besser aufklären zu können. Die Datensammlungen befinden sich dann solange in einem „Schlummerzustand“, bis tatsächliche kriminelle Taten dann einen Anlaß geben, retroaktiv Datenauswertungen bezogen auf die dann vergangene Tat durchzuführen. Die Vorratshaltung von Internet-Verbindungsdaten wird auf diese Art genutzt, und eine andere Nutzung ist vom Gesetzgeber ausdrücklich verboten.

    Will man proaktive Nutzung von Daten verbieten (und es gibt sicher gute Gründe, das zu tun), und ausschließlich reaktive erlauben, leitet sich daraus also nicht unbedingt ein gesetzliches Verbot von Datensammelei ab, sondern allenfalls ein Verbot der Verwendung von gesammelten Daten, ohne daß es einen Anlaß dazu gibt. Ein Daß sich auch weitgehend nichtöffentlich operierende Organisationen wie Nachrichtendienste an solche Verbote halten, wäre dadurch gewährleistet, daß Nachrichtendiensten hierzulande die Ausführung exekutiver Aufgaben nicht erlaubt ist, die Polizei aber nicht tätig wird, wenn keine gesetzeskonformen Anlässe vorhanden sind. D.h. die Nachrichtendienste können ja die Daten, die sie sammeln, ohne die Polizei gar nicht verwenden. Die Polizei hingegen operiert nicht im Geheimen, sondern ihre Aktionen gegenüber dem Bürger sind mit den bekannten rechtsstaatlichen Mitteln kontrolierbar.

  15. In Ergänzung zu #12:

    Es gibt nicht nur eine passive Bekämpfung von Programmen wie Prism durch Maßnahmen wie die von mir genannten, sondern im Prinzip auch eine aktive. Solche Programme haben ja bestimmte Kriterien, um z.B. Terrorismusverdächtige ausfindig zu machen. Werden diese Kriterien bekannt, oder vermutet man sie unter Einsatz einer moderaten Intelligenzleistungen und liegt dabei richtig, könnten entweder einzelne Aktivisten Daten von Millionen von Bürgern (Emails, in soz. Netzwerken usw.) fälschen, sodaß sie den Terroristen-Kriterien entsprechen, oder Millionen Bürger könnten sich mutwillig selber zum Terrorismusverdächtigen machen. Es wäre dann interessant, wie die betreffenden staatlichen Stellen auf eine solche „Terroristenschwemme“ reagieren. Eine Erweiterung von Guantanamo, sodaß Millionen von Menschen dort untergebracht werden können, ist unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist eher, daß man daraufhin die Idee fallenlässt, mit solchen Methoden Terroristen präemptiv fassen zu können.

    @Frank Wohlgemuth, #14: Zustimmung meinerseits.

  16. @Frank Wohlgemuth, @Max Wedell: Noch dreister und frecher ist es Ihnen wohl nicht möglich, meine Sicht zu verdrehen und mir Aussagen unterzuschieben, die ich nicht gemacht habe und die Sie sich wüst zusammenphantasieren, und das coram publico. Das erübrigt jegliche weitere Diskussionen mit Ihnen. Meine in #6 gemachten Aussagen werde ich weder widerrufen noch revidieren noch weitschweifig erklären und mit Disclaimern versehen. Punkt.

    @Rudi: Die Polizei oder Polizeibedienstete pauschal in das NPD-Umfeld zu rücken, halte ich für nicht glücklich. Das sind eher Leute mit einer eher einfach strukturierten Denkweise (was nicht dumm oder unintelligent bedeutet), die autoritäre Strukturen präferieren. Dazu paßt die Polizei allerdings hervorragen, denn wiewohl sie einem demokratisch organisierten Staatswesen verpflichtet ist, ist sie aus unheilvoller Tradition eine durch und durch autoritäre Organisation mit quasi-militärischer Hierarchie.

  17. @EvaK #17
    Ihre Antwort verwundert mich etwas, nachdem ich mir Ihren Beitrag noch einmal durchgelesen habe. Ich habe nur kommentiert, was ich auch zitiert habe, und das wurde im restlichen Beitrag nicht relativiert. Sollte Ihnen nicht klar sein, was Sie geschrieben haben?

  18. Ich habe ein neues Smartphone Nokia mit Windows 7.5 drauf. Mein erstes Smartphone. Bei der Einrichtung dieses Technikwunders wird mir mitgeteilt, dass das Herunterladen von Apps nur möglich ist, wenn man einen Mail-Account im Microsoft-Portal live.com hat. Das Technikwunder bietet mir sogleich freundlichst an, kurzerhand einen solchen Account herzurichten. Nichts Schlimmes ahnend stimme ich zu. Danach lade ich als erstes die kostenlose Acrobat Reader-App, um PDF-Anhänge zu sichten.
    Hinterher erfahre ich, dass gleichzeitig mit der Erstellung des Accounts meine sämtlichen Kontakte aus dem Smartphone auf den Mail-Account bei Microsoft übertragen wurden, ohne vorher zu fragen, ohne jede Vorwarnung. Dass keine Vorwarnung kommt, liegt sicher daran, dass Windows 7.5 keine Möglichkeit hat, diese Übertragung überhaupt abzuwählen. Super. Ich versuche, meinen brandneuen Account bei live.com wieder zu löschen, aber es funktioniert nicht. Ich sitze in der Falle, in der Microsoft/NSA-Geheimdienstfalle.
    Will mir jemand glaubhaft machen wollen, dass diese Daten vom US-Geheimdienst nicht einsehbar sein sollen? Ich will nicht, dass meine Kontakte im Internet herumschwirren, ich will sie nur auf meinem Telefon haben und sie in meinem PC pflegen. Ich fordere Nokia und Microsoft auf, diese unvermeidbare Synchronisierung der Kontaktdaten vermeidbar zu machen. Bis dahin liegt das tolle Smartphone in der Schublade; ansonsten überlege ich, mich von diesem Gerät und seinem Spähprogramm Windows 7.5 zu trennen. Die Hörqualität ist sowieso nicht besonders gut

  19. @Juan Romero,

    Selbst wenn der Geheimdienst NSA ihre Mailkontakte abgreifen sollte, schwirren sie nicht im Internet herum… jedenfalls solange nicht, wie ein Whistleblower nicht die Daten, die die NSA auf Hochsicherheitscomputern speichert, stiehlt und ins Internet stellt, oder ein Hacker die Datenleitungen zwischen Microsoft und NSA angreift o.ä.

    Sie brauchen übrigens auch nicht ihren live.com Account zu löschen, um ihre Kontakte dort verschwinden zu lassen, sondern es reicht, wenn Sie die Kontakte im live.com Account löschen. Es ist aber klar, daß eine solche Löschung nicht bedeutet, daß die Daten auch beim NSA gelöscht werden, wenn sie schon dort sind. Selbst wenn Ihnen die Komplett-Löschung des live.com Accounts gelänge, wäre das aber auch so.

    Sie können sich zwar von Ihrem Gerät trennen, aber bei Android-Geräten wird Sie ähnliches erwarten, nur dann eben mit Google statt Microsoft.

    Je mehr den Menschen diese ganzen Probleme bewußt werden, und durch Bekanntwerden solcher Programme wie Prism diese Probleme mehr und mehr als akut wahrgenommen werden und als nicht mehr zu verdrängen, desto mehr wird sich ein kommerzielles Interesse entwickeln, Handylösungen anzubieten, die auf diesen ganzen Cloud-Kokolores verzichten oder ihn jedenfalls defensiv konfigurierbar machen.

    Achso, noch eins: Ihre Kontaktdaten am Stück bekommen zu können, weil die irgendwo tabellarisch gehalten werden, ist gar nicht mal so wichtig. Wenn Sie eMails verschicken und die werden mitgelesen, weil die allerdings tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes „im Internet herumschwirren“, kann die betreffende Abhörstelle problemlos eine Kontaktdatenliste über Sie erstellen… die dann allerdings ausschließlich die Kontakte enthält, die Sie wirklich benutzt haben, d.h. die in den eMail-Kopfdaten stehen. Kontakte, die Sie nie benutzen, sind aber wohl auch für Geheimdienste von geringerem Wert.

  20. @wedell
    Gerade die vorausschauende Verbrechensbekämpfung ist ein sehr problematisches Feld. Treffend auf den Punkt gebracht durch Philip K.Dick in (http://en.wikipedia.org/wiki/The_Minority_Report).

    Ansonsten stimme ich Ihnen zu. Es kommt nicht auf das Erfassen der Daten, sondern auf die rechtmäßige Verwendung an. Dies würde übrigens sowhl die Internetkriminalität, als auch die Spionagekriminalität eindämmen.

  21. …Es kommt auf die rechtmäßige Verwendung an…

    Schön gesagt. Schaffen wir also weltweit gültige Gesetze, die dies festschreiben !

    Schon ist das Problem gelöst !!

  22. Da werden wir jetzt – noch besser als in 1984 – vom NSA mit PRISM, vom brit. Geheimdienst mit Tempora, und vom BND mit ich- weiß- nicht-was überwacht. Warum? Qui bonum? Nur dem Zwecke dienend, die eigene Beschäftigung und Wichtigkeit – Terrorabwehr – zu sichern bzw. zu begründen? Oder steckt mehr dahinter, wie ich nicht ausschließen kann? Wenn ich als wacher und aktiver Demokrat maile und telefoniere, und Informationen zu und von ATTAC, BLOCKUPY, TRANSPARENCY, LOBBYCONTROL und ähnlichen Orgs erhalte, in Blog debattiere, Infos und Links weiter gebe und dann ggf. bitte, an Demos, egal ob über Internet oder direkt vor Ort, teilzunehmen, mache ich mich damit dann schon verdächtig, weil ich möglicherweise (oder auch ganz sicher) die Absichten bestimmter Personenkreise störe, egal ob es um Macht, Geld oder den aus beidem resultierenden Einfluß geht?

    Soll ich künftig alles nur noch verschlüsselt und anonym machen, und mache ich mich dadurch dann nicht erst recht verdächtig? Ich könnte ja etwas zu verbergen haben, oder? Jedenfalls macht mir diese Aushöhlung meiner Rechte zu schaffen. Und ich kann auch diese Borniertheit und Doppelzüngigkeit nicht mehr ab, die mir etwas vorfaselt von und Krokodilstränen vergießt bei: Beschränkung des ungehinderten Zugangs zum Netz in China – unfrei und undemokratisch. Späht uns der Staat, der diese Behauptung aufstellt, dann aus, im Netz oder sonstwo, dann diene dies der Terrorismus- und sonstigen Gefahren-Vorbeugung. Ja was denn nun?

    Soll ich als Wolfgang Fladung mich jetzt zurückziehen, z.B. hier im Blog nur noch anonym, z.B. mit „neuer Anonyma“ als „lebender Handlungsreisender“, weil der Fladung ja lt. Behauptung ein Anonym ist, posten? Soll ich Mails und Blog-Beiträge codifizieren?

    Interessanterweise können zwar meine Daten ausgespäht werden, nicht jedoch verhindert werden, daß ich immer wieder – nicht an mich adressierte SPAM-Mails erhalte, die von der POSTBANK oder einer Internet-Versandapotheke stammen. Und die Erfahrung, daß es liebe Mitmenschen gibt, die in meinem Namen irgendwelche Abos abschließen, könnte auch damit zusammenhängen, daß ich irgendjemand mit einem unter Klarnamen veröffentlichten Leserbrief auf die Füße getreten bin. Die zuständige Staatsanwaltschaft muß dies leider wg. Geringfügigkeit zu den Akten legen, aber vielleicht sollte ich dazu mal den NSA um Hilfe bitten???

  23. Ich stehe zu meiner Meinung, vertrete diese in Diskussionen, beteilige mich mit Beiträgen im frblog.
    Aber, es gibt auch Sachen, die gehen die Öffentlichkeit oder den Staat nichts an.
    Nun habe ich nicht die Illusion, ich könnte den staatlichen Schnüfflern Sand ins Getriebe schütten,
    jedoch probiere ich es, soweit es mein technisches Verständnis ermöglicht.
    1. vor ca. 8 Jahren habe ich Windows von meinem PC verbannt; es gibt nichts, was ich nicht mit Linux machen könnte.
    Da kann der selbsternannte Wohltäter der Menschheit, Bill Gates Schleusen für die Geheimdienste in seine Software einbauen, soviel er will.
    Und dass egal welches Linux-Betriebssystem mensch benutzt, das Software-Angebot ist riesig, es gibt eine grosse Gemeinschaft, die das System immer weiter
    verbessert, und das Ganze auch noch gratis. Und der Umstieg ist inzwischen so einfach, dass auch „NichtPC-freaks“ die Installation problemlos hinbekommen.
    2. Für meine Internetrechern kann ich auf Google gut verzichten, seit zwei Wochen benutze ich „Ixquick“ als Suchmaschine, vorher war es der „Webcrawler“
    Angenehme Nebenwirkung: Seit ich auf Google verzichte, bekomme ich kaum noch Spam
    3. Wenn ich ins Internet gehe, dann nur unter Verwendung des Anonymisierungsdienstes „TOR“. Auch wenn das kein hundertprozentiger Schutz ist, besser als garnichts.

  24. @Hinzmann
    Das Problem ist das gleiche, das es immer schon war:
    Manche Menschen glauben, sich aus den Äusserungen und Aktivitäten ein Gesinnungsbild anderer Menschen machen zu können (und zu dürfen) und aus diesem Bild heraus urteilen zu dürfen..
    Als dieser Blog noch ein „Gesinnungsblog“ war (Insider werden’s wissen), war es tägliches Geschäft, sich gegen Unterstellungen und unzulässige Querverbindungen zu wehren, die von anderen Usern gemacht wurden.

    Die Arroganz einzelner oder Organisationen, sich selbst für objektiv zu halten oder ihre Instrumente für objektiv und wissenschaftlich zu halten, hat eine lange Tradition.
    Einerseits ist es hanebüchen, „Meinung“ als etwas statisches und wichtiges zu stilisieren, zu dem man „stehen“ müsse, denn schon dadurch erlaubt man die Aggressivität derer, die auf ein Feindbild (einen vermeintlichen Gegenpart zur ihrer „Meinung“, deren Bedeutung weit überhöht wird) warten.
    Andererseits postuliert man, „wahre“ Meinungen und „wahre“ Einstellungen anderer Menschen „aufspüren“ zu können, mit der gleichzeitigen Unterstellung, diese würden per se nicht die Wahrheit sagen oder wüßten diese gar nicht.

    Bei alldem geht völlig unter, daß das Internet, vielleicht Kommunikation überhaupt, gar kein Ort der Meinungs- oder Wahrheitsdarstellung ist, sondern ein Ort der Meinungs- und Wahrheitsfindung. Genau diese Wahrheits- und Meinungsfindung wird aber durch solche Sammel- und Spionagetechniken behindert, verhindert und pervertiert.

  25. Man darf nicht vergessen, daß es hier allenfalls einige wenige hundert Menschen gibt, die in den Überwachungsprogrammen beschäftigt sind, die zu analysierenden Datenmengen aber ja ganz enorm sind. Man darf sich also die Überwachung nicht so vorstellen, daß die Datenanalysten auf der Suche nach Kapitalismus-, Überwachungs- oder sonstigen Kritikern durch Blogs wie dieses hier stöbern oder eMails lesen oder gar die Daten, die über die Glasfaser-Backbones strömen, mit wachen Augen abscannen. Sondern in Phase 1 wird ausschließlich maschinell gescannt, d.h. die Computerprogramme scannen eMail- oder Facebook- oder Suchmaschinen-Texte nach bestimmten Vokabeln, Wendungen usw. ab, oder sie scannen auf Anfragen bestimmter Webseiten hin ab (HTTP GET), die als kritisch angesehen werden. Mit „kritisch“ meine ich aber nicht das FR-Blog, das wirklich harmlose Äußerungen von Roman Gonther oder Wolfgang Fladung enthält, selbst wenn die noch so gegen Prism oder Merkel wettern, sondern eher islamistisch-fundamentalistische Seiten, die zum Djihad gegen den Westen aufrufen, oder Seiten anderer extremistischer Organisationen, die mit Terror in Verbindung gebracht werden (z.B. kurdische) oder Seiten des Internetuntergrunds, die sich mit Cyberwar- oder anderen disruptiven Aktivitäten wohlwollend beschäftigen, und vielleicht sogar Pädophilie-Seiten (obwohl letzteres sicher nicht Priorität haben wird, leider).

    Die Datenmengen sind so enorm, daß es keinen Sinn macht, sich mit Daten länger zu beschäftigen, mit denen man praktisch nichts anfangen kann. Die Information, daß Wolfgang Fladung (und Hunderttausende andere) evtl. die Partei Die Linke wählt, oder daß Roman Gonther (und Hunderttausende andere) Überwachungsprogramme wie Prism überhaupt nicht mag, ist praktisch nicht verwertbar.

    Hier müssen die Bürger aber ein waches Auge haben, daß das auch so bleibt. D.h. einerseits ist ein waches Auge auf die Gesetzeslage zu werfen, und andererseits müssen Einzelfälle von nicht zu tolerierendem Mißbrauch, sobald sie ruchbar werden, massiv kritisiert werden und Anlaß zu Gegenmaßnahmen durch den Gesetzgeber werden, mangels Eigenwille auf massiven Druck der Bürger hin, wenn es nicht anders geht. Bei der Abschmetterung bestimmter kritikwürdiger Gesetzesvorhaben oder Gesetze gab es in der Vergangenheit schon gewisse Erfolge (Verfassungsbeschwerde gegen Verbindungsdaten-Vorratshaltung, ACTA, Hadopi usw.).

    Die Datensouveränität des Bürgers ist in Zeiten des Internets genausowenig mehr haltbar wie das klassische Copyright. Beide Sachverhalte ähneln sich auch ein stückweit. Der Bürger als Urheber seiner Daten mag zwar behaupten, er hätte die Exklusivrechte an diesen Daten und dürfe ihre Verbreitung bestimmen, de facto ist das aber genausowenig der Fall wie bei den Autoren künstlerischer Werke, die die Verbreitung ihrer Werke auch nicht mehr ausreichend kontrollieren können. Der Unterschied ist, daß in einem Fall die Verwendung illegal erhaltener Daten millionenfach in irgendwelchen Wohnzimmern passiert, im andern Fall an der Schnittstelle zwischen Staat und Bürger, die gesetzlich genau beschrieben ist.

    Wenn der Staat illegale Daten verwendet, ist dies einfacher zu bemerken und abzustellen als wenn der Bürger illegale Daten verwendet. Fatal wird die Angelegenheit, wenn Bürger untereinander zum gegenseitigen Schaden illegale Daten, also aus illegaler Überwachung erhaltene Daten verwenden. Es ist ja nicht den Staaten vorbehalten, die Bürger zu überwachen, andere, nichtstaatliche Gruppierungen können das auch. Kriminelle operieren z.B. schon seit einiger Zeit gigantische sog. Bot-Netze zur Überwachung der Bürger (um Daten zu erhalten, die man monetär auswerten kann). Auch hier sind wir erst am Anfang einer Entwicklung, und die Eindämmung dieses Problems könnte sich langfristig als mindestens ebenso schwierig erweisen wie die Eindämmung der Datensammelei staatlicher Stellen.

  26. Wer gestern sich im ZDF ILLNER angesehen hat, und hier diesen Kommentar von Albrecht Müller auf den NachDenkSeiten gelesen hat: (Link abgelehnt, Anm. Bronski, siehe Blog-Regel Nr. 8 ), und den darin enthaltenen Hinweis auf ein Buch eines gewissen Josef Foschepoth, Historiker, wird vielleicht die ganze Geschichte rund um LAUSCH UND HORCH jetzt mit anderen Augen sehen. Wenn die damalige GroKo 1968 den drei westlichen Allierten in einem GEHEIMABKOMMEN das Recht zu „unbegrenzter geheimdienstlicher Tätigkeit“ zugesichert hatte, und dieses Abkommen nie von der Bundesregierung gekündigt wurde, auch nicht im Zuge der Wiedervereinigung 1990, dann wurde wirklich dadurch Artikel 10 unseres Grundgesetzes, der das Post- und Fernmeldegeheimnis sichern soll, ausgehebelt.

    Und wir müssen uns über die Selbstsicherheit der Amerikaner nicht wundern: Wenn wir selbst hier das Abhören und Abgreifen von Daten genehmigt haben, haben wir uns damit auch selbst zur Schlachtbank geführt. Und alle Bekundungen und alle gespielte Entrüstung sind mit Krokodilstränen garniert.

    Dann sehe ich auch andere Abkommen, z.B. das geplante Freihandelsabkommen mit den USA: Motto: lecker Genscheiß frisch auf den Tisch – mit anderen Augen. Man könnte, ohne Verschwörungstheorien anzuhängen, sogar den Verdacht hinzu fügen: Da gab es einmal eine starke Deutsche Mark, die im Vergleich zum US-Dollar einen relativ hohen Wert hatte. Und da gab es dann die glorreiche Idee einer europäischen Währung in den frühen 90er Jahren, welche sich dann als – im Vergleich zum Dollar – relativ schwach herausgestellt hat.

    Und, wem hat es genützt?

  27. Wie verlogen unser ach so gutes demokratisch-freiheitliches Wirtschaftssystem funktioniert sieht man jetzt. Es basiert auf unendliches Wachstum, das gibt es aber nur bei Krebszellen. Eine ist 2008 schon geplatzt, die Angst geht um, weil unser System nicht mehr funktioniert. Da ist dann alles recht, auch gute Freunde werden ausspioniert, es werden sogar die Mittel des Erzfeindes eingesetzt. Was sagte schon Vladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin: „Vertrauen gut, Kontrolle besser“.
    Herrn Snowden sei Dank. Für die Politiker ist er ein Verbrecher. Wie kann man nur die Wahrheit sagen und das auch noch im Wahlkampf.

  28. Zu # 6 EvaK
    „Das lässt leider den unerfreulichen Schluss zu, daß sowohl bei der Polizei als auch bei den Diensten Personen aktiv sind, die zumindest „klammheimliche Freude“ über die Mordserie empfinden oder sogar deutlich mit den Tätern sympathisieren.“

    Anscheinend gehen Sie hierbei davon aus, dass alle beteiligten Personen von einer Mordserie ausgegangen sind, also wider besseres Wissen die Morde nicht als Einzeltaten werteten. Sie erkannten also von Anfang an einen Zusammenhang der einzelnen Morde und empfanden darüber „klammheimliche Freude“. Das erscheint widersinnig.

    Ab dem wievielten Mord war den Ermittlern bewusst, dass eine Mordserie vorliegen würde? Ab zwei, drei, vier oder fünf Morden? Oder erst nach dem letzten dieser Untaten? Also nach Abschluss der Mordserie.

    Nach meinem Kenntnisstand waren Polizei und Dienste in unterschiedlichen
    Bundesländern in Ermittlungen zu dieser Mordserie aktiv. Gerade weil die Zusammenarbeit überhaupt nicht stattgefunden hatte, wurde ein Zusammenhang der einzelnen Taten nicht erkannt. Hierin ist ein Versagen des Staates zu sehen.

    Sie hingegen bewerten das Geschehen gänzlich anders, denn Sie stellen obendrein noch einen unmittelbaren Bezug zu der rechtsextremen Organisation Consul her, geradeso als wäre Deutschland mit einer rechtsextremen Erbsünde belastet, die seit den 1920er Jahren existiert.

    Damit kein falscher Eindruck entsteht, ich empfinde keine klammheimliche Freude, sondern ich bin entsetzt über das Geschehene, kann aber keinen generellen Vorsatz bei Polizei oder Diensten erkennen.

    Sie führen ferner aus, vorhandene Erkenntnisse seien nicht ohne Grund (d. h. absichtlich) nicht genutzt und vertuscht, Akten geschreddert worden. Da Erkenntnisse an verschiedenen Stellen vorgelegen haben, müssten sich diese Stellen untereinander auf ein derartiges Vorgehen verständigt haben.
    Sie mögen mir verzeihen, aber an eine große geheime Verschwörung mag ich nicht zu glauben.

    Vor diesem Hintergrund kann ich Ihre sehr emotionale Reaktion in 17 # EvaK nicht verstehen. Diese Antwort war auch nicht sachdienlich und Ihrer nicht würdig. Eigentlich bedauerlich.

  29. @runeB: Wie ich meine Antworten gestalte, behalte ich mir vor. Die Wertung, daß das meiner nicht würdig sei, haben Sie privat.

    In meinem Beitrag #6 schrieb ich gezielt, daß der Verlauf der Angelegenheit „den unerfreulichen Schluß zuläßt, daß…“ Das halte ich für zurückhaltend genug, es liegt durchaus im Rahmen dessen, was in „linken Kampfpresse“ wie Spiegel usw. zu lesen war.

    Tatsächlich sehe ich eine historische Kontinuität autoritär und antidemokratisch geprägter Kreise von der OC über die 1950er bis heute. Nur halte ich es für völlig unpassend, diese Kontinuität mit einem emotionalen Begriff wie „Erbsünde“ zu belegen, was ich neutraler als „Tradition“ bezeichne.

    Ebensowenig habe ich vom generellen Vorsatz bei Polizei und Diensten geschrieben. Ich unterstelle allerdings aus den der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Sachlage ein nicht sehen wollen resp. nicht hindenken wollen, und damit ein vorsätzliches Ignorieren der Möglichkeit, daß es sich um eine rechtsterroristische Mordserie handelt.

    Alles andere ist Hineininterpretieren in meine Worte und ein gezieltes Verdrehen. Entsprechend scharf reagiere ich gelegentlich darauf, s.o.

  30. Zwischen Facebook und NSA gibt es, wie die New York Times berichtete, personelle Zusammenhänge, denn der frühere Leiter der Abteilung für Sicherheit (und damit auch Datensicherheit der Nutzer) Max Kelly verließ 2010 Facebook und ließ sich vom Geheimdienst NSA anstellen.

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