Nicht nur bayrische Provinzfürsten neigen dazu, sich gegenüber Berlin zu positionieren. Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers konnte der Versuchung kürzlich nicht widerstehen und rief nach einer eingeschränkt zugänglichen Sextäter-Datei (hier der FR-Bericht dazu). Dafür handelte er sich den Vorwurf ein, er habe „populistische Schlagseite“. Die FR lehnt die Position von Herrn Rüttgers ab, Vera Gaserow kommentierte den Vorschlag dementsprechend. Dazu erreicht mich ein Leserbrief von Günther Skrzypek aus Oberursel:
„Es ist doch immer wieder bemerkenswert, wie Sie konsequent die Position der Täter verteidigen und die Opfer (und potenziellen Opfer) ausblenden und vergessen. Warum ist es für Sie offensichtlich wichtiger, einen Täter möglichst ohne Konsequenzen für sein Handeln zu lassen – die gehen eben weiter als als ein paar Jahre Gefängnis -, als potenzielle zukünftige Opfer zu schützen? Es ist dasselbe Grundmuster, das sich auch in Ihren Kommentaren zu Klar, RAF etc. findet. Aber in Mörder bleibt ein Mörder, ein Kinderschänder bleibt ein Kinderschänder. Von daher unterstütze ich den Vorschlag aus Sachsen uneingeschränkt. Ich lebe einen großen Teil des Jahres in den USA und kann nur sagen, dass die Erfahrungen mit einer öffentlich zugänglichen Datei sehr gut sind. Aber für Fakten interessiert sich die FR ja eh nur, solange diese in ihr ideologisches Weltbild passen, alles andere wird ausgeblendet. Ich hoffe nur, dass Ihre Familien von derartigen Verbrechen, die mit etwas mehr common sense zu verhindern sind, verschont bleibt.“
Da sag ich doch erstmal Dankeschön für die guten Wünsche, auch wenn ich den Eindruck habe, dass das mit dem ideologischen Weltbild umgekehrt für Sie, Herr Skrzypek, in nicht geringerem Maße gilt. Sind die Erfahrungen in den USA denn wirklich so gut? Ich will vorsichtig formulieren: Ich habe eher den Eindruck, dass in den USA ein Klima des gegenseitigen Misstrauens und der Furcht vor Bespitzelung entsteht. (Ein Indiz dafür: Behörden sammeln illegal Daten.)
Sagen Sie dem Herrn Skrzypek, dass er keineswegs die Opfer, sondern nur die Position von Richter Lynch verteidigt.
Es geht hier nicht darum, Täter zu schützen. Hier geht es um Brandmarkung.
Die Zeiten, in denen man Verbrechern oder was man dafür hielt, die Ohren schlitzte (Schlitzohr) oder zwang, bestimmte Kleidung oder Applikationen daran zu tragen, um sie in aller Öffentlichkeit kenntlich zu machen, sollten doch vorbei sein.
Öffentliche Daten mit Namen von Menschen und deren Wohnungen erinnern mich zu sehr an Neonazimethoden im Internet, die auf diese Art und Weise ihnen nicht genehme Personen anprangern und einschüchtern möchten. Nein danke.