Die moderne Medizin ist Segen und Fluch zugleich. Auf der einen Seite können viele Krankheiten, die noch vor 50 Jahren unaufhaltsam zum Tod geführt hätten, heute behandelt und geheilt werden. Auch auf der operativen Seite ist viel geschehen. Doch die so oft gescholtene Apparatemedizine hat auch Nachteile: Todkranke Menschen werden am Leben erhalten, obwohl sie nicht geheilt werden können und obwohl sie oft ein Ende ihres Leidens ersehnen. Ein Sterben in Würde wird ihnen vorenthalten. Die Gründe dafür sind vorwiegend rechtlicher Natur. Doch dem ethischen Problem werden die Gesetze offenbar nicht gerecht.
Die Schweiz klagt nun darüber, dass ein regelrechter Sterbetourismus eingesetzt hat, denn in der Schweiz ist Sterbehilfe nicht strafbar. Die Organisation Dignitas leistet solche Freitodbegleitung, indem sie Betroffenen, die das wünschen, das Narkosemittel Natrium-Pentobarbital zur Verfügung stellt. „Fünf Minuten nach der Einnahme schläft der Mensch ein, fällt in ein Koma und gleitet schmerzlos hinüber in den Tod“, sagt Ludwig Minelli, Gründer und Generalsekretär von Dignitas. Eine halbe Stunde dauert das Sterben in der Regel. So nun geschehen auf einem Schweizer Waldparkplatz. Diejenigen, die dort in den Freitod gingen, sind erlöst. Die Zurückbleibenden dagegen sind aufgewühlt und finden die Umstände würdelos.
Helmut Werner Maier aus Winterlingen meint dazu:
„In den fünfziger Jahren sagte man: Weil du arm bist, musst du früher sterben. Heute gilt: Weil du reich bist, wirst du länger gequält, bis du sterben darfst.
Wirtschaftlich gesehen sind die Gesunden und die Toten die Gegner der Ärzte. Deshalb wird das Sterben in manchen deutschen Kliniken unerträglich lange hinausgezögert. Kein Tier würde man so schlimm verenden lassen. Eine schlimme Strafjustiz hilft dabei. Altenpfleger, die das Grauen in Pflegeheimen nicht ertragen konnten und Sterbenskranke töteten, erhalten erbarmungslos lebenslänglich. Meines Wissens wurde aber noch kein Arzt bestraft, der Patientenverfügungen missachtet und Behandlungen verlängert hat, obwohl doch ärztliche Eingriffe gegen den Willen Erkrankter Körperverletzungen sind.
So ist wieder einmal die Schweiz für manche die letzte Zuflucht. Selbst der Tod auf einem Parkplatz verletzt die Menschenwürde weniger als die Praxis mancher deutscher Kliniken.“
Gunther Schirmer aus Leipzig fügt hinzu:
„Meine Hündin hat es sehr gut gehabt. Im Leben wie im Tod. Als es nach ihrem biblischen Hundegeburtstag einfach nur noch Quälerei für sie war, haben wir sie erlösen lassen. Das unterscheidet uns Menschen von den Tieren. Uns erlöst niemand. Wir müssen qualvoll krepieren. Ich glaube nicht, dass Gott das so will. Das will nur die ‚allwissende‘ Kirche und eine feige Gesetzgebung.“
Zunächst: Der Mißbrauch aller Argumente für die Sterbehilfe durch Nazis, Geschäftemacher und Zweckbiologen macht diese Diskussion wiedereinmal so schwer.
Wie bestimmt man den wichtigen Kern dieser Fragestellung ohne in eine Idoloiedebatte zu geraten?
Versuchte Fragen:
1. Zit:“Uns erlöst niemand“
Vom christlichen Standpunkt aus (auch aus anderen Anschauungen?) werden wir erlöst!
Allerdings sind uns die Motive, Bedingungen und der Zeitpunkt der Erlösung „unerforschlich“.
2. Können wir (oder sollen wir sogar(?)) diese Bedingungen hinterfragen?
3. Welcher Zeitpunkt des Lebens ist der Zeitpunkt der Erlösung?
4. Ist Erlösung definiert durch das Ende des Leidens?
5. Ist der Sterbensprozeß Teil des Lebens? Hat man einen Teil des Lebens „versäumt“, wenn das Sterben beschleunigt wird?
6. Vorausgesetzt, daß der Wille des Sterbenden maßgeblich ist(=respektiert wird): Ist dessen Wille „urteilsfähig“ oder nicht?, ist er gar unserer(der Gesunden) Urteilsfähigkeit überlegen?
7.Wo ist und wo soll das Sterben dem menschlichen Maß entzogen sein?
8. Ist Lebensverlängerung eine Erkenntniserweiterung?
______________
Keine Meinung, nur Fragen.
Vor Jahren las ich einen Text in der „Zeit“, der mich sehr berührt hatte. Ein Mann, der unheilbar krank war, entschloss sich, zu sterben. Er dokumentierte den Verlauf dieser Entscheidung in einer Art Tagebuch und seine Aufzeichnungen endeten in einem Zimmer in der Schweiz. Die Notizen erstreckten sich über mehrere Seiten und wirkten aufrichtig und unvermittelt. Wer todkrank ist, kokettiert nicht, dachte ich beim Lesen. Ich bewunderte den Mann dafür wie klar er definieren konnte, was für ihn Lebensqualität bedeutet. Nicht aus der Theorie heraus, gesund und munter, wo die Maßstäbe bekanntlich höher liegen, sondern in einem Zustand, in dem sich der Mensch erfahrungsgemäß an das Geringste klammert, was ihm bleibt, weil er am Leben hängt. Sein selbstbestimmter Tod erschien mir nachvollziehbar. So weit ich mich erinnere, erhielt dieser Text in der Zeitung eine große Resonanz und eine Ärztin entgegnete sinngemäß, eine entsprechende Schmerztherapie und Pflege sei der ethisch entschieden bessere Weg zu einem menschenwürdigen Tod zu gelangen, als das Giftfläschchen in der Schweiz. Denn das wovor der Mensch sich ängstige, seien ja die unerträglichen Schmerzen und der Verlust seiner Würde am Ende des Lebens.
Hier nun erahnt man schon, welche Schwierigkeiten auftreten, wenn man versucht aus einem nachvollziehbaren Einzelfall ein ethisches Prinzip abzuleiten. Die Dilemma beginnt meines Erachtens, sowie eine Art gesellschaftlicher Konsens darüber besteht, was Lebensqualität für den Einzelnen bedeutet. Dann wird plötzlich die Entscheidung über den Wert des eigenen Lebens nicht mehr die persönliche Entscheidung des Einzelnen sein, der sein Recht auf Sterben gegenüber den Vielen verteidigt, sondern es wird die Entscheidung der Vielen sein, gegen die der Einzelne sein Recht auf Leben verteidigen muss, falls er die Sterbehilfe nicht wünscht. Noch problematischer wird das Ganze, wenn der Patient, nicht mehr in der Lage ist seinen Willen verbal zu äußern und Angehörige sowie Ärzte den möglichen Patientenwillen annehmen müssen. Wer kann wirklich mit Gewissheit sagen: Dieser Mensch dort möchte sterben, denn sein Leben habe keinen Sinn mehr?
Der Staat argumentiert heuchlerisch: Im Kriegsdienst muss der Bürger notfalls sein Leben einsetzen. Wenn aber ein Todkranker freiwillig sterben will, darf er es nicht. Beides angeblich zum Wohle der Gemeinschaft.
Die Grundfrage bei alledem ist doch: Wem gehöre ich, dem Staat oder mir selbst? Sollte ich mich entschließen, sterben zu wollen, hat der Staat m.E. kein Recht, mich daran zu hindern. Hört die Selbstbestimmung beim Tod auf?
Bronskis Einleitung vermischt leider (wieder einmal) mehrere Aspekte eines komplexen Themas, wenn er schreibt:
„Todkranke Menschen werden am Leben erhalten, obwohl sie nicht geheilt werden können und obwohl sie oft ein Ende ihres Leidens ersehnen. Ein Sterben in Würde wird ihnen vorenthalten. Die Gründe dafür sind vorwiegend rechtlicher Natur. Doch dem ethischen Problem werden die Gesetze offenbar nicht gerecht.“
Zuerst: Nach unserer Rechtsordnung darf niemand gegen seinen Willen medizinisch behandelt werden. Ein Arzt, der gegen den Willen des Patienten verstößt, macht sich der Körperverletzung schuldig. Jeder kann daher selber entscheiden, die Apparate abstellen zu lassen oder Medikamente (ja selbst die künstliche Ernährung) abzusetzen, auch wenn dies zum Tod führt. Es gibt auch Angebote zur würdigen Sterbebegleitung (z.B. durch die Hospizbewegung), bei der lediglich die Schmerzen gestillt werden.
Die Probleme fangen allerdings dann an, wenn der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, seinen Willen zu äußern. Zwar kann man durch eine Patientenverfügung festlegen, welche Behandlung man wünscht oder nicht wünscht, aber die rechtliche Verbindlichkeit dieser Verfügungen ist nicht gesichert, so dass sich das medizinische Personal aus Selbstschutz nicht immer an die Verfügungen hält. (Ich habe in meiner Patientenverfügung deshalb festgelegt, dass meine Angehörigen verpflichtet sind, bei Mißachtung meiner Verfügung die behandelnden Ärzte wegen Körperverletzung anzuzeigen.) Eine Veränderung der Rechtslage wird derzeit im Bundestag debatiert.
Nur die aktive Sterbehilfe (die direkte Verabreichung eines tödlichen Mittels durch einen Arzt oder Sterbehelfer) ist in Deutschland strafbar. Ob eine Beihilfe zur Selbsttötung, wie sie die Schweizer Dignitas anbietet, den Straftatbestand der Sterbehilfe erfüllt, ist umstritten.
Diese Unterschiede sollte man beachten, wenn man die Fragen der Beendigung des Lebens diskutieren will, die zu den menschlich und moralisch schwierigsten Fragen gehören. Allerdings sollte man sich mit diesen Fragen beschäftigen und sie auch mit seinen Angehörigen besprechen, bevor man plötzlich (z.B. durch einen Schlaganfall) oder allmählich (z.B. durch eine Demenzerkrankung) in eine Lage kommt, in der man eine solche Entscheidungen nicht mehr treffen oder kommunizieren kann.
Bei mir wurde Anfang 2004 ein Krebs diagnostiziert.
Während der ersten Chemotherapie wurde ich in ein Zimmer zu einer anderen Krebsaptientin verlegt: So um die 70, Ernährung durch eine Magensonde, nicht mehr in der Lage sich zu artikulieren oder sich aus eigener kraft umzudrehen. Trotzdem sie ständig an einem Tropf mit Schmerzmitteln hing, stöhnte sie bei jedem Umbetten vor Schmerzen.
Als sie Fieber bekam brach große Hektik aus und ihr wurde ein fiebersenkendes Mittel verabreicht.
Auf die Frage des Arztes, ob ich ein Problem damit hätte, mit der Frau in einem Zimmer zu liegen, habe ich mir aus Rücksicht auf die abwechselnd ständig anwesenden Familienmitglieder, eine ehrliche Antwort verkniffen.
Die hätte gelautet: Ich habe kein Problem damit, dass die Frau sterben kann, wenn ich dabei bin, schließlich ist das ein natürlicher Prozeß – das Menschenleben ist nun mal endlich.
Aber ich habe ein sehr großes Problem damit, daß man die Frau nicht in Ruhe sterben läßt.
Ich habe mich auf die Feststellung beschränkt, dass ich keine Probleme damit hätte.
Ich frage mich, wie man bei so einem Zustand noch von der „Würde des Menschen“ sprechen kann.
Ich hoffe nur, dass meine Tochter meine Patientenverfügung durchsetzen kann, sollte es bei mir einmal soweit kommen.
Ich werde sie um den von Abraham erwähnten Zusatz bezüglich der Strafanzeige ergänzen und hoffen, dass es hilft.
Ergänzung zu meinem vorigen Beitrag:
Ich hatte damals aus diesem Anlass ein längeres Gespräch mit der Krankenhauspfarrerin.
Einen ihrer Sätze kann ich nur unterschreiben:
Die Fortschritte in der Medizin sind wirklich beachtlich – aber muß man alles machen, was machbar ist?
Ich habe als Jugendliche miterlebt, wie dem Zimmergenossen meines Vaters eine Herzoperation bevorstand, die er aller Wahrscheinlichkeit nach nicht überleben würde. Er erwähnte uns gegenüber, dass die Ärzte ihm seine Überlebenschancen in einer genauen Prozentzahl mitgeteilt hätten, welche so gering war, dass sie einem Todesurteil glich. Dennoch wollte sich der Mann dieser Operation unterziehen. Seine Angehörigen waren um ihn versammelt, Abschied und Tod gegenwärtig. Der Mann überlebte die Operation zwar, starb aber kurze Zeit später auf der Intensivstation, angeschlossen an Maschinen. Die Antwort auf die Frage, ob man alles machen muss, was machbar ist, ist nicht zuletzt davon abhängig, was man zu verlieren hat. Die Spirale von Hoffen, Operationen, Rückschlägen, erneuter Hoffnung usw. entwickelt auch eine Eigendynamik, die es einem selbst erschwert, eine Grenze zu ziehen. Mit dem zeitlichen Abstand kann ich lediglich sagen, welche Entscheidung ich mir wünschte, in oben beschriebener Situation treffen zu können, nämlich „Nein“ zu sagen. Ich habe allerdings auch erfahren, dass Patienten, die offensichtlich im Sterben lagen und zu Hause sterben wollten, seitens der Ärzte zu weiteren Therapien im Krankenhaus geraten wurden. Über die Beweggründe möchte ich nicht spekulieren, mit gesundem Menschenverstand, Ethik und dem Patientenwillen hatte dies jedoch nichts zu tun.
Wieder einmal, wie so oft, stehen dem freiwilligen Ableben kranker Menschen die moralischen und in der Bibel nirgends belegten Vorschriften der katholischen Kirche entgegen. Bis vor Kurzem wurde Selbstmördern gar die Beerdigung durch Priester verweigert, teilweise auch der Platz auf dem Friedhof. Man sollte bei dieser Diskussion also immer wissen aus welcher Ecke der Arzt oder Philosoph kommt, obwohl natürlich das Ganze ein ethisches Problem, ohne die Einmischung des Christentums darstellt.
Orientieren sollte man sich an den “alten Indianern“, die beizeiten mit Unterstützung der Familie, sich zum Sterben zurückzogen und dann freiwillig verhungerten oder erfroren. Heute täte es aber auch eine gewollte Abschaltung von Apparaten oder eine kleine Pille……
Ich behaupte nun keinesfalls, Fachfrau für indianische Geschichte(n) und Bräuche zu sein – aber wer glaubt, dass sich die „alten Indianer“ stets freiwillig und familienbegleitet zum Sterben niederlegten, möge Velma Wallis’ Legendenbericht „Zwei alte Frauen“ lesen… Ein Zurück- und damit Sterbenlassen „nutzloser Esser“ auf Häuptlingsbeschluss halte ich nicht gerade für einen empfehlenswerten sozialen Maßstab…
Ich weiß, dass Sie das so nicht gemeint haben, Walthor, mir stieß nur grade diese verklärte Indianerromantik etwas auf. Ich hab bei derartiger Argumentation mitunter den Verdacht, dahinter steckt weniger die Sorge um einen würdevollen und selbstbestimmten Tod des Sterbenden, als vielmehr das Bedürfnis und die Forderung der überlebenden Angehörigen (der Gesellschaft, „des Stammes“), der alte, kranke Mensch möge ihnen sein bevorstehendes Ableben doch nicht so schwer machen, sondern jetzt aber mal bittschön wie weiland die Indianer freiwillig sterben. Und dieses Bedürfnis gilt es bei der Diskussion um Sterbehilfe auch zu beachten…
Fakt ist, dass es in Deutschland jedem Schäferhund besser geht, als vielen Menschen. Mit einem Tier hat man Mitleid, es darf von seinem Leiden erlöst werden. Bei einem Menschen geht das nicht, auch wenn er noch so sehr leidet und um seine Erlösung bettelt. Menschen und Tiere sind beides Gottes Geschöpfe, und da sollte es in der Moralvorstellung und in der Religion keine Unterschiede geben.
Was Leiden in der letzten Lebensphase heißt, kann sich sowieso niemand vorstellen, der es nicht selbst im nächsten Umfeld aus nächster Nähe beobachtet hat. Alle Meinungs- und vor allem die parlamentarischen Entscheidungsträger in Deutschland sollten wenigstens einmal ein Hospiz oder eine onkologischen Station eines Krankenhauses besuchen und mit den Patienten, den Angehörigen und dem Pflegepersonal sprechen. All denjenigen, die diese Erfahrung nicht hinter sich gebracht haben, spreche ich jegliche Kompetenz in Sachen Sterbehilfe ab.
Nur mal so zur Thematik, Tier haben es besser. Wenn z.B. ein Springpferd sich das Beinbricht und dies nicht ein völlig überschätzter (Zuchtfähiger) Hengst ist, wird es in der Regel umgebracht, obwohl es noch lange leben könnte, häufig sogar reitbar ist. Hunde werden massenweise eingeschläfert, weil sie als gefährlich gelten (Kampfhundedebatte). Hier zeigt sich sehr schnell die Grenze der Sterbehilfe zum Mord, zum töten eines Lebewesens aus niederen Beweggründen.
ICh befürtworte sowohl Patientenverfügungen als auch die aktive Sterbehilfe. Ich habe lange Jahre als Zivi und Nebenjob für Alte und Behinderte Pflege und Assistenz geleistet. Die meisten hatten eine reltaiv klare Vorstellung davon, wie weit sie leben wollen und wann sie lieber sterben wollen, bis hin zu Fragen, ob ich bereits wäre nachzuhelfen.
Eine mir nahestehende verstorbene Person hat relativ frühzeitig den Wunsch geäußert sterben zu wollen. In dem Hospitz in dem sie lag habe ich intensiv mit dem Pfarrer disktuiert über die Zulässigkeit der aktiven Sterbehilfe. Er lehnte sie strikt ab, stimmte aber (zurückhaltend) zu, dass paliative Medizin letztlich aktive Verkürzung des Lebens ist, denn die Medikamente schädigen den Körper und die Dosen werden relativ hoch gewählt, um den Zweck und Sinn der Schmerztheraoie zu erfüllen. Er stimmte mir dabei ebenfalls zu, dass die Grenzen hier also bereits fließend sind.
Eine Lösung sehe ich nur in verbindlichen Verfügungen, die dann jedoch auch die volle Hoheit über das eigene Leben beinhalten sollten. Zu bennen müssten eine oder mehrere Personen des Vertrauens sein, die im Zweifelsfalle beratend tätig werden müssen sowie eine Person, die letztlich bei Zweifel das Urteil fällen darf. Dann wären zwar der Mißbrauch nicht endgütig ausgeschlossen, aber zumindest der WIlle der Person (das Leben einer bestimmten Person anzuvertrauen) erfüllt. Näher an den Willen heran komme ich nicht und besser ausschließen kann ich willkür auch nicht.
1.Ich finde, den Vergleich mit dem Lebensende von Tieren sollte man hier ganz rauslassen.
2. Ein Gedanke ist ganz interessant:
Man stelle sich vor, jemand hat alle Vorbereitungen zum Sterben getroffen, alle Entscheidungen gefällt und die Medikamente eingenommen, die zum Tode führen.
Man steht neben diesem Menschen und begleitet sein Sterben. Im letzten Augenblick sagt er: „Zu früh, zu früh..“
Ich glaube, daß die Angst vor diesem Moment der Kern der Argumente gegen das Sterbenhelfen/Sterbenlassen ist.
@bvg
die Tierdebatte spielt aber eine Rolle, denn sie zeigt, dass das Töten von Lebewesen in der jeweiligen Situation unterschiedlich begründet wird. Aber in allem gleich ist die Herrschaft über Leben und Tot. Und ich bin der Meinung, dass die Ächtung der Selbsttötung und mithin die erbetene Selbsttötung eine Verweigerung der Unterwerfung ist. Denn ein Mensch, der bereit ist, seinem Leben aktiv ein Ende zu setzen ist praktisch nicht mehr beherrschbar. Womit will ich ihm drohen? Einzig in dem ich ihn zwinge, auf sein Ende zu warten und es nicht frei zu wählen kann ich ihm die Freiheit nehmen und ihn damit wieder unterwerfen.
Die Angst, zu früh sich für das Ende entschieden zu haben, ist befürchte ich eher die Angst der Hinterbleibenden. Und grundsätzlich ist eine Entscheidung nie frei von Fehlern aber nur hinterher ist man klüger. Daher bringt dieses Argument nicht weiter.
Ich bin mir auch unsicher, ob die Rundschau den Weg der Formatumstellung nochmal gehen würde, wenn sie alles nocheinmal auf Anfang setzen könnte. (auch wenn jetzt bestimmt ein entrüstet seöbstverständlich kommt).
@Inga
„die Tierdebatte spielt aber eine Rolle, denn sie zeigt, dass das Töten von Lebewesen in der jeweiligen Situation unterschiedlich begründet wird. Aber in allem gleich ist die Herrschaft über Leben und Tod. „
Das Tier kann nicht Nein sagen, es ist der Interpretation des Menschen ausgeliefert. Der Mensch kann zumindest insofern Nein sagen, als er vorher bewußt seine Zustimmung zur Selbsttötung geben muß.
„Und ich bin der Meinung, dass die Ächtung der Selbsttötung und mithin die erbetene Selbsttötung eine Verweigerung der Unterwerfung ist. Denn ein Mensch, der bereit ist, seinem Leben aktiv ein Ende zu setzen ist praktisch nicht mehr beherrschbar. Womit will ich ihm drohen? Einzig in dem ich ihn zwinge, auf sein Ende zu warten und es nicht frei zu wählen kann ich ihm die Freiheit nehmen und ihn damit wieder unterwerfen. „
Selbstmord als ein Akt zur Freiheit. Finde ich bedenkenswert, toller Gedanke. Führt auch zur Diskussion, ob der Betroffene am besten weiß, wann es Zeit ist.
„Die Angst, zu früh sich für das Ende entschieden zu haben, ist befürchte ich eher die Angst der Hinterbleibenden. „
Sowohl die Angst der Hinterbleibenden, als auch die Angst des Betroffenen.
„Und grundsätzlich ist eine Entscheidung nie frei von Fehlern aber nur hinterher ist man klüger. Daher bringt dieses Argument nicht weiter. „“
Aber: Leben kann ich nur heute, sterben kann ich auch morgen noch…
„Ich bin mir auch unsicher, ob die Rundschau den Weg der Formatumstellung nochmal gehen würde, wenn sie alles noch einmal auf Anfang setzen könnte. (auch wenn jetzt bestimmt ein entrüstet seöbstverständlich kommt). „
Das war hoffentlich keine Entscheidung über FR und BILD
@Bronski
Kann man hier irgendwie ein vernünftige Formatierung von Zitaten hinbekommen? (Kursiv z.B.)
@Inga
kursiv sind Zitate:
„die Tierdebatte spielt aber eine Rolle, denn sie zeigt, dass das Töten von Lebewesen in der jeweiligen Situation unterschiedlich begründet wird. Aber in allem gleich ist die Herrschaft über Leben und Tod. „
Das Tier kann nicht Nein sagen, es ist der Interpretation des Menschen ausgeliefert. Der Mensch kann zumindest insofern Nein sagen, als er vorher bewußt seine Zustimmung zur Selbsttötung geben muß.
„Und ich bin der Meinung, dass die Ächtung der Selbsttötung und mithin die erbetene Selbsttötung eine Verweigerung der Unterwerfung ist. Denn ein Mensch, der bereit ist, seinem Leben aktiv ein Ende zu setzen ist praktisch nicht mehr beherrschbar. Womit will ich ihm drohen? Einzig in dem ich ihn zwinge, auf sein Ende zu warten und es nicht frei zu wählen kann ich ihm die Freiheit nehmen und ihn damit wieder unterwerfen. „
Selbstmord als ein Akt zur Freiheit. Finde ich bedenkenswert, toller Gedanke. Führt auch zur Diskussion, ob der Betroffene am besten weiß, wann es Zeit ist.
„Die Angst, zu früh sich für das Ende entschieden zu haben, ist befürchte ich eher die Angst der Hinterbleibenden. „
Sowohl die Angst der Hinterbleibenden, als auch die Angst des Betroffenen.
„Und grundsätzlich ist eine Entscheidung nie frei von Fehlern aber nur hinterher ist man klüger. Daher bringt dieses Argument nicht weiter. „
Aber: Leben kann ich nur heute, sterben kann ich auch morgen noch…
„Ich bin mir auch unsicher, ob die Rundschau den Weg der Formatumstellung nochmal gehen würde, wenn sie alles noch einmal auf Anfang setzen könnte. (auch wenn jetzt bestimmt ein entrüstet seöbstverständlich kommt).
Das war hoffentlich keine Entscheidung über FR und BILD
Keiner mehr da?
Dann spiel ich mal ein bißchen mit Formatierungen
Hallo Bronski
was dagegen
wenn mann hier HTML-Formatierungen einsetzt?
Das macht alles etwas lesbarer,
wenn man es nicht übertreibt.
Das ist natürlich
wesentlich
Nein, nix dagegen.
@bvg
sie führen doch selbst aus warum das Beispiel mit den Tieren eben doch ein wenig hilft. Denn es trennt die Selbst von der Fremdbestimmung. Will sagen, die Tiere werden ausschließlich fremdbestimmt getöt, dies soll bei Menschen in JEDEM FALL ausgeschlossen (zu recht natürlich). Daher scheint mir die eigentlich Ächtung nicht im Bereich des Fremdbestimmten tötens, sonder der individuellen Selbstbestimmtheit zu liegen. In diese Argumentation passt auch, dass insbesondere Religionen, die ja quasi Schicksalsgläubig sind (wie auch immer dies bestimmt wird) und die daher die Selbsttötung stärker ächten als das töten in ihrem Glauben. Selbst im radikalen Fundamentalismus ist nicht die Selbsttötung sondern lediglich die Selbstopferung für höhere Ziele akzeptiert. Selbstmord ist in dieser Perspektive nämlich grundsätzlich eine „gotteslästerung“, da nur dieser über Leben (erzwungener Weise) und Tod (nicht wählbar )entscheiden darf.
Ich bin mir sicher, dass dieser Glaube an die göttliche Macht den Wesentlichen Grundzug bei der Ächtung und dem Verbot der Selbsttötung spielt. Der Staat, in seiner Wurzel und auch gegenwärtig ein quasi Ersatz für Gott (das Gewaltmonopol, Töten auf Befehl sowie als Strafe liegen ausschließlich in seiner Macht), übernimmt in weiten Teile diese Rolle.
Nun entsteht bei der aktiven Sterbehilfe das Dilemma, dass ich hinterher den gestorbenen nicht mehr fragen kann, ob dies sein Wille war. Gestehe ich ihm allerdings zu, seinen Willen auch fahrlässig und falsch im Vorhinein zu definieren, dann sehe ich keinen Grund, außer der Ächtung des Selbsttöttens, warum ihm dieser Wille verweigert werden sollte, sofern sich eine Person findet, die die Umsetzung ermöglicht. Der Schutz des Lebens jedenfalls lasse ich nicht gelten, denn dafür treten die selben Personen zu häufig dafür ein, das Polizei und Militär mit Gewalt politische Interessen durchsetzen und dabei selbstverständlich auch Tote zu Hauf in kauf nehmen. Ein Papst, der durch das Verbopt von sexueller Aufklärung und Verhütung Selbstbestimmtheit schon im sexuellen Bereich verhindert und wissentlich hundertausende zu Hunger, Krankheit, Ausbeutung und Tot verdonnert, kann für sich nicht reklamieren, den Schutz des Lebens AN SICH anzustreben. Wie ich oben schon geschrieben habe, sehe ich keine Probleme, eine Willen zu akzeptieren, der aus der Nachsicht auch falsch gewesen sein kann. Und ich sehe kein Problem damit, die letztendliche Entscheidungsfreiheit im Zweifelsfalle an eine Person zu übertragen. Wenn ich bereit bin, mein Leben dieser Person anzuvertrauen, dann ist dies mein Freier Wille und der Staat hat kein Recht mir diesen zu nehmen, da ich niemandem anderen außer mir Selbst mit diesem Wille Schaden zu füge. Und zwar in beide Richtungen, dass die Person für meinen Tot spricht, obowohl ich es vielleicht an diesem Punkt nicht gewollt hätte und umgekehrt, dass diese Person mich am Leben lässt, obwohl ich gerne gestorben wäre. Dies meine ich mit dem Punkt, dass Freiheit und Selbstbestimmung immer auch Fehlerbehaftet ist und da wir (anders als die meisten ökonomen glauben) in einer historischen Zeit leben und somit eine Situation niemals zweimal erleben, sind diese Entscheidungen in ihren Auswirkungen im Prinzip irreversible, ich kann lediglich bei manchen Entscheidungen (aber längst nicht bei allen) versuchen hinterher Schadensbegrenzung zu erreichen, was mir sicherlich auch nur in begrenztem Maßen gelingen wird.
Mit ein wenig Sarkasmuss könnte man es so auf den Punkt pringen: Wenn Herr Jung dafür plädiert, Passagiermaschinen abzuschiesen, sofern darin Selbsttötungsattentäter sind, dann plädiert er eigentlich für aktive Sterbehilfe in Tateinheit mit Massenmord (davon ausgehend dass in einer Passagiermaschine stets hundert oder mehr Menschen sitzen). Da finde ich die aktive Sterbehilfe ohne Massenmord doch irgenwie besser.
Geht das auch in groß?
Okay soweit(Das sollte Großschrift sein)
Ich glaube, viel mehr Abgrenzung ist in dem Thema nicht möglich, der Rest des „Spielraumes“ bleibt in der persönlichen Entscheidung.
Dann wäre der nächste Schritt, daß der Staat diese persönliche Entscheidung vor Mißbrauch schützt.
Ob das geht?
In der FR heute (18.11.07) ist ja neuer Artikel zum Thema Sterbehilfe („Tödliche Provokation“):
Ich kann nur sagen, dass ich den Arzt bewundere, weil er sich ja der Gefahr der Strafvervolgung aussetzt.
Ich persönlich hätte das in einem konkreten Fall übrigens auch getan bei einem Menschen der mir sehr nahe stand und dessen letzen Wille ich erfüllt hätte. Zum Glück hatte Gott ein Einsehen, so dass die Sterbehilfe nicht notwendig war.
Dem Arzt kann man nur viel Glück wünschen und hoffen, dass damit wieder etwas Bewegung in das Thema kommt.
Bei den Kosten im Falle der Sterbehilfe in der Schweiz wird maßlos übertrieben. Am teuersten ist die Logistik (Fahrten, Transporte, usw.), an der Dignitas nicht verdient.
Aber genau deshalb, um den Sterbetourismus zu vermeiden und um erst gar nicht eine Kommerzialisierung aufkommen zu lassen, ist endlich eine Legalisierung notwendig. Möge der im FR-Bericht genannte Arzt dazu beitragen!
Nun Ja
ich würde das Ganze schon nochmal unter dem
Gesichtspunkt bedenken, inwieweit die Entscheidungsfähigkeit
bei den Helfern gegeben ist. (Das würde ich allerdings bei
allen tun, die sich zum Töten entschließen.)
Trotzdem ich die Entscheidung verstehen kann und auch
sehe, daß es eine Gruppe geben muß, die diese Dinge
regelt, läuft mir doch ein Schauer den Rücken runter, wenn
ich von diesem eindeutigen Bekenntnis des Arztes lese.
Lieber bvg,
der Schauer kann ihnen nur über den Rücken laufen, wenn sie bisher nicht viel mit dieser Grenzsituation des Lebens zu tun hatten. Wer häufiger mit Personen in diesem Grenzbereich zu tun hat, änder häufig seine Einstellung zur Frage der Sterbehilfe (ob aktive oder passive). Denn es ist der Eindruck den die sterbenden hinterlassen, dass: Zwanghaftes „lebenerhalten“ genauso wie „verhungernlassen“ mit der Menschwürde nicht vereinbar ist. Es gibt kein sterben lassen, was mit der christlichen Nächstenliebe vereinbar wäre, denn selbst Scherzmittel können den Leidenschmerz der meist bei Bewusstsein seienden Personen lindern. Oder aber ich pumpe sie so voll, dass sie von der Außenwelt nichts mehr bewusst mitbekommen, dann liegen diese Menschen aber da wie hirntot. Diese Situation schafft bei vielen Angehörigen den Wunsch, ihrem Leben in einer solchen Situation ein Ende bereiten zu können, denn sie empfinden dies als Menschenunwürdig und sehen keinen Sinn darin, vom Wert des Lebens zu reden, wenn alle wissen, dass es nur darum geht auf das Sterben zu warten. An dieser Stelle ist der Wert des Lebens bloß noch ein Schatten seines Selbst und Selbstzweck, so wie der Wert der Freiheit, wenn eine Person Hhungers stirbt jede Bedeutung verliert.
Ich kann den Arzt daher gut verstehen und begrüße seinen Vorstoß, wenn gleich ich den Medialenrummel der hierzu notwendig ist verachte. Denn wie schon eine Vorrednerin verdeutlichte (sie erwähnte den Artikel der Zeit von einigen Jahren) ist den meisten Menschen die Tragweite ihrer Entscheidung in allen Konsequenzen bewusst, so wie ihnen das finale Ergebnis ihrer Krankheit sowie deren Verlauf bewusst ist.
Und ich glaube Länder wie die Schweiz machen vor, dass es nicht zu einem massenhaften Missbrauch kommt.
@Inga
Soweit waren wir uns ja einig:
Weiterleben oder nicht mehr weiterleben zu wollen ist die persönliche Entscheidung. Es muß nur gesichert sein, daß die Entscheidung frei getroffen wird.
Ich denke, die Bedingungen dazu haben wir ausreichend beschrieben.
Nun muß dafür gesorgt werden, daß beide Richtungen frei bleiben und vor Mißbrauch geschützt werden.
Aber das ist vielleicht ein anderes Blogthema.