Es scheint etwas falsch zu laufen beim Umbau der deutschen Energieversorgung in Deutschland. Dabei spielt die Entscheidung der Bundesregierung, die AKW-Laufzeiten zu verlängern, diesmal nur indirekt eine Rolle. Die Baustellen sind andere. Zum ersten: Der Netzausbau kommt nicht ausreichend voran. 3500 Kilometer neue Stromleitungen sind nötig. Das System operiert bereits heute gelegentlich an der Belastungsgrenze, und es ist schon vorgekommen, dass selbst Windräder im Norden abgeschaltet werden mussten, weil für den von ihnen produzierten Strom keine Transportwege in den Süden zur Verfügung standen bzw. diese Transportwege ausgelastet waren. Denn gerade Windstrom wird häufig im Norden gewonnen und im Süden verbraucht. Auf sechs Milliarden Euro schätzt die Dena, die Deutsche Energie-Agentur. Woher nehmen? Diese Kosten müssten auf die Stromrechnungen umgelegt werden.

Doch der Ausbau, schreibt Jakob Schlandt in seinem FR-Text „Nahe am Zusammenbruch“ kommt derzeit kaum voran, denn es gibt Widerstände gegen die Baupläne in den betroffenen Gemeinden. Nur 80 Kilometer neuer Leitungen wurden in den vergangenen fünf Jahren geschafft. Die Menschen sind gegen die „Mega-Masten“. Damit sind die Ausbaupläne für die erneuerbaren Energien gefährdet.

Dazu meint Martin Krauß vom BUND aus Fernwald:

„Bürgerinitiativen und Umweltverbänden sollen am verzögerten Ausbau des 380-kV-Netzes schuld sein. Unsinn. Erstens können sie nichts verzögern oder gar verhindern, höchstens mit Klagen, wenn die Planung nicht den Gesetzen entspricht und eine nachvollziehbare Planrechtfertigung vermissen lässt. An wem liegt das dann? (Wurden schon mal neue Startbahnen, Autobahnen, Müllverbrennungsanlagen, Justizvollzugsanlagen, etc. von Bürgerinitiativen und Umweltverbänden verhindert?) Zur Planrechtfertigung wäre zu begründen, inwieweit der 380-kV-Netzausbau, der angeblich für die erneuerbaren Energien, insbesondere den Windstromtransport von Nord nach Süd erfolgen soll, notwendig ist, wenn Kohle- und Atomstrom nicht im gleichen Umfang aus dem Netz genommen werden. Das soll doch das Ziel der Bundesregierung sein, oder? Dafür gibt es den gesetzlichen Einspeisevorrang für die erneuerbaren Energien. Soll der abgeschafft werden? Das ist zu befürchten. Wer die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängert, muss gegen den Einspeisevorrang der erneuerbaren Energien sein. Atomenergie soll eine „Brückentechnologie“ sein; wirklich? Tatsächlich verstopft sie das Netz für die erneuerbaren Energien, wie der „Ausbaubedarf“ zeigt! Das Netz soll dem norddeutschen Windstrom und (!) unvermindertem Atom- und Kohlestrom dienen. Eine „Brücke“ mit Vorrang für Atomstrom, die für die erneuerbaren Energien gesperrt ist. Der „Bedarf“ für 24 neue 380-kV-Leitungen wurde durch das Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen (ENLAG) durch Abstimmung im Bundestag festgestellt; ohne detaillierte Bedarfsprüfung mit Lastflussdaten (Ist und Prognosen), nur aufgrund der dena-I-Netzstudie, die die erneuerbaren Energien, v. a. Windkraft onshore, klein rechnete. Die erwartete dena-II-Netzstudie scheint, wie Vorabmeldungen der FR zu entnehmen ist, das noch zu verstärken. Deshalb hat der BUND, Bund für Umwelt und Naturschutz Hessen die geplante 380-kV-Leitung von Wahle (Niedersachsen) nach Mecklar (Hessen) als nicht dem vorgegebenen Zweck, des Windstromtransportes von Nord nach Süd entsprechend, abgelehnt. Außerdem fordert der BUND Hessen einen stärkeren Ausbau der Windkraftnutzung in Hessen, übrigens zu den halben Kosten wie der Offshore-Windstrom, insgesamt den dezentralen Ausbau der erneuerbaren Energien. Vor dem Hintergrund ist der 380-kV-Netzausbau zu prüfen.“

Ein anderes Problem im Energiesystem betrifft die Photovoltaik. Es gibt schon lange Kritik daran, dass diese Technologie sich nicht rechne. Stromkunden müssen sich wegen des Ausbaus der Solarenergie Sorgen über steigende Strompreise machen: Der Preis dürfte von derzeit zwei Cent pro Kilowattstunde auf 3,2 bis 3,5 Cent angehoben werden, wie Jakob Schlandt in der FR schreibt. Das entscheidet sich am 15. Oktober. Die dafür verantwortliche Umlage ist im EEG festgeschrieben, dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Wichtigster Preistreiber ist die Photovoltaik. Die Module werden immer billiger, der Markt wird damit überschwemmt, die Anschaffung durch die niedrigen Preise erleichtert. Neu gebaute kleine Solar-Dachanlagen erhalten derzeit 33 Cent pro ins Netz eingespeister Kilowattstunde. Windkraft an Land liefert stattdessen für acht Cent, offshore für 15 cent. Solaraanlagen tragen neun Pozent zum Ökostrom bei, verursachen aber 40 Prozent der Kosten. Allerdings weist der Bundesverband Erneuerbare Energien darauf hin, dass Ökostrom trotzdem die Preise  an der Leipziger Strombörse senke. Außerdem würden durch Ökostrom Umweltschäden vermieden, und 300000 zukunftsfeste Jobs seien entstanden. Jakob Schlandt kommentiert dennoch: „Idiotisch„.

Eike Roth aus Offingen meint

„Seit 20 Jahren verspricht die Solarlobby, dass Photovoltaikstrom „in einigen Jahren ganz, ganz billig sein wird“. Auch in weiteren 20 Jahren wird es das Versprechen noch genauso geben, und es wird nach heutigem Ermessen auch dann noch genauso wenig einhaltbar sein, wie es das bisher war und heute ist. Die heute und in absehbarer Zeit vorhandene Technik ist ganz einfach nicht in der Lage, die beiden grundlegenden Nachteile der Solarenergie, ihre geringe räumliche Konzentration und ihre unstetige Verfügbarkeit, ausreichend zu kompensieren. Daran ändert auch der Preisrückgang der letzten Jahre nichts, der Abstand zu anderen Arten der Stromerzeugung ist immer noch himmelhoch.
Es war idiotisch, Milliardenbeträge in den vieltausendfachen Bau ungeeigneter Anlagen zu stecken, und es wäre genauso idiotisch, dem verschwendeten Geld durch den Bau weiterer, gleichermaßen ungeeigneter Anlagen weiteres Geld nachzuwerfen. Wir müssen endlich mit der völlig verkehrten Politik der Massenförderung aussichtsloser Technik aufhören. Wenn Geld für die Photovoltaik, dann bitte in die Forschung, vielleicht finden wir ja eines Tages eine Technik, die tatsächlich Chancen auf Konkurrenzfähigkeit hat, aber bitte kein Geld in massenhaften Unsinn, der eben keine „Produktentwicklung“ ist. Dass die mit diesem falschen Weg finanzierten Arbeitsplätze vorwiegend im Ausland sind, macht die Sache nicht besser.“

Michael Brod aus Frankfurt dagegen:

„Es ist schon bedauerlich, wie in dem Artikel Stimmung gegen Solarstrom gemacht wird, welcher ein Baustein beim Umsteuern gegen den Klimawandel ist: „Die Abgabe für die Einspeisung erneuerbarer Energien steigt um bis zu 75 Prozent.“ Das hört sich ja enorm an. Und weiter: „Auf Haushalte und die meisten Betriebe kommen damit erhebliche Mehrbelastungen zu.“ Rechnet man das Beispiel aus dem Artikel nach, so kommt man nicht auf 60 Euro zusätzlich, sondern nur auf 52,50 Euro. Das wäre eine prozentuale Steigerung der Stromrechnung eines Drei-Personen-Haushalt mit 3500 Kilowattstunden Stromverbrauch im Jahr um 6,4 Prozent  (Tarif Mainova classic). Enorme Steigerung? Als Stromverbraucher habe ich die Möglichkeit, durch Stromsparmaßnahmen diese Steigerung mehr als auszugleichen. So verbraucht unser Drei-Personen-Haushalt weniger als die Hälfte des oben genannten Durchschnittsverbrauchs. Unter anderem Dank der Initiative frankfurt-spart-strom.de. Enorme Kosteneinsparung!
Die Bäckerei mit einem so riesigen Stromverbrauch von 200000 kWh/a sollte vielleicht mal über Alternativen zu Strom nachdenken. So wie der Kommentar zu dem Artikel mit „Idiotisch“ überschrieben ist: Idiotisch, 200000 kWh/a durch den Bäckereischornstein zu jagen und beim gegenwärtigen Strommix noch mal 340000 kWh/a durch die Schornsteine der Energieerzeuger. Der Klimawandel zwingt zum Bewusstseinswandel. Ja, und wenn doch der Windstrom an Land mit 8 Cent/kWh so günstig ist, warum liegt denn Hessen beim Windkraftausbau hinten? So lange sich auf dem Großen Feldberg noch kein Windrad dreht, wird halt jedes verfügbare Dach mit Solarmodulen ausgestattet. Zum Nulltarif ist der Klimawandel nicht aufzuhalten.“

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11 Kommentare zu “Das Netz wird verstopft

  1. 15 Cent für Windstrom auf dem Meer halte ich auch für sehr viel. Wahrscheinlich hat man die Förderung für PV auf Freiflächen abgeschaft, weil sonst PV Stom aus solchen Anlagen billiger wäre als der Strom von den großen Windfarmen auf See. Die Windenergie gehört in Süddeutschland ausgebaut, dann hätte man auch die Netzprobleme nicht in diesem Maße. Zur PV kann man nur sagen bitte die Preisentwicklung der letzten 15 jahre beachten. Wie es im Moment aussieht werden wir 2012 Preise haben die mit den Preisen für Haushaltstrom identisch sind. Wenn dann noch die Automobilindustrie mit dem Speicherproblem zurande kommt dann haben sich alle Fördermaßnahmen über deren Höhe man ja auch beliebig streiten kann gelohnt, da die PV letztlich auch so etwas wie einen dauerhaften Preisdeckel darstellt über den Haushaltsstrom nicht weit hinaus gehen kann.

  2. Ich denke zu dem Leitartikel aus dem heutigen Wirtschaftsteil der meiner Meinung nach doch einige Halbwahrheiten enthält sollte man einiges hinzufügen. Was ich jetzt versuchen werde.
    Ich weiß das 9 GW Zubau in 2010 definitiv zu hoch und nicht gut für die PV sind. Aber in diesen 9 GW sind die Erwartungen eines sehr hohen Zubaus im November und Dezember enthalten. Dieser muß auch erst einmal so kommen angesichts dessen das Freiflächenanlagen nicht mehr gefördert werden seit 01.07. Weiterhin wird in diesem Artikel einfach vorrausgesetzt das der Zubau in 2011 so weiter geht wenn nichts unternommen wird. Wie kommt der Reporter darauf das nichts unternommen wird? Es wurde das EEG am 1.1.2010 um 9% am 1.7. um 13% am 1.10. um 4% und am 1.1.2011 um 13% abgesenkt. Gleichzeitig wurde die Förderung von Freiflächenanlagen zum 01.07.2010 eingestellt. Ich denke jetzt stelle ich hier diesen Absenkungsschritten einen Link zur Anlagenpreisentwicklung gegenüber der meiner Meinung zeigt das es im Jahr 2011 keine Überförderung von PV mehr gibt.
    http://www.solarwirtschaft.de/preisindex
    Jetzt zu der Frage wie konnte es dazu kommen das mit großer Wahrscheinlichkeit 9 GW in 2010 gebaut werden. Ich sage mal einfach hätte man wie angedacht zum 01.04. eine Absenkung von 17% durchgeführt würde es heute dieses Problem nicht geben. Ist es wirkich der Unfähigkeit dieser Regierung geschuldet das es nicht umgesetzt wurde?
    Der im Artikel genannte Vorwurf aus den Reihen der PV-Hersteller käme kein Lösungsansatz für die Probleme in 2011, wenn sie überhaupt entstehen?,ist so auch eine Halbwahrheit. In der letzten Wochen brachten die Firmen Solarworld und Conergie Anlagen zur Steigerung des Eigenverbrauchs auf den Markt. Das Thema Eigenverbrauch und Einstellung der Förderung von großen Freiflächeanlagen wird mittelfristig zu einer deutlichen Entlastung der Netze führen.
    Zu den 3,5Cent Ökozuschlag auf die Kilowattstunde Strom ist folgendes zu sagen. Wenn dieser Zuschlag Preiswirksam wird dann liegt das mindestens genauso am fehlenden Markt wie an den 9 GW Zubau.(Stichwort nicht Weitergabe von Absenkung der Großhandelspreise von Strom)
    Was ist für 2011 zu erwarten? Das ist natürlich schwer zu beantworten. Ich möchte aber einige Möglichkeiten aufzeigen und zum anderen sagen 10 GW Zubau eher nicht. Der Hauptgrund ist das es keine Freiflächenanlagen mehr geben wird.
    Zum 01.07.2010 mussten die Anlagen genehmigt sein so das der Zubau dieser Anlagen erst jetzt ausläuft. Als zweites wird das natürlich von der Preisentwicklung der Anlagenpreise abhängen. Das die Absenkung am 01.01.2011 immer noch einfach durch niedrige Anlagenpreise kompensiert werden kann sollte man angesichts der Tatsache das der Anteil von Kosten die sich nicht verändern immer größer wird zumindest mit einem ? versehen. Damit meine ich solche Kosten wie für Gestell und Gerüst oder Kabel und Arbeitszeit.
    Außerdem wird sich zeigen ob der stark wachsende Weltmarkt durch seine Nachfrage wie schon oben im Link belegt ein weiteres Absinken der Preise in Deutschland verhindert. Aus den genannten Gründen sollte man 2011 entspannt anlaufen lassen, und darauf vertrauen das wenn es doch zu einem höheren Zubau als 5-6 GW kommt das EEG vorsieht das am 01.01.2012 eine Absenkung der Einspeisevergütung von bis zu 22% greift. Das wird dann eine mögliche Überförderung wirklich beenden. Deshalb bin ich bei diesem Punkt auch einmal der gleichen Meinung wie unsere Bundesregierung sie derzeit äußert

  3. Ich schreibe noch etwas zu dem Thema denn der Bericht von Jakob Schlandt heute in der FR stört mich schon etwas. So wie in dem Link aufgezeigt kann man darüber auch berichten. Zum Thema Verstopfung der Netze ist eigentlich ganz klar was passieren muß wenn zu viel PV Strom im Netz ist übrigens das Gleiche als wenn zu viel Atomstrom im Netz ist. ABSCHALTEN!! bis es wieder passt.http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/11917855/485072/Nicht-nur-Oekostrom-wird-mit-dem-Geld-der.html

  4. Solarstom gefährdet Netze? Dass die Erneuerbaren Energien schneller vorankommen als Politiker und die Stromkonzerne, die sie bisher erfolglos gebremst haben, glauben wollten, hat die Branche immer gesagt. Warum können jetzt angeblich die Netze Solarstrom und Windstrom nicht mehr aufnehmen? Weil Kohle und Atom die Netze nicht frei geben, d. h. nicht entsprechend weniger einspeisen, wie es nach dem Energiekonzept der Bundesregierung, nach dem gesetzlichen Einspeisevorrang für erneuerbare Energien (EEG) und nach dem Plan der Laufzeitverlängerung als „Brückentechnologie“ angestrebt ist. Atom- und Kohlestrom geben die Netze auch nicht im Rahmen ihrer begrenzten Regelungsmöglichkeit frei. Neue Kohlekraftwerke sind in Planung. 100% erneuerbare Energie beim Strom sind langfristig (bis 2050) angestrebt, bei gleichzeitig verringertem Stromverbrauch durch Effizienzgewinne. Dafür müssten die Netze mit Umstrukturierungen ausreichen, zumal Solarstrom und Binnenland-Windstrom dezentral anfallen. Der angestrebte, kommende Offshore-Windstrom, mit dem der 380-kV-Netzausbau per „Energieleitungsausbaugesetz“ (ENLAG) begründet wird, ist übrigens doppelt so teuer wie der Binnenland-Windstrom, dessen Ausbau in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg von den Landeregierungen zumindest be-hindert wurde. Wird der gesetzliche deshalb Einspeisevorrang abgeschafft? Die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke ist falsch; Kohle- und Atomstrom verstopfen die Netze. Die „Brücke“ führt nicht zu mehr Erneuerbarem Strom, sondern sperrt diesen aus. Der „Bedarf“ für 24 neue 380-kV-Leitungen wurde durch das ENLAG per Abstimmung im Bundestag festgestellt; ohne detaillierte Bedarfsprüfung mittels Lastflussdaten (Ist und Prognosen), nur aufgrund der dena-I-Netzstudie, die die erneuerbaren Energien, v. a. Windkraft onshore, klein rechnete. Die erwartete dena-II-Netzstudie scheint, wie Vorabmeldungen der FR zu entnehmen ist, das noch zu verstärken. Deshalb hat der BUND, Bund für Umwelt und Naturschutz Hessen die geplante 380-kV-Leitung von Wahle (Niedersachsen) nach Mecklar (Hessen) als nicht dem vorgegebenen Zweck, des Windstromtransportes von Nord nach Süd entsprechend, abgelehnt. Außerdem fordert der BUND Hessen einen stärkeren Ausbau der Windkraftnutzung in Hessen. Vor dem Hintergrund ist der 380-kV-Netzausbau zu prüfen.
    Martin Krauß,BUND Hessen

  5. @ hans

    „Die Windenergie gehört in Süddeutschland ausgebaut, dann hätte man auch die Netzprobleme nicht in diesem Maße.“

    Windenergie kann in Süddeutschland nicht in jenem Maße erzeugt werden, wie es in Norddeutschland und v.a. an der Küste möglich ist. Dafür reichen die Windverhältnisse im Süden nicht.

    Aber noch eine Frage: wie können denn die Windenergiekosten in Zukunft noch weiter gesenkt werden?

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