Vor einem Jahr, am 7. Oktober 2023, ermordeten Hamas-Terroristen auf bestialische Weise mehr als tausend Israelis. Seitdem steht der Nahe Osten in Flammen. Das israelische Militär hat den Gaza-Streifen in unbewohnbares Gelände verwandelt und tausende von palästinensischen Zivilisten getötet, die von der Hamas mutmaßlich in zynischer Weise als menschlich Schutzschilde issbraucht worden sind.

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Eskalation im Nahen Osten: „Militärische Spannungen“, FR-Politik vom 8. Oktober


Ruf nach einer umfassenden Friedensordnung

Derzeit jährt sich der Tag, an dem aus dem Gazastreifen heraus Tausende israelischer Zivilisten oft grausam ermordet wurden. Israel nahm dies zum Anlass, um im Gazastreifen einzumarschieren und das Gebiet dort so lange zu bombardieren, bis bald kein Stein auf dem anderen blieb und Tausende ihr Hab und Gut und oft ihr Leben ließen. Das Verbrechen des einen wurde jeweils mit dem Verbrechen des anderen „gerechtfertigt“. Absichtsvoll übersehen wurde dabei, dass nun einmal der, der ein Verbrechen begeht, für seine Tat auch verantwortlich ist, die Hamas also für den Massenmord an den Israelis und die Israelis für den massenhaften Tod im Gazastreifen. Massenmord bleibt Massenmord.
Nach dem gleichen Denkschema verfahren heute in der erweiterten Kriegsfassung die beteiligten Staaten: Wenn Israel hundert Raketen auf den Libanon abschießt, „muss“ die Hisbolla dort zweihundert zurückschießen (oder umgekehrt), sonst „verlöre“ sie das Gesicht. Auf die Idee, diese Fratze des Krieges durch ein freundliches oder wenigstens friedliches Gesicht zu ersetzen, also aus der Gewaltspirale auszusteigen, kommt anscheinend niemand!
Übrigens: Wer glaubt denn allen Ernstes, mit der physischen Tötung von einigen Dutzend Hamas- oder Hisbollaführern sei auch die Idee gestorben, Israel zu vernichten? Da gehört schon eine umfassende Friedensordnung und die Erfahrung her, dass man mit dem Feind von einst, auch friedlich zusammanarbeiten kann. Wem aber Familienmitglieder totgeschossen wurden, der wird zu einer Zusammenarbeit mit dem Feind nicht so schnell bereit sein.

Rolf Blees, Langen

Wo tausende Unschuldige wahllos getötet werden

Die Demonstration pro Palästina, gegen Israel unter dem Motte „Für ein freies Palästina – Der Sieg gehört der Gerechtigkeit“ darf am 7. Oktober laut Verwaltungsgerichtbeschluss stattfinden.
Wenn nun die Anmelderin Aitak Baurani auf ihrem Instagram-Account verlauten lässt: „Wer diesem Verbrechen [gemeint ist nicht das tatsächliche der Hamas, sondern das Selbstverteidigungsrecht Israels] keine Aufmerksamkeit schenkt, verwirkt aus meiner Sicht das Recht auf körperliche Unversehrtheit“, dann erscheint dies als Aufruf zu körperlicher Gewalt gegen die, die den brutalen Angriff der Hamas auf Israelis vor genau einem Jahr verurteilen. Das sollte der Hessische Verwaltungsgerichtshof bei einer Beschwerde gegen diesen Beschluss berücksichtigen.
Trotz alledem ist es eine Tatsache, dass die palästinensischen Terrorgruppen seit Jahren Israelis bedrohen und Israel bombardieren und auch radikale israelische Siedler mit Duldung der israelischen Regierung palästinensisches Land illegal besetzen, Palästinenser mit Waffengewalt vertreiben oder gar erschießen.
Aber auch das Selbstverteidigungsrecht Israels hat da seine Grenzen, wo Tausende von unschuldigen Zivilisten wahllos getötet werden.

Horst Adamitz, Frankfurt

Freundschaft ist ein schützenswertes Gut

Um es gleich vorweg zu sagen: ich halte sowohl den Überfall der Hamas, als auch den Raketenbeschuss des Iran für in nichts zu rechtfertigen oder zu relativieren. Ich stehe auch zum Existenzrecht Israels. Was mich aber mittlerweile, auch in dem Interview mit Frau Eskandari- Grünberg und Herrn Graumann, sehr ärgert, ist wie wenig Politiker fast aller Couleur und viele Personen, die sich dazu meinen äussern zu müssen, in der Lage oder bereit sind, die Rolle und die Verantwortung der jetzigen Netanjahu – und früherer Regierungen Israels, waren und sind das alle „unsere Freunde“, an diesem, schon lange Zeit währenden, Konflikt mitzudenken und zu benennen. Als wenn es, um ein Beispiel zu nennen, keine Annexion palästinensischer Gebiete, mit allen bekannten verheerenden Folgen für die vertriebene Bevölkerung durch israelische Siedler gegeben hat und noch gäbe.
Ich frage mich immer, mit welchen Begriffen könnte ich diese Siedler beschreiben. Ich habe von meinen Eltern, dafür bin ich ihnen heute noch dankbar, gelernt, dass Freundschaft ein hohes, schützenswertes Gut ist. Ich habe aber auch gelernt, das Freunschaft nur funktioniert, wenn beide Parteien in der Lage sind, den Anderen oder die Andere kritisch zu begleiten, deren Meinung zu akzeptieren und trotzdem offen ansprechen, wenn ich deren Meinung oder Handlung für falsch halte. Also keine unhinterfragte Gefolgschaft. Das vermisse ich zunehmend, nicht nur im Nahost – Konflikt, in der politischen Auseinandersetzung, ist das überhaupt noch eine?. Auch das halte ich für einen unter vielen Gründen für die immer wieder beklagte Politikverdrossenheit. Meine Freunde auf jeden Fall waren und sind weder diese israelische Regierungen, noch die iranische oder die Hamas und die Hisbollah. Aber durchaus die unter diesem Konflikt leidenden Menschen in der ganzen Region.

Peter Düring, Frankfurt

Nächtlicher Alarm durch Katzenpfoten

Als Student hatte ich 1971 die Gelegenheit, bei einer Studienreise Israel intensiv kennenzulernen. Dazu gehörte auch eine zweiwöchige Arbeit in einem Kibbuz. Trotz der Probleme lernten wir Land und Menschen zu schätzen, auch wenn schon damals zu bemerken war, dass Palästinenser Bürger zweiter Klasse waren, aber das ist auch ein Ergebnis der Geschichte.
Heute bewundern wir die israelischen Geheimdienste für ihre logistischen und technischen Fähigkeiten, auch wenn ihre Anwendung z.T.ethisch zu verurteilen ist.
Angesichts des Jahrestags des schrecklichen Überfalls der Hamas kommen bei mir dabei Zweifel auf: Israels Grenze zu Gaza ist die bestbewachte der Welt. Unterirdische Mauern mit Sensoren, die neue Tunnelbauten aufspüren können, ein sechs Meter hoher Zaun mit Radar und Kameras… Drohnen überwachen den Luftraum, der Handyverkehr wird überwacht, besser geht es nicht. Soldaten berichten, dass selbst eine sich nähernde Katze bei ihnen nächtlichen Alarm auslöst.
Laut der New York Times lag schon über einem Jahr vor dem Überfall den israelischen Geheimdiensten ein 40seitiges Dokument namens „Jericho Mauer“ vor. In diesem wurde ein Angriffsplan beschrieben, der bis im Detail dem Überfall ähnelte. Soldaten am Grenzwall hatten vor bedrohlichen Bewegungen gewarnt.
Trotzdem standen am Tag des Überfalls an dem 65 km langen Grenzwall nur 12 Panzer und 600 Soldaten den Angreifern gegenüber. Erst Stunden nach dem Massaker konnte die Armee eingreifen. Das wirft bisher unbeantwortete Fragen auf. Eine der Fragen: Wer profitierte neben der Hamas von denVersäumnissen?

Wolfgang Jeensch, Büdingen

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5 Kommentare zu “Kein Stein ist mehr auf dem anderen

  1. Israel schießt in Notwehr im Gaza Streifen alles zusammen um die Hamas zu vernichten. Als nächstes wird das Gleiche im Libanon gemacht mit der Hisbolla. Der dann als folgende Schritt sollte aber klar sein. Israel muss seine Truppen aus dem West- Jordanland abziehen. Dafür muss sich die EU mit allen Mitteln einsetzen. Dazu gehört das Palästina von allen EU Staaten anerkannt wird Wenn Israel das nicht macht sollten Sanktionen wie gegen Putin die Folge sein. Die Zwei- Staatenlösung ist letztlich der Ausweg aus dieser Krise und muss deshalb nicht nur rhetorisch gefordert werde,

  2. Wenn der Bürger die Entscheidungen seiner hohen und höchsten Gerichte nicht mehr versteht, ist das bedenklich. Zwei Entscheidungen des VGH Kassel lassen an der Objektivität der Rechtsprechung Zweifel aufkommen. Es geht hier um das Demoverbot für die Gegner des Ausbaus der Autobahn A5 und die Erlaubnis, eine Palästinenserdemonstration am Jahrestag des Massakers der Hamas in Frankfurt durchzuführen.
    Im ersten Fall verstieg sich der VGH zu einer abenteuerlichen Begründung der Ablehnung: Es könnte zu Auffahrunfällen kommen. Hinter dieser „Gefahr“ muss das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wohl oder übel zurückstehen. Auf die Genehmigung einer Fahrrad-Demo auf der A66 vor etwa einem Jahr will ich hier gar nicht eingehen. Dies würde die Sache komplett der Lächerlichkeit preisgeben.
    Die Teilnehmer der Demo in Frankfurt am 7. Oktober versteigen sich regelmäßig zu der Aussage: From the river to the sea. Meines Erachtens ist das ein Aufruf zur Vernichtung des Staates Israel und gehört in einem Rechtsstaat unter Strafe gestellt. Auf keinen Fall darf diesen Äußerungen eine öffentliche Bühne im Rahmen einer genehmigten Demonstration gegeben werden.
    Auf einer pro-israelischen Gedenkstunde in Wiesbaden, ebenfalls am 7. Oktober, wurde von mehreren RednerInnen eindringlich dazu aufgefordert, sich für das Existenzrecht Israels einzusetzen. Wie soll ich das machen, wenn 40 Kilometer weiter das Gegenteil erlaubt wird? Unsere Demokratie wird nicht nur von rechts angegriffen. Unverständliche Gerichtsentscheidungen tun ein Übriges.

  3. Unerträglich ist es, wenn ausgerechnet am Jahrestag des Terrorangriffs der Hamas auf unschuldige Menschen in Israel bei uns Demonstranten den Mord an über 1000 Menschen und die Verschleppung von Dutzenden sowie weiterer Gräueltaten als Akt der Verteidigung oder Befreiung verteidigen und zur Vernichtung des Staates Israel aufrufen.
    Unerträglich war allerdings auch, dass nach dem 7.Oktober 2023 monatelang vom Frankfurter Römer die Flagge Israels aufgehängt war, auch als die israelische Armee schon Tausende unschuldiger Männer, Frauen und Kinder im Gazastreifen getötet hatte, Millionen vertrieben und obdachlos gemacht, die Überlebenden ausgehungert, Krankenhäuser und Schulen bombardiert hatte, außerdem Fälle von Folter bekannt geworden waren. Arabische und muslimische Menschen müssen den Eindruck bekommen, ihr Leben ist Frankfurt nichts wert, schützenswert sei nur das Leben von Juden. Wenn davon die Rede ist, man müsse die Bombardierung von Gaza stoppen, dann nur deswegen, weil es nicht dem Interesse Israels diene, wenn der Hass anhalte, nicht wegen Empathie mit den Menschen in Gaza.
    Die Botschaft der israelischen Flagge am Römer auch Monate nach dem Terrorangriff war eindeutig: Frankfurt unterstützt die Bombardierung von Menschen in Gaza. Aber wie muss das auf bei uns lebende Menschen aus Palästina wirken? Warum wurde die Flagge nicht durch eine neutrale, z.B. eine Friedensflagge ausgetauscht, um klarzumachen, dass man auf der Seite aller unschuldigen Zivilisten steht, nicht nur auf der der israelischen?
    Ich kann leider weder an Demonstrationen gegen den Terroranschlag der Hamas noch gegen Antisemitismus teilnehmen. Immer werden bei ersteren Flaggen jenes Staates mitgeführt, der fortwährend Menschenrechte und Völkerrecht verletzt und dabei ist, das besetzte Westjordanland und Ost-Jerusalem ethnisch zu säubern. Von diesem Staat möchte ich mich nicht vereinnahmen lassen. Ich würde jederzeit an Demonstrationen gegen Antisemitismus teilen, fänden diese z.B. mit Flaggen einer Menorah oder eines anderen Symbols statt, das für das Judentum steht.
    Genauso kann ich nicht zu Demonstrationen gegen die Bombardierung Gazas und gegen die Besatzungs- und Vertreibungspolitik Israel gehen, denn dann werde ich von propalästinensischen, gewaltbefürwortenden Radikalen vereinnahmt, die, wie oben erwähnt, Terror gegen Zivilisten rechtfertigen.
    Fairerweise kann man den Slogan „From the river to the sea, Palestine will be free“ kaum verurteilen, wenn man verschweigt, dass die Regierenden des Staates, dessen Existenz und als Staatsraison zu gelten hat, fortwährend von „Judäa und Samaria“ statt dem Westjordanland sprechen – einer Chiffre für ein Großisrael from the river to the sea ohne Palästinenser.“

  4. Hallo Herr Kolb,
    ich glaube nicht, dass wir hier in Europa nachvollziehen können, was in Palästina passiert. Seit tausenden von Jahren bringen sich dort die Menschen um, das alte Testament ist voll davon. Anfang des 20.Jahrhunderts, nach dem 1.Weltkrieg haben doch die Franzosen und die Engländer die Sache schon vermasselt. Alle Anrainerstaaten geben den Palästinensern keinen Raum, auch die arabischen nicht. Die Jordanier haben vor etlichen Jahren die Palästinenser rausgeworfen als sie wie im Libanon den Laden übernehmen wollten. Die Sache dort ist so verfahren, da gibt es keine Lösungen außer Gewaltlösungen , die aber nur begrenzt halten. Wir jedenfalls können uns nur brav zurück halten.

  5. Das monatelange Hissen israelische Flagge am Frankfurter Römer bedeutet für mich nicht schon die Unterstützung der Bombardierung Gazas. Allerdings ist die indirekte Botschaft für mich die einer Parteilichkeit, die letztlich Opfer der gewaltsamen Auseinandersetzung einseitig instrumentalisiert und auf der anderen Seite unsichtbar macht.
    Für den jüdischen Soziologen Nathan Sznaider „rückt“ angesichts des brutalen Schicksals der israelischen Geiseln die Frage nach der Angemessenheit der israelischen Reaktion, die über 40000 palästinensischen Opfern und die Zerstörung Gazas als Lebensraum zur Folge hat, „in den Hintergrund“.
    Die jüdische Soziologin Eva Illouz dagegen hält die kognitive Leistung für notwendig, Solidarität mit Israelis und Palästinensern zugleich zuzulassen, um einen Weg aus der Gewaltspirale zu finden. Die Abwesenheit dieser Haltung nimmt sie als eine Schwäche des Denkens und eine Schwäche der Moral wahr.
    Dieses Unvermögen oder der Unwillen, Gewalt und Opfer auf beiden Seiten wahrzunehmen, garantiert die Steigerung des Hasses und die Eskalation der Unmenschlichkeit auf lange Zeit.
    Die entscheidende Trennlinie verläuft für mich nicht zwischen Israelis und Palästinensern und deren jeweiligen Sympathisanten. Sie verläuft zwischen einer Minderheit, die das Leid und die Gewalt auf beiden Seiten wahrnehmen und der großen Mehrheit im Nahen Osten und auch hierzulande, die die Gewalt nur einer Seite brandmarken und beklagenswerte Opfer ebenfalls nur auf einer Seite wahrnehmen. Wem hilft das?

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