Ein orientalisch-raffinierter Mensch

Der türkische Ministerpräsident Erdogan ist zweifellos ein gewiefter Machtpolitiker mit einem langen Arm, der angesichts von etwa drei Millionen in Deutschland lebender Türkischstämmiger weit in die deutsche Gesellschaft hineinreicht. Unter denen scheint Erdogan sehr populär zu sein. Jedenfalls strömen Tausende zu seinen Veranstaltungen und Reden, mit denen er in deutsche Integrationspolitik hineinzureden versucht – den Einfluss der Türkei dabei selbstredend immer mitgedacht. So ist große Aufregung unter Leitkulturträgern garantiert, wenn er Ja zur Integration sagt, aber Nein zur Assimilation, diesem „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Oder wenn er Selbstverständlichkeiten wie diese aufsagt: „Unsere Kinder müssen Deutsch lernen, aber sie müssen erst Türkisch lernen.“ Konservative Kreise kriegen dann reflexhaft Schnappatmung und stellen regelmäßig den möglichen EU-Beitritt der Türkei in Frage, den viele Türken längst nicht mehr wollen. So sagte Volker Kauder, Fraktionsvorsitzender der CDU im Bundestag: „Ich verlange von der EU, dass in den Gesprächen über eine Aufnahme der Türkei keine neuen Verhandlungskapitel eröffnet werden, solange die Türkei nicht die volle Religionsfreiheit gewährleistet.“

Es geht also wieder mal um Religion. Oder meint Kauder die Menschenrechte? Warum sagt er das dann nicht? Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht, und das wird in der Türkei immer noch nicht vollumfänglich gewährt. Wie andere Menschenrechte auch, wovon insbesondere die Kurden in der Türkei ein Lied singen könnten, wenn ihnen denn nach Singen zumute wäre. Warum dieses Recourrieren auf das Religiöse? Ein merkwürdiger, irgendwie altertümlicher Reflex, der erkennbar auf die deutsche Innenpolitik und die Auseinandersetzung um die Islamkritik zielt – beinahe lächerlich.

Tatsache ist: Die Türkei trumpft auf. Ihr wirtschaftlicher Einfluss wächst, und damit ihre Macht. Erdogan sieht seine Türkei möglicherweise schon als regionale Hegemonialmacht. Gleichzeitig liegt im Innern immer noch vieles im Argen, wie der Fall des mehr als 1600 Jahre alten syrisch-orthodoxen Klosters Mor Gabriel belegt. Der monatelange Rechtsstreit ist zwar zunächst beigelegt, doch es könnte dem türkischen Staat weiterhin einfallen, die Ländereien des Klosters als Wald zu deklarieren – und damit würden sie dem Staat zufallen, das Kloster wäre am Ende. Angeblich sei es auf den Fundamenten einer Moschee erbaut. Nun ja – vor 1600 Jahren gab es noch keinen Islam. Das Argument ist antichristliche Propaganda. So beleuchtet der Streit um das Kloster die Lage der Christen in der Türkei: Sie sind immer noch quasi rechtlos.

Daher mein Rat an den türkischen Ministerpräsidenten: Kehren Sie zunächst vor Ihrer eigenen Tür, bevor Sie sich zur deutschen Innenpolitik auslassen. Soll heißen: Halten Sie ganz einfach den Mund. Wir regeln das schon selbst.

Elmar Ollinger aus Merzig meint:

„In der FR-Ausgabe vom 25.02.2011 wurde über die Versuche berichtet, das aramäische Kloster Mor Gabriel in der Türkei zu enteignen und die nicht islamischen Glaubensgemeinschaften rechtlos zu halten. Am 26.02.2011 erschien ein kurzer Artikel über die Veranstaltung, die der türkische Ministerpräsident Erdogan anlässlich seines Deutschland-Besuches in Düsseldorf abhalten will.
Herr Erdogan erklärt die vermeintliche „Assimilationspolitik“ in Deutschland zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das gilt aber  offensichtlich nur, wenn es um die integration türkischstämmiger Menschen in Deutschland geht. Andersgläubige (besser: Ungläubige) in der Türkei dürfen dem gegenüber nicht auf eine menschliche Behandlung hoffen. Hier wird ja wohl ganz deutlich mit zweierlei Maß gemessen. Das darf man aber in Deutschland nicht sagen, weil wir ja der Anwalt der Türkei für den sehnlichst erwünschten EU-Beitritt sein sollen. Mich kotzt dieses ‚politisch korrekte‘ Verhalten, dass hier verlangt wird an.“

Axel Unger aus Frankfurt:

„In der FR von heute, 28.02.2011 schreiben sie über die Rede des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan in Düsseldorf. Darin warnt er vor Ausländerfeindlichkeit und Islamophobie in Deutschland und seine Landsleute, offensichtlich ist er sich nicht bewußt, daß es sich bei einem Teil davon inzwischen um deutsche Staatsbürger handelt, vor Assimilation. Am Freitag, 25.02.2011 haben sie den Artikel „Türkei enteignet Kloster“ über die Enteignung des Besitztes des Klosters Mor Gabriel berichtet, die offensichtlich sogar türkischen Rechtsgrundsätzen widerspricht. Darin ist m.E. die doppelte Moral oder Doppelzüngigkeit der türkisch-moslemischen Führung ersichtlich. Während hier Rechte eingefordert werden ist man im eigenen Land nicht bereit Rechte zu gewähren, insbesondere wenn es Christen angeht.
Für mich steht fest, solange die Türkei ihrer christlichen Minderheit nicht die Rechte gewährt, die hier in Deutschland bzw. Europa die Moslems inne haben, solange kann die Türkein auf keinen Fall Mitglied der EU werden.“

Angela Scherer aus Mainz:

„Die MUTTERsprache kommt nun mal bei (fast) allen Menschen zuerst und legt die Grundlage für alles andere. Ruprecht Polenz (CDU) scheint wenigstens einer in dieser geifernden Regierungsmeute zu sein, der auf dem Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse ist: „Viele Sprachexperten betonen, man müsse zunächst seine Muttersprache beherrschen, bevor man sich die des Landes aneignet, in dem man lebt“, sagte er der FR Wenn Westerwelle & Co, schon keine Ahnung von kindlicher Sprachentwicklung haben, wäre es ungemein hilfreich, wenn sie einfach mal die Klappe hielten.“

Christian Fuchs aus Gutenstetten:

„Wir brauchen mehr Politiker, Lehrer oder Ärzte mit Migrationshintergrund,
die zwischen alt- und Neubürgern vermitteln können. Gerade bei konservativen Politikern in Deutschland und in der Türkei gibt es Vorurteile gegen die andere Seite. CDU/CSU träumen noch vom „christlichen Abendland“, das Demokratie und Humanität ebenso hervorgebracht hat wie Hexenwahn, Judenhass und weltkriege, während Erdogan und seine Anhänger der EU unterstellen, die Beitrittsverhandlungen nicht ernst zu meinen, antiislamisch gesinnt zu sein.
Die Türkei sollte der EU beitreten, um eine Brücke zwischen den Kulturen zu bilden, freilich eine demokratisch und rechtsstaatlich reformierte Türkei.
Die Christen und die Kurden brauchen am Bosporos volle bürgerliche Gleichberechtigung. Ankara muss seine Truppen von Zypern abziehen, der Wiedervereinigung der Insel vorbehaltlos zustimmen. Die in Deutschland lebenden Mitbürger türkischer Herkunft sind größtenteils integriert, sollten aber schon im Kindergarten Deutsch lernen, damit sie Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Auch sollten Kinder aus Migrantenfamilien kostenlose Nachhilfe erhalten. Ferner brauchen wir gesteuerte Zuwanderung, um die Vergreisung unserer Gesellschaft zu stoppen, um genügend Fachkräfte zu behalten. Hier empfehle ich einen offenen Dialog mit den Staaten der arabisch-afrikanischen Welt. So könnten wir das Problem mit den Bootsflüchtlingen begrenzen.“

Robin Fermann aus Bielefeld:

„Die Rede des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogans vom 27.02.2011 in Düsseldorf ist noch einmal eine Bestätigung dessen, was er über die Integration und Assimilation denkt: „Ich sage Ja zur Integration, aber Nein zur Assimilation.“ Er tut so, als ob die Türken in Europa mit drakonischen Mitteln assimiliert würden. Diese Aussage von Erdogan bedeute für mich: Ja zur Assimilation der Kurden und anderen Menschen in der Türkei, aber Nein zur Integration.
Was die EU-Mitgliedschaft angeht, haben die Türken nur eins im Kopf: mit Diplomatie Europa erobern. Das sagen sie auch öffentlich. Mit anderen Worten, was sie während des osmanischen Krieges gegen Europa nicht erreicht haben, versuchen sie jetzt mit Diplomatie. Das ist die allgemeine Meinung in der Türkei.
Die Erklärungen des CDU-Fraktionschefs Kauder, des Fraktionsvize Gernot Erler (SPD) und der Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth für und gegen den EU Beitritt der Türkei, sind fern jeglicher Realität und billiger Wahlkampf. Ein orientalisch-raffinierter Mensch wie Erdogan kennt die Schwächen der EU-Staaten sehr gut. Ich muss leider sagen, wenn es um Geld und Interessen geht, haben die EU-Staaten und der gesamte Westen weder Werte noch Prinzipien. Das hat die Geschichte immer wieder bewiesen.“

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120 Kommentare zu “Ein orientalisch-raffinierter Mensch

  1. @ Bronski:
    Sie schreiben:
    <>
    Wieso ist das eine Selbstverständlichkeit? Ab der wievielten Generation meinen Sie denn, ist es selbstverständlich, dass das in Deutschland aufwachsende Kind zuerst deutsch lernen soll?
    Es geht hier ja offensichtlich darum, gezielt die türkische Sprache zu bevorzugen und nicht darum, dass Kinder von selbst erst einmal die Sprache lernen, die sie von ihren Eltern, vom Fernsehen oder der Straße aufschnappen.

  2. Klammerinhalt =
    So ist große Aufregung unter Leitkulturträgern garantiert, wenn er Ja zur Integration sagt, aber Nein zur Assimilation, diesem “Verbrechen gegen die Menschlichkeit”. Oder wenn er Selbstverständlichkeiten wie diese aufsagt: “Unsere Kinder müssen Deutsch lernen, aber sie müssen erst Türkisch lernen.”

  3. Da habe ich Idiot doch immer geglaubt, es sei ein Verbrechen gewesen, dass meine Großmutter im KL Lublin („KZ Majdanek“) gelandet ist, weil sie Juden geholfen hat.

    Da war ich doch tatsächlich der irrigen Meinung, es sei ein Verbrechen gewesen, dass meine Eltern in der SBZ (Sowjetische Besatzungszone) unter der SMA (Sowjetische Militäradministration) wegen „antisowjetischer Propaganda“ zu 25 Jahren Zuchthaus (teilweise „abgesessen“ in Bautzen, Torgau und Halle) verurteilt wurden.

    Dabei war es vielleicht nur die Strafe Gottes dafür, was meine Ahnen verbrochen hatten!

    Denn nun muss ich dank eines Herrn Erdogan und deutscher Multikulti-Sozialromantiker lernen, dass es wohl ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit war, dass meine hugenottische UrUrUrUrUrgroßmutter (oder vielleicht doch erst ihre migrantische Tochter oder Enkelin?) ihre Kinder nicht mit Französisch als Muttersprache erzogen und somit zwangsgermanisiert hat. Und ich selber habe – in konsequenter Fortführung der schändlichen Familientradition – meine eigene Nachkommenschaft ebenso unmenschlich assimiliert.

    Ich bedaure zutiefst, dass ich nicht dem leuchtenden Beispiel von Frau Ferdos Forudastan [1] folge, sondern der urdeutschen Wohnbevölkerung die Bereicherung durch französische Vor- und Zunamen nebst Sonderzeichen (é è á ç) vorenthalte. Asche auf mein Haupt!

    Obwohl mir jegliches Fähnchenschwenken völlig fremd ist, sollte ich auf meine alten Tage nun vielleicht doch noch damit anfangen, die französische Trikolore bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit raushängen zu lassen. Und natürlich französisches Fernsehen anschauen und Poster von Sarkozy und Marie Le Pen an die Wohnzimmerwand pinnen.

    Auch eine Mitarbeit in Vertriebenenverbänden würde sich als Bewahrung des kulturellen Erbes meiner Vorfahren geradezu aufdrängen.

    Muss man den Schwachsinn eines Herrn Erdogan in der Bildungsrepublik Deutschland wirklich nachplappern? Hilfe! Plemplemland! Schnappatmung für Alle!

    [1] http://www.fr-online.de/politik/meinung/armer-mann/-/1472602/7508162/-/index.html

    @ Katja Wolf

    Da Webseiten mit HTML dargestellt werden, haben die spitzen Klammern eine besondere Bedeutung. Dabei werden sog. „tags“ (tääääägs) zwischen eine öffnende spitze Klammer (ösK) und eine schließende spitze Klammer (ssK) gesetzt.

    So schaltet ösK i ssK das Schriftattribut „kursiv“ ein, ösK /i ssK schaltet es wieder aus. Mit ösK b ssK leiten Sie das Schriftattribut „fett“ ein, ösK /b ssK schaltet es wieder aus.

  4. Wenn der Erdogan auf Deutschland-Tournee geht, und sein hinreichend bekanntes Stöckchen hinhält, weiß er ganz genau, wie die üblichen lei(d)kulturellen deutschen Pappenheimer reagieren werden. Auf Erdogans Kommando hopsen die Gröhes, Kauders, Lindners, Dobrindts und Co., dann auch mit Freude, Wonne und großer Hingabe über das hingehaltene Stöckchen. Das funktioniert immer, und das weiß der Erdogan auch ganz genau. Mit den typischen, kleinkarierten deutsch-türkisch, türkisch-deutschen Befindlichkeiten, was, wie, wer denn nun besser sei, lässt sich besonders der eingefleischte stolze, deutsche Michel (noch immer) gerne unterhalten. Ganz besonders in Zeiten, wo sein „Messias“, im Nebenberuf auch Lügenbaron, nicht nur ins Wanken sondern „gefallen“ ist. In diesem Zustand der nationalen Besoffenheit, pardon, Betroffenheit, über den natürlich durch erbärmliche, linke Verschwörung gefallenen Superhelden, „Gutti“, der nunmehr von der öffentlich-rechtlichen Talkshowverblödungsindustrie u.a. sogar zum Märtyrer ausgerufen wird, kommt der Erdogan gerade richtig. Klar doch, die deutsche Sprache vor und über alles, tönt es insbesondere aus der Partei der „Guttenberger“. Während es bei der CDU, z.B. die Herren Lammert und Polenz, zumindest temporär noch vernünftige Stimmen gibt, scheint bei der CSU offenbar Hopfen und Malz verloren zu sein. „Bambi“ Lindner von der FDP, sollte nun wirklich nicht mehr allzu ernst genommen werden, seit er dazu auserkoren wurde, den Westerwelle zu machen. Zusammengefasst: Deutschen Politikern müssten, bevor sie überhaupt Politik machen dürfen, zumindest die gröbsten Kinderreien abgewöhnt werden, am besten könnte das vor Ort in Kitas geschehen. Als erste Maßnahme wird den Gröhes, Kauders, Lindners, Dobrindts und Co. das lärmende deutsche Räppelchen abgenommen, mit dem sie immer wieder alle anderen nerven, oder gar zum Mitmachen animieren, was nicht weniger schlimm ist. Deshalb braucht das Land auch dringend Erzieherinnen und Erzieher, oder: Wählerinnen und Wähler die das bei ihrer Entscheidung berücksichtigen. Übrigens, es ist, in die Lebenswirklichkeit umgesetzt, beides Unsinn, sowohl die These Erdogans, als auch der „leitkulturelle“ Sprachen-Kokolores aus der leidgeprüften Guttenbergischen Verteidigungsecke. Je nach Umstände, können, ja sollen Kinder sogar zweisprachig aufwachsen, ohne Präferenz für das Eine oder Andere. Eine generelle Marschroute, was zuerst kommen soll oder muss, gibt es nicht. Die Lei(d)kulturellen beider Seiten sollten einfach nur die Klappe halten, und das den betroffenen Eltern und ihren Kindern überlassen, die wissen und können das viel besser. Gröhe, Kauder, Lindner, Dobrindt und Co. weggetreten.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  5. Ich bin erstaunt, mit welcher Naivität Journalisten der FR und auch manche Leser mit dem türkischen Nationalismus umgehen: Für sie existiert er schlichtweg nicht. Jeder westliche Politiker würde von der FR für einen derart anmaßenden Auftritt, wie ihn Erdogan in Düsseldorf und in Köln geboten hat, in die rechte Ecke gestellt. Doch weit gefehlt: Der Nationalismus wird von der FR zum wirtschaftlichen Auftrumpfen umgedeutet. Dabei liegt das Pro-Kopf-Einkommen in der Türkei noch unter dem Griechenlands. Dass die Türkei hohe Wachstumsraten hat, erklärt sich aus der Rückständigkeit ihrer Ökonomie, solche Länder wachsen eben schneller als reife Volkswirtschaften.

    Eine Sprache lernen Kinder von klein auf im täglichen Umgang mit den Eltern. Ist das bei türkischen Zuwanderern anders? Wenn nicht: Warum soll dann Unterricht in Türkisch angeboten werden? Sprache verschafft einen Zugang zur Welt, und die deutsche Sprache eben einen Zugang zu den Menschen, die hier leben – samt deren Erahrungen, Kultur und Lebenswelt. Und genau das will Erdogan, trotz anderslautender Beteuerungen, offenbar nicht. Sein Versuch, die Souveränität der Türkei auf einen anderen souveränen Staat auszudehnen, dient dazu, die türkischstämmigen Zuwanderer in Deutschland zu einer homogenen Gruppe zu formen und Integration letztlich zu verhindern.
    Wie wenig die Türkei ein souveränes Land respektiert und wie bereitwillig dieses souveräne Land Deutschland einknickte,konnte man nach dem Brand in Ludwigshafen sehen, als türkische Polizisten hier ermittelten.

    Von fehlenden Bürgerrechten und fehlender Religionsfreiheit will ich gar nicht mehr reden.

  6. Wenn Erdogan meint, daß hierzulande Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie zunehmen, hat er einfach nur recht.
    Ansonsten ist es wahrscheinlich wirklich das „hingehaltene Stöckchen“ für die wacker hüpfenden Politiker, wie Frau Rydzewski in #4 schreibt. Sollte sich die Türkei, zurecht frustriert von der Rübe vor der Nase durch die EU, aber langfristig den islamischen Ländern zuwenden und mit ihnen zusammenarbeiten, könnte das irgendwann einmal zu den verpaßten Gelegenheiten der EU gehören.

  7. @ Bronski:
    ich rege aus gegebenem Anlass (#4 und 6) einmal das Blog-Thema Deutschenfeindlichkeit an.

    @ Jutta Rydzewski:
    Mit
    „Je nach Umstände, können, ja sollen Kinder sogar zweisprachig aufwachsen, ohne Präferenz für das Eine oder Andere. Eine generelle Marschroute, was zuerst kommen soll oder muss, gibt es nicht. ___ beide_ Seiten sollten einfach nur die Klappe halten, und das den betroffenen Eltern und ihren Kindern überlassen, die wissen und können das viel besser.“ kann ich mich (____ ausgenommen) anfreunden.
    Mich wundert das aus Ihrer Feder allerdings dahingehend, als dass ich Sie für eine Verfechterin der frühen Krippenerziehung gehalten hätte.

  8. @ Katja Wolf

    „ich rege aus gegebenem Anlass (#4 und 6) einmal das Blog-Thema Deutschenfeindlichkeit an.“

    Schreiben Sie mir einen Gastbeitrag zur Thread-Einleitung?

  9. Es ist schon ein starkes Stück intellektueller und politischer Unredlichkeit, hierzulande wortgewaltig gegen (tatsächliche oder vermeintliche) Rechte, Fremdenfeinde, „Islamophobe“, Hetzer, Rassisten usw. zu Felde zu ziehen, und gleichzeitig einem Rechten, Fremdenfeind, Hetzer, Kurdenunterdrücker, Völkermordverleugner, „Christianophoben“ türkischer Provenienz zugute zu halten, er habe „einfach nur recht“. Anstatt sich die unsäglichen Einmischungen Erdogans mit aller Entschiedenheit zu verbitten und ihn aufzufordern, sich an seine eigene Nase zu fassen, hoffiert man ihn auch noch!

    Es sind auch und gerade Leute wie Erdogan, die DITIB als Transmissionsriemen der türkischen Politik in deutsche Moscheevereine, diverse türkische bzw. muslimische Organisationen, die sich als aktive Integrationshemmnisse betätigen. Integration ginge vermutlich schneller voran, wenn Ankara den Prozess nicht sabotieren, sondern ermutigen würde. Von wohltönenden Sätzen kreidefressender Politiker sollte man sich nicht einlullen lassen.

    Mit viel Gefühl stimmt Erdogan seine Landsleute auf die Rolle ein, die sie nach seiner Vorstellung in Deutschland spielen sollen: „Ihr gehört zu Deutschland, aber ihr gehört auch zu der großen Türkei.“ und „Ich bin hier, um mit euch eure Sehnsucht zu fühlen, ich bin hier, um nach eurem Wohl zu schauen. Ich bin hier, um euch zu zeigen, dass ihr nicht alleine seid!“ Eine Rede, die weniger die Zugehörigkeit zu Deutschland bestärken sollte, als vielmehr die Bindung an die Türkei.

    Der Spiegel nennt es einen „Aufruf zur Integration unter strengen Bedingungen“ mit der Botschaft „Passt euch ein kleines bisschen an.“ Erdogans unablässige Appelle an das türkische Nationalgefühl derer, die seit vier Generationen in Deutschland zu Hause sein müssten, gipfelten in dem schwer erträglichen Vergleich zwischen Deutschland und Libyen, wo Zehntausende Türken evakuiert werden. Die Türkei schütze sie, ruft Erdogan seinen Landsleuten zu – als lebten sie hier in einem Unrechtsstaat gaddafischen Ausmaßes!

    Zu den Vorwürfen Erdogans gehört auch, deutsche Behörden würden in Integrationsfragen nicht die Ansichten der zuständigen Behörden in der Türkei beachten. Es sei gegenüber einer solchen Anmaßung an die Selbstverständlichkeit erinnert, dass deutsche, nicht türkische Behörden hierzulande zuständig sind.

    Die „mavi kart“ („Blaue Karte“) gibt allen Türken, die eine andere Staatsbürgerschaft angenommen haben, eine Art abgespeckter türkischer Staatsbürgerschaft – bis auf das Wahlrecht sind sie türkischen Staatsbürgern quasi gleichgestellt. Damit nährt Erdogan erneut den Verdacht, er rede einer Art Staat im Staat von Türken in Deutschland das Wort. Einmal Türke, immer Türke.

    Hätte Erdogan vor einer kleinen Gruppe handverlesener Auslandstürken geredet, könnte man vielleicht noch darüber hinwegsehen. Aber es waren fast 12.000 begeistert klatschende Türken und Deutsche türkischer Herkunft, die sich da im ausverkauften ISS Dome Düsseldorf um ihn geschart hatten.

    Von den assimilierten und integrierten Türken und Deutschen war wenig gegen diesen integrationsfeindlichen Hetzer im Schafspelz [1] zu hören gewesen. Ganz vorne dabei natürlich Necla Kelek, die unter [2] eine Rede formuliert hat, die Erdogan besser hätte halten sollen.

    [1] http://www.rp-online.de/duesseldorf/duesseldorf-stadt/nachrichten/Wie-Tuerken-Erdogans-Besuch-sehen_aid_968730.html
    [2] http://www.welt.de/debatte/kommentare/article12672390/Erdogan-in-Deutschland-Tuerke-Tuerke-ueber-alles.html

  10. @ Bronski:
    ich verreise jetzt erst einmal ein paar Tage. Wenn ich dann genügend Muse habe, versuche ich es einmal.

  11. @7 Katja Wolf

    „ich rege aus gegebenem Anlass (#4 und 6) einmal das Blog-Thema Deutschenfeindlichkeit an.“

    Ich bin von Ihrer Anregung irritiert. Wenn Sie dann mögen, könnten Sie mich, ggf. nach der Rückkehr von Ihrer Reise, einmal darüber aufklären, was die Zuschriften @4 und 6 mit Deutschenfeindlichkeit zu tun haben. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen, ob Sie eine Anhängerin dieser seltsamen Familienministerin, Kristina Schröder, sind, die ja in ihrer unnachahmlichen dümmlichen Art, die Begrifflichkeit „Deutschenfeindlichkeit“ in die öffentliche Diskussion eingeführt hat.

    „@ Jutta Rydzewski:
    Mich wundert das aus Ihrer Feder allerdings dahingehend, als dass ich Sie für eine Verfechterin der frühen Krippenerziehung gehalten hätte.“

    Ich bin noch verwunderter als Sie. Woraus können bzw. konnten Sie schließen, dass ich eine derartige Verfechterin bin? Das Gegenteil ist schon eher der Fall. Ich möchte, sofern es irgendwie zu machen ist, dass Kinder, insbesondere in den ersten drei Jahren, im Elternhaus aufwachsen und erzogen werden. Aber vielleicht sind Sie deshalb so überrascht, weil das ja als konservativ gilt, was ich im Übrigen für Unsinn halte. Es ist weder konservativ noch progressiv, sondern schlicht lebensnah. Sprache, Erziehung, Aufwachsen, alles was mit Kindern zu tun hat, gehört ohnehin unmittelbar in die Familien, und vor allen Dingen nicht in die Hände von Ideologen. Damit wir uns aber richtig verstehen, ich meine ALLE Familien, auch die einkommenschwachen. Ich vertrete also ausdrücklich nicht den Standpunkt eines gewissen Prof.Dr.Dr. Heinsohn, der wegen Volksverhetzung schon lange vor Gericht, und nicht immer noch am Pult der Uni Bremen stehen müsste. Dieser Mann verkündet schon seit langer Zeit seine widerlichen und ekelhaften „Botschaften“, insbesondere über Unterschichtenfamilien bzw. -mütter. Mit einem gewissen Heinz Buschkowsky, von der so genannten SPD, ist er sich z.B. darin einig, vor dem „Erkindern“ lebenslanger Finanztransfers zu warnen, was heißen soll, die „Unterschichtler“ machen deshalb Kinder, um an mehr Geld zu kommen. So einen erbärmlichen Müll verbreiten Zeitungen wie z.B. Springers „Welt“. Heinsohn und auch Buschkowsky sind der Auffassung, dass „uns“ nicht das vierte bildungsferne Kind der Sozialhilfemutter fehlt, sondern das erste oder zweite der hoch besteuerten und kinderlosen Karrierefrau. Diese extrem sozial schwachen Typen überhaupt zu zitieren, bereitet mir schon größte Übelkeit. Kurzum, „wir“ sollten den Wahlkampfauftritt von diesem Erdogan, und auch das darauf erfolgte deutsche lei(d)kulturelle Gekreische der Dobrindts und Co. vergessen, einschließlich der vorgeblichen schröderschen Deutschenfeindlichkeit, sondern versuchen, „unseren“ Kindern mal wieder Vorbild zu sein. So schwer ist das auch gar nicht. Es wäre schon mal ein guter Anfang, wenn „wir“ Heinsohns, Buschkowskys und Co., „unseren“ Kindern z.B. vorleben, was ganz normaler Anstand ist. Wenn „wir“ das kapiert haben, könnten „wir“ die nächsten Lernziele, wie Solidarität, Toleranz und Hilfsbereitschaft ansteuern. Wenn diese Eigenschaften für „unsere“ Kinder völlig selbstverständlich und normal geworden sind, dann hätten „wir“ für ALLE „unsere“ Kinder schon sehr viel getan. Dabei ist es völlig egal, welche Sprache zuerst gelernt wird. Vielleicht würde irgendwann sogar darüber die „Welt“ oder die „BILD“ schreiben, anstatt die Unterschichten-Drecksthesen gewisser „Herren“ zu publizieren. Eventuell könnte sich damit ja auch mal die öffentlich-rechtliche Talkshowverblödungsindustrie beschäftigen, anstatt zum 100. Male mit dem „Märtyrer“ Guttenberg.

    Ich hoffe, Sie können mich, aber auch so Typen wie Heinsohn und Buschkowsky, jetzt etwas besser einschätzen.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  12. Für die aggressiven Einstellungen, die sich in Teilen der Migrantenmilieus herausgebildet haben, muss kein neuer Begriff wie „Deutschenfeindlichkeit“ erfunden werden. Der einzige Zweck einer solchen Begriffsbildung scheint mir zu sein, eine sprachliche Nähe zu Begriffen wie „Judenfeindlichkeit“ herzustellen. „Deutschenfeindlichkeit“ ist ein typischer Kampfbegriff, mit dem nicht ein möglichst klar definierter Sachverhalt benannt wird, sondern mit dem eine Freund-Feind-Sortierung angestrebt wird. Wer den Begriff verwendet, versucht damit eine politisch motivierte Sichtweise auf das damit beschriebene Phänomen zu erzwingen.

    Die besagten aggressiven Einstellungen sind allerdings ganz allgemein eine typische Reaktion von von Gemeinschaften, die sich von einer Mehrheitsgemeinschaft unterdrückt sehen und davon ausgehen (gleich ob zu Recht oder zu Unrecht), auch durch eine noch so große Anpassung an die Mehrheitsgemeinschaft nie von zu dieser gehören zu können. Es ist eine Reaktion der sich ausgegrenzt Fühlenden, die ihr (empfundenes oder reales) Ausgegrenzt-sein von einem Makel in eine Auszeichung umdefinieren. Die Reaktion belegt, dass es die Mehrheitsgemeinschaft nicht vermocht hat, ihre Wertvorstellungen in einer Art und Weise darzulegen und insbesondere zu realisieren, dass sie auch für die Minderheitsgemeinschaften durchweg als erstrebenswertes Ziel erscheinen. Als „Deutschenfeindlichkeit“ stellt sich dieses an vielen Orten zu beobachtende Phänomen nur dort dar, wo die Mehrheitsgemeinschaft zufällig deutsch ist. Anders ausgedrückt: Nicht das „Deutsch-sein“ an sich ist Ursache der aggressiven Haltungen, sondern das „Deutsch-sein“ der als feindlich wahrgenommenen Mehrheitsgemeinschaft.

    Die sogenannte „Deutschenfeindlichkeit“ ist ein Resultat einer ins Ethnische transformierten Spaltung der Gesellschaft, die tatsächlich aber ein Konflikt ist zwischen denen, die sich von der Mehrheitsgemeinschaft anerkannt und jenen, die sich ausgegrenzt wahrnehmen. Wer sich diesem Problem mit einem ethnisch unterlegten Kampfbegriff nähert, kann diese Spaltung nur vertiefen (was in einigen Fällen durchaus der Zweck der Übung sein mag).

    Analoges gilt im Übrigen für den ebenfalls politischen Kampfbegriff des „Gutmenschen“, der nicht eine klar zu definierende Haltung beschreibt, sondern pauschal zur Diskreditierung politischer Gegner und ihrer Wertmaßstäbe dient.

  13. bevor ich abreise, eine Klarstellung:
    ich beziehe mich in meiner Anregung auf das Thema: Deutschenfeindlichkeit der DEUTSCHEN

  14. @13 Katja Wolf

    „bevor ich abreise, eine Klarstellung:
    ich beziehe mich in meiner Anregung auf das Thema: Deutschenfeindlichkeit der DEUTSCHEN“

    Dann weiß ich aber immer noch nicht, warum Sie sich in diesem Zusammenhang explizit auf die Beiträge @4 und 6 beziehen. Aber vielleicht sind Sie jetzt ja nur etwas in Eile, hinsichtlich Ihrer Reisevorbereitungen, und können den Zusammenhang bei Ihrer Rückkehr näher erklären.

    @12 dreas

    Weitgehend stimme ich Ihren Ausführungen zu. In Zeiten der dümmlichen Schlagworte, leeren Phrasen und „griffigen“ Vergleiche, gehören Deutschenfeindlichkeit und besonders Gutmenschentum, aber auch sozial Schwache (womit einkommenschwache, insbesondere natürlich Hartz IV-er gemeint sind) fast schon wie selbstverständlich dazu. Das wird dann, auch von Journalisten, in Ton und Schrift, nachgeplappert und nachgeklappert. Jeder sucht sich dann das Passende für sich heraus. Eine weitere Form der Verblödung der Öffentlichkeit. Wie überhaupt, vorrangig bis ausschließlich, die Erscheinungsformen von Sachverhalten oder Entwicklungen, aber so gut wie nie die Ursachen erörtert und „behandelt“ werden. Oder auf gut deutsch, von nix kommt nix. Aber die Mühe, mal hinter diese dämlichen Schlagworte zu gucken, ist es natürlich nicht wert. Ganz schlimm war die Erklärung von dieser Familienministerin, unglaublich, wie so eine Frau überhaupt Ministerin werden konnte.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  15. Tatatata! Die Superwaffe JPD (Juttas Phrasen-Dreschmaschine) wird in Stellung gebracht! Vom Politikergeschwätz gut abgekupfert: drei bis fünf ständig wiederholte Kernsätze – egal zu welchem Thema.

    „Von nix kommt nix!“
    „Ross und Reiter nennen!“
    „Kampf den Kampfbegriffen (ausser meinen)!“
    „Talkshowgegöns!“, hilfsweise „Unerträgliches Talkshowgeschnasel!“
    „Widerwärtig! Mir wird übel!“

    Gebetsmühlen! Pawlow![1] Stöckchenspringen! Schnappatmung! Popcorn! [1]

    [1] http://einklich.net/usenet/begriffe.htm#p

  16. @Schnippsel,

    aber „Stöckchenspringen“ war doch einfach doll, das müssen Sie doch zugeben!

    Das werde ich meinem Arsenal eingliedern, es ist unglaublich, in wie vielen Fällen das ganz Klasse passt:

    „Wenn der Heinsohn auf Talkshow-Tournee geht, und sein hinreichend bekanntes Stöckchen hinhält, weiß er ganz genau, wie die üblichen Pappenheimer reagieren werden. Auf Heinsohns Kommando hopsen die Rydzewskis usw., dann auch mit Freude, Wonne und großer Hingabe über das hingehaltene Stöckchen.“

    Statt Heinsohn hätte ich jetzt auch Baring nennen können.

    Inhaltlich sollte dann mit solchen Sätzen jedenfalls alles abgeklärt sein.

  17. Auf der Themenkarte des laufenden Schwachsinns und „der dümmlichen Schlagworte“ stehen heute abend zur Auswahl:

    1. Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht
    2. Hessen lacht zur Fassenacht
    3. Frau Juttas antinauseatische Selbsttherapieversuche per Internet

    „Jeder sucht sich dann das Passende für sich heraus. Eine weitere Form der Verblödung der Öffentlichkeit.“

    Ja, „Herr Max“ :-)) im einfachsten Fall langt in diesem Blog: Kaum das Stöckchen hingehalten, schon springt Frau Jutta.

    Herrlich! Unbezahlbar! Popcorn! Mehr Popcorn! Tufftäää!

  18. @13. Katja Wolf

    „Deutschenfeindlichkeit der Deutschen“ – meinen Sie nicht, dass Sie da (von welchem Interesse auch immer geleitet) mögliche Zuspitzungen in der politischen Diskussion zu einer generellen Haltung überhöhen? Es gibt wohl einen Zweig in der linksradikalen Szene, die „Antideutschen“, die diesen Begriff als für sich als „Auszeichnung“ ansehen würden, aber die meinen Sie garantiert nicht. Es geht doch wohl um diejenigen Äußerungen in Debatten zu Konflikten zwischen deutscher Mehrheitsgemeinschaft und „nichtddeutschen“ Minderheitsgemeinschaften, die eine kritische Haltung zur Position der Mehrheitsgesellschaft übermitteln. Das kann die unterschiedlichsten Gründe haben und verschiedene politische Grundhaltungen reflektieren. So etwas unter „Deutschenfeindlichkeit“ zu subsumieren, unterstellt hingegen pauschal eine ethnisch basierte Meinung und verhindert bzw. ersetzt eine Auseinandersetzung mit den eigentlichen Argumenten. Auch in dieser Auslegung haben wir es also eindeutig mit einem politischen Kampfbegriff zu tun.

    Dass die Phrase „Deutschenfeindlichkeit der Deutschen“ noch ganz andere Reminiszenzen hervorrufen kann („Volksschädling“ und dergleichen) sollte nicht unterschlagen werden. Ich bin einigermaßen überzeugt, dass dies nicht gewollt ist. Hieran sollte aber auch ersichtlich werden, in welche Nachbarschaft Gedankenlosigkeit bei der Begriffsbildung führen kann.

  19. @dreas,

    wenn JR in #4 von Deutschen pauschalisierend und abwertend als „deutschem Michel“ redet, und sie dies sehen als „Äußerung in Debatten zu Konflikten zwischen deutscher Mehrheitsgemeinschaft und nichtdeutschen Minderheitsgemeinschaften, die eine kritische Haltung zur Position der Mehrheitsgesellschaft übermittelt“, würden Sie es dann analog als „Äußerung in Debatten zu Konflikten zwischen deutscher Mehrheitsgemeinschaft und nichtdeutschen Minderheitsgemeinschaften, die eine kritische Haltung zur Position der Minderheitsgemeinschaften übermittelt“ sehen, wenn ich sagen würde: „Die Kümmeltürken, die kaum deutsch können, sollten einsehen, daß deutsch in Deutschland Verkehrssprache ist, und es deshalb lernen“…?

    Wenn nicht, wieso nicht? Und warum fällt Ihnen „antitürkisch“ sofort auf und „antideutsch“ zu erkennen bereitet Ihnen solche Probleme? Gewöhnung ans Antideutsche?

  20. Wenn es der lei(d)kulturellen, deutschen Stolzseele gut tut. oder gar etwas Erleichterung verschafft, habe ich für das „Geschnippselte und Gewedellte“, in @15, 16 und 17, natürlich jedes multi-kulturelles Verständnis, auch wenn sich der Unterhaltungswert dieser „Botschaften“ in sehr engen Grenzen hält. Aber was soll`s. Stolzdeutsche haben es offenkundig nötig, sich gegenseitig Mut zu machen. Sicher eine Sache der Ehre.;-) Auch dafür habe ich Verständnis. So sind sie nun mal, die „echten“ Deutschen, denen es auch viel mehr Spaß macht, ÜBER Mitdiskutanten zu schwatzen, anstatt sich MIT ihnen argumentativ auseinanderzusetzen. Gewisse dämliche Schlagworte, Phrasen, Parolen, lassen so manches stolze deutsche Herz sofort höher schlagen. Dazu gehört sicherlich (er fällt mir doch glatt wieder mal spontan ein);-) Dauertalkshowschwätzer Baring, der von Integration überhaupt nix hält, sondern stattdessen eine „knackige“ Eindeutschung fordert. Oder die Heinsohns und Buschkowsky, die vor dem „Erkindern“ (auf so eine erbärmliche, widerliche und ekelhafte Begrifflichkeit können nur kranke Hirne kommen) lebenslanger Sozialtranfers warnen. Als deutscher (Un)Geist sei auch noch der Anstandabschaffer Sarrazin erwähnt, der mal ganz stolz aus sich herausfallen ließ: „Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue Kopftuchmädchen produziert.“ Nun hat sich herausgestellt, dass Papa Thilo und Mama Ursula Sarrazin selbst einen Hartz-IV-Sohn produziert haben. Dazu empfehle ich die Kolumne von Mely Kiyak, die sich besonders für Stolzdeutsche eignet: http://www.fr-online.de/politik/meinung/liebe-christentum-kritiker-/-/1472602/7724142/-/index.html.

    Apropos Kopftuch. Allerdings ist das Folgende nicht von mir, denn schließlich will ich hier nicht den Guttenberg machen, sondern von Hagen Rether:

    „…und dies Kopftuch hat keineswegs ausschließlich mit Unterdrückung zu tun. Das hat auch was mit Stolz und Identität zu tun. Und oft sind es auch diese jungen Frauen mit Kopftuch, die viel besser Deutsch können und viel besser integriert sind, als ihre vollkommen überassimilierten, bauchnabelgepiercten Arschgeweihschwestern.“

    In diesem Sinne, ein schönes deutsch-türkisches, türkisch-deutsches Wochenende.

    Jutta Rydzewski

  21. Zu @15, 16, 17 sei mir, zumal darin so „engagiert“ über mich palavert wird, sozusagen der guten deutschen Ordnung halber, noch ein kleiner Nachtrag erlaubt:

    Ich werde mal, überhaupt nicht ernsthaft, darüber nachdenken, da Ihnen meine Formulierungen, auch wenn hin und wieder Veränderungen bzw. Verunstaltungen vorgenommen werden, offenbar sehr gefallen, ob ich mir diesen Umstand nicht zur deutschen Ehre gereichen lassen sollte. Allerdings erwarte ich von Ihnen, denn wer weiß, wo Sie sich sonst noch mit meinen Federn schmücken, immer eine „anständige“ deutsche Quellenangabe. Es gab da nämlich mal einen deutschen Verteidigungsminister, mit erschwindeltem deutschen Doktorgrad, der sich die darauf basierende deutsche Doktorarbeit, schlicht und ergreifend, auf gut deutsch, zusammen geklaut hat, oder hat lassen. Übrigens, wie kann es nur sein, dass trotz dieses sehr unehrenhaften deutschen Verhaltens, dieser Ehemalige dennoch besonders bei den Stolzdeutschen so hoch im Kurs steht? Bin mal gespannt, wer da heute alles, für den guten deutschen „Gutti“, auf den deutschen Straßen demonstrieren wird.

    So, jetzt muss aber Schluss sein, denn nun gilt meine ganze, deutsche Aufmerksamkeit der deutschen Nationalhymne und der deutschen Fahne, die zu Ehren des deutschen Weltmeisters beim Biathlon gespielt bzw. geschwenkt wird. Selbstverständlich werde ich mich erheben, stramm stehen und die rechte Hand (warum eigentlich gerade die rechte?);-), zur deutschen Faust geballt, auf meine LINKE deutsche Herzseite legen, so wie sich das für „guttie“ und echte Deutsche gehört. JAWOLL!!;-))))))))))

    mfg
    Jutta Rydzewski

  22. @Max Wedell

    Zugespitzte oder auch mal polemische Diskussionsbeiträge konstituieren noch keine generelle Haltung, für die ein Begriff in der Form von „[…]-Feindlichkeit“ geprägt werden müsste.

  23. Stöckchen – Jutta – Hopp. Brav! Applaus! Und ein Leckerli!

    Apropos: das Thema dieses Threads ist, wenn mich nicht alles täuscht, „Erdogan – ein orientalisch raffinierter Mensch“.

    Von K.Wolf wurde der Wunsch geäußert, einmal das Thema „Deutschenfeindlichkeit“ (präzisiert als „Deutschenfeindlichkeit der Deutschen“) im Bronski-Blog zu behandeln. Wenn ich Bronskis Antwort und K.Wolfs Antwort auf Bronskis Antwort richtig verstanden habe, mag dieses Thema vielleicht irgendwann demnächst behandelt werden.

    Zurück zum Thema:

    1. Erdogan-Rede

    Eine deutsche Übersetzung der Erdogan-Rede liegt, soweit ich herausfinden konnte, bisher immer noch nicht vor und wird es von offizieller türkischer Seite voraussichtlich auch nicht geben. Die Herrschaften der türkischen Verbände und Vereine in der BRD sehen darin vermutlich keine geplante Provokation. Sollen „die Deutschen“ doch gefälligst Türkisch lernen (wie es Journalisten gegenüber bei der Veranstaltung in Düsseldorf geäußert wurde)! Warum sollte man den deutschen Mitbürgern das Verständnis durch eine Übersetzung erleichtern – soweit kommt’s noch! Wenn sich demnächst ein hochrangiger chinesischer Politiker bei seinem Europabesuch auf Chinesisch an seine Landsleute wendet, lernen wir halt Chinesisch. Und würden wir ordentlich Latein pauken, könnte Herr Ratzinger seine Rede vor dem Deutschen Bundestag auf Latein halten.

    2. EU-Beitritt der Türkei

    Da im Moment ja Überlegungen durch die Luft schwirren, evtl. mehr plebiszitäre Elemente in das politische Leben Deutschlands einzuführen, könnte man als erstes Abstimmungsthema gleich den EU-Beitritt der Türkei nehmen. Und wie wäre es, wenn auch mit Russland und seinem lupenreinen Demokraten Beitrittsverhandlungen aufgenommen würden? Die EU-Aussengrenze läge dann bei Wladiwostok und Japan wäre Europas nächster Nachbar.

    Die bisherigen Mitgliedsländer sind durch das Christentum geprägt und haben damit einen gemeinsamen – jahrhundertelangen – Bezugsrahmen, auch wenn das heutige Spektrum von erzkatholisch über säkular bis laizistisch geht. Mit der Türkei gibt es einen derartigen Bezugsrahmen nicht. Hilfsweise wird uns die Türkei als ein Land vorgestellt, dass „sich an Europa orientiert“.

    Es gibt zwei wesentliche Gesichtspunkte zu beachten:
    a) die geographische Definition Europas und
    b) die kulturell-historische Definition Europas.

    Unter beiden Gesichtspunkten betrachtet, darf man berechtigte Zweifel daran hegen, dass die „Türkei zu Europa gehört“ (ebenso wenig wie der „Islam zu Deutschland“). Folgt man der von Rupert Scholz im Focus [1] dargelegten Argumentation, wäre ein EU-Beitritt der Türkei sogar grundgesetzwidrig. Und damit natürlich auch alle bisherigen Handlungen, die darauf abzielen.

    [1] http://www.focus.de/magazin/archiv/debatte-ein-islamisches-land-gehoert-nicht-zu-europa_aid_581067.html

  24. Außerdem wäre noch völlig ungeklärt, wo man nach einem Beitritt der Türkei das T unterbringen sollte: PIGST? PITGS? PTIGS?

  25. Der Erdogan kann sagen was er will. Die pech-schwarz verbretterten Köpfe, aber besonders die lei(d)kulturellen „Sonderdeutschen“ reduzieren die Erdogan-Rede, Übersetzung hin und her, sowieso auf den Sprachen-Kokolores und die Assimilisierung. Zu dem Sprachen-Kokolores habe ich mich bereits ausführlich geäußert, von Assimilisierung oder gar „Eindeutschung“ halte ich auch nix, und die Zunahme von Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie hierzulande ist eine Tatsache. Was den EU-Beitritt anbelangt, ist der Tag nicht mehr fern, wo die Türken sagen, steckt auch Europa an den Hut. Übrigens, Frau Dr. Ursula Samman hat die einzelnen Punkte in @6, kurz und knackig, ganz ohne Verschnippselung und/oder Bewedellung zusammengefasst. Was die Deutschenfeindlichkeit der Deutschen betrifft, selten so einen Unsinn gehört, wird es ja ggf. hier noch ein „Nachspiel“ geben. Deutsch, türkisch, spanisch, britisch, oder was auch immer, über die Nationalität hat kein Mensch selbst entscheiden können. Zumindest mich hat keiner gefragt (vielleicht war das ja bei Ihnen anders);-), vor meiner Geburt, welche Nationalität ich denn nun gerne haben möchte. Ich bin einfach so in diese Welt hineingeboren worden, und nur der reine Zufall hat es gewollt, dass das kleine Fleckchen Welt, bei meiner Geburt, dieses Deutschland war. Die Nationalität ist also weder ein Verdienst noch ein Makel. Stellen Sie sich mal vor, dass Sie u.U. auch ein Eskimo hätten werden können.;-) Die Nationaltät hat jeder Mensch sozusagen „verpasst“ bekommen, dagegen konnte sich niemand wehren, aber auch keiner bewerben. So einfach ist das. Nun machen Sie das mal den Stolzdeutschen oder Stolztürken klar. Wenn Sie sich das nicht zutrauen, lassen Sie es mich wissen; vielleicht kann ich behilflich sein.

    Wenn Sie mal gerade nicht eine der BILD-Unterabteilungen, den Focus und den „Weltpolitiker“ Rupert Scholz lesen, dann „investieren“ Sie ein paar Minuten Zeit und klicken auf: http://www.zeit.de/2010/33/Tony-Judt. Der große britische Historiker Tony Judt hatte sich, wenige Tage vor seinem Tod, in der „Zeit“ über Amerikas Fehler und die Schwäche der EU geäußert. Den Absatz die Türkei und Europa betreffend, gönne ich Ihnen und anderen bereits jetzt:

    Die Türkei ist Europas größte Chance, sich auf einer größeren Bühne zu präsentieren. Doch das Land wurde dreißig Jahre lang abgewiesen, um des kurzfristigen politischen Profits an der Heimatfront willen. Dabei ist der Glaube einer neuen »europäischen« Generation in der Türkei zerstört worden. Von Marokko bis nach Indonesien können Muslime nun auf Europa als einen »christlichen Klub« zeigen. Übrigens: Wenn manche in Europa von der EU als einem »judäochristlichen Klub« sprechen, möchte ich als Jude mich am liebsten übergeben. Wenn wir aber schon die moderne, nicht extremistische, wirtschaftsfreundliche Türkei nicht mögen, welche Hoffnung gibt es dann für unser Verhältnis zu anderen Muslimen? Denn: Eine Union, in der schon mehr als 15 Millionen Muslime leben und die sich dennoch als christlicher Klub präsentiert, macht sich selbst handlungsunfähig gegenüber der muslimischen Welt. Wir Europäer hatten die Chance, eine Alternative zur amerikanischen Dummheit unter Bush anzubieten, aber wir haben sie verpasst, und sie wird wohl nicht wiederkommen. Mir scheint übrigens die Türkei heute optimistischer, moderner und einflussreicher als jedes andere europäische Land – insbesondere Deutschland, von dem man den Eindruck haben kann, es sei vom schlechten Gewissen zur Gewissenlosigkeit fortgeschritten, ohne dabei die Phase selbstbewussten Engagements jenseits seiner Grenzen durchlaufen zu haben.

    Die „Investition“ der paar Minuten wird sich lohnen. Ich garantiere Ihnen, dass sogar Ihr Horizont danach erweitert ist.;-) Vielleicht schicken Sie den Text an den Focus und an den „Weltpolitiker“ Rupert Scholz, die sicherlich von einem Tony Judt auch noch viel lernen können.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  26. zu @ Jutta Rydzewski,
    ich lese nicht nur mit sondern melde mich jetzt doch mit der Frage ob Sie Gestern bei der Nationalhymne mitgesungen haben. Wenn ich diese Frage nicht selbst stelle habe ich wohl keine Chance das zu erfahren.
    Zum Beitritt der Türkei zur EU denke ich das sich die Frage derzeit aus innereuropäischen Gründen nicht stellt. Da sind so viele an Bord die sich gegenseitig über den Tisch ziehen wollen das kein Bedarf ein Zuwachs besteht.

  27. @26 hans

    So richtig wirklich weiß ich jetzt nicht, ob Sie die Frage ernst gemeint haben. Wenn ich den entsprechenden „Hymnen-Absatz“ in @21 mit JAWOLL!!;-)))))))))) abschließe, dürfte doch eigentlich klar sein, wie ich was gemeint habe. Also, klares Nein, ich singe nicht mit, stehe auch nicht stramm, wenn die Hymne gespielt und die Fahne geweddelt wird. Auch meine rechte Hand bleibt da wo sie ist, und wird auch nicht zur Faust geballt;-) Wenn ich irgendwo dieses Ritual miterleiden musste, z.B. bei Sportveranstaltungen, habe ich es über mich ergehen lassen (müssen); meine Begeisterung hielt sich dabei allerdings in sehr engen Grenzen.;-) Ich halte ohnehin grundsätzlich überhaupt nix von diesen feierlichen und pathetischen „Verkrampfungen“, zumal damit schon öfters größter Blödsinn und Schlimmeres angerichtet wurde, und immer noch wird. Ich habe auch nie verstanden, warum das so genannte Deutschlandlied, nach der Nazibarbarei, immer noch Nationalhmyne geblieben ist, lediglich mit der Maßgabe, dass nur noch die dritte Strophe gesungen werden sollte. Übrigens, die frühere DDR-Hymne hat mir viel besser gefallen. Aber, wie gesagt, grundsätzlich halte ich von diesem ganzen nationalen Gekaspere gar nix. Was die Türkei und die EU anbelangt, würde ich Ihnen dringend empfehlen, die Ausführungen von Tony Judt zu lesen bzw. noch einmal zu lesen. Ansonsten hoffe ich, dass ich auch Ihre Frage, wie das so meine Art ist, „erschöpfend“ beantwortet habe.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  28. Die Welt, in die jemand „hinein“geboren wird, ist kein Vakuum, sondern ein geographisch, klimatisch, kulturell, historisch etc. beschreibbarer Raum. Dieser kann mit dem Begriff „Nationalität“ nicht oder nur unzureichend gefasst werden. Das Hineinwachsen in diesen Raum erfordert von jedem Individuum gewisse, oft auch schmerzhafte Anpassungsleistungen – egal ob in diesen Raum hineingeboren oder nachträglich eingewandert. (Siehe dazu auch „Akkulturation“).

    Ein Inuit muss Kälte gut aushalten können, ein Targi Hitze. Beide werden allerdings vermutlich enorme Schwierigkeiten haben, ihre jeweiligen kulturellen Eigenheiten (allein z.B. bezogen auf ihre Kleidung, ihre Ernährungs- und Jagdgewohnheiten) im deutschen Alltag weiterhin voll auszuleben. Auch ein ecuadorianischer Shuar (Jíbaro-Indianer aus dem Amazonastiefland östlich der Anden) wird nach der Einwanderung nach Deutschland seine Alltagsriten und kultischen Handlungen, in denen sich seine kulturelle Zugehörigkeit ausdrückt, nicht vollumfänglich ausleben können.

    Seit gut 25 Jahren habe ich mit einer Frau maghrebinischen Migrationshintergrunds namens „Leila“ zu tun. Seit 25 Jahren beklagt diese Frau die Ausländerfeindlichkeit (!) all derer, die das „ei“ in ihrem Namen nicht wie in „boah, ey!“ sondern wie in „heiss“ aussprechen. Cem Özdemir zumindest hat sich damit abgefunden, dass man seinen Namen „Tschemm Ötzdemier“ ausspricht. Und wenn man Bülent Ceylan glauben darf, meldet sich seine (deutsche) Mutter am Telefon mit „Zeilan“.

    Dass man seine Nationalität nicht wählen könnte, ist eine weitere Phrase. Das mag gerade mal auf den Zustand bei der Geburt zutreffen (wie auch auf die zwangsweise religiöse Assimilation per Taufe oder gar durch die reine Zugehörigkeit der Mutter zu einer Religion). Aber soweit ich weiss, steht es fast jedem in der BRD lebenden Menschen frei, sich unter entsprechenden Voraussetzungen um die deutsche Staatsbürgerschaft (sprich: „Nationalität“) [1] zu bewerben. Manche haben sogar zwei, einige wenige sogar mehr als zwei, frei gewählte Nationalitäten – in Form von Pässen.

    Was wird eigentlich mit jungen Einpass- oder Doppelpass-Türken in der BRD nach der Aussetzung der deutschen Wehrpflicht? [2] Ich bin ja mal gespannt, wieviele dieser jungen Männer den bis zu 15 Monate dauernden Militärdienst in der Türkei ableisten werden. Würden sich 10.000 junge Männer mit je 10.00 Euro von der Ableistung des Wehrdienstes freikaufen, würde der türkische Staat 100 Mio. Euro einnehmen – auch nicht schlecht. Die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen, um der türkischen Wehrpflicht zu entgehen – willkommen, ihr neuen taktischen Passträger!

    Bekanntlich gibt es junge Menschen der 4. Migrantengeneration, die sich bewusst gegen die deutsche Staatsbürgerschaft entscheiden – da kann von Assimilationsdruck ja wohl keine Rede sein. Wer sich noch in der 4. Generation durch die Ablehnung der deutschen Staatsbürgerschaft bewusst von der Aufnahmegesellschaft abgrenzt, soll mir nicht mit „Zwangsgermanisierung“ kommen. Ich stelle mir immer wieder die simple Frage: „Wenn ihnen Deutschland doch so widerwärtig ist, warum ziehen diese Leute dann nicht in ihr gelobtes Land Türkei?“

    Es gibt ja nun eine merkliche Absatzbewegung von Türken und Deutschen mit türkischem Zweitpass, oft oder gar meist gut – in deutschen Schulen mit deutschen Steuergeldern – ausgebildet, die in die Türkei übersiedeln. Wie über die jahrzehntelangen Transferleistungen türkischer ArbeiterInnen zur Stabilisierung des maroden politischen und wirtschaftlichen Systems der Türkei leistet die BRD nun über den brain drain weiterhin Entwicklungshilfe an die Türkei. Wenn schon keine Dankbarkeit der Aus- und Rückwanderer gegenüber der BRD, dann sollten sie sich wenigstens der Schmähung enthalten.

    Wer bleibt?

    a) Einmal diejenigen, die sich gut integriert oder zumindest mit der Aufnahmegesellschaft gut arrangiert haben. Diejenigen, die interethnisch geheiratet haben und auch mal einen deutschen Ehenamen angenommen haben. Diejenigen, die den säkularen Staat akzeptieren und nicht auf der alltäglichen demonstrativen Zuschaustellung religiöser Symbole bestehen. Kurz: diejenigen, die die Chancen, die ihnen Deutschland zu ihrer Entwicklung geboten hat, genutzt haben. Sie sind viele, sie fallen nicht auf, sie sind nicht organisiert (schon gar nicht in türkischen Vereinen, warum sollten sie auch?)

    b) Diejenigen, die als Verbands- und Vereinsfunktionäre ihr politisches Süppchen kochen wollen. Voraussetzung dafür sind fortdauernde Spannungen, die durch sie selbst und Kurzimporte wie Erdogan am Köcheln gehalten oder selbst provoziert werden. Diejenigen, die weiterhin an der Legende stricken, die Türken hätten Deutschland nach dem Krieg aufgebaut. Erdogan sprach in seiner Rede von der Mühsal der früheren Gastarbeiter, die in den Jahrzehnten seit dem Anwerbeabkommen „unter schlimmsten Umständen“ in Deutschland gearbeitet hätten. Assoziationen zur Zwangsarbeit sind natürlich rein zufällig, bedienen aber nicht nur die innerfamiliäre türkische Legendenbildung, sondern sollen insbesondere das schlechte Gewissen, ja das Schuldbewusstsein, der Deutschen mobilisieren. Wer diesem türkischen Unsinn entschieden widerspricht, gerät sogleich in die Schusslinie der JPD (Juttas-Phrasen-Dreschmaschine): islamophober Hetzrassist (im 3-in-1-Pack billiger).

    c) Diejenigen, die sich über ihre Abgrenzung zur oder gar Ablehung der deutschen Mehrheitsgesellschaft definieren. Die Beispiele der letzten Zeit lassen für die Zukunft nichts Gutes erahnen. Burkatragen im öffentlichen Dienst, Bierkistenstapeln aus religiösen Gründen verweigern etc.

    Die große Mehrheit der hiesigen Muslime wird da wohl nur den Kopf schütteln, wie im Namen ihrer Religion von einem (angeblich) Gläubigen – mit Unterstützung einer deutschen Gewerkschaft – persönliche Vorteile erstritten werden. Wer hätte noch vor ein paar Jahren gedacht, dass so etwas ernsthaft versucht würde?

    Das Signal an Arbeitgeber ist – anders als vermutlich gewollt – doch nun: nur noch mit Widerwillen, wenn überhaupt, Muslime einzustellen. Schließlich ist zu befürchten, dass der Job möglicherweise mit irgendeinem Gebot des Islam oder irgendeiner persönlichen Auslegung desselben in Konflikt geraten kann. Das Signal an eher fundamentalistisch ausgerichtete Muslime ist: ihr müsst nur religiöse Gründe vorbringen (will sagen: vorschieben), dann kriecht euch der dämliche Deutsche in den Hintern.

    „Spezialarbeitsplätze“ für Muslime, weil sich in einem Teil des Ladens unverschleierte Frauen ohne Begleitung eines männlichen Verwandten aufhalten? Wird demnächst jegliche Bier-Reklame auf Plakatwänden und im Fernsehen verboten, weil dies die religiösen Gefühlen von (gewissen) Muslimen zuwiderläuft? Wenn es morgen ein Mitarbeiter ablehnt, Gläser mit Frankfurter Würstchen in die Regale zu stellen, weil er zum Veganer geworden ist – was dann?

    Spätestens dann, wenn die ersten moslemischen Vertreter in den Rundfunkräten sitzen, wird man merken, dass die sozialromantische Beschwichtigungspolitik in die Hose gegangen ist – wie die jahrelang betriebene Multikulti-Schönrednerei.

    d) Diejenigen, die ohne erkennbaren Eigenbeitrag das soziale Netz der BRD nutzen. Gegenüber der alltäglichen Last und Armut in einer Lehmhütte der Kabylei oder Ost-Anatoliens erscheint der hiesige Zustand geradezu paradiesisch.

    Man ist fast versucht zu sagen: von Erdogan, dem orientalisch-raffinierten Menschen, lernen heisst siegen lernen!

    [1] Zu der Diskussion über Nationalität als ethnische Zuordnung und/oder Nationalität als Zuordnung zu einem Staat liefert Wikipedia einen ersten Einstieg. Siehe auch die Begriffe „ius sanguinis“ und „ius solis“
    [2] http://www.sueddeutsche.de/politik/wehrpflicht-bei-doppelstaatlern-im-gleichschritt-in-die-tuerkei-1.1030552

  29. @Schnippsel

    „Es gibt ja nun eine merkliche Absatzbewegung von Türken und Deutschen mit türkischem Zweitpass, oft oder gar meist gut – in deutschen Schulen mit deutschen Steuergeldern – ausgebildet, die in die Türkei übersiedeln. Wie über die jahrzehntelangen Transferleistungen türkischer ArbeiterInnen zur Stabilisierung des maroden politischen und wirtschaftlichen Systems der Türkei leistet die BRD nun über den brain drain weiterhin Entwicklungshilfe an die Türkei. Wenn schon keine Dankbarkeit der Aus- und Rückwanderer gegenüber der BRD, dann sollten sie sich wenigstens der Schmähung enthalten.“

    Pardon, aber das ist etwas verquer. Die von Ihnen so genannte „Absetzbewegung“ ist typischerweise den Schwierigkeiten geschuldet, die Träger eines türkischen Namens bei der Arbeitsplatzsuche hier erfahren. Wenn diesen Leuten dann türkische Arbeitgeber ein besseres Angebot machen als deutsche – warum sollten sie dieses nicht annehmen? Wenn die deutsche Wirtschaft die Potenziale dieser Leute nicht nutzen will, dann ist das ja nicht deren Schuld. Außerdem: Ist es vorstellbar, dass es hierzulande einen Arbeitsplatz gibt, der nicht besetzt werden kann, weil der einzige geeignete Kandidat eine Anstellung in der Türkei vorgezogen hat?

    Die Transferleistungen in die Türkei sind alles Andere als eine Entwicklungshilfe der BRD an die Türkei, denn sie werden aus den Erwerbseinkommen der hier arbeitenden Türken bestritten – die gleichzeitig durch ihren Konsum hierzulande ihren Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt leisten.

  30. @28 Schnippsel

    „Die Welt, in die jemand „hinein“geboren wird, ist kein Vakuum, sondern ein geographisch, klimatisch, kulturell, historisch etc. beschreibbarer Raum.“

    Und was wollen Sie mir mit diesen Allgemeinplätzen nun verschnippseln?

    „Ein Inuit muss Kälte gut aushalten können, ein Targi Hitze. Beide werden allerdings vermutlich enorme Schwierigkeiten haben, ihre jeweiligen kulturellen Eigenheiten (allein z.B. bezogen auf ihre Kleidung, ihre Ernährungs- und Jagdgewohnheiten) im deutschen Alltag weiterhin voll auszuleben.“

    Aha. Das ist ja eine wahnsinnig neue Erkenntnis, ich bin tief beindruckt.

    „Dass man seine Nationalität nicht wählen könnte, ist eine weitere Phrase. Das mag gerade mal auf den Zustand bei der Geburt zutreffen …“

    Genau auf diese „Phrase“ hatte ich in meinem Beitrag hingewiesen, aber das kann nur bemerkt werden, wenn man(n)/frau liest und nicht nur schnippselt.

    Ihre a-d-Geschichte hat nix Neues gebracht, ist deshalb auch zu vernachlässigen. Eine echte Klamotte, sozusagen stellvertretend für alles andere, ist das:

    „Spätestens dann, wenn die ersten moslemischen Vertreter in den Rundfunkräten sitzen, wird man merken, dass die sozialromantische Beschwichtigungspolitik in die Hose gegangen ist – wie die jahrelang betriebene Multikulti-Schönrednerei.“

    Fehlte jetzt nur noch der Geck, dass „wir“ schon von Islamisten unterwandert sind, demzufolge also rettungslos verloren. Deutschlands schafft sich eben ab, so wie es der erfolgreichste Schriftsteller der Nachkriegszeit an die Wand geteufelt bzw. gemoslemt hat. Bevor „wir“ unsere paranoide Fremdenangst aufgeben, wollen „wir“ Deutschen doch viel lieber ganz unter uns bleiben. Wenn schon aussterben, dann zumindest ganz exclusiv unter „uns“. „Wir“ sind ja auch auf dem besten Wege, denn schließlich hauen mittlerweile viel mehr aus diesem schönen Deutschland ab als kommen. Aber jetzt mal ganz im ernst. Moslems in Rundfunkräten ginge ja noch, ich befürchte allerdings, wenn das mit der Unterwanderung so weiter geht, dass es bald einen Moslem als Bundeskanzler gibt. Das Vaterland ist also in allergrößter Gefahr, und da kann es nur eine Lösung geben. Der „Gutti“ muss sofort zurückgeholt werden, schließlich waren deshalb gestern auch viele Millionen auf der Straße. „Gutti“ kann klauen, lügen, betrügen so viel er will, spielt alles kein Rolle, denn nur er alleine kann Deutschland retten. JAWOLL.;-)

    mfg
    Jutta Rydzewski

  31. @ dreas #29

    Selbstverständlich handelt es sich bei den Transfers an die Türkei nicht um Entwicklungshilfe im strengen Sinn. Das von der Türkei initiierte Anwerbeabkommen beruhte allerdings wesentlich darauf, dass die Türkei versuchte, seine immensen innenpolitischen – sozialen und wirtschaftlichen – Schwierigkeiten mit Hilfe des Auslands in den Griff zu bekommen. Dazu diente auch der Export von Arbeitskräften, um die horrende Arbeitslosigkeit und daraus resultierende soziale Spannungen zu dämpfen. Aus den Zahlungen der Auslandstürken in die Heimat erwartete der türkische Staat nicht nur eine finanzielle Blutzufuhr per Devisen, sondern auch eine Verbesserung der Lebensverhältnisse der Familienangehörigen und eine entsprechende konjunkturelle Belebung. Darüber hinaus wollte die türkische Wirtschaft von der in Deutschland genossenen (Aus-)Bildung der Migranten profitieren. All das ist Entwicklungshilfe. Ich habe diese Gesichtspunkte ja bereits in einem anderen Thread dieses Blogs ausführlich dargelegt.

    Deutsche ohne Migrationshintergrund müssen beim Bezug von Sozialleistungen zunächst einmal verwertbares Vermögen aufzehren. Ich habe allerdings bisher nicht davon gehört, dass Migranten das in ihrer (früheren) Heimat vorhandene Vermögen aufzuzehren gezwungen wären – obwohl dort oft umfangreiche Ländereien, Häuser, Eigentumswohnungen, Geschäfte, Beherbergungsbetriebe oder Geldbeträge vorhanden sind. Mein ehemaliger portugiesischer Nachbar, der neben seiner offiziellen Anstellung auch noch aus diversen Neben- und Schwarzarbeiten Einkünfte generierte, erzählte mir eines Tages ganz stolz, dass er nun sein viertes Haus fertiggestellt und bereits solvente Mieter gefunden hätte. Ist es bereits unheimlich schwer, derlei Sachverhalte in Portugal zu ermitteln, so ist es in der Türkei nahezu unmöglich – Erdogan und/oder den weit verbreiteten Handgeldzahlungen sei Dank. Der Rückgriff des deutschen Steuer- und Beitragszahlers auf derlei Vermögen kann also nicht erfolgen.

    Wenn die einen ihr bereits versteuertes Einkommen im Ausland anlegen, erhebt sich Geschrei. Wenn’s die anderen tun, kommt der Hinweis, die Transferzahlungen ins Ausland beruhten schließlich auf deren Erwerbseinkommen und durch ihren Konsum trügen sie zum Bruttoinlandsprodukt bei. Wenn der arme Migrant Geld ins Ausland verbringt und dort Vermögen aufbaut, ist es gut. Tut es der reiche leitende Angestellte, nennt man es „Geld verschieben“ und das ist schlecht.

    In meinen Beiträgen werden Sie nur sehr selten den religiös verquasten Begriff „Schuld“ finden. Also selbstverständlich werfe ich den Aus- und Rückwanderern in die Türkei ihr Verhalten nicht vor. Eher im Gegenteil: ihr Verhalten ist geradezu vorbildlich. Was mir hingegen missfällt, ist das vorwurfsvolle Gejammere, „die Deutschen“ hätten ihnen keine Arbeitsplätze gegeben. Dass „die Deutschen“ überhaupt keine Arbeitsplätze zu vergeben haben, sondern im Millionenbereich selber welche benötigen, geht dabei unter. Wieviele Menschen gibt es, denen niemand wegen ihres Alters oder ihres Geschlechts einen Arbeitsplatz „gibt“? Das ist von Arbeitgebern genauso blöd und eine immense Verschleuderung von Potenzial. Da stimme ich Ihnen völlig zu.

    Die Aus- und Rückwanderer in die Türkei könnten auch sagen: „Toll, dass wir statt arbeitslos zu sein durch unsere bikulturelle Persönlichkeit die Möglichkeit haben, in dem Land unserer Vorfahren Arbeit finden zu können. Danke an Deutschland, dass wir eine so gute (Aus-)Bildung genossen haben, dass wir im Land unserer Vorfahren sogar eine gute Arbeit finden können!“ Das meinte ich mit der Aussage „Wenn schon keine Dankbarkeit, dann wenigstens keine Schmähung.“

    Ein klassisches Verfahren der Entwicklungshilfe ist es, ausländische Fachleute in Deutschland auszubilden und dann zurück in ihre Länder zu schicken. Verbunden ist damit die Erwartung, daraus irgendwelchen zukünftigen politischen und wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Dieser Vorgang ist geplant und zumindest teilweise berechenbar. Dass man die Abwanderung von „Deutsch-Türken“ ebenfalls als eine Art Entwicklungshilfe bezeichnen kann, ergibt sich aus der Tatsache, dass die BRD die (Aus-)Bildung der Leute bezahlt hat, ein anderes Land nun – zunächst einseitig – davon profitiert. Dieser Vorgang ist allerdings weder geplant noch berechenbar.

  32. Leider bin ich nicht so redegewandt wie einige hier, ich möchte mich auch nicht weiter in die Debatte einmischen. Schade finde ich nur, dass der Hinweis auf das Interview mit Tony Judt aus der ZEIT so untergeht, obwohl es mehr zum Thema passt als mancher Kommentar.

  33. zu @ Jutta Rydzewski
    Zuerst einmal mal besten Dank für die schnelle Antwort. Bei ihrem Inhalt auf meine leicht ironisch gemeinte Frage bin ich nicht wirklich überrascht, da ich schon einige Beiträge von Ihnen hier mitgelesen habe. Ich halte Ihre Beiträge manchmal für etwas übertrieben aber oft mit einer nachvollziehbaren Kernaussage. Bei dem jetzigen Thema habe ich aber ein paar Probleme. Das ein Beitritt der Türkei zur EU derzeit kein Thema sein kann habe ich oben schon begründet. Diese Gründe werden sehr lange anhalten, dann kann man weitersehen. Zu den Türken die in Deutschland leben habe ich die Meinung das sie so leben sollen wie sie wollen solange sie sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen. Wenn Leute ohne Deutschen Pass das so nicht wollen oder irgendwelche religiösen Sprüche als höherwertig ansehen dann sollten diese Personen aus Deutschland möglichst schnell entfernt werden.

  34. Um die Schieflage, die Sie hier immer höher auftürmen, wonach die „Deutsch-Türken“, oder überhaupt die so genannten Migranten, gefälligst dankbar zu sein haben, für die große Gnade in Deutschland aufgenommen worden zu sein, arbeiten zu dürfen usw. usw., ein wenig zu begradigen, nachfolgend ein Text der „Unternehmer ohne Grenzen e.V.“, vom 13.10.2010, der die „Dinge“ aus einer anderen Sicht etwas beleuchtet, als Sie es ausschließlich und zielgerichtet tun.

    Einst der „Asylant“, heute der „Moslem“: Seehofer beschwört Feindbilder

    Der Verein „Unternehmer ohne Grenzen e.V.“ ruft Politiker auf, die Probleme der Integration zu lösen anstatt ethnisierende politische Machtkämpfe zu führen
    Die deutsche Wirtschaft braucht qualifizierte Zuwanderung. Dies ist ein allbekanntes Faktum. Dabei spielen die Fähigkeiten und Qualifikationen der einzelnen eine Rolle und nicht deren Herkunft. Eine Diskussion um die Integration, die ethnisierend geführt wird, vergiftet das Klima des Zusammenlebens und lenkt von den eigentlichen Herausforderungen der Integration ab.

    In Deutschland leben knapp 16 Mio. Zuwanderer. Davon sind 582.000 selbstständig und schaffen mehr als 2 Mio. Arbeitsplätze. Diese Vielfalt ist ein positiver Standortfaktor. Seit Monaten wird in den Medien eine sogenannte Integrationsdebatte auf dem Rücken von Menschen ausgetragen, die selbst über keine große Lobby verfügen. Das Thema und die Menschen werden immer dann instrumentalisiert, wenn es für einen Politiker oder eine politische Partei eng wird. Sei es Koch in Hessen mit seiner Wahlkampagne gegen Zuwanderer; sei es der ehemalige Ministerpräsident Nordrheinwestfalens Rüttgers, der mit seinen Sprüchen wie „Kinder statt Inder“ auf Wahlstimmenfang ging. Nun will sich Horst aus Bayern, der bei den Wählern als der große Verlierer gilt, auf dem Rücken der Migranten in der rechten Ecke profilieren und Stimmen mobilisieren.
    Als Verein – gegründet von Unternehmern mit verschiedenen kulturellen Wurzeln – der sich seit einem Jahrzehnt für die Integration von Migranten insbesondere durch die Förderung von Selbstständigkeit engagiert, fordern wir, die Debatte differenziert zu führen. Wir fordern die politischen Verantwortlichen, Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und alle relevanten Akteure dazu auf, sich für die Vielfalt und ein gleichberechtigtes Leben von allen Menschen hier im Lande zu positionieren. Die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft kann auf Politiker wie Horst Seehofer verzichten, aber Zuwanderer kann Deutschland nicht mehr entbehren. Damit die Menschen ihre Potenziale und Fähigkeiten zum Wohle aller einsetzen, fordern wir endlich die Anerkennung ausländischer Abschlüsse und Qualifikationen.

    „Als es um den Aufbau Deutschlands ging, waren gerade muslimische Gastarbeiter gut genug. Seehofer sollte nicht vergessen, wer den deutschen Wohlstand mit aufgebaut hat. Wenn Herr Seehofer meint, dass die Türkei und andere Länder nur unqualifizierte und nicht integrierbare Menschen „anzubieten“ hätten, ist er offensichtlich in seiner Entwicklung in den 60er Jahren hängengeblieben“, so Melek Korkmaz, Vorstandsmitglied von Unternehmer ohne Grenzen e.V. und selbst Gastarbeiterkind. Heute ist sie erfolgreiche Unternehmerin und engagiert sich ehrenamtlich für die Integration aller Zuwanderer.

    Hintergrund:

    bundesweit 582.000 Unternehmer mit Migrationshintergrund, die 2 Mio. Arbeitsplätze schaffen
    jeder 9. Unternehmer hat einen Migrationshintergrund
    in Hamburg lebten Ende 2009 rund 487 000 Menschen mit Migrationshintergrund, das sind 28 % aller Hamburger
    rund 18% aller Unternehmer in Hamburg haben ausländische Wurzeln (Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut)

    Quelle: Unternehmer ohne Grenzen e.V.

    Nun haben Sie neben Tony Judt, zu dem Ihnen wohl nix einfällt, noch eine Meinung, zu der Ihnen, was ich fast befürchte, auch nix einfallen wird. Macht aber nix, ich wollte damit, wie eingangs erwähnt, lediglich etwas gegen die Schieflage tun. So viel dürfte aber auch Ihnen zwischenzeitlich klar geworden sein, die Seehofers, Dobrindts, Kauders, Friedrichs, Erdogans usw., mit ihren hinreichend bekannten dämlichen Sprüchen, sind in der Tat entbehrlich. Wenn die mal kollektiv die Klappe halten würden, bin ich sicher, dass es zwischen den Menschen, egal welcher Nationalität, erheblich besser klappen würde. Ich bin nicht nur sicher, ich weiß es definitiv.

    @33 hans

    „Zu den Türken die in Deutschland leben habe ich die Meinung das sie so leben sollen wie sie wollen solange sie sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen.“

    Richtig. Jeder Mensch, nicht nur die Türken, sondern auch die „richtigen“ Deutschen, müssen auf dem Boden des Grundgesetzes und der Rechtsordnung stehen. Wenn dann, bei allen ganz freiwillig, ein wenig Anstand dazu kommt, müssen sie sonst nix müssen. Übrigens, das gilt aber auch für Bundesminister, bzw. überhaupt für die Politik, die es mit dem Grundgesetz und mit dem Anstand leider nicht immer so genau nehmen. Manchmal wird es passend gemacht, und wenn das nicht möglich ist, einfach als lästiges „Vehikel“ an die Seite geschoben. Ich hoffe, meine Kernaussage war jetzt nicht übertrieben.;-)

    mfg
    Jutta Rydzewski

  35. Schon wegen der guten, deutschen Ordnung: Mein Beitrag @34 bezieht sich in der Hauptsache auf @31. Bei der Gelegenheit möchte ich, sogar mit großer Begeisterung, auf einen Artikel in der FR von Philipp Blom verweisen, der sich den neuen Innenminister, Hans-Peter Friedrich, und noch so einiges mehr vorknöpft, was auch zum hiesigen Thema gehört: http://www.fr-online.de/kultur/debatte/es-gilt–die-welt-wieder-ohne-gott-zu-denken/-/1473340/7765466/-/index.html. Das Land benötigt erheblich mehr Bloms, anstatt Friedrichse, Seehofers, Uhls, Kauders und Co..

    mfg
    Jutta Rydzewski

  36. @Schnippsel

    Auf welcher Grundlage werfen Sie Transferzahlungen in die Herkunftsländer und Bezug von Sozialleistungen in Deutschland in einen Topf? Beides gleichzeitig zu tun ist faktisch unmöglich. Haben Sie Belege oder Zahlenmaterial dafür, dass ein Bezug von Sozialleistungen in Deutschland in nennenswertem Ausmaß mit einem relevanten eigenen Vermögen im Ausland einhergeht? Weitaus plausibler ist es doch davon auszugehen, dass im Wesentlichen diejenigen Migranten, die sich im Herkunftsland (bzw. Herkunftsland der Eltern) eine gesicherte Existenz aufbauen konnten, dorthin zurückwandern (bzw. auswandern) werden, wenn sie in Deutschland keine Perspektive mehr haben (es gibt ja durchaus eine solche Rückwanderungsbewegung von Arbeitsmigranten). Dass aber diejenigen, die auch unter ungünstigen Umständen in Deutschland verbleiben, auch darum bleiben, weil sie eben keine „Zweitexistenz“ anderswo besitzen. So exorbitant hoch waren (und sind) die Einkünfte der Arbeitsmigranten nun auch wieder nicht, dass sich ein jeder davon nach Abzug der hiesigen Lebenshaltungskosten zum Großgrundbesitzer oder Immobilienmagnaten im Herkunftsland aufschwingen konnte. Schließlich diente das transferierte Geld ja auch im oft genug dazu, Familienangehörige zu unterstützen.

    Es mag ja sein, dass es im Interesse der Türkei war, ein Anwerbeabkommen mit der BRD zu schließen. Aber zustandegekommen ist dieses Abkommen nur deswegen, weil das komplementäre Interesse der BRD zu diesem Zeitpunkt ebenfalls gegeben, nein, sogar deutlich größer war (denn solche Abkommen wurden ja mit mehreren Ländern geschlossen). Es ist schlicht und einfach ein Faktum, dass die Arbeitsleistung der Arbeitsmigranten in erheblichem Ausmaß zur Wirtschaftsentwicklung der BRD beigetragen hat und dass diese Arbeitsleistung in einem sehr großen Ausmaß gefährliche, körperlich harte und typischerweise schlecht entlohnte Tätigkeiten umfasste.

    Wenn Sie mit mir einer Meinung sind, dass der Verlust gut ausgebildeter Menschen durch Abwanderung in die Heimatländer der Eltern oder Großeltern wenn überhaupt dann bestenfalls der Wirtschaft vorzuwerfen ist, die dieses Potenzial nicht nutzen will, dann verstehe ich den Rekurs auf angebliche „Schmähungen“ aus dieser Gruppe heraus nicht. Ich verstehe auch nicht, dass Sie von diesen Leuten anscheinend eine Lobpreisung der Umstände erwarten, die sie zu dieser Entscheidung getrieben haben. Es handelt sich hier ja fast durchweg um die zweite oder sogar dritte Generation von Migranten, die hier geboren wurden und aufgewachsen sind, das Bildungssystem durchlaufen haben – und dennoch auf dem hiesigen Arbeitsmarkt wegen ihrer ethnischen Herkunft benachteiligt sind (gleich ob sie einen deutschen oder türkischen Pass besitzen). Darum passt auch der Vergleich mit der geplanten Ausbildung ausländischer Fachleute in Deutschland mit dem Ziel ihrer Rückkehr nicht. Individualentscheidungen (wie es sie in ähnlicher Weise auch bei deutschen Nachwuchswissenschaftlern gibt, die das deutsche System der befristeten Anstellungen bis Mitte Vierzig und darüber hinaus für sich nicht als attraktive Perspektive ansehen) sind etwas grundsätzlich Anderes als staatlich initiierte Ausbildungsprogramme.

    Aber selbst in Ihrer Logik trifft es nicht zu, dass von dieser Wanderungsbewegung „ein anderes Land nun – zunächst einseitig – davon profitiert“. Der Profit hierzulande besteht nämlich darin, dass jeder, der diese Entscheidung für sich trifft, dem hiesigen Steuer- und Beitragszahler Kosten für die dann nicht mehr erforderliche soziale Unterstützung erspart. Also: Entweder ist dieser Vorgang für Sie (oder mich oder …) kein Problem – dann muss man auch nicht darüber diskutieren. Oder er ist für Sie (oder mich oder …) ein solches – dann muss man klar benennen, worin das Problem besteht und wer welche Verantwortung dafür trägt. Mit der Erdogan-Rede in Düsseldorf hat dies aber nichts oder kaum noch etwas zu tun.

  37. bei aller Kritik an Erdogan… keine Frage, seine Einstellungen etc. will ich hier gar nicht befürworten ( er hat eine andere Motivation, als ich):

    Es ist auch psychologisch erwiesen, dass Kinder als Grundlage zur Sprachentwicklung erst einmal ihre Muttersprache lernen sollten. Jenes bezieht sich aber nur auf das Elternhaus… denn ansonsten lernen sie es meist falsch.. weil Mama zeigt freilich ihre Emotionen mit ihrer Muttersprache viel besser, als mit der anderen. Und Emotionen bringen einen Lernprozess voran… Um das aber mit dem Erlernen der dt. Sprache zu ergänzen, braucht es qualitativ gute Angebote (Vereine, Betreuung, Schule etc.)

    Anders ist dasbei Menschen, deren Eltern aus untersch. Ländern kommen, hier sollte jedes Elternteil seine Muttersprache sprechen. 😉

    Und es ist doch als ein Geschenk wahrzunehmen, gleich zu 2 Kulturen zu gehören… somit sollte man die Gelegenheit haben beide Identitäten als eineverschmelzenzu lassen. Jesnes Phänomen erklärt Kermani in „wer ist wir“ sehr gut 😉

    PS.: eine Freundin von mir ist bis zum 8ten Lebensjahr im Iran aufgewachsen und hat dann erst dt. gelernt… sie spricht es jetzt perfekt.
    EIne andere Freundin ist in Dt geboren und ihre Eltern haben immer dt und türk mit ihr gesprochen (beide Eltern türkisch), sie hat sich wesentlich schwerer getan mit der Sprache,erst seit sie arbeitet ist ihr dt sehr gut geworden.

    DAs ist die Gefahr, die Erdogan jetzt aufrollt: aufgrund seiner haltung, denken jetzt viele Dt, dass die türk. Familien gefälligst dt. mit ihren Babies reden sollen.

  38. @ Sarah #37

    Es wäre gut, wenn Sie vorhergehende Beiträge lesen würden. Katja Wolf stellte bereits in #1 die Frage, ob auch noch in der 4. Migrantengeneration (also der zweiten oder gar dritten Generation, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind) Türkisch die Muttersprache ist. Wenn dem tatsächlich so ist, könnte man vielleicht doch an bewusste Integrationsverweigerung denken. Von anderen Nationalitäten kenne ich ein solches Verhalten jedenfalls nicht – sie haben aber auch keine lautstarken Vertreter, die ihre Existenzberechtigung aus selbstgeschürten Konflikten herleiten und einem Schreihals wie Erdogan zujubeln.

    Verstehe ich Ihr eigentümliches Beispiel „Anders ist dasbei Menschen, deren Eltern aus untersch. Ländern kommen, hier sollte jedes Elternteil seine Muttersprache sprechen.“ richtig: ein in Deutschland lebendes Paar – er Ukrainer, sie Philippina – soll also mit dem Kind Ukrainisch und Tagalog sprechen und das soll dem Kind den Erwerb der deutschen Sprache erleichtern?

  39. Erstaunlich und beschämend, dass man erwachsenen Menschen die einfachsten Dinge in Erinnerung rufen muss. Also noch einmal.

    1. Niemand wird in „die Welt“ hineingeboren, sondern immer in einen ganz bestimmten gesellschaftlichen Kontext. Niemand fällt also in eine Art Vakuum und muss sich dann die Dinge der realen Welt erst wieder neu erschaffen. Zudem ist dieser gesellschaftliche Kontext durch einen gewissen gesellschaftlichen Konsens gekennzeichnet. Dazu gehören Normen, Regeln, erwünschte Verhaltensweisen, Tabus usw..

    Kinder lernen, durch einen (oft) schmerzhaften Prozess, die Normen und Regeln in ihre Persönlichkeit zu integrieren. Niemand erzieht ein Kind allerdings mit Hinweis auf die ersten 19. Artikel des Grundgesetzes. Ist jemand in diesen gesellschaftlichen Kontext nicht hineingeboren, sondern erst später dazugestoßen, muss er halt – sofern er Teil dieses gesellschaftlichen Kontextes werden will – den schmerzhaften Prozess als Heranwachsender oder Erwachsener durchlaufen; und dazu gehört allemal mehr als die Anerkennung der ersten 19 Artikel GG.

    Die das Kind umgebende Gesellschaft, und zwar nicht nur in Gestalt der Eltern, stellt vieles zur Verfügung: Schulen, Straßen, Strom, fließendes Wasser aus dem Hahn, ein Leben in Frieden und Rechtssicherheit, Lebensmittel usw.. – jedenfalls hier in Deutschland. Warum sonst sollten so viele Menschen auf der Welt es als erstrebenswert ansehen, hierher zu kommen? Nur wer es als selbstverständlich ansieht, wie die Made im Speck zu leben, kann sich die Unverschämtheit erlauben, dafür keine Dankbarkeit zu empfinden und zu zeigen.

    Ich jedenfalls bin dankbar, dass meine Eltern mir ein einigermaßen geordnetes Gemeinwesen übergeben haben und ich sah es selbstverständlich als meine Verpflichtung – im Rahmen meiner Möglichkeiten – an, es für meine Kinder und Enkelkinder genauso zu machen. Ich bin den Müllwerkern der FES dankbar dafür, dass sie meinen Müll abfahren und der Straßenbahnfahrerin dafür, dass sie mich sicher und pünktlich ans Ziel bringt. Und vielen anderen Menschen auch, obwohl sie „ja nur ihren Job machen“. Natürlich zahle ich nicht gerne Steuern, aber ohne den Beitrag jedes Einzelnen, auch finanzieller Art, wird ein Gemeinwesen nicht funktionieren.

    Wer dieses Land verlässt (egal ob als Rennfahrer in die Schweiz, als Tennisspieler nach Monaco oder als Angestellter oder Selbständiger nach Istanbul), um anderswo zu leben, nimmt etwas mit, ohne es zu bezahlen: zumindest die in Deutschland genossene Bildung.

    2. Was die Anzahl der türkischen/türkischstämmigen Unternehmer und die von ihnen geschaffenen Arbeitsplätze betrifft, sagen diese Zahlen ohne genauere Informationen nicht viel aus. Wenn die geschaffenen Arbeitsplätze darin bestehen, seinen vier Cousins zu einem Aufenthaltsrecht in Deutschland zu verhelfen: was sagt das über die Bindung an Deutschland aus? Dass diese Cousins genau einen Tag, nachdem die Regelanwartschaftszeit für ALG I [1] erreicht wurde, arbeitslos werden – steht das auch in der Statistik? Über Sinn und Zwecks eines Wettbüros, eines nachfolgenden Internetcafés, eines nachfolgenden Videoverleihs und eines darauf folgenden Wettbüros (mit immer denselben „Unternehmern“) mag sich jeder so seine Gedanken machen.

    Wenn der Geschäftszweck darin besteht, Waren aus der Türkei zur Versorgung der hier lebenden Türken zu importieren, eine Halal-Metzgerei, eine Teestube „Nur für Mitglieder“ mit abgeklebten Fenstern oder das o.g. Wettbüro mit ausschließlich türkischer Kundschaft zu betreiben: was ist das eigentlich anderes als eine Art parallelgesellschaftlicher Subsistenzwirtschaft?

    3. Den Quatsch der Unternehmerverbände, Deutschland bräuchte eine Zuwanderung von Arbeitskräften, nachzubeten und es sogar als „ein allbekanntes Faktum“ hinzustellen, ist Propaganda in Reinkultur. Das dann noch mit dem ebenso dümmlichen Hinweis darauf zu verknüpfen, „wir“ würden aussterben – Herr wirf Hirn vom Himmel! Wie wäre es, die abnehmende Bevölkerungszahl Deutschlands als einen positiven Gesundschrumpfungsprozess und als Chance zu begreifen? Nur mal rein als Gedankenspiel?

    [1] http://www.sozialleistungen.info/arbeitslosengeld/anspruch-auf-arbeitslosengeld-i.html
    und ………………………………………/anwartschaftszeit.html

  40. Schnippsel, Ihre Beiträge weisen Sie einerseits als einen denkenden und reflektierenden Menschen aus, andererseits verwundert es darum um so mehr, dass Sie in den hier diskutierten Fragen so wenig reflektiert immer wieder nur negative Beispiele als pars pro toto anführen. Wie etwa zu den türkischen Unternehmen. Ich habe vor ein paar Jahren an meiem damaligen Wohnort Vorhänge bei einem türkisch geführten Geschäft (in einer Ladenstraße mit mehreren solcher türkisch geführten Geschäfte) gekauft. Bedient wurde ich von einem fröhlichen Rheinländer mit geradezu klischeehaft schwulem Habitus. Und die anderen Kunden im Laden waren mehrheitlich nicht türkisch. Auch und gerade die von Sarrazin so geschmähten türkischen Lebensmittelläden waren und sind eine wichtige Versorgungsquelle für alle diejenigen, die gerne auch mal mit Zutaten kochen wollen, die es nicht abgepackt beim Discounter gibt – ohne dafür im noblen Feinkostgeschäft ein halbes Vermögen ausgeben zu müssen.

    Sie hatten in der Diskussion um Religion und religiösen Einfluss auf die Gesellschaft sich als einen provokanten Diskutanten charakterisiert, der bewusst auf „Ausgewogenheit“ verzichte und scharfe Anwürfe verwende, um die Diskussion voranzubringen. Das mag dann akzeptabel sein, wenn es um mächtige Institutionen oder mächtige Interessengruppen geht. Hier aber geht es um Mitmenschen – wenn Sie diese als Gruppe schmähen, um einige „Repräsentanten“ zu treffen (über deren tatsächliche „Repräsentativität“ man zudem streiten kann), tun Sie das nicht mehr als der tapfere Streiter für die Aufklärung, sondern agieren wie ein Büttel einer aggressiv-repressiven Mehrheitsmacht.

    Wer dieses Land verlässt (egal ob als Rennfahrer in die Schweiz, als Tennisspieler nach Monaco oder als Angestellter oder Selbständiger nach Istanbul), um anderswo zu leben, nimmt etwas mit, ohne es zu bezahlen: zumindest die in Deutschland genossene Bildung.

    Hier verwenden Sie leider einen banalisierten Bildungsbegriff. „Bildung“ ist keine Ware, die man aus dem Regal nimmt, und die danach für andere nicht mehr verfügbar ist. Bildung ist etwas, das man sich erwirbt. Wenn jemand aber die erworbene Bildung in Deutschland nicht anwenden kann, um seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften, und deshalb ins Ausland geht, dann ist das sehr wohl etwas Anderes als wenn jemand lediglich seine Einkünfte dem legalen Zugriff der deutschen Finanzverwaltung entziehen möchte. Wem die Gesellschaft nicht ermöglichen kann, seinen Lebensunterhalt mit den eigenen Fähigkeiten zu bestreiten, dem ist nicht vorzuhalten, dass er als Mitglied der Gesellschaft bestimmte Leistungen in Anspruch genommen hat, die allen Mitgliedern der Gesellschaft zustehen.

  41. @Schnippsel,

    Sie haben in Ihrer Kritik an der vorgebrachten Statistik natürlich völlig recht, sämtliche Untersuchungen zur Selbstständigkeit bei Migranten müssen leider einräumen, daß es sich überwiegend um Kleinstunternehmen handelt. Es so darzustellen, als würden hier nennenswerte Wirtschaftsfaktoren geschaffen, ist mehr als gewagt, und diese Tatsache wird man auch nicht durch Hinweise auf eine „Nützlichkeit“ dieser Kleinstunternehmen für ihre Kunden schönreden können.

    Des weiteren stellen die genannten Zahlen insofern eine ziemlich eindeutig beabsichtigte Meinungsmanipulation der hier Mitlesenden dar, indem sie ja nicht bloß die Türken enthält, sondern die Migranten sämtlicher Herkunftsländer. Welchen Nutzen hat es für die Diskussion hier, daß ein Brite oder sonstiger EU-Europäer oder auch sonstiger Nichttürke ein Unternehmen gegründet hat?

    Beschränkt man sich auf die statistischen Untersuchungen zur Selbstständigkeit der Türken hierzulande, muß man leider eine stark unterdurchschnittliche Selbstständigenquote konstatieren. Daß Türken besonders häufig Unternehmen gründen, ist eine Mär. Sie gründen seltener Unternehmen, und dann auch noch durchschnittlich viel kleinere. Ich will damit nicht sagen, daß einzelne Türken nicht auch in dieser Hinsicht die „Bereicherung“ sind, die mancher hier sich so bemüht für die Gesamtheit herbeizureden, aber im Durchschnitt über alle Türken ist die „Bereicherung“ durch Unternehmensgründungen auch wieder leider nur unterdurchschnittlich.

    Ich habe die intendierte Propaganda der gebrachten Zahlen schonmal hier ausführlich mit Zahlen vom Statistischen Bundesamt widerlegt, sie versucht es aber immer wieder.

    Zu den Rückkehrern las ich im aktuellen Spiegel folgenden interessanten Satz:

    „„Almancilar“, „Deutschländer“, nennen Türken die Rückkehrer. Sie können sie nicht besonders leiden, sie gelten als rückständig und arrogant.“

    Daß sie für gewöhnlich wohl eher gut ausgebildet sind, ist dadurch nicht in Frage gestellt, ich fasse es so auf, daß mit „rückständig“ die Tatsache gemeint ist, daß sie von ihrer Wertewelt her oft noch im hinteren Anatolien ihrer Eltern oder Großeltern steckengeblieben sind. Daß so etwas bei gleichzeitig ja stattgefundener Bildung möglich ist, sagt auch einiges über unser Bildungssystem und seine Fähigkeiten, Sinn und Attraktivität moderner Werte zu transportieren.

    Und daß mancher arrogant rüberkommt, wenn er (oder sie) dann auf moderne Türken in den Boommetropolen der Türkei trifft, ist auch erklärlich. Zuhause war man ja ziemliches Ausnahmetalent in der eignen ethnischen Community, hier ist man plötzlich einer unter vielen, evtl. noch nicht mal der Gescheiteste, den dann evtl. nur noch eines auszeichnet: die Kenntnis der deutschen Sprache. Das begreift mancher vielleicht nicht sofort.

  42. Lieber Max Wedell, nachdem Sie nun abschließend über die gesellschaftliche Wertigkeit der türkischen Gemeinschaft in Deutschland geurteilt haben, wäre es einigermaßen interessant, etwas über Ihre Rolle und Performance in der realen Gesellschaft zu erfahren. Wer so freigebig pauschalisierend schlechte Zensuren austeilt, sollte sich wenigstens der guten Sitten halber auch einer Benotung der eigenen Person stellen. Und wer Statistiken anwendet, sollte eigentlich auch berücksichtigen, dass neben Durchschnittswerten und Häufigkeitsmaxima auch andere Kenngrößen bedeutsam sind, will man tatsächlich snnvolle Erkenntnisse gewinnen.

  43. @39 Schnippsel

    „Erstaunlich und beschämend, dass man erwachsenen Menschen die einfachsten Dinge in Erinnerung rufen muss.“

    In der Tat, erstaunlich, beschämend und außerordentlich befremdlich, einem erwachsenen Schnippsel immer wieder erklären zu müssen, dass die Nationalität eines Menschen, bei seiner Geburt, weder Verdienst noch Makel, sondern reiner Zufall ist.

    „1. Niemand wird in „die Welt“ hineingeboren, … “

    Doch, jeder wird in diese Welt hineingeboren, sogar ein Schnippsel.

    Da Sie offenbar nicht bereit sind, von mir aufgezeigte ganz einfache Beispiele aus dem praktischen, täglichen Leben nachvollziehen zu wollen oder zu möchten (siehe z.B. die Nationalitätenfrage), versuche ich es erneut mit einem weiteren Lesetipp, zumal ich damit (immer noch) die Hoffnung verbinde, denn solange ich atme hoffe ich, dass vielleicht doch noch das Eine oder Andere hängen bleibt. Allerdings habe ich meine Zweifel, nachdem auch Tony Judt an Ihnen „spurlos“ vorbeigegangen zu sein scheint: (Link abgelehnt, Anm. Bronski, siehe Blog-Regel Nr. 8 ). Übrigens, die Nachdenkseiten haben zum Blog-Thema, aber auch darüberhinaus, noch mehr zu bieten, und heißen nicht ohne Grund NachDENKseiten.;-) Blättern Sie ruhig mal durch, und viel Spaß beim zusätzlichen Erkenntnisgewinn, sofern er sich dann auch wirklich einstellt.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  44. ojemine mal wieder die gleichen Kandidaten, die nicht kappieren wollen, dass es sehr schön ist, wenn Menschen auch in der 4. Generation noch die Sprache ihrer Wurzeln können. Wenn man in den ersten drei Lebensjahren seine „Muttersprache“ gut kann, dann fällt es einem einfach leichter die anderen Sprachen zu lernen. Von wem ist doch schnutspiep egal… die Eltern sollten trotzdem (in diesem Fall) türkisch mit ihren Kindern sprechen, das ist ein hohes Gut…

  45. achja lieber Schnipsel,
    ich würd einfach mal darauf pledieren, dass pädagogische Grundhaltungen ansichtssache sind. Ich glaub ich kann Ihnen erzählen was ich will… das interessiert sie nicht und sie können mir erzählen was Sie wo´llen, das interessiert mich nicht. Meine Érfahrungen zeigen mir nun mal, dass das Erlernen einer „fremden“ Sprache im Elternhaus, oft nicht ganz so günstig ist.

    Zurück zur 4. Generation, kennen Sie da wirklich noch Menschen, die kein Deutsch sprechen? Die sich wirklich nicht verständigen können? In der 2. Generation mag es den einen oder anderen geben, aber auch schon sehr selten. Warum wird denn in der Sprachentwicklung immer so scharf geschossen, obwohl jenes eig. nur teilw. bei der 1.Generation zutrifft?

  46. @Sarah

    Ich meine, von Untersuchungen gelesen zu haben, dass tatsächlich der Integrationserfolg von der 2. zur 3. Migrationsgeneration im Schnitt zurückgegangen sei. Es erscheint mir auch plausibel, dass es eine Tendenz zur Ausbildung von Parallelgesellschaften speziell in den Teilen der türkischen Gemeinschaft geben wird, die es in der 2. Generation nicht geschafft haben, sich in die deutsche Gesellschaft weit genug einzufügen, um hinreichend akzeptiert zu werden. Die im zu betrachtenden Zeitraum deutlich schlechter gewordenen wirtschaftlichen Bedingungen (nicht nur) für Migranten werden das Ihrige dazu beigetragen haben, dass sich hier allem Anschein nach eine Schere innerhalb der türkischen Gemeinschaft in Deutschland aufgetan hat. Auch daher erscheint es wenig sinnvoll diese Gemeinschaft als quasi-monolithischen ethnischen Block aufzufassen, wie es nicht nur in diesem Blog allzuoft passiert.

    Bei Ihrer Verteidigung eines Primats der „Muttersprache“ auch in der 4. Generation gehen Sie, meine ich, zu sehr davon aus, dass die Vermittlung der deutschen Sprache durch ein intaktes deutschsprachiges Umfeld erfolgen wird. Das mag in intellektuellen multinationalen Milieus der Fall sein. Dort, wo sich in der Tat verfestigte, ghettoartige Parallelstrukturen aufgebaut haben, fehlt ein solcher Bezugsrahmen. Da jedoch die Beherrschung der Verkehrssprache eine wesentliche Bedingung für den Bildungserwerb ist, verstärkt der Rückzug auf die Muttersprache in solchen Situationen die Segregation, statt zu ihrer Überwindung beizutragen. Hinzu kommt, dass Sprache in solchen Situationen auch dazu genutzt wird, um Wertvorstellungen zu transportieren und Machtverhältnisse in der Parallelgesellschaft zu verfestigen.

  47. die Problematik der „Integration“ (mittlerweile stinkt das Wort), sehe ich ganz klar mit dem Blick auf Schichtzugehörigkeit… aber auch in den sog. Brennpunkten sprechen junge Türken (d. 3. Generation) deutsch, sie verstehen deutsch …

    -die Muttersprache ist auch in der 3. und 4. Generation von großer Bedeutung und sollte nicht abgelegt werden, wie eine Altlast
    -klar sollte das Kind dt. lernen, aber zuerst seine Muttersprache als Erstsprache… so kommt es nicht durcheinander

    Es gibt so viele päd. Haltungen, die muss man leider akzeptieren ;-).

    folgender Beitrag ist vllt. Hilfreich:
    http://www.migration-boell.de/downloads/diversity/Kalpaka_Sprache_1997.pdf

  48. @dreas,

    daß die gesellschaftliche Wertigkeit der türkischen Gemeinschaft in vielen wichtigen Teilbereichen deswegen so ungünstig zu beurteilen ist, muß ja nicht am Potential der Menschen liegen. Es liegt im ganz Wesentlichen sicherlich daran, daß die aufnehmende Gesellschaft über Jahrzehnte und bis heute und wohl auch künftig einen viel zu niedrigen, praktisch gar keinen Assimilationsdruck ausübt, und rückständiger, teils aus vormodernen Verhältnissen stammender Landbevölkerung ihre Abkapselung und Isolation hierzulande weitgehend erlaubte.

    Sie fragen nach meiner Person. Sowohl in den Statistiken zu Bildungsabschluß als auch Kriminalität spiele ich eine eher günstige Rolle für den Durchschnitt der deutschen Ethnie (Bei der Kriminalität z.B. in der Kategorie: Keine). Als nicht abhängig Beschäftigter würde ich sogar in der einen oder anderen Unternehmerstatistik auftauchen (jedenfalls wenn ich Türke wäre).

    Ansonsten finde ich es schade, daß sie die propagandistische, weil bzgl. der Türken meinungsverfälschende Statistik Anderer nicht kritisieren können, weil die beabsichtigte Propaganda offensichtlich einen Wunschtraum von Ihnen erfüllt, hingegen aber auf der fälligen und korrekten und sachlichen Korrektur glauben herumhacken zu müssen.

  49. P.S.

    Nochmal was zum Aussagewert des Durchschnitts…

    Der weiter oben genannten Statistik („582.000 Unternehmer mit Migrationshintergrund, die 2 Mio. Arbeitsplätze schaffen“), die ja richtig sein mag, aber eben in einer Diskussion über Personen mit türkischem Migrationshintergrund ein so falsches Bild zeichnet, daß ich sie in unserm Zusammenhang Propaganda nennen muß, dieser Statistik kann ein Viertklässler entnehmen, daß die durchschnittliche Beschäftigung dieser Unternehmen 3,4 Personen beträgt. Sie können mir ruhig glauben, daß ich mich mit Statistik soweit auskenne, daß ich nicht glaube, daß jedes der 582.000 Unternehmen 3 – 4 Beschäftigte hat. Ein gelegentliches 100 Personen-Unternehmen (mittelständischer Größenordnung) wird auch sicher dabeisein. Um aber wieder auf den Durchschnitt 3,4 zu kommen, müssten auf ein 100-Personen-Unternehmen 40 Unternehmen mit genau 1 Beschäftigten (dem Inhaber) kommen… oder 69 Unternehmen mit 2 Beschäftigten (Inhaber und z.B. Frau)… oder 241 Unternehmen mit 3 Beschäftigten (Inhaber und z.B. Frau und Sohn).

    D.h. natürlich gibt es Ausreißer vom Durchschnitt, aber muß sie ZU BEIDEN SEITEN geben. Man kann daher eine Durchschnittsaussage nicht dadurch abwiegeln, daß es „Ausreißer“ nach oben gibt… denn in dem Maß, wie es die gibt, muß es eine ausgleichende Anzahl Fälle nach unten geben (gleiches gilt umgekehrt), um am Ende den Durchschnitt zu haben, hier also: 3,4 Beschäftigte.

  50. @Sarah

    Nun gut, es wird Deutsch gesprochen und verstanden – aber was ist das für ein Deutsch?

    Dem Link zum Artikel bin ich gefolgt. Den Aussagen darin kann ich ebenfalls folgen, jedenfalls so weit es darum geht, Kindern tatsächlich selbst eingewanderter Eltern angemessene Voraussetzungen für den Bildungserwerb zu verschaffen. Aber ich kann daraus nicht ableiten, dass es ein Primat der „Muttersprache“ („Großmuttersprache“? „Urgroßmuttersprache“? Oder deswegen „Muttersprache“, weil gezielt eine Mutter aus der Türkei geholt wurde?) bis in die 4. und womöglich weitere Generationen geben sollte. Insbesondere geht aus der Zusammenfassung nicht hervor, dass eine Diskrepanz von Mutter- und Verkehrssprache ein erstrebenswerter Zustand sei. Insofern halte ich den Anspruch für gerechtfertigt, im Grundsatz auf einem Primat der Verkehrssprache zu bestehen und die schulische Förderung der Muttersprache als ein Übergangsinstrument der Integration zu begreifen. Das heißt nun ganz und gar nicht, dass die Sprache der Vorfahren „wie eine Altlast“ abgelegt würde. Wer mag, kann sie natürlich weiterhin zusätzlich vermitteln oder lernen. Dann aber als individuelle Entscheidung und nicht als notwendige Folge und Ausweis der Zugehörigkeit zu einem Migrantenmilieu.

    Ich finde es etwas bedauerlich, dass Sie so gar nicht auf das Argument eingehen, dass gerade in den Parallelgesellschaften die Sprache auch dazu dient, Wertvorstellungen zu transportieren und Machtverhältnisse zu verfestigen. Sicherlich ist hier einerseits ein muttersprachlicher Unterricht hilfreich, auch solche Inhalte zu vermitteln, die in den restriktiven Milieus sonst unterdrückt werden. Aber es bleibt andererseits das Problem, dass es keine gemeinsame Auseinandersetzung der Migrantenkinder und der einheimischen Kinder mit diesen Inhalten gibt. Muttersprachlicher Unterricht repliziert also zunächst einmal das gesellschaftliche Faktum der Parallelgesellschaften. Klar sollte aber sein, dass er nicht dazu dienen sollte, diesen Zustand zu perpetuieren.

  51. @dreas,

    das ist mal ein Beitrag von Ihnen, dem ich inhaltlich voll zustimmen muß. Ich hoffe, Sie grämen sich jetzt nicht zu sehr.

    Wir alle lernen Sprache nicht ausschließlich zur Selbstverwirklichung, sondern Sprache, gerade die allererste Sprache ist ein Instrument, daß dem Individuum viele weitere Möglichkeiten „aufschließt“. In Deutschland ist die deutsche Sprache ein weit nützlicheres Instrument als die türkische, und in der Türkei ist die türkische Sprache ein weit nützlicheres Instrument als die deutsche. Auf welche Sprache man einen ganz besonderen Fokus legen sollte, wird also durch den Aufenthaltsort vorgegeben, wenn man sich dort länger als nur ganz kurzfristig aufhält.

  52. @48. Max Wedell

    Was ich kritisierte, war der pauschal abwertende Grundtenor Ihres Beitrags #41. Solche Aussagen werden der Vielfalt der Lebensentwürfe in der „türkischen Gemeinschaft“ in Deutschland nicht gerecht. Die sich in solchen Aussagen und Einschätzungen manifestierende Haltung einer Mehrheitsgesellschaft ist der anzustrebenden Integration meiner Einschätzung nach abträglicher als z.B. die Existenz türkischer Wettbüros mit exklusiv türkischer Kundschaft.

    Was ich weiterhin kritisiere, ist eine scheinbare „Objektivierung“ von Werturteilen durch „Statistik“. Statistik ist ihrem Wesen nach zunächst einmal deskriptiv. Fundierte Werturteile bedürfen als Grundlage eines Kriterienkatalogs und einer Bewertungsskala, die sich beide nicht statistisch ableiten lassen. Wenn man z.B. die Gründung eines Unternehmens unter der Prämisse betrachtet, dass die Schaffung von Arbeitsplätzen grundsätzlich positiv für die Gesamtwirtschaft ist, dann ist die Bewertung auch in dem Fall positiv, wenn es lediglich 1 oder 2 Arbeitsplätze sind. Maßstab wäre hier etwa die nicht mehr gegebene Abhängigkeit von einem anderen Arbeitgeber oder den sozialen Unterstützungssystemen – ein legitimes Argument in einer Diskussion, in der „den Migranten“ nur zu oft pauschal vorgeworfen wird, sie fielen nur „den Sozialsystemen zur Last“. Sie werten hingegen in Ihrem Beitrag die Kleinunternehmen als wirtschaftlich irrelevant ab – offen bleibt, welcher Maßstab hier warum zu Grunde gelegt wurde.

  53. @dreas,

    möglicherweise habe ich zu scharf auf JR und die Statistik reagiert, ich hatte den Eindruck, sie wollte die Diskussion hier wieder eröffenen, die wir schon einmal hatten, in der behauptet wurde, türkischstämmige Migranten wären überhaupt viel öfter unternehmerisch tätig als die Deutschen. Auf den zweiten Blick sehe ich jetzt, daß sie ja, zumindest was Hamburg angeht, diesmal auch das Gegenteil sagte: Der Anteil an der Bevölkerung ist 28%, der Anteil bei den Unternehmern aber nur 18%, also eine unterdurchschnittliche Unternehmerrate zumindest in Hamburg. Obwohl, wie gesagt, diese Zahlen über alle Migranten gehen und daher in einer Diskussion über türkische Migranten wenig hilfreich sind.

    Auf der anderen Seite aber behauptet ja niemand hier, weder Schnippsel noch ich (noch Seehofer), „dass die Türkei und andere Länder nur unqualifizierte und nicht integrierbare Menschen “anzubieten” hätten“. Um solcherart weitverbreitet eingebildete Behauptungen dann zu entkräften, werden schnell mal ein paar Zahlen in die Gegend geworfen, die das Gegenteil beweisen sollen… und natürlich auch beweisen können, wenn man sie erstmal nur absolut liest, d.h. sagt: Jeder Unternehmer, jede Unternehmung ist doch erstmal ein Gewinn, und wiederlegt auch schon, daß es keine Unternehmer gäbe.

    Auf der anderen Seite wird aber mit solchen Selbstverständlichkeiten wie „Es gibt auch türkische Unternehmer, und zwar so und so viel“, solchen Entgegnungen auf Behauptungen, die keiner machte („Es gibt überhaupt keine türkischen Unternehmer hierzulande“… wer sagte je so etwas?), dann allerdings versucht, Defizite zu überdecken, nach dem Motto: „Es gibt ja auch türkische Unternehmer, es gibt andere gut integrierte türkische Migranten etc… also ist doch alles Paletti! Kein Grund, sich über irgend etwas aufzuregen, irgendwo Probleme zu sehen! Sämtliche Probleme können doch nur grandios übertrieben sein, denn es gibt doch türkischstämmige Unternehmer! Und die Tatsache, daß es türkische Unternehmer gibt, zeigt doch, daß man noch viel mehr türkische Migranten braucht!“ usw.usf. Wer so argumentiert, muß sich gefallen lassen, daß man mal näher auf die Statistik sieht, und daß man nicht gleich deshalb mehr türkische Immigration haben will, weil es auch ein paar türkischstämmige Unternehmer gibt.

    Auf dieses immer wiederkehrende Diskussionsschema reagiere ich allergisch, und das ist schon gut möglich, daß sich das im Ton meiner Posts niederschlägt.

    Es fällt übrigens auf, daß die zur Ablenkung von Problemen gebrachten Erfolgsgeschichten (z.B. Unternehmer) dann regelmäßig in einer Art und Weise angepasst sind an D, daß man von Assimilation durchaus sprechen kann. Diejenigen, die wie ich einen höheren Assimilationsdruck befürworten, tun das ja nicht, weil sie meinen: „Ach, die Türken, die sind ja zu allem zu blöd, selbst wenn sie sich assimilieren würden, werden sie nur Straßenkehrer sein können“ (obwohl uns das natürlich dauernd unterstellt wird). Sondern weil der Verzicht auf Assimilation für einen Großteil der Probleme verantwortlich ist, die zu beobachten sind. Inklusive der Probleme, die von links her immer so ganz groß in den Vordergrund gestellt werden: Benachteiligungen durch Deutsche. Jede menschliche Gemeinschaft egal wo auf der Welt hat das Recht, Personen in ihrem Lebensraum, die nicht einen gewissen Grad an Assimilation an die Gesellschaft (über den Grad kann man diskutieren) durchlebten, als „fremd“ zu bezeichnen und zu behandeln. Und Ressourcen, die von dieser Gesellschaft verteilt werden, bevorzugt an Nichtfremde zu verteilen. Will man das durch Umerziehungsversuche ändern… viel Spaß dabei!

    Jedenfalls zeigen die Erfolgsgeschichten ganz überwiegend, daß man weitgehend assimiliert auch als Migrant hierzulande Erfolg haben kann, und die Problemfälle zeigen ganz überwiegend, daß man unassimiliert hierzulande Probleme hat.

    Das Hauptproblem ist also fehlende Assimilation, und hier bin ich der Erste, der zugibt, daß die Ursache dafür nicht ausschließlich bei den Migranten liegt. Ein wichtiger Hauptfaktor sind auch gerade jene Deutschenhasser, die Katja Wolf ansprach, von denen wir hier mindestens ein hervorstechendes Beispiel im Blog haben. Wie soll man Assimilations-Leitbilder vorgeben, wenn die ständig sabotiert werden. Werd bloß nicht ein deutscher Michel! Deutsche Sprache beim Migranten ist für solche Deutschenhasser allenfalls schön, um zu zeigen: Siehste, Integration hat doch geklappt!, aber ansonsten wär viel schöner, stattdessen die Muttersprache zu können. usw.usf.

    Des weiteren habe ich den Eindruck, daß es bei Lokal-Politikern und staatlichen Stellen aller Art, einen WETTBEWERB gibt nach dem Motto: Wer nimmt am meisten Rücksicht auf die Zugewanderten, wer erleichtert ihnen am meisten, so zu bleiben, wie sie sind, wer nimmt die größte Rücksicht auf kulturelle Andersartigkeiten, damit diese bestehen bleiben können usw… was ich für ziemlich katastrophal halte. Nur mal als ein Beispiel von vielen: Die Frankfurter Familienrichterin, die befand, eine mit einem Muslim verheiratete Frau müsse damit rechnen, dass ihr in einem islamisch geprägten Land aufgewachsener Mann sein religiös verbrieftes „Züchtigungsrecht“ an ihr ausübt. Die Richterin sagte wörtlich, sie wäre „stolz gewesen, dass sie die Sure 4,34 als Quelle gefunden habe“ (die neben dem Züchtigungsrecht des Mannes gegenüber der ungehorsamen Ehefrau auch die Feststellung der Überlegenheit des Mannes gegenüber der Frau enthält). An diesem Fall kann man die von mir angeprangerte Befindlichkeit der unbedingten und völlig kritiklosen Akzeptanz des kulturell Andersartigen erkennen (auf die viele Deutsche auch noch ebenso stolz ist wie die Richterin), sowie daß die im Einzelfall sogar so stark ausgeprägt sein kann, daß deutsche Gesetze dabei mißachtet werden, die Verhaftung in fremden kulturellen Gewohnheiten (oder was man dafür hält) als über dem Gesetz stehend erklärt werden können… von einer Richterin!

  54. P.S. Um dem Eindruck vorzubeugen, bei der Frankfurter Richterin handele es sich um einen Einzelfall: Seyran Ates, selber Familienanwältin und daher wohl gut informiert über die Befindlichkeiten deutscher Richter und Richterinnen, sagte dazu: „In Frankfurt wurde zum ersten Mal ausgesprochen, was viele denken.“

    Aber es sind nicht nur Richterinnen und Richter, diese völlig falsch verstandene Toleranz ist in staatlichen Institutionen inkl. denen der politischen Sphäre weit verbreitet… und bekämpft die Assimilation und damit die Chancen der Migranten auf Erfolg in dieser Gesellschaft… jedenfalls solange die Gruppen, über die wir hier reden, gesellschaftliche Minderheiten sind.

  55. P.S.S. Den Artikel von Tony Judt, auf den hier verwiesen wurde, habe ich nicht kommentiert, da er mindestens in dem Part, in dem von den EU und Türkei die Rede ist, nur Belanglosigkeiten enthält. Ein Zusammenhang mit der von mir eben erwähnten hierzulande verbreiteten Selbstverleugnung und Anbiederung dem Fremden gegenüber besteht allerdings… Wenn Tony Judt zum EU-Beitritt der Türkei nur gerade Belanglosigkeiten einfallen, bedeutet das ja nicht, daß er ein dummer Kopf ist. Nein, die deutschen Befindlichkeiten kennt er, der einen EU-Beitritt ja befürwortet, also möglichst wirksam verkaufen will, schon ganz gut, wenn er sagt: „Europas Chance, sich […] zu präsentieren.“ … „Wenn wir aber die […] Türkei nicht mögen…“. usw.

    Hinter der Selbstverleugnung, dem teilweisen Selbsthaß und der Anbiederung Fremden gegenüber liegen ja psychologische Befindlichkeiten, deren Hauptmerkmal mir eine Sucht zu sein scheint, geliebt oder wenigstens anerkannt zu werden (aus einer Verunsicherung des eignen Wertgefühls heraus, die nicht nur, aber auch geschichtliche Gründe hat). Einen Nationalstolz zu empfinden, der völlig unabhängig von äußeren Bestätigungen existieren kann, hat man nicht gelernt, bzw. man hat von Kindesbeinen an gelernt, daß der bedingungslos zu verteufeln ist. Diese Verunsicherung des Deutschen schlägt sich dann in der Begegnung mit dem Fremden in einem Bedürfnis nieder, vom Fremden unbedingt geliebt zu werden. Erzählt man einer solchen Person, wenn sie dieses oder jenes täte, dann würde das den Eindruck erwecken, als würde man den Fremden „nicht mögen“ (oder kommt sie selber zu dieser Ansicht), dann hat man als sofortige Auswirkung, daß „dieses oder jenes“ natürlich unterlassen wird. D.h. Judt und andere brauchen den Deutschen mit besagten Charaktereigenschaften nur einzureden, daß eine Ablehnung eines EU-Beitritts ein direktes Signal sei, man würde „die Türken nicht mögen“, und schon wird man die sofortige, gewünschte Reaktion des liebe- bzw. anerkennungsbedürftigen Deutschen bekommen: Oh, dann brauchen wir den Beitritt unbedingt. Sachliche Gründe oder Gegengründe, z.B. die ganz wesentlichen des wirtschaftlichen Bereichs, treten hier völlig in den Hintergrund, sind nicht mehr nötig (weshalb Judt sie auch nicht mehr bringt).

    Und ähnlich wird natürlich die Forderung nach Assimilation deshalb verpönt, ja verteufelt, weil sie natürlich oft von denen, von denen Assimilation verlangt wird, ungnädig aufgenommen wird. Forderungen nach Assimilation können nur von Personen ausgehen, die ein Gefühl des eigenen Wertes haben, nie von Personen, die hinsichtlich des eignen Wertes verunsichert sind, und als Ersatz die Anerkennung des Anderen brauchen.

  56. Es gibt Blogger, die können sich anscheinend nicht anders als diskriminierend für Migranten verbalisieren, ohne es selbst zu merken. Mit Statistiken kann man bekanntlich alles beweisen, auch das genaue Gegenteil. Da ich noch keine Statistik selbst gefälscht habe, bin ich da äußerst mißtrauisch.
    Eine Mutter spricht mit ihrem Kind immer in der Mutter!sprache, das ist normal(wie auch immer sich das definiert). Spätestens seit dem die Zeitungen (FR!) das Korrekturenlesen einsparen, bekommt man einen mehr oder weniger schrecklichen Wortsalat zu lesen, aus dem man sich nur mit fundierten Dt.kenntnissen einen Sinn fischen kann. Früher konnte man mal mit Zeitunglesen dt. lernen. Die Sprache verschlampt furchtbar, auch Hochschulabsolventen haben Probleme mit dt., oft mehr als viele der assimilierten Migranten.
    Nur dann merken auch die, daß ihnen die ganze Assimilation nichts nützt, weil sie ja ausländische Namen haben, sie werden gar nicht erst eingeladen, selbst bei nur einem migrierten Elternteil. Denen bleibt dann nichts als zu emigrieren mit ihrer Ausbildung oder sich eine Ich-AG auszudenken. Schuld ist daran natürlich u.a., daß Migranten entweder als radebrechende Deppen oder sozialabgreifende Betrüger (viiiel schlimmer als andere (Promotions-)Betrüger) dargestellt werden.
    Auch haben einige Mitblogger nicht die Möglichkeit, sich durch Kenntnis anderer Kulturen bereichert zu fühlen. Deren Pech!!!
    Übrigens ist die BRD schon lange nicht mehr unbedingtes Wunschziel vieler Emigranten. Sonst wäre die Imigration in den letzten Jahren nicht so zurückgegangen.

  57. @ dreas #40

    „Hier verwenden Sie leider einen banalisierten Bildungsbegriff. “Bildung” ist keine Ware, die man aus dem Regal nimmt, und die danach für andere nicht mehr verfügbar ist. Bildung ist etwas, das man sich erwirbt.“

    Natürlich ist auch Bildung nichts, was einfach so vom Himmel fällt. Es braucht dazu, neben einer entsprechenden Motivation und Anstrengung, aber auch entsprechende materielle Voraussetzungen: nämlich zumindest Bildungsanstalten und Lehrende. Diese werden zum weitaus überwiegenden Teil vom deutschen Steuerzahler finanziert.

    Ich wage zu bezweifeln, dass die Mehrzahl der abwandernden türkischen/türkischstämmigen Arbeitskräfte auf Privatschulen und Privatuniversitäten gegangen sind, die sie vollumfänglich kostendeckend bezahlt haben. Zumindest bei den Privatschulen wird meines Wissens der größte Teil der Kosten ebenfalls vom Steuerzahler getragen.

    Ich wage ausserdem zu bezweifeln, dass die Aus- und Rückwanderer z.B. in einem Land der Subsahara oder einer Stadt Ostanatoliens wie Ercinkan ähnlich gute und international verwertbare Bildungschancen vorfinden wie in Deutschland. Daran, dass die sonstigen Lebensbedingungen (von Rechtssicherheit über Schutz vor behördlicher insbesondere polizeilicher Willkür bis zu guten Wohnverhältnissen u.v.a.m) in Deutschland gegenüber vielen anderen Ländern um ein Vielfaches besser sind, darf ebenfalls erinnert werden.

    Selbstverständlich treffen meine Bemerkungen auch auf die – auf hohem Niveau jammernden – „Ur“deutschen zu. Eine Herabsetzung von Migranten ist in ihnen also nicht enthalten.

    (Womit wir eigentlich schon in der, eigentlich noch zurückgestellten, Debatte über „Deutschenfeindlichkeit der Deutschen“ wären).

  58. Einer der Mitblogger dieses Blogs hat in einem anderen Thread einmal auf den evolutionären Vorteil überzeugter Gläubiger hingewiesen. Mit anderen Worten: man könnte auch von so etwas wie „Kulturdarwinismus“ sprechen.

    In eher sanfter Form drückt dies Cees Nooteboom in einem Essay in der Zeit mit dem Titel „Armut unter einem Baldachin aus Gold“ [1] aus. Darin stellt er die Frage „Wo führt es hin, wenn wir unsere eigene Kultur nicht mehr verstehen?“. Auch wenn mir der Essay ein wenig zu christentumslastig ist, so lassen sich doch einige Denkanstöße daraus gewinnen:

    „Zur selben Zeit, da wir unsere eigenen Bilder verlieren, weil wir die Geschichten, aus denen sie hervorgegangen sind, nicht mehr kennen, werden wir durch die Globalisierung mit dem überschwemmt, was der Kommerz sich für uns ausgedacht hat, und gleichzeitig, um die Verwirrung komplett zu machen, mit den Bildern und Symbolen der anderen. Um uns herum werden Moscheen und Hindutempel erbaut, in den Schaufenstern von Antiquitätengeschäften oder in den Häusern von Freunden sehen wir Totenschiffe und vielarmige sowie vielköpfige Götter, die in ihrem Ursprungsland eine ganz andere Bedeutung haben als bei uns. […]

    Wir haben in den letzten fünfzig Jahren eine ganze Reihe anderer Welten hinzubekommen, während wir gleichzeitig im Begriff sind, unsere eigene Welt langsam zu verlieren. […]

    Wenn man lange genug auf der Welt ist, um zu wissen, dass man an einem Punkt in der Zeit angelangt ist, von dem aus man mit klarem Blick auf die Vergangenheit schauen kann, erkennt man besser, was verschwunden ist und noch immer verschwindet, als dass man wüsste, was kommen wird. Das ist kein Grund zum Trauern, aber man sollte sich dessen bewusst sein. Auch dieses Bewusstsein gehört zur Kultur.“

    Weniger sanft ausgedrückt: wenn weder die Eliten noch die Bürger die Kraft aufbringen, ihre Kultur – und zwar nicht nur als folkloristische Freizeitbetätigung – zu behaupten, führt das letztendlich an den Rand der Selbstaufgabe. Sie wird dann irgendwann genauso untergehen wie die Kultur der Inka und Maya, der Etrusker, der Babylonier oder der Pharaonen.

    Es ist einerseits der Druck, oder zumindest der Einfluss, von aussen – z.B. durch die Alliierten, durch amerikanisch dominierte Institutionen und Firmen, „die Globalisierung“, aber auch durch Migranten und ihre Repräsentanten wie Erdogan, dem kein Widerspruch (oder gar: Widerstand) entgegengesetzt wird.

    Andererseits ist da die ungeprüfte, distanzlose, freiwillige Übernahme z.B. angloamerikanischer Kultur“produkte“: von Musik über Junkfood bis zu pentagonfinanzierten (Propaganda-)Serien. Da werden eigentümliche Körpergesten und Mundbewegungen übernommen, durch die Synchronisationsbranche der Filmindustrie finden unsinnige Ausdrücke Eingang in die Sprache: auf einmal heisst es „es macht Sinn“ (it makes sense) anstelle von „das ist sinnvoll“, in unzähligen Serien werden amerikanische Verhaltensmodelle untergejubelt. Hochdeutsch geht, dank Migranteneinfluss, in eine Art Pidgin-Deutsch (Kanaksprak) über und wird damit zu so etwas wie einem überregionalen Dialekt verfremdet.

    [1] http://www.zeit.de/2010/04/Kulturgrundlagen?page=all

    @ U. Samman #57

    „Es gibt Blogger, die können sich anscheinend nicht anders als diskriminierend für Migranten verbalisieren, ohne es selbst zu merken.“

    Sollten Sie möglicherweise auch mich damit gemeint haben, darf ich zunächst darauf hinweisen, dass es – zumindest in diesem Thread – nur um eine Teilmenge der Migranten handelt, und unter diesen um eine weitere Teilmenge. Dazu möchte ich mich aus Beitrag #28 schnell mal selber zitieren:

    „a) Einmal diejenigen, die sich gut integriert oder zumindest mit der Aufnahmegesellschaft gut arrangiert haben. Diejenigen, die interethnisch geheiratet haben und auch mal einen deutschen Ehenamen angenommen haben. Diejenigen, die den säkularen Staat akzeptieren und nicht auf der alltäglichen demonstrativen Zurschaustellung religiöser Symbole bestehen. Kurz: diejenigen, die die Chancen, die ihnen Deutschland zu ihrer Entwicklung geboten hat, genutzt haben. Sie sind viele, sie fallen nicht auf, sie sind nicht organisiert (schon gar nicht in türkischen Vereinen, warum sollten sie auch?)“

    Davon unterschieden habe ich drei Problemgruppen:
    b) die Migrationsfunktionäre (die die erstgenannte Gruppe gar nicht repräsentieren)
    c) die Abgrenzer
    d) die Ausnutzer

    Worin sehen Sie dabei „nicht anders als diskriminierend“? Möglicherweise beruht Ihr Missverständnis darauf, dass ich gegenüber pointiert einseitigen und realitätsverzerrenden Bemerkungen, wie sie z.B. Frau Jutta bringt, eben andere Gesichtspunkte ins Spiel bringe, um derart schiefe Bilder nicht unkommentiert stehen zu lassen.

  59. @dreas
    nur mal kurz… weil ich gerade nicht viel Zeit habe. Auf den Rest geh ich demnächst ein.

    Bei den Jugendlichen von denen Sie reden handelt es sich wohl um Jug. aus sozial benachteiligten Wohngegenden…
    Das ist ein heißes Pflaster und lässt sich nicht einfach plastisch beschreiben und begründen.
    Sein Sie mal nicht so engstirnig, denn hauptsache sie sprechen deutsch und verstehen es… ob da jetzt Slang dabei ist (das ist viel mehr eine Jugendsprache, die auch erlernt werden muss— in Ihren Augen eine falsch Konditionierung, glauben Sie mir das hört mit der Zeit auf), dieses „falsche“ Deutsch sprechen auch deutsche Jugendliche 😉
    dieser unglaubliche Perfektionismus ist wirklich engstirnig!!!

    zu den „Parallelgesellschaften“:

    es ist allein schon die die Wortwahl lieber dreas, die mich niemals auf eine Thematik wie „Parallelgesellschaften“ bringt, da ich bei solchen Bezeichnungen wütend werde!!!
    Jene Bezeichnung dividiert auseinander, was längst vermischt ist und appelliert an eine fiktive Eindeutigkeit. Es ist Zeit, die Diskussion zu versachlichen.

    „Es gibt kein Problem der Minderheit an sich in der Gesellschaft, sondern es ist auch stets ein Problem der Mehrheit in Bezug auf die Minderheit. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein multikulturelles Land, was sich anhand vieler Indikatoren nachweisen lässt.“ (Nowak)

    weiter führe ich das Thema nicht aus, es hat nichts absolut gar nichts mit den grundlegenden Regeln von Sprachentwicklung zu tun… denn hier geht es um nämlich grundsätzliches: Strukturen in der Familie, Förderung in der Familie- auch bei Deutschen, die in sozial benachteiligten Gegenden leben…, Schulsystem Hauptschulen- Anteil der Schüler mit Migrationshintergrung, Wohngegenden etc…. das sind so extrem viele Themen, die kann man an dieser Stelle nicht ausführen, sonst schreibt gleich ne Doktorarbeit.

  60. da ich wie ich gerade sehe, doch auf den Rest eingegangen bin, nehme ich das mit dem „auf den Rest gehe ich später ein“ zurück 😉

    — Jeder Mensch handelt nach Erfahrungen, jeder Mensch hat ganz eigene Vorurteile. Auch ich habe Vorurteile, allerdings anderen Menschen gegenüber 😉

  61. Sarah, wenn Sie meinen Stoßseufzer „aber was für ein Deutsch“ als „Perfektionismus“ auffassen, haben Sie mich leider missverstanden. Das ist natürlich auch ein Problem zugespitzter Aussagen. Es geht mir dabei ganz und gar nicht um Stilkritik. Vielmehr sehe ich es als ein fundamentales Problem, dass ein reduziertes Sprachverständnis mit die größte Hürde für den Bildungserwerb darstellt. Wer bereits mit relativ simplen Nebensatzkonstruktionen Schwierigkeiten hat, wird niemals in die Lage kommen, z.B. komplexere technische Zusammenhänge nachvollziehen oder gar an Andere kommunizieren zu können. In einer hochtechnisierten und hochgradig arbeitsteiligen Gesellschaft ist mangelndes Sprachverständnis also faktisch ein Ausschlusskriterium hinsichtlich der Teilhabe. Erschwerend kommt bei der von uns beiden gemeinten Klientel hinzu, dass sie auch in ihrer Muttersprache im Hinblick auf die Anforderungen der hiesigen Gesellschaft oft nur begrenzt ausdrucksfähig ist. Das ist auch eine Folge davon, dass deren Sprachentwicklung nicht eingebettet ist in eine offene, auf allen Ebenen Türkisch sprechende Gesellschaft, sondern dass die Sprache vermittelt wird durch Eltern und Verwandte, die selbst unter diesen erschwerten Bedingungen aufgewachsen sind, durch türkisches Satellitenfernsehen, vielleicht noch durch türkische Auslandszeitungen. Ich hatte ja schon im Beitrag #50 zugestimmt, dass unter diesen Bedingungen muttersprachlicher Unterricht hilfreich sein kann – aber eben hilfreich im Sinne einer Übergangslösung.

    Die in dem verlinkten Artikel angesprochene „Normalität der Mehrsprachlichkeit“ bezieht sich ja wohl eher auf kleinteilig strukturierte, wenig arbeitsteilige und wenig industrialisierte Gesellschaften. Ein tragfähiges Modell für die Teilhabe an einer hochtechnisierten und hochgradig arbeitsteiligen Gesellschaft wie der hiesigen oder gar einer von „postindustriellen Informationsgesellschaft“ kann ich darin nicht erkennen. Auf dem indischen Subkontinent zum Beispiel werden über Tausend Sprachen gesprochen – aber die Sprache von Wirtschaft und Wissenschaft ist Englisch. Wer kein Englisch beherrscht, hat keinerlei Aufstiegschancen. Ich hatte zudem auch ausgeführt, dass ein Bestehen auf dem Primat der Verkehrssprache nicht mit einer Unterdrückung der Muttersprache gleichzusetzen ist.

    Den Begriff „Parallelgesellschaften“ sehe ich nicht als unsachlich an. Ich verwende ihn nicht wertend oder gar abwertend, sondern zur Charakterisierung einer Teilgruppe der Bevölkerung, die sich in ihren Werte- und Normvorstellungen deutlich vom Rest der Bevölkerung abgrenzt und sich nicht oder nur wenig im Austausch mit anderen Teilgruppen befindet. Die reine Existenz solcherart definierter Parallelgesellschaften stellt noch kein Problem dar. Probleme entstehen aber dort, wo es Konflikte zwischen Ansprüchen der Parallelgesellschaften und fundamentalen Grundlagen des übergreifenden Gemeinwesens gibt. Hier ist meiner Ansicht nach die Reduzierung auf ein bipolares „Multikulti versus Leitkultur“ nicht zielführend. Weder erzwingt die Anerkennung der Existenz verschiedener „Kulturen“ (was auch immer man unter diesem Begriff subsumieren mag) eine unkritische Akzeptanz all ihrer Ausprägungen, noch impliziert das Vorhandensein einer „Mehrheitskultur“ deren grundsätzliche Vorrangstellung. Diese Erkenntnis ist natürlich weder neu noch originell, was aber leider nicht verhindert, dass in praktisch jeder Diskussion die wenig hilfreichen Frontstellungen neu errichtet werden.

    Wenn man tatsächlich alle Facetten erörtern wollte, die das Vorankommen einzelner Menschen in dieser Gesellschaft beeinflussen können, reicht auch eine Doktorarbeit nicht aus. Das sollte einen aber nicht daran hindern, Positionen in Teilfragen herauszuarbeiten. Schließlich fängt man da nicht bei Null an, sondern kann auf eine unüberschaubare Zahl von Einschätzungen, Stellungnahmen und Untersuchungen zurückgreifen. Ich hatte in meinem Beitrag #46 angesprochen, dass Sie bei der Verteidigung eines Primats der “Muttersprache” auch in der 4. Generation einige Aspekte außen vor gelassen hatten, die m.E. unbedingt in eine solche Betrachtung einbezogen werden müssten – das Fehlen eines intakten deutschsprachigen Umfelds wie auch die Funktion der Sprache als Transportvehikel für Wertvorstellungen und damit als Machtinstrument. Das lässt sich, denke ich, durchaus auch in einem kleinen Blog wie diesem ergebnisorientiert diskutieren.

  62. Schnippsel (Beitrag #58), zu den Kosten der Bildung hatte ich mich ja schon geäußert. Dass die öffentlichen Bildungseinrichtungen vom deutschen Steuerzahler finanziert werden, ist Fakt und als solcher unstrittig. Da der Terminus „der deutsche Steuerzahler“ alle diejenigen umfasst, die in Deutschland Steuern zahlen, ungeachtet ihrer Nationalität, heißt das übrigens auch, dass die Arbeitsmigranten mindestens der ersten Generation ebenfalls ihr Scherflein zur Finanzierung der deutschen Bildungssysteme beigetragen haben.

    Ansonsten wiederhole ich inhaltlich das in Beitrag #40 Geschriebene. Das hiesige Bildungssystem ist ein Angebot, das allen Einwohnern dieses Landes gemacht wird und dessen Annahme sogar zu einem großen Teil verpflichtend ist (allgemeine Schulpflicht). Was den verpflichtenden Teil angeht, gibt es somit keine Grundlage für eine Anspruchshaltung an Einzelne seitens der Gesellschaft als Ganzes. Was den nicht verpflichtenden Teil angeht, erkenne ich selbstverständlich als berechtigte generelle Erwartung an, dass der „Bildungsgewinn“ auch der Gesellschaft zu Gute kommt, die ihn ermöglicht hat. In dem Moment aber, wo ein Einzelner gar nicht erst die Möglichkeit erhält, mit der erworbenen Bildung seinen Lebensunterhalt in Deutschland zu bestreiten, verliert auch dieser Anspruch seine Berechtigung. Insofern sollte sich eine weitere Diskussion darüber mangels Subjekt eigentlich erledigt haben – oder?

  63. @54

    Einerseits besteht Ihre Verlautbarung, Herr Max, aus Selbstgesprächen, einschließlich der bemerkenswerten Begrifflichkeit vom Lebensraum, damit verbunden „fremd“ bzw. Nichtfremde usw. (offenbar fällt Ihr „historisches“ Vokabular hier schon gar nicht mehr auf), andererseits aus einem regelrechten Assimilationsschwall. Wer es tatsächlich fertig bringt, in wenigen Sätzen, neun Mal, ich wiederhole, neun Mal, die Vokabel Assimilation (Baring, auf den Sie sich ja so gerne beziehen, nennt das schlicht und knackig Eindeutschung), einschließlich Wiederholungen und anderer „Ausdeutungen“, zu verwenden, hat nicht nur deutlich gemacht, dass er von Integration absolut keine Ahnung hat, sondern offenbart seine politische bzw. ideologische „Geisteshaltung“ in schon „beeindruckender“ Offenheit. Nachfolgend alle „Neune“: Assimilation, Assimilationsdruck, assimilieren, Assimilation, Assimilation, assimiliert, unassimiliert, Assimilation, Assimilations-Leitbilder. Kombiniert wird dieser Assimilationsschwall dann noch „passend“ mit der Begrifflichkeit Deutschenhasser, adressiert (natürlich anonym) an alle die sich nicht zu dem neuzeitlichen „Herren-Deutschtum“ bekennen wollen, und schon ist für einen „richtigen“ und „echten“ Stolzdeutschen die deutsche Welt wieder in bester deutscher Ordnung. Guten Tag.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  64. Max Wedell (Beitrag #54), in der Tendenz haben Sie vermutlich Recht, dass die wirtschaftlich „erfolgreicheren“ Migranten dies sehr wahrscheinlich einer besseren Anpassung an hiesige Gepflogenheiten zu verdanken haben. Insgesamt allerdings steckt in Ihren Schlussfolgerungen meiner Ansicht nach zuviel Projektion und zuwenig rationale Analyse.

    Die erste Projektion besteht darin, das von Ihnen offensichtlich präferierte Ziel einer „Assimilation“ umstandslos zum Kriterium des wirtschaftlichen Erfolgs von Migranten zu machen. Unter Assimilation wird gemeinhin verstanden, die Eigenheiten einer Herkunftskultur bis in die private Sphäre hinein aufzugeben, um dafür die Denk- und Handlungsweisen einer „Leitkultur“ anzunehmen. Man mag da zum Beispiel an assimilierte Juden im wilhelminischen Deutschen Reich denken. Es ist allerdings fraglich, ob die derart weitgehende Abkehr von einer Herkunftskultur tatsächlich eine notwendige Bedingung für wirtschaftlichen Erfolg darstellt. Eine rationale Analyse würde vermutlich eher aufzeigen, dass neben individuellen Eigenschaften (Intelligenz, Auffassungsgabe, Eigeninitiative etc.) im Wesentlichen die souveräne Beherrschung der Sprache und ein vorhandenes Verständnis für das Funktionieren der hiesigen Gesellschaft bedeutsam dafür sind. Um z.B. ein Investitionsdarlehen bei der örtlichen Sparkasse zu erhalten, muss man in der Lage sein, den Sachbearbeiter oder die Sachbearbeiterin von der Rentabilität der Investition zu überzeugen. Ob man freitags in die Moschee geht und die Speisevorschriften einhält oder samstags in das Fußballstadion und abends Bier oder Wein trinkt, ist vermutlich nachrangig. Es kann durchaus, so unerfreulich das erscheinen mag, auch ein überzeugter Antidemokrat wirtschaftlichen Erfolg haben (was nicht auf das Migrantenmilieu beschränkt ist, sieht man sich Figuren wie DVU-Gerhard Frey oder Silvio Berlusconi oder … an). Um zu wissen, wie der Zusammenhang zwischen Integration und wirtschaftlichem Erfolg aussieht, müsste man also die betreffenden Leute direkt befragen und sollte sich ansonsten mit spekulativen Annahmen eher zurückhalten.

    Die zweite (sogar doppelte) Projektion besteht darin, eine „Deutschenfeindlichkeit der Deutschen“ zum Integrationshemmnis zu erklären. Dabei projizieren sie zunächst selbst gegnerische Standpunkte in dieser und anderen Debatten hinein in den Begriff „Deutschenfeindlichkeit“ – ein politischer Kampfbegriff (siehe mein Beitrag #18), der unterschiedliche Standpunkte in verschiedenstan Sach- und Überzeugungsfragen in ein Raster von „pro-deutsch“ und „anti-deutsch“ zwingt. Und anschließend projizieren Sie die durch diesen Begriff charakterisierten Auffassungen auf die Migrantengemeinschaften in Deutschland. Leicht spöttisch (pardon) könnte man hier vielleicht anmerken, dass, wer als Migrant diese Argumentationslinie nachvollziehen kann, besser integriert sein dürfte als das Gros der autochthon-deutschen Bevölkerung. Auch hier gilt, dass man die Betroffenen besser selbst befragen sollte, wenn man über die Bedeutung von Integrationshemmnissen befinden will.

  65. Zitiere nur mal einen Satz aus der FAZ (pardon):

    Die Art und Weise wie Erdogans Partei mit Christen umgeht, ist ungefähr das, was er in Deutschland als Teufel an die Wand malt.

  66. Giordano (Beitrag #66), dass der Vorbildcharakter und die Glaubwürdigkeit des türkischen Staates hinsichtlich der Gewährung von Minderheitenrechten eher gering sind, ist in diesem Blog wohl Konsens. Da Menschenrechte aber kein „Wie du mir, so ich dir“-Spiel zwischen Nationalstaaten sind, kann man sich hierzulande durchaus an anderen Zielvorgaben orientieren.

  67. @ dreas #63

    Im Prinzip: einverstanden. Ich erinnerte mich allerdings an Formulierungen wie „Die Deutschen haben mir keine Chance gegeben.“, die aus der persönlichen Betroffenheit verständlich und nachvollziehbar sind, aber natürlich nicht zutreffen. Gemeint wären wohl deutsche Arbeitgeber (und auch nicht „die deutschen Arbeitgeber“). Es sei denn, man würde „den“ Deutschen anlasten wollen, keine Migrantenquote beschlossen zu haben oder anonymisierte Bewerbungen verhindert zu haben.

    Es erinnert mich an einen im Fernsehen herumgereichten Hartz IV-Empfänger. Ich kann, bei x Millionen Arbeitslosen und x-5 Millionen freien Arbeitsstellen damit leben, dass der eine oder andere sagt: „Ich habe keinen Bock, arbeiten zu gehen. Mit dem bisschen Stütze komme ich, bei bescheidener Lebensführung, ganz passabel über die Runden.“

    Aber wenn sich so jemand dann noch mit seiner Geschichte ins Fernsehen drängelt oder lautstark eine kräftige Erhöhung der Sätze fordert, dann meine ich: er soll die Schnauze halten.

    Etwas zu persönlich und verquast ausgedrückt: ich glaube nicht, dass mir irgend jemand etwas schuldet. Meine Kinder schulden mir keine Dankbarkeit und Arbeitgeber schulden mir keinen Arbeitsplatz, aber für beides wäre ich meinerseits dankbar. Aber das ist natürlich eine ganz andere Geschichte.

  68. Schnippsel (Beitrag #68), ja, natürlich gibt es keine konzertierte Aktion „der deutschen Arbeitgeber“ gegen Bewerber „mit Migrationshintergrund“. Aber die Summe der Individualentscheidungen begründet dennoch eine Tendenz. Die finde ich in zweierlei Hinsicht bedauerlich. Einerseits für jeden Betroffenen, der in seinem Heimatland(!) keine der Ausbildung angemessene Arbeit findet. Andererseits für die Migrantengemeinschaft insgesamt, weil es dadurch an Positivbeispielen für erfolgreiche Integration mangelt. Mit „Schuld“ oder „schuldig sein“ hat dies in der Tat nichts zu tun.

  69. Es geht mir in diesem Blog ein wenig so, wie bei einer Frage im Servicebereich des Finanzamts. „Auf diese Frage kann bzw. darf ich Ihnen nicht antworten, da es sich um einen (speziellen) Einzelfall handelt und das Finanzamt keine Steuerberatung durchführen darf.“ Gut, dann formuliere ich die Frage um, so dass es sich um eine allgemeine Frage handelt. „Auf diese Frage kann bzw. darf ich Ihnen nicht antworten, weil Sie eine allgemeine Antwort möglicherweise auf einen konkreten Fall beziehen könnten.“

    Natürlich streite ich nicht ab, dass Diskriminierung – aus den verschiedensten Motiven – erfolgt und möchte das weder beschönigen noch gar gutheissen. Ich selbst habe aus umfangreicher persönlicher Erfahrung so meine Schwierigkeit mit, nennen wir’s mal so, „südosteuropäischer“ Mentalität – z.B. finde ich das unter griechischen Männern auffallend häufig anzutreffende Machogehabe abstoßend. Bei Bewerbern würde dieses erfahrungsgestützte Vor-Urteil sicherlich eine Rolle spielen. Es ist aber nicht das Griechischsein, sondern ein Charakterzug, den ich generell ablehne.

    Ich würde vermutlich auch keine Muslima einstellen – egal ob mit oder ohne Kopftuch. Meine Erfahrungen aus unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen machen mich da a priori vorsichtig. Gerade auch das Beispiel der Mitarbeiterin des Frankfürter Bürgeramts, die sich im Laufe der Zeit soweit religiös fundamentalisiert hatte, dass sie mit Burka zum Dienst erscheinen wollte, lässt mich zusammenzucken.

    Meine unmittelbare Zusammenarbeit mit modernen jungen und weniger jungen moslemischen Frauen war immer gut. Was mich gestört hat, war das permanente Misstrauen ihrer (erfolglosen, herumlungernden) Ehemänner, die lautstark auf Türkisch geführten Diskussionen im Treppenhaus vor dem Büro, das provozierende Auftreten im Büro sobald die Frau auch nur 5 Minuten über die Arbeitszeit hinaus dablieb.

    Die Vorstellung, was passieren könnte, wenn die Frau es wagen sollte, sich von ihrem Ehemann zu trennen oder auch nur mal nach der Arbeit ohne ihren Mann auf einen Umtrunk mitzugehen, trieb mir (etwas dramatisierend ausgedrückt) den Angstschweiss auf die Stirn. Der Ehemann, der mit mehreren Cousins randalierend im Büro auftaucht und sowohl seine Frau wie die männlichen Kollegen beschimpft und bedroht!

    Andererseits kenne ich die Situation abgelehnter BewerberInnen (also die jeweiligen Einzelfälle) nicht. Vielleicht haben sie das Falsche gelernt/studiert? Vielleicht haben sie sich beim falschen Arbeitgeber beworben? Vielleicht waren sie zu unflexibel, um nach Sachsen-Anhalt umzuziehen – aber flexibel genug, nach Istanbul zu gehen? Vielleicht stimmte die Chemie oder das Rasierwasser einfach nicht? Und wenn die Erklärung eben nicht so einfach ist oder eine so einfache Erklärung nicht akzeptiert wird, kommt ganz schnell der Diskriminierungsverdacht ins Spiel.

    Aus meinen häufigen und insgesamt langjährigen Auslandsaufenthalten kenne ich das Problem aus eigenem Erleben sozusagen von der anderen Seite. Allerdings bin ich inzwischen überzeugt, dass ich mir aus einer gewissen Unsicherheit heraus (trotz perfekter Fremdsprachenkenntnisse) den Großteil der vermeintlichen Diskriminierungen schlicht eingebildet habe. Selbsterfüllende Prophezeiung.

    Ziemlich schnell hatte ich mich an die Verhunzungen meines Namens gewöhnt. Ab dann nahm ich es sportlich und nicht mehr als böswillige oder auch nur nachlässige Herabsetzung. Irgendwie hatte ich anfangs wohl gehofft, ich würde wie Mr. Langlois im Werbespot der CCF/HSBC [1] als „Premiumkunde“ behandelt werden.

    (Dass meine Bemerkungen insoweit etwas hinken, als dass die Situation eines in Deutschland geborenen Migranten nicht mit der eines kurzzeitig ins Ausland Übergesiedelten vergleichbar ist, ist mir bewusst.)

    Für mich ist an dieser Stelle EOT (End Of Topic / End Of Thread) für unser Zwiegespräch, zumal wir ja auch schon wieder ziemlich weit vom Thema „Erdogan“ entfernt sind.

    [1] http://www.youtube.com/watch?v=XXiboYG2OGI
    In diesem Spot wird Monsieur Langlois z.B. mit Langui, Lango, Liglou oder Lagla angeredet.

  70. Ich will hier auch nichts unnötig auswalzen, aber ein abschließender kleiner Hinweis sei mir gestattet. Ohne jetzt eine konkrete Quelle dafür anführen zu können, meine ich, schon einmal dokumentiert gesehen zu haben, dass ein türkischer Nachname auf einer Bewerbung, unabhängig von deren sonstiger Qualität, die Chancen auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch drastisch mindert. Es ist ein ähnlicher Mechanismus wie bei der ab 30 oder spätestens 35 beginnenden Altersdiskriminierung bei Stellen für Hochschulabsolventen. Und auch dort das gleiche Fazit – individuell möglicherweise nachvollziehbar, in der Tendenz bedauerlich und aus gesamtgesellschaftlicher Sicht eher ungünstig. Damit mag es dann auch zu diesem Thema gerne genug sein.

  71. Mich würde das nicht wundern, wenn es so wäre. So mag es sicher Deutsche geben, die Immigranten als „Gastarbeiter“ sehen, d.h. deutschstämmige Bewerber daher bevorzugt behandeln, denn die werden nun mal als „die eigenen Leute“ wahrgenommen. Immigranten haben eine Chance, wenn „die eigenen Leute“ versorgt sind, oder von den „eigenen Leuten“ keiner das gesuchte Profil hat, eine ganz normale Sache.

    Des weiteren haben türkischstämmige Personen aus den bekannten Gründen kein besonders gutes Image, und das ist nunmal so in einer Situation des Arbeitskräfteüberangebots, daß Personalverantwortliche Kriterien suchen, nach denen vorsortiert werden kann, und das Risiko, daß der Bewerber dem üblichen Image tatsächlich oder auch nur teilweise entspricht, als eines der Vorsortierkriterien heranziehen. Daß das im Einzelfall ungerecht sein kann, nämlich wenn der Bewerber dem Negativ-Image ÜBERHAUPT NICHT entspricht, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Darüber kann man als Betroffener herumjammern, man kann es aber auch als besonderen Ansporn verstehen.

    Jedenfalls ist es weltweit üblich, von Zuwanderern auf dem Arbeitsmarkt erst einmal höhere Leistungen zu erwarten und höhere Ansprüche zu stellen bzw. „die eigenen Leute“ zu bevorzugen. Und daß man Türkischstämmige hierzulande noch nicht verbreitet als „eigene Leute“ auffasst, ist EIN DIREKTES RESULTAT ihrer verbreiteten Assimilationsverweigerung.

    Daß Assimilation und die Möglichkeit des Erfolges in der Gesellschaft eng zusammenhängen ist keine „spekulative Annahme“. Einer der wichtigsten Bausteine der Assimilation ist die Identifikation mit der Gesellschaft, der Wunsch, Teil der Gesellschaft zu sein. Dieser Wunsch fehlt schonmal bei vielen türkischen Migranten. Es gibt zwei Grundhaltungen, die ein Migrant einnehmen kann:

    a) Wunsch, Teil der Gesellschaft zu werden, in die man migriert (d.h. sich weitgehend zu assimilieren)
    b) In der Fremde Wohlstandsvorteile abschöpfen und ansonsten der Heimat verhaftet, wenn möglich „unter sich“ zu bleiben.

    Aus der Haltung b) heraus kann es überhaupt nicht zu „souveräner Beherrschung der Sprache“ oder „Verständnis für das Funktionieren der hiesigen Gesellschaft“ kommen, die hiesige Gesellschaft und ihre Sprache interessiert ja in dem Fall einen Dreck, bzw. allenfalls nur so weit, daß man sich und den seinen die Wohlstandsvorteile sichern kann. „Lanetlemek Ben Almanca kursuna gitmedim eğer ALG II kısaltılır. Iyi o zaman ben hala gritted dişlerinin geçmesi gerekiyor.“ („So ein Mist, wenn ich nicht in den Deutschkurs gehe, wird ALG II gekürzt. Na da muß ich dann doch zähneknirschend hingehen.“)

    Was Sie ansonsten anführten, ob jemand in die Moschee geht oder Bier trinkt, ist doch völlig irrelevant. Die Forderung nach Assimilation bedeutet ja nicht, daß ein Muslim seinen Glauben aufgeben muß (genausowenig muß sich ein Deutscher, der dem Buddhismus anhängt, assimilieren, indem er sein Interesse am Buddhismus ablegt), allerdings bedeutet sie schon, daß er sich soweit assimiliert, daß der hier übliche Vorrang weltlicher Regeln vor den religiösen anerkannt wird, sich also eine soweit säkularisierte Haltung aneignet, daß es im täglichen Leben nicht zu Störungen oder Behinderungen kommt (auch z.B. durch übertrieben ausgelebte Rituale). Das Gegenteil, d.h. positive Beeinflussungen aus der religiösen Grundhaltung heraus sind hingegen gern gesehen. Allerdings ist mir nicht aufgefallen, daß Muslime hierzulande den Ruf einer besonderen, aus religiösen Quellen stammenden Menschenfreundlichkeit o.ä. haben, ich habe also keine besonderen Hoffnungen in dieser Hinsicht.

    Und was Bier oder Wein angeht… es gibt auch deutsche Anti-Alkoholiker, von denen keiner behaupten wird, sie wären nicht „assimiliert“, weil sie kein Bier trinken. Assimilation ist also schon was anderes, als was Sie sich darunter vorzustellen scheinen.

  72. Max Wedell, Ihr letzter Beitrag ist ein exzellentes Beispiel für die Wirkmächtigkeit von Vorurteilen. Sie schreiben vom „nicht besonders guten Image“, das türkischstämmige Personen „aus den bekannten Gründen“ hätten – zuverlässig die sozial schlechter gestellten Teile der hiesigen türkischstämmigen Gemeinschaft im Blick. Und zu den Diskriminierungsgründen fällt ihnen zuerst ein, dass Immigranten nun einmal nicht als „die eigenen Leute“ wahrgenommen würden, was „eine ganz normale Sache“ sei.

    Nun ging es aber in der kleinen Diskussion zwischen Schnippsel und mir speziell um diejenigen gut ausgebildeten (Architekten, Ingenieure, Naturwissenschaftler, gerne auch promoviert), demzufolge auch bestens „integrierten“, oft die deutsche Staatsbürgerschaft besitzenden Menschen, deren einziger „Makel“ ihr türkischer Name ist, und die darum in ihrer realen Heimat Deutschland doch nur als „die Gastarbeiter“ wahrgenommen werden, die nun mal nicht „die eigenen Leute“ sind. Ganz normal halt… Nur dass sich dann irgendwann die Frage stellt, warum sich denn diese Menschen „integrieren“ oder gar „assimilieren“ sollten. Besonders „charmant“ in diesem Kontext ist es, diese gut integrierten Menschen für eine angeblich „verbreitete Assimilationsverweigerung“ haftbar zu machen. Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie hier Borniertheit und Ignoranz zum Normalbestandteil der deutschen Leitkultur erklären? Daran sollte man sich anpassen wollen?

    Für den Begriff „Assimilation“ hatte ich in Beitrag #65 geliefert: a) eine Kurzdefinition, b) ein historisches Beispiel und c) einige illustrierende Aspekte. Sie greifen in Ihrer Replik leider nur den im Vergleich unwichtigsten Punkt c) auf und verwenden den Begriff „Assimilation“ selbst ohne klare Definition – aus Ihrer Antwort geht nur hervor, dass Assimilation „schon was anderes“ sei als ich mir „darunter vorzustellen scheine“. Wohlan, demnach wird also unter „Assimilation“ nicht gemeinhin verstanden, die Eigenheiten einer Herkunftskultur bis in die private Sphäre hinein aufzugeben, um dafür die Denk- und Handlungsweisen einer “Leitkultur” anzunehmen? Und die „assimilierten“ Juden im wilhelminischen Deutschen Reich sind kein geeignetes historisches Beispiel dafür? Ich bin gespannt auf Ihre Alternativvorschläge.

    Wenn Sie allerdings tatsächlich davon überzeugt sind, es gebe lediglich „zwei Grundhaltungen, die ein Migrant einnehmen kann“ (Assimilation oder Abschottung – in Ihrer Vorstellung automatisch kombiniert mit Abzockertum), ist das meiner Auffassung nach dermaßen kontrafaktisch, dass für eine weitere Diskussion damit keine Basis mehr gegeben wäre.

  73. @dreas,

    zunächst einmal kurz noch eine Liste dessen, was „normale Sache“ ist, und zwar weltweit und in allen Kulturen:

    a) Fremden gegenüber gibt es eine Fremdenscheu
    b) Zugezogene werden nicht sofort nach zuziehen als zur eigenen Gruppe gehörig angesehen, und dieses Zugehörigkeitsgefühl entwickelt sich auch mit der Zeit desto langsamer, je mehr die Zugezogenen auf Beibehaltung dessen bestehen, was sie in den Augen der Einheimischen fremd macht
    c) Mitglieder, die als der eigenen Gruppe zugehörig empfunden werden (d.h. auch die ausreichend angepassten Zugewanderten) werden bei der Verteilung von Ressourcen gegenüber jenen, die als der eigenen Gruppe nicht zugehörig empfunden werden, bevorzugt

    Wenn in D eine jahrzehntelange Gehirnwäsche dahingehend gewirkt hat, daß heute manche in Panik ausbrechen, wenn sich diese ganz normalen (im Sinne von zutiefst MENSCHLICHEN) Verhaltensweisen im täglichen Leben zeigen, dafür kann ich nichts. Diese Eigenschaften gar als „borniert“ und „ignorant“ zu bezeichnen halte ich für ziemlich lächerlich. Sie hören möglicherweise in einer Situation des allgemeinen Wohlstands, ja des Überflusses auf, überlebenswichtig zu sein. Über Jahrmillionen der menschlichen Stammesgeschichte entwickelte Verhaltensprogramme können aber mit einem Fingerschnippen nicht beseitigt werden, auch wenn sich mancher das wünscht, bzw. selbst wenn es im Einzelfall wünschbar wäre.

    Des weiteren ist auch die Eigenschaft der Verallgemeinerung eine zutiefst menschliche Eigenschaft. Wenn Sie 100 Personen hätten, davon 80 von ALG II lebend und 20 arbeitende Akademiker (hat nichts mit irgendwelchen realen Verhältnissen zu tun, nur der Einfachheit halber), dann neigen die Menschen dazu, diese Gruppe als „die Arbeitslosen“ zu sehen. Das ist nunmal so. Natürlich ist es in solchen Fällen legitim, sogar vielleicht geboten, auf die 20 Akademiker hinzuweisen… aber andererseits wäre es auch falsch, so zu tun, als gäbe es nur Akademiker in dieser Gruppe, oder die Akademiker überzubetonen, um den Fokus der Aufmerksamkeit möglichst von den ALG II-Beziehern zu nehmen.

    Die Aufgabe von Personalverantwortlichen ist es, Risiken zu minimieren. Nicht alle Risikofaktoren sind den Bewerbungsunterlagen zu entnehmen (genauso wie auch alles, was sich positiv fürs Unternehmen auswirken könnte, den Berwerbungsunterlagen entnehmbar ist). Personalverantwortliche extrapolieren daher teilweise, und glauben dann in Einzelfällen auch bestimmte Risiken aus einer Migrationsherkunft erkennen zu können, evtl. auch aus ihren konkreten Erfahrungen heraus. Es ist ebenfalls nicht „ignorant“ oder „borniert“, Risiken minimieren zu wollen und dabei zuwenig Zeit zu haben, alle Bewerber ungefiltert einzuladen, um sich von den Qualitäten jedes einzelnen persönlich zu überzeugen.

    Sie können ja mal entsprechende Gleichgesinnte in eine größere Gruppe sammeln, in irgendein Land auswandern (in das man sie hineinlässt), kaum bis kein Vermögen mitnehmen, sich im Zielland weitgehend abkapseln, und eine ähnliche Verteilung sozio-ökonomischer Parameter an den Tag legen wie die türkischstämmigen Einwanderer. Wenn Sie glauben, dort wäre die Reaktion der Einheimischen anders, haben Sie möglicherweise recht… sie wäre möglicherweise weit unangenehmer als die hiesige. Wie unangenehm die Reaktion ist, hängt in hohem Maße vom Wohlstandsniveau ab, sowie von der Kulturdifferenz zur einheimischen (dem Grad der „Fremdheit“). In einem Land knapper Ressourcen und bei hoher Kulturdifferenz, d.h. ausgeprägterem Antagonismus, besteht die Gefahr von Verteilungskämpfen, die in einem Land mit Ressourcen im Überfluß bzw. geringerer Kulturdifferenz nicht in gleichem Maß besteht. Wird es künftig Probleme mit dem Wohlstand in Deutschland geben (und das ist in meinen Augen absehbar), dann sind solche Verteilungskämpfe zu erwarten, solange es dann immernoch um die Assimilation Eingewanderter, besonders solcher mit hoher gelebter Kulturdifferenz zur unseren, so bestellt ist wie heute, nämlich durchschnittlich eher ziemlich schlecht.

    Unter totaler Assimilation versteht man vielleicht gemeinhin, die Eigenheiten einer Herkunftskultur bis in die private Sphäre hinein aufzugeben, aber totale Assimilation verlangt ja keiner. Auch Deutschstämmige haben eine große Bandbreite an kulturellen Gewohnheiten und Interessen, sie weichen nahezu alle von „dem Deutschen“ ab, den sich mancher so idealtypisch vorstellt. Es macht keinen Sinn, beim Zugewanderten auf einer spezifischen Anpassung zu bestehen (z.B. „Christ zu sein bzw. zu werden, wenn man es nicht ist“), die von Eingesessenen selber gar nicht erwartet wird.

    Was Sie mir ständig mit dem Beispiel der Juden im wilhelminischen Reich sagen wollen ist mir völlig unklar. Daß weitgehende oder totale Assimilation (ich kenne nicht das damalige Ausmaß der Anpassung) möglich ist, wenn die Betreffenden dazu bereit sind oder es wünschen? Oder was genau?

  74. Max Wedell, ich zitiere aus der deutschsprachigen Wikipedia, Artikel „Assimilation (Soziologie)“: „Üblicherweise wird mit der Assimilation von Einwanderern die Annahme der Sprache (bei gleichzeitiger Aufgabe ihrer eigenen) und der Gebräuche ihres Aufnahmelandes verbunden. So wird, z. B. in Bezug auf das 19. Jahrhundert, auch von einer Assimilation eines Teiles der Juden in die Mehrheitsgesellschaften ihrer Heimatländer gesprochen.“ (Meinen Beitrag #65 hatte ich allerdings formuliert, bevor ich den Wikipedia-Artikel gelesen hatte – inhaltliche Übereinstimmungen sind also hier nicht auf ein Plagiat zurückzuführen.) Der besagte Artikel enthält weiterhin Verweise auf die anerkannten wissenschaftlichen Definitionen des Begriffs, aber so etwas wie „totale Assimilation“ findet sich auch dort nicht. Wäre es nicht besser, Sie folgten in nicht-wissenschaftlichen Diskussionen wie dieser dem weithin akzeptierten Konsens, dass es hier und heute um eine „Integration“ der Migranten in die hiesige Gesellschaft geht?

    Was ich Ihnen mit dem Beispiel der Juden im wilhelminischen Reich sagen wollte (einmal in Beitrag #65 und diesen zitierend noch einmal in Beitrag #73)? Nun, ich habe auf ein herausragendes historisches Beispiel für „Assimilation“ im soziologischen Sinn verwiesen, um meine Begriffsdefinition zu erläutern. Mehr zunächst einmal nicht. Man könnte natürlich, wenn man wollte, den Faden weiterspinnen, indem man sich anschaut, was den assimilierten Juden ihre Assimilation gegen die Verfolgung durch überzeugte Antisemiten genutzt hat – wenig bis gar nichts.

    Die von Ihnen als „ganz normal“, „menschlich“ und als gleichsam allgemeingültig wie überzeitlich beschriebenen Verhaltensweisen einer Mehrheitsgesellschaft (Fremdenscheu usw.) sind bei genauerer Betrachtung Verhaltensmuster einer vormodernen Dorfgemeinschaft. Gewissermaßen das Gegenstück zu manchen Abschottungstendenzen in Teilen der Migrantenmilieus. Nur dass Sie diese Verhaltensmuster bei den „eigenen Leuten“ auch dort global entschuldigen und sogar rechtfertigen, wo sie im Widerspruch zu den Ideen einer offenen demokratischen Gesellschaft stehen. In diesem Sinne bestehen Borniertheit und Ignoranz nicht darin, Fremdenscheu usw. möglicherweise zu empfinden, sondern darin, ihr unreflektiert nachzugeben, obwohl man es besser wissen könnte, ja müsste.

    Ich würde gerne noch einmal herausstellen, dass es in der kleinen Teildiskussion zwischen Schnippsel und mir um bestens integrierte, gut ausgebildete Menschen türkischer Abkunft (oft in Deutschland geboren und mit deutscher Staatsangehörigkeit) ging, die wegen ihrer türkischen Abkunft Nachteile erfahren und gleichsam für die Integrationsfähigkeit der gesamten türkischstämmigen Bevölkerung in Haftung genommen werden. In ihrer Replik beziehen Sie sich auf „eine größere Gruppe, die in ein Land auswandert, in das man sie hineinlässt, kaum bis kein Vermögen mitnimmt, sich im Zielland weitgehend abkapselt und eher den wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungsteilen angehört“ (sinngemäß zitiert). Was ist dies anderes als ein wirkmächtiges Vorurteil?

    Den Faden von weiter oben aufgreifend könnte man sich nun also fragen, was „der Fremde“ denn nun tun muss, um nicht mehr als „fremd“ behandelt zu werden. Offensichtlich reichen weder Geburtsort noch Staatsangehörigkeit noch Bildungserwerb aus, so lange sich noch irgendeine Verknüpfung zum „unerwünscht Fremden“ her- oder vorstellen lässt. Aber da das keine neuen Fragen sind, folglich keine neuen Antworten zu erwarten sind und die Diskussion sowieso inzwischen auf den üblichen eingefahrenen Gleisen verläuft, könnte man an dieser Stelle ohne wesentlichen Erkenntnisverlust auch Dissens konstatieren und abbrechen. In diesem Sinne einen schönen Sonntag allen, die hier noch mitlesen!

  75. @dreas,

    natürlich gibt es auch im von Ihnen genannten Artikel die Möglichkeit der Assimilation in Abstufungen, von „kaum“ über „weitgehend“ bis „total“:

    „Die Definition von Assimilation, die den heutigen Stand der Forschung zusammenfasst, stammt von J. Milton Yinger: […] Wenn wir Assimilation jedoch als Variable ansehen, was meiner Ansicht nach unser Verständnis vertieft, stellen wir fest, dass Assimilation von den bescheidensten Anfängen von Interaktion und kulturellem Austausch bis hin zur gründlichen Verschmelzung der Gruppen reichen kann.“

    Wenn zwei Niedersachsen vor Jahrzehnten nach Köln umgezogen sind, und der eine feiert freudig den Karneval mit, der andere hält sich abseits, dann ist der eine weitgehend an die Westfalen assimiliert, der andere total (wenn man mal Übereinstimmung in allen anderen Gebräuchen, Dialekten usw. postuliert) Ich finde schon, daß es Sinn macht, Unterschiede im Assimilationsgrad zu sehen, und nicht, wie Sie, zu behaupten: Assimilation gibt es nur gänzlich oder gar nicht.

    „Integration“ verwende ich als Begriff ungern, weil er überhaupt keine Aussage zur Assimilation macht, mir aber letzteres wichig ist. In einer Diskussion zum Begriff „Integration (Soziologie)“ bei Wikipedia wird dies deutlich:

    „Integration ist die Eingliederung einer Minderheit in eine grössere Mehrheit ohne dass diese ihre Kultur, Sprache, Religion oder Lebensgewohnheiten aufzugeben gezwungen ist. Das Gegenteil davon ist Assimilation.“

    (Völlig richtige) Beanstandung: „Das ist schlichtweg falsch. Integration kann durch Assimilation (Anpassung der verschiedenen Gruppen aneinander, was in der Tat meistens auf eine Anpassung der Minderheiten an die Mehrheit hinausläuft) oder ohne Assimilation erfolgen (ist da aber extrem selten).“

    Ähnlich sehe ich das auch: Integration ohne Assimilation ist unmöglich, die zentrale Frage sollte daher nicht sein, ob Assimilation überhaupt nötig ist, sondern wieviel und welche Assimilation nötig ist und eingefordert werden muß. Sie formulieren ja auch ganz richtig: „Was muß „der Fremde“ denn nun tun, um nicht mehr als „fremd“ behandelt zu werden.“ und fordern ferner ja auch, daß die Sprache, eine wichtiger Bestandteil jeder Assimilation, erlernt werden muß.

    „Integration“ jedenfalls ist deswegen auch ein Begriff, den ich meide, weil durch die Interpretationshoheit jener Deutschen, die die von mir weiter oben genannten individualpsychologischen Befindlichkeiten (des Bedürfnisses nach Demonstration einer Großherzigkeit, die allerding oft in Selbsterniedrigung, Selbstverleugnung abrutscht, bzw. nach Einschmeichelung beim Fremden usw.) haben, die Bedeutung völlig verzerrt ist… Integration ist mittlerweile nach dem allgemeinen Verständnis etwas, was von den Einheimischen ganz viel, und von den Migranten, neben der Sprache (und oft sogar nichtmal die, siehe Sarah), kaum etwas verlangt.

    Ansonsten neigen Sie auch zur allgemein weitverbreiteten Falschinterpretation von statistischen Befunden, von denen man nur mal so in einem Satz ein Kurzergebnis aufschnappt. Hängengeblieben ist bei Ihnen: „Dass ein türkischer Nachname auf einer Bewerbung, unabhängig von deren sonstiger Qualität, die Chancen auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch drastisch mindert“… sodaß Sie sich in dieser Diskussion jetzt bemüssigt fühlen, das so darzustellen, als wären türkischstämmige Personen am Arbeitsmarkt massiv benachteiligt.

    Ich nehme an, die Studie, auf die Sie sich beziehen, ist die vom Institut zur Zukunft der Arbeit (IFA)/Universität Koblenz, die im letzten Jahr durch die Medien ging… eine andere ist mir dazu nicht bekannt.

    Im Rahmen dieser Studie wurden 1000 fiktive Bewerbungen verschickt, mal mit türkischem Namen, mal mit deutschem Namen, aber ansonsten identisch, und dann die positiven Antworten (Bewerbungsgesprächsangebote etc.) gemessen. Hier das Ergebnis:

    Deutsche Namen: 41,8% positive Rückläufer
    Türkische Namen: 32,5% positive Rückläufer

    Es ist also mitnichten so, daß ein türkischer Bewerber praktisch chancenlos ist, wie Sie das ständig implizieren. Ebenso ist es mehr als fragwürdig, bei um 14% verringerten Chancen von „drastisch geminderten Chancen“ zu reden, wie Sie das tun. Warum haben Sie diese Studie so in Erinnerung, daß sie von „drastischer Chancenminderung“ reden? Zwei Möglichkeiten gibt es: a) Die Medien haben es Ihnen so verkauft b) Sie haben es unbewußt dahingehend aufgeblasen, weil es einer inneren Erwartungshaltung von Ihnen entspricht, Deutsche für eher „borniert“ und „ignorant“ zu halten… ich will es Ihnen nicht unterstellen, daß es Ihnen sogar eine heimliche Freude bereitet, die Deutschen so zu sehen, das könnte ich nur bei gewissen anderen Teilnehmern hier, da aber ohne zu zögern.

    Daß ein Türke dann auch gar nichts mehr machen kann, weil er ist ja nunmal fremd, stimmt ja auch nicht. Diese um 14% niedrigeren Chancen könnte man z.B. durch 14% mehr Leistung versuchen auszugleichen (ich nannte das weiter oben: „Besonderer Ansporn“… ein Konzept, daß weltweit verbreitet (nur nicht in D) von Immigranten erwartet wird, nämlich HÖHERE Leistungen als die Einheimischen zu bringen (wie es z.B. durch harte, in D nicht durchsetzbare Einwanderungsbedingungen in Kanada erzwungen wird, nämlich im SELEKTIONSwege). Wird das von Migranten verbreitet umgesetzt, ist auch ein eventuell vorhandenes schlechtes Image gegenüber der Untergruppe einer Ethnie, die einwanderte, bald passé. Von einem VERBREITETEN Umsetzen dieser Idee: „Wir als Einwanderer müssen besondere Leistungen bringen, müssen die Anerkennung der Einheimischen verdienen, müssen das Image auch für Einwanderer der gleichen Ethnie mitbestimmen und ins Positive rücken“ kann ich bei Einwanderern aus der Türkei und den arabischen Ländern jedenfalls nichts erkennen, was nicht bedeutet, daß es nicht ein vereinzeltes, individuelles Leben nach dieser Idee gibt. Aber warum sollte es auch verbreitet umgesetzt bzw. angestrebt werden… die Deutschen scheinen es ja gar nicht zu verlangen? Wenn wir uns zurücklehnen und jammern, daß wir keine Chancen haben, Ausländerfeindlichkeit blah blah, dann werden die Deutschen ja ganz kleinlaut und setzen ihre Betroffenheitsmine auf… reicht doch, ist doch am bequemsten, oder nicht?

    Selbst was die Bewerbungen angeht: Um die besseren Leistungen könnte man sich drücken. Die Studie stellte nämlich folgendes fest: Wird den Bewerbungen noch ein Empfehlungsschreiben früherer Arbeitgeber beigelegt, sind die Rückläuferergebnisse wie folgt:

    Deutsche Namen: 37,4% positive Rückläufer
    Türkische Namen: 36,9% positive Rückläufer

    Die „Borniertheit“ der Deutschen (Personalverantwortlichen) hat sich in Luft aufgelöst, nachdem in einer Situation mit mangelhafter Information, bei der dann allerdings Bauchgefühle mitbestimmen, weitere Information hinzukam.

  76. @ Schnippsel/Max Wedell

    In Bezug auf Muslime argumentieren Sie hier im Blog immer vehement (und zu Recht), dass in unserer Gesellschaft kulturelle und religiöse Traditionen dort ihre Grenzen finden, wo sie gegen Werte des Grundgesetzes verstoßen. Die Benachteiligung von Bewerbern mit türkisch klingenden Namen rechtfertigen Sie mit kulturellen Traditionen (die Bevorzugung „eigener Leute“ sei in jeder Gesellschaft natürlich) oder „Zweckmäßigkeits“begründungen (schlechte Erfahrungen mit Ausländern), obwohl die Diskriminierung wegen Abstammung einen eindeutigen Verstoß gegen unser Grundgesetzt darstellt. In der Verfassung steht nichts davon, dass diese Grundgesetzbestimmung nur für „assimilierte“ Migranten gilt.

  77. Max Wedell, ich hatte diese Diskussion meinerseits ja bereits abgeschlossen, möchte aber nun doch noch drei kurze Anmerkungen ergänzen.

    Ich hatte den Begriff „Assimilation“ rein beschreibend und erklärtermaßen gemäß dem üblichen, nicht wissenschaftlich ausdifferenzierten Verständnis verwendet. Sie werfen mir nun zum wiederholten Mal ein mangelndes Verständnis dieses Begriffs vor, während Sie selbst „Assimilation“ von Migranten einfordern, ohne bislang auch nur einmal positiv zu definieren, was Sie denn darunter verstehen. Für eine saubere Argumentation halte ich das nicht.

    Zum zweiten nehmen Sie eine von mir in aller Vorsicht und indirekt formulierte Äußerung (Beitrag #71: „Ohne jetzt eine konkrete Quelle dafür anführen zu können, meine ich, schon einmal dokumentiert gesehen zu haben, dass ein türkischer Nachname auf einer Bewerbung, unabhängig von deren sonstiger Qualität, die Chancen auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch drastisch mindert“) zum Anlass, mir eine stark gestörte Realitätswahrnehmung zuzuschreiben („Es ist also mitnichten so, daß ein türkischer Bewerber praktisch chancenlos ist, wie Sie das ständig implizieren. Ebenso ist es mehr als fragwürdig, bei um 14% verringerten Chancen von ‚drastisch geminderten Chancen‘ zu reden, wie Sie das tun. Warum haben Sie diese Studie so in Erinnerung, daß sie von ‚drastischer Chancenminderung‘ reden? Zwei Möglichkeiten gibt es: a) Die Medien haben es Ihnen so verkauft b) Sie haben es unbewußt dahingehend aufgeblasen, weil es einer inneren Erwartungshaltung von Ihnen entspricht, Deutsche für eher ‚borniert‘ und ‚ignorant‘ zu halten…“). Man könnte das vielleicht noch höflich als „Überinterpretation“ ansehen. Eine saubere Argumentation erkenne zumindest ich jedoch auch hier nicht.

    Ich sehe deswegen keinen großen Sinn mehr in einer weiteren Diskussion, weil es anscheinend nicht möglich ist, Kritikpunkte zum Umgang der deutschen Gesellschaft mit Migranten zu erörtern, ohne dass dies Ihrerseits wortreich in den Zusammenhang eines „Bedürfnisses nach Demonstration einer Großherzigkeit, die allerdings oft in Selbsterniedrigung, Selbstverleugnung abrutscht, bzw. nach Einschmeichelung beim Fremden usw.“ gestellt wird. Salopp gesagt – da sind mir zu viele feste Verdrahtungen in der Argumentation, und es macht mir nur begrenzt Freude, immer wieder den virtuellen Saitenschneider bemühen zu müssen. Wie schon gesagt – der Dissens ist konstatiert, etwaige Mitleser mögen sich ihr eigenes Bild machen.

  78. @Abraham,

    „Die Benachteiligung von Bewerbern mit türkisch klingenden Namen rechtfertigen Sie mit kulturellen Traditionen (die Bevorzugung „eigener Leute“ sei in jeder Gesellschaft natürlich)“…

    Ich würde zunächst mal nicht sagen, daß das „kulturelle Traditionen“ sind, sondern es gehört eher zu den menschlichen Universalien, da ihre Ursache schon im Instinktapparat des Menschen vorliegt. Dies ist der Grund, warum ich „das ist doch ganz normal“ schrieb, unabhängig von irgendwelchen Gesetzen.

    Dann ist dieser Aspekt (es gibt ja auch noch andere) zunächst eine von mir vorgebrachte ERKLÄRUNG. Wer andere, bessere Erklärungen für die Unterschiede bei der Reaktion auf die Bewerbungen hat, oder diese Erklärung für nicht vernünftig hält, kann das ja sagen. „Es kann nicht sein, was nicht sein darf“, sollte bei der Suche nach Erklärungen eigentlich keine Rolle spielen.

    Aber Sie haben natürlich recht, es gibt hier mögliche Konflikte mit Gesetzen… Letztendlich gibt die Studie ja aber auf die tatsächlichen Ursachen überhaupt keine Antwort. Daß bei den erweiterten Bewerbungen kein Unterschied mehr festzustellen war, deutet ja darauf hin, daß es eine ausgesprochene Fremdenfeindlichkeit aus Prinzip ja nicht gibt. Auch die von mir geäußerte Deutung, daß die Neigung vielleicht eine Rolle spielt, bei knappen Resourcen diese „den eigenen Leuten (d.h. jenen, die so wahrgenommen werden)“ zuzuschanzen, ist ja vor dem Hintergrund der Befunde der erweiterten Bewerbung (die ich nicht kannte, als ich die Hypothese aufstellte) wieder eher unwahrscheinlicher geworden, denn diese Neigung würde ja auch bei den erweiterten Bewerbungen vorhanden sein. Unschärfebetrachtungen der Studie mal beiseitegelassen, die kann ich momentan nicht beurteilen.

    @dreas,

    wenn ich bemerkte, daß Sie eine praktische Chancenlosigkeit eines türkischen Bewerbers „ständig implizierten“, so bezog ich mich doch nicht alleine auf #71, sondern auch auf #73 („diese gut integrierten Menschen für eine angeblich “verbreitete Assimilationsverweigerung” haftbar zu machen“) und #75 („die wegen ihrer türkischen Abkunft Nachteile erfahren“)… vielleicht habe ich Sie überinterpretiert, aber mein Eindruck war, daß hinter Ihren Argumentationen nicht die Überzeugung stand, daß es in der Bewerbungsthematik geringfügige Nachteile gibt, die aber verkraftbar sind, sondern eher, daß es schon erhebliche Nachteile sind, die nicht mehr hinnehmbar sind. Über erhebliche Nachteile kann man ja diskutieren, wenn man Sie nachweisen kann, diese Studie taugt aber in meinen Augen nicht dazu, denn die gefundenen Unterschiede halte ich nicht für ausreichend erheblich (vor dem Hintergrund aller Erklärungsmöglichkeiten).

    Was meine „wortreichen Erklärungen“ angeht (die Bezug auf das von mir in #56 Gesagte sein sollten, und weniger auf Sie gemünzt waren, sondern aus meiner Sicht eine verbreitete Befindlichkeit beschrieben, die u.a. dann auch beeinflusste, wie der Begriff „Integration“ hierzulande verbreitet verstanden wird, nämlich ziemlich einseitig zu Lasten der Mehrheit)… wenn Sie der Meinung sind, diese besonderen Befindlichkeiten gäbe es nicht, können Sie das ja sagen… wenn Sie Sie teilweise auch sehen, aber nicht in der Verbreitung wie ich, können Sie das auch sagen… wenn Sie gar nichts dazu sagen wollen, was mir der Fall zu sein scheint, können Sie sogar auch das.

    Ich halte mich für einen Realisten. Wenn plötzlich und zu bestimmten Themen Menschen massenhaft den Eindruck abgeben, nur aus einer bloßen Güte heraus motiviert zu sein (und dann, bei Licht betrachtet, zu Verhalten motiviert scheinen, das am Ende ihnen selber schadet), werde ich nachdenklich. Ich glaube dann weniger, daß die üblichen Erziehungsmethoden hin zum Gutsein, wie es sie z.B. im Christentum schon in langer Tradition gibt, plötzlich und ganz überraschend phänomenale Erfolge zeitigten, sondern ich hinterfrage die allgemeine Motivlage. Das eckt natürlich an, denn man möchte die Menschen ja als im Herzen gut sehen, und will nicht hören, daß womöglich hinter diesem oder jenem Phänomen diese oder jene individual- oder massenpsychologische Ursache steht. Zur Erklärung der hierzulande verbreiteten Neigung, von Migranten bis auf den Spracherwerb nur marginale Anpassungen zu verlangen, reicht mir persönlich eben nicht: „diese Deutschen sind halt nett und freundlich“.

  79. @ Max Wedell

    Die Neigung von Minderheiten, ihre Gruppenidentität zu wahren, gehört ebenso zu „den menschlichen Universalien“, aber zu Ihrer Forderung nach „Assimilation“ hat dreas schon genügend geschrieben. Auch wir hatten schon dazu einen fruchtlosen Meinungsaustausch.

    „Ich würde vermutlich auch keine Muslima einstellen – egal ob mit oder ohne Kopftuch“, schreibt unter # 70 Schnippsel. Zählen Sie auch diese Äußerung „eher zu den menschlichen Universalien“? Halten Sie bei einer so eklatanten Missachtung des Grundgesetzes die von Schnippsel mehrfach ergangene Ermahnungen der Muslime, sich an die Grundordnung zu halten, für glaubwürdig?

  80. @Abraham,

    wenn die verbreitete Verteufelung von Assimilation in Verbindung mit der Auffassung, es könne sie nur total oder gar nicht geben, in einigen Köpfen ein wenig erschüttert wäre, dann fände ich das jedenfalls gar nicht so fruchtlos. Ohne Assimilation geht es nicht, und die Frage ist nur, in welchen Bereichen und wie weit.

    Wieso soll ich behaupten, Schnippsels persönliche Einstellung in dieser Frage der Einstellung von Muslimen gehöre zu den menschlichen Universalien, wenn er doch genau begründet hat, wieso er diese Einstellung hat? Seine Begründung leitet sich aus persönlichen Erfahrungen ab, und die einzige „menschliche Universalie“, die ich dabei erkennen kann, ist die Neigung des Menschen, aus persönlichen Erfahrungen Lehren zu ziehen, die künftige Entscheidungen dann mit beeinflussen. Das ist aber eine Universalie, die eine ganz allgemeine Eigenschaft des Menschen ist und daher auch allgemein wirkt, d.h. nicht nur in den Fällen, bei denen Gruppenidentität eine Rolle spielt.

    Die Frage ist nun, können Sie nachvollziehen, was Schnippsel als Erklärung brachte oder nicht? Ganz abseits vom Grundgesetz wäre jedenfalls ein eindeutiger und erwiesener Gutmensch derjenige, der sich darüber aufregte, wenn Deutsche aus persönlichen negativen Erfahrungen heraus eine verallgemeinerte ablehnende Haltung zu bestimmten Einwanderergruppen entwickeln, und gleichzeitig aber eine verallgemeinerte ablehnende Haltung bei Einwanderern gegenüber Deutschen mit verbreiteten, persönlichen negativen Erfahrungen erklärt, was dann auf einmal ein völlig akzeptabler Vorgang geworden ist, der oft als Begründung für Integrationsdefizite herhalten muß. Eine solche Asymmetrie hat jedenfalls rein gar nichts mehr mit dem „guten Mensch“ zu tun, mit dem der Gutmensch ständig in einen Topf geworfen wird, sondern allenfalls mit einer Einstellung, die sich bloß als gut präsentieren will.

    Was das Grundgesetz angeht, so sehe ich schon einen Unterschied zwischen einem Satz wie: „Ich würde vermutlich auch keine Muslima einstellen – egal ob mit oder ohne Kopftuch… weil ich prinzipiell etwas diese Religion habe“ o.ä. und einem Satz wie: „Ich würde vermutlich auch keine Muslima einstellen – egal ob mit oder ohne Kopftuch… weil ich mit Muslimen in der Vergangenheit diese oder jene schlechte persönliche Erfahrung gemacht habe“.

    Erstere Aussage ist tatsächlich eine Benachteiligung aus religiösen Gründen, letztere, mit den Erläuterungen, die Schnippsel brachte, bringt ja sachliche Gründe jenseits einer bloßen Religionszugehörigkeit. Eine Ungleichbehandlung, wenn sachliche Gründe vorliegen, ist nicht grundgesetzwidrig. Wenn z.B. bei Muslimen die Hauptschulabschlußrate stark erhöht ist, sind daraus ableitbare negative Konsequenzen z.B. bei der Berufswahl deshalb erstmal keine Diskriminierung von Muslimen, weil es ja um Muslime geht und daher die Religionszugehörigkeit im Spiel ist, sondern es gibt Sachgründe für die Ungleichbehandlung… hier der schlechtere Schulabschluß.

    Ich kenne die aktuellen Antidiskriminationsgesetze nicht ausreichend, aber wenn sie keinen Raum mehr liessen für Entscheidungen auf der Basis von sachlichen Gründen wie sie Schnippsel nannte, d.h. zu denen auch persönliche Erfahrungen gehören, dann sollte man Sie abschaffen.

  81. @ Max Wedell

    Ich sehe es nicht an sinnvoll an, mit Ihnen erneut eine Diskussion über den Unterschied zwischen Assimilation und Integration zu führen, da schließe ich mich dreas an.

    Das Verbot der Diskriminierung im Grundgesetz bezieht sich nicht nur auf Religion, sondern auch auf Abstammung. Es geht von der Grundhaltung aus, dass Menschen individuell und nicht als Angehörige einer Gruppe zu beurteilen sind. Ihre Verteidigung von Schnippsel unterstellt, dass es irgendwelche für den potentiellen Arbeitgeber relevanten gemeinsame Eigenschaften oder Verhaltensweisen von Muslimen gibt. Schon der Rückschluss, schlechte Erfahrungen mit einer Muslima aus Ostanatolien lassen Zweifel an der Eignung einer anderen, ebenfalls aus Ostanatolien stammenden Muslima sind falsch, wenn sich diese im Bildungsweg, Familienumfeld usw. unterscheiden. Ein Personalchef würde kaum ernsthaft von sich geben: „Ich würde vermutlich auch keine katholische Frauen – egal ob sie Kreuz tragen oder nicht – anstellen, weil ich mit katholischen Frauen schlechte persönliche Erfahrungen gemacht habe“. Bei muslimischen Frauen soll es anders sein?

    Das Diskriminierungsverbot gilt selbstverständlich auch für nichtdeutsche Arbeitgeber gegenüber deutschen Bewerbern.

  82. @ Abraham, # 73

    Auf den Punkt getroffen. Und nicht nur das: In meinen Augen sind Herrn Wedells Aussagen rassistisch. Nicht nur insofern, als er Menschen allein nach ihrer ökonomischen Nützlichkeit beurteilt, sondern vor allem insofern, als er immer wieder unzulässig verallgemeinert. Das ist allerdings das Wesen der sogenannten Islamkritik, das Populistische an ihr. Ich lehne es ab, auf diesem Niveau zu diskutieren,und plädiere dafür, Herrn Wedell einfach wieder zum Pflaumenpflücken zu schicken.

  83. @ Siegmund

    Bei der Anstellung von Bewerbern in einem Unternehmen ist die Bewertung nach ökonomischer Nützlichkeit wohl erlaubt, aber darauf beziehen Sie sich wahrscheinlich nicht.

  84. ich empfehle hier mal kurz den film alemanya-willkommen in deutschland— der film ist super gemacht und geht mitunter auf verständigungsprobleme auf satirische art und weise ein, den versteht zudem jeder, weil er natürlich eher eine satire ist… der hintergrund ist aber sehr zutreffend. Der Film warf noch einmal den Satz von Max Frisch in den Raum (im Abspann) „wir riefen Gastarbeiter und es kamen Menschen“ so viel zur guten Nacht

  85. Nehmen wir einmal an, ich hätte eine kleine Firma mit 5-10 Beschäftigten. Wohlgemerkt: ich hätte die Firma aufgebaut,ich wäre der Firmeninhaber, ich würde mit meinem persönlichen Vermögen haften. Glaubt wirklich jemand, ich würde mir von irgendjemand reinreden lassen, wen ich einstelle oder nicht? Natürlich würde ich sozial diskriminieren, und zwar was das Zeug hält! Aber wie gesagt: alles nur hypothetisch.

    Einen Bewerber in einem LoNSDAle-Shirt mit Springerstiefeln und Bomberjacke würde ich auf jeden Fall wegen seines sichtbaren weltanschaulichen Bekenntnisses diskriminieren. Natürlich würde ich ihm diese Begründung nicht geben, um nicht a) einen Diskriminierungsprozess an den Hals zu kriegen und b) Bekanntschaft mit den Baseballschlägern seiner Kumpels zu machen. Eine entsprechend demonstrative Zuschaustellung ihrer weltanschaulichen bzw. religiösen Anschauungen würde ich, wie weiter oben schon geschrieben, bei einer kopftuchtragenden Muslima für meine Firma ebenfalls nicht akzeptieren.

    Eine Frau, die im Outfit eines Pornofilm-Flittchens (und das Ganze noch getoppt, wie neulich gesehen, durch einen 10 cm langen strassbesetzten Kreuz-Anhänger um den Hals) antritt, würde ich sowas von diskriminieren, dass Alice Schwarzer oder die Kämpferinnen gegen das Patriarchat in Heulen und Zähneknirschen ausbrechen müssten. Sofern sie davon erführen.

    Wenn eine Bewerberin (einem Kollegen von mir passiert) explizit danach fragt, ob es in der Cafeteria auch halal Essen gibt oder nur Schinken (ergo: Schweinefleisch), würde ich für mich die innere Konsequenz ziehen: die stelle ich nicht ein! Da braucht’s kein Kopftuch.

    Wer bei einem Bewerbungsgespräch derart unruhig auf dem Stuhl herumrutscht, weil er seit 10 Minuten keine Kippe geraucht oder kein Schnäpschen getrunken hat, den/die würde ich gnadenlos diskriminieren. Oh, halt: das dürfte ich sogar, weil Nikotin- oder Alkoholsucht nicht unter das Diskriminierungsverbot fallen. (Es sei denn, ein solcher Bewerber fände einen gewieften Anwalt, der Sucht umdefiniert in Behinderung). Obwohl es sich hierbei um eine Krankheit handelt (und nicht, wie beim religiösen Bekenntnis, um eine persönliche Entscheidung), darf ich einen Kranken also ungestraft diskriminieren. Jemand, der sich für einen bestimmten weltanschaulichen Weg freiwillig entschieden hat – und damit auch für alle damit verbundenen Konsequenzen – soll das Recht eingeräumt sein, gegen eine Ablehung klagen zu dürfen?

    Sollten sich stark schwäbelnde oder sächselnde BewerberInnen vorstellen, würde ich sie vermutlich nicht einstellen. Und das wäre, höchstrichterlich abgesegnet, noch nicht einmal Diskriminierung – Ossi oder Schwabe ist keine Ethnie. Vielleicht hätten auch stark adipöse oder stark parfümierte Personen keine Chance, in meiner kleinen Firma eingestellt zu werden.

    Ich könnte als – inoffizielles! – Einstellungskriterium das Parteibuch, die Zugehörigkeit zu einer studentischen Vereinigung, die Begeisterung für einen bestimmten Fußballverein oder was auch immer als bevorzugtes Merkmal für eine Anstellung wählen. Andere Bewerber hätten zwar keine Chance, aber sie wären zumindest nicht diskriminiert!

    Natürlich würde ich den abgelehnten BewerberInnen gegenüber keine Angaben über den Grund der Ablehnung machen (so wie es mir dutzende Male selbst passiert ist). Ich würde aber auf jeden Fall versuchen, mir unerwünschte Beschäftigte von vornherein vom Hals zu halten, statt sie später mühsam und/oder teuer aus der Firma rauszukriegen.

    Hingegen würde ich vermutlich einen sonst häufig Diskriminierten einstellen: einen Behinderten, einen (nicht allzu tuntigen) Schwulen, einen Vietnamesen, einen Üfüfü (Über 55). Mist: schon wieder in der Diskriminierungsfalle – diesmal jedoch wegen Bevorzugung! Lautet doch der einschlägige GG-Artikel 3 (3):

    „(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

    Aber halt: Behinderte darf ich gemäß GG bevorzugen, aber nicht benachteiligen. Wegen des Alters darf ich, jedenfalls laut GG, soviel diskriminieren und bevorzugen, wie ich will. Simmt auch wieder nicht? Richtig: da gibt es ja noch das „Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)“ [1], das die Grundrechte auf den zivilrechtlichen Bereich runterbrechen soll. Und siehe da: dort findet das Alter Berücksichtigung. Und dort ist der grundgesetzliche Gedanke „keine Benachteiligung und keine Bevorzugung“ ausser Kraft gesetzt – eine Bevorzugung ist dort ausdrücklich als zulässig definiert. Und einige Diskriminierungen sind zulässig. Ist also das AGG grundgesetzwidrig?

    Zunächst einmal gilt das Diskriminierungsverbot grundsätzlich für jegliches staatliches Handeln. Ob und wieweit es auch für das Handeln zwischen Privaten gilt, hängt davon ab, wie eine Gesellschaft die Gewichtung anderer Grundrechte vornimmt. Da es kein einklagbares Recht auf einen Arbeitsplatz gibt, kann ein Arbeitgeber auch nicht gezwungen werden, einen bestimmten Bewerber einzustellen. Insofern sind alle abgelehnten Bewerber gegenüber dem eingestellten „diskriminiert“.

    Gesetze sind immer nur so gut, wie sie auch im Einzelfall kontrollier- und durchsetzbar sind. Zwar gibt es ein Handyverbot am Steuer, aber was ich als Fußgänger beim Warten an der Ampel so sehe…

    Wie steht es denn z.B. um die Gleichstellung von Mann und Frau? Immerhin lautet Artikel 3 (2): “ Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

    Dass daraus eine Frauenquote abgeleitet wird, stellt das eine bevorzugende Diskriminierung dar (GG vs. AGG)? In Frankreich nennt man eine solche Quote tatsächlich „discrimination positive“. Handelt es sich bei der besonderen (sprachlichen) Förderung von Migrantenkinder nicht auch um eine – verbotene – ethnische Bevorzugung? Oder heiligt hier der Zweck die Mittel?

    Und übrigens: ich war nicht derjenige, der den Satz geprägt hat „Migranten müssen die ersten 19 oder 20 Artikel GG anerkennen. Sonst müssen sie garnichts!“ Selbst der von mir nicht besonders geschätzte Bundespräsident Wulff spricht nicht davon, das GG „anzuerkennen“, sondern es zu „akzeptieren“. Und er unterstreicht, dass es um mehr geht: „… zu Hause zu sein in Deutschland bedeute auch, die Verfassung und die gemeinsamen Regeln zu akzeptieren. „Wer das nicht tut, wer unser Land und seine Werte verachtet, muss mit entschlossener Gegenwehr aller in unserem Land rechnen.“ „ – also auch um die „gemeinsamen Regeln“ und die Hinwendung zu „unserem Land und seinen Werten“.

    Egal wie: meine Erfahrung ist, dass „der Neue“ oder „der Fremde“ es immer und überall schwerer hat, als die Alteingesessenen. Ob man in eine Schulklasse, eine Firma, ein Projekt, eine Partei, eine Religion, eine Stadt, einen Verein, ein Land kommt – die Anforderungen sind größer als an die, die schon da sind. Überall auf der Welt (oder zumindest da, wo ich bisher hingekommen bin).

    Schön blöd und selber schuld, wenn z.B. eine Firma mein Wissen, mein Können, meine Einsatzbereitschaft nicht haben wollte! Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, mich darüber zu beklagen oder gar dagegen zu klagen. Das Leben ist, wie es ist.

    [1] http://www.gesetze-im-internet.de/agg/BJNR189710006.html

  86. @Schnippsel

    doofe Frage, aber was interessiert es Sie ob eine Frau halal und Schweinefleisch isst oder nicht? Dass mit dem Kopftuch ist bei vielen Arbeitgeberin leider zu erwarten (was ich zwar nicht gut heiße, aber akzeptiere) Was ist dann mit einem Kreuz an einer Kette?

  87. @87 Schnippsel

    „Und übrigens: ich war nicht derjenige, der den Satz geprägt hat „Migranten müssen die ersten 19 oder 20 Artikel GG anerkennen. Sonst müssen sie garnichts!“

    Nein, das waren Sie sicher nicht, und damit war auch nicht ernsthaft zu rechnen, dass so etwas überhaupt von Ihnen kommen könnte. Sie sind augenscheinlich schon eher für sehr merkwürdige Diskriminierungs-Beispiele zuständig. Allerdings haben Sie mich, was ja auch nix Neues ist, nicht richtig zitiert, deshalb wiederhole ich nachfolgend. Also, gut aufgepasst:

    So genannte Migranten/“Ausländer“ MÜSSEN das Grundgesetz und die bestehende Rechtsordnung akzeptieren, sonst MÜSSEN sie nix MÜSSEN. Alles was darüber hinausgeht ist eine freiwillige Angelegenheit, wo gar nix zu beMUSSEN ist. Das gilt jedoch nicht nur für so genannte Migranten/“Ausländer“, sondern auch für „richtige“, „echte“, deutsche „Inländer“, sogar für darunter befindliche Assimilierungsfetischisten und/oder selbst ernannte „Diskriminierungsexperten“. Übrigens, eine für mich furchtbare Vorstellung, dass so genannte Migranten/“Ausländer“ sogar „deutscher“ sind als die „richtigen“, „echten“ Deutschländer. Auch so etwas soll es ja geben. Grundgesetz und Rechtsordnung sind von ALLEN zu akzeptieren, die gemeinsamen Regeln oder gar Werte, was immer das sein soll, können Sie sich dagegen an den Hut stecken. Insbesondere dann, wenn die „Regeln“ und „Werte“ von den „echten“ Stolzdeutschen, Assimilierungsfetischisten und „Diskriminierungsexperten“ vorgegeben werden. Eine echt grauselige Vorstellung. Das Zusammenleben regeln nicht irgendwelche deutsche Regeln, darüber entscheiden die beteiligten Menschen und keine deutschen BeMUSSER. Wenn sich ALLE darüber einig sind, dass z.B. Anstand eine wichtige Voraussetzung für das Zusammenleben ist, wohlbemerkt Anstand, nicht zu verwechseln mit „anständigen“ Deutschen, dann kann damit schon sehr viel „geregelt“ werden. Wenn dann noch irgendwann Toleranz, Solidarität, echter Gemeinschaftssinn usw. dazu kommen, sind wir auf dem Wege in das „deutsche“ Paradies.

    Nun aber gut merken, und nicht wieder beliebig verschippseln.;-)

    mfg
    Jutta Rydzewski

  88. @Abraham, #83

    an diesem Punkt sind wir übrigens wieder bei einer menschlichen Universalie, nämlich der Neigung zur Verallgemeinerung. Nehmen wir an, von einem Objekttyp gibt es Abermilliarden Instanzen in der Welt. Der Mensch muß diese Abermilliarden Instanzen nicht alle persönlich überprüfen, um zu Schlüssen über Objekteigenschaften zu kommen. Eine ausreichend große Untermenge persönlich zu begutachten reicht aus, und die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden fürderhin vom Menschen so verallgemeinert, daß sie (für ihn) für die Gesamtheit gelten. Würde der Mensch diese Eigenschaft nicht besitzen, wäre er schon längst vom Angesicht der Erde verschwunden, denn bei jedem Treffen mit einem Säbelzahntiger hätte er erstmal abwarten müssen, ob das nicht vielleicht doch ein harmloses oder gar ihm freundlich gesonnenes Exemplar ist, statt die Beine in die Hand zu nehmen, oder Gebrauch vom Speer zu machen.

    Selbstverständlich kann diese grundlegende Eigenschaft des Denkens nicht schlagartig ausgeschaltet werden, wenn es um einen speziellen Welt-Objekttyp geht: den Menschen. Es ist völlig weltfremd, das unter Hinweis darauf, daß doch alle Menschen höchst individuell sind, erreichen zu wollen, und zwar weil a) die Menschen nicht so völlig individuell sind, daß es nicht auch über bestimmte Gruppen hinweg Häufungen bestimmter Merkmale gibt, und b) weil die menschliche Universalie „verallgemeinerndes Denken“ eine so grundlegende Eigenschaft des menschlichen Denkens ist, daß sie nicht nur weitgehend automatisch abläuft, sondern ganz häufig auch völlig unbewußt. Wir treffen z.B. einen Menschen (z.B. in einem Personalgespräch), und der ist uns auf Anhieb unsympathisch, wieso, wissen wir nicht. Als wir 2 Jahre alt waren, hat uns ein Mensch ähnlichen Erscheinungsbildes durch lautes Reden erschreckt. Wenn wir den Menschen, den wir jetzt treffen, dadurch, daß er uns unsympathisch ist, auf irgendeine Weise benachteiligen, so ist das natürlich ungerecht, denn dieser Mensch kann überhaupt nichts dafür, daß uns ein ähnlich aussehender Mensch vor 40 Jahren durch lautes Reden erschreckte. Es gibt allerdings eine Methode, um solche Ungerechtigkeiten zu vermeiden: Man tritt einfach allen Menschen prinzipiell erstmal völlig neutral gegenüber, und unterdrückt jegliche Impulse, Menschen auf Anhieb sympathisch oder unsympathisch zu finden. Der Mensch müsste jede Anwandlung von Sympathie oder Ablehnung unterdrücken, aber mehr noch, jede weitere Entscheidung, die in irgendeinem Zusammenhang mit anderen Menschen steht, daraufhin überprüfen, ob diese sachliche, für jeden anderen nachvollziehbare Gründe hat oder nicht. Wie weltfremd das ist, brauche ich doch jetzt hoffentlich nicht zu erläutern. Ich muß leider sagen, daß ich Personen, die behaupten, IN JEDEM FALL UND IMMER genau so neutral zu verfahren, für Lügner halte. Wobei es nicht unbedingt eine bewußte Lüge sein muß, in den meisten Fällen sogar wird es bloß eine enorme Selbsttäuschung sein. Man „lügt sich selbst in die Tasche“. Auch linke Gutmenschen, die die absolute Vorurteilsfreiheit gegenüber Migranten einfordern, können oft dabei ertappt werden, alle Banker lautstark als Gierhälse, die den Hals nicht voll genug kriegen können, zu bezeichnen. Ein typischer Fall von Verallgemeinerung, der aber bei dieser „Zielgruppe“ ganz plötzlich völlig erlaubt ist, und sogar als Basis für weitergehende Schlußfolgerungen dienen muß.

    „Ihre Verteidigung von Schnippsel unterstellt, dass es irgendwelche für den potentiellen Arbeitgeber relevanten gemeinsame Eigenschaften oder Verhaltensweisen von Muslimen gibt“

    Es gibt jenseits dessen, was ich hier mehrmals als „menschliche Universalie“ dargestellt habe, wohl kaum gemeinsame Eigenschaften derart, daß sie unbedingt und AUSNAHMSLOS für ALLE Menschen einer bestimmten Untergruppe gelten (wenn diese Untergruppe nicht schon nach den Eigenschaften zusammengestellt wurde). Es gibt aber statistische Häufungen bestimmter Eigenschaften. Es ist absurd, es als „Rassismus“ zu bezeichnen wenn man das konstatiert, oder auch die Angewohnheit, diese Häufungen zur Grundlage eigenen Handelns zu machen, prinzipiell als „Rassismus“ zu verunglimpfen. Es wird doch überhaupt keiner bestreiten, daß die Wahrscheinlichkeit der Phänomene, die Schnippsel beschrieb (eifersüchtige Männer in den Hausfluren, große Aufregung, wenn mal eine Überstunde abgeleistet werden muß usw.), bei weiblichen Angestellten aus dem arabisch-türkischen Raum viel höher liegt als bei deutschen Angstellten. Und ich meine eben, daß es Schnippsel erlaubt sein sollte, diese Häufung zur Grundlage eigener Entscheidungen zu machen, auch wenn es den einen oder anderen individuellen Fall gibt, den er dadurch evtl. benachteiligt. Weder die Konstatierung erhöhter Wahrscheinlichkeiten noch ihr Einbezug in die Entscheidungsfindung ist per se Rassismus.

    Betrachten wir einmal eine Statistik, die eine schlechte Bildungslage bei muslimischen Migranten konstatiert (solche Statistiken gibt es). Weder ist diese Statistik „rassistisch“, noch ist die Tatsache, daß man auf ihr Entscheidungen basiert (z.B. politische Entscheidungen einer besonderen Förderung in Schulen mit besonders hohem Migrantenanteil) in meinen Augen „rassistisch“. Rassistisch wäre es, wenn behauptet würde, daß die muslimischen Migranten (bzw. Muslime generell) aus biologischen Gründen nicht zu einem mit anderen Gruppen vergleichbaren durchschnittlichen Bildungsstand gelangen können. Aber wer macht das, außer ein paar Versprengten am rechten Rand?

    „Ein Personalchef würde kaum ernsthaft von sich geben: “Ich würde vermutlich auch keine katholische Frauen – egal ob sie Kreuz tragen oder nicht – anstellen, weil ich mit katholischen Frauen schlechte persönliche Erfahrungen gemacht habe”.“

    Falsch. Machen wir die Analogie komplett: Eine größere Gruppe deutscher Katholiken wandert in ein fremdes muslimisches Land, sagen wir mal Marokko, aus. Bestimmte statistisch gehäufte Verhaltensweisen dieser Männer und Frauen, die sich aus dem gemeinsamen kulturellen Hintergrund ergeben (zu dem die Religion auch gehört), und die evtl. mit einer allgemeinen Erwartungshaltung in Marokko kollidieren, führen dazu, daß ein marokkanischer Personalchef „ernsthaft von sich gibt“: „Ich stelle keine dieser katholischen Frauen an – egal ob sie Kreuz tragen oder nicht, weil ich mit diesen katholischen Frauen schlechte persönliche Erfahrungen gemacht habe“. Da fände ich es jedenfalls völlig absurd, dies zu beanstanden, etwa weil es ja auch katholische Frauen geben mag, die nicht mit den Erwartungshaltungen kollidieren würden (nach dem Motto: Man muß halt nur lange genug suchen). Noch absurder wäre es, in diesem Fall von „Rassismus“ zu reden. Der marokkanische Personalchef handelt völlig akzeptabel, ich kann seinen Satz nicht im Geringsten kritisieren.

  89. @Max
    knapp und simpel, ohne Abschweifungen: Ihre Einstellung erscheint mir persönlich auch als rassistisch, da kann man sich nicht drum streiten, da es meine persönliche Empfindung ist… die einige Menschen zudem teilen. Jegliche Definitionen zu Rassismus haben wir ja schon des öfteren durchgekaut 😉

  90. @Sarah,

    ich bestreite ja gar nicht, daß sich im Lauf der Zeit vernünftige Vorstellungen davon, was Rassismus ist, aufgeschaukelt haben in einen ganz verrückten hysterischen Extremismus, demzufolge es z.B. schon „rassistisch“ ist, negative und tatsächliche (d.h. nicht eingebildete) Erfahrungen mit bestimmten Personengruppen in künftigen persönlichen Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen, ohne das dazu eine Überzeugung „die sind alle so und können gar nicht anders sein“ notwendig wäre (der tatsächlich rassistische Züge hätte), sondern ein pragmatisches „ich will kein Risiko eingehen, daß sich diese Erfahrungen wiederholen“ reicht ja auch schon für einen Tatbestand des Rassismus. Irgendwo muß man dann aber auch mal einen Punkt machen beim Mitläufertum und dann eben sagen, nein, da mach ich nicht mehr mit, dann bin ich halt, wenn ihr es so hysterisch definiert, ein Rassist. Die Bezeichnung „Rassist“ wird aber dann reichlich inhaltsleer, denn dann ist ja jeder Rassist, auch die, die sich einbilden, es nicht zu sein… die Gruppen, gegenüber denen man „Rassismus“ zeigt, sind dann halt nur jeweils andere. Mit Rassismusvorwürfen, die sich aus einer hysterisierten Rassismusdefinition ableiten, habe ich persönlich nicht die geringsten Probleme.

  91. hmmm… also in Ihren Augen ist es kein Rassismus, wenn man aufgrund einzelner Erfahrungen Menschen einer Glaubenszugehörigkeit in einen Topf schmeißt?
    Die sogenannte „Hysterie“, ist also eine Trux, Ihrer ansicht nach?
    Darf ich fragen was Sie persönlich für erfahrungen gemacht haben?

  92. P.S. Noch kurz zur Thematik „Assimilation“… in einem Wikipedia-Artikel zu Rassismus las ich folgende interessante kleine Geschichtsanekdote:

    „Ein spezifisches Phänomen von Abgrenzung und erfolgreicher Assimilation hingegen beschreibt James Hunter anhand schottischer Einwanderer in Nordamerika. Indem vor allem männliche Trapper und Fallensteller in indianische Dynastien einheirateten, wurden sie schnell und problemlos zu Indianern. Dies führte dazu, dass etwa bei den Nez Percé schottische Nachnamen verbreitet sind und die Träger mit großem Stolz ihre Vorfahren in männlicher Linie teilweise bis in das Jahr 1000 in Schottland zurückführen können. Diese „schottischen Indianer“ suchten und fanden bei einzelnen indianischen Stämmen auch Strukturen vor, welche denen ihres Herkunftslandes ähnelten und überwanden so für Engländer und andere Europäer als unüberwindbar angesehene Barrieren.“

    Ob wohl Nachfahren der Indianer in den heutigen USA verbreitet der Meinung sind, daß es ganz gut war, daß Assimilation der weißen Einwanderer (freiwillig oder erzwungen) in anderem Maßstab als im völlig Vernachlässigbaren NICHT stattfand, weil Assimilation ja so eine schlimme Sache ist? Hätten die nordamerikanischen Ureinwohner Mittel gehabt, eine weitgehende Assimilation der Einwanderer aus Europa zu fordern und durchzusetzen (daß die prinzipiell möglich ist, siehe oben), wäre es in meinen Augen völlig legitim gewesen, das zu tun… es war schließlich ihre Heimat, nicht die der Europäer.

  93. @Sarah,

    nehmen wir mal an, es gäbe so etwas wie „Rassismus“ gegenüber Hunden. Nehmen wir weiter an, es gäbe einen Postboten, der von 5 verschiedenen Hunden gebissen wurde, und der daraufhin einen großen Bogen um Hunde macht. Dieser Postbote sagt: „Ich weiß natürlich, daß nicht jeder Hund bissig ist, aber aufgrund meiner Erfahrung mache ich dennoch einen großen Bogen um Hunde“.

    Würden Sie es als so eine Art Rassismus gegenüber Hunden ansehen, wenn dieser Mann einen großen Bogen um Hunde macht?

    Rassismus-Definitionen gibt es wie Sand am Meer, zwei Aspekte, die in manchen, leider nicht allen Definitionen auftauchen, halte ich für wichtig, eigentlich sine qua non:

    a) Die Verallgemeinerung ist total. D.h. ein Rassist hält sich nicht mit statistischen Befunden auf, nach denen so viele „so“ und so viele andere „so“ sind, sondern „jeder“ ist halt „so“ (was Sie mit „in einen Topf werfen“ wohl meinen).

    b) Die verallgemeinerten Eigenschaften (meist negative) werden als erblich oder sonstwie unveränderlich aufgefasst, die Differenz zu den (positiv empfundenen) Eigenschaften der eigenen Gruppe oder Person kann prinzipiell nicht überbrückt werden.

    Beides ist im Beispiel „Ich stelle keine Muslime ein, denn ich habe damit persönlich schlechte Erfahrungen gemacht“ (wenn man einmal davon ausgeht, daß dieser Satz das auch meint, was er aussagt, und nicht eine Vortäuschung ist) nicht der Fall. Weder kann man aus diesem Satz schließen, daß die (a) total ist, d.h. derjenige, der ihn sagt, glaubt, daß er mit Muslimen ausschließlich nur schlechte Erfahrungen machen kann, noch (b) daß derjenige, der ihn sagt, der Meinung ist, daß die Betreffenden allgemein prinzipiell überhaupt nicht in der Lage wären, ihm positive Erfahrungen zu ermöglichen… weil sie ja Muslime sind. Rassismus ist hier also erstmal nur eine Unterstellung, und nicht etwas, was schon aus dem Satz heraus bewiesen ist.

    Wenn Sie Behauptungen von mir hier zitieren können, aus denen die Haltung a) oder b) herauslesbar sind, so können Sie die gern zitieren, und wir können dann nochmal anhand dieser Zitate über „meinen Rassismus“ reden.

    Jemand, der weitgehende Assimilation fordert und GLEICHZEITIG auch natürlich Möglichkeiten dieser Assimilation nicht verweigert, kann gar kein Rassist sein, denn er hält ja die störendsten Differenzen für überbrückbar und ein gemeinsames Zusammenleben nach erfolgter Assimilation für möglich. Ich kenne mich mit Neonazis im Detail nicht so aus, aber mein Eindruck ist, daß man in diesen Kreisen wohl meistenteils der Meinung ist, auch eine Assimilation von Einwanderern nicht haben zu wollen, nach dem Motto: „Türken sind eben Türken, d.h. immer dümmer, schlampiger oder was auch immer, egal was man macht“, sodaß am Ende nur die Abschiebung empfohlen werden kann. Das ist allerdings Rassismus, denn die Differenzen werden als unüberbrückbar gesehen.

    Was Sie möglicherweise durcheinanderbringen sind die Begriffe „Intoleranz“ und „Rassismus“. Was Ihnen womöglich als vermeintlich rassistisch an mir auffällt, ist in Wirklichkeit nur meine Intoleranz.

    Es gibt ja auch ein Überspringen der Hysterisierung auf den Toleranzbegriff, d.h. Intoleranz, die ja eine Haltung ist, die ohne den Kontext zu kennen überhaupt nicht als „gut“ oder „böse“ eingestuft werden kann, wird auf einmal irgendwie grundsätzlich „böse“. Wenn ein Kind beim Mittagessen auf den Tisch sch…, wird man vielleicht nicht immer, aber verbreitet bei den Eltern eine Haltung der Intoleranz gegenüber diesem Verhalten beobachten. Es wird auch kein Kinderpsychologe ob dieser Haltung der Intoleranz der Eltern aufstehen und sagen: Wir müssen jetzt alle gemeinsam aufstehen und gegen diese Intoleranz gegenüber den Kindern kämpfen.

    Ähnlich ist es auch bei der Einwanderungsfrage, auch dreas z.B. ist ja in hohem Maße intolerant, wenn er sagt, daß er es als Deutscher nicht toleriert, wenn Einwanderer, die dauerhaft hier leben wollen, sich weigern, die deutsche Sprache zu lernen. D.h. der Unterschied zwischen Ihrer Einstellung und meiner ist einfach der, daß unsere Grenze zwischen dem, was wir tolerieren, und dem, was wir nicht tolerieren, unterschiedlich ist, d.h. ich toleriere einfach nur, was Einwanderer angeht, weniger als Sie. Sie können mich also gern als intolerant bezeichnen, und ich stimme Ihnen dann zu, daß Sie damit recht haben.

  94. P.S.

    Es muß heißen:

    „Weder kann man aus diesem Satz schließen, daß (a) die Verallgemeinerung total ist, d.h. derjenige, der ihn sagt, glaubt, daß er mit Muslimen ausschließlich nur schlechte Erfahrungen machen kann“

  95. warum fordern alle, immer eine vollkommene Assimilation? Zählt es denn gar nicht mehr beide Kulturen gleichwertig zu verinnerlichen? Fordert ihr nicht zu viel von den Menschen? „damit sie hier bleiben können blablabla…“ Wie haltet ihrs mit Flüchtlingen (z.B. Afganistan)?
    Sollen eurer Meinung nach die auch alle unsere Sprache perfekt können müssen, um hier bleiben zu können?

    Die deutsche Sprache ist sehr schwer zu lernen und viele finden sine auch nicht schön, sie sagen, die sprache klinge so aggressiv und unangenehm. Klar die sprache hilt uns allen, uns zu verständigen… aber muss sie denn perfekt gesprochen werden? Zur Erinnerung: 30% aller Menschen ohne Migrationshintergrund können diese Sprache auch nicht genügend…

  96. @99 Sarah

    „warum fordern alle, immer eine vollkommene Assimilation?“

    Alle ist aber maßlos übertrieben. Ein oder zwei Blogteilnehmer, die diesen absoluten Blödsinn fordern, sind nicht nur zahlenmäßig zu vernachlässigen, sondern wegen ihrer Deutschfimmeligkeit echt zu bedauern, was ich hiermit ausdrücklich tue.;-)

    Übrigens, die vorgeblichen mangelnden Sprachkenntnisse der so genannten Migranten, u.a. auch Altzuwanderer oder Neueinwanderer genannt, sind ohnehin ein Popanz, der insbesondere von den deutschen lei(d)kulturellen Assimilationsfetischisten und/oder den deutschen „Diskriminierungsexperten“ verbreitet wird. In jedem Fall völlig übertriebener Kokolores. Jeder Mensch, der auf Dauer in einem Land, egal in welchem, bleiben und leben will, ist natürlich selbst daran interessiert, sich in der Landessprache verständlich zu machen. Dazu braucht es keine deutschen BeMUSSER.

    Die deutsche Sprache ist zwar eine teilweise schwierige, aber auch eine hoch interessante, ja, z.B. hinsichtlich ihres Ausdruckreichtums, fasziniernde Sprache. Das sage sogar ich, die sicher nicht des lei(d)kulturellen Stolzdeutschtums verdächtig ist.;-)

    mfg
    Jutta Rydzewski

  97. @Jutta

    so kann mans auch sehen 😉

    ich warte noch immer auf Max´s Antwort … Welche schlehten Erlebnisse haben Sie persönlich gemacht und fordern Sie diese Assimilitation auch von Flüchtlingen? Das selbst jugedl. Kriegsflüchtlinge, wenn sie die Schule nicht packen, abgeschoben werden… ist das okay für SIE?

  98. @Sarah, ich bin auch öfter mal länger nicht vorm Computer, es gibt ja auch ein reales Leben da draußen.

    Meine schlechten oder anderen Erfahrungen brauche ich hier nicht zu erzählen, das ist überflüssig. Man hat ja bei Schnippsel gesehen, wohin das führt: Er schilderte schlechte Erfahrungen und man macht ihm jetzt zum Vorwurf, daß er die nicht einfach beiseite schiebt und völlig unberücksichtigt lässt in seinen weiteren Begegnungen mit Migranten, entweder nach dem Motto: Das sind Einzelfälle, die man nicht verallgemeinern kann… oder: Das kann Dir auch mit Deutschen passieren. Die absehbare Belehrung: „Da hast Du halt nur ganz zufällig die falschen Menschen getroffen“ kann ich mir selbst geben, die brauche ich hier nicht zu lesen.

    Die von mir geforderte weitgehende Assimilation, die, wie ich schon mehrfach sagte, keine totale Assimilation sein muß („total“ und „vollkommen“ halte ich übrigens für ziemlich gleichbedeutend in diesem Zusammenhang), muß von jedem verlangt werden, der mit der Absicht einwandert, sein weiteres Leben hier zu verbringen, bei Kriegsflüchtlingen, die nur kurzfristig hier sind, also nicht. Dabei ist natürlich ein Problem, daß man das Einwanderungsland ja bzgl. der Aufenthaltsdauer täuschen kann… man denke an die doch recht beträchtlichen Anteile bei den „Gastarbeitern“, die nur ein paar Jahre kommen wollten und dann für den Rest ihres Lebens blieben, oder an die auch nicht unbeträchtlichen Anteile der bosnischen Kriegsflüchtlinge, die, einmal auf den Geschmack des (teils anstrengungslosen) Wohlstands gekommen, die anstrengenden Aufbauarbeiten in der Heimat scheuend, eine Rückkehr auch nach dem Ende des Krieges verweigern. Sobald absehbar ist, daß das weitere Leben erstmal hier verbracht werden soll, müsste ein entsprechender Assimilationsdruck einsetzen, je früher, desto besser.

    Daß Jugendliche abgeschoben werden, „weil Sie die Schule nicht packen“, ist völlig falsch formuliert. Jugendliche wie auch Erwachsene können abgeschoben werden, wenn sie keine Aufenthaltsberechtigung haben, d.h. die Gründe, weswegen sie hier sind, entfallen sind (Flucht aus wirtschaftlichen Gründen nach D berechtigt nicht zum Aufenthalt in D… es ist natürlich klar, daß DIESE „Gründe“ fast nie entfallen würden). Diese grundsätzliche Regel kann in Einzelfällen außer Kraft treten, wenn eine besonders außergewöhnliche Integrationsleistung zu erkennen ist. Das Scheitern einer Schulausbildung wird aber nicht als „außergewöhnliche Integrationsleistung“ angesehen, sondern eher als Hinweis darauf verstanden, daß diese Person im weiteren Leben mit hoher Wahrscheinlichkeit der Allgemeinheit viele Probleme, den Sozialsystemen hohe Kosten usw. bescheren wird.

  99. @Max

    Es ging um folgenden Fall: ein 17 jähriger Flüchtling aus Afghanistan, lebt etwa seid 3 Jahren hier… soll wenn er 18 ist zurück gehen, weil seine Leistungen in der Schule sehr schlecht waren und er somit die auflagen um hier bleiben zu können nicht erfüllt (auf seine traumatisierte Lage, die er durch den Krieg hat, wird überhaupt keine Rücksicht genommen)… das ist kein Einzelfall—also ist das schon richtig ausgedrückt gewesen

    nun gut, Sie fordern eine „halbe“ Assimilitation— mit welchem Recht? Ich frage mich ehrlich, was Deutschland so arrogant macht, um beurteilen zu können wer assimiliert ist und wer nicht!

    Ich persönlich mache mit Menschen aus jeder Kultur schlechte sowie auch gute Erfahrungen, beziehe mich dabei aber nicht auf die Kultur.
    Da ist der Uwe, der sich an der Kasse vordrängelt und zugleich die Ayla, die mir auf den Fuß trampelt. Wenn ich mir dann natürlich denke, diese asozialen Uwes, die drängeln immer…. dann habe ich ein manifestiertes Bild von dem Uwe und somit hat kein Uwe eine Chance es besser zu machen, weil ich den, der mich nicht schubst nicht wahrnehme.

  100. „man denke an die doch recht beträchtlichen Anteile bei den “Gastarbeitern”, die nur ein paar Jahre kommen wollten und dann für den Rest ihres Lebens blieben, oder an die auch nicht unbeträchtlichen Anteile der bosnischen Kriegsflüchtlinge, die, einmal auf den Geschmack des (teils anstrengungslosen) Wohlstands gekommen, die anstrengenden Aufbauarbeiten in der Heimat scheuend, eine Rückkehr auch nach dem Ende des Krieges verweigern.“

    Da fängt für mich persönlich eine Form von Rassismus an: denn man kann nicht pauschal sagen, dass sie es sich hier bequem machen!
    Es wird so oft vergessen, dass es Menschen sind, die gekommen sind, die angefangen haben sich heimisch zu fühlen und genauso die Chance haben müssen wie diejenigen die hier geboren sind. Klar haben sie festgestellt hier eine bessere Bildungschance vorhanden ist…

    Dann sollen die Flüchtlinge also ihr zerstörtes Land aufbauen gehen? Was ist das für eine Perspektive? Haben die Menschen Ihrer Ansicht nach also eine Verpflichtung ihres Herkunftslandes gegenüber?!? Haben sich die Leute ausgesucht, dass es Krieg geben wird? Haben sich die Leute ausgesucht wo sie geboren werden?

    man kann fordern die Sprache zu lernen (aber nicht perfekt!), man kann fordern die Gesetze zu befolgen, aber das sollten dann auch alle Deutsche tun, bevor man sich einbildet, über die Menschen aus anderen Ländern härter urteilen zu können als über Deutsche!

    Wieviele Deutsche leben im Ausland ohne die Sprache zu können… und werden nicht abgeschoben? EINIGE…

  101. Gostomski 2010, S. 105:
    Deutschkenntnisse der Türken in Deutschland… statistisch:
    1. Generation Frauen (35-64 Jahre) 34,9% gute-sehr gute Deutschkenntnisse
    2. Generation Frauen (15-34 Jahre) 70% gute-sehr gute Deutschkenntnisse
    1. Generation Männer (35-64 Jahre) 58,4% gute–sehr gute Deutschkenntnisse
    2. Generation Männer (15-34 Jahre) 83,5% gute–sehr gute Deutschkenntnisse

    In der Studie „Zuwanderer in Deutschland“ der Bertelsmann Stiftung werden für 70% der Türkeistämmigen gute bzw. sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache ermittelt.

    Komisch wo die Türken doch sooo schlecht deutsch sprechen… weil sie zumeist im Elternhaus erstmal türklisch gelernt haben 😉

  102. @Sarah,

    wenn es einen gesetzlichen Anspruch auf einen Aufenthalt gibt (z.B. aus den bekannten Asylgründen), so ist der grundsätzlich unabhängig von irgendwelchen Schulerfolgen o.ä. Wenn es den gesetzlichen Anspruch auf einen Aufenthalt NICHT gibt, so liegt es im Ermessen der Behörden, inwieweit sie Ausnahmen zulassen und unter welchen Bedingungen. Die Aufenthaltsgenehmigung, auch die befristete, ist dann ein Geschenk, und wenn man an dieses Geschenk vertretbare Bedingungen knüpft, wie z.B. sich auf den Hosenboden zu setzen und was für die Schule zu tun, fände ich das völlig in Ordnung.

    Kriegs-Traumatisierung halte ich nicht für einen Asylgrund, d.h einen Grund, weswegen eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erteilt werden sollte. Eine tatsächliche, d.h. nicht vorgetäuschte Kriegs-Traumatisierung quält den Menschen hier in D genauso wie in Afghanistan. Ein Grund, auf eine Abschiebung befristet zu verzichten, wäre aber dann ein tatsächlicher Krieg oder ein kriegsähnlicher Zustand in der Heimat. Ob es diesen Zustand in Afghanistan so verbreitet gibt, daß man ihm nicht ausweichen kann, ist eine Frage der Bewertung, und man kann durchaus die Antwort: NEIN geben. Ein Afghane aus meinem Bekanntenkreis fährt seit vielen Jahren regelmäßig (einmal jährlich) nach Afghanistan, um seine Familie zu besuchen (Kein Terrorist ;). Der würde sich an den Kopf tippen wenn jemand ihm sagen würde: „Da fährst du aber in den Krieg“. oder „Deine Familie lebt ja im Krieg“ (und der ist Pashtune und die Familie lebt in den pashtunsichen Gebieten!). Das hat nichts mit der Frage zu tun, ob westliche Soldaten dort im Krieg sind, denn die ziehen natürlich kriegsähnliche Handlungen auf sich.

    „nun gut, Sie fordern eine “halbe” Assimilitation— mit welchem Recht?“

    Derjenige, um dessen Heimat es geht, hat das Recht, das zu verlangen. Wenn Sie zusammen mit einem Haufen anderer Deutscher in die Heimat anderer Menschen eindringen, und den Menschen dort erklären, sie alle wären jetzt dort ansässig, aber die Menschen vor Ort hätten nicht das geringste Recht, irgendeine Assimilation von Ihnen zu verlangen, wird es üblicherweise so sein, daß Sie und ihre Mitauswanderer einen A…tritt bekommen… WENN sie nicht viel Geld mitbringen wie z.B. die Rentner an den Küsten des Mittelmeers. Daß Türken verbreitet größere Vermögenswerte bei Ihrer Einwanderung mitbrachten oder verbreitet regelmäßige Rentenzahlungen aus der Türkei erhalten ist mir hingegen nicht bekannt, eher das Gegenteil ist der Fall, die Einwanderung hierzulande ist in großen Teilen eine Armutseinwanderung. Gäbe es diese Geldströme in unser Land, würde selbst ich ein Auge zudrücken in der Assimilationsfrage.

    „Ich persönlich mache mit Menschen aus jeder Kultur schlechte sowie auch gute Erfahrungen“

    Leider gibt es aber auch kulturspezifische schlechte Erfahrungen. Die Erfahrungen, die Schnippsel ganz spezifisch schilderte (die eifersüchtigen Männer im Treppenhaus etc.) würde er eben NICHT mit Angehörigen jeder Kultur in diesem Ausmaß machen.

    Ob sich Menschen den Krieg ausgesucht haben ist schwierig zu beantworten. Irgend jemand wird sich schon den Krieg ausgesucht haben, sonst wäre er nicht geführt worden. Wenn von deutschen Vertriebenen am Ende des 2. Weltkriegs die Rede ist und die Frage gestellt wird, ob sich diese Menschen den Krieg ausgesucht haben, ist die übliche Antwort: Ja. Warum sollte es in Bosnien anders gewesen sein? Daß nicht jeder Bosnier höchstpersönlich gegen Angehörige anderer Ethnien losging ist klar, aber genügend Bosnier haben es nun mal getan. Daß Deutschland oder irgend ein anderes Land seine unzerstörte Infrastruktur jenen Völkern zur Nutzung anbieten muß, die in der eigenen Heimat Bürgerkriege führen und ihre eigene Infrastruktur dabei zerstören, anschließend aber keine Lust haben, sie wieder neu aufzubauen, sehe ich nicht ein. Ihre Andeutung, die Menschen wären eben ganz unglücklich in einen Krieg „hineingeboren“ worden, den kaum jemand wollte, ist absurd.

    „Wieviele Deutsche leben im Ausland ohne die Sprache zu können… und werden nicht abgeschoben? EINIGE…“

    Falsch. Es gibt sogar viele Deutsche im Ausland mit GUTEN SPRACHKENNTNISSEN, die abgeschoben werden. Ich kenne z.B. persönlich einen Professor in Princeton, USA, ein Deutscher. Seine Professur dort ist ebenso befristet wie die Professuren an den anderen Universitäten, die er vorher hatte. Seine Aufenthaltsgenehmigung wird jeweils nur für die Dauer dieser Anstellungen erteilt. Gibt es einmal keine Anstellung, nachdem eine andere auslief, muß er, der Ex-Professor aus Princeton, die USA verlassen, und wenn er es nicht tut, wird er vorraussichtlich ABGESCHOBEN (bzw. in solchen Kreisen geht man eigentlich eher freiwillig selber und vermeidet die Illegalität). Und der kann, wie gesagt, die Sprache perfekt.

    Wenn sie die Fälle anschauen, in denen die Menschen sich weigern, die Sprache des Gastlandes zu lernen, und in denen so etwas auch toleriert wird, werden sie jedesmal feststellen, daß größere Mengen Geld mitgebracht wurden oder regelmäßig aus der Heimat in Form von Rentenzahlungen o.ä. bezogen werden.

    Die Studien zu Deutschkenntnissen bei türkischen Einwanderern müsste man mal genauer in Augenschein nehmen, welche Maßstäbe da angelegt wurden. Dazu fehlt mir leider die Zeit.

    Ansonsten ist der Spracherwerb doch keine Schikane, sondern eine Vorbedingung für ein gesellschaftliches Miteinander und Mitwirken. Alleine die politische Mitwirkung in Form der Wahlen ist doch nicht in der Weise möglich, wie es wünschenswert wäre, nämlich INFORMIERT, wenn man gar nicht in der Lage ist, die Debatten, Parteiprogramme, Wahlplakate, Politikerinterviews usw.usf., d.h. all diese Informationen ZU VERSTEHEN. Als Einwanderer für eine sprachliche Assimilation nicht sein Möglichstes tun bedeutet sich im Abseits einzurichten. Das reicht leider auch vielen Menschen, sodaß ich den Satz: „Jeder Mensch, der auf Dauer in einem Land, egal in welchem, bleiben und leben will, ist natürlich selbst daran interessiert, sich in der Landessprache verständlich zu machen“ leider überhaupt nicht bestätigen kann. Als Beweis kann ich wieder an die Rentner am Mittelmeer erinnern… von denen können nach meinen Erfahrungen nur wenige spanisch oder türkisch, und es besteht auch kaum Interesse an diesen Sprachen, obwohl man in diesen Ländern lebt. Ähnlich sieht es in den Einwandererghettos in Deutschland aus, nur kriegt man den Lebensunterhalt bei bestehender, aus dem Sprachunvermögen resultierender Arbeitslosigkeit hier nicht vom Rentenamt der Heimat bezahlt, sondern vom Sozialamt des Gastlandes, was bei den deutschen Rentnern in Spanien und der Türkei nicht der Fall ist.

  103. @ Sarah

    Gerne liefere ich Ihnen ein noch ofenfrisches Beispiel für ein möglicherweise typisches Verhalten. Vorab sei gesagt, dass ich die Regel „Erst aussteigen lassen!“ als sinnvoll, hilfreich, praktisch ansehe, aber natürlich bestehe ich nicht in jeder Situation darauf. Sie scheint in weiten Teilen durchaus noch für „urdeutsche“ Personen zu gelten, im türkisch-migrantischen Umfeld scheint sie jedoch generell unbekannt zu sein. Ob bei Geschäften oder der U-Bahn: es sind so gut wie immer die augenfällig migrantischen Personen, die versuchen, sich an einem vorbeizuquetschen.

    Hier nun mein Erlebnis vom heutigen späten Nachmittag. Als ich gerade dabei bin, den Laden für aufgebackene Teigrohlinge (ehemals: Bäcker) zu verlassen, drückt von aussen eine junge Frau mit ihrem Kinderwagen dagegen. Ein streng moslemisch gebundenes Kopftuch bedeckt ihren Kopf. Hinter ihr steht ein mürrischer, türkisch aussehender Mann mit den Händen in der Tasche, der sich offenbar zu fein dazu ist, ihr die Tür aufzuhalten.

    Ich ziehe also die Tür auf, trete beiseite, mache eine einladende Geste und sage, ihr zunickend, ganz freundlich „Na, junge Frau, dann kommen Sie erstmal rein!“. Die Frau schiebt, ohne mich anzusehen, den Kinderwagen wortlos an mir vorbei und der Mann raunzt mich an „Ey, was machst du meine Frau an?!“.

    Ganz ähnliche Erfahrungen finden sich auch im Blogtalk zum Thema Integration unter
    Alltagserfahrungen mit Türken
    Erfahrungen und Erwartungen

    Stellen Sie sich vor, jemand hat zwischen drei Bewerbern (eine Eriträerin, ein Vietnamese, ein Türke) zu wählen, um zwei Stellen zu besetzen. Er wählt die Eriträerin und den Vietnamesen, aber nicht den Türken. Ist er jetzt ein Drittelrassist oder ein Zweidrittel-Ausländerfreund? Ein Frauenfreund und ein halber Männerdiskriminierer?

  104. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie Deutschland als eine Art menschenverachtenden Willkürstaat betrachten. Dass dem nicht so ist, darf man bereits aus dem Wunsch von Flüchtlingen und illegalen Einwanderern schließen, die in z.B. Griechenland aufgegriffen werden und die gerne nach Deutschland weiterziehen möchten. Darf man Sie also daran erinnern, das Deutschland ein demokratischer Rechtsstaat ist?

    Wenn mein Wort bei Ihnen nicht zählen sollte, darf ich Sie vielleicht an den Satz ihrer Gesinnungsgenossin Jutta R. erinnern „Jeder Mensch, der auf Dauer in diesem Lande lebt oder leben möchte, ob Deutscher, Nicht-Deutscher, Fast-Deutscher, guter, richtiger oder falscher Deutscher, Moslem, Christ, Jude, jung, alt, weiß, schwarz, MUSS sich eindeutig, ohne wenn und aber, zum Grundgesetz und zur bestehenden Rechtsordnung bekennen.“ (Jutta Rydzewski am 20. September 2010 um 16:39:) [1]

    Zu Ihrer Erinnerung, was so alles zu unserer Rechtsordnung direkt und mittelbar dazugehört:

    Gesetze werden von einer parlamentarischen Mehrheit demokratisch gewählter Abgeordneter beschlossen, eine an die Gesetze gebundene Exekutive sorgt für die Durchführung der Gesetze, die Judikative ermöglicht die Überprüfung der Gesetze als solche und ihrer Anwendung im Einzelfall. Die Medien kümmern sich um die Aufdeckung von Missständen, Einzelpersonen und Verbände wachen ihrerseits über die Einhaltung von Gesetzen und Menschenrechten und sind ggf. klagebefugt.

    Das Leben in Freiheit, Frieden und Rechtssicherheit schließt zwei Dinge ein: erstens die Anerkennung des Gewaltmonopols des Staates und zweitens ein austariertes Verhältnis von Vertrauen und Misstrauen in Bezug auf staatliches Handeln. Blindes Vertrauen in staatliche Institutionen halte ich für ebenso falsch wie das von Ihnen offenbar durchgängig an den Tag gelegte Misstrauen.

    Sie sind nun stets die erste, wenn es darum geht, lauthals DISKRIMINIERUNG! zu schreien – und zwar völlig unabhängig davon, ob es sich tatsächlich um eine Diskriminierung handelt oder nicht. In einem Thread dieses Blogs forderte ein Daniel White, in den Medien müssten mehr Afro-Deutsche auftreten, um ein korrektes Bild der bundesrepublikanischen Wirklichkeit wiederzugeben. Bei geschätzten 300.000 bis 500.000 Personen dieses Kreises (also etwa 0,5 Prozent der Bevölkerung) ist bereits schon beim Frühstückfernsehen von ARD und ZDF die Afro-Deutschen-Quote mit Cherno Jobatai um ein Mehrfaches überschritten.

    Dass Daniel White seine Wortmeldung übrigens just in dem Moment lancierte, als der Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler (BFFS) einen zunehmenden Gagenverfall und schwindende Beschäftigungsmöglichkeiten beklagte und neue Verhandlungen forderte, halte ich nicht für einen Zufall. Auch hier scheint es mir wahrscheinlich, dass mit moralisierenden Vorhaltungen eigene Vorteile herausgeschunden werden sollten.

    Und jetzt tischen Sie hier folgenden Fall auf: „17 jähriger Flüchtling aus Afghanistan, lebt etwa seid 3 Jahren hier… soll wenn er 18 ist zurück gehen, weil seine Leistungen in der Schule sehr schlecht waren und er somit die auflagen um hier bleiben zu können nicht erfüllt“ und stellen anschließend die Frage „Das selbst jugedl. Kriegsflüchtlinge, wenn sie die Schule nicht packen, abgeschoben werden… ist das okay für SIE?“

    Ich frage zurück: Gelten die Gesetze oder gelten sie nicht? Wieso verwechseln Sie „soll zurück gehen“ und „abgeschoben werden“? Das ist Propaganda durch Sprachverwirrung. Wenn Sie den Unterschied zwischen „Ausreisepflicht“ bzw. „Ausweisung“ und „Abschiebung“ nicht kennen, lesen Sie’s doch einfach nach!

    Soweit ich weiss, steht den Betroffenen zunächst der Rechtsweg offen. Sollten sie auf diesem Weg unterliegen, können sie sich z.B. an den Petitionsausschauss wenden. Ggf. wird ihr Fall vor der Härtefallkommission des betrefffenden Bundeslandes verhandelt werden. Der FR von gestern entnahm ich z.B., dass von der Hessischen Härtefallkommission in 2010 fast 100 Fälle behandelt wurden. 68 davon wurden als Härtefall anerkannt (die meisten davon kamen aus der Türkei und Kosovo), 27 abgelehnt. Es sei hier auch an den Fall der Familie Katheeb aus Dietzenbach erinnert.

    Dass selbst im Fall einer rechtsgültigen Ausreiseverpflichtung nicht abgeschoben wird, wenn es sog. „Abschiebehemmnisse“ [2] gibt, sollte auch Ihnen bekannt sein, wenn Sie sich zu diesem Thema äußern:

    1. Selbst bei dauerhaft praktizierter Integrationsverweigerung gibt es keinen Automatismus, sondern in den meisten Fällen Ermessenspielräume, selbst bei Fällen wie Zwangsverheiratung, islamistischer Hetze, Kinderziehung zum Hass oder gewaltsamer Frauenunterdrückung (§ 55 Aufenthaltsgesetz).

    2. Es müssen stets „schutzwürdige persönliche, wirtschaftliche und sonstigen Bindungen“ berücksichtigt werden.

    3. Im Aufenthaltsgesetz existiert der „besondere Ausweisungsschutz“ (§ 56)“, z.B. bei mehrjährigem Aufenthalt oder einer „EG-Daueraufenthaltserlaubnis“. Dies reduziert das Risiko einer Abschiebung ebenfalls erheblich. Die Folge davon ist, dass besonders hartnäckige, langjährige Integrationsverweigerer praktisch nicht ausgewiesen bzw. abgeschoben werden können.

    4. Diverse EU-Richtlinien, Assoziierungsabkommen, bilaterale Verträge usw. sorgen zuverlässig dafür, dass diejenigen, sich einer Integration verweigern, (z.T. schwerste) Straftaten begehen oder über viele Jahre keiner Arbeit nachgehen, dennoch in Deutschland bleiben können.

    Kurz gesagt: eine Rückführung findet de fakto kaum statt. Selbst da, wo Abschiebung zur Durchsetzung der Aufenthaltsbeendigung durchgesetzt wird, gibt es in Bundesländern mit SPD- oder Grünenbeteiligung entsprechende Abschiebestopps.

    Laut Migrationsbericht 2005 des Bundesministeriums des Inneren [3] S.99 wurden 2004 23.334 Personen tatsächlich abgeschoben (2005: 17.773, 2006: 13.894, 2007: 9.617, 2008: 8.394). In Berlin ist die Zahl der Abschiebungen von Ausländern innerhalb von fünf Jahren (bis 2005) von 4.000 auf 1.400 gesunken. Während 2005 allein in Berlin nach geltendem Recht 19.787 Personen sofort ausreisepflichtig gewesen wären, wurden tatsächlich nur 1400 Personen abgeschoben, davon laut einer Pressemitteilung des Innensenators Körting, 41 % direkt aus dem Strafregelvollzug (also verurteilte Kriminelle). Das heisst also, dass von fast 20.000 Ausreisepflichtigen gerade mal 7 % tatsächlich abgeschoben wurden!

    Demgegenüber entschieden deutsche Gerichte 2004 über 61.961 Asylanträge (die Zahl der betroffenen Personen liegt u. U. höher), von denen nur 960 als asylberechtigt anerkannt wurden. 1.107 Personen wurde eine sofortiger Abschiebeschutz (gemäß §51 oder §60 AufenthaltG) gewährt, bei 964 wurde ein Abschiebehindernis (gemäß §53 bzw. §60 AufenthaltsG) festgestellt. Man könnte angesichts dieser Zahlen (3000 zu 60.000) von einem massenhaften Missbrauch des Asylrechts sprechen.

    Neuere Zahlen können Sie sich durch Benutzung einer handelsüblichen Internet-Suchmaschine selber zusammensuchen.

    Neben zwangsweisen Rückführungen gab und gibt es übrigens auch die freiwillige Rückkehr samt finanzieller Unterstützung durch den deutschen Steuerzahler (z.B. die Programme REAG und GARP).

    Ich will nicht verhehlen, dass man den Hinweisen von AI, pro asyl und Flüchtlingsrat entnehmen muss, dass es in Einzelfällen ein Fehlverhalten oder gar Versagen von Institutionen und/oder handelnden Personen gab und gibt. Nach Angaben der Antirassistische Initiative Berlin (ARI)(„Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen“ 1993 bis 2004, 12. aktualisierte Auflage), kam es bei rund 420.000 Abschiebungen im genannten Zeitraum zu folgenden schlimmen Ereignissen:

    a) 125 Personen brachten sich angesichts drohender Abschiebung um (48 davon in der Abschiebehaft), 5 Personen starben während der Abschiebung.
    b) 21 Personen kamen im Heimatland (aus unbekannten Gründen) zu Tode, 59 Personen verschwanden im Heimatland spurlos, 384 Personen wurden im Heimatland misshandelt oder gefoltert.

    Es tut mir eigentlich weh, dies in statistischen Begriffen auszudrücken, da jeder einzelne Fall einer zuviel ist. Ich mache es trotzdem: es handelt sich im Fall a) um 0,3 Promille der Abschiebungsfälle [vgl. 4], bei b) sind es etwa 1,1 Promille.

    Demgegenüber liegen die oft genug beschriebenen Fälle vorrangig türkisch-arabischer Integrationsprobleme im 2-stelligen Prozentbereich. (Wobei ich, das sei in aller Deutlichkeit gesagt, natürlich den Tod von Menschen nicht auf dieselbe Stufe stelle wie eine mangelnde Integrationsbereitschaft.)

    [1] [Exkurs]
    Natürlich irrt J.R. hier bereits mehrfach.
    1. Auch jemand, der sich nicht auf Dauer in diesem Land aufhält, ist der hiesigen Rechtsordnung unterworfen. Zwar kann ein Rif-Kabyle es als selbstverständlich ansehen, mit Haschisch zu handeln und es selbst zu konsumieren, hierzulande ist so etwas – zumindest teilweise – strafbewehrt. Wer in einem islamischen Land Verkauf und Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit propagiert und praktiziert, wird vermutlich sehr schnell mit der dortigen Rechtsordnung konfrontiert sein.
    2. Niemand ist hierzulande verpflichtet, sich zu GG und Rechtsordnung zu „bekennen“. Bekennen gehört in die Kirche. Gesetze akzeptiert und befolgt man – wenn auch oft nur zähneknirschend.
    3. „… eindeutig, ohne wenn und aber“ – darüber lässt sich trefflich streiten. Ob ich mich zum „Gottesbezug“ des GG bekennen muss, wage ich zu bezweifeln. Auch die Formulierung im Artikel 20a GG bzgl. des Tierschutzes muss ich nicht ohne wenn und aber akzeptieren. Die großflächige Bekämpfung einer Mückenplage, bei der Abermillionen von Mücken und Mückenlarven getötet werden, halte ich für völlig zulässig.
    [Ende Exkurs]

    [2] http://www.aufenthaltstitel.de/aufenthaltsg.html

    [3] http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/nichtinListe/Migrationsberichte/migrationsbericht_2005.html

    [4] Die Rate beträgt bei Einheimischen ca. 0,13 Promille (auf die gesamte Bevölkerung berechnet, während bei Ausreisepflichtigen z.B. die Altersgruppe bis 16 Jahre unterrepräsentiert ist). Etwa alle 45 Minuten bringt sich ein Mensch in Deutschland um, also ca. 10.000 pro Jahr. Damit sterben mehr Menschen durch Suizid als durch Autounfälle, Gewalttaten, Aids und Drogen zusammen. Bayern liegt bzgl. der Selbstmordrate an der Spitze.
    http://de.statista.com/themen/40/selbstmord/

  105. Hier wird immer von den Selbstmördern gesprochen bzw. geschrieben. Wir sollten aber auch mal über die Leuten reden und schreiben, welche die Selbstmörder in den Selbstmord getrieben haben.

    Diese Leute lassen wir in der Regel aussen
    vor und das finde ich nicht gut.

    Davor ist auch die Presse, Fernsehen und Internet nicht frei. Wie hier manchen Menschen die Ehre und Würde genommen wird, ist schon beängstigend.
    .
    William Shakespeare:
    *Ist meine Ehre hin
    – so ist mein
    Leben hin.*

  106. oje Schnipsel Sie erscheinen mir sehr traumatisiert, Ihre Aussagen fallen meine Definition von Rassismus… ich sage bewusst meine Definition, weils sonst heißt, dass das kein rassismus sei.

    Hm… ja die Gesetze, bei all dem Wirrwar vergisst man, dass es sich bei all den Flüchtlingen, bei all den Türken, bei allen anderen um Menschen handelt… und das Deutschland, nein nicht nur Deutschland, sogar Europa, arrogant auf sie herunterblickt.

    Warum tut ihr so, als gäbe es nur Negativbeispiele, abgesehen dass Statistiken eher positives vermelden, habe ich überwiegend positive Erfahrungen gemacht. Zudem genieße ich es, die Möglichkeit zu haben ganz viel aus dem Leben anderer Kulturen zu lernen… nun ja, schade dass ein großer Teil der Bevölkerung so engstirnig ist… der Sarrazinismus ist leider nicht heilbar 😉 gute nacht

  107. @ Sarah

    Echt niedlich, was Sie sich da so zurechtzimmern! Glauben Sie wirklich, ich ließe mich von irgend einem unhöflichen Rotzlöffel (egal ob türkisch oder deutsch) traumatisieren?

    Darf ich Sie übrigens daran erinnern, dass es sich auch bei „all den Deutschen“, auf die Sie so arrogant herunterblicken, um Menschen handelt?

  108. hmmm… schon klar, dass ich als deutsche auch ein mensch bin. genau das kann man ihnen schnell herauskitzeln, die haltung es seien rotzlöffel.

    und meine persönliche wahrnehmung von rassismus stimmt mit derjeniger sozialkompetenter menschen überein.
    nun ja es muss auch leider die andere seite geben, damit die eigene haltung noch einmal gefestigt wird.

  109. @ Sarah #113

    Offensichtlich tun Sie sich schwer damit, auch mich als Menschen zu betrachten. Da Sie weder auf Argumente eingehen, sondern stets nur Ihre Schubladen aufmachen, und nicht aufhören, mit haltlosen Unterstellungen zu arbeiten, lohnt sich eine Auseinandersetzung mit Ihnen vermutlich nicht mehr. Sie gestehen Sie mir ja nicht einmal zu, eigene Erfahrungen gemacht zu haben und eine eigene Meinung vertreten zu dürfen.

    Also tschüss! In zwei Tagen wird dieser Thread ja eh geschlossen.

  110. @Schnippsel,

    vielen Dank für die große Mühe, die Sie sich in #109 gemacht haben. Die Medien veröffentlichen ja regelmäßig irgendwelche Jammergeschichten, die ich so nenne, weil bisher noch jedesmal verschiedene Indikatoren mir zeigten, daß es volle Absicht des Journalisten war, die Gegebenheiten drastisch und möglichst Anti-Staat und Pro-Flüchtling zu schildern. Viele Menschen wie z.B. Sarah auch fallen dann auf eine solche Berichterstattung herein und tun vor allem das, was sie uns „Rassisten“ vorwerfen… sie verallgemeinern ganz unzulässig… d.h. die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch noch gefärbte, d.h. verfälschte Berichterstattung über einen Einzelfall mutiert plötzlich in etwas, „was der Staat halt mit diesen Menschen generell so macht“. Es war trotz der Tatsache, daß die Lektüre offenbar auch mal jemanden offensichtlich überfordert, sehr nützlich, daß Sie anhand von Statistiken und den entsprechenden gesetzlichen Regelungen detailliert aufzeigten, was der Staat in solchen Fällen fehlender Aufenthaltsberechtigung „tatsächlich alles so macht“… jedenfalls für mich.

  111. wie gesagt es gibt die beiden seiten…

    dass es sich bei der anderen seite auch um menschen handelt, die schlechte erfahrungen gemacht haben bezweifel ich nicht, ich brauche nicht auf die ihren argumente eingehen schnipsel, da ich das bereits in anderen diskusionen getan habe und mir die finger wund tippen würde. ich würde ihnen immer das gleiche entgegen bringen, wie sie mir.

    und natürlich ist mir auch bewusst, dass es diejenigen sehr eifersüchtigen ehemänner auch gibt, die krankhaft reagieren. ich gehe sogar so weit, zu sagen, dass man so etwas teilweise tatsächlich manchmal an kulturellen hintergründen festmachen kann… allerdings kenne ich auch die andere seite.

    lieber max, wenn sie sich mal mit den aussagen von pro asyl befassen würden, können sie sich eventuell vorstellen, wie dreckig es manch einem flüchtling in deutschland ergeht und dass es mittlerweile wirklich wenige flüchtlinge hierher zieht.

    Fazit:
    die türken oder türkischstämmigen menschen (ab der 2. generation) in deutschland sprechen kein mangelhaftes deutsch und oh wunder, die jungen frauen mit kopftuch, die zuhause überwiegend türkisch sprechen, sprechen sogar oft besser deutsch als andere.

    diese aussichtslosen diskussionen führen immer in ein loch

  112. @Sarah,

    Pro Asyl ist eine extreme, einseitige Lobbyorganisation, die obendrein mit eigentlichem „Asyl“ nichts zu tun hat. Alles was die wollen ist den Weg für möglichst viele Menschen aus der dritten Welt nach Deutschland/Europa zu öffnen, nach dem Motto: Jeder, der möchte, soll kommen. Diese extreme Einseitigkeit, und das die nichts mit unserem „Asyl“ am Hut haben, können Sie daran erkennen, daß Pro Asyl sich NOCH NIEMALS erkennbar dafür ausgesprochen haben, daß Menschen, die das Asylrecht erwiesenermaßen mißbrauchen, das Asylrecht auch verweigert werden muß. Man muß daher davon ausgehen, daß es für Pro Asyl solche Fälle einfach nicht gibt, denn sie verstehen das Asylrecht ganz anders, als es im GG besteht: Jeder, der möchte, soll kommen dürfen. Damit sind sie nicht pro Asyl, sondern UNTERHÖHLEN das Asylrecht. Hätte Pro Asyl die alleinige Bestimmungsgewalt über die Asylpraxis, hätten wir jedes Jahr Hunderttausende „Asylanten“, d.h. überwiegend Wirtschaftsflüchtlinge hierzulande. Das würde dann so lange gutgehen, bis die Einheimischen rebellieren, eine Art Bürgerkrieg ausbricht, oder die Geldmittel ausgehen, diese „Asylanten“ staatlicherseits zu alimentieren.

    Man schaue sich z.B. den aktuellen SCHWACHSINN auf der Homepage von Pro Asyl an… 200000 Flüchtlinge fliehen aus Libyen, man solle diese Flüchtlinge doch bitte aufnehmen. Manifest SCHWACHSINNIG ist das deswegen, weil es in Libyen sehr viele Gastarbeiter gibt, vorwiegend aus Tunesien und Ägypten, und es vorwiegend genau diese Gastarbeiter sind, die jetzt eben angesichts der Lage in Libyen in ihre jeweilige Heimat zurückkehren. Diese Menschen würden sich ganz schön wundern, was Pro Asyl für sie so vorsieht: Die Umsiedelung aus ihrer Heimat in Tunesien oder Ägypten nach Deutschland.

    Die manifeste Devise von Pro Asyl, die sich umnennen müssten in Pro Alle: „Jeder, der kommen will, soll kommen“ ist ja überhaupt kein Problem. Der Bundeshaushalt umfasst ja Milliarden, da könnte man die Alimentation von Millionen Wirtschaftsflüchtlingen doch locker sicherstellen, oder man weitet die Niedriglohnarbeitsplätze noch ein wenig auf andere Branchen aus, sodaß die Deutschen sich weigern, diese Arbeitsplätze zu besetzen… und die Tunesier und Ägypter und alle anderen, die lieber hier sein wollen als in der Heimat, können sie dann erledigen.

    Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß es unabhängige Organisationen geben muß, die die Asylpraxis überwachen, aber es sollten nicht solche Leute sein, die eine derart kriminelle Falschauffassung davon haben, was die gesetzlichen Grundlagen und Absichten unseres Asyls sind.

  113. wie schon gesagt, die diskussion führt in ein loch, ich sehe es nun mal andersherum. mag man mich nun als öko-sozo, linken gutmensch usw. betiteln— da steh ich dann dazu 😉

  114. „Pro Asyl ist eine unabhängige Menschenrechtsorganisation, die sich für den Schutz und die Rechte verfolgter Menschen in Deutschland und Europa einsetzt. Neben Öffentlichkeits- und politischer Lobbyarbeit, Recherchen und der Unterstützung bundesweiter Initiativgruppen will der Verein Flüchtlinge in ihren Asylverfahren begleiten und konkrete Einzelfallhilfe leisten.“(Wikipedia)

    „Pro Asyl ist eine EXTREME, EINSEITIGE LOBBYorganisation…“ (Max Wedell, Hervorhebung durch mich).

    Pro Asyl verhilft Menschen zu ihrem RECHT, auf der Grundlage unserer Verfassung und Gesetze. Suggerieren Sie bitte nicht, diese Organisation wolle alle armen Menschen nach Deutschland holen. Und seien Sie froh, dass es solche Organisationen gibt.

  115. @119 I. Werner

    „Pro Asyl verhilft Menschen zu ihrem RECHT, auf der Grundlage unserer Verfassung und Gesetze. Suggerieren Sie bitte nicht, diese Organisation wolle alle armen Menschen nach Deutschland holen. Und seien Sie froh, dass es solche Organisationen gibt.“

    Dem schließe ich mich vollinhaltlich an. Aber was wollen Sie von einem Assimilierungsfetischisten, der auch noch den „Experten“ für Asylfragen mimen will, anderes an „Einschätzung“ erwarten? Eine hoch respektable Organisation, die sich für den Schutz und die Rechte verfolgter Menschen einsetzt, passt natürlich nicht in die typische wedellsche Stolzdeutschenwelt. Übrigens, der 06.12.1992, an dem der so genannte „Asylkompromiss“ von den üblichen Kumpanen, CDU/CSU/FDP/SPD, im Deutschen Bundestag beschlossen wurde, war, ist und bleibt ein rabenschwarzer Tag für dieses Land. Das individuelle Grundrecht auf Asyl wurde faktisch abgeschafft. Die erforderliche Grundgesetzänderung war auch nur möglich, weil sich die so genannte SPD (mal wieder) an dieser Schande beteiligte. Vom ursprünglichen Asylrecht, seinem Inhalt und Geist, blieb so gut wie nix mehr übrig. Die parteiübergreifenden Asylabschaffer hatten offenbar vergessen, was den Artikel 16 (GG) in seiner ursprünglichen Form so wertvoll gemacht hatte, und warum der Parlamentarische Rat sich dafür entschieden hatte, im Grundgesetz das Grundrecht auf Asyl aufzunehmen. Aber was heißt in diesem Lande, bei dieser Politikermischpoke schon Grundgesetz? Wenn es nicht passt, wird es passend gemacht, und wenn das nicht möglich ist, wird es eben verletzt. Aber wehe, Sie oder ich gehen bei Rot über die Ampel, dann ist aber in Stolzland der Teufel los.

    mfg
    Jutta Rydzewski

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