Zwei Euro – wie großzügig!

Die Milch macht’s. Außer wenn man allergisch auf Kuhmilch ist. Aber auch darüber hinaus hat die Milch derzeit Allergiepotenzial, denn sie ist mit einem Schlag deutlich teurer geworden. Dazu gleich als erstes eine Beobachtung von Monika Remlinger aus Herne:

„Ich finde es eigentlich in Ordnung, dass Milcherzeuger angemessene Preise für ihre qualitätsvollen Produkte erhalten. Ich fühle mich auch als Weltbürgerin und finde es gut, dass Chinesen und Inder sich heute mehr leisten können als früher. Also gut – kostet die Milch eben ein paar Cent mehr.
Doch dann gehe ich in meinen Supermarkt. Der ist in einem Stadtteil, der nicht zu den besseren Wohngegenden zählt, aber auch nicht extrem arm ist, ganz normal also. Im Laden ist es voller als sonst um diese Uhrzeit. Hinter mir registriere ich folgenden Dialog:
‚Guck mal, das ist jetzt auch teurer. Mensch, wer soll das denn bezahlen, ständig erhöhen die die Preise und wir kriegen nicht mehr.‘
‚Ja, die sollten Hartz IV mal erhöhen. Demnächst kann man nur noch klauen hier.‘
An der Kasse geht es nicht weiter. Typisch! Die letzte Kundin kommt mit ihrem Bon zurück und beklagt sich über den Milchpreis:
‚Die kostet doch sonst immer viel weniger.“
Die junge Kassiererin sagt:
‚Ja, alle Milchprodukte sind teuerer geworden, teilweise bis zu 50 Prozent.‘
Die Kundin steht da mit einem kleinen Mädchen an der Hand. Sie möchte nun den süßen Joghurt zurückgeben. Es ist ihr einfach zu viel Geld.
Irgendwie gruselt es mich jetzt doch. Bloß ein paar Cent mehr für Milch?“

Auch wenn der Handel trotz steigender Preise bei Milchprodukten nicht mit einer breiten Verteuerung von Lebensmittel rechnet – die Preissteigerung erregt die Gemüter. Sie hat viele Gründe und bringt sogar Politiker in Rage. Doch einen Nachschlag bei Hartz IV – für diejenigen also, die von diesen Erhöhungen am stärksten betroffen sind – soll es trotzdem nicht geben.

Brigitte Holdinghausen aus Frankfurt ärgert sich vor allem über die abzockenden Supermärkte:

„Was mich wirklich ärgert, sind nicht etwa die gestiegenen Preise für die Milchprodukte – sofern die Milchbauern davon profitieren, soll’s mir Recht sein. Wirklich zum Ärgern ist die Abzocke, die von den Supermärkten bereits seit Montag, 30. Juli, stattfindet.
Da werden schamlos die Milchprodukte, die „von der Halde“ kommen schon mit den Preisaufschlägen bedacht, die eigentlich erst ab dem 1.August wirksam werden sollten. Und selbst jetzt sind die Preise noch nicht gerechtfertigt, weil die Produkte noch zu den alten Preisen eingekauft worden waren. Davon kriegen die Milchbauern nämlich keinen Cent ab, sondern das geht in die Kassen der Supermarktketten. Werden damit die nächsten ‚Sonderangebote‘ bei Milch, Käse, Quark, Joghurt oder Butter vorfinanziert?“

Margret Heym aus Frankfurt hat nachgerechnet, wie sich die Situation von Hartz-IV-Empfängern nun verändert:

„Kein Nachschlag für Hartz IV-Empfänger? Da wurden doch erst kürzlich die Regelsätze um 1 bzw. 2 € großzügig erhöht! Mit nunmehr 347,–€ dürfte es doch wohl kein Problem sein, neben den alltäglichen Lebenshaltungskosten auch Brillen, Zahnersatz, Batterien für Hörgeräte, nicht verschreibungsfähige Medikamente, Ersatzmobiliar etc. zu finanzieren und außerdem noch kräftig zu sparen für unvorhergesehene finanzielle Belastungen.
Nach Abzug des Kindergeldes haben glückliche Hartz IV-Eltern nun immerhin noch monatlich 54,–€ für ihre unter 14jährigen Kinder, um nicht nur Lebensmittel zu kaufen, sondern auch Schulbedarf, Kleidung, Spielzeug und was die Kleinen sonst alles noch so brauchen.
Die Kosten für Lebensmittel spielen für Hartz IV-Bezieher ja ohnehin keine Rolle, seit wir von Herrn Müntefering wissen, dass diejenigen, die nicht arbeiten, auch nicht essen sollen!“

Auch Rentner können nun Hurra schreien, meint Klaus-Dieter Hirz aus Frankfurt:

„In den Artikeln der FR werden die Hartz-Empfänger als Leidtragende der nicht erklärbaren Preissteigerungen für Milchprodukte angeführt. Doch nicht nur Milchprodukte sind teurer geworden, sondern auch Strom, Heizung, öffentlicher Nahverkehr, bei den Lebensmittel ist jetzt Getreide, sprich Brot im Gespräch.
Mit den rasanten Rentenerhöhungen von 0,54% können die Rentner, besonders die Witwen laut Hurra schreien. Mancher Hartz IV- Empfänger, unter dem Gesichtspunkt der Mietleistungen und anderer kleiner Hilfen, ist ein König gegen eine Witfrau, welche sich schämt, gesetzlich verbriefte Leistungen anzufordern. Pfui, ihr Politiker, muss man sagen, dass ihr solche Preistreibereien noch unterstützt. Die Armen werden ärmer und die Mandatsträger samt Wirtschaftsbossen werden reicher. So etwas nennt man sozial-christliche Marktwirtschaft.“

Ob Gunther Schirmer aus Leipzig das Folgende wirklich so meint?

„Es geht auch ohne Butter. Und ohne Milch. Und auf das, was landläufig so als Jogurt bezeichnet wird, sowieso. Käse kauft man beim Holländer und Schokolade macht dick. Und die Aldi, Lidl und wie die Wohltäter alles heißen, werden es schon richten. Diese dauernde Panikmache kotzt einen an!“

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13 Kommentare zu “Zwei Euro – wie großzügig!

  1. Da wäre doch noch eine Anmerkung fällig: Ich dachte immer, die Chinesen (auch Japaner, Koreaner etc.) könnten aufgrund ihres Metabolismus keine Rindermilch vertragen. Wozu brauchen die also jetzt auf einmal so viel Milch?

  2. Eigentlich waren die Erhöhungen doch schon lange fällig, wie der Streit der Erzeuger vor einem Jahr mit Aldi zeigte. Aber geht es jetzt auf diesem Markt so zu wie bei der Benzinpreisgestaltung der Ölkonzerne ?

    Vor Weihnachten und Ostern und dem türkischen Zuckerfest (erhöhte Backtätigkeiten und Schokoladenkonsum!) steigt dann jeweils der Milch- und der Butterpreis ? Vielleicht sollte man dann den alten Werbeslogan “Milch macht müde Männer munter“ in “ Milch macht mehr Minus mit meinen Moneten“ umformulieren ?

  3. @ 4. Kommentar von: Hajo Gebhardt

    Lieber Herr Gebhardt,

    so geht’s mir auch (zu oft) hier im Blog.

    Gruß

    U.T.

  4. Hach, danke Herr Hirz für die aufbauenden Worte.
    Jetzt fühle ich mich doch wirklich so recht königlich. (Leider nur noch für zwei Jahre, dann gehöre ich auch zu den Rentnerinnen.)
    Von der üppigen HartzIV-Erhöhung von 2 Euro hab ich nicht viel, da mir die Mainova schon vor 2 Monaten mitteilte, dass sie leider den Strompreis geringfügig erhöhen müsse. Aber die Erhöhung sei sehr moderat und mache ja n u r 2,36 € pro Monat aus. Wenn ich also jeden Monat 2,36 € zurücklege um die Nachzahlung der nächsten Jahresabrechnung bezahlen zu können habe ich faktisch -,36 € weniger.
    Mich würde außerdem brennend interessieren, welche anderen kleinen Hilfen man bei HartzIV noch bekommt.
    Können sie mir da weiterhelfen?
    Wenn man schon so schamlos ist, der Allgemeinheit auf der Tasche zu liegen, will man doch auch alles mitnehmen. (Achtung: Ironie)
    Zustimmen muß ich allerdings Ihrer Politikerschelte. Herr Müntefering findet die Forderung nach Hartz IV-Erhöhung „absurd“.
    Absurd ist die jährliche Erhöhung der Politiker-Diäten.

  5. Erklärung kleinere Hilfen:
    Wird jemand nach 35 Jahren arbeitlos, hat sich in
    dieser Zeit mitels eines Bausparvertrages eine
    Wohnung gekauft, muß diese Wohnung nicht verkaufen, wenn die betroffende Person
    HartzIV erhält. Die Bewirtschaftungskosten,
    die Schuldzinsen (ohne Tilgung), Wohngeldnachzahlungen (unter Abzug Heizung + Warmwasser) und Sonderumlagen der Eigentümergemeinschaft werden übernommen.
    Einmal im Jahr kann es Kleidergeld geben.
    Weiterhin geht ein lebensnotwendiger Einrichtungsgegenstand (Kühlschrank/E-Herd)
    defekt, erfolgt auch hier Hilfe.
    Eine 70 jährige Frau, welche 690.– Euro
    Witwenrente erhält, und keine Fallbetreuer hat
    und noch das sogenannte Sozialamt meidet,
    geht halt zur Frankfurter Tafel um satt zu werden und dort findet sie vielleicht eine
    Person der sie über ihre Rechte aufklärt.

  6. Lieber Herr Hirtz,
    bevor sie irgendwelche Behauptungen in die Welt setzen, sollten sie sich genauer informieren.
    Kleidergeld und Ersatz defekter Haushaltsgeräte gibt es nicht mehr. Dazu sind 10% der 347,–€ vorgesehen, die der Leistungsempfänger monatlich für größere Anschaffungen und Norfälle zurücklegen soll.
    Nur wie man Geld zurücklegen soll, wenn es eh schon hinten und vorne nicht reicht, wird nicht verraten.
    Und die Eigentumswohnung oder ein Haus darf er auch nur behalten, wenn eine bestimmte Größe nicht überschritten wird.
    Um nochmal auf das jährliche Kleidergeld zurückzukommen: das gab es auch schon zu Sozialhilfezeiten nicht mehr. Stattdessen gab es pro Monat 25,– € mehr, die für evtl. Kleiderkäufe zurückgelegt werden sollten.

  7. Vielleicht sollten diejenigen, die hier die „großzügigen 2€“ loben, sich einmal die Zahlen besorgen, wie Hartz IV dimensioniert ist: Ich finde es schon erstaunlich, dass einem Wehrdienstleistenden fast doppelt so viel Verpflegungsgeld zugebilligt wird. Aber sobald Kinder im Spiel sind, wird es ja richtig gruselig.

    Ohne jetzt zu weit abzuschweifen: Die Peitsche (Leistungskürzung) ist da, wo bleiben das Zuckerbrot (Arbeitsstellen)? Und wenn dann auch noch die „Bundesagentur für Arbeit“ Überschüsse erwirtschaftet …

    Aber zurück zum Thema: Letzte Woche im Urlaub musste ich ja „die Enthüllung“ schlechthin auf der Titt^WTitelseite der Zeitung mit den großen Buchstaben lesen: Der Ökosprit sei an den Getreidepreisen schuld. Komisch nur, dass das Getreide dafür gar nicht zum Brotbacken geeignet ist. Eigentlich ist dies ein zu ernstes Thema, um es als „Sommerloch“ zu verheizen, oder?

  8. Liebe Mitmenschen habt ihr vielleicht schon mal daran gedacht dass die Leitmedien vielfach als verdummungsinstrument missbraucht werden. Man nennt das auch desinformation oder pr.kampagnen oder neudeutsch auch akzeptanz-kampagnen. Manchmal wird auch ziemlich geflunkert (gelogen) alles selbstverständlich nur um das geschäft das ansteht zu optimieren.
    Worauf ich hinaus will, die aktuellen preiserhöhungen im einzelhandel sind einem gewissen nicht unerheblichen teil der tatsache geschuldet, dass die ladenschlusszeiten in jüngster zeit erheblich erweitert wurden. Mehr löhne mehr betriebskosten für den laden und so weiter. Jetzt wirft pr-menschen ein paar infos in einen topf und schon ist anscheinend genug argumentation für dass profitable geschäft vorhanden.
    Quintesens glaubt nicht jeden mist, denkt selber mit gesundem menschenverstand und vor allem lasst euch nicht alles gefallen. Wir verbraucherInnen haben noch immer das letzte wort bzw die entscheidungsmacht.

  9. Nach Mirrats Vorschlag: Dann lasst uns doch mal zum Bauern unseres Vertrauens gehen und ihn nach den Preisen der Nahrungsmittelrohstoffe fragen.

  10. Klagen und Meckern ist okay, doch darf’s auch ein bisschen mehr sein wie z.B.:
    VerbraucherInnen aller Länder vereinigt euch?!!

  11. Ich hab da mal ne Frage:
    Wenn die Inder und Chinesen und wer weiß noch die Weltpreise für Milch oder Getreide nach oben treiben, müsste doch auch z.B. in Frankreich die Milch teurer geworden sein. Wie sieht es diesbezüglich eigentlich in Rest-Europa aus?

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