Barack Obama ist im Amt und macht sich gleich daran, eines seiner wichtigsten Wahlversprechen einzulösen: Das umstrittene Gefangenenlager Guantánemo soll geschlossen werden. Die Verfahren vor den Militärkommissionen sollen zunächst für 120 Tage ausgesetzt werden, und inzwischen soll überprüft werden, ob das System der Sondergerichte komplett abgeschafft werden kann. 245 Häftlinge befinden sich noch dort, davon sind 22 als Kriegsverbrecher bereits angeklagt. Viele Detailfragen sind noch zu klären, doch das Signal an die Welt ist eindeutig: Guantánamo gilt weltweit als Symbol für die Hybris der ehemaligen US-Administration, die meinte, Brüche des Völkerrechts begehen und trotzdem als Vorbild für die Welt gelten zu können.
Die FR-Leser wünschen dem neuen US-Präsidenten viel Glück. Jutta Rydzewski aus Bochum meint:
„Ohne jeden Zweifel eine beeindruckende Antrittsrede des neuen US-Präsidenten. Er hat deutlich gemacht, dass er die Hand ausstrecken will, auch in Richtung der muslimischen Welt: ‚So sage ich zu allen Völkern und Regierungen, die heute hier zusehen: Amerika ist ein Freund jeder Nation und jedes Mannes, jeder Frau und jedes Kindes, die eine Zukunft in Frieden und Würde anstreben.‘ Ich habe ihn so verstanden, dass er im Gegensatz zu seinem Vorgänger dialogisch und nicht ideologisch handeln will. Dazu gehört auch ein klares Bekenntnis zur internationalen Zusammenarbeit und eine radikale Abkehr vom Unilateralismus der Bush-Administration. Die Stärke einer Nation basiert nicht auf der Macht ihres Militärs oder ihres Reichtums, sondern auf der Kraft ihrer Ideale. Obama sprach von Grundwerten wie Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. Demnach soll wohl wieder die Stärke des Rechts und nicht wie unter Bush das Recht des Stärkeren in den Mittelpunkt gerückt werden.
Noch ein letztes Wort zu seinem Amtsvorgänger. Bush hat die Welt zweifellos näher an den Abgrund geführt und auch seinem eigenen Land ungeheuer geschadet. Sein ‚Verdienst‘ ist jedoch, dass er einen Obama erst möglich gemacht hat. Nun bleibt abzuwarten, ob und in welcher Form Obama seinen Worten Taten folgen lässt. Eine Hoffnung ist er allemal, und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Ganz realistisch betrachtet wird Obama, ob außen- oder innenpolitisch, die hohen Erwartungen jedoch gar nicht erfüllen können. Daran gemessen kann er letztlich eigentlich nur verlieren (hoffentlich nicht sogar sein Leben).
Es wird zwangsläufig zu großen Enttäuschungen kommen. Aber warum sollte die Welt, die doch täglich verkommener wird, nicht auch mal eine kurze Zeit innehalten und träumen? Ein Landsmann von Obama, Mark Twain, hat das wunderschön ausgedrückt: ‚Trenne dich nicht von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.'“
Kurt Lennartz aus Aachen:
„Wir sind derzeit scheinbar bundesweit unisono froh, dass die Regierung Bush Vergangenheit ist. Erinnern wir uns: Allenfalls dem Zufall der Geschichte, nämlich weil Angela Merkel nicht damals schon Bundeskanzlerin war, ist es zu verdanken, dass keine Zinksärge aus dem Irak nach Deutschland geflogen werden. Erinnern wir uns: Viele, die derzeit Bush als unbeliebtesten US-Präsidenten aller Zeiten bezeichnen, haben seinerzeit den Widerstand gegen seine Kriege und Folterungen als „plumpen Anti-Amerikanismus“ diskreditiert. Sicher aber hat dieser gemeinsame weltweite Widerstand vieler Millionen Menschen dazu beigetragen, dass die Bush-Regierung ihre detailliert geplanten Einmärsche in den Irak, Iran und in Syrien nicht zu Ende führen konnte.
Wenn uns gelungen ist, diese Wolfowitz-Rumsfeld-Pläne zu kippen, sollte es erst recht möglich sein, Obama mit gleicher Kraft zu unterstützen. Es reicht allerdings nicht, auf den Hoffnungsträger zu vertrauen und ansonsten untätig zu bleiben.“
Georg Pape aus Hochheim:
„Volker Schlöndorff mag ein international renommierter Filmproduzent und -regisseur sein. Als solchen schätze ich ihn seit vielen Jahren. Doch in seinem Kommentar zur Inauguration Barack Obamas offenbart er einen unerträglichen blinden Fleck. Wenn denn die Inszenierung der Vereidigung des neuen Präsidenten sein Hauptthema ist, ist es eine grobe Unterlassung, nicht zu vermerken, dass deren Dramaturgie gespickt war mit Hinweisen auf Martin Luther King sowie Anklängen seiner berühmter Rede beim Marsch auf Washington am 28.8.1963. Das begann mit dem Lied von Aretha Franklin und endete noch lange nicht mit dem Fußmarsch der Obamas zum Weißen Haus.
Der Amtsantritt Obamas ist wahrhaftig ein historisches Ereignis. Aber dieses Ereignis hatte seine Geburtsstunde, als ein schwarzer Pastor (!) eine riesige Menge rechtloser Menschen mit seinem Traum elektrisierte. Und dieser Traum war gespeist aus der christlichen Überlieferung und dem unerschrockenen Glauben an die Befreiung aus jeglicher Sklaverei. Kings Predigt war angefüllt mit Zitaten aus dem Alten Testament wie diesem: ‚Es ströme aber das Recht wie Wasser und Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach‘ (Amos 5,24). Nach Schlöndorffs ideologisch getrübter Einschätzung hat Martin Luther King da wohl nur ’seinen Sermon abgesondert‘. Wenn aber dieser ‚Sermon‘ die gleiche Begeisterung bewirken und mindestens die C-Partei unseres Landes auch nur annähernd mit dem nachhaltigen Traum vom Land der Gerechtigkeit, des Friedens und der Bewahrung der Schöpfung infizieren könnte, dann – lieber Herr Schlöndorff – hätte ich nichts dagegen, dass ein so kluger Mann wie Bischof Huber das Gebet um den Segen Gottes bei der Amtseinführung von Angela Merkel spricht. Vielleicht ist es ja gerade das, was uns fehlt.“
Marianne Henrici aus Frankfurt
„Obama ist wirklich nicht der ersehnte Messias (der kommen wird und wahren Frieden – Shalom! – stiften wird, er wird aber nicht als amerikanischer Präsident erscheinen!), und auch er wird es wie Bush mit realem „Bösen“ zu tun bekommen. Wünschen wir ihm Weisheit und Kraft vom Allerhöchsten, dass er nicht die gleichen Fehler wie Bush, aber auch keine anderen gravierenden Fehler macht.“
In seiner Berliner Rede vergangenes Jahr zeigte Obama öffentlich an, nicht unaufgeklärt zu sein als er davon sprach, der trennenden Mauer nicht auch noch artifiziell weitere hinzuzufügen. Dass die USA überhaupt mit Guantanamo versuchten, bereits gegen dieses stets existente eine Trennende anzugehen und dadurch für sich längstens bekannt Mechanismen in Gang setzten, die im Ruin enden, war schon bemerkenswert. Hinwieder die dadurch eingetretenen desaströsen Effekte für sich nun zu gewärtigen, wird alle Hände verlangen und es ist nicht absehbar, ob die negativen Wirkungen zum Stillstand gelangen bzw. sich überhaupt positiv wandeln.