Der Diktator und der große Friedensstifter

JongEs ist erstaunlich, wozu US-Präsident Donald Trump in der Lage ist, wenn er etwas will. Er kann dann sogar freundlich sein, charmant und lustig! Aber schauen Sie sich dieses Bild vom Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Dikator Kim Jong Un bitte einmal etwas genauer an. Würden Sie einem dieser beiden Herren auch nur für eine Minute über den Weg trauen?

Das Gipfeltreffen von Singapur wird als historisch eingeordnet. Nun ja, tatsächlich hat sich erstmals seit dem Koreakrieg ein US-Präsident mit dem nordkoreanischen Diktator getroffen. Das kann man wohl als historisch bezeichnen. Herausgekommen ist eine Gipfelerklärung voller Wischiwaschi. Hat man etwas anderes erwartet? Nein, natürlich nicht. Wischiwaschi ist quasi das Kennzeichen von Gipfelerklärungen. Der G7-Gipfel im kanadischen La Malbaie hat auch nur Absichtserklärungen hervorgebracht. Allerdings recht konkrete. Trotzdem wurden die Gipfelteilnehmer von Donald Trump heftig vor den Kopf gestoßen: Er zog die Zustimmung der USA zu dem Abschlussdokument ein paar Stunden nach seiner Abreise via Twitter zurück. Ein nie dagewesener Vorfall. Aber nachvollziehbar, aus Trumps Perspektive, denn von den G6 wollte er ja nichts, im Gegenteil: Er hat zu viel von ihnen. Zu viel europäischen Stahl, zu viele deutsche Autos und generell zu viel Handelsdefizit. Was wohl, nüchtern betrachtet, daran liegt, dass die Europäer viele gute Waren produzieren, die die Amerikaner gern haben wollen.

Deswegen gibt es jetzt Handelskrieg. Auch mit China hat Trump eine Front eröffnet. China antwortet mit Strafzöllen in gleicher Höhe auf US-Produkte, ebenso wie die Europäische Union. Das dürfte noch spannend werden, denn bei Handelskriegen haben Völker in der Geschichte bisher niemals profitiert. Doch Trump bedient natürlich nur die Interessen seiner Wählerschaft, und die findet „America first!“ auch weiterhin richtig. Vielleicht ist das wirklich ein Weg zurück in die Zukunft. Auch in Europa gibt es diese Tendenzen. Man kann darin eine Reaktion des Wahlwolks auf eine Globalisierung erkennen, von denen es nicht nur nicht profitiert hat, sondern die ihm sogar etwas abverlangt hat: stagnierende bis sinkende Löhne, eine schrumpfende Mittelschicht, Angst vor dem sozialen Abgleiten, um nur drei Faktoren zu nennen. Kann man; und man läge damit wohl nicht falsch.

Die Antwort darauf hat das Gesicht von Donald Trump. Schauen Sie es sich noch einmal an. Oben ist das Bild zu sehen. Es ist das Gesicht eines Mannes, der was will.

Balken 4Leserbriefe

Walter Unger aus Maintal meint:

„Die Lehre aus der Trump-Kim-Show ist für die Führung des Iran eindeutig und für den Rest der Welt erschreckend: Man muss Atombomben bauen und Raketen entwickeln, die auch die USA bedrohen, um mit Trump ins Gespräch zu kommen und ihn zu Zugeständnissen zu bewegen. Wäre es unter diesen Umständen bei den Verhandlungen über Strafzölle für die Europäische Union vielleicht hilfreich darauf hinzuweisen, dass es selbst nach dem Brexit noch französische U-Boote mit Atomraketen gibt?“

Otfried Schrot aus Ronnenberg:

„Donald Trump hat es verstanden, den Scheinwerferkegel der öffentlichen Aufmerksamkeit voll auf die wenigen Atombomben des „kleinen Kim“ zu richten, während von den anderen 14920 Atomsprengköpfen in den Händen von acht Staaten kein Mensch redet. Vom scheinheiligen Atomwaffensperrvertrag von 1968, in welchem sich die Atommächte einmal verabredet hatten, alle Atomwaffen abzuschaffen, ist ohnehin keine Rede mehr. Genau so wenig davon, dass alle Mitgliedsnationen der UNO in der Präambel der Charta der Vereinten Nationen – auch Deutschland – ihren Völkern einst versprochen haben, „künftige Generationen vor der Geißel des Krieges zu bewahren“. Leider ist es so, dass sich in der Regel die Nachfolger der Unterzeichner „völkerrechtlich bindender Verträge“ nicht an diese Verträge halten und sie, wie Donald Trump, „kündigen“, genauer gesagt: „brechen“. Wir werden es schon noch schaffen, mit der Kombination von „öffentlicher Profitgier“ (Produktion, Verkauf, Export und Kriegseinsatz von Waffen) und „öffentlicher Schlamperei“(Vernachlässigung der Pflege unseres Lebensraumes durch zunehmende Vermüllung zu Lande und zu Wasser so wie durch die gezielte Zerstörung durch Kriege) uns selber und unseren Lebensraum an den Rand des Ruins zu führen! Die Konferenz von Singapur hat einerseits einen Hoffnungsschimmer erzeugt, andererseits hat Trump der Welt Sand in die Augen gestreut. Die USA sind und bleiben der größte Waffenexporteur der Welt und die größte kriegführende Macht der Welt! Zu Donald Trumps Persönlichkeit: der Mann will keine Kooperation und keine Kompromisse, er fordert Unterwerfung! Solange die von den Regierungen unterstützte und mit Gesetzen geförderte öffentliche Profitgier, die darin besteht, mit opulenten Waffenexporten am Elend der Welt gut zu verdienen, ein größeres Gewicht hat als der organisierte Wille zum Frieden als Voraussetzung für das globale Überleben, wird die Menschheit über dem Abgrund der Selbstvernichtung hängen. Donald Trump und Emmanuel Macron setzen sich z.B. persönlich für den Verkauf der Produkte heimischer Rüstungsfirmen im Ausland ein. Dieser Zustand kann nur überwunden werden durch die Schaffung einer für alle Regierungen, Gruppen und Individuen verbindlichen geschützten und durchgesetzten Weltordnung – mit einer Regelung für die gewaltfreie Lösung internationaler Konflikte – in Gestalt einer Weltverfassung als völkerrechtlichem Nachfolgeinstrument für die inzwischen obsolet gewordene Charta der Vereinten Nationen. Nur dann kann aus der „Verheißung von Singapur“ eine „Erfüllung für die Welt“ werden!“

Manfred Kirsch aus Neuwied:

„Wer den Deal von Donald Trump und Kim Jong Un unter moralischen und menschenrechtspolitischen Gesichtspunkten betrachtet, kann beim besten Willen diesem Abschluss nichts Positives abgewinnen. In Nordkorea herrscht der Diktator Kim Jong Un mit einem totalitären Zwangsregime und verletzt ständig schwer die Menschenrechte und in den Vereinigten Staaten will sich ein egozentrischer Präsident jetzt mit Ruhm über seine angebliche Friedenspolitik in Szene setzen. Es ist schon bezeichnend, dass Trump offensichtlich mehr Sympathien für den brutalen Diktator eines Zwangsstaates als für seine zumindest bisherigen Verbündeten der G7-Staaten empfindet. Es ist mehr als fraglich, ob dieser Vertragsabschluss lange halten und wirklich einen Fortschritt für den Frieden in der Welt bringen wird, zumal zumindest von Seiten Nordkoreas die Illoyalität gegenüber Vertragsabschlüssen bekannt ist und Trumps Unberechenbarkeit schon oft für diplomatische Verwirrungen gesorgt hat. Bleibt nur zu hoffen, dass es in den USA eine kritische Öffentlichkeit geben wird, die es Trump nicht durchgehen lassen wird, sich jetzt als großer Friedenspolitiker darzustellen. Offensichtlich steht ja Trump, wie schon gesagt, von seiner ganzen Charakterstruktur her Diktatoren und autoritären Herrschern weitaus näher als Demokratien und ihrer Politiker. Ich kann daher keine Freude empfinden, wenn der Herrscher eines Staates, in dem Folter und Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind, international durch den Präsidenten der immer noch größten Demokratie der Welt aufgewertet wird und Trump sich selbst mit Hilfe der ihm nahestehenden Medien als Friedensbringer inszeniert.“

 

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5 Kommentare zu “Der Diktator und der große Friedensstifter

  1. Dieser US-Präsident agiert infantil wankelmütig auf der einen und entschlossen aggressiv auf der anderen Seite. Fast erstaunt stellen die arrivierten Mächtigen fest, dass es noch Politiker gibt, die halten, was sie im Wahlkampf versprechen. Das kennen sie ja kaum noch. Und immer sind sie auf der Suche nach dem Wermutstropfen, wenn er denn etwas tut, was kaum einer für möglich hielt. Ein politisches Schmuddelkind, mit dem diese Arrivierten jetzt spielen müssen. Motzig, trotzig und rotzig geht er vor, er stößt sie vor den Kopf und schert sich nicht um Konventionen. Oder nimmt sie in den Arm, säubert das Revers von kleinen Flusen. Und auch das lassen sie sich gefallen. Nehmen Verhandlungen auf über Dinge (Zölle), die sie doch schon einmal für richtig hielten. Und dann sagt er – So nicht! und sie kommen ins Stottern. Irgendwie imponiert mir dieser Donald Trump! Und wer sagt eigentlich, dass die Arrivierten immer das Richtige tun oder getan haben? Sie selbst und ihre Experten. Immer den Blick auf die „Märkte“ und ihre Befindlichkeiten gerichtet. Wen interessierten schon der Wille und das Wollen des Volkes. Man tut sie als dumpfen und dummen Populismus ab – was sie ja auch sein können, aber eben nicht immer. Eine der Quittungen – Donald Trump. Und noch eine – die AFD. Ob ich ihm oder gar Kim vertraue? Nein. Aber das ist auch nicht die Frage. Aber insbesondere den Weg, den er mit Nordkorea eingeschlagen hat, will ich nicht von vorneherein als Irrweg bezeichnen. Ein langer Weg wird es sein, aber auch der beginnt mit einem ersten Schritt. Den hat er nun mal gemacht. Und es sind nun mal nicht immer lupenreine Demokraten und Menschenfreunde, die Atomwaffen horten. Wenn es denn am Ende des Weges eine Atommacht weniger auf der Welt gibt, war sein Schritt der richtige.

  2. In einer heute auf Twitter veröffentlichten Verlautbarung bezeichnet Herr Trump als seines Zeichens amtierender Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika die deutsche Bundesregierung als eine „prekäre Koalition“. Insofern in der Tat weithin keiner intellektuell imstande ist, weil der dazu erforderliche und aus der Lebensnot (Freud) geborene Geist aus nichtigem Anlass heraus seit längerem weltweit einen enorm schweren Stand hat, die gegenwärtig anstehenden Probleme zu lösen, ist die jenseits des Atlantiks geübte Kritik sogar einschlägig. Zugleich muss sich Herr Trump aber auch fragen lassen, ob seine eigenen Praktiken die soziale Lage nicht zusätzlich verkomplizieren und er deshalb vom dortigen Souverän auf demokratische Weise dazu angehalten ist, in seinem kontraproduktiven Gebaren innezuhalten, damit Zeit gewonnen werden kann, um die hiesig inzwischen ins Unerträgliche hinein eskalierdenden Schwierigkeiten bald zu überwinden.

  3. Korrektur: Im letzten Halbsatz meines um 16:30 Uhr geposteten Leserkommentars müsste es „eskalierenden“ und nicht „eskalierdenden“ heißen.

  4. @ Bronski

    „Würden Sie einem dieser beiden Herren auch nur für eine Minute über den Weg trauen?“

    Einen Gebrauchtwagen würde man sicher bei keinem von beiden kaufen. Zum Diktator und Präsidentendarsteller reicht es aber gerade noch.

  5. @ Bertram Münzer

    „Irgendwie imponiert mir dieser Donald Trump! Und wer sagt eigentlich, dass die Arrivierten immer das Richtige tun oder getan haben? (…) Wen interessierten schon der Wille und das Wollen des Volkes. Man tut sie als dumpfen und dummen Populismus ab – was sie ja auch sein können, aber eben nicht immer.“

    Meinen Sie im Ernst, ein Trump interessiere sich für „das Wollen des Volkes“?
    Können Sie mir jemanden nennen, der einen so „dumpfen und dummen Populismus“ pflegt wie ein Trump, garniert mit einem unerträglichen Maß an Menschen- und vor allem Frauenverachtung?
    Ist es das, was Ihnen „irgendwie imponiert“?

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