Wie groß ist der Einfluss von Lobby-Verbänden auf die deutsche Politik? Schwer zu sagen – irgendwie diffus, aber sicher nicht zu unterschätzen. Und genau das ist das Problem: Wo bleibt da die Transparenz? Eine Transparenz, die die Lobbyisten natürlich nicht wollen, denn ihr Einfluss lebt davon, dass er im Diffusen wirken kann. Wie sie ihren Einfluss geltend machen, das hat Michael Bergius in der FR beschrieben. – Das alles sei letztlich nichts anderes als politische Korruption – und ganz normal bei uns, meint Jürgen Kasiske aus Hamburg:
„Herzlichen Dank für Ihre Doppelseite zum Thema Lobbyismus! Allerdings wird es als ‚Thema des Tages‘ noch viel zu niedrig gehängt. Lobbyismus gehört zum ständigen Hintergrund politischer Entscheidungen, wird aber ohne journalistisches Zutun von der Öffentlichkeit überhaupt nicht wahrgenommen. Ich schlage deshalb vor, dieses Themas in der FR noch gründlicher auszuleuchten.
In der Bewertung der von Ihnen dargestellten Strukturen und Aktivitäten sind Sie zu zurückhaltend. Es handelt sich ganz grundsätzlich um politische Korruption, die um so gefährlicher ist, als sie von allen Beteiligten für etwas Normales gehalten wird. Sie verkehrt die Demokratie in ihr Gegenteil, den Kauf der Politik durch Firmen und Verbände, und wir können auch noch gern zum preußischen Dreiklassenwahlrecht zurückkehren. Dann wäre unser Parlamentarismus ehrlicher.“
Rainer Waering aus Mülheim kommt mit Kapitalismuskritik:
„Da wird ein kleiner Beamter verdonnert wegen Bestechung, der ein kleines Geschenk annimmt, und hier wird im großen Stil den Politikern ‚der Alltag versüßt‘. Unsere Kultur wird im Sumpf der Gesetzlosigkeit zugrunde gehen, da kann man die verstehen, die mit den dekadenten, korrupten und kapitalistischen System nichts zu tun haben möchten.“
Ins gleiche Horn stößt Karsten Neumann aus Nürnberg:
„Diese ‚Scheinbeamten‘ sind dann wohl der pervertierte ‚Marsch durch die Institutionen‘, den die 1968er-Generation anpeilte. Wirtschaftsdiktatur juchhe!“
@ Lobbyismus;
ja, was sich hier direkt und subtil tut, ist für den bürger allein kaum erkennbar; dies bedarf des genau und eventuell verdeckt, aber doch zumindest recherchierenden journalismus.
und wie subtil und doch eigentlich offensichtlich der lobbyismus – zumindest der zu vermutende lobbyismus – funktioniert, ist wieder mal im rüstungs-, flug und weltraumtechnikbereich erkennbar.
Da ist doch ein südwesthessischer (Taunus) CDU-bundestagsabgeordneter an/mit einem lokalen reklameblättchen eng verbunden/beteiligt(?), vermutlich auch seine ehefrau; und dieser CDU-Bundestagsabgeordnete ist auch noch berichterstatter für vorgenannte technik im Verteidigungsausschuss des Bundestages.
Und just das mit diesem Rheingau-Taunus-CDU-Bundestagsabgeordneten eng verbundene lokale reklameblättchen hat laut medienberichten – auch heute der FR – gut dotierte Reklameanzeigen der EADS, dem europäischen rüstungs- flug- und raumfahrtkonzern – wie man sagt – geschaltet mit verschiedenen dieser EADS- produkte!
Da bleibt doch nur die berechtigte Frage: Welche Rheingautaunushabitate, bzw. privathaushalte sollten dabei neben haushaltsnahem bedarf, wie butter, käse, gemüse, waschmittel usw. auch noch bedarf für flugzeugtriebwerke, rüstungsgüter usw. haben?
Werfen wir doch mal einen Blick auf den innerhalb der SPD als links geltenden Abgeordneten Prof. Dr. Dr. Karl Lauterbach (Quelle: Dt. Bundestag), der im Gesundheitsausschuss sitzt:
1. Berufliche Tätigkeit vor der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag
Hochschullehrer, Universität zu Köln, Köln
Wissenschaftlicher Berater und Gutachter, Köln
2. Entgeltliche Tätigkeiten neben dem Mandat
AOK Bayern, München, Wissenschaftliche Beratung und Gutachten, März 2006, Stufe 3
AOK Rheinland, Düsseldorf, Wissenschaftliche Beratung und Gutachten, Februar 2006, Stufe 3
Barmer Ersatzkasse, Wuppertal, Wissenschaftliche Beratung und Gutachten, März 2006, Stufe 3
Klinikum Bremen-Mitte GmbH, Bremen, Wissenschaftliche Beratung und Gutachten, November 2005, Stufe 3
Zeno Veranstaltungen GmbH, Heidelberg, (Arzneimittelproduzent), Vortrag, Dezember 2005, Stufe 1
3. Funktionen in Unternehmen
Rhön-Klinikum AG, Bad Neustadt/Saale, Mitglied des Aufsichtsrates, Dezember 2005, Stufe 3; 2006, Stufe 3; 2007, Stufe 3
4. Funktionen in Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts
Wissenschaftliches Institut der AOK (WidO), Bonn, Mitglied des wissenschaftlichen Beirates
@ Prof.Dr.Lauterbach;
er ist allerdings bisher nicht durch lobbytätigkeit aufgefallen, eher mit gegenpositionen zu Pharma- und Ärztelobby!
Eine der größten, wenn nicht sogar die einflussreichste Lobbyistengruppe, ist die Bertelsmann-Stiftung. Sie gibt sich gemeinnützig, ist aber in den meisten Politikfeldern mit ihren Vordenkern aktiv. Im Kuratorium der Bertelsmannstiftung sitzen u.a. der Generaldirektor der Nestlé-AG, der Vorstandsvorsitzende der Eon-AG, der Vice-Chairman der Dt.-Bank-Group, der ehemalige Bundeskanzler Österreichs von der ÖVP oder auch der ZDF-Korrespondent Klaus-Peter Siegloch. In der Bertelsmann-Stiftung arbeiten 300 alimentierte Lobbyisten, die das Ziel haben, politische Entscheidungsprozesse im Sinne der Neoliberalität zu beeinflussen. Zitat Bertelsmann: „Alle Projektmitarbeiter stehen in engem Kontakt zu den Stakeholdern und Zielgruppen ihrer Arbeitsgebiete. So sind sie mit den allerneuesten Entwicklungen und Lösungsvorschlägen in gesellschaftlichen Brennpunkten vertraut. Ihr Know-how stellen sie als Experten den Medien und der weiteren Öffentlichkeit zur Verfügung.“
Ein Beispiel für die Vorgehensweise ist die Gründung des „Gemeinnützigen Centrums für Hochschulentwicklung GmbH“, kurz CHE, dessen Gesellschafter die Bertelsmann-Stiftung und die Stiftung zur Förderung der Hochschulrektorenkonferenz sind.
Private Interessenvertreter sind somit in öffentliche Entscheidungsprozesse involviert. Ziel des CHE ist u.a. die Einführung der Studiengebühren, die Einsetzung von Hochschulräten, Beiräten und Kuratorien, neue Formen der privaten Hochschulfinanzierung, veränderte Strukturierung der inneruniversitären Mittelverteilung. Der Einsatz hat sich gelohnt, wie an den jüngsten Veränderungen des Hochschulwesens abzulesen ist.
An der Spitze des CHE steht Prof. Detlef Müller-Böling (Leitbild: „Die entfesselte Hochschule“), der vom damaligen NRW-Wissenschaftsminister Rüttgers an den Runden Tisch zur Erarbeitung des Hochschulrahmengesetzes berufen wurde. Er ist weiterhin Mitglied der Hochschulstrukturkommission in BaWü und Berater des Bundes Norddeutscher Hochschulen u.a.
Einer der größten Erfolge des CHE ist die Einrichtung des „Initiativkreises Bildung“ unter der Schirmherrschaft des ehemaligen Bundespräsidenten Herzog, zu dem Müller-Böling enge Kontakte pflegt. In diesem Initiativkreis werden Vorschläge zur Erneuerung des Bildungswesens erarbeitet und in die politischen Gremien eingebracht.
Das ist Lobby-Arbeit, die zunächst nicht auffällig ist, aber wirksam in das Staatssystem eingreift, die Legislative aushöhlt und den Boden für das neoliberale Denken bestellt.
@ „CHE“;
ich finde, dass das eine sehr interessante abkürzung ist! ist che nicht auch ein vorname? und ein sehr geschichtsschwerer dazu?
@ #5. „Kommentar“ von: kaika zu „CHE“;
Meine Dampfmaschine hat früher beim Spielen sogar, thematisch hier passend, immer CHECHECHE-CHECHECHE-… gemacht.
Das iss lustig was?
@ 6. Uwe Theel
hallo, herr theel,
glückwunsch, es geht ja kurz und nicht gestelzt.
Passt ja wie die Faust aufs Auge …..