Alle Briefe von Leserinnen und Lesern dieser Woche im Überblick nach ihren Erscheinungstagen und: Offene Diskussion! Lesen Sie in Ruhe oder suchen Sie Ihre Zuschrift gezielt mit der Tastenkombination STRG und F sowie dem Namen als Suchbegriff. Sie finden hier:
- eine Liste der Erscheinungstage einer Woche;
- pdf-Dokumente von den Forum-Zeitungsseiten (klicken Sie dazu bitte auf das „eins“ bzw. „zwei“ von „Seite eins“);
- alle Zuschriften des jeweiligen Erscheinungstags, die keiner hier im Blog laufenden Diskussion zugeordnet werden können;
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- ganz unten das Kommentarfeld, über das Sie mitdiskutieren können.
Bitte stellen Sie ein Stichwort an den Anfang Ihres Kommentars, um anzuzeigen, welches Thema Sie ansprechen. Es gelten die Blog-Regeln – mit einer Ausnahme: Für die offenen Diskussionen ist der Teil der Regel Nr. 4 ausgesetzt, der sagt: Bleiben Sie beim Thema. Hier kann bunt diskutiert werden. Es ist keine Registrierung o.Ä. notwendig.
Im FR-Blog werden die ungekürzten Originalversionen Ihrer Zuschriften veröffentlicht.
Forum vom 28. Juni
An diesem Tag ist krankheitsbedingt kein Forum erschienen.
Forum vom 29. Juni
Seite eins
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Nicht mehr als 10 000
Nationalelf: „Ein Sieg mit Herz, aber wenig Verstand“, FR-Sport vom 25.6.
Löw sollte gegen England im Mittelfeld umstellen. Für Gündogan sollte Neuhaus und im Angriff für Gnabry bzw. Sané sollte Musiala eingesetzt werden. Müller und Goretzka sollten, wenn sie fit sind, von Anfang an spielen. Das Robert-Koch-Institut weist derzeit Großbritannien als Virus-Delta-Variante aus. (steigende Infektionszahlen). Es sollten im Stadion in London nicht mehr als 10 000 Zuschauer zugelassen werden.
Franz Weifenbach, Flörsheim
Gespannt auf die Bilanz
86 Corona-Infektionen nach EM-Spiel: „Viele Fans, viele Sorgen“, FR-Sport vom 26.6.
Die finnischen Behörden machen für einen sprunghaften Anstieg der täglichen Neuinfektionen Fußball-Fans verantwortlich, die von zwei EM-Spielen aus Russland zurückgekehrt sind. Die Zahl ist von etwa 50 pro Tag auf mehr als 100 angestiegen. 86 Corona-Infektionen wurden bislang bei Personen nachgewiesen, die zuletzt über die Landesgrenze zu Russland nach Finnland zurückgekehrt sind. Dabei seien noch nicht alle an der Grenze gemachten Corona-Tests analysiert worden. Rund 800 weitere seien zudem ohne Test eingereist, weil die Testkapazitäten an der Grenze nicht ausgereicht hätten. Es wird deshalb mit einem weiteren Anstieg gerechnet. Nach dem EM-Vorrundenspiel zwischen Dänemark und Russland in Kopenhagen sind bislang 16 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden. Man darf über die endgültige Bilanz gespannt sein!
Peter Dressler, Frankfurt
Forum vom 30. Juni
Seite eins
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Was uns den Rest gibt
Mitte-Studie: „Offen für antidemokratische Propaganda“, FR-Politik vom 23.6.
Noch lange ist nicht aus der Geschichte gelernt. Uns steht als Gesellschaft eine gewaltige Aufgabe bevor, die Entwicklung des Rechtsextremismus in Deutschland in Schach zu halten. Es gab immer diesen dumpfen deutschen Geist. Lange ging’s erträglich gut. Die Corona-Krise und jede weitere gesellschaftliche Verunsicherung werden diese beängstigenden Ergebnisse der aktuellen Friedrich-Ebert-Studie verstärken. Da müssen wir uns nichts vormachen.
Noch immer und weiter sich fortsetzend, bestimmt dieses Unbehagen in der individualistischen und privatisierten, krankmachenden Gesellschaft das allgemeine Klima. Überforderung („Schöne neue Welt“), Entfremdung, offene und latente Angst vor dem Scheitern. Nischenverluste. Dies alles und die Globalisierung mit ihren Auswüchsen geben den Rest. Es ist nicht nur die soziale Ungleichheit.
In jedes Vakuum, in jeden Mangel an Orientierung und sozialen Halt preschen die einfachen Parolen und Verführungen herein, vorzugsweise von ganz rechts. Über die Gefährdung der Demokratie kann inzwischen mit Recht gesprochen werden. Die Betonung der Mitte bei der Forderung klar Position zu beziehen, ist im weitesten Sinne richtig. Denn es geht auch darum die „Feinde“ im eigenen Lager zu sehen: Die Wackelkandidaten, die Gleichgültigen, die Sattsamen.“
Jürgen Malyssek, Wiesbaden
Was für eine Versöhnung!
Zu: „Namibias Opposition ist erzürnt“, FR-Politik vom 10. Juni
Dass die namibischen Oppositionsparteien LPM und NUDO das zwischen der deutschen und der namibischen Regierung geschlossene Versöhnungsabkommen zu dem von deutschen Kolonialtruppen an den Herero und Nama verübten Völkermord ablehnen, ist mehr als verständlich angesichts der Tatsache, dass die Verbände der traditionellen Autoritäten der betroffenen Volksgruppen, die Ovaherero Traditional Authority (OTA) und die Nama Traditional Leaders Association (NTLA), von den Verhandlungen ausgeschlossen worden waren. Stattdessen hatte die namibische Regierung, in der Angehörige der Owambo, der seit dem Genozid größten ethnischen Gruppe in Namibia, dominieren, Personen in den Verhandlungsprozess involviert, die bereits von namibischen Gerichten für schuldig befunden worden waren, weil sie sich zu Unrecht als Nama-Anführer ausgegeben hatten. Zudem ist zu kritisieren, dass das Versöhnungsabkommen keine direkte finanzielle Entschädigung für die Nachfahren der damaligen Opfer, sondern nur finanzielle Hilfen für Projekte der namibischen Regierung in den Siedlungsgebieten der Herero und Nama vorsieht. Dazu hat der Hamburger Geschichtsprofessor Jürgen Zimmerer in einem Gespräch mit der BBC die treffende Frage gestellt: „Wie söhnt man sich mit den Opfern aus, wenn die Opfer sich von dem gesamten Prozess ausgeschlossen fühlen?“ Echte Versöhnung geht anders…
Thomas Tews, Frankfurt
Wofür riskieren Soldaten in Mali ihr Leben?
Bundeswehr in Mali: „Doppelt gescheitert“, FR-Meinung vom 28.6.
Die Bundeswehr zieht nach 20 Jahren aus Afghanistan ab. Gekommen war man zum „Brunnen bauen“. Dem Bundestag obliegt nun die Aufgabe, den „Erfolg“ der 20-jährigen Militäraktion zu bewerten! Viele Tote, Milliarden Kosten und Zustände schlimmer als zuvor!
Die aktuellen Ereignisse in Mali sollten gleich mitbewertet werden! Ich frage die Bundesregierung und die Mitglieder des Bundestages: Wofür riskieren deutsche Soldaten in Mali derzeit ihr Leben? Das sollte nach zwei Putschen korrupter Militärs geklärt werden! Jeden einzelnen Abgeordneten frage ich, wie er die Fortsetzung des Minusma-Einsatzes – jetzt auch bei geplantem Abzug der Franzosen – zu begründen gedenkt. Wenn ich Worte wie „Erschütterung“ und „hinterhältig“ aus politischem Munde höre… Politiker-Worte… Politiker-Worte… Politiker-Worte…. Egal aus welchem Munde sie kommen. Ich werde jeden Wahlkämpfer im Bundestagswahlkampf zur Rede stellen – das ist meine klare Ansage!
Carsten Dietrich Brink, Gauting
Wir verteidigen uns durch Handel und Diplomatie
Das Problem der Landesverteidigung ist eine offensichtliche Fehlbenennung eines Ministeriums. Würde es als das genannt werden, was es ist, wäre eine sachliche Diskussion über Landesverteidigung möglich. Dazu muss das Verteidigungsministerium genannt werden, was es ist: Militärministerium.
Es wäre leichter, objektiv darüber zu reden, dass das Land durch Handel, Bildung, Kulturaustausch, Religionsfreiheit, Diplomatie und Kampf gegen Hunger verteidigt wird. Twens haben an der Universität, der Werkbank und ihrem Nestbau genug zu tun.
Es reicht nicht, Schuldfragen zu erörtern, Kränze niederzulegen und bei Bombenfunden zu evaluieren. Es muss über Landesverteidigung geredet werden, und das Militär ist als die teuerste und zerstörende Alternative zu benennen.
Die Brunnen Afghanistans sind verschüttet und die Hubschrauber taugen in Mali nichts. Konsequenz ist: Mehr Ausgaben für Militär. Das ist die Fortführung von „Nie wieder Krieg“.
Rudolf Wenz, Steinbach
Forum vom 1. Juli
Seite eins
Seite zwei
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Mir stehen die Haare zu Berge
Zu: „Hessen verschärft Regeln für Deutschunterricht“, FR-Regional vom 25. Juni
Seit über 30 Jahren konnte ich die Freude der Erstklässler erleben, wenn sie erste kleine Briefe oder Erlebnisse aufschrieben. Ab der ersten Schulwoche bekamen sie den Text von mir in der richtigen Rechtschreibung abgeschrieben zurück. Manche Texte der Kinder wurden sogar Arbeitstexte für den Deutschunterricht.
Mir stehen die Haare zu berge wenn Prof. Lorz Regeln formuliert, wie sie in Ihrem Artikel veröffentlicht sind: „bereits vom 2. Schulhalbjahr der 1. Klasse an Fehler korrigieren“. Seinen festen Grundwortschatz konnte ich mir vor zwei Jahren auf meinem PC runterladen und mit meinem eigenen Drucker ausdrucken. Für die Hand meiner damaligen 4.Klässler war dann aber doch der Grundwortschatz in jedem zugelassenen Schulwerk handlicher und ebenso gut als Grundlage für Arbeitsaufträge.
Herr Prof. Lorz soll bitte nicht davon ablenken, dass es an Grundschulen an ausgebildeten Lehrkräften mangelt , dass er im Crashkurs Lehrkräfte ausbilden muss und gerade an ‚schwierigen‘ Schulen Förderunterricht ausfällt, während des Schuljahres das Lehrpersonal dafür häufig wechselt oder Förderunterricht gar nicht mehr im Stundenplan auftaucht, weil er nicht abgedeckt werden kann. Solchen Äußerungen hört man am besten nicht zu – sie machen einen nur mürbe.
Ob Rechtschreibung wohl ein gutes Wahlkampfmittel ist?
Ulrike Starck, Wiesbaden
Welcher Geist will da die Kinder gängeln?
Als langjährige Grundschullehrerin habe ich den o.g. Artikel mit Interesse und auch Verwunderung gelesen. Die Methode „Schreiben nach Gehör“ gibt es nicht und ist mir auch nie in meiner über 40jährigen Diensttätigkeit begegnet! Die Methode „Lesen durch Schreiben“ (LDS) gibt es aber sehr wohl. Kann sie damit gemeint sein? Sie dient, wie der Name schon sagt, dem Erlernen des Lesens durch Hören und Schreiben. Wer daraus eine Methode „Schreiben nach Gehör“ für den Rechtschreibunterricht macht, hat sich nicht ausreichend mit dem Ansatz der Methode LDS beschäftigt und verfälscht ihre Zielsetzung.Ich habe mehrfach mit dieser Leselernmethode gearbeitet und kann folgende Vorteile im Vergleich zu anderen Methoden zum Lesenlernen bestätigen:
– Von Beginn an können alle Kinder mit oft sehr unterschiedlichen Voraussetzungen von Ihrem jeweiligen Kenntnisstand aus, in ihrem Tempo sinnvolle Lernfortschritte durch Schreiben eigener Texte mit der Lauttabelle machen. Das macht stolz, bringt Freude und spornt an.
– Das eigenständige Lesen beginnt so zu unterschiedlichen Zeitpunkten, bei manchen schon sehr bald, bei anderen später. Legasthenische Probleme durch Überforderung werden vermieden.
– Fast beiläufig beschäftigen sich die Kinder vom ersten Schultag an mit der Lautfolge ihrer Wörter, die wichtigste Rechtschreibstrategie. Natürlich fallen ihre Ergebnisse zunächst unvollständig und „falsch“,
aus, bieten aber jeweils die Gelegenheit,mit fortschreitender Übung auf Alternativen und Abweichungen aufmerksam zu werden und bzw. zu machen, und standardisierte Rechtschreiblösungen zu vermitteln. Das kann individuell oder auch im Klassenverband erfolgen.
– Ganz nebenbei werden durch das Verfassen eigener Texte, Basis dieser Methode , sprachliche Kreativität und Ausdruck geschult und ausgebaut, ohne dass sie durch ständiges Korrigieren von „falsch“ geschriebenen Wörtern frustriert werden.
Selbstverständlich muss unsere gültige Rechtschreibung parallel zu diesem Leselernprozess und darüber hinaus für die Dauer der gesamten Grundschulzeit gezielt und als eigenständiger Lehrgang mit eigener Methodik gelehrt und gelernt werden! Das gilt übrigens auch für das Erlernen der Schrift.
Welcher Geist steckt dahinter, der lieber frühzeitig, wenn die jungen ErstklässerInnen noch keine eigene Einsicht in „Fehler“ entwickelt haben können, diese anstreicht und „korrigiert“ , als eigenständigen, freudvollen und kreativen Umgang mit Sprache zuzulassen – und dies auch noch mit falschen Vorstellungen begründet? Nochmal: Eine Methode „Schreiben nach Gehör“ gibt es nicht!!
Ute Bickel, Marburg
Notwendiges Üben wird mit Drill gleichgesetzt
„Sie file ….?“ statt „Wie viele…“ schreibt ein Schüler im 4.Schuljahr zur Aufgabe, eine geeignete Frage zu einem dargelegten Sachverhalt einer Mathematikaufgabe zu finden. Der Schüler erhält für diese „Lösung“ von der Grundschullehrkraft kommentarlos einen Haken für voll richtig, ohne Kennzeichnung der Fehler. Der Lehrer weiß ja was gemeint ist und es ist ja Mathematikunterricht, nicht Deutsch… So werden Kinder „Opfer“ jahrelang verfehlter Didaktik und Methodik des (Schrift-) Spracherwerbslehrens in der Grundschule. Auch als Steuerzahler frage ich mich, mit was sich die Zuständigen im Kultusministerium bzgl. der Grundschuldidaktik in den zurücklegenden Jahrzehnten beschäftigt haben. Wieso wurde bei den Verantwortlichen z.B. die in der Fachliteratur klar dargelegte Bedeutung des Erlernens verbundener Schrift (auch bezüglich des unterstützenden Effektes auf dem Weg zu korrekter Rechtschreibung) ignoriert? Wieso müssen jetzt das verbindliche Lehren einer „verbundenen Handschrift“, eine „pädagogisch motivierte Fehlerkorrektur“ nach jahrelangem Wildwuchs erst jetzt mit einer Setzung des HKM verbindlich eingefordert werden? Was haben HKM, Schulamt und Lehrkräfte mit welchen Methoden für Ziele verfolgt? Mit der bisherigen Praxis werden Zeitfenster sowohl in der neuronalen und motorischen Entwicklung von Kindern als auch in deren Persönlichkeitsentwicklung ungenutzt vergeudet. Die Folge sind nur äußerst aufwendige aufzuholende Defizite, von denen ein Großteil der Grundschüler betroffen ist. Für alle Kinder, auch ohne besondere individuelle Probleme ist ohne solche nun als Maßnahmen angekündigte Selbstverständlichkeiten am Ende der Grundschule der Übergang zur 5. Klasse fahrlässig erschwert. Aktuell wird die Situation noch durch die Auswirkungen der Pandemie verschärft. Neben psychosozialen Zielen ist aus meiner Sicht eine zentrale Aufgabe der Grundschule: Förderung des Erlernens der Kulturtechniken Lesen, Schreiben, Rechnen. Auch als Laie drängen sich Zweifel an der Ausrichtung von (Grund-)Schuldidaktik auf. Hinzu kommen Überforderungen im Realisieren von Inklusion und Zielen des Kompetenzerwerb, während gleichzeitig nicht die dafür notwendigen personellen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wie kann ohne eine der Klassenstufe angemessene Rückmeldung bzgl. der Rechtschreibung in allen Fächern in der Grundschule das Erlernen und ein Bewusstsein über die Bedeutung einer richtigen Schreibweise für Kinder gefördert werden? Ist dies alles auch ein Resultat des Zeitgeistes, in dem notwendiges Üben gleich Drill gesetzt wird? Wer jemals versucht hat ein Instrument zu lernen, kennt den Weg zur Verbesserung seiner Spielkunst. Auch zukünftiges vermehrtes Knopfdrücken auf digitalen Geräten oder gar Ersatz von menschlichem Denken durch KI-Systeme wird nicht die notwendige geistige und körperliche Auseinandersetzung mit der Welt sichern, die wir auch über Lesen, Schreiben, Rechnen „mit Hand und Kopf“ erfahren. Eine Recherche im Netz zeigt, dass eine Vielzahl Fachliteratur die laienhafte Bedenken – ZITAT „Die verbindende Handschrift ist ein Muss“ – teilt. Jetzt hat das HKM reagiert, es bleibt zu hoffen, dass mit Augenmaß Fehler der Vergangenheit korrigiert werden. Am Ende bleibt unverstanden anzumerken, wieso in der FR die mehr als dringliche Korrektur hessischer Bildungspolitik in Über- und Unterschrift des ansonsten sachlichen Artikels mit Vokabeln wie >Hessen verschärft Regeln…<“ und >Land verbietet „Schreiben nach Gehör“< zunächst negativ etikettiert wird.
Wilmar Steup, Pohlheim
Der kurze Dienstweg ist dahin
Die Zeit nach Corona: „Arbeit, Familie und Freizeit finden fast gleichzeitig statt“, FR-Regional vom 26. Juni
Die Aussagen von Prof. Schroeder bedürfen der Erweiterung um psychologische und sozioökonomische Dimensionen. Er sagt, dass die industrielle Moderne von einer klaren Trennung von Arbeit, Familie und Freizeit gekennzeichnet sei und es zum Wiederaufleben einer vorindustriellen Situation gekommen sei. Psychische Gesundheit hat immer mit Nähe und Distanz zu tun. Zuviel von dem Einen oder Anderen führt zu psychischen Problemen, wie Angst z. B. vor Vereinzelung oder Versagensängste. Zwar bemerkt er, dass es um direkte Begegnung am Arbeitsplatz gehe, wobei aber eher eine gewerkschaftliche Fragestellung gemeint ist, aber was heißt Begegnung konkret auch: Der Weg ins Büro nebenan, zum Kollegen/in, ist nicht mehr möglich und damit ist die Möglichkeit genommen zu fragen, wie machst du das. Der kurze „Dienstweg“ ist dahin. Ich kann zwar eine Mail schreiben, aber wann wird die beantwortet? Manche Lösungen entstehen auch nur im unmittelbaren Dialog. Das bedeutet u.U., dass die Arbeit ineffektiver wird. Wichtig scheint aber zu sein, dass man teuren Büroraum spart. Womit sich eine weitere Frage auftut. Darf ich denn in einem reinen Wohngebiet (regelmäßig) „arbeiten“? Was sagt der Vermieter/in dazu? Schroeder sieht eine Chance für zusätzlicheArbeitsplätze im ländlichen Raum. Das ist zu hinterfragen. 2010 erschien das Buch von M. Crawford „Ich schraube, also bin ich“, in dem er beschreibt, dass viele „White-collar-Jobs“ verlagerbar sind in „Billiglohnländer“, d.h. es entstehen Arbeitsplätze, nur eben nicht in Mittel- oder Nordhessen. Dienstleistungen, die nur vor Ort angeboten werden können, das sind alle handwerklichen Berufe, sind nicht verlagerbar. Die Diskussion um das Homeoffice muss um diverse Dimensionen erweitert werden.
Rüdiger Erdmann, Pattensen
Hin und her geschoben
Zu: „Vieles bleibt bei Amri im Dunkeln“, FR-Politik vom 25. Juni
Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt ist mir bei der nun folgenden Aufarbeitung in den Presseberichten aufgefallen, dass ständig Verantwortung hin und her geschoben wurde. Es ging vom Verfassungsschutz zu den polizeilichen Ermittlungen und wieder zum Verfassungsschutz und dann zu Länder und als hin und her. Nur wurde damals nie ein Innenminister erwähnt. Gab es da keinen ? Oder war da nicht ein ehemaliger abgeschobener Verteidigungsminister?
Emil Jacob, Poppenhausen
Damit es in der Kasse klingelt
Zu: „Mehr Sicherheit im Verkehr“, FR-Regional vom 20. Mai
Die Anschaffung und Aufstellung von Blitzgeräten um Fahrzeugführer durch Bußgelder zu disziplinieren, ist nur die halbe Wahrheit. Diese teuren Geräte sollten auch rentabel sein, denn Einnahmen durch diese werden im Haushalt der Gemeinden geplant. So werden sie auch an Örtlichkeiten aufgestellt , an denen kaum Gefahren zu erwarten sind, aber häufige Geschwindigkeit Überschreitungen die Kassen klingeln lassen .
Wenn die Maßnahmen tatsächlich nur für die Sicherheit bestimmt wären, würde man u.a und zum Beispiel auch mal in der Georg Büchner Straße Mühlhausen blitzen. Diese ist sehr schmal , hat keine Fußwege , ihre Oberfläche ist uneben und es leben dort viele Kleinkinder und alte Menschen.
Dass hier nur 30 km/h erlaubt sind , sollte inzwischen selbst zu Analphabeten oder unverbesserlichen sorglosen Verkehrssündern vorgedrungen sein.
Diese wissen aber auch , dass sie hier bis zur langen Bodenschwelle für Verkehrsberuhigung rasen und nach einer Vollbremsung davor , eine Staubwolke im Bereich des Feldweges zur Garten Siedlung Weinberg hinterlassen können , ohne dafür bestraft zu werden.
Besserfahrer mit einem gefühlten Recht zum Rasen setzen dem noch eine Krone auf.
Möglicherweise im Glauben sich im Gelände zu befinden, bremsen sie selbst mit Hänger nicht vor der Bodenschwelle ab.
Peter Fuhrmann, Mühlhausen
Eine echte Wertedebatte
Mindeststeuer für Unternehmen: „Ein vielversprechender Anfang“, FR vom 11.6.
Die Philosophie von Olaf Scholz führt noch nicht weit genug. Zum einen zählt zu einem vollständigen Bild auch, dass es Länder wie Deutschland gibt, die trotz jahrelanger Rekordsteuereinnahmen und nicht wegen eines armen Fiskus in der Vergangenheit nicht genügend in ihre Infrastruktur investiert haben, was sich gerade jetzt während der Corona-Krise wie unter einem Brennglas wie etwa bei zu langsamen Internetverbindungen, die kein effizientes Arbeiten von Zuhause aus erlauben, rächt. Zum anderen geht das ethische Führungsversagen einer brutalstmöglichen Steuervermeidung weit über die großen Digitalkonzerne hinaus, da hierbei, wie schon die Panama Papers gezeigt haben, auch viele Prominente, tatkräftig unterstützende Anwaltskanzleien und weitere internationale Unternehmen und Akteure beteiligt waren. Deshalb hilft für einen glaubhaften Neuanfang für eine faire Globalisierung neben einer strengeren und vor allem transparenteren Gesetzeslage, auf die man sehr gespannt sein darf, da der Vize-Kanzler schon sehr viel versprochen hat, was sich dann später als heiße Luft erwies, nur eine echte Wertedebatte weiter, die zum Beispiel an Orten wie dem Weltwirtschaftsforum in Davos von Klaus Schwab initiiert werden müsste!
Rasmus Ph. Helt, Hamburg
Die Armen als Alibi
Svenja Schulze: „Ich bin keine Missionarin“, FR-Wirtschaft vom 26. Juni
In einem längeren Interview äußert sich die Umweltministerin Schulze zum Klimaschutz. Sie verbreitet wieder das vor allem unter Sozialdemokraten verbreitete Narrativ, dass arme Bevölkerungsschichten durch die Klimawende besonders belastet würden. Wieder ist die Mobilität das Beispiel und die arme Krankenschwester, die es früh am Morgen weit vom Land ohne ÖV gerade noch bei niedrigem Benzinpreis zu ihrem schweren Job schafft, wird Musterbeispiel für die Notwendigkeit weiterer Subventionierung des Autos. Die Ministerin erwähnt die Pendlerpauschale (gerade erhöht) und ein „Mobilitätsgeld“, das angeblich kleinen Einkommen hilft (gerade mal 14% der Pauschale und nur bei Steuererklärung). Wahr ist: Von billigem Sprit und Pendlerpausche profitieren vor allen Reiche! Wer mehr verdient fährt weiter, und die Pendlerpauschale spart bei hohem Einkommen heftig Steuern, so eindeutiger Stand der Verkehrswissenschaft.
Und: Unsozial gewesen ist bisher die gesamte Verkehrspolitik, die auf Kosten immer noch vieler Haushalte ohne Auto und der Frauen (die fahren nämlich deutlich weniger weit als Männer) geht.
Bei einer Abschaffung der Pendlerpauschale für Reiche wäre genug Geld da für ein echtes Mobilitätsgeld für arme Bevölkerungsschichten, wenn sie denn wirklich wie die Krankenschwester weit fahren müssen (es wäre ja auch nicht schlecht, wenn die Krankenschwester endlich ein faires Gehalt bekäme). Für die Umweltministerin sind die Armen das Alibi für eine gefährdete Klimawende, wenn nicht aus unseren Steuergeldern E-Autos gefördert werden. Eher Argumente der FDP.
Schade Frau Schulze, Sie müssten nur FR lesen (über die sozialen Aspekte des CO2-Preises gab es gerade einen prima Artikel von Joachim Wille) oder die Schriften der Ebert -Stiftung, dann würden sie solchen Unsinn nicht verbreiten, der nur die Klimawende gefährdet. Wenn die nicht kommt wird es aber wirklich unsozial für die nächste Generation!
Helmut Holzapfel, Kassel
Der Mensch wird das Dilemma nicht lösen
Hier wird deutlich, dass diese Artikel das Dilemma beschreiben, in dem der Mensch steckt. Dazu erwähnen muss man noch den Tag im Mai, als die Ressourcen für dieses Jahr erschöpft waren. Was niemand interessierte, es ist ja (noch) genug da.
Zu lösen ist dieses Dilemma nur in der Theorie, in der Praxis wird das der Mensch nicht hinbekommen, denn die Lösung bedeutet radikale Einschränkung auf fast allen Gebieten. Das Gerede von „wir können ruhig so weitermachen, wenn wir nur ein paar Dinge beachten“ suggeriert etwas völlig Falsches. Ohne Beschränkung auf vielen Gebieten ist eine gesunde Entwicklung nicht zu haben und die Annahme, dass dies weltweit geschehen wird ist eine Utopie. Brave new world of today !
Jürgen H.Winter, Schöneck
Forum vom 2. Juli
Seite eins
Seite zwei
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Abscheuliche Vereinfachung
Attentat von Würzburg: „Ein Einzeltäter, aber kein Einzelfall“ und „Fragen ist menschlich“, FR-Panorama u. -Meinung vom 28. Juni
Stephan Hebel erläutert ausführlich, welche Fragen sowohl Opfer, Angehörige und auch Nicht-Betroffene nach einem Verbrechen wie in Würzburg empfinden und stellt zu recht fest, dass die tiefe Verzweiflung über eine solche mörderische Tat sicherlich Trauerarbeit erfordert und die Fragen nach dem Wieso und Warum bei allen mitfühlenden Menschen Betroffenheit auslöst. Man muss Hebel zustimmen, wenn er die Tatsache anprangert, dass die AfD und deren Führungsriege, natürlich assistiert von der „Bild“-Zeitung, erneut die Demagogie betreiben, mit der sie die Schuld für das Unfassbare bei Menschen sucht, die aus Somalia bei uns Zuflucht suchen. Mitfühlende Menschen müssen sich jedoch auf die Seite der Geflüchteten stellen, wenn sie ihre Trauer und ihre Emotionen ehrlich und ohne politische Hintergedanken vertreten wollen. Es ist in der Tat die Propaganda der Unmenschlichkeit, die die Tatsache, dass der Täter, der auch etwa unter einer psychischen Krankheit leiden kann, aus Somalia kommt, für sich und ihr braunes politisches Süppchen nutzen. Kriminalität gibt es unter Einheimischen und Zugewanderten und sie darf nicht dazu benutzt werden, um Vorurteile gegen Menschen zu schüren, die einen Migrationshintergrund haben. Was notwendig wäre, ist, dass die Verantwortlichen ein Netz erfahrener Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die Betroffenen konkrete Hilfsangebote machen können, einstellen und dafür sorgen, dass Menschen in Lebenskrisen flächendeckend einen Ansprechpartner haben. Um nicht missverstanden zu werden: Auch ich habe Mitgefühl mit den Opfern und ihren Angehörigen und bin durch die Tat von Würzburg erschüttert. Doch diejenigen, die mit dem Leid der Opfer ihr schmutziges politisches Interesse, nämlich ihre braune Ideologie, durchsetzen wollen, betreiben eine abscheuliche Vereinfachung. Jeder, der menschlich empfindet, muss jenen entgegentreten.
Manfred Kirsch, Neuwied
Schnelle Urteile machen uns alle ungerechter
So beklagenswert das Attentat ist – es ist ein Mensch, schwarz oder weiß, erst einmal mit Bleiberecht. Aus welchen Gründen auch immer. Alles andere sind nur Spekulationen, Mutmaßungen. Erst wenn man Beweise hat, sollte man darüber sprechen, diese veröffentlichen, alles andere ist eine Vorverurteilung. Das gilt nicht nur für die Medien, ganz besonders auch für einen Innenminister. Alles andere kommt einer Vorverurteilung gleich. Fest steht nur, der Täter ist psychisch krank, ist deswegen in Behandlung, braucht Hilfe, auch wenn das die Schwere der Tat nicht entschuldigt und uns alle fassungslos macht.
Wir alle sollten unser Verhalten gegenüber unseren Mitmenschen, die in Deutschland sind, weil sie unsere Hilfe brauchen, überdenken und keine voreiligen Schlüsse ziehen. Es hilft uns nicht weiter, es macht uns alle nur ungerechter.
Doris Lehmann-Bohn, Hainburg
Nicht sehr sinnvoll
Zu: „Vermögen verpflichtet“, FR-Magazin vom 25. Juni
Herr Trautvetter scheint keinen rechten Durchblick zu haben: Eine Vermögenssteuer ist faktisch nichts anderes als eine zusätzliche Einkommensteuer. Wer nur Anleihen hat mit null Ertrag, zahlt darauf Vermögenssteuer. Gut ein Drittel der Erträge geht für Verwaltungskosten drauf. Das ist nicht sehr sinnvoll. An der möglicherweise ungerechten Vermögensverteilung ändert sich gar nichts: Hier ist nur eine Reform der Erbschaftssteuer sinnvoll.
Volker Westerborg, Frankfurt
Ohne weitere Beanstandung
Hausbesetzer: „Mit schwerem Gerät ins Haus“, FR-Politik vom 18. Juni
Obwohl der Artikel zu Rigaer 94 insgesamt doch recht ausgewogen war, hätte ihm eine etwas tiefere Recherche vielleicht nicht geschadet. Wie das ND zum gleichen Thema am selben Tag berichtet hat, gab es in der Vergangenheit schon einmal eine von den Besetzern / Mietern veranlasste Brandschutzinspektion. Die dabei festgestellten Mängel wurden beseitigt. Danach bestellte die Bezirksverwaltung ein weiteres Brandschutzgutachten, das keine Mängel mehr auflistete.
Bei dieser Vorgeschichte drängt sich der Verdacht auf, dass es sich bei der erneuten Brandschutzinspektion um eine reine Provokation durch den anonymen Besitzer handelte, für die dann 350 Polizistinnen und Polizisten ihre Knochen hinhalten durften.
Uwe Ritter, Schkopau
Wasser vor den Türen
USA: „Hitzewelle bringt Temperatur-Rekord“, FR-Panorama vom 29. Juni
Meine in den USA lebende Schwester schreibt: „Nahe der Arizona/Mexico-Grenze, wo meine Freundin Irene wohnt, sind die Temperaturen um die 110 Grad Fahrenheit (43 Grad Celsius). D.h. viele der Tausenden von illegalen Flüchtlingen, die von den „Kojoten“ geführt, immer noch nächtlich über die Grenze schleichen, werden in den nächst folgenden Tagen verdurstet aufgefunden. Irene berichtet weiter, die illegalen Flüchtlinge tragen Teppichreste an ihren Füßen, um Spuren zu vermeiden. Der Rio Grande (einer von den Fluchtwegen) ist im Sommer nur ein ausgetrocknetes Flussbett. Viele von Irenes Nachbarn stellen nachts, wenn die eingeschleusten Flüchtlinge um die Häuser streichen, Flaschen mit Trinkwasser vor ihre Tür.“
Harald Wolf, Frankfurt
Die gleiche Belastung
Zu: „Relikt Ehegattensplitting“, FR-Wirtschaft vom 22. Juni
Die Einschätzung des Ehegattensplittings als Relikt basiert auf der sachlich falschen Sicht, dass es sich dabei um einen Steuervorteil handle. In Wirklichkeit soll das Splitting die steuerliche Gleichbehandlung der Ehepartner mit Ledigen sicherstellen. Denn die grundrechtlich geforderte steuerliche Gleichbehandlung wird erreicht, wenn die Staatsbürger bei gleichem Einkommen das gleiche Opfer tragen, den gleichen Konsumverzicht üben müssen. Da aus dem Haushaltseinkommen von Ehepartnern zwei Menschen unterhalten werden müssen, kann die gemäß Art. 3 Abs. 1 geforderte steuerliche Gleichbehandlung nur über den Weg des Ehegattensplittings erreicht werden. Die unberechtigte Kritik, dass Alleinerziehende „nicht von diesem Steuervorteil profitieren“, beruht auf dem schon angesprochenen Vorteils-Missverständnis. Der „überragenden Bedeutung“ des Art. 3 Abs. 1 „als beherrschendem Bestandteil der Steuergerechtigkeit“ wegen – so formuliert es der Verfassungsrechtler Ingo von Münch – stellt das Ehegattensplitting kein „Relikt“, sondern eine vom Staat sicherzustellende Gleichbehandlung dar. Das bedeutet, dass selbst dann, wenn es die Nebenwirkung gäbe, dass sich Frauen durch das Splitting daran hindern lassen, erwerbstätig zu sein, das Splitting nicht abgeschafft werden dürfte. Diese verfassungsrechtliche Anforderung negieren die Ökonomen des DIW und des RWI. Aber es gibt die von diesen Ökonomen behaupteten Fehlanreize für die Erwerbstätigkeit der Frauen auch nicht wirklich. Sie sind das Ergebnis der falschen Verhaltensannahme, die den Simulationsmodellen der Ökonomen zugrunde liegt. Sie besteht paradoxerweise darin, dass die Frauen ihr individuelles Einkommen (aber zu Lasten des Haushaltseinkommens!) maximieren möchten. Da sie die Steigerung ihres individuellen Nettoeinkommens über die einfache Beantragung der getrennten Veranlagung erreichen könnten, die die Individualbesteuerung zur Folge hat, besagt der generelle Verzicht auf diese Beantragung bereits, dass sie die für das Haushaltseinkommen schädliche Individualbesteuerung und damit die Maximierung ihres individuellen Einkommens nicht wirklich anstreben. Auch das von Katharina Wrohlich genannte Beispiel belegt den behaupteten Fehlanreiz nicht. Sie sagt, dass wenn die Frau nach ihrer Elternzeit wieder in Teilzeit oberhalb der Minijob-Grenze arbeiten möchte, „das Ehepaar in vielen Fällen ein geringeres Nettoeinkommen“ habe, „als wenn sie im Minijob arbeiten würde“. Da das Haushaltseinkommen im Fall der grundrechtlich notwendigen Splittingbesteuerung höher ausfällt als im Fall der Individualbesteuerung beider Partner, kann das Splitting nicht dafür verantwortlich sein, dass eine Erwerbstätigkeit oberhalb der Minijobgrenze unattraktiv ist. Im Übrigen kann der individuelle Nachteil der Splittingbesteuerung, der im Fall der Beantragung von Sozialleistungen tatsächlich eintritt, die sich am Nettoeinkommen der Frau orientieren, durch die Beantragung der Steuerklasse IV mit Faktor vermieden werden. Dieses Verfahren rechnet den Partnern jeweils den ihm zustehenden Anteil des Splittingeffekts zu und steigert entsprechend das individuelle Nettoeinkommen der Frau. Der zur Gleichheitsbehandlung notwendige Splittingeffekt wird auf diesem Wege nicht – wie im Fall der Individualbesteuerung „vernichtet“, sondern unter die Partner aufgeteilt.
Ernst Niemeier, Wentorf
Unsere moralische Pflicht
Ortskräfte: „Unsere Schande“, FR-Politik vom 21. Juni
Welche Überraschung, wieder einmal einen Beitrag des verehrten Karl Grobe in der FR zu lesen Aber leider zu einem beschämenden Anlass, dem unglaublich zögerlichen Verhalten verantwortlicher Stellen zur Ausreise (Rettung!) der afghanischen Helfer und ihren Familien. (Flankiert wird Grobes „Nachbetrachtung“ durch Peter Rutkowskis ungemein informationsreichen Abriss der historischen und politischen Entwicklung dieses Raumes -“Kein Land“-, wieder einmal garniert mit seinen feinen lakonischen, ironischen oder bissigen Einflechtungen.)
Ja, es ist unsere Schande, wenn wir die „Ortskräfte“ ihrem Schicksal überlassen. Dass man sich dabei auch noch hinter bürokratisch-scheinheiligem Anerkennungsvokabular versteckt, macht die Schande nur noch größer. In den ministeriellen Schubladen von Kramp-Karrenbauer und Maas liegen wohl schon die streng formulierten Empörungs-Statements, wenn die Taliban ihre Terroraktionen gerade auch gegen diese Menschen richten werden, ohne deren jahrelange Hilfe wir vor Ort überhaupt nicht handlungsfähig gewesen wären. Es ist unsere moralische Pflicht, diese Menschen jetzt nicht ihrem Schicksal zu überlassen.
Volker Weber, Glashütten/Ts.
Forum vom 3. Juli
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Energiekonzerne scheuen Konkurrenz aus Afrika
Joachim Wille beschreibt das Dilemma, vor dem die Politik seit langem die Augen verschließt. Den Klimawandel vornehmlich durch Verzicht und unsoziale CO2-Preiserhöhung verhindern zu wollen, bekommt nicht nur kaum eine politische Mehrheit, sondern kommt 30 Jahre zu spät und ist auch ideenlos. Der Ersatz fossiler Energien in Mitteleuropa durch Sonnen- und Windenergie wird im tiefen Winter durch Gebäudedämmung und Verzicht auf Verbrennermotoren und Fernflüge nicht schnell genug erreicht werden können. Die Chancen für erneuerbare Energie in Afrikas Wüsten sind schon lange errechnet worden, auch für den Stromtransport liegen realistische Verfahren vor. Das Konzept „Desertec“, initiiert 2009, wurde 2014 nach Aussagen von Insidern fallen gelassen, weil die europäischen Energieproduzenten die Konkurrenz aus Afrika nicht wollten und die Minister Westerwelle und Rösler (FDP) sowie Altmaier (CDU) sich kurzfristig zurückzogen oder ein Protagonist wie Hermann Scheer für innerdeutsche dezentrale Stromversorgung votierte. Diese muss natürlich vorangetrieben werden, aber für das Gelingen etwa einer wasserstoffbasierten Energiewende, die jetzt für Auto-, Stahl- und Flugbranche angedacht wird, muss auch das Konzept „Desertec“ umgehend weiter verfolgt werden.
Ein wichtiger Nebeneffekt wird die Entwicklung Nordafrikas werden, die jungen Leuten eine Perspektive verleiht, statt zu flüchten. Und die dortigen Terroristen könnten ihre Gewehrarbeitsplätze in zivile Jobs tauschen gemäß der biblischen Vision „Schwerter zu Pflugscharen“ (Jes 2, 4). Die Parteien links von FDP, Union und AfD könnten im Wahlkampf zeigen, dass nicht die national abschottende Energielobby, sondern faire internationale Energiezusammenarbeit vor dem Klimawandel rettet und zugleich Wohlstand durch zukunftsfähige Arbeitsplätze sichert, gerade in den Branchen, die vor einer unausweichlichen schwierigen Transformation stehen.
Friedrich Gehring, Backnang
Jetzt muss der Einsatz in Mali überprüft werden
Nach dem Afghanistan-Einsatz: „Genau hinschauen“, FR-Meinung vom 1. Juli
Was hat der zwanzigjährige und über zwölf Milliarden teure Kriegseinsatz der Bundeswehr den Menschen in Afghanistan gebracht? Von einer Demokratisierung und Befriedung ist das Land weit entfernt. Wann endlich lernen die verantwortlichen Politiker, dass diese Ziele mit militärischen Mitteln nicht zu erreichen sind? Und wann nehmen sie zur Kenntnis, dass die Erhöhung der Militärausgaben nicht zur Beendigung von Konflikten führt und kein Beitrag zum Frieden ist?
Ob die Bundesregierung aus dem Scheitern in Afghanistan Konsequenzen zieht, bleibt abzuwarten. Die kritische Überprüfung des Bundeswehreinsatzes in Mali wäre der erste notwendige Schritt.
Rolf Wekeck, Kassel
Gutes Benehmen ist anscheinend Glückssache
Nach fast 20 Jahren ging am 30. Juni 2021 der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan zu Ende. Die letzten 264 Soldaten landeten auf dem Fliegerhorst Wunstorf. Nicht anwesend war zur höchst angemessenen Begrüßung die „Mutter der Bundeswehr“, Verteidigungsministerin Annegret Kramp – Karrenbauer . Sie hatte einer Einladung des Verteidigungsministers der USA nach Washington eine höhere Wichtigkeit eingeräumt.
Die Prioritätensetzung der deutschen Verteidigungsministerin war geschmacklos.
Die „Mutter der Bundeswehr“ hat gefälligst wartend auf dem Flugplatz bereit zu stehen, wenn eine so große Zahl von „Söhnen und Töchtern“, Ihren Soldaten, aus dem Kriegseinsatz nach Hause kommen.
Der Kriegsminister der USA hätte ebenfalls einen besseren Einfall haben können, nämlich den, in Begleitung der deutschen Verteidigungsministerin auf dem Flugplatz Wunstorf auf die heimkehrenden Deutschen zu warten, um ihnen im Namen der USA dafür zu danken, dass sie 20 Jahre lang für amerikanische Interessen in Afghanistan „die Kastanien aus dem Feuer“ geholt haben.
Benehmen ist Glückssache, historisches Fingerspitzengefühl erst recht.
Otfried Schrot, Oberstleutnant a.D., Hannover
Mehr Scheitern als in Afghanistan geht nicht
59 tote deutsche Soldaten, tausende Soldatinnen und Soldaten traumatisiert, Hundertausende Tote unter der Zivilbevölkerung, selbst der ehemals befriedete Norden wurde zum Kriegsgebiet, mehr als 12 Mrd. Euro für einen sinnlosen Einsatz zur „Verteidigung der Demokratie am Hindukusch“, die Taliban sind heute stärker als 2001. Das ist eine Bilanz, die sich nicht schönreden lässt. Mehr Scheitern als in Afghanistan geht nicht. Dies einzugestehen, sind die Regierungen den Familien aller Opfer schuldig. Stattdessen aber wird über neue Auslandseinsätze der Bundeswehr nachgedacht und weitere Steigerungen des Rüstungshaushaltes beschlossen…
Kurt Lennartz, Aachen
Von wegen Schutzmacht!
Erwiderung auf „Und ab und zu schwenken wir Fähnchen“; FR-Forum vom 30. Juni
In einer der Zuschriften wird Großbritannien mit der wohlklingenden Bezeichnung „ehemalige Schutzmacht“ Hongkongs bedacht. Schutzmacht? Das Königreich war Kolonialmacht dieser chinesischen Inselgruppe. 1841, im ersten Opiumkrieg okkupiert, schuf das viktorianische Britannien Fakten. Zwei Jahre später presste man im Nánjinger Vertrag (China spricht von einem ungleichen Vertrag) China Hongkong als koloniale Beute ab.
Britisches Militär schützte die wirtschaftlichen Interessen der herrschenden Kreise des Königreichs, die Menschen und Ressourcen ausbeuteten. Der Kuli Hongkongs oder der Squatter Afrikas spielten in diesem asozialen System moderner Leibeigenschaft nur als Arbeitsverpflichtete eine Rolle, welche ihm sein Herr zudachte, der selbstverständlich der weißen Oberschicht der Kolonien angehörte.
Der Zweite Weltkrieg lag sieben Jahre zurück. Da lehnten sich die Kenianer im Mau-Mau-Aufstand gewaltsam gegen das weiße Siedlerregime, das ihnen durch Enteignung ihr Land stahl, auf. Das Establishment Großbritanniens denunzierte die Ablehnung dieser und anderer Formen westlicher Zivilisation durch Afrikaner als irrational. Reaktion der Schutzmacht: Etwa 1,5 Mio. Menschen wurden in Internierungslager gesteckt und dort zum Teil gefoltert. Der Krieg forderte Tausende Todesopfer unter den Kenianern. Das britische Militär und die weißen Siedler beklagten dagegen weniger als 100 Tote.
Bis in die späten 50er Jahre hinein wurden fast 1100 Afrikaner Opfer von Spezialgerichten. Zum Tode verurteilt ließen diese sie unmittelbar danach öffentlich(!) hängen. Ein Vorgehen, von dem man 1945, nach Ende der deutschen und japanischen Terrorherrschaft, dachte, so etwas könne sich nicht wiederholen, schon gar nicht unter der Ägide Britanniens, „der Mutter der Demokratie“.
Georg Stawski, Recklinghausen
Rufmord an Baerbock
Plagiatsvorwürfe: „Kritik oder Kampagne?“, FR-Politik vom 1. Juli
Sachbücher sind keine Dissertationen! Und hat ein „Plagiatsjäger“ eigentlich schon mal die von den anderen Kanzlerkandidaten verfassten Bücher unter die Lupe genommen? Mitnichten. Da da werden mit Sicherheit auch Textteile zu finden sein, die nicht auf den eigenen Mist gewachsen sind. Es sieht also immer mehr nach einer Rufmordkampagne gegen Frau Baerbock aus, die mit privaten Vorwürfen die politische Kandidatin desavouieren will.
Wann beginnt eigentlich der versprochene faire Wahlkampf, in dem man sich über die politischen Entwürfe der jeweiligen Parteien auseinandersetzt und über den besten Weg in die Zukunft streitet?
Denn Herausforderungen liegen ja zuhauf auf dem Weg der nächsten 10 Jahre, die dringend zu bewältigen sind.
Wolfgang Lackinger, Frankfurt
Das Kind, das keiner haben wollte
Vietnam: „Das Geböller an Silvester…“, FR-Magazin vom 30. Juni
Der Bericht der Krankenschwester über ihren Einsatz im Krieg in Vietnam hat mich sehr interessiert. Mein Schwager aus Washington konnte die zweijährige Rosie – schon in den USA adoptiert- kurz vor Kriegsende aus einem Waisenhaus abholen und in die neue Heimat bringen. Das Kind hatte ein großes Loch im Mund und Rachen. Es war am Tage seiner Geburt abgegeben worden. Sein Name war „Das Kind, das keiner haben wollte“. Aus einem Fernsehbericht erfuhr ich, dass solche Missbildungen durch Napalm verursacht wurden. Nach schweren Operationen im Kindesalter ist Rosie heute „Lehrerin“ für behinderte Kinder.
Henny Ludwig, Bad Homburg
Der demokratische Anstrich
Zu: „Politik ohne Vernunft führt ins Verderben“, FR-Feuilleton vom 25. Juni
Es gibt unzählige Bücher, Artikel und Reden über (unsere) Demokratie, die sie schönreden oder kritisieren und dazwischen. In diesem Dazwischen befindet sich Rainer Forst mit seinen Gedanken, wenn er die Demokratie als „fighting creed“ (Überzeugungskampf) bezeichnet. Das ist zum einen, wenn man die Geschichte betrachtet, sicherlich richtig, zum anderen, wenn man sich auf die Gegenwart bezieht, eher doch sehr optimistisch gesehen. Im GG Art.20 (2) steht geschrieben: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt“. Das bedeutet realiter, dass das Volk lediglich alle vier bis fünf Jahre seine Kreuzchen bei Parlamentswahlen machen darf. Lediglich Bürgermeister und Landräte werden direkt gewählt. Abstimmungen sind im Bund gar nicht, aber in einigen Ländern vorgesehen. D.h. das Volk wird „repräsentiert“, denn weitere demokratische Beteiligungen finden in der Regel nicht statt bzw. werden wohl von den meisten Bürgern auch gar nicht gewollt(?).
Der demokratische Anstrich soll sich deshalb aus der Gewaltenteilung ergeben:
Legislative: Die Abgeordneten werden vom Volk gewählt, aber unterliegen dem Fraktionszwang der vertretenen Parteien. Sie wählen Bundeskanzler oder Ministerpräsident sowie die Richter am BverfG und an den VerfG der einzelnen Länder.
Exekutive: Der Bundeskanzler oder Ministerpräsident ernennt die Minister. Die Minister bestimmen ihre Staatssekretäre und hohen Beamten. Weiterhin ist jede Verwaltung Teil der Exekutive.
Judikative: Die Judikative ist so in die Exekutive eingebettet, dass man eigentlich nicht von einer eigenständigen staatlichen Gewalt sprechen kann. Die Strafverfolgung liegt bei den Staatsanwaltschaften. Diese können aber nicht unabhängig handeln, denn Staatsanwälte sind über die Justizministerien weisungsgebunden. Jeder Richter ist zwar per Gesetz frei und unabhängig. Es existiert aber kein institutioneller Rahmen, der diese Unabhängigkeit garantiert. Weder verfügen die Gerichte über ein eigenes Budgetrecht, noch besetzen sie ihre Stellen selbst, das ist Sache der Justizministerien. Der einzelne Richter ist (um es sarkastisch auszudrücken) frei darin, sich innerhalb dieses Rahmens so angepasst zu bewegen, dass es der Karriere förderlich ist. Daraus wird deutlich, dass eine funktionale Trennung zwischen Exekutive und Judikative faktisch nicht existiert.
Das Ergebnis der Betrachtung fällt deshalb ziemlich ernüchternd aus. Ein gewaltengeteilter Staat, in dem im Wesentlichen nur die Legislative demokratisch verfasst ist, kann wohl nicht ernsthaft als demokratisch bezeichnet werden. Ich persönlich würde deshalb radikaler als Rainer Forst lieber von einer „Fassadendemokratie“ reden.
Matthias Wooge, Neu-Isenburg
Krankenhäuser sind keine Gefängnisse
Kliniken: „Besuchsregeln gelockert“, FR-Regional vom 1. Juli
In Verbindung mit den Corona-Maßnahmen gibt es überall im Land inzwischen wieder entscheidende sinnvolle wichtige Lockerungen und Öffnungen in vielen Bereichen des täglichen menschlichen Miteinanders.
Nur bei den Besuchszeiten in Krankenhäusern und Kliniken wird weiter so verfahren und zugesperrt, als handele es sich um Einrichtungen wie Gefängnisse und Strafanstalten, gerade Kranke und Bedürftige dort brauchen so wichtige und notwendige menschliche Anteilnahme und Unterstützung von Familie, Verwandten und Freunden.
Auf Nachfrage wird lapidar auf folgende Vorschriften verwiesen:
Besuchzeiten in Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen sind im § 16 der Corona Bekämpfungsverordnung des Landes geregelt. Die aktuell gültige (22.) stammt vom 01.06.2021.
Bedauerlicherweise heißt es hier:„ (1) Einrichtungen nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 und 3 bis 7 IfSG ( u.a. Krankenhäuser), ausgenommen Hospize, dürfen nicht für Zwecke des Besuchs von Patientinnen und Patienten betreten werden…“
Aktuell stattfindende Lockerungen im gesellschaftlichen Umgang haben also noch keinen Einzug in die Zugangsregelung für Krankenhäuser gefunden.
Das ist beim gegenwärtigen positiven Entwicklungstadium der Corona-Pandemie nicht mehr nachvollziehbar.
Infolgedessen sollten dringend wieder menschliche respektive menschenwürdige Vorgehens- und Verfahrensweisen bei den Krankenhaus Besuchszeiten eingeführt werden.
Der Gastbeitrag von Herrn Heinrich – eine Katastrophe. Warum tagen da lauter Leute um die Transformation der Landwirtschaft zu befördern, wenn doch im gleichen Artikel steht, dass bis 2o27 alles bereits festgezurrt ist ?Die Kommission hat in 10 Monaten und
mehr als 100 Sitzungen gar nichts erreicht. Glaubt denn wirklich jemand, dass in 6 Jahren von dieser Kommission noch gesprochen wird ? Es gibt da ganz andere Interessen die bedient werden, über das, was Herr Heinrich da berichtet, lachen sich die Beteiligten doch schlapp.
Idealismus ist ja schön, aber das Fazit, das da gezogen wird, grenzt doch schon an Blindheit. Wär ja schön, wenn alles so wäre, aber so ist es nicht. Herr Heinrich sollte sich veräppelt fühlen und seine Mitstreiter auch.
FR Regionalausgabe, Do. 01. Juli 2021
Leserbrief zum Artikel: Klartext von Mirrianne Mahn
Wenn Frau Mahn die Bezeichnung „Schwarzarbeit“ als diskriminierend bezeichnet, und dafür den Fachbegriff „illegale Beschäftigung“ (Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu ausbeuterischen Arbeitsbedingungen beschäftigen) verwendet haben möchte, stellt sich die Frage, wieso Schwarzarbeit (Ausführung von Dienst- oder Werkleistungen unter Verstoß gegen das Steuer- und Sozialversicherungsrecht), nicht werden sollte diskriminiert (nach Duden u. a. Synonym für „etwas herabwürdigen“).
Laut Statistischem Bundesamt (11.01.2019) ergibt sich durch Schwarzarbeit ein Wertschöpfungsverlust gemäß Unternehmensangaben in Höhe von rund 150 Milliarden Euro jährlich für die Volkswirtschaft.
Eher scheint mir hier der Forderung von Frau Mahn, die Überlegung, das Farbadjektiv „schwarz“ sei rassistisch, zugrunde zu liegen. Schwarz steht in diesem Zusammenhang aber wohl eindeutig für „illegal“ (gesetzwidrig, ungesetzlich; ohne behördliche Genehmigung) wie Schwarzgeld, Schwarzmarkt, Schwarzbrenner usw., und hat für mich so wenig mit der Hautfarbe zu tun, wie ein blinder Passagier mit Blinden.
Meinem Eindruck nach wird hier, wie leider immer öfter, eine vermeintliche Diskriminierung angeprangert, die befürchten lässt, dass die Verwendung des Adjektivs „schwarz“ in nicht allzu ferner Zukunft nicht mehr verwendet werden sollte, wenn man nicht unter Rassismus Verdacht geraten will.
Ín einem am 2. Juli in der FR abgedruckten Leserbrief hat sich Herr Ernst Niemeier kritisch zu der politisch gewollten Abschaffung des Ehegattensplittings geäußert und dabei auch auf verfassungsrechtliche Bedenken hingewiesen.
Abgesehen davon, dass der Grund für den ideologischen Widerwillen gegen sog. „Versorgungsehen“ höherer Einkommensschichten in heutiger Zeit immer mehr abnimmt, hat man in der allgemeinen Diskussion etwas Entscheidendes übersehen:
Wer das Ehegatten-Splitting abschaffen will, muss auch den Versorgungsausgleich und den Zugewinnausgleich bei Ehescheidung abschaffen. Denn alle drei Rechtsinstitute beruhen auf ein und demselben Prinzip: Was während bestehender Ehe erworben und angeschafft wird, wird beiden Ehegatten jeweils hälftig zugeordnet:
– Die Einkünfte, die beide Eheleute erzielen, werden addiert und für die Berechnung der Steuer halbiert.
– Vermögenswerte, die Eheleute erwerben oder erzielen, werden addiert und davon jeweils die Hälfte jedem Ehepartner zugeordnet und dann wertmäßig ausgeglichen.
– Versorgungsanwartschaften oder Versorgungsbezüge beider Eheleute werden addiert, jedem Ehepartner jeweils zur Hälfte zugeordnet und dann wertmäßig ausgeglichen.
Wer also das Ehegattensplitting abschaffen will, muss alle drei Rechtsinstitute abschaffen, oder aber es bleibt wie bisher. Tertium non datur.