Alle Briefe von Leserinnen und Lesern dieser Woche im Überblick nach ihren Erscheinungstagen und: Offene Diskussion! Lesen Sie in Ruhe oder suchen Sie Ihre Zuschrift gezielt mit der Tastenkombination STRG und F sowie dem Namen als Suchbegriff. Sie finden hier:

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Im FR-Blog werden die ungekürzten Originalversionen Ihrer Zuschriften veröffentlicht.

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Forum vom 7. Juni

Leserforum 2 20190916Heute kein überregionales Forum!

Seite zwei zu regionalen Themen

Einige dieser Zuschriften folgen gleich hier, siehe unten. Die anderen wurden laufenden Diskussionen im FR-Blog zugeordnet und dort als Kommentare veröffentlicht. Bitte folgen Sie den Links, die im pdf-Dokument angegeben sind.

Mut zu mehr Demokratie

Zu: „Endlich live in der Paulskirche“, FR-Regional vom27. Mai

Mit Erstaunen habe ich den Bericht über die „Junge Paulskirche“ gelesen. Ich frage mich, wie man eine gut gemeinte Idee derart eingeschränkt angeht und dem zu Grunde liegenden Gedanken der Förderung und Stabilisierung von Demokratie zuwider handelndes Projekt konzipieren kann.
Wenn 16 Oberstufen-Schüler:innen über Demokratie, Grundgesetz und die Verfassung debattieren, was wirklich löblich ist, verstehe ich nicht, warum man dann Schüler:innen anderer Schulformen außen vor lassen kann. Kommen sie, gesondert in einem anderen Zusammenhang, zu Wort, haben sie keine Ernst zu nehmende Meinung zu diesen interessanten Themen? Bleibt so nicht ein notwendiger, überfälliger und sinnvoller Prozess der Wiederbelebung demokratischen Denken und Handelns und die Entwicklung neuer Formen basis – demokratischen Agierens wieder nur bestimmten Personengruppen, die sich eh schon politisch interessiert zeigen, vorbehalten? Wenn es nicht gelingt, die wirklich breite Masse der Bevölkerung für diese gewaltige Aufgabe zu motivieren und Beteiligungsmöglichkeiten zu schaffen, darf man sich nicht wundern, wenn ein nicht kleiner Prozentsatz von Menschen, darunter viele der jüngeren Generation, sich von dieser Form der Demokratie nicht wahrgenommen fühlen, mit Gleichgültigkeit und Resignation von ihr abwenden. Deshalb denke ich, dass diese Themen eine grundsätzliche und eigenständige Gewichtung in der Lehrer: – und Erzieher:innenausbildung, als auch in sämtlichen Bereichen der Bildung von Kindesbeinen an braucht, um einen, alle Bevölkerungsgruppen umfassenden, Austausch über die inhaltliche Gestaltung und der Weiterentwicklung unserer Demokratiezu gewährleisten und eine allumfassende Beteiligung zu garantieren. Ich wünsche mir Mut zu mehr Demokratie!

Peter Düring, Frankfurt

fr-debatteNützlicher Algorithmus

Zu: „Polizei wirbt in der ‚Jungen Freiheit’“, FR-Regional vom 28. Mai

Manchmal schreibt die Wirklichkeit die treffendsten Satiren. Vorfälle und Anzeichen von rassistischen und antisemitischen Einstellungen in der hessischen Polizei wollen nicht enden. Da schafft Beuths Behörde die Spitzenleistung, in der rechtsextremen Zeitschrift „Junge Freiheit“ eine Anzeige zu platzieren, in der um Nachwuchskräfte für den Polizeidienst geworben wird. Nein, mehr geht nicht!
Alles halb so schlimm, sagt die Behörde: Der Algorithmus war’s. Da jubeln Verwaltung und Politiker die Digitalisierung zur Lösung aller gesellschaftlichen Probleme hoch. Der Bürger fragt sich: Wie kann man die Rekrutierung von staatlichem Sicherheitspersonal Algorithmen übertragen? Manchmal ist eben doch natürliche menschliche Intelligenz vonnöten.
Ein Nutzen allerdings von Algorithmen ist hiermit bewiesen: Er schützt Verwaltungen und Politiker davor, Verantwortung zu übernehmen. Es könnte aber auch sein, dass ich der Lösung von Problemen durch Digitalisierung zu sehr misstraue. Möglicherweise erfüllen die Algorithmen mittlerweile auch die Funktion eines Dr. Freud. Und sie fördern die Geister zutage, die im Hintergrund schon immer wirksam sind im Verantwortungsbereich von Minister Beuth und der hessischen Polizeiverwaltung.

Dieter Reitz, Mainz

fr-debatteWir brauchen mehr gemischte Wohnviertel

Zu: „Dann denke ich mir: Dir zeige ich es!“, FR-Regional vom 17. Mai

Alles was Frau Heeg mit Herrn Göpfert besprochen hat, kann ich nur bejahen. Wir brauchen keine Luxusinseln. Ein Beispiel: ich lebe in der Innenstadt zwischen neuer Altstadt und neues Degussaviertel. Unser Haus ist 1950 gebaut worden. Die Mieten werden weiter steigen, und die Alten werden verdrängt an den Rand von Frankfurt. Die Kontakte, die wir über Jahre aufgebaut haben: Kneipe, Cafe, Nachbarschaft, Mehrgenerationenhaus, Kaffeeklatsch usw. gehen verloren. Das baut man nicht wieder auf!
Was wir lernen müssen: Wir brauchen mehr gemischte Wohnviertel, wo wir alle – und damit meine ich alle! – leben können: bezahlbar und mit mehr Natur. „Umbau statt Neubau“. Wir brauchen mehr Bildung, Vollzeitunterricht, Treffpunkte, wo alle Menschen sich zu Gesprächen treffen können! Ein Beispiel: Blibiotheken öffentlich mehr nutzen.
Wir sind alle als Menschen auf die Welt gekommen, und so möchten wir auch behandelt werden! Auch Obdachlose und Flüchtlinge brauchen ein Heim, wo sie sich heimisch fühlen können.
Könnte noch mehr Argumente anführen, aber das würde zu lang.

Inge Jackson, Frankfurt

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Forum vom 8. Juni
Leserforum 2 20190916Seite eins
Seite zwei

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Zusätzlicher Stress bei zweifelhaftem Erfolg

Zu:  „Aufholprogramm für Schulen“ und „Zwei Milliarden für Minderjährige“, FR-Regional vom 20. Mai und -Politik vom 6. Mai

Die Bundesregierung will zwei Milliarden für ein Aufholpaket für Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stellen, die Opposition fordert gleich noch mehr. Aber hat eigentlich jemand darüber nachgedacht, woher das qualifizierte Personal dafür kommen soll? Private Nachhilfeschulen reiben sich schon die Hände, was dann wirklich geleistet wird, lässt sich kaum überprüfen.
Es gab schon einmal den Vorschlag – ich weiß nicht mehr von wem -, zwei aufeinanderfolgende Schuljahre auf je eineinhalb Jahre zu strecken.
Warum wird darüber nicht ernsthaft nachgedacht? Man bräuchte kein zusätzliches Personal, die Lerngruppen blieben zusammen und die ohnehin in den letzten Monaten benachteiligten Schülerinnen und Schüler hätten Zeit in Rhe nachzuarbeiten. Das „Aufholpaket“ bringt dagegen zusätzlichen Stress bei zweifelhaftem Erfolg.

Norbert Gassel, Seligenstadt

Verlängerung des Schuljahrs bis Weihnachten

Wenn dem Kultusministerium nichts mehr einfällt, fällt ihm das Geld ein. Nicht, dass 60 Millionen nicht gebraucht würden! Aber an der mehrfach in der Presse geschilderten Misere der Kinder und Jugendlichen ändert dieser Betrag nur wenig. Ihnen ist durch die coronabedingten Schulschließungen sehr viel mehr entgangen als die binomischen Formeln oder die consecutio temporum. Hier nur einige Beispiele: Betriebspraktika, Klassenfahrten, Schulaufführungen, Feste, Lernerfahrungen an außerschulischen Lernorten. Diese Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Am meisten fehlt ihnen jedoch, der persönliche Kontakt zur Klasse und den Lehrerinnen und Lehrern.
Dies alles durch Nachmittags- und Ferienveranstaltungen bei fremden Lehrkräften aufzuholen, wird nicht möglich sein. Da helfen keine 60 Millionen. Da helfen nur Mut und Entschlossenheit der Kultusministeriums, denn um die o.g. entgangenen Erfahrungen wenigstens im Nachhinein zu bieten, brauchen die Schulen mehr Zeit.
Ich schließe mich daher der Forderung von Anja Mayr an, die in der Zeit vom 22.4.2021 in ihrem Leitartikel die Verlängerung des laufenden Schuljahres bis zu den Weihnachtsferien vorgeschlagen hat. Das darauffolgende Schuljahr würde 2022 nach den Weihnachtsfeiern beginnen und vor den Sommerferien 2023 enden. Ab dann wäre man wieder im gewohnten Takt.
Es behaupte bitte keiner, die Veränderung des üblichen Schuljahrestakts sei nicht machbar. Ich selbst habe zwei Kurzschuljahre unbeschadet überstanden und G8 hin und zurück wurde auch bewältigt.

Gabriele Telgenbüscher, Frankfurt

Das Versagen der Welt wird zum Versagen des Kindes

Die staatliche Schule mit ihrem gesetzlichen Bildungsauftrag stellt in ihrer Gesamteinheit bereits ein Förderprogramm für alle schulpflichtigen Kinder in der Hoheit der Bundesländer dar. Das sollte im Bewusstsein bleiben, wenn nun in sehr begrüßenswerter Weise erhebliche Mittel für besondere Förderprogramme in den Schulen bereitgestellt werden sollen. Allein das Geld wird bei den Schülerinnen du Schülern nicht förderlich wirken, solange das Problem der entstandenen Lernrückstände als Defizit der einzelnen Kinder definiert wird. Aus Sicht dieser jungen Menschen ging über Nacht ihre vertraute Welt verloren. Das löste unter Umständen Angst und Verunsicherung aus, die sich durch die Wahrnehmung verstärken, dass auch Erwachsene Angst zeigen und die Welt im Großen und Kleinen nicht mehr sicher beherrschen. Fatal für die Kinder wird es nun, wenn das Versagen der Welt nun zum individuellen persönlichen Versagen des einzelnen Kindes erklärt wird. Wenn Kinder die entstandenen Rückstände aufholen sollen, müssen die Maßnahmen der Erwachsenen die Botschaft senden, deine Welt ist sicher und mit dir selbst ist alles in Ordnung. Beziehungen müssen stabilisiert werden, um in den Lernprozessen Vertrauen zu schaffen. Das Gefühl von Sicherheit und Stabilität schafft erst den gemeinsamen Glauben an das Gelingen und damit den Lernerfolg. Darum können alle Maßnahmen, die den Kindern als Sekundärbotschaft das Gefühl eines persönlichen Defizits vermitteln, nicht zielführend sein. Ein Zusatzprogramm am Nachmittag oder in den Ferien mit unbekannten Personen, eine Einsortierung in besondere Spezialgruppen vermitteln den Kindern die alles überlagernde Nachricht, das Problem bin ich. Solange tiefgreifende Strukturwandel im Bildungssystem nur punktuell an Preisträgerschulen stattfindet, bleibt die stabilste Beziehung in der Schule noch immer, die zur Lehrkraft und den Mitschülern in der eigenen Klasse. Das ist der entscheidende konstante Bezugsrahmen, der jedem Kind Orientierung, Sicherheit und Vertrauen gibt und in dem es Ansporn gewinnt für die Anstrengungen zum Lernerfolg.
Darum bleibt mein Plädoyer: Geben wir den Kindern, den Lehrkräften und der Schule Zeit die eigenen Kräfte zu stabilisieren und neue Impulse aufzugreifen und weiter zu entwickeln. Fördern wir mit den neuen Mitteln die bestehenden eigenen Antriebskräfte der Schulen. Vertrauen wir auf die innere Leistungsfähigkeit des Systems, wenn wir ihm die Zeit zurück geben die durch die Maßnahmen in der Pandemie verloren gegangen ist. Zwei Langschuljahre mit einem Versetzungstermin zum 1.2.2023 stellen aus meiner Sicht die effektivste und kostengünstigste Fördermaßnahme für alle Beteiligten dar.

Peter Hartwig, Ginsheim-Gustavsburg

Beschleunigte Überdigitalisierung

Die IFO-ForscherInnen nennen die bisherigen Ergebnisse des Distanzunterrichts „enttäuschend“ und sind allen Ernstes erstaunt, dass sich die SchülerInnen während des „Homeschoolings“ im Durchschnitt deutlich mehr mit Klick-Konsumismus wie Social Media oder Videospielen beschäftigen als zu lernen. Es sollte doch allen Beteiligten klar sein, dass es für die, durch ein primitives Smartphone-Belohnungssystem konditionierten SchülerInnen wesentlich attraktiver ist, sich durch die bekannten Social-Media–Plattformen zu klicken oder Videos und Computerspiele zu konsumieren, als alleine vor dem PC zu lernen. Gleichzeitig nehmen die psychischen Probleme vieler SchülerInnen im isolierten Homeschooling massiv zu.
Auch der Video-Chat-Unterricht kann ein lebendiges Miteinander in Präsenz nicht ersetzen und bleibt somit allenfalls eine Notlösung. Statt die wenig durchdachte und von den neoliberalen DigitalisierungsideologInnen geforderte Überdigitalisierung der Schulen und des Unterrichts kritiklos zu beschleunigen, sollte eine demokratische Gesellschaft diese Entwicklungen kritisch diskutieren. Dass gute Pädagogik mehr ist als die flächendeckende Ausstattung mit W-Lan und Tablets und dass digitale Werkzeuge nur Sinn machen, wenn diese in einem pädagogischen Konzept und intensiven Beziehungen in Präsenz eingesetzt werden, wird zunehmend negiert. Die durch die Corona-Pandemie beschleunigte Digitalisierung der Schulen führt leider nicht zu besserem Unterricht, sondern bereitet die SchülerInnen auf ihre Rolle als kritiklose Klick-KonsumentInnen im digitalen Kapitalismus vor. Auch wenn einzelne Stimmen aus der Politik (wie z.B. die SPD-Abgeordneten Rix und Kaczmarek in der FR) gelegentlich andere Aspekte einer ganzheitlichen Bildungspolitik ansprechen, fehlt trotzdem eine digitalisierungskritische linke Partei, die deutlich andere Akzente in der Bildungspolitik setzen würde.

Hermann Roth, Frankfurt

fr-debatteKramp-Karrenbauer hat irgendwas übersehen

Moderne Bundeswehr: „Reformen für die Truppe“, FR-Politik vom 19. Mai

Nach dem Doppelbeschluss der Nato im Dezember 1979 (Aufstellung atomarer Mittelstreckenraketen in Deutschland) forderte der Friedensaktivist Ulli Thiel: Frieden schaffen ohne Waffen! Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl setzte dagegen die These: Frieden schaffen mit immer weniger Waffen! Ob der Altkanzler wirklich auf Abrüstung setzte oder ob er diese Worte sagte, weil damals ein großer Teil der Bevölkerung gegen die Stationierung der Raketen auf die Straße ging, ist unklar.
Klar jedoch ist, dass die Rüstungsausgaben in Deutschland in den Folgejahren nicht gesunken, sondern erheblich gestiegen sind. So stieg der Verteidigungshaushalt im Jahr 2005 von 33,4 Milliarden Euro auf 52,8 Milliarden Euro in diesem Jahr. Geht es nach dem Willen unserer Verteidigungsministerin würde bei jährlich angestrebten 2 Prozent des Brutto-Inland-Produktes im Jahre 2031 eine nahezu Verdoppelung auf fast 100 Milliarden Euro für den Verteidigungshaushalt anstehen. Absichern will Frau Kramp-Karrenbauer diese Aufrüstungspläne durch die Festlegung in einem „Bundeswehrplanungsgesetz“ mit einem „langfristigen und garantierten Anstieg des Verteidigungshaushalt“(es).
Diesen Aufrüstungswahn begründet die Ministerin u.a. mit einer „massive(n) russischen Aufrüstung“ und – „wegen der größeren Zurückhaltung der USA“ – mit einer zunehmenden Verantwortung Deutschlands. Tatsache ist jedoch, dass Russland seine militärischen Ausgaben seit 2016 um mehr als 22 Prozent gesenkt hat, während die der NATO um 6,5 Prozent gestiegen sind (Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI). Allein im vergangenen Jahr 2020 stiegen in Deutschland die Ausgaben fürs Militär um 5 Prozent. Angesichts der Tatsache, dass sich der Staat wegen Corona hoch verschuldet hat, ist dies ein Skandal. Fürs Militär scheinen immer genügend Gelder vorhanden zu sein.
Man fragt sich, wie es kommt, dass eine bekennende Katholikin wie Annegret Kram-Karrenbauer für den Fall eskalierender Konflikte so penetrant an rein militärischen Lösungsversuchen festhält. Dass sie meint, nur durch eine immense Steigerung der Rüstungsausgaben und durch die Befähigung der Bundeswehr zu „Kaltstartfähigkeit“, „hohe Reaktionsfähigkeit“ und „eine hohe Durchsetzungsfähigkeit gegen gegnerische Waffensysteme“ zur Lösung von Konflikten kommen könne.
Irgendetwas muss Frau Kramp-Karrenbauer beim Blick in das Neue Testament übersehen haben: Sicherheit ist durch Aufrüstung nicht zu gewährleisten. Darum sollte die Ministerin
1. sich Jesu Bergpredigt im Matthäusevangelium (Mt. 5) genau durchlesen und
2. sich mit dem aus der badischen evangelischen Landeskirche stammenden Konzeptes „Sicherheit neu denken“ beschäftigen. Hier wird ein Prozess dargestellt bzw. in Gang gesetzt, der die Überwindung des Militärischen durch das Zivile in gehbaren Schritten aufzeigt. Dieses neue Konzept ist innerhalb kürzester Zeit auf reges Interesse sowohl in kirchlichen Kreisen als auch in der Politik sowie bei ranghohen Angehörigen der Bundeswehr gestoßen. Es ist inzwischen in verschiedene Sprachen übersetzt worden und verbreitet sich über die Grenzen Deutschlands hinaus, z.B. in die Niederlande, Österreich, Schweiz, USA (www.sicherheitneudenken.de).

Gerhard Kern, Hofheim a. Ts.

fr-debatteBüsche für die Mädchen

Zur Kolumne: „Dumme und G’scheite“, FR-Meinung vom 18. Mai

Zu Michael Herls Kolumne mit der Aufteilung des Klassenzimmers nach den Kriterien „dumm“ oder „g’scheit“ kann ich ein Erlebnis ähnlicher Qualität hinzufügen. Einrichtung: ebenfalls Grundschule bzw. Volksschule, Ort: Kleinstadt in Niederbayern, Zeit: zweite Hälfte 50er Jahre. Der Pausenhof war in drei Bereiche aufgeteilt – die mit Kies bedeckte Fläche war für die Jungen, die sich anschließende Grasfläche mit mehreren Büschen und Bäumchen war für die Mädchen, auf der dritten Fläche waren Mädchen und Jungen zusammen, mit protestantischem Glauben. Diese dritte Fläche war die Feuerwehreinfahrt.

Peter Leiß, Berlin

fr-debatteBetrügerische Geschäfte und pure Gewalt

Anerkennung des Völkermords: „Namibia hätte lieber Reparationen“, FR-Politik vom 29. Mai

Mit einer Art Haustürgeschäft erwarb Adolf Lüderitz 1883 im Südwesten Afrikas von einem lokalen Stammesoberhaupt der Nama für 200 alte Gewehre und 100 englische Pfund ein Stück Land an der Küste. Der Kaufvertrag wurde in burischem Afrikaans verfasst. Der Flecken sollte fünf Meilen Durchmesser aufweisen. Nachträglich behauptete Lüderitz, es seien nicht die den Nama bekannten britischen Meilen, sondern die viermal so großen deutschen Meilen vereinbart!
Der Schutz der deutschen Marine, weitere Geschäfte dieser Art und pure Gewalt haben dann dazu geführt, dass den Völkern des heutigen Namibia nach und nach ihr Land entrissen wurde. Es wurde an deutsche Siedler „verkauft“. Die Aufstände der Herero und dann der Nama ab 1904 hatten vor allem diesen Landraub als Grund.
Heute, über hundert Jahren nach dem Genozid an zwei Völkern, wird über eine Wiedergutmachung gestritten. Dabei gibt es eine gerechte Möglichkeit: Da heute noch 70 Prozent des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens in Namibia weißen Siedlern gehört, ist das rückgängig zu machen! Da die Eigentumsform vor der Herrschaft der Kolonialisten die allen gehörende Allmende war, ist das Land künftig Dorfgemeinschaften zu überlassen. Die weißen Landwirte, sofern sie nicht Teil dieser Genossenschaften werden wollen, sind in ein Land ihrer Wahl zu repatriieren. Wir z.B. sollten sie aufnehmen.

Werner Krone, Darmstadt

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Forum vom 9. Juni
Leserforum 2 20190916Seite eins
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Einige dieser Zuschriften folgen gleich hier, siehe unten. Die anderen wurden laufenden Diskussionen im FR-Blog zugeordnet und dort als Kommentare veröffentlicht. Bitte folgen Sie den Links, die im pdf-Dokument angegeben sind.

Die Leserbriefe von Klaus Henning und Robert Maxeiner wurden in der Einleitung der zweiten Debatte über Klimapolitik veröffentlicht.

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Forum vom 10. Juni
Leserforum 2 20190916Seite eins

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Ich fordere eine humane Flüchtlingspolitik

Fluchtroute Mittelmeer: Erwiderungen auf „Weiter so mit dieser menschenverachtenden Strategie!“, FR-Forum vom 29. Mai

Am 8. Januar 2020 schon habe ich in einem Leserbrief an die FR von meinem Vorhaben geschrieben, gegen die menschenrechtsverachtende Politik der EU vorgehen zu wollen. Ich habe diesbezüglich – leider ohne Antwort zu erhalten – an einige Abgeordnete der Grünen, der Linken und an Frau Dr. Barley (SPD) im Europäischen Parlament geschrieben.
Nun also die Klage einiger NGOs gegen Frontex, die ich sehr begrüße und tätig per Spende unterstütze. Hoffentlich folgen mir und evtl. Frau Elena Ezeani, die in ihrem Leserbrief vom 29./30. Mai 2021 auch diesen Wunsch äußert, noch viele andere, die eine menschliche Flüchtlingspolitik fordern.

Elisabeth Wendland, Hamburg

Dreiste Verdrehung der Wahrheit

Was bedeutet eigentlich „Schutz der Außengrenzen“? Vor was oder wem? Vor wilden Horden? Vor Not, Armut und Krankheit in anderen Regionen der Welt?
Wie legitim ist es eigentlich, Länder wie Marokko dafür einzuspannen?
Die meisten Leser werden sich sicher noch an die DDR erinnern, die die Menschen an der Ausreise gehindert hat. Hat die DDR damals auch unsere Außengrenzen „geschützt“?
Tatsache ist doch, daß unser Reichtum auch darauf beruht, daß wir keine fairen Preise für Rohstoffe und Dienstleistungen zahlen. Nur deshalb können so viele von uns Urlaube in Ländern wie auch Marokko machen. Und daß so mancher aus den ärmeren Gegenden dieser einen Welt einen Teil vom Kuchen beansprucht, ist völlig legitim. Reisefreiheit nur für die Reichen ist dagegen moralisch nicht vertretbar! Erst wenn alle Reichtümer dieser Welt gerechter verteilt sind, können wir unseren Frieden bekommen und müssen nicht Grenzen „schützen“ oder das von anderen verlangen.
Und so zu tun, als sei das gar die Verpflichtung anderer Staaten, ist eine dreiste Verdrehung der Wahrheit.

Hagen Krämer, Mühlheim

Frontex sieht Menschen beim Ertrinken zu

Die Grenz“schutz“agentur Frontex sieht Schiffbrüchigen im Mittelmeer beim Ertrinken zu. Hoch präzise mit neuester Technik. Finanziert von der Friedensnobelpreisträgerin Europäische Union. Aber sie rettet keine Schiffbrüchigen mehr.
Frontex rettet nicht. Die Anrainerstaaten des Mittelmeers retten nicht. Vorbei fahrende Zivilschiffe fürchten sich davor, bestraft zu werden, wenn sie Schiffbrüchige retten. Richtig gelesen: Bestraft zu werden, wenn sie Menschen vor dem Ertrinken retten, und nicht umgekehrt: ins Gefängnis eingekerkert zu werden, wenn sie beim Ertrinken zugucken. Und privaten Rettungsschiffen wie Sea-Watch und Sea Eye macht man das Leben schwer. Man läßt sie aus fadenscheinigen Gründen nicht ein- oder auslaufen.
Nochmal: Menschen ertrinken, weil man ihnen rechtzeitige Hilfe verweigert. Männer. Frauen. Kinder. Institutionalisierte unterlassene Hilfeleistung. Ein mörderisches Verbrechen! Welche Partei will sich damit identifizieren?
Es ist notwendig, daß Geflüchtete europaweit gerecht verteilt werden. Die Drittstaatenregelung und das Dublinabkommen müssen deswegen abgeschafft werden. Das nimmt Druck von den Anrainerstaaten. Die schnelle Rettung von Schiffbrüchigen muß wieder selbstverständliche Pflicht der Anrainerstaaten sein. Und private Rettungsschiffe dürfen an ihrer wertvollen Arbeit nie mehr gehindert werden!

Ralf-Michael Lübbers, Marienhafe

fr-debatteSeehofer hat nie von Nächstenliebe gehört

Aufnahme von Geflüchteten in deutschen Städten: „Seehofer soll Weg frei machen“, FR-Tagesthema vom 31. Mai

Die Linke scheint zurzeit die einzige Partei zu sein, die sich um das unsägliche Leid der Flüchtlinge in den griechischen Elendslägern kümmert. Nachdem sich die Vorsitzende Janine Wissler von dem perspektivlosen Zustand der dort vor sich hinvegetierenden Frauen, Männer und Kindern ein Bild gemacht hat, fordert sie, wie schon einige Kollegen aus den Parteien SPD, Grüne undLinke in der schon lange währenden Zeitspanne in den vergangenen Jahren endlich zu handeln und ein Aufnahmeprogramm zu vereinbaren für diese Menschen, damit diese menschenunwürdigen sogenannten Unterkünfte an den EU -Grenzen aufgelöst werden können.
Wissler wies u.a. darauf hin, dass mehr als 250 Kommunen in Deutschland und vielen anderen Städten und Regionen in der europäischen Union bereit sind Geflüchtete aufzunehmen. Wie schon in vorherigen Fällen hat der „Oberbeamte“ Seehofer aus einer deutschen Partei, die in ihrem Logo den Namen „christlich“ trägt, es abgelehnt, Geflüchtete zu übernehmen. Man verbindet mit der Eigenschaft „christlich“ Nächstenliebe. Davon hat Seehofer wohl noch nie etwas gehört.
Ich hoffe, dass die Klage Berlins gegen die Ablehnung Seehofers Erfolg hat. Die Befugnis,Geflüchtete aufzunehmen, müsste auf jeden Fall in die Kompetenz der Länder in Deutschland übergehen.Außerdem ist es höchste Zeit, dass der unmenschlichstete Innenminister, den wir bisher in der BRD hatten, endlich durch einen humanen Innenminister abgelöst wird, der nicht aus einer sogeannten „christlichen“ Partei stammt.
Der Gipfel der Unmenschlichkeit Seehofers ist wohl seine letzte Entscheidung, dem kritischen Journalisten aus Myanmar, Mratt Kyaw Thu, deutsches Asyl zu verweigern. Dazu fällt mir beim besten Willen nichts mehr ein.
Frau Merkel handeln Sie endlich und lassen Sie in den letzten Monaten Ihrer Amtszeit „nicht alles schleifen.“

Hermann Michel, Mörfelden-Walldorf

fr-debatteMit angezogener Handbremse

Franco A.:„Ein Offizier und Flüchtling – oder nicht“, FR-Politik vom 18. Mai

Ich fasse es nicht: Ein Oberleutnant schafft Waffen und Munition illegal beiseite, gibt sich als Flüchtling aus bzw. führt eine Doppelexistenz, plant Mordanschläge auf bekannte Bundespolitiker:innen, um sie dann Geflüchteten in die Schuhe zu schieben, tummelt sich in rechtsextremen Netzwerken u.a. der KSK – und der BGH muss erst zum Jagen getragen werden, um Anklage zu erheben, lässt den Angeklagten nach sechs Monaten – bis heute! – frei. Da muss ich an die RAF-Zeiten denken, die ich als Zeitzeuge miterlebt habe.
Diese Terrorgruppe, auf deren Konto 30 Todesopfer kamen, veränderte die Bundesrepublik total: Gesetze wurden neu beschlossen bzw. verschärft, und das oft in rechtsstaatlich bedenklicher Weise, Polizei und Staatsanwaltschaften wurden aufgerüstet, Stammheim wurde gebaut, Schleierfahndungen überzogen das Land, viele von uns können sich erinnern, bei einer der vielen Kontrollen in die Mündung einer Maschinenpistole geschaut zu haben, kritische Intellektuelle wie z.B. der Autor Heinrich Böll wurden als „Sympathisanten“ verdächtigt und verunglimpft.
Nicht dass ich mir angesichts des Rechtsterrorismus, auf dessen Liste allein seit 1990 über 200 Todesopfer stehen, die bleiernen Zeiten von damals zurückwünschen würde. Aber diese Verharmlosung, dieses konsequente Wegsehen – nicht der MAD, erst eine Putzfrau löste Franco A.’s Verhaftung aus! –, dieses Beharren auf Einzeltäterhypothesen trotz manifester Hinweise auf rechte Netzwerke z.T. eben auch in Armee und Polizei ist ein trauriger Beweis dafür, dass trotz Maaßens erzwungenem Rücktritt, trotz Seehofers Erkenntnis, dass der Rechtsterrorismus gegenwärtig die größte Gefahr ist, wichtige Institutionen wie die Rechtsprechung rechte Straftaten noch immer bestenfalls mit angezogener Handbremse verfolgen. Wann endlich reagiert der deutsche Staat mit allen seinen in Frage kommenden Institutionen angemessen auf diese wachsende Gefahr?

Hans-Hermann Büchsel, Heidelberg

fr-debatteTritt in den Hintern der Kinderlosen

Pflegereform: „Pläne reichen nicht“, FR-Wirtschaft vom 2. Juni

Ich kann/konnte, medizinisch diagnostiziert, keine Kinder zeugen und bekomme dafür nun noch die Strafe? Nach Jahrzehnten Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe habe ich unendlich oft die Abwesenheit der Eltern kranker Kinder (gerne) aufgefangen, bekomme dafür nachträglich den Tritt in den Arsch!? (ich spreche hier als Nichtraucher noch nicht mal von den Raucherpausen, die man in Teams auch noch kompensieren muss) Ich zahle Steuern, von denen solche Pflege-Kosten getragen werden sollten und nicht z.B. die Rettung reicher Firmen in einer Pandemie. Die Politik tut wirklich alles, um die Menschen in der Demokratie vom Glauben abzubringen.

Clemens Rohrbach Butzbach

fr-debatteFeudalistische Zöpfe

Kirchenaustritte: “ Unter Sparzwang“, FR-Regional vom 25. Mai

Wie unangemessen groß noch immer die Macht der beiden christlichen Großkirchen in der BRD ist, kann man am Geschehen um die Kirchenaustritte ablesen. In aller Regel wurden die Mitglieder als unmündige und nicht entscheidungsfähige Kindlein zu Mitgliedern gemacht – oft durch Übergießen mit Wasser und Besalzen der Zunge in kalten Kirchen. Später dann muss man hohe Verwaltungsgebühren bezahlen und Wege zu Ämtern zurücklegen, um seine Mitgliedschaft aufzulösen. Man muss Wartezeiten auf Termine bei zuständigen Behörden hinnehmen, sogar auch dann, wenn man den weiteren Verbleib aus Gewissensgründen nicht mehr verantworten oder ertragen kann angesichts der Vorgehensweisen der Amtskirchen. Wann endlich werden diese feudalistischen Zöpfe abgeschnitten?

Uwe Hartwig, Ober-Mörlen

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Forum vom 11. Juni
Leserforum 2 20190916Seite eins

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Eine Großaufgabe für die nächste Regierung

Transparenzregeln für Großkonzerne: „Wer zahlt wie viel Steuern?“, FR-Wirtschaft vom 4. Juni, und „Verteile und herrsche“, FR-Magazin vom 3. März

Auch für Amazon gilt: Große betriebliche Einheiten zahlen (so gut wie) keine Ertragsteuern an deutsche Gebietskörperschaften. Deshalb streut auch Amazon der Öffentlichkeit Sand in die Augen. Mehrwertsteuer (1,4 Milliarden Euro 2019) wird durch Amazon treuhänderisch vereinnahmt und an das Finanzamt abgeführt; wirtschaftlich trägt diese verbrauchsteuerähnliche Verkehrsteuer der private Endverbraucher – also wir.
Ähnlich verhält es sich mit der Lohnsteuer; diese wird als „direkte“ Steuer dem Arbeitnehmer bei Amazon vom Lohn direkt abgezogen und ebenfalls treuhänderisch einbehalten und von Amazon an das Finanzamt abgeführt. Erhält z.B. die hessische Landgemeinde Hersfeld auch nur einen Cent Gewerbesteuer von Amazon? Zahlt Amazon auch nur einen Euro Körperschaftsteuer an ein deutsches Finanzamt?
„Eigentum verpflichtet“ (Grundgesetz § 14) und soll dem „Wohle der Allgemeinheit dienen …“ Dazu gehört an erster Stelle das Zahlen von Ertragsteuern. Sollte Amazon einen nämlichen Betrag an Körperschaft- und Gewerbesteuer zahlen, würde dies in großen Anzeigen dieser Firma beworben. Die leistungsstarken Unternehmen/Körperschaften zum Zahlen der Ertragsteuer zu bringen, wäre eine zu lösende Großaufgabe einer „rot-rot-grünen-Regierung“.

Thomas Ewald-Wehner, Nidderau

Amazons unverschämte Täuschungsmanöver

Amazon wieis für 2019 einen „steuerlichen Gesamtbeitrag“ von 1,9 Milliarden Euro aus, von dem 1,4 Mrd Euro auf indirekte Steuern, also Mehrwertsteuer oder „von Mitarbeitern gezahlte Steuern“ entfallen. Obwohl Amazon im Falle der Mehrwertsteuer lediglich als Agent der Finanzverwaltung handelt, also die von den Verbrauchern bezahlte Steuer an den Fiskus abführt, rechnet sich das Unternehmen offensichtlich diesen Inkassovorgang als eigene Steuerzahlung an.
Der Hinweis auf die ebenfalls einbezogenen Zahlungen von Mitarbeitern ist noch abenteuerlicher: Vermutlich sind damit die einbehaltenen Lohnsteuern – und damit eigentlich direkte Steuern – der Belegschaft gemeint, die Amazon wie die Mehrwertsteuer lediglich an die Finanzämter abführt. Aber vielleicht geht die Chuzpe von Amazon so weit, einen bestimmten Anteil der gezahlten Lohnsumme als Verbrauchsausgaben anzunehmen und davon die enthaltene Mehrwertsteuer – die von den Einzelhändlern an den Fiskus abgeführt werden – sich selbst zuzurechnen. Es ist schwer zu entscheiden, was schlimmer ist: Die Milchmädchenrechnung von Amazon oder die Unverschämtheit, mit der Amazon die Öffentlichkeit zu täuschen versucht.

Ernst Neubronner, Bad Homburg

Andere Vereinbarungen wären noch wichtiger

Multinationale Konzerne sollen künftig weltweit mit einer Mindeststeuer von 15 Prozent zur Kasse gebeten werden.Darauf einigten sich die Finanzminister der G7-Staaten am Sonnabend in London.Möglich geworden ist die Einigung auch auf Drängen der neuen US – Regierung, die sogar eine Mindeststeuer von 21 % vorgeschlagen hatte. Finanzminister Scholz spricht von einer „Steuerrevolution“.
Kommentar: es gibt internationale Vereinbarungen, die noch wichtiger wären, welche aber nicht getroffen werden:
1.) Schaffung einer globalen „Flüchtlingssteuer“ auf Kriegswaffenverkäufe von 33 1/3 Prozent, die für Versorgung und Rückführung der Flüchtlinge in ihre Heimat aufgewendet werden.
2.) Schaffung eines globalen Vertrages unter dem „Dach der Vereinten Nationen“,
in dem beschlossen wird, die „Abschreckung“ durch „Vertrauensbildung“ zu ersetzen, künftig auf Spionage, Sabotage und „Cyber – War“ zu verzichten, die Rüstungsausgaben stufenweise zu senken und die Waffenarsenale schrittweise unter gemeinsamer Kontrolle abzurüsten mit dem Ziele, künftig die globale Sicherheit mit einem niedrigeren Kostenaufwand aufrecht zu erhalten als bisher.
Weltweit sind die Ausgaben für Waffen und Rüstungsgüter gestiegen. Laut einem Bericht des Friedensforschungsinstituts Sipri lag der Gesamtumsatz im Jahr 2019 bei 361 Milliarden US-Dollar – der größte Teil davon entfällt auf die USA.
Fazit: Die Mächtigen in Politik,Wirtschaft und Finanzwelt können den Planeten offensichtlich „nicht schnell genug kaputt bekommen!“Die Frage, wohin das führen soll, stellen sie sich nicht. Möge Deutschland sich bald einen Außenminister „zulegen“, der die Empörung über diesen Sachverhalt teilt und in der UNO entsprechende Initiativen ergreift.

Otfried Schrot, Hannover

fr-debatteKein Wort aus Myanmar

Myanmar: „Der Widerstand ist in der Breite der Bevölkerung verankert“, FR-Tagesthema vom 26. Mai

Myanmar gibt sich gerne als eine Art Außenseiter. Beispielsweise 1968 durch die Umstellung des Straßenverkehrs auf die rechte Seite, obwohl alle Nachbarländer, außer China, bis heute auf der linken Seite fahren. Und noch 1984 konnte ich viele LKWs und Busse mit dem Lenkrad rechts im Fahrzeug sehen.
Aber auch bei einem Thema wie der Erhaltung der regionalen Artenvielfalt spielte Myanmar nur ungern mit. Die EU hatte in Zusammenarbeit mit ASEAN (= Association of South-East Asian Nations) ein regionales Zentrum zur Erhaltung der Artenvielfalt in der Region (= ASEAN Regional Centre for Biodiversity Conservation – ARCBC) aufgebaut, untergebracht in der Forst-Fakultät der philippinischen Universität in Los Banos. Dieses Projekt hatte in allen 10 ASEAN-Mitgliedsstaaten, also auch in Myanmar/Birma, nationale Büros eingerichtet, die mit den jeweiligen nationalen Umweltbehörden zusammenarbeiteten und u.a. Stipendien für Doktoranten und für Umweltstudien vergaben.
Im August 2004 führte das ARCBC im Khao Yai Nationalpark in Thailand eine Konferenz durch, die der Aufwertung nationaler Parks zu ASEAN Bio-Heritage Parks (Parks, die das Naturerbe besonders bewahren sollten) diente. Außer Myanmar, damals noch als Birma/Burma bezeichnet, haben alle anderen Länder Vertreter entsandt und für jedes Land wurde mindestens ein Park aufgewertet.
Ende 2004 wurde das ARCBC an ASEAN übertragen . Vor der Übergabe-Konferenz im Dezember 2004 im EDSA Shangrila Hotel in Manila/Philippinen mussten in allen ASEAN-Staaten eine Bestandsaufnahme zum jeweiligen Status des nationalen Büros (Inventur, Kassenprüfung, welche laufenden Projekte und Studien weiter zu führen sind usw.) vorgenommen werden. Myanmar reagierte auf keinen Kontaktversuch und ließ auch keinen Besuch durch ARCBC-Mitarbeiter zu. Ich selbst habe an solchen Bestandsaufnahmen in Laos, Kambodscha, Brunei, Indonesien und Thailand mitgearbeitet. Das Treffen in Manila wurde von den zuständigen Ministern aller anderen ASEAN-Mitgliedsstaaten besucht, die auch das Abschlussprotokoll unterzeichneten und damit die Übergabe an das ASEAN-Sekretariat in Jakarta/Indonesien vollzogen. Aus Myanmar kein Wort.
Es ist bedauerlich, dass sich eine Kulturnation wie Myanmar nun wieder einer Militär-Junta unterwerfen muss und ich wünsche den Menschen dort, dass dieser Albtraum bald vorbei ist.
Abschließend: als 1989 die Regierung beschloss, dass die offizielle internationale Landesbezeichnung von Birma/Burma zu Myanmar wechseln sollte, sagte eine Frau aus diesem Land, dass ihr Land von ihnen schon immer so genannt worden sei. Damals war ich die Weltbank in Papua Neu-Guinea tätig. Meine deutsche Frau sagte dazu den Erstaunten, mehrheitlich Australier, dass falsche Bezeichnungen auch für Deutschland international üblich wären, denn kein Deutscher spricht von „Germanien“ (Germany) oder Allemanien (Allemagne), wenn er sein Land auf Deutsch nennt.

Paul R. Woods, Neumagen-Dhron

fr-debatteEine Krankheit, die es nicht mehr gibt

Zu: „Die falsche Existenz als Mann liegt hinter ihr“, FR vom 29. Mai

So begrüßenswert es ist, dass transsexuelle Menschen entpathologisiert werden (m. E. handelt es sich dabei, wie Mediziner das nennen, um eine „Normvariante“, also wie sechs Finger an einer Hand oder drei Brustwarzen etc.), in dem sie entsprechend der WHO ab 2022 nicht mehr als psychisch krank gelten, so möchte ich doch auf ein sozialmedizinisches Problem hinweisen, das sich daraus ergibt. In Deutschland wird nach dem Sozialgesetzbuch verpflichtend nach ICD (International Classification of Diseases) aktuell Version 10 diagnostiziert. Was darin steht, darf ich als Arzt:inn oder Psycholog:inn behandeln und die Gesetzliche Krankenkasse übernimmt dafür die Kosten, d. h. bei Transsexualität auch die für die geschlechtsangleichenden Operationen. Wenn nun im ICD 11, der demnächst kommt, die Diagnose Transsexualität (F 64.0) nicht mehr vorkommt, es sich also bei Transsexualität nicht mehr um eine Krankheit handelt, wer übernimmt dann die Behandlungskosten für eine „Erkrankung“, die es nicht (mehr) gibt?

Rüdiger Erdmann, Pattensen

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Forum vom 12. Juni
Leserforum 2 20190916Seite eins
Seite zwei

Einige dieser Zuschriften folgen gleich hier, siehe unten. Die anderen wurden laufenden Diskussionen im FR-Blog zugeordnet und dort als Kommentare veröffentlicht. Bitte folgen Sie den Links, die im pdf-Dokument angegeben sind.

Die Kirche ist nicht reformierbar

Kardinal Marx: „Die Kirche ist an einem toten Punkt“, FR-Politik vom 5. Juni

Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, hatte Papst Franziskus seinen Rücktritt angeboten. Er wolle damit Mitverantwortung tragen für „die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs“.
Diese Demission ist zwar moralisch sehr lobenswert. Sie geht aber vom Falschen aus. Kardinal Marx hat immer Verantwortung gezeigt und für Reformen und ein Miteinander der Religionen geworben. Das System der katholischen Kirche hat Züge einer kriminellen Vereinigung, und da wäre es an der Zeit, dass die wirklich Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Warum ist Kardinal Woelki, Erzbischof von Köln, nicht zurückgetreten?
Dadurch, dass die Kritiker und Reformer der katholischen Kirche den Rücken kehren, stärken sie die Verursacher der Misere, die weiter ihr menschenverachtendes Süppchen kochen und sich immer weiter von der christlichen Botschaft entfernen. So hat der Vatikan Homosexualität zur Sünde erklärt und verweigert gleichgeschlechtlichen Paaren den Segen. Mit dem Verbot der Frauenordination hat der Vatikan das Kirchenrecht dahingehend verschärft, dass eine Partizipation von Frauen in der Kirche und ihre volle Teilhabe an Ämtern in der Kirche mit Sanktionen belegt wird. Für die Weihe von Priesterinnen droht Exkommunikation bzw. für Kleriker der Rausschmiss. Dieser Missgriff zeigt deutlich: Die katholische Kirche ist nicht reformierbar.

Conrad Fink, Freiberg a.N.

fr-debatteDer Verlust der Utopien

Zu: „Die Krise der Linken“, FR-Feuilleton vom 8. Juni

Dass prominente Linke einen Widerspruch zwischen dem traditionellen Kampf um Verteilungsgerechtigkeit und Identitätspolitik konstruieren, verkennt, dass Beidem der Kampf um Anerkennung und Würde zugrunde liegt. Die Würde wiederherzustellen, unabhängig davon, ob sie durch ausbeuterische Löhne oder durch Rassismus, Sexismus, Homophobie, etc. angegriffen wurde, sollte die oberste Maxime der Linken darstellen. Zugleich sollte die Linke wieder lernen, Utopien zu entwickeln, so wie es der französische Frühsozialist Charles Fourier (1772–1837) vormachte, als er z. Bsp. „Eintracht und Überfluss“ in einem „genossenschaftlichen Staat“ prophezeite. Auch wenn die Utopie niemals vollständig Realität werden wird, dient sie doch als Orientierung und Stärkung für die tagesaktuellen Kämpfe, die die Linke zu bestreiten hat.

Thomas Tews, Frankfurt

fr-debatteNicht genug gepflegt und gekümmert

Zur Kolumne „Leiden mit und an Eric Clapton“, FR-Meinung vom 2. Juni

Herrn Nutts Kolumne ist erkennbar Meinung, leider beleuchtet er den „pfleglichen Umgang“ mit dem eigenen Körper/ der eigenen Gesundheit nur so, daß man verstehen kann, dass mit Impfschäden rechnen muss, wer sich nicht gekümmert hat. Wie sieht es mit den Coronakranken aus?
Ich sehe leider keinerlei Bemühen die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern. Weder indem man Schulkindern die Beziehung zwischen Lebensweise und Gesundheitsstatus vermittelt, noch daß die einschlägige Nahrungsmittelindustrie gehalten wird ihre Sortimente diesem Anspruch unterzuordnen. Ganz zu schweigen von umweltbelastenden Industrien. Weshalb gibt es keine Initiativen die Grunderkrankungen durch gesunde Lebensweise (Ernährung, Bewegung) zu reduzieren? Nachgewiesenermaßen sind die Covid-Krankheitsverläufe ohne Grunderkrankung milder (C. Drosten).
Unsere Nahrungsmittelerzeugung ist qualitativ fragwürdig, zudem profitieren Pharmaindustrie/ Ärzteschaft (gleiche FR-Ausgabe, Seite 12) nicht von gesunden Menschen.
Es mag den eigenen Blick beeinflussen, wenn man, wie ich, nicht einen Menschen mit schwerem Krankheitsverlauf, aber mehrere Personen mit schweren Beeinträchtigungen nach der Impfung kennt (was evtl. auch an einer unzureichenden Anamnese oder schlicht an Unkenntnis liegt). Weder Andere noch ich müssen sich für Fragen und Kritik entschuldigen.
Und was geschieht im Herbst mit der nächsten Grippewelle, mit evtl. anderem Erreger?

Ursula Bugl-Horatschek, Mühlheim/ M.

 

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Verwandte Themen

2 Kommentare zu “FR-Forum vom 7. bis 12. Juni

  1. Als freie Bürger und Wahlberechtigte von ‚Volksvertretern‘ müssen wir wohl nicht alles hinnehmen, was uns durch Kenntnis aller zugetragenen Informationen aus Medien, Mündern oder Internet zum Staunen oder bis zur Weißglut ärgert. So ist es auch ohne Zweifel an Lebens- und Daseinsberechtigkeit für die von unterschiedlichem Lebenserhalt betroffenen 8 Milliarden Erdenbewohner schwierig auf künftige soziale Gerechtigkeit zu hoffen. Jetzt erst wird bekannt, dass die größten Geldscheffler auf dem Globus schon vor drei Jahren dem amerikanischen Fiskus keine oder höchsten 1-komma Prozent Einkommensteuer zahlten. Das ist ‚die häßliche Fratze des Turbokapitalismus‘, von den Cent-Milliardären der Bezos, Soros, Zuckerberg, Musk, Bloomberg und Buffet profitieren. Auch bei ‚Geringer-Verdienenden‘ wie z.B. VW-Winterkorn-Manipulateur kommen nun mit einen geringen Teil ihrer weit übermäßigen Einkommens-Bemessung davon. Cum-ex, Wirecard und der mit Volks- und Aktienvermögen Casino-spielende Bayer-Chef Baumann sind in diesem System rücksichtslos unterwegs. Kleinere Summen erhalten unsere Nationalspieler der pankontinentalen Fußballmeisterschaft. Ich habe alle DFB-Präsidenten seit Kriegsende erlebt und auch die Nationaltrainer. Herberger – in Regenmatel und Hut verteidigte seinen Schützling Helmut Haller gegen unsachgemäße Reporterhetze nach Verletzung. Helmut Schön drückte beim Malente-Aufstand seiner Auswahl die Augen des Erfolgs wegen zu. Aber heute bestelle ich meine geliebte SZ ab, nachdem Jogi dreispaltig die Titelseite bekleidete (in Schwarz) und der DFB für einen EM-Titel jedem der Auswahlspieler eine knappe Mio. Euro verspricht. Alle haben für etwa 30 Ballspiele pro Jahr mindestens 5 Mio. Einkommen – plus Kost, Logis, Reisen, Gesundheitsmaßnahmen und eklatante Sponsorenzusatzeinkommen. Wir Betrachter zahlen gerne, kaufen überteuerte Nylon-Trikots und rufen TOOOR!

  2. @ Ursula Bugl-Horatschek

    Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen der Kolumne zu Harry Nutts Kommentar „Leiden mit und an Eric Clapton“ und Ihren Aussagen.

    Harry Nutt hat doch zum Ausdruck bringen wollen, dass er mit dem Umgang Claptons (zus. auch mit seinem Freund Van Morrison) mit der Pandemie in seinen klagenden Aussagen und mit seinem neuen Musikstück „Stand an Deliver“ gehadert hat. Trotz seiner jahrzehntelagen Anhängerschaft für diesen großen Blues-Musiker.
    Mir geht es ähnlich und dass vor allem gegenüber Van Morrison, dem ich seit Jahrzehnten musikalisch Gefolgschaft leiste.
    Denn auch Van Morrison hat mich mit seiner barschen Art (was er sowieso zuweilen ist) des Umgangs mit den notwendigen Maßnahmen der Corona-Bekämpfung – will’s mal so sagen -, enttäuscht und irritiert.

    Harry Nutt schreibt in seinem letzten Absatz:
    „Ach, die Erinnerung. Ein Album von 1976, einer Zeit, in der es Clapton nicht gut ging, trägt den Titel „No Reason To Cry“.

    Meine Assoziation: Ach, die Erinnerung. Ein Album von Van Morrison (1991) mit dem Titel „Hymns To The Silence““ und dem Song „Ordinary Life“.

    ***
    „Ordinary life, be may rock in times of trouble
    Get me back on the earth
    Put my feet on the ground“

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