Europäische Schicksalstage: Wir befinden uns mitten in der entscheidenden Phase der Euro-Rettung, und damit steht auch das Projekt Europa, wie wir es kennen, auf der Kippe. Was passiert, wenn die Griechen am Sonntag nicht die „Memorandumsparteien“ – Pasok und Nea Dimokratia, die das Memorandum mit EU, EZB und IWF unterschrieben haben – wählen, sondern die linke Syriza, die behauptet, das brutale Sparpaket der EU aufweichen und trotzdem im Euro bleiben zu können? Macht die EU dann ernst mit der Drohkulisse, die sie aufgebaut hat, wird Griechenland dann aus dem Euro austreten? Mit welchen Folgen? Für Griechenland sind die Folgen schon erkennbar: Seit Beginn der Krise haben die Griechen 80 Milliarden Euro von den griechischen Banken abgezogen, derzeit kommt täglich ein dreistelliger Millionenbetrag hinzu, wie Spiegel Online meldet. Das griechische Bankensystem steht am Rand des Abgrunds.
Aber Griechenland ist im Moment schon gar nicht mehr so wichtig, Spanien ist wichtiger. Die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone wird unter den „Rettungsschirm“ ESFS schlüpfen und 100 Milliarden Euro zur Rettung ihrer maroden Banken erhalten. Die leiden unter den vielen Krediten, die sie während des spanischen Baubooms vor Jahren vergeben hatten und die von den Schuldnern inzwischen vielfach nicht mehr bedient werden können. Und in Italien sieht es nicht viel besser aus. So große Rettungsschirme, dass auch Italien drunterschlüpfen könnte, kann die EU nie im Leben aufspannen.
Ein Teil der Krise ist von unseren Politikern hausgemacht. Insbesondere Bundeskanzlerin Angela Merkel spielt eine entscheidende Rolle. Ihr Beharren auf einer einseitigen Einspar-Politik – alternativlos – hat bewirkt, dass Griechenland in die Rezession gepresst wurde. Die griechische Wirtschaft wurde abgewürgt, das Staatsdefizit wächst und wächst. Das war vorhersehbar, davor wurde vielstimmig gewarnt, doch die Kanzlerin in ihrem Wahn, die unsoliden Südländer für ihre Verschwendungssucht zu bestrafen, haben solche Prognosen offenbar nicht interessiert. Diese Einspar-Politik hat jedenfalls nicht zu einer Konsolidierung geführt, dafür aber zur Krise der Demokratie in Griechenland. In Spanien zeichnen sich ähnliche Ergebnisse ab, wie FR-Korrespondent Martin Dahms am 14. Juni in der FR berichtete: „Die Spanier fühlen sich verraten. Sie trauen ihren Institutionen nicht mehr. Nicht der Regierung, nicht der Opposition, nicht den Gewerkschaften, nicht den Unternehmern, nicht der Justiz und nicht ihrem Elefanten jagenden König.“ (Online ist der Text nicht erhältlich.) Die Euro-Krise führt in die Systemkrise der Demokratie.
Eine solche Krise hat es noch nie gegeben, aber es gibt trotzdem Parallelen. Der Crash der Danat-Bank (Darmstädter und Nationalbank) von 1931 lässt sich vielleicht mit dem Crash von Lehman Brothers vergleichen. Er führte zu einem Run der Deutschen auf die Bankschalter und mündete in eine Bankenkrise, die Teil der Weltwirtschaftskrise war – und die führte bekanntlich zu einem erheblichen Schwund des ohnehin nicht sonderlich stark ausgeprägten Vertrauens der Deutschen in die Demokratie der Weimarer Republik. Die Notverordnungspolitik von Reichskanzler Brüning und seinen Nachfolgern war damals gewiss alternativlos.
Heute wie damals leiden die „kleinen Leute“, die für die Ursachen der Krise nichts können. Die Ursachen der Krise sind andere. Ich zitiere hier aus dem Text „Was das System so instabil macht“ von FR-Autor Stephan Kaufmann:
„Um der Euro-Krise Herr zu werden, wurde ein Billionen-Schirm aufgespannt, Staaten wurden zu nie gesehenen Sparprogrammen gezwungen, Hunderttausende Beamte entlassen, Löhne flächendeckend gedrückt, demokratische Spielregeln außer Kraft gesetzt und europaweite Schuldenbremsen eingeführt. Während noch diskutiert wird, ob dies die Krise beenden kann, fällt die eigentlich irritierende Frage unter den Tisch: Warum weiß das eigentlich niemand?
(…)
Was das System so instabil macht, resultiert aus seinem Konstruktionsprinzip, das vielfach als Finanzialisierung umschrieben wird. (…) Die Finanzkrise ab 2008 hat deutlich gemacht: Was Sparer auf ihren Konten, Anleger in ihren Wertpapier-Depots und Banken auf ihrer Haben-Seite als Vermögen verbuchen, das sind nichts anderes als Schulden anderer. Der finanzielle Reichtum der Welt (allein Privatanleger verfügen über 220 Billionen Dollar) besteht aus Aktien, Anleihen, Lebensversicherungen, Sparguthaben – also aus Zahlungsansprüchen, die so lange Wert haben, wie sie bedient werden. Werden sie nicht bedient oder kommen Zweifel am Schuldner auf, lösen sich die Werte in Luft auf, seien es US-Hypothekenpapiere oder Griechen-Anleihen.
(…)
Der Finanzmarkt – oder genauer: das Finanzkapital – ist heutzutage das Subjekt der globalen Ökonomie. Mit seinen Ansprüchen an die Zukunft überfordert es die reale Welt und wird damit selber brüchig. Um es zu retten, nehmen die Staaten mehr Kredit auf und erhöhen damit die Last der Erwartung, also die Ansprüche an künftiges Wachstum.
Das Weltfinanzsystem beruht auf dem Glauben, dass diese Ansprüche eingelöst werden können. Kein Wunder, dass niemand weiß, ob sich dieses Vertrauen einstellt und ob es den Euro morgen noch gibt.“
Hans Oette aus Neuenstadt meint:
„Staaten müssen Banken vor der Pleite retten. Die Aktienkurse fallen, wegen Sorgen um das weltweite Wachstum. Warum macht es uns Angst, wenn sich in China das Wachstum verlangsamt? Dem Moloch Wachstum dienten auch die Pleite-Banken und -Staaten, die endlos Geld in die Wirtschaft pumpten. In das gleiche Horn stoßen die Forderungen nach Eurobonds. Sie laufen darauf hinaus, durch gemeinsame Haftung aller EU-Staaten noch mehr Kredite von den Finanzmärkten zu erhalten: für Wachstumsprogramme.
Doch die Weltwirtschaft hat ein Leck: Gewaltige Geldmengen fließen ständig auf die Finanzmärkte ab. Sonst müsste man es sich ja nicht ständig von dort leihen und müssten Zentralbank und IWF nicht ständig frisches Geld kreieren. Dabei werden vor allem die Konzerne und Millionäre reicher und die Abflüsse auf die Finanzmärkte noch größer.
Warum spricht fast niemand von höheren Steuern für die Riesengewinne und die daraus entstandenen Riesenvermögen? In einer Allianz aller Staaten, damit sich das große Geld nicht durch Flucht entziehen kann? Dann könnten die Staaten durch Sozialausgaben die Armut eindämmen, die Umwelt retten und so für eine stabile Nachfrage sorgen, jenseits von Wachstum und Rezession. So wären erst einmal die vorhandenen Kapazitäten ausgelastet und die Krisengefahr gebannt. Andernfalls könnte die nächste Krise die Vermögen gar zu 100 Prozent verschlingen.“
Herbert Gaiser aus München:
„Legt endlich den beschränkten Schirm-Chaoten das Handwerk, von dem sie nichts verstehen, bevor sie mit ESM, Fiskalpakt und Eurobonds den Euro, Europa und Deutschland durch die Steigerung der Schulden ins Unermessliche vernichten! Wenn so wie bisher weiter gewirtschaftet wird, landen wir bald bei 10000 Milliarden Schulden, zumal, wenn die vor dem Bankrott stehenden Länder wie Frankreich und Italien auch noch unter den irrsinnigen Schirm flüchten.
Die sogenannten Schirme stellen keine Rettung dar, sie führen vielmehr zum größten Wirtschaftsverbrechen der Nachkriegszeit. Es wird zur dritten Währungsreform in hundert Jahren kommen, ähnlich wie 1923 und 1948, vielleicht schon 2013. Wenn dann auch bei uns 15 Millionen Menschen arbeitslos sind, lässt sich für die folgenden politischen Umwälzungen nichts Gutes erahnen. Zur Zeit wird versucht, mit dem geistigen Horizont von Lieschen Müller, Weltfinanzpolitik zu betreiben. Das muss und wird katastrophal scheitern.“
Sigurd Schmidt aus Bad Homburg:
„Im Prinzip hat Deutschland aufgrund der No-Bail-Out-Klausel im Vertragswerk rund um den Euro rechtlich und auch ökonomisch eine starke Position, die es mit Ländern wie Finnland, Österreich und Holland teilt. Dennoch gerät Berlin immer stärker unter Druck, Haftung für die Schulden anderer Länder zu übernehmen. Es reicht nicht, dass Bundesbankpräsident Weidmann oder der ehemalige Chefökonom der EZB Issing den Zeigefinger gegen die von einer Reihe von Schulden-„Sündern“ der Währungszone erhobenen Forderungen nach Mithaftung der Bundesrepublik erheben. Wenn die deutsche Regierung über die Köpfe der Bürger hinweg versuchen sollte, Tatsachen in Sachen „Vergemeinschaftung der Schulden“ zu schaffen, bleibt nur der Weg zum Verfassungsgericht.“
Michael Kömmerling-Aschmoneit aus Schriesheim:
„Die „Schuldenkrise“, die in Wahrheit vor allem ein Einnahme- und Verteilungsproblem ist, beherrscht derzeit die Diskussion in Gesellschaft und Medien. Während die von Deutschland geleitete Finanzdiktatur der Troika aus EZB, IWF und EU-Kommission vorwiegend die Bürger der europäischen Südländer in Elend und Armut stürzt, floriert die deutsche Wirtschaft. Dies nicht zuletzt wegen der in unserem Land geringen Löhne, verursacht auch durch Leiharbeit, Werkverträge und andere prekäre Beschäftigungsverhältnisse. So lässt sich natürlich ein Leistungsbilanzüberschuss erzielen, wobei unsere Überschüsse die Schulden der anderen sind.
Der Wettbewerb um die niedrigsten Löhne in Europa tut ein Übriges, was man gerade wieder bei Opel beobachten konnte, wo die Belegschaften der Standorte gegeneinander ausgespielt wurden. Der Spitzensteuersatz wurde gesenkt, die Vermögenssteuer abgeschafft, die Finanzmärkte liberalisiert und Agenda 2010 und Hartz IV installiert. Mit dieser Politik kann ein funktionierendes Gemeinwesen jedoch nicht aufrechterhalten werden.
Es ist dringend an der Zeit, die Stimme zu erheben, gegen diesen Raubtierkapitalismus, der nur dem Profit der Banken und Konzerne verpflichtet ist, weite Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge kommerzialisiert und sich in menschenverachtender Weise gegen die Bürger richtet. Doch hier beginnt das Problem: Während in südlichen Ländern mehrere hunderttausend Menschen auf die Straße gehen, kann man hierzulande froh sein, wenn sich gerade mal 25 000 Menschen engagieren, während ein einziges Fußballspiel 50 000 Leute mobilisiert und der doppelte Titelgewinn eines Bundesligavereins von 260 000 Menschen bejubelt wird. Als Teilnehmer der genehmigten Blockupy-Demonstration am 19. Mai in Frankfurt habe ich erlebt, wie schwierig es ist, ein paar Leute zum Mitmachen zu motivieren.
Das Motto seit Urzeiten: Gib dem Volk Brot und Spiele. Mit dem Brot könnte es zwar in absehbarer Zeit kritisch werden, aber Spiele gibt es immer. Schuhmacher, Vettel & Co. starten im repressiven Bahrain, zahlen ihre Steuern im günstigeren Ausland, und unsere völlig entpolitisierte Fußballnationalmannschaft wird nun in einer Diktatur unter der Regie eines korrupten Fußballweltverbandes dem Ball nachjagen. Der deutsche Michel aber sitzt im Garten vor dem Fernseher, den Grill neben sich und ruft wieder bierselig „Dschland“. Es gäbe noch viel zu sagen.“
Winfried Kallabis aus Dieburg:
„Die drastischen Sparprogramme, die von der sogen. „Troika“ und insbesondere von der deutschen Regierung anderen europäischen Ländern aufgedrückt und durchgesetzt werden, führen zu dem “erprobten“ deutschen Muster: Löhne senken, heftige Einschnitte im Sozial-, Gesundheits- und Bildungsbereich, öffentlichen Dienst abbauen, Renten kürzen, weitest gehende Verscherbelung öffentlichen Eigentums, Abbau von Arbeitnehmerrechten und sozialen Standards, und was der Grausamkeiten mehr sind! Und dazu gehört eine nie dagewesene Umverteilung von unten nach oben!
Wer gebietet dieser Umverteilung Einhalt, wer wehrt sich gegen den weiter zunehmenden Raubtierkapitalismus? Weder die „Troika“ noch Angela Merkel denken an eine Umkehr in der Steuerpolitik, die Reiche und Vermögende ebenso verstärkt einbeziehen würde wie die kaum Steuern zahlende Industrie. (Es ist doch ein himmelschreiender Skandal, wenn – wie man am 11.6. ebenfalls las – Volkswagen 1,5 Milliarden Euro an Steuern durch legale(!) Tricks einbehält.)
Nie ist bei diesen Politikern die Rede von der anderen Möglichkeit, wenn es um Schuldenabbau oder Haushaltskonsolidierung geht: Anstatt (kaputt zu) sparen, die Einnahmen des Staates zu erhöhen, indem die gut Situierten und Vermögenden verstärkt herangezogen werden, die Industrie durch angemessene Steuern zu beteiligen, oder international durch konsequente Gesetze und (eine endlich beschlossene statt zerredete) Steuer auf Finanzgeschäfte die Banken, Schattenbanken und Finanzmarktspekulanten zu bändigen und an den Kosten zu beteileigen!!
Zwei sehr lesenswerte Beiträge in dieser Rundschau zeigen z.T. andere Aspekte der fatalen bisherigen Politik (oder neoliberalen nicht-Politik) auf: Der Leserbrief Kömmerling-Aschmoneit fordert dazu auf, die Stimme zu erheben gegen den Raubierkapitalismus, gegen die ruinösen Folgen der Finanzdiktatur der Troika, und fragt, wo sind in Deutschland die Leute, die dagegen auf die Straße gehen?
Der Gastbeitrag von Dierk Hirschel kritisiert die bisherige Brüsseler Kürzungspolitik, die in Konsequenz die Wirtschaft in den “Südländern“ schrumpfen lässt und schon zu 25 Millionen Arbeitslosen in Europa geführt hat, und deren Folgen auch die „Nordländern“ bald deutlich zu spüren bekommen werden, wenn nicht schnell umgesteuert wird und Konjunktur und Wachstum durch Investitionen gefördert werden. Die Macht der “Finanzmärkte“ müsse begrenzt werden, und ohne politischen Kurswechsel drohe Europa zu scheitern.
All dem ist voll zuzustimmen! Was Griechenland angeht, kann das aufoktroyierte Merkelsche Spardiktat nur zum wirtschaftlichen Niedergang führen, die sozialen Folgen sind schon katastrophal, die weitere Radikalisierung ist infolgedessen zu befürchten, die Griechenlandwahl und ihr Ergebnis werden angespannt erwartet. Diese Situation erinnert mich fatal an Deutschland nach dem 1. Weltkrieg, als aufgrund der unsinnigen Reparationen des Versailler Vertrages Deutschland erst ausblutete und dann die Nazis an die Macht kamen, mit allen bekannten Folgen!
Quo vadis , Europa ? – wohin gehst du?“
Wenn Banken sich bei der EZB für 1% Geld leihen und es dann wegen des Risikos für 7% an Spanien weitergeben, aber wenn das Risiko eintritt das Kapitai und die Zinsen über ein Bankenrettungsschirm gesichtert haben wollen kann man das wohl nur als krank bezeichnen. Schafft man diesen Unsinn ab verlieren aber auch private Renten und Lebensversicherungen ihre beliebeste Anlagemöglichkeit. Das bedeutet das diese Zinsspanne die für ein nicht vorhandenes Risiko bezahlt wird, da die Geldgeber ja gerettet werden von den Steuerzahlern, muß massiv besteuert werden um die Rettung zu bezahlen. Die Rettung über Sozialabbau bezahlen zu wollen kann nicht funktionieren weil das den Konsum abwürgt und damit das Sozialprodukt. Diese Erkenntniss ist aber von schwarz/gelb nicht zu erwarten. Ich bin mal gespannt wie das ausgehen soll.
Auch dieses Thema scheint nicht allzu sehr zu interessieren. Ich mag auch nicht mich dauernd auf meine diversen Blog-Beiträge beziehen. Die Ignoranz feiert halt Urständ bei uns im Land, um es mal altsprachlich auszudrücken. Solange wir es nicht begreifen, das die Vermögen der Einen die Schulden der Anderen sind, und das System nur solange am Funktionieren gehalten werden kann, solange noch irgendwo und irgendwer für den Zins- und Zinzeszins-Effekt ausgequetscht werden kann, wird sich nix ändern.
Die Vermögenden glauben immer noch, das ihr Geld bzw. ihre Vermögensvermehrung durch Zinsen wie Manna vom Himmel fällt. Nur, wenn das Bruttoinlandsprodukt sich gerade mal um 0,5% steigert, oder stagniert, oder sogar, wie jetzt in südlichen Ländern, schrumpft; woher soll dann der Vermögenszuwachs kommen?
Ich begreife auch nicht, warum Menschen ihren Reichtum, bzw. ihre Gier, ins Unermeßliche steigern müssen, obwohl sie wissen müßten, das dies auf Kosten Anderer geschieht. Und ich begreife nicht, und werde das nie tun, warum sich Regierungen, und auch unsere, so korrumpieren lassen, nicht nur mit Geld, und den Einflüsterungen der neoliberalen Scharlatane erliegen.
1 und 1 macht immer noch 2. Und wenn in einer Volkswirtschaft nix erwirtschaftet wird, kann ich betriebwirtschaftlich, z.B. durch Sparmaßnahmen, nicht gegensteuern. Ich kann das erzielte BIP nur dadurch wieder stabilisieren, indem ich meine Einnahmenseite, also die durch Steuern, verbreitere, und dadurch wieder für eine ausgeglichene Bilanz sorge.
Aber dafür fehlt es bei uns am volkswirtschaftlichen Bewußtsein. Und deshalb werden wir gnadenlos Richtung Abgrund marschieren, „Mutti“ Merkel als schwäbische Hausfrau mit hochgehaltener Flagge allen voran. Dabei, übrigens, großes Geheimnis, die liberale Lehre beinhaltet durchaus auch das Postulat, daß diejenigen, die zocken, auch die Kosten dafür tragen wenn es schief geht. Nur weichen die Neoliberalen, und das ist der Scheiß, da von ihrer Lehre ab, und basteln sich ihre eigene, lt. Merkel „alternativlose“ Begründung: „Zocken ist marktwirtschaftlich, aber wenn’s schief geht, läuft es sozialistisch – dann muß der Staat her halten und einspringen“.
Und irgendwann wird auch der letzte treue neoliberale Wähler merken, daß er mit der „marktkonformen Demokratie“ ziemlich angeschissen wurde.
Hallo Herr Fladung,
für die BRD ist es durchaus eine Rezeptionsfrage, fast gleich ob die Bevölkerung oder eine „Elite“ dazu befragt wird.
Nur fallen die Antworten recht unterschiedlich aus.
Passivität der Bevölkerung ist sicher Resultat von Ignoranz und Hang zur stark vereinfachten Weltsicht aus Bequemlichkeit. DAs ist sicher mindestens teilweise auch qua Erziehung implementiert.
Was die Sichtweise der „Elite“ angeht, nun diese hat verstanden sich rechtsstaatlicher Instrumente so zu bedienen, dass sie selbst von den Folgen ggf. rechtswidrigen Handelns nicht betroffen ist oder schon im Vorfeld, auf legislativer Ebene eine Rechtswidrigkeit nicht definiert wird.
Mit anderen Worten: Man tanzt der Bevölkerung mit TINA-Sprüchen auf der Nase herum. Und die 4te Gewalt haut mit der Masse in die gleiche Kerbe.
zu @ Wolfgang Fladung
Vor 2-3 Jahren hat es hier im Forum zum Teil heftige Diskussionen zum Thema Finanzkrise gegeben. Ein großer Teil der an den Diskussionen damals teilnehmenden und eher Fr. Merkel nahestehenden ist hier üblicherweise noch dabei. Ihr Schweigen zu dem Thema ist für mich sehr beredet.
Das alternativlose Beharren auf der Sparpolitik ist in der Tat ein Klotz am Bein Europas , Merkel erfüllt auch noch das hohlste Klischee vom verbiesterten und besserwisserischen Deutschen.
Ich bin allerdings optimistischer , was einen eventuellen Zusammenbruch des Euro angeht , ich denke , Europa übersteht selbst dieses Szenario , vielleicht wird es sogar gestärkt durch die daraus folgenden wirtschaftlichen Probleme .
Gerade die griechische Wahl – mit dem wahrscheinlichen Syriza-Sieg – ist doch eher ein gutes Zeichen.
Zwar gibt es Rechte und Rechtsextreme , die profitieren werden , aber die größeren Erfolge haben vorraussichtlich Parteien , die keineswegs – wie unverschämterweise in vielen Medien behauptet- Feinde Europas sind oder gar der Demokratie , ganz im Gegenteil.
Die Abnicker der destruktiven Sparpolitik sind das Problem , und die Bevölkerungen wählen zunehmend das demokratische Mittel der Abwahl als Protest .
Das macht Hoffnung darauf , daß Europa aus dieser ganzen Misere gestärkt hervorgehen könnte.
Ich bin sicher kein Kenner der Innenpolitik von Giechenland. Deshalb mal abwarten wer die Wahl gewinnt. Ein Sieg der Linken könnte natürlich ein Signal sein wird aber auf keinen Fall ein umdenken der Regierung bei uns bewirken. Das eigentliche Problem hat Wolfgang Fladung angesprochen Die immer größer werdende Umverteilung von unten nach oben, wobei keine Anzeichen bestehen das oben irgendwann genug hätte,kann auf Dauer nicht finanziert werden.
Jetzt soll unten auch noch bezahlen das Teile von oben gar nicht genug bekommen haben und dauernd andere Finanzblasen aufbauen. Da muss ein grundsätzliches Umdenken erfolgen das leider derzeit auch nicht abzusehen ist. Ob die Demokratie die Kraft entwickelt das neu zu regeln?
Soll das Gebot, Geld nicht auszugeben, das man nicht hat, jetzt wirklich wieder und immer wieder als „Spar“gebot ausgegeben werden? „Sparen“ also neuerdings ein Synonym für „Nicht mehr (so viel) Geld ausgeben, das man gar nicht besitzt“?
Ich weiß gar nicht, wie man eine komplexe und komplizierte wirtschaftliche Lage überhaupt sinnvoll diskutieren kann, wenn die Unkenntnis der Bedeutung eines solch einfachen Wortes wie „Sparen“ so verbreitet ist.
Hier mal die Kurzdefinition von Wikipedia:
„Sparen ist das Zurücklegen momentan freier Mittel zur späteren Verwendung“
So, Merkel „verordnet“ also anderen Ländern, das die ihre momentan freien Mittel nicht ausgeben, sondern für spätere Zeiten zurücklegen soll??? Das wäre ein tatsächliches Spargebot. Aber gibt es das überhaupt? Kein Mensch verlangt von den Griechen oder anderen, daß sie die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausgeben sollen, auch die „böse Merkel“ nicht, auch schreibt ihnen kein Politiker eines anderen Landes vor, wie sie diese Mittel ausgeben sollen.
Bronski verwendet mehrfach stattdessen das Wort „Einsparen“. Aber auch eine „Einspar-Politik“ wird von keinem Land verlangt. Wer nicht „einsparen“ möchte, kann ja die Einnahmen erhöhen, dann muß er nicht „einsparen“, und die „böse, dumme Merkel“ wär sehr zufrieden…
Verlangt wird von den europäischen Ländern, daß Einnahmen und Ausgaben weitgehend in Deckung gebracht werden. Wie man darüber die Backen aufblasen kann und sich aufregen kann ist mir ein Rätsel.
Man müsste all diese fallengelassenen Sätze so formulieren, daß sie die Realität klarer wiedergeben:
„Insbesondere Bundeskanzlerin Angela Merkel spielt eine entscheidende Rolle. Ihr Beharren auf ausgeglichenen Einnahme-Ausgabe-Politik – alternativlos – hat bewirkt, dass Griechenland in die Rezession gepresst wurde“
(Aha… wenn ein Staat nur so viel Geld ausgibt wie er einnimmt, das kann ja nur ne Rezession geben… ööööh… oder nicht?)
Oder, um Herrn Kallabis zu zitieren:
„Was Griechenland angeht, kann das aufoktroyierte Merkelsche Diktat eines ausgeglichenen Haushalts, bei dem man nicht viel mehr ausgibt als das, was man eingenommen hat, nur zum wirtschaftlichen Niedergang führen…“
(Jaaaaa… ausgeglichener Haushalt = wirtschaftlicher Niedergang… ist doch klar wie Kloßbrühe!!! 😀 )
P.S.
Sorry, ich vergass auch noch DH:
„Das alternativlose Beharren auf einem ausgeglichenen Haushalt ist in der Tat ein Klotz am Bein Europas, Merkel erfüllt auch noch das hohlste Klischee vom verbiesterten und besserwisserischen Deutschen.“
(Ja klar, ausgeglichene Haushalte sind wirklich ein Klotz am Bein, übrigens nicht nur in Europa, sondern auch bei mir zuhause, wer sie als Normalzustand verordnen will, ist wirklich verbiestert und besserwisserisch… ohne den Zwang zum ausgeglichenen Haushalt könnte mein Privathaushalt mir auch erwiesenermaßen eine viel höhere Lebensqualität erlauben. Und auch ganz privat halte ich übrigens diejenigen, die mir ihre Zuschüsse zu meinen Haushalt verweigern, genauso für verbiestert und besserwisserisch… DH spricht mir wirklich aus der Seele!!! 😀 )
zu @ Max Wedell
Die Krisenstaaten ersaufen in den Zinsen die sie für ihre Schulden zahlen müssen. Ein Großteil dieser Schulden ist von der Finanzkrise 2008 ausgelöst worden. Jetzt ist die Frage was kann man dagegen tun das diese Länder ersaufen und was sollte man tun das so etwas nicht wieder passiert? Frau Merkel hat vor einigen Jahren gesagt das es Banken die zu groß sind, also systemrelefant, nicht mehr geben soll. Was hat sie für diese richtige Aussage unter schwarz/gelb getan? Aus meiner Sicht nahezu nichts.Deshalb basteln wir dauernd neue Rettungsschirme oder Fiskalpakte u.s.w. Wie soll ein Land unter den von mir im Beitrag 1 beschriebenen Bedingungen einen ausgeglichenen Haushalt erreichen? Solange diese Geldbeschaffungsmaschine das die Banken für 1% sich Geld leihen und für viel mehr % es über
Rettungsschirme gesichert wieder weggeben weiterläuft ist das völlig unmöglich. Auch diese Zinsen müssen von irgendwem erwirtschaftet werden. Weil das erwirtschaftet werden muß ist es in Wirklichkeit Umverteilung ohne eigene Leistung.
Das Geld das für die Schulden aus der Finanzkrise gebraucht wird kann nicht aus dem Sozialhaushalt kommen sondern muß von den Verursachern gezahlt werden. Was tut unsere Regierung dafür das so etwas gemacht wird? Nichts!!!!!
Solange das so ist wird man weiter, weil alternativlos, die Sozialhaushalte plündern und sich wundern das die Reichen immer reicher werden es aber zur Verelendung eines teiles der Bevölkerung kommt. Es lebe der ausgeglichen Haushalt.
Wobei ich sagen muß das ich auch dafür bin, aber halt eine andere Meinung habe woher das Geld für einen ausgeglichenen Haushalt kommen soll.
@ hans,
ich möchte Ihnen heftig widersprechen, daß ein Großteil der Staatsschulden durch die Finanzkrise entstanden sein soll, auch wenn das allgemein immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt wird (jedenfalls in den Ländern, deren Staatschuldenkrise uns jetzt dauernd beschäftigt… wir diskutieren ja jetzt überwiegend NICHT über Irland, Lettland usw.). Nehmen Sie einmal den Fall Griechenland und schauen sich folgende Staatsschulden-Statistik an:
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/167459/umfrage/staatsverschuldung-von-griechenland/
Können Sie an diesem Schuldenverlauf irgendwie erkennen, daß es ab 2008 eine krisenhafte Zuspitzung gab, die „einen Großteil der Schulden“ erzeugte? ICH NICHT! Die uralte Legende, Griechenland wäre in dem Zustand, in dem es ist, lediglich wegen der von den USA ausgelösten Finanzkrise, sollte also doch wirklich endlich mal ad acta gelegt werden. Wenn Griechen diese Mythen verbreiten, kann ich das verstehen (die Schuld für Fehler liegt ja grundsätzlich immer bei anderen), aber was mag die Motivation von Nicht-Griechen sein, solche Fantasiegeschichten zu erzählen?
Daß Merkel gesagt haben soll, daß es Banken einer bestimmten Größenordnung nicht mehr geben sollte, kann ich nicht erinnern. Sie hat sich allerdings für eine EU-Aufsicht größerer Banken ausgesprochen… was ich für ein mehr als zweifelhaftes Rezept halte. Was eine solche „Aufsicht“ bewirken wird, nämlich absehbar nicht das geringste, kann man ja an den deutschen Landesbanken erkennen, bei denen die Tatsache, daß sie unter staatlicher Aufsicht stehen, NICHT DAS GERINGSTE zur Verhinderung ihrer Abstürze beigetragen hat… das sind ja die Hauptsorgenkinder unserer deutschen Bankenlandschaft, unsere Haupt-Krisenbanken.
In meinen Augen gibt es nur ein wirksames Rezept, wie man die Probleme mit den Banken in den Griff kriegen kann… ihre Fähigkeit, mit ihren Risiken im Krisenfall selber fertig zu werden, muß gestärkt werden. Das darf nicht über irgendwelche Rettungsschirme o.ä. von außen zugeführte Mittel geschehen, sondern kann eigentlich nur durch eine Verschärfung der Eigenkapitalanforderungen geschehen. Es ist richtig, hier ist bisher nicht genug getan worden, aber das bisher gar nichts getan wurde, wäre eine Falschbehauptung.
Insbesondere hat die Politik mit einer Liberalisierung der Bedingungen der Kreditvergabe an Staaten Öl ins Feuer gegossen, indem Banken von bestimmten sonst bei der Kreditvergabe an Privatfirmen üblichen Eigenkapitalabsicherungen BEFREIT wurden… tja, in wessen Interesse wohl… 😀
Hier wäre ein Themenfeld, wo man wirklich zetern und jammern könnte… stattdessen zetert und jammert man, sobald jemand eine Verpflichtung zu ausgeglichenen Haushalten vertritt… absurd!
Auch ich, wenn auch vermutlich aus anderen Motiven als Max Wedell, halte die hier geführte Diskussion für gänzlich unergiebig, weil sie sich auf Schlagworte beschränkt, die auch durch ständige Wiederholung nicht richtiger werden. Eines davon ist die Behauptung, die Probleme der überschuldeten Länder hätten „Spekulanten“ verursacht. Die Wetten auf Kreditversicherungen, über die wir vor einem Jahr diskutiert haben, waren lediglich ein Frühwarnzeichen für den Vertrauensverlust der Anleger in Staatsanleihen bestimmter Länder. Entscheidend sind nicht die Kursauschläge auf dem Sekundärmarkt (die man noch als Spekulation bezeichnen könnte), sondern die Zeichnungsbereitschaft für neue Anleihen. Diese tätigen nicht nur die „bösen“ Banken mit dem für 1 % geliehenen Geld der EZB, sondern Lebensversicherer, Rentenfonds und andere defensive Anleger. Der erzwungene Schuldenerlass für griechische Anleihen bestätigt doch nur, dass die Risikozuschläge gerechtfertigt sind.
Auch der beliebte Spruch, die Schulden der einen seien das Reichtum der anderer, ist mehr Ideologie als Ökonomie. Nicht der Zeichner der Anleihe entscheidet darüber, ob sich ein Staat (oder eine Bank bzw. ein Unternehmen) verschuldet. Und auch darüber, ob ein Arbeitnehmer oder Selbständiger durch Konsumverzicht Rücklagen für sein Alter bildet, ist nicht an die Staatsschulden gebunden.
Nicht die Finanzmärkte, sondern die Politik trägt Verantwortung für die Missstände wie öffentliche Armut oder Sozialabbau.
In einem Punkt möchte ich Max Wedell noch widersprechen: Der ausgeglichene Haushalt ist kein Selbstzweck. Schulden können ökonomisch sinnvoll sein, wenn sie für Zukunftsinvestitionen eingesetzt werden, also Werte schaffen. Schulen, Brücken, neue Stromleitungen usw. kann man nicht nur aus dem laufenden Haushalt finanzieren. Umgekehrt führt ein ausgeglichener Haushalt, der nicht genügend Mittel zum Unterhalt der Infrastruktur bereithält, zum Vermögensverlust. Genau das haben aber sowohl die griechische als auch die spanische Regierungen versäumt.
zu @Max Wedell
Ich bin schon der Meinung das wir hier über die Finanzkrise und die Auswirkungen für Europa und D. reden und nicht vordergründig über Griechenland. Um zu erkennen welche Auswirkungen die Finanzkrise 2008 da hatte ist die Betrachtung der Schulden von G. nicht wirklich hilfreich. Ich denke dieser Link ist da aussagekräftiger.
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/6/6a/Euro-Pro-Kopf-Verschuldung.PNG
Es ist wohl klar zu erkennen das es in einigen Ländern(auch D.) einen ordentlichen Anteil an der Gesammtverschuldung gibt der der Finanzwirtschaft zuzurechnen ist. Warum wird dieser Anteil beim bezahlen nicht Verursachergerecht zugeordnet?
Das Sie auf mein Argument der Umverteilung durch die Zinsen die durch die Zuteilung des Geldes über EZB und Banken aus dem Nichts entstehen nicht eingegangen sind werte ich als Zustimmung. Ich möchte darauf aber noch mal eingehen. In der Privatwirtschaft funktioniert das Ganze weil es die Möglichkeit gibt das Fehlentwicklungen duch eine mögliche Insolvenz ausgeglichen werden(außer bei Banken leider möchte unsere Regierung daran auch nichts wirklich ändern). Da diese Möglichkeit bei Staaten entfällt muss man den ganzen Vorgang in Frage stellen. Warum sollte die EZB Staatsanleihen nicht dierekt mit den Staaten unter neu festzulegenden Regel abrechnen. Die USA machen das doch nach meinem Wissen auch recht erfolgreich. Dem Ziel einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen habe ich mich in meinem letzten Beitrag schon angeschlossen. Ich halte das aber mit einer so kapitalfreundlichen Regierung wie unserer derzeitigen nur für völlig ausgeschlossen da diese Regierungen immer wieder Rahmenbedingungen schaffen die Kapitalblasen schaffen. Da ist die USA auch ein gutes Beispiel. Die Rechten möchten einen schwachen Staat der schon deshalb nie finanziel stark sein darf.
zu @ Abraham
Nicht die Finanzmärkte, sondern die Politik trägt Verantwortung für die Missstände wie öffentliche Armut oder Sozialabbau.
Natürlich ist es die Aufgabe der Politik die Rahmenbedingungen zu setzen und diese Rahmenbedingungen sind es wohl auch um die es bei einer solchen Diskussion wie hier letztlich geht. Die Politik hat sich gezwungen gesehen die Finanzwirtschaft zu retten. Das war wahrscheinlich nötig und führt für mich zwingwnd zu der Frage Wer soll das jetzt bezahlen? Warum soll es überflüssig sein darüber zu diskutieren? Ich denke das man die ganze Staatsfinanzierung in Frage stellen muß. Nämlich die Frage was soll ein Staat leisten und wie groß ist der Anteil der Arbeit und des Kapitals an der Finanzierung. Vor ein paar Minuten im Presseclub wurde die Zahl 700 Milliarden genannt auf die Frage wie stark D. über Bürgschaften schon in die Finanzkrise eingebunden ist. Warum soll es überflüssig sein darüber zu reden wer diese Bürgschaften zahlt wenn sie fällig gestellt werden. Ist es daür nicht eigentlich zu spät hätte man das nicht machen müssen bevor man sie eingegangen worden sind? Das sie fällig gestellt werden ist wohl klar und den Sozialhaushalt zu verwenden kann wohl auch nicht sein.
@ Max Wedell in # 7 und 8
Ich habe Ihren Beitrag mit großem Interesse und wachsender Enttäuschung gelesen. Schon oft haben mich Ihre marktradikalen Beiträge hier aufgewühlt, manchmal auch amüsiert, aber dieser ist in seiner Simplizität Ihrer eigentlich unwürdig. Ich bin gespannt auf Frau Rydzewskis wohl klingende Replik.
Enttäuscht bin ich, weil Sie sich tatsächlich zu der Dummheit versteigen, Staatshaushalte mit Personenhaushalten zu vergleichen. Ich springe mal über das hingehaltene Stöckchen: Sie sind nicht vergleichbar. Staatshaushalte können sich im Prinzip unendlich verschulden, weil Staaten nicht bankrott gehen können. Zumindest gibt es dafür bisher keine Beispiele, Regeln oder gar Gesetze. Staaten haben prinzipiell immer die Möglichkeit, ihre Notenbanken Geld drucken zu lassen, so die Inflation anzuheizen und auf diesem Weg ihre Schulden abzubauen. Privathaushalte haben diese Möglichkeit nicht. Im uneinheitlichen Euro-Raum gibt es diese Möglichkeit ebenfalls. Es gibt Experten, die eine mäßige Inflationsrate von 4 bis 5 Prozent für den Euro-Raum für möglich und sogar notwendig halten.
Enttäuscht bin ich auch, weil Sie nicht erkennen, dass Konsolidieren kein Synonym für Einsparen ist. Bronski hat meines Erachtens recht damit, einen Unterschied zwischen Sparen und Einsparen zu machen. Noch deutlicher wäre der Unterschied geworden, wenn er statt Einsparen Kürzen geschrieben hätte. Kürzungsmaßnahmen können sinnvoll sein und müssen in Südeuropa derzeit tatsächlich sein, doch es gilt dabei, das Augenmaß zu bewahren. Die Art und Weise, wie Griechenland in die Rezession geschickt wurde, legt die Vermutung nahe, dass dieses Augenmaß völlig verloren wurde. Winfried Kallabis hat in seinem Leserbrief eine Analogie zum Versailler Vertrag und den Reparationen gezogen, die Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg auferlegt wurden und die dafür gesorgt haben, dass Deutschland nicht wieder auf die Beine kam. Die Analogie hinkt natürlich, aber es wird deutlich, was Herr Kallabis sagen wollte: Damals waren die Siegermächte so maßlos, nicht zu erkennen, dass auch Deutschland eine gesunde Wirtschaft braucht, um seinen Bürgern einen gewissen Wohlstand bieten zu können, der sie von weiteren Dummheiten abhalten würde. Die Siegermächte wollten Vergeltung, Rache. Die Gnadenlosigkeit, mit der Deutschland zusammen mit der Troika die Kürzungen für Griechenland durchgesetzt hat, legt mir den Gedanken nahe, dass es auch hier um Rache geht. Dafür, dass das böse, kleine Griechenland die ganze Eurozone in den Abgrund zu ziehen droht. Doch Vergeltungssucht ist kein guter Ratgeber.
Europa trägt jedoch eine Mitverantwortung. Es ist wahrscheinlich überflüssig, noch einmal darauf hinzuweisen, denn das ist an anderen Orten schon geschehen. Trotzdem: Es war seit längerem klar, dass die Griechen unsolide wirtschafteten. Weniger klar ist, ab wann die EU-Verantwortlichen die Schönungen und Fälschungen in den griechischen Etatzahlen tatsächlich erkannten. Ich gehe mal davon aus, dass das einige Zeit war, bevor die Sache losging, kann dies allerdings nicht belegen. Die Verantwortung liegt damit jedenfalls nicht allein bei den Griechen. Die Antwort fiel derart maßlos aus, dass Griechenland vermutlich über Jahrzehnte hinweg gefährdet ist, von seinen Schulden stranguliert zu werden.
Eigentlich sind die Deutschen bzw. ist die Merkel-Regierung die letzte(-n), die sich aufschwingen dürften, anderen Völkern Sparzwänge zu diktieren. Dass die Bundesregierung derzeit (relativ) im Geld schwimmt, hat sie mitnichten eigenen Leistungen zu verdanken, sondern das ist das Verdienst der schröderschen Reformen. Als deren Folge ist Deutschland in Europa derzeit unglaublich wettbewerbsfähig. Die Kehrseite der Medaille ist, dass die Exportorientierung auf Kosten der Binnennachfrage ging, denn es entwickelte sich ein großer Niedriglohnsektor, der nur spärlich oder gar nicht in den eigenen Konsum investieren kann. Das könnte sich in naher Zukunft noch als fatal erweisen. Alles hängt mit allem zusammen.
Es ist wirklich merkwürdig, dass den Kürzungszwängen bisher noch nicht mit dem regulatorischen Mittel der Steuererhöhungen begegnet wurde, aber anscheinend tut sich hier gerade etwas.
Mittelfristig ist die Konsolidierung der Haushalte selbst zu begrüßen, aber sie darf nicht gerade mitten in der Krise erfolgen, sondern sie muss antizyklisch vorgenommen werden. Das geht für Deutschland derzeit, weil die Einnahmen gut sind. Für Griechenland, Spanien und Italien ist das derzeit aber das falsche Mittel.
PS: Was mir in der ganzen Diskussion übrigens fehlt, ist die Perspektive, dass eine Politik, die sich dem Motto „Ich kann nur ausgeben, was ich eingenommen habe“, also eine Konsolidierungspolitik, letztlich zwangsläufig dazu führen muss, die Staaten von den Finanzmärkten unabhängig zu machen. Wenn sie keine Schulden mehr machen (müssen? wollen?), dann werden sie auch kein Geld an den Märkten mehr aufnehmen (müssen! wollen!). Darin liegt eine gewisse Unlogik, wenn man unterstellt, was hier nicht ganz ideologiefrei immer wieder mitschwingt: dass unsere Politiker lediglich den Finanzmärkten zu Willen sind. Doch was in Jahrzehnten falsch gemacht wurde, auch in Griechenland, kann nicht in wenigen Jahren korrigiert werden. Dazu braucht es einen längeren Atem.
@ Max Wedell
Freut mich , daß ich Ihnen aus der Seele spreche.
Zum Inhalt:
Privathaushalt ist nicht gleich Staatshaushalt.
hans und Tobias Maasen haben bereits treffend ausgeführt , warum.
Selbstverständlich sind Staatshaushalte keine Privathaushalte. Eine Schuldenfinanzierung durch Geldpresse kann aber keine langfristige Lösung sein. Wer Inflation von 4 bis 5 Prozent befürwortet, betreibt Sozialabbau, weil die Leidtragenden prekär Beschäftigte, Rentner, Harz IV Empfänger und kleine Sparer wären, die als letzte einen Inflationsausgleich durchsetzen können.
Die Merkel-Regierung hat auf die Euro-Krise höchst unprofessionell, weil zu spät und zu halbherzig reagiert. Nur heißt das nicht, dass man die Schwierigkeiten, die Griechenland und Spanien haben, ganz Merkel in die Schuhe schieben kann. Auch ein Wachstumsprogramm wird Griechenland nur helfen, wenn Hilfen in Zukunftsinvestitionen und nicht in das Stopfen von Haushaltslöchern gesteckt werden.
In jedem der Länder hat die Krise andere Ursachen und muss daher mit anderen Mitteln gelöst werden.
zu @ Abraham
Das sind jetzt aber Allgemeinplätze die Sie da schreiben. Es wäre schon nett es ginge etwas konkreter.Ich habe im Beitrag 12 einen Link eingestellt aus dem man sehen kann was für Auswirkungen bisher die Finanzkrise seit 2008 auf die Staatsverschuldung hat.Zusätzlich gibt es wie schon weiter oben beschrieben 700 Milliarden Euro Bürgschaften für die D. gerade stehen soll. Wer soll das denn bezahlen? Ich sage das Kapital weil da her die Verursacher kommen zumindest für ein Teil der Schulden also kann der Beitrag nicht 0 sein. Jeder der nicht dieser Meinung ist sollte eine Alternative nennen. Sie haben eine genannt und zwar Geldentwertung. Mit dieser Alternative bin ich nicht einverstanden aus den von Ihnen genannten Gründen.Eine Weitere fällt mir nicht ein, und wir sollten unsere Regierung nicht durchgehen lassen dazu einfach nichts zu tun oder zu sagen. Das wird inzwischen schon eine Frage der Moral wenn man einfach Bürgschaften in otopischer Höhe unfinanziert in die Welt stellt und diese gegebenfalls als Schulden unsere Kinder bezahlen lässt. Das ganze ist nämlich noch nicht fertig.
@ Hans
Gerade der Austausch von Allgemeinplätzen, den die Diskussion hier auszeichnet, hat mich an der Teilnahme gehindert. Das Thema ist zu komplex, um es nebenher im Blog „lösen“ zu wollen.
Was die Beteiligung des „Kapitals“ an den Kosten betrifft: Was hindert die Politik daran, es zu tun? Hat die „Troika“ der griechischen Regierung empfohlen, die Vermögenden nicht zu besteuern? Hindert jemand die deutsche Regierung, Gewinne aus Kapitaleinkünften ordentlich zu versteuern? Dies wäre meiner Meinung nach sinnvoller, als eine „Umsatzsteuer“ auf Finanztransaktionen, und liesse sich sofort national umsetzen.
Was die Staatsfinanzierung betrifft, gibt es keine anonymen Märkte oder „Finanzkapital“, sondern Anleger, die frei über ihre Anlage entscheiden. Warum soll ein chinesischer Staatsfonds Risiken eingehen und ungesicherte Anleihen von Staaten kaufen, denen man die Rückzahlung nicht ganz zusagt?
Ich halte eine solidarische Hilfe für Griechenland für notwendig und geboten. Nur muss jemand, der Kredite (und um diese handelt es sich, auch wenn wenig Hoffnung auf Rückzahlung besteht) in Anspruch nehmen, die mit dem Kreditgeber vereinbarte Vertragsbedingungen einhalten.
Um Sie aber nicht weiter mit Gemeinplätzen zu quelen, steige ich wieder aus der Diskussion aus.
Eine Transaktionssteuer, also Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte, würde – vorgeschaltet – bereits dafür sorgen, daß – nachgeschaltet – nicht, oder zumindest nicht in der Höhe, Vermögenssteuer erhoben werden müßte. Warum? Weil dann bestimmte Zocker-Aktionen, mit entsprechendem kurzfristigem Gewinn, wahrscheinlich gar nicht erst statt finden würden – es würde sich schlicht nicht lohnen.
Aber trotzdem scheinen sich Debatte und damit die Diskutanten immer noch um den heißen Brei herum zu schleichen. Wie ich schon mehrfach postete, wird immer wieder, und selbst von ach so „weisen“ Wirtschaftswissenschaftlern, Volkswirtschaftslehre mit Betriebswirtschaftslehre vermischt. Was für die schwäbische Hausfrau vernünftig sein mag, ist es noch lange nicht für ganze Nationen.
Geht es nicht doch um eine Balance, zwischen Ausgaben und Einnahmen? Wir schauen immer nur bei der derzeitigen Situation auf die Ausgaben, und wollen bzw. müssen angeblich kürzen: bei Bildung, Sozialem, Grundsicherung allgemein.
Warum betrachten wir uns nicht mal die „Grundsicherung“ der Vermögenden, und deren tatsächlichen, auch im Grundgesetz verbrieften Auftrag? Und warum wird nicht die Rechnung aufgemacht und gefragt, daß, wenn das BIP kaum oder nicht wächst, zu aller erst bei denen „gespart“ wird, die sich nicht wehren können? Wenn diese Habenichtse noch weniger erhalten und haben, können sie auch weniger konsumieren, im In- und Ausland, und das bringt dann die Lawine ins Rollen. Betriebe kalkulieren anders, sparen Kosten, zunächst und vor allem beim Personal, entlassen, und die Entlassenen haben dann wiederum Probleme, zu konsumieren, mangels Einkommen. Und dem Staat fehlen massiv Steuern und Abgaben, weil Geringverdiener bzw. Arbeitslose nichts oder kaum etwas zahlen.
Wenn jemand, sagen wir, ein Monatseinkommen von 20.000 Euro hat, wird er davon vielleicht, hochgerechnet, 10%, für den täglichen Bedarf ausgeben. Wenn jemand ein Einkommen von 2.000 Euro hat, wird er davon sicherlich, alles in allem, mindestens 500 Euro für den täglichen Bedarf ausgeben müssen, also 25%. Und da kommen dann die klasse Vorschläge von neoliberalen und erzkonservativen, doch die Verbrauchssteuern zu erhöhen und die Einkommenssteuern zu senken; Vorschläge übrigens, mit denen die Nea Demokratia auch jetzt hausieren ging.
Wenn in einem Land für die Aufrechterhaltung der Strukturen eine Geldmenge X benötigt wird, dann gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Man erhöht die Einkommens- und Vermögenssteuern, hin auf einen Betrag, der die Infrastrukturkosten deckt, und begleitet dies durch entsprechende Regelungen für den Bereich der sozialen Absicherung, oder
2. Man erhöht die Verbrauchssteuern, also die MWST, kürzt die sozialen Leistungen, beschneidet die staatlichen Leistungen für Rente, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Schulbildung etc. und rüstet gleichzeitig auf, wie in Rußland, hin zu einem Polizeistaat, um die anschließenden Unruhen nieder zu schlagen. Und läßt die „Elite“ in selbst geschaffenen Reservaten, siehe USA oder Brasilien, sich selbst stilisierend – verrotten. Das scheint mir auch die Crux bei uns zu sein: Wir schielen auf das Inflationsjahr 1923 (ohne die damalige Situation zu verstehen) und vergessen darüber 1933, das Jahr, in dem Hitler auch von den Verzweifelten der Brüning’schen Austeritätspolitik gewählt wurde.
Es scheint bei uns in Deutschland mehr eine tiefe Sehnsucht zu bestehen nach dem Zustand 2).
Im Zusammenhang mit Staatseinnahmen und Staatsausgaben, und den, leider mißglückten, Versuchen, zu einer ausgeglichenen Bilanz zu kommen, richte ich den Blick auf dieses kleine, saubere, mit Bürgerentscheiden so wohl versehene Land im Herzen Europas: die Schweiz. In diesem Steuerparadies, oder eher: Steuersumpfloch, versickern seit Jahrzehnten internationale Gelder, welche wiederum, da großteils dem Staat hinterzogene Einnahmen (und damit für wichtige Ausgaben fehlend), sich auf geheimen Konten lustig vor sich hin vermehren.
Da müßte die Steinbrück’sche Kavallerie in vielen Staaten mobilisiert werden, und auch grenzüberschreitend ausreiten, und wirklich alle Möglichkeiten internationaler Handelsrestriktionen bis hin zur globalen Ächtung ausschöpfen; allein, es wird nicht passieren. Warum? Weil die Elite, die permanent Sparbemühungen einfordert, und dem „kleinen Mann“ und seiner Frau rät, den Gürtel enger zu schnallen, doch selbst dort in der Schwyz ihre angehäuften Schäfchen auf die Weide geschickt hat. Und, so wie es Brauch bei „Leistungsträgern“ ist, natürlich selbst bestimmen will wieviel vom, mehr oder weniger legal, erworbenem Vermögen man bereit ist, dem gefräßigen Moloch Staat abzudrücken. Schließlich ist es ja sauer verdientes Geld, welches der Bank-Berater da anzulegen empfahl, und hat nichts gemein mit dem Spargroschen der Nacht-Krankenschwester, welche diese, soweit überhaupt erwirtschaftet, wohl nie zur UBS oder einer anderen maffiösen Orga schaffen wird.
Wie Ihr seht, liebe Mitdiskutanten, bin ich ziemlich angefressen, und (wie ich es in der Handelsschule im Briefverkehr gelernt habe) sehe Ihren Antworten mit
Freude entgegen. Vor allem denen, die mir erklären wollen, daß der Hartzer Roller No. 4 die gleiche Verantwortung hat wie der Millionär.
Übrigens habe ich heute zwei Ouzo getrunken, einen auf Syriza und einen auf Samaras und die ND, und ihren Hattrick, den Karren, den sie selbst in die Scheiße gefahren haben, jetzt aus derselben wieder heraus zu ziehen.
@ Abraham,
es besteht in meinen Augen zwischen Privathaushalten und Staatshaushalten in den wesentlichen Punkten ÜBERHAUPT KEIN Unterschied.
a) Ein Privathaushalt kann ebenso Schulden aufnehmen wie ein Staatshaushalt (auch eine „Infrastruktur“ wie ein Eigenheim kann in den seltensten Fällen aus dem Portemonnaie bezahlt werden).
b) Ein Privathaushalt muß Schulden zurückzahlen, ein Staatshaushalt ebenfalls (die Staatsanleihen haben eine bestimmte Laufzeit, danach muß zurückgezahlt werden). Beide haben die Möglichkeit, alte Schulden durch das Aufnehmen neuer Schulden zu begleichen, wenn c) der Fall ist.
c) Schulden kann ein Privathaushalt wie ein Staatshaushalt nur dann machen, wenn es Gläubiger gibt, die bereit sind, Geld zu geben. Ob es die gibt, hängt von Sicherheiten ab, die sowohl Privatleute wie Staaten haben, sowie von der Erwartung der Rückzahlungsfähigkeit. Gibt es solche Gläubiger nicht, ist sowohl der Privathaushalt wie der Staatshaushalt zu einem ausgeglichenen Haushalt insofern verpflichtet, daß ihm keine andere Option übrigbleibt (es sei denn, es werden andere Privatleute oder Staaten gefunden, die Geld als Geschenk zuschießen).
d) Ein Privathaushalt wie ein Staatshaushalt kann erklären, die Schulden nicht mehr zurückzahlen, die Zinsen nicht mehr bedienen zu können.
Ich sehe also in diesen wesentlichen Punkten überhaupt keine Unterschiede.
Beim Wort „ausgeglichen“ kann natürlich gestritten werden, ob es sich unbedingt auf ein Haushaltsjahr beziehen soll, oder auf längere Zeiträume. Wenn es in Rezessionszeiten zu Schuldenaufnahme kommen muß, besteht der Ausgleich darin, daß in Boomzeiten die Schulden wieder abgebaut werden. Das wird aber nicht praktiziert. In Boomzeiten setzen die Staaten ja die Schuldenaufnahme in der Regel fort, einen Grund zum Geldausgeben findet man ja immer.
Nicht zuletzt sind die Maastrichter Kriterien eine Aufforderung zu ausgeglichenen Haushalten gewesen (es hielt sich nur niemand daran). Es ist nicht möglich, die Schuldenmarke 60% des BSP nicht zu überschreiten, wenn andauernd und unabhängig von der Wirtschaftslage beträchliche Neuverschuldungen gemacht werden. Es hängt dann nur von der Höhe der Neuverschuldungen ab (und in gewissem Maß auch vom Wirtschaftswachstum), wann diese Grenze überschritten wird.
an Tobias Massen: Die praktische Möglichkeit der Geldbeschaffung durch Gelddrucken hat in Deutschland, jedenfalls für die Politik, nie existiert. Die Geldmenge wurde zu Zeiten der DM von der Deutschen Bundesbank bestimmt, die a) die Geldwertstabilität als oberstes Ziel hatte, und b) in ihren Entscheidungen unabhängig von der Politik war. Deutschland soll jetzt von einer seit 1957 praktizierten Geldpolitik, bei der die Geldwertstabilität höchste Priorität hatte, umschwenken auf eine Situation, bei der Politiker mit den Fingern schnippen, weil sie Geld brauchen, und es wird zur Verfügung gestellt (genaugenommen haben wir diese Situation schon, betrachtet man die aktuelle Politik der EZB). Ein solches Umschwenken kann nur der gut finden, der von der Hand in den Mund lebt. Für den spielt Geldwertverfall natürlich keine Rolle. Eine Diskussion der Vorteile und Gefahren einer Inflationspolitik ist hier allerdings aus Platzgründen nicht möglich.
Es ist mir aber jedenfalls völlig unverständlich, wieso jemand in D geneigt sein könnte, durch bloßen Zuruf aus dem südeuropäischen Raum eine solide Geldpolitik, die sich in Deutschland über 50 Jahre lang bewährt hat (und die nicht zuletzt auch Richtschnur für den Maastrichter Vertrag war), über den Haufen werfen zu wollen. Bei den einen mag es sich um den bekannten Nationalmasochismus handeln (Sarrazin spricht das in seinem Buch zum Euro ja deutlich an), andere, die Wirtschaftssozialisten, mögen in dieser Dauertrickserei des Gelddruckens die vermeintliche Realisierung ihres Traums vom unerschöpflichen Geldfüllhorn realisiert sehen. Man hat kein Geld, also druckt man es einfach, juhu! Risiken und Nebenwirkungen… egal.
@hans,
das Problem Ihrer Grafik ist, daß mit Ausnahme von Irland und Spanien, entgegen Ihrer Behauptung, kaum Auswirkungen der Krise von 2008 erkennbar sind. D.h. verlängert man eine Gerade, die z.B. durch die Punkte bei 1999 und 2006 geht, landet man 2012 auch ungefähr da, wo der tatsächliche Wert der Grafik sich befindet… selbst wenn es dann im einen oder andern Fall ein Plus von 5 oder 10% geben mag, wollen Sie dann wirklich behaupten, daß diese 5 oder 10 Prozent die Aussage rechtfertigen: „Ein Großteil der Schulden wurde durch die Finanzkrise verursacht“?
@ Max Wedell
Die Gleichsetzung der privaten Haushalte und des Staatshaushalts stimmt insofern, dass beide auf die Dauer nur das ausgeben können, was sie einnehmen. Nur verfügt eine Familie letztlich über das Einkommen aller Familienglieder. Ein Staat hingegen hat nicht automatisch gleichen Zugriff auf die Einkünfte seiner Bürger oder Einwohner. Die Steuer- und Abgabenverfassung entscheidet darüber, wie der Staat finanziert wird und ob soziale Schieflagen entstehen. Ein ausgeglichener Haushalt eines unterfinanzierten Staates sorgt schon für eine Umverteilung von unten nach oben. Darüber entscheidet aber nicht das „Finanzkapital“, sondern die Politik.
@ Wolfgang Fladung
Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer gehört meiner Meinung nach in den Bereich der Symbolpolitik – sie schadet nicht viel, bewirkt aber wenig. Sie erweckt vor allem den Eindruck, dass die Politik etwas für den sozialen Ausgleich leistet. Man kann aber fast alle Argumente, die Sie gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer anführen, auch gegen die Finanztransaktionssteuer wenden: Sie belastet den Umsatz, nicht den Gewinn, und sie trifft einen Mittelständler, der seine Währungsgeschäfte oder langfristige Lieferungen auf dem Terminmarkt absichert, genauso wie die berufsmäßigen „Zocker“. Vermutlich wird sie ohnehin nur die Ersteren treffen, weil die Zocker per Computerhandel auf die Märkte ausweichen werden, wo es solche Steuer nicht gibt. Dass solche Offshore-Märkte nicht die langfristige Solidität bieten, die für Absicherungsgeschäfte notwendig ist, stört die Zocker mit ihren Sekundengeschäften nur wenig. Der niedrige Steuersatz, der derzeit für die Finanztransaktionssteuer diskutiert wird, kann keine Spekulation eindämmen, und ein höherer ist nicht möglich, weil er die „Realwirtschaft“ zu sehr treffen würde.
Die einfache Alternative wäre die vollständige Erfassung der Kapitaleinkünfte in der Einkommensteuer. Dies ist effizienter und „gerechter“ als eine Vermögenssteuer, deren Erhebung außerdem hohe Verwaltungskosten verursacht. Ohnehin hat das Bundesverfassungsgericht lediglich eine Besteuerung der Vermögenszuwächse (das sind eben Kapitaleinkünfte, Immobilienverkäufe u.ä.) zugelassen, eine Substanzbesteuerung ist hingegen grundgesetzwidrig. Wir brauchen keine zusätzliche Vermögenssteuer, sondern ein reformiertes und übersichtliches Steuersystem, möglichst ohne Abschreibungsmöglichkeiten, das eine progressive Besteuerung der Einkommen garantiert – ohne das Steueraufkommen des Staates zu verringern. Meiner Meinung nach ist es eine ausgesprochen „linke“ Forderung.
Das Verzwickte bei der Lösung der Euro-Krise (die eine EU-Krise ist) besteht darin, dass die Notwendigkeiten – die Verstärkung der politischen Union einschließlich des europäischen Parlaments zulasten der Nationalstaaten – ziemlich offensichtlich sind, aber keine politische Akzeptanz der nationalen Regierungen und der Bürger besitzen.
@ Abraham,
bzgl. der Finanztransaktionssteuer stimme ich Ihnen völlig zu, ich hoffe, das ist Ihnen nicht allzu peinlich.
Ergänzend nur noch: der Mittelständler mag getroffen sein, wird aber die Mehrkosten letztendlich weitergeben. D.h. insofern in der langen Entstehungsgeschichte von Produkten und Dienstleistungen Finanztransaktionen an irgendeiner Stelle eine Rolle spielen, werden die aufzuwendenden Finanztransaktionssteuerbeträge am Ende von niemand anderem als dem Endverbraucher dieser Produkte und Dienstleistungen bezahlt werden, und nicht von den organisierenden Finanzinstituten, wie sich mancher das so vorstellt.
(…)
Wenn die schwäbische Hausfrau in einer Kleinstadt spart, dann ist es für sie, als Person und Haushalt, wohl sinnvoll. Wenn dies aber in der Stadt 1000 schwäbische Hausfrauen tun, also weniger ausgeben beim Metzger, Bäcker, Bekleidungsgeschäft, Änderungsschneiderer, Restaurant, Autohändler etc., dann hat das volkswirtschaftliche Haupt- und Nebenwirkungen.
Ein privater Haushalt deckt seine Ausgaben über die Einnahmen aus beruflichem Einkommen, Rente bzw. Pension, vielleicht auch Einkommen aus Kapitalanlage oder Vermietung und Verpachtung. Wenn er aber jetzt seine Ausgaben, auch wenn eine Verschuldung besteht, deckelt, kann er womöglich kurzfristig seine Schulden zurück zahlen, hinterläßt aber mittel- und langfristig ein Feld der Verwüstung in der heimischen Wirtschaft. Wenn er sich entschließt, seinen PKW noch ein Jahr länger zu fahren, merkt dies der ortsansässige PKW-Händler sofort, sein Umsatz geht zurück, und wenn dies noch einige andere Haushalte so entscheiden, entläßt der PKW-Händler Mitarbeiter. Und diese Mitarbeiter, denen gleich Einkommen fehlt, können dieses fehlende Einkommen natürlich dann nicht – komsumankurbelnd – in heimischen Betrieben ausgeben. Und sie zahlen natürlich weniger Steuern und Abgaben, die dann wiederum in der Gesamtrechnung fehlen.
Und so beißt sich die Katze in den Schwanz. Hinzu kommt, daß Sparen in einem Haushalt etwas ganz Anderes ist als Sparen in einer Kommune bzw. Kreis, in einem Land oder einem Staat. Ein privater Haushalt trägt keine Kosten für die Infrastruktur, also für Legislative, Exekutive und Judikative, und für Schulen, Krankenhäuser, Polizei, Verkehrswesen, Energie- und Wasserversorgung und Aufbereitung etc.
Ein privater Haushalt kann entscheiden: Ich habe jetzt weniger Einkommen, also kaufe ich woanders ein, besuche die Omma im Pflegeheim seltener, schalte den TV früher aus und kaufe die Klamotten für die Kids künftig bei KIK und nicht mehr im Textilfachgeschäft.
Nur – das alles hat Auswirkungen. Und die schwäbische Hausfrau Merkel, und anscheinend auch einige Blogger hier, wollen dies nicht begreifen. Stellen wir uns vor, ein Land bzw. Staat will sparen. Er entläßt also Lehrer, und beschließt größere Klassengrößen, mit dem Ergebnis zunehmender Kids-Verblödung. Er repariert nicht mehr Straßen, und streicht Verkehrspläne zusammen, mit dem Ergebnis brechender Achsen und verzweifelnder Berufstätiger auf dem Land. Er schließt Polizeiposten, Jugendhäuser und Alterspflegebetreuungs-Einrichtungen. Mit dem Ergebnis zunehmender Kriminalität.
Aber wenn wir das alles wollen, damit ordentlich „gespart“ wird, bitteschön.
Mann könnte vielleicht darüber nachdenken, nicht die Ausgaben an die Einnahmen anzupassen, sondern die Einnahmen an die Ausgaben, und diese dann entsprechend zu erhöhen. Aber das Gebrüll geht ja dann sofort los, wenn sich unsere „Leistungsträger“, ach so schlimm belastet durch unsere – im EU-Durchschnitt im unteren Mitte-Bereich liegenden Steuern – so arg kujoniert fühlen. Wer regiert eigentlich in diesem unserem Lande?
(…) Passage gelöscht, Anm. Bronski
Na, bitte, geht doch. Die Zweidrittelmehrheit steht. Hurra!! So wie sich die Kanzlerin auf ihre Opposition verlassen kann, können sich die Märkte auf unsere marktkonforme Kanzlerin verlassen. Alles in Butter. Die Märkte sind erleichtert, atmen auf und durch, während der so genannten Sozialdemokratie oder auch den Grünen die Vizekanzlerschaft im nächsten Jahr so gut wie sicher ist. Eine Win-Win-Situation. Es könnte alles in bester deutsch-europäischer Ordnung sein, wenn diese LINKE nicht wieder stören würde, in dem sie das BVerfG mit ins marktkonforme Spiel bringt. Kommunisten haben eben keine Ahnung vom Seelenleben der Märkte und wissen nicht, wie weh das in den letzten Monaten getan hat und immer noch tut.. Mal zweifeln sie, die Märkte, sind verschnupft, tief erschrocken, können nachts nicht mehr schlafen, schmollen, grollen und ängstigen sich. Nun könnten sie wieder träumen von grandiosen Gewinnen, tollen Wetteinlagen, z.B. auf die Pleite von ganzen Staaten, oder wunderschönen Spekulationen, z.B. mit Grundnahrungsmitteln, und da drohen diese Kommunisten mit dem BVerfG. Unglaublich und auch beschämend für Deutschland in einem Europa, in dem deutsch gesprochen wird. Der Bundespräsident wurde vom Gericht sogar gebeten, mit seiner Unterschrift unter den Fiskalpakt zu warten. Herrn Gauck dürfte das sehr schwer fallen, denn schließlich ist er ein überzeugter neoliberaler Prediger vor dem Herrn der Märkte. Aber keine Sorge. Das BVerfg wird letztlich den Pakt als demokratiekonform passieren lassen. Dafür gehe ich jede Wette ein. Also, wetten?
Jutta Rydzewski
# 24, Hallo Frau Rydzewski, nett, daß Sie auch mal wieder dabei sind. Nur kurzes Gastspiel? Ich wollte eigentlich nicht mehr bloggen, aber weil Ihr vor Ironie und Zarkasmus triefender, und ach so trefflicher, wenn nicht sogar vortrefflicher Beitrag nicht gewesen wäre, hätte ich dies auch erst gar nicht abgesetzt. Ich habe es inzwischen aufgegeben, ins neoliberale Horn zu petzen – es merkt ja eh keiner. Und wenn ich versuche, als Nichtstudierter, aber Kaufmann, der immer schon gut bilanzieren konnte, den Unterschied zwischen der von der schwäbischen Hausfrau angewandten Betriebswirtschaft und der vom Staat anzuwendenden Volkswirtschaft zu erklären, dann sondern auch ansonsten eher eigentlich Wissende des Blogs hier, na ja, sagen wir, die üblichen Standardfloskeln ab.
Bei der schwäbischen Hausfrau, die so spart, scheint keiner zu merken, das es einen Unterschied macht, ob nur eine oder 1000 schwäbische Hausfrauen sparen – dann geht die vom Konsum lebende Wirtschaft in der schwäbischen Kleinstadt nämlich den Bach runter. Und die schwäbische Hausfrau muß sich nicht, oder höchstens über Gebührenzahlung, kümmern um Infrastruktur, also Energie- und Wasserversorgung, öffentl. und private Nahverkehrseinrichtungen, Betreuungseinrichtungen von der Kita bis zum Pflegeheim, Sicherheit von DRK über Feuerwehr bis hin zur Polizei und Gerichtsbarkeit, etc. und so fort, incl. alles, was mir gerade nicht einfällt.
Und wenn dann die schwäbische Hausfrau genügend spart, dann fehlen den ortsansässigen Unternehmen Einkünfte, und sie zahlen somit weniger Steuern und Abgaben, entlassen Personal, strecken bei Investitionen und und und. Und all dies macht natürlich den Kommunen und Land und Bund nix aus, denn die sparen dann einfach auch, nur in der 10er und 100er Potenz, bei allem, was wiederum dann zu weniger Steuereinnahmen und Einnahmen in den Sozialkassen führt, und dann zu Personaleinsparung, usw. usf.
Aber Hauptsache sparen, koste es, was es wolle, und wenn es, so wie 1932/33 die Demokratie ist, weil Reichskanzler Brüning uns geradewegs in den Nationalsozialismus hinein gespart hat.
Aber das scheinen Herren wie Max Wedell, um nur einen heraus zu greifen, nicht zu begreifen, zu übersehen, zu negieren oder einfach zu leugnen. Und da es bei uns eine Große, eher Supergroße, Koalition der Willigen, oder Einfältigen, oder Korrumpierten, oder einfach Doofen gibt, und nur das linke Häuflein versucht, dagegen anzustinken, werde ich wohl meine Ouzo-Vorräte noch etwas auffrischen müssen – man könnte sie recht bald anwenden müssen, intern und extern (brennt glaube ich ab 40 Grad).
Die Leserkolumne von Winfried Kallabis zeugt von einer vollkommenen Unkenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge. Man kann über Angela Merkel alles mögliche Kritische denken und sagen. Sie folgt aber als Physikerin einem rationalen Sachverstand. Denn die Politik in modernen Geldwirtschaften muss nun einmal Bedingungen herstellen, die Unternehmertum ermuntern, aktiv – insbesondere über vernünftige Investitionen – zu werden. Dies hat mit neoliberaler Denke überhaupt nichts zu tun. Selbstverständlich fordern die inneren Bewegungsgesetze der Marktwirtschaft auch einen sozialen Tribut. Wer wollte dies bestreiten?
Deutschland ist von einigen EU-Mitgliedern der Vorwurf aufgenötigt worden, sich in der sogenannten Austerität, also dem angeblichen Kaputtsparen, zu suhlen. Dies ist völliger Unsinn. So wenig wie ein familiärer Haushalt ständig über seine Verhältnisse leben kann, so wenig kann dies eine nationale Volkswirtschaft im Zeichen unbarmherzigen internationalen Wettbewerbers. Eine Perversion des keynesianischen Denkens vergiftet die volkswirtschaftlichen Dialoge.
Es gibt kein Merkel’sches Spardiktat gegenüber der übrigen EU, sondern nur vernünftigen finanz-ökonomischen Sachverstand! Das unreflektierte Daher-Schwätzen vom Primat der Politik über die Ökonomie verkennt, dass beide Bereiche: Ökonomie wie Politik, sehr wohl eigenen Gesetzmäßigkeiten unterliegen, die allerdings keine Gesetzmäßigkeiten im naturwissenschaftlichen Sinne sind. Der Lateiner sagt: „est modus in rebus“, es sollte also ein Maß in den Dingen herrschen. Das gilt auch für das Verhältnis unterschiedlicher Lebenssphären zu einander. Vielleicht befaßt sich der LB-Schreiber Winfried Kallabis einmal mit dem Theoriegerüst des Philosophen Peter Sloterdijk?
Die Leserkolumne von Sigurd Schmidt zeugt von einer vollkommenen Unkenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge (um seine Inhaltsbeschreibung des Leserbriefes von Winfried Kallabis aufzugreifen.)
Diese permanente Verwechselung von betriebswirtschaftlichem Denken der „schwäbischen Hausfrau“ und dem volkswirtschaftlichen Ergebnis daraus, wenn dann Tausende Hausfrauen so handeln, scheint niemanden zu interessieren. Wenn, wie Schmidt schreibt „die Unternehmertum ermuntern, aktiv – insbesondere über vernünftige Investitionen – zu werden“, dann scheint er keine Ahnung von vernünftigem und logischem unternehmerischem Handeln zu haben.
Wohin der „vernünftige finanz-ökonomischen Sachverstand“
von Merkel und ihren Merkelianern geführt hat, und weiter führt, läßt sich seit Monaten in Spanien, Italien und vor allem Griechenland beobachten: die Wirtschaftsleistung und somit das BIP sinken, die Massenarbeitslosigkeit, gerade der jungen Leute, steigt und radikale Parteien gewinnen an Zulauf. Wohin das Sparen geführt hat, hatte ich bereits hier im Blog exemplarisch am Beispiel Brüning erwähnt – in die Nazi-Diktatur und den 2. Weltkrieg.
Ein Unternehmer investiert nicht einfach drauf los, sondern handelt aufgrund und nur nach vorhandenen Nachfrage auf seinem Absatzmarkt, ggf. begleitet von Marktanalysen. Gibt es keine Nachfrage, investiert er nicht. Und wenn er investieren möchte, weil seine Produkte nachgefragt werden oder/und er eine Nische bedient und abdeckt, gibt es derzeit, gerade in den Südstaaten Europas, viele Banken, welche ihm das Geld für die benötigten Investitionen nicht vorstrecken wollen (oder können.) Im HEUTE-Journal von heute gab es dazu ein gutes Beispiel eines spanischen Gasofen-Herstellers.
Unsere Kanzlerin hat selbst den Begriff der „marktkonformen Demokratie“ geprägt. Es gibt demnach eher ein Primat der Märkte über die Politik als umgekehrt.
Und zu Sloterdijk, den Herr Schmidt ja wärmstens empfiehlt, hier ein Zitat aus WIKIPEDIA: „die taz nannte Sloterdijk einen „Scharlatan“, die Berliner Zeitung verglich ihn mit Dieter Bohlen.“ Und nicht zu vergessen, seine geniale Idee, wiederum Zitat aus WIKIPEDIA: „Sloterdijk hat mit einem unter dem Titel „Die Revolution der gebenden Hand“ am 13. Juni 2009 in der FAZ veröffentlichten Text eine deutsche Kontroverse über den Fiskalstaat der Gegenwart ausgelöst. Was heute je nachdem als „Kapitalismus“ bzw. „Soziale Marktwirtschaft“ bezeichnet wird, nennt er einen „Semi-Sozialismus auf eigentumswirtschaftlicher Grundlage“, wobei er für eine „Abschaffung der Zwangssteuern und zu deren Umwandlung in Geschenke an die Allgemeinheit“ plädiert.“
Einen „Philosophen“, welcher mit solchen waghalsig-abstrusen Thesen durch die politische und fiskalische Landschaft geistert, rückt sich damit in die Nähe solch absonderlicher und durchgeknallter Gestalten wie dem republikanischen Außenseiter Ron Paul, und ist für mich nicht Ernst zu nehmen. Und daher sollte Herr Kallabis diesem „guten Rat“ nicht folgen.
Abschließend – nicht nur meine Meinung – über die Wirtschaftsexperten und ihrer „Kenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge“: Für mich sind diese Herren (gibt es auch Damen außer Weder di Mauro?) nichts Besseres als Kaffeesatzleser und mit dem Ergebnis dann hausierend los predigend, also eine Art Priester der, nicht mehr ganz neuen, Religion Neoliberalismus. Hier von „vernünftigem finanz-ökonomischen“ Sachverstand zu reden, setze ich gleich mit den christlichen Dogmen von der heiligen Dreifaltigkeit oder der Jungfrauengeburt.
@27 Wolfgang Fladung
Fast schon reiner Zufall, dass ich Ihren aber auch meinen Beitrag „erspäht“ habe. Hin und wieder schaue ich bei Bronski nach, was sich so tut … über das so genannte Kaffeekränzchen hinaus.;-) Meinen eigenen Beitrag, auf den Sie sich beziehen, lieber Herr Fladung, hatte ich als Leserbrief eingeschickt. Deshalb wusste ich gar nicht, dass er hier im Blog erschienen ist. Aber was soll`s, ob so oder so spielt ja keine Rolle.
Ich möchte Sie gerne mit folgendem Satz zitieren: „Ich habe es inzwischen aufgegeben, ins neoliberale Horn zu petzen – es merkt ja eh keiner.“ Ihre Verärgerung ist dabei deutlich herauszuspüren. Noch deutlicher wird das in Ihrem Beitrag @16 im „Blasphemie-Thread“, da wird aus Ärger schon „heiliger“ Zorn. Ihr Ärger und auch Ihr Zorn sind mehr als nur berechtigt, vermutlich bin ich an der einen oder anderen Stelle sogar noch zorniger. Deshalb versuche ich mir durch Satire und Ironie etwas „Erleichterung“ zu verschaffen. „Es merkt ja eh keiner“, haben Sie beklagt. Ja, in der Tat, so muss mensch es ausdrücken. Doch vielleicht wird es schon bemerkt, aber mensch will es nicht merken, weil jeder, in den heutigen Zeiten, wie ich es bei Gesprächen immer wieder feststelle, mit sich selbst mehr als genug zu tun hat. Außerdem haben wir ja z.Z. Fußball „über alles“. Wozu doch so eine EM gut sein kann, obwohl „wir“ bald gegen die Italiener rausfliegen.;-)Und da wären wir schon bei der Berichterstattung, der so genannten veröffentlichten Meinung. Was da stattfindet, geht immer mehr in Richtung eines Offenbarungseides. Dabei tun sich besonders die zwangsgebührlichen öffentlich-rechtlichen Anstalten (Schramm würde jetzt von Bedürfnisanstalten reden) unrühmlich hervor. Zum größten Teil kann dabei nur noch von regierungsamtlicher, oder gar untertäniger Berichterstattung gesprochen werden. Aber auch Zeitungen wie die SZ, ja, sogar die FR, werden nach meinem Eindruck immer „lascher“. Obwohl noch Kritik erfolgt, so richtig wirklich möchte man/frau dann aber doch nicht den verordneten systemischen Mainstream verlassen bzw. vergessen. Manchmal tun mir Journalisten wie Stephan Hebel schon richtig leid, wenn Sie verstehen.
Ich versuche es mal ebenfalls mit einer Metapher, um deutlich zu machen, wie nahe ich bei Ihnen bin. Obwohl die Hütte mittlerweile stark einsturzgefährdet ist, werden, wenn überhaupt, lediglich Fenster und Türen neu angepinselt, und damit soll es auch wieder gut sein. Natürlich ist damit gar nichts gut, zumal zwischenzeitlich sogar das Fundament bedrohlich „morschelt“. Kapitalismus heißt nun mal eben Profit, Profit, Profit. Alles andere interessiert den Neoliberalismus, und dabei besonders den Finanzterrorismus nicht. In dem „Blasphemie-Thread“ unter @16 beschreiben Sie das auch sehr anschaulich. Der neoliberale Glaube hat auf breiter Front die Köpfe vernebelt, vergiftet und verdummt. Die weltweiten Krisen und Katastrophen der letzten Jahre haben keine Umkehr bewirkt, das scheint wohl auch gar nicht mehr möglich zu sein. Dazu hat sich dieser verheerende neoliberale Glaube schon zu tief eingefressen. Die Devise lautet, Augen zu, weiter so, bloß nicht zurückschauen oder gar nachdenken. Zum Teil wurde die neoliberale Benebelungs- und Giftdosis sogar noch erhöht. Deshalb lachen sich die Märkte ja auch schlapp, wenn da mal wieder von angeblicher Regulierung gesprochen wird. Dazu ist es zu spät, es müsste eigentlich die Systemfrage gestellt werden. Aber was das bedeuten würde, und ob was Neues überhaupt besser wäre, ich habe meine Zweifel. Die Aufräumarbeiten der einsturzgefährdeten, neoliberalen Hütte müssten jedoch beim Fundament beginnen und da traut sich, aus unterschiedlichen Gründen, keiner heran. Besonders erbärmlich wird es immer dann, wenn die so genannten Sozial- besser Fataldemokraten und die Grünen daherschwatzen. Was die zwischen 1998 und 2005 verbrochen, zerschrödert und zerfischert haben, hätte kein Pech-Schwarzer „besser“ machen können. Und diese Troika der schwatzenden Vizekanzlerkandidaten und grandiosen Wahlverlierer schämt sich überhaupt nicht, jetzt wieder die Klappe aufzureißen, und von sozialer Gerechtigkeit und Ähnlichem zu schwadronieren. Tja, und die LINKE wird wohl nie aufwachen. Z.B. eine hundertprozentige Steuer für Einkommen ab einer gewissen Größenordnung zu fordern, ist natürlich Kokolores. Die LINKE wählt immer wieder die falschen Parteivorsitzenden.
Wie Sie sehen, lieber Herr Fladung, auch ich kann es nicht lassen, obwohl es eh keiner merken will.;-) Es gebe noch so viel mehr, was meinen „heiligen“ Zorn hervorruft, z.B. die Planungen in Sachen Asyl- und Flüchtlingspolitik. Natürlich wieder unter strammer deutscher „Führung“. Dazu empfehle ich Prantl in der SZ: http://www.sueddeutsche.de/politik/asylrecht-der-fluechtling-als-verbrecher-1.1385214 Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die FlüchtlingsBEKÄMPFUNG, von der die deutsche Bundeskanzlerin auf einem „Bürgerforum“ der Bertelsmann-Stiftung gesprochen hatte. Ein schier unglaublicher sprachlicher Fehlgriff, so als ob es um die Bekämpfung von Seuchen und Krankheiten ginge. In derartigen Momenten entlarvt sich die „Marktkonforme“ selbst, dass sie es auch wirklich so meint, eben, marktkonforme Demokratie und nicht demokratiekonforme Märkte, oder wie das früher mal hieß, soziale Marktwirtschaft. So weit sind wir mittlerweile. Die Finanzterroristen spekulieren weltweit mit Grundnahrungsmitteln (die Preise haben sich in den letzten Jahren durch diese verbrecherische Zockerei verdoppelt), in Folge dessen versuchen Menschen, um nicht zu verhungern, unter Lebensgefahr, in das „werteorientierte“ Europa zu flüchten und dort werden sie, einschließlich der Kinder, bereits bei der Ankunft in den Knast gesteckt. „Kreative“ Flüchtlingsbekämpfung, wonach es nicht nur die Abschiebehaft, sondern zukünftig auch die Ankunfts- bzw. Willkommenshaft geben soll. Und die „anständigen Deutschisten“ klatschen dazu frenetisch Beifall, was hinsichtlich der merkelschen Flüchtlingsbekämpfung nicht verwundern kann. Einfach nur widerlich.
So, jetzt ist aber Schluss, zumal ich die Märkte nicht noch weiter verärgern will, jetzt wo auch Spanien bzw. die spanischen und zyprischen Banken sich unter die „Schlüpfer“ begeben haben. Auch so eine „geniale“ journalistische Wortschöpfung: Das Land XY ist unter den Rettungsschirm geschlüpft, oder unter den Rettungsschirm geflüchtet. Jetzt flüchte ich aber endgültig, Herr Fladung, es ist ohnehin wieder viel zu lang geworden. Bis zum nächsten Mal irgendwann in diesem „Theater“.;-) Erinnern möchte ich noch an Heitmeyers „Deutsche Zustände“, da steht alles drin. Da sollte u.a. auch der Schmalspurphilosoph Sloterdijk hin und wieder einen Blick hineinwerfen, bevor er mit Bohlen und Gottschalk bei DSDS oder ähnlichem hirnlosen Blödsinn mitmacht.;-) Allerdings macht es schon fast keinen Unterschied mehr, ob DSDS oder eine öffentlich-rechtliche Talkshow. Was da abgeht bzw. gehen soll, ich tue mir das nicht mehr an, wird ja auch immer gruseliger. Neoliberalismus lässt offenbar auf breiter Front verblöden. Dazu fielen mir spontan einige Namen ein, aber lassen wir das lieber.;-))
mfg
Jutta Rydzewski
PS: Ich glaube, Ghandi hat es mal so oder so ähnlich gesagt: Die Welt ist groß genug für die Bedürfnisse aller, aber zu klein für die Gier weniger. Aber, auch das merkt bzw. interessiert eh niemanden, außer vielleicht uns beiden.;-))
Ich muss noch unbedingt mit einem Tipp kurz nachlegen:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/georg-diez-ueber-fussball-und-politik-im-deutschen-fernsehen-a-840369-druck.html
Darin wird vieles, lieber Herr Fladung, was unseren „heiligen“ Zorn hervorruft, nahezu wunderbar beschrieben. Und dann bei SpiegelOnline, von mir schon oft als Unterabteilung der BILD bezeichnet. Alle Achtung, der Günter Gaus wird sich „da Oben“ sicherlich freuen.;-)
So, jetzt bin ich aber wirklich weg; mehr Tipps gibts heute nicht.;-)
mfg
Jutta Rydzewski
Heiliger Zorn, Verzweiflung am gegenwertigem System oder sonst etwas werden genau so wenig zur Lösung der Finanzprobleme beitragen wie die Erkenntnis das eine Finanztransaktionssteuer die gleichen Nachteile wie die Mehrwertsteuer hat und deshalb nicht eingeführt werden sollte. Welche Logik? Sollte man dann die Mehrwertsteuer auch abschaffen? Das hilft bestimmt die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen. Außerdem habe ich beim lesen hier gelernt das Staatschulden und Privatschulden das gleiche sind. Leider hat die Person die das geschrieben hat vergessen mitzuteilen bei welchem Amtsgericht Staaten nach welchen Regeln auch immer Insolvenz anmelden können. Das wäre durchaus spannend, da man daraus z.B. die hohen Zinsen die für Staatsanleihen zum Teil genommen werden wirklich ableiten könnte. Die eigentliche Frage ist: Wer soll das bezahlen was da sehenden Auges angerichtet worden ist und wie soll es weiter gehen? Wer die Position von Frau Merkel bejubelt sollte nicht vergessen das die Frau schon ein paar Jahre Kanzlerin ist, also absolut mitverantwortlich. Das hilft aber auch nicht. Es geht immer mehr darum auf den Punkt zu kommen das Staaten nicht auf Dauer mit Defiziten in ihren Haushalten agieren können da sie sonst irgendwann von den Zinsen erdrückt werden. Daraus resultiert die Frage Nach welchen Regeln können sich die Euro-Staaten verschulden. Sollte da etwas getan werden? Da die Korrektur der Insolvenz in Wirklichkeit ausfällt ist der Markt möglicherweise nicht die richtige Antwort. Als nächstes hat ein Mitschreiber schon weiter oben richtig festgestellt das Staaten die immer unausgeglichene Haushalte haben in Wirklichkeit umverteilen von Unten nach Oben. Was kann man daraus schließen? Staaten sollten keine strukturellen Defizite haben. Dazu muss ein Staat klarstellen was er eigentlich leisten will und wie er das finanziert. Darum drücken sich aber alle und sind in Schulden geflüchtet. Das wird nicht so weiter gehen da man die Schulden entweder bezahlen oder entwerten muss. Wenn man sich aber die Höhe der Schulden und die Höhe der Privatvermögen anschaut liegt eigentlich auf der Hand wo die Lösung ist.Die Privatvermögen können an einer Entwertung auch kein Intresse haben da dabei viel mehr Geld entwertet wird als eine Finanzierung aus dem selben kosten würde. Mit anderen Worten die Umverteilung der letzten Jahre muss teilweise rückgängig gemacht werden. Die weitere Umverteilung über sparen in den Sozialsystemen ist offensichtlich kein Weg der funktionieren kann.
# 32, Hans: Da haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen.
Es ist nur leider so, daß da, wo das Geld sitzt, auch die Macht zu Hause ist. Wie (nicht nur die FR heute) aus den Medien zu erfahren ist, gab es z.B. in BW einen als verfassungswidrig festgestellten Deal ziwschen EdF und dem damaligen MP von BW Mappus rund um den Kauf der EnBW-Anteile, eingefädelt vom Mappus-Freund Dirk Notheis, seinerzeit noch bei Morgan Stanley. Das ganze damals für schlappe 4,7 Milliarden Euro, vermutlich ein weit überhöhter Preis. Und genauso wie die damals mit Hilfe der Deutschen Bank eingefädelte HRE-Rettung, und die unzähligen Zins-Swap-Geschäfte, bei denen Kommunen sich fragwürdige Papiere von Banken andrehen ließen und sich damit nur noch tiefer in die Misere ritten. Und alle diese pfiffigen Banken riefen nach dem Staat, als sie sich verzockt hatten, und ließen sich „retten“, und blähten dadurch die Verschuldung des Bundes um mehrere Hundert Milliarden auf. Und jetzt, da die Staats-Schulden auf mehr als 2 Billionen gewachsen sind, das ganze eine Melange aus
– Rettung von Zockern
– Abwicklung fragwürdiger Deals mit „Hilfe“ der Banken
– Großmannssucht, gepaart mit Unfähigkeit und Unwillen zur Kontrolle, siehe Großflughafen Berlin, Mehrkosten 1,2 Milliarden oder Stuttgart 21, derzeit geschätzte Gesamtkosten 4,5 Milliarden
– subventionierte U-Boote für Israel, insgesamt über 1 Milliarde
– Betreuungsgeld, je nach Partei auf 1 – 2 Milliarden geschätzt
– Hoteliersteuer, ca. 1,5 Milliarden Geschenk an die FDP-Wähler
Nicht zu beziffern sind die Geschenke an die großen Versicherungen durch die private Altersrente a la Riester und Rürup, demnächst aufgestockt durch die private Pflegeversicherung, die immer noch bestehenden Geschenke an verheiratete Alleinverdiener durch das Ehegatten-Splitting, das Dienstwagen-Privileg (das vorwiegend Audi, BMW und Mercedes zu Gute kommt), das Steuergeschenk der Kapitalertragssteuer für Vermögende mit lächerlichen 25%,
und und und.
All diese aufgeführten Schmankerl füllen die Taschen der Reichen und Vermögenden, führen zu Riesenvermögen auf in- und ausländischen Bankkonten und bei Hedgefonds und dienen, weil sie nicht in den Konsum fließen, der weltweiten Spekulation mit vagabundierendem Kapital. Und spekuliert wird mit allem, was geht, mit Waren und menschl. Dienstleistungen, Energie und Rohstoffen, Raubbau und Umweltzerstörung, Rüstungsgütern und Lebensmitteln.
Und bezahlen darf das Ganze, wie immer, na wer? Genau, Hans, Sie und ich. Und solange wir uns nicht wehren, und in der Politik letztendlich Große Allparteien-Koalitionen vorfinden, siehe jetzt die Zustimmung zum Fiskalpakt, und der Unterschied der ist, daß die CDU dem Hartz-IV-Empfänger 5 Euro mehr gönnt, die SPD aber 6 Euro verlangt, und alle Parteien, vielleicht bis auf die Linke, ganz stark mit den großen Medien-, Finanz-, Energie und Pharma-Konzernen verbandelt sind (schauen Sie sich nur einmal an, wohin die abgehalfterten Politiker nach Dienstende marschieren, dorthin, wo sie schon im Dienst bereits das Lied vom „Wes Brot eß ich“ gesungen haben).
Da wir dieses System in ganz Europa vorfinden, mehr oder weniger noch bestimmt durch Maffia (Italien und ehem. Ostblockstaaten), unfähige und korrupte Regierungen (Griechenland), ausgeprägte Zockermentalität, gepaart mit Ignoranz und Kurzsichtigkeit bei Kreditvergabe (Bankensektor in Spanien und Irland) und massiven Lobbyisten-Einfluß in Brüssel (Energiesparlampen und Agrarindustrie) wird uns auch ein „mehr Europa“ nicht aus diesem Schlamassel befreien. Im Gegenteil, zu befürchten steht, daß bei einem Festhalten am Euro und einer Vertiefung hin zu einem föderalen europäischen Staat sich letztendlich herausschälen wird, daß
– Verbrauchern und Arbeitnehmern noch weniger Rechte verbleiben als seither
– Die Voraussetzungen zum Bezug einer Altersrente weiter verschärft werden
– Rentner und Arbeitnehmer von ihrem verbleibenden Einkommen zwangs-solidarisch abgeben müssen für die Rentner und Arbeitnehmer in den armen Süd-Ländern
– Verbrauchssteuern weiter erhöht werden
– das Finanzkasino weiter betrieben wird (geht es schief, wird es halt auf die Allgemeinheit umgelegt)
und die Reichen – und somit Mächtigen, weil zu „reich“ gehört auch „einfluß-reich“ sich, wie gehabt, um eine solidarische Beteiligung mit Erfolg drücken können.
Und die Hoffnung mancher, etwas zu entfachen wie die Bauernkriege, wird zunichte, weil damals die lächerlichen, unorganisierten Bauernheere mit ihren Mistgabeln ganz schnell von den Junkern und Landsknechten zusammen kartätscht und gehauen wurden.
–
Ich möchte meinen letzten Beitrag argumentativ noch etwas unterfüttern, nämlich wieder mal mit einem Beitrag der NachDenkSeiten, siehe hier: (Link abgelehnt, Anm. Bronski, siehe Blog-Regel Nr. 8 )
Dann bitte zum Punkt 6, Focus-Artikel, gehen und vor allem die Kritik der NDS-Redakteure lesen. Sehr informativ!
zu @ Wolfgang Fladung
Ich habe ein bischen in Ihrem Link gelesen. Die Übernahme von Schulden anderer Länder halte ich nicht für das was D. machen sollte. Man sollte ein Tilgungsfonds gründen der den Status einer Bank hat und sich bei der EZB refinanzieren kann(kann nicht muss wenn er Geld woanders her bekommt zu diesen Konditionen) für den Zentralbankzinssatz. Dieser Fond sollte die Altschulden übernehmen und zwichenfinanzieren. Für die betroffenen Länder auch D. sollte ein Tilgungsplan erstellt werden und jeder sollte seine Schulden bezahlen. So in der Art etwa würde ich mir eine Lösung vorstellen für die Altschulden. Neuschulden sollten in der bisherigen Art nicht mehr erlaubt sein.Das würde die Geldverleiher, also auch die Billionen die aus D. Anlage suchen schon hart treffen, da hält sich mein Mitleid aber in Grenzen.
Ich überlasse es den Lesern der FR, einen vernünftigen roten Faden in den Ausführungen von Wolfgang Fladung zu entdecken. Herr Fladung hat offenbar noch nie etwas von Wagniskapital gehört. Auch ist ein großer Teil der „Nachfrage“ durch Marketing induziert. Schulden müssen nun einmal mit Zinsen bedient werden und wohin die übermäßige Akkumulation von Schulden führt, läßt sich an dem früheren Beispiel Argentinien und jetzt Griechenland trefflich studieren. Wirtschaftsexperten in Bausch und Bogen als „Kaffeesatzleser“ oder als „Priester der Religion des Neoliberalismus“ zu bezeichnen oder auf das „christliche Dogma der Jungfrauengeburt“ abzuheben, zeugt auch nicht gerade von einem nüchternen Blick auf das Wirtschaftsgeschehen. Auf Deutschland wird gegenwärtig ein enormer Druck zur Vergemeinschaftung von Schulden in der € Währungszone ausgeübt. Dem widersetzt sich zu Recht die Kanzlerin. Es ist höchst unwahrscheinlich , daß Herr Fladung freiwillig die Schulden seiner Nachbarn übernimmt, die vielleicht ihren Arbeitsplatz verloren haben und die Hypotheken für ihr Eigenheim nicht mehr bedienen können. Dies sind nun einmal finanz-ökonomische Zwänge, die Wolfgang Fladung nicht einfach mit dem Hinweisauf die Sparpolitik des ehemaligen Reichskanzlers Brüning hinweg diskutieren kann.
Dem Leserbrief von Wolfgang Fladung vom 28. Juni kann ich nur zustimmen.
Kein Wunder, dass Kanzlerin Merkel mit dem „Abkanzeln“ ihrer Kritiker auf dem Brüsseler Gipfel fast alleine dastand. Dort wurde deutlich, dass die Zeichen für eine Lösung Krise auch innerhalb der Euroländer auf eine grundsätzliche Kursänderung hinauslaufen. Nur die Hartliner des sozialunverträglichen Kurses, voran Deutschland, ziehen einen Austritt der sog. Schuldenländer aus dem Euromarkt einer demokratischen und sozialen Kursänderung vor (der sog. Plan B ist ja kein Geheimnis mehr. Siehe dazu auch FR 29.06.12 M. Decker über Thomas Silberhorn, CSU).
Es wird einfach nicht gesehen oder verschwiegen, dass es hier darum geht, dass die „griechischen Schulden“ (und nicht nur diese) nicht zuletzt als Gewinne auch in den Tresoren der deutschen und griechischen Großbanken (und den Privatkonten der Superreichen) liegen, die in der Vergangenheit eine unverantwortliche Kreditpolitik zugunsten des deutschen Exportes mit allen negativen Folgen betrieben haben.
Die Kreditvergaben waren von Anfang an nicht durch Rückzahlungsmöglichkeiten abgesichert. Dies soll jetzt durch einen substanziellen Sozialabbau in den „Schuldnerländern“ und den Gläubigerländern zugunsten der Großbanken und der Reichen gesichert werden.
Die ständig wachsende Kluft zwischen Arm und Reich innerhalb aller Euroländer wird durch die Kluft zwischen den armen und reichen Staaten noch verschärft. Wer an der sozialen Ungerechtigkeit nichts ändern will, kann die Krise nicht lösen, muss die Demokratie („Volksherrschaft“) abschaffen.
Diese Krise wurde erst durch die Einführung des Euro als Gemeinschaftswährung ökonomisch ungleicher EG-Länder zu einem „innereuropäischen“ Problem (vor allen Dingen der Euroländer) in dem die ökonomisch stärksten Länder das Sagen haben ohne Rücksicht auf die schwächeren Partner. Genau dies ist aber der Hintergrund für eine nationalistische Sichtweise, dass „wir“ (vor allem die Deutschen Hauptgewinner dieser Entwicklung) für die anderen zahlen sollen.
Ich halte dies insofern für sehr bedenklich, als ich darin eine extreme Zuspitzung nationalistischer Tendenzen in beiden Lagern sehe durch einen Rechtspopulismus. In zahlreichen Kommentaren wurden ja bereits zu recht die Erfahrungen aus der Weimarer Zeit (Versailler Vertrag und Brüningsche Notverordnungen) für den Aufstieg des Faschismus gesehen.
Darum sollte die scheinbare Interesselosigkeit breiter Volksschichten an diesem Thema nicht falsch eingeschätzt werden und gegen diese „Interesselosigkeit“ eine breite demokratische Aufklärung erfolgen. Daran haben besonders die Medien einen großen Anteil und eine große Verantwortung.
Für den Durchschnittsbürger und Leser sind diese Zusammenhänge nicht leicht zu durchschauen, was rechte Demagogen gewissenlos ausnutzen.
Statt jetzt weiterhin mit unsozialen Spardiktaten die Krise zu verschärfen, sollte in allen Euroländern der Massenprotest gegen Sozialabbau und für mehr Demokratie unterstützt und geführt werden.
Was Deutschland angeht, fällt mir leider nur Heinrich Heine ein: “Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.“