Rund zwei Monate ist es her, dass der Zyklon Nargis über Birma hinwegfegte. Die Folgen dieser Naturkatastrophe waren verheerend; es hieß sogar, sie seien schlimmer als die Folgen des Tsunamis, der die Küsten des Indischen Ozeans verwüstete. Von dem jedoch gab es Bilder, die in den Medien rauf und runter gezeigt wurden – Bilder, die sich im öffentlichen Bewusstsein festsetzten. Von Nargis und den Folgen dagegen redet heute kaum noch jemand. Aus den Augen, aus dem Sinn – auch die FR macht hierin keine Ausnahme. Allerdings gab es infolge der Informationspolitik des birmanischen Regimes kaum Bilder aus dem Irrawaddy-Delta.
Rainer Lang, Pressesprecher von Brot für die Welt, war kürzlich dort. Die Hilfsorganisation ist in Birma aktiv. Fragen wir ihn doch mal, wie es dort heute zugeht – in einem Blogtalk. Die Fragen an Rainer Lang seitens FR und FR-Blog kommen von Natalie Soondrum, doch auch jeder andere Blog-User oder -Leser kann Fragen stellen. Ich danke Rainer Lang, das er zum Blogtalk bereit ist.
Was ist ein Blogtalk? Eine Art Interview per Blog. Man könnte das auch als verlangsamten Chat bezeichnen. Fragen und Antworten werden über die Kommentarfunktion am Fuß der Seite gepostet – auch von euch, wenn ihr etwas wissen wollt! Die erste Frage zu stellen, bleibt allerdings Natalie vorbehalten.
Guten Morgen, Herr Lang
Ich freue mich sehr, dass Sie bereit sind sich mit mir zu unterhalten über den Zyklon Nargis und seine verheerenden Folgen für Birma. kein sehr schönes Thema, aber wie mir scheint, ein sehr wichtiges.
Guten Morgen Frau Soondrum,
auch ich freue mich sehr, dass wir uns hier über den Zyklon Nargis und seine verheerenden Folgen unterhalten können. Als Mitarbeiter der Diakonie Katastrophenhilfe war ich seit Anfang Mai zwei Mal in Birma. Bei meinem letzten Besuch vor einer Woche habe ich über unsere Partnerorganisation in Birma die Erlaubnis erhalten, in das hermetisch abgeriegelte Irrawaddy-Delta zu reisen. Dort habe ich die verzweifelte Lage der Sturmopfer gesehen, von denen viele immer noch keine ausreichende Hilfe bekommen haben. Die Versorgung der Überlebenden mit Hilfsgütern erfolgt nur schleppend. In vielen Dörfern müssen die Menschen mit wenig Nahrungsmitteln und in mit Plastikplanen notdürftig zusammengebauten Notunterkünften überleben. Ihre Lage ist wirklich trostlos. Aber über das viele menschliche Leid hinaus, das ich gesehen habe, ist Birma sozusagen ein Lehrstück zu allen Problemen, die derzeit global diskutiert werden. Alle diese Probleme hat der Wirbelsturm Nargis auf einen Schlag aufgedeckt. Zum einen ist es die Überbevölkerung und der Druck durch die zunehmende Zahl armer Menschen in Birma. Immer mehr dieser Armen wandern aus verschiedenen Teilen des Landes in den Süden. Sie sehen im fruchtbaren Irrawaddy-Delta Chancen auf Einkommen. Dort findet deshalb ein hemmungsloser Raubbau an der Natur statt. Mangrovenwälder werden abgeholzt, weil sie als Feuerholz benutzt werden. Stattdessen werden Reisfelder angelegt oder Shrimpsfarmen. Dadurch sind die Bewohner schutzlos jedem Sturm ausgesetzt. Sie leben auf dem platten Land knapp über dem Wasserspiegel. Das Gebiet wird sozusagen zur Todeszone. Andererseits hätte Birma genügend natürliche Ressourcen, mit denen eine vernünftige wirtschaftliche Struktur aufgebaut werden könnte, die allen Menschen zugute kommt. Stattdessen werden die Armen immer Ärmer.
Wow! Sie sind noch randvoll mit allen Eindrücken, die Sie aus dem Katastrophengebiet mitgebracht haben. Wenn Sie erlauben, werde ich Sie jetzt systematisch ausfragen, um Klarheit über einige Punkte zu gewinnen.
Zunächst einmal: Als der Zyklon am 3. Mai über Birma hinwegfegte und diese immense Spur der Verwüstung hinterließ, war das nur Teil eins, die Naturkatastrophe.
Teil zwei war von Menschen gemacht: Drei Wochen lang ließ die Militärregierung ausländische Hilfsorganisationen nicht ins Land. 2,5 Millionen Menschen waren unversorgt. Es mangelte zuvorderst an sauberem Wasser.
Ihre Organisation, Brot für die Welt, ist eine der wenigen, die von Anfang an vor Ort war. Können Sie kurz erklären, wieso?
Liebe Frau Soondrum,
ja, das stimmt. Ich bin mit unheimlich vielen und auch vielen bedrückenden Erlebnissen zurückgekehrt. Ich habe mit vielen Menschen gesprochen, die alles verloren haben: Ihre Familie und ihr ganzes Hab und Gut. und es ist erstaunlich, mit welcher Geduld diese Menschen ihr Schicksal ertragen.
Wir sind wirklich einige der wenigen internationalen Organisationen gewesen, die schon vor Ort waren. Deshalb ist es uns auch gelungen, ins Delta zu kommen. Die Schwesterorganisation von Brot für die Welt, die Diakonie Katastrophenhilfe, engagiert sich seit zwei Jahren in Birma in der Katastrophenvorsorge. Dazu zählt ein Umweltschutzprojekt im Irrawaddy-Delta. Dort haben wir mit unserer Partnerorganisation 200 Hektar Mangrovenwälder wieder aufgeforstet. Diese Wälder sind zum Schutz und zur Nutzung für die angrenzenden Dörfer gedacht. Die Bewohner erhalten dafür eine spezielle Schulung. Sie sollen lernen, den Wald sinnvoll zu nutzen. In der Fachsprache wird das nachhaltig genannt, ein Wort, das inzwischen inflationär gebraucht wird und meiner Ansicht nach ziemlich wenig aussagt. Konkret bedeutet das, dass der Wald nicht mehr ganz abgeholzt wird, wenn die Bäume groß sind. Es werden wie bei uns nur einige Bäume geschlagen und zu Bauholz und Brennholz oder Holzkohle weiterverarbeitet. Die ausgeschlagenen Bäume werden wieder angepflanzt. Das garantiert für die Dörfer eine langfristige Einkommensquelle. Außerdem bieten die Mangrovenwälder einen Rückzugsraum für viele Tiere. Zum Beispiel siedeln sich dort Krabben an, die dann gefangen und auf dem Markt verkauft werden – eine weitere Einkommensquelle. Mit diesem Modellprojekt wollen wir ein Beispiel geben, wie die Natur sinnvoll genutzt werden kann. Inzwischen erkennen auch die Betroffenen vor Ort, dass dies sinnvoll ist. Denn dort, wo Dörfer von dichten Mangrovenwäldern umgeben waren, war der Sturmschaden gering. Außerdem dienen die Mangroven dem Klimaschutz. Sie haben die Fähigkeit, viel Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu binden. Da wir nicht nur auf Katastrophen reagieren wollen, engagieren wir uns auch in anderen Ländern immer stärker für die Katastrophenvorsorge. Brot für die Welt kann dann als evangelische Entwicklungshilfeorganisation diese Arbeit in langfristige Projekte überführen.
Interessant. Ich erinnere mich gut an die Mangrovenwälder meiner Kindheit: Bäume mit unheimlich langen Luftwurzeln, die an der Küste im Salzwasser wachsen. Die Luft ist träge und schwül. Geräusche von unheimlich vielen Tieren – Vögel, Insekten.
200 Hektar scheint mir ein riesiges Gebiet zu sein. Weltweit soll es 150.000 Hektar Mangroven geben. In Wikipedia steht, dass sie neben Korallenriffen und tropischen Regenwäldern zu den produktivsten Ökosystemen dieses Planeten gehören.
Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) hat ein sehr umfassendes Kompendium über den Stellenwert von Mangroven und die Ursachen ihrer Schädigungen ins Netz gestellt.
Können Sie mir vielleicht sagen, wie groß das Küstengebiet im Irrawaddy-Delta ist, und welcher Anteil davon mit Mangrovenwäldern bedeckt ist?
Das stimmt. Die Mangroven sind Lebensraum für zahlreiche Tiere. Und wenn man mit dem Boot durch diese Mangrovenwälder fährt, fühlt man sich mitten in der Wildnis. Vor dem Wirbelsturm sollen in einem Naturreservat im Delta, dem letzten zusammenhängenden Mangrovengebiet dort, auch Krokodile und ein Elefant gelebt haben. Seit dem Sturm sind die Tiere verschwunden. Auch der Wald sieht ziemlich mitgenommen aus.
Das Delta hat eine riesige Fläche. Sie entspricht mit 80.000 Quadratkilometern etwa der Österreichs. Daran kann man ermessen, wie groß die Verwüstung war. Mehr als 4.300 Dörfer sollen betroffen gewesen sein.
An Luftaufnahmen, die im Internet einzusehen sind, wird deutlich, wie dramatisch der Rückgang der Mangrovenwälder im Delta ist. In den vergangenen drei Jahrzehnten sind danach drei Viertel der Mangrovenwälder im Delta abgeholzt worden. Wenn es mit der Abholzung so weitergeht, sind diese Mangroven bald verschwunden. Und das hat Auswirkungen auch auf uns, auf das Klima in der Welt. Wir sollten daher viel mehr Interesse daran haben, dass in Birma und auch in anderen Ländern in Asien, der Raubbau an der Natur nicht so weitergeht wie bisher. Nur ist es schwierig, für entsprechende Projekte Geld zu bekommen. Da muss es dann schon einen so verheerenden Wirbelsturm geben, dass die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit erregt wird. Zuvor war Birma weitgehend vergessen. Außer einigen Eingeweihten und Birma-Begeisterten kannte doch niemand das Land, das zudem noch so einigen sperrigen Namen hat. Offiziell heißt es nämlich Myanmar.
Ich habe diese Luftbilder auf die Schnelle nicht gefunden, dafür aber diese Satellitenbilder hier, die das Ausmaß der Zerstörung dokumentieren
Luftaufnahmen vom Rückgang der Mangroven im Internet? Können Sie mir schnell mal den Link hier in den Kommentar kopieren. Ich finde sie nämlich nicht. Danke!
Hallo Bronski!
Schön, dass Du auch da bist. Ich habe noch zwei Karten gefunden zur Zerstörung im Delta und zur Bevölkerungsdichte auf der Website der Diakonie Katastrophenhilfe . Das sind ziemlich detaillierte PDF-Dateien. Von Mangroven steht darauf nichts – soweit ich entdecken konnte.
Hey, Natalie,
klar, ich bin im Hintergrund dabei!
Gut zu wissen, Bronski.
Soeben erhalte ich eine Meldung, dass von ursprünglich 40.000 Flüchtlingen noch 9000 in drei Auffanglagern in Labutta, einer Delta-Region im Südwesten Birmas sitzen.
Die Junta bietet wohl finanzielle Anreize für die Menschen, wenn sie zurückkehren. Doch diese 9000 haben nichts, wohin sie zurückgehen könnten.
Das Welternährungsprogramm der UN schätzt, dass im Irrawaddy-Delta in den kommenden sechs Monaten 724.000 Menschen auf Nahrungsmittel von außen angewiesen sein werden.
In den vorübergehenden Auffanglagern sind wenige Flüchtlinge zurückgeblieben. Für die anderen, die zurückgekehrt sind, hat es keine finanziellen Anreize gegeben. Denen wurde einfach gesagt, sie müssen jetzt zurück. Aber dorthin, wo sie zurückgekehrt sind, gab es nichts mehr. Und jetzt warten die meisten auf weitere Hilfe und sind deshalb verzweifelt, weil sie nicht wissen, wie es weitergeht.
Ich glaube, die Satellitenbilder zeigen sehr gut, was da in den letzten Jahrzehnten passiert ist.
Also, ich bin jetzt weg bis morgen. Muss nach Berlin.
Tschüss – bis morgen.
Rainer
Ja, bis morgen. Gegen 14 Uhr.
Gruß, Natalie Soondrum
interessante sache, dieser blogtalk. ich hoffe es geht nicht nur um mangroven? ich hab da nämlcih auch eine frage, und weil bronski oben geschrieben hat, das man damit raus soll, kommt sie hier
herr lang, können sie mir sagen, warum die regierung in birma ihr volk so leiden lässt? sind denen die eigenen leute völlig egal, oder ist das vielleicht eine retourkutsche wegen der aufstände der mönche? solange die hungernden nämlihc mit dem blanken überleben beschäftigt sind werden sie sich wohl kjaum zhusammenrotten, um die junta zu stürzen. owbohl, sicher sein kann man sich da nicht, es gibt ja auch andernorts hungeraufstnäde
was geht in den kpfen der regierung von birma vor?
ist mir schon klar, dass sie darauf nicht hundert pro klartext sprechen können. aber irgendeine haltung dazu müssen sie ja wohl haben
Hallo,
die Frage ist zwar an Herrn Lang gestellt, aber ich denke, auch darauf antworten zu können. In der Burma-Initiative im Asienhaus beschäftigen wir uns seit langem mit der Situation in Burma in Form von Öffentlichkeitsarbeit.
Die burmesische Militärregierung ist äußerst misstrauisch gegenüber jeglicher internationaler Einmischung. Sie betrachtet sich als die einzige Kraft, Stabilität und Wohlstand für das ethnisch vielfältige Land zu garantieren und fürchtet nichts mehr als einen Kontrollverlust. Sie wollte vor der eigenen Bevölkerung und dem Ausland das Image aufrecht erhalten, die Situation unter Kontrolle zu haben. Daher wurden auch Hilfsgüter umgewidmet und als burmesische ausgegeben.
Außerdem wollte die Militärregierung nicht, dass ausländische Beobachter die auch vor dem Zyklon schon desolate ökonomische und soziale Situation sehen. Hinzu kam, dass das Regime kurz vor dem Verfassungsreferendum stand und daran unbedingt festhalten wollte.
Vielen Dank für Ihren Beitrag, Frau Bey.
Aber ich würde die Frage von thomas gerne erneut aufgreifen und ein Stück weiterdrehen (und doch nochmal auf den Mangroven herumreiten):
In Birma ist das Abholzen der Mangroven offiziell seit 1993 verboten. Tatsächlich verschwinden immer noch jährlich Riesenflächen dieser Schutzzone, um unter anderem dem Reisanbau Platz zu machen.
Rainer hat mir (an anderer Stelle) erzählt, dass die „Regierung“ Verstöße gegen das Gesetz gar nicht oder nur zum Schein ahndet.
ERGO: Was geht in den Köpfen der Regierung von Birma vor, Herr Lang?
Und noch an Frau Bey: Haben Sie Informationen darüber, wie das Verfassungsreferendum tatsächlich abgelaufen ist?
Hallo, ich melde mich zurück und grüße Euch alle aus Berlin. Da hat sich ja schon eine interessante Diskussion entwickelt. Thomas hat natürlich recht mit seiner Einschätzung, dass wir uns als Hilfsorganisation mit politischen Äußerungen jeglicher Art zurückhalten müssen. Denn das ist äußerst heikel und kann die Mitarbeiter unserer Partner vor Ort in große Gefahr bringen.
Aber es tut schon weh zu sehen, wenn so viele Menschen nach dem Wirbelsturm mehr oder weniger ihrem Schicksal überlassen werden. Gerade, wenn mehr Hilfe möglich wäre. Und es sind gerade die Ärmsten, die am meisten betroffen sind.
Liebe Frau Soondrum,
seit die 1974er Verfassung während des Aufstands von 1988 außer Kraft gesetzt wurde, hatte Burma keine Verfassung mehr.
In einem mehrjährigen Prozess mit vielen Unterbrechungen wurde nun eine neue Verfassung ausgearbeitet. An diesem Entwurf waren vor allem handverlesene Delegierte beteiligt, einige Vertreter von Waffenstillstandsgruppen ethnischer Minderheiten, von der Opposition, die die Wahlen von 1990 gewann, aber kaum jemand.
Laut neuer Verfassung sind 25 Prozent der Parlamentssitze für Militärangehörige reserviert, Schlüsselministerien bleiben unter Kontrolle des Militärs, es kann jederzeit den Notstand ausrufen, Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi kommt nicht für das Präsidentenamt in Frage, da sie mit einem Briten verheiratet war und eine Klausel vorsieht, dass niemand für das Präsidentenamt kandidieren darf, der mit einem Ausländer verheiratet war.
Erst kurz vor dem Referendum am 10. Mai wurde überhaupt der Inhalt der neuen Verfassung veröffentlicht. Darüber hinaus wurde ein Gesetz verabschiedet, welches Strafen für Störungen festlegt. Auf die Aufklärung oder Verteilung von Informationen standen Gefängnisstrafen von bis zu 3 Jahren oder 100.000 Kyat Bußgeld. Gleichzeitig wurde von Einschüchterungsversuchen, Schikane, kurzzeitigen Verhaftungen berichtet. In einigen Gegenden mussten Lehrer und andere Beamte bereits vorher ihre Stimme abgeben, wobei sie den ausgefüllten Stimmzettel in einem Briefumschlag mit ihrem Namen und Ausweisnummer abliefern mussten. Selbst bei den Stimmabgaben im Ausland – in den burmesischen Botschaften für Burmesen im Ausland – wurde Druck auf die Wählerinnen und Wähler ausgeübt.
Kein Wunder also, dass die neue Verfassung mit über 92 Prozent der Stimmen angenommen wurde. 2010 sollen nun Wahlen folgen.
Nach den Wahlen von 1990 wurden die politischen Geschäfte nicht an die siegreiche Nationale Liga für Demokratie abgeben mit der Begründung, es müsse erst eine neue Verfassung ausgearbeitet werden. Und nun sagt die Regierung, die Opposition solle nicht länger am Wahlergebnis von 1990 festhalten!
@ Rainer Lang
Ja, hallo zurück. Ich hoffe, es geht gut.
Was für Hilfe wäre denn in Ihren Augen noch leicht möglich?
Ja, es geht seht gut. Freue mich, dass so rege diskutiert wird. Nochmal zu der Frage, was in den Köpfen der Regierung vorgeht. Auf jeden Fall stehen alle Ausländer, vor allem diejenigen aus dem Westen, im Verdacht, subversive Elemente zu sein. Deshalb ist es nicht erwünscht, dass Burmesen enge Kontate zu Ausländern pflegen. Bevor ich zurückgeflogen bin, habe ich einen Appell der Regierung in der Zeitung gelesen, in dem zur Vorsicht bei Ausländern aufgerufen wird, weil diese die nationale Einheit zerrütten könnten.
Hilfe leisten, ist nicht einfach. Denn die Hilfsgüter müssen im Land gekauft werden, was ja eigentlich sinnvoll ist. Aber wenn man Häuser wiederaufbauen will, braucht man Holz dazu. Und das im Land zu kaufen, ist sehr schwierig. Außerdem ist eine Genehmigung der Regierung dafür nötig. Es ist schon möglich, Hilfe zu leisten, aber immer mit vielen bürokratischen Hürden verbunden. Auch das Gebiet, in dem man helfen darf, muss zuerst von der Regierung zugeteilt werden.
@ Ulrike Bey
Es verbietet sich also, von einer wirklich demokratischen Verfassung zu sprechen. Was könnte das für Birmas Zukunft bedeuten, wenn die Opposition und Aung San Suu Kyi in dieser Weise von der Mitgestaltung ausgeschlossen werden? Wie stark schätzen Sie die Opposition ein?
@ Rainer Lang
Schön dass Sie wieder da sind. Wie groß sind die Gebiete, in denen wirkungsvoll geholfen werden kann, und wie groß jene, die ohne Hilfe auskommen müssen, auch weil dort keine Hilfsorganisationen zugelassen sind?
Hallo Bronski,
schön, dass Sie auch wieder dabei sind. Bin auch wieder zurück – gerade ist nämlich mein Laptop abgestürzt und ich musste mich erst wieder zurückklicken.
Die Frage nach der Größe der Gebiete mit und ohne Hilfe lässt sich nicht so leicht beantworten. Erstens gibt es dazu keine offiziellen Angaben. Und zweitens: glücklicherweise gibt es in Brima eine unheimlich große private Hilfsbereitschaft. Und über diese gibt es überhaupt keinen Überblick.
In Birma offiziell registrierte Hilfsorganisationen bekommen ein Gebiet zugewiesen. Aber daneben gibt es private Initiativen von Privatpersonen, Schauspielern und Geschäftsleuten, die in viele Ecken Hilfe bringen. Aber da ist vieles nicht koordiniert. Vor allem die buddhistischen Mönche machen da unheimlich viel, was außerhalb des Landes gar nicht wahrgenommen wird.
Hmm, die Mönche wieder. Das ist immer wieder beeindruckend zu hören, was die so leisten.
Aber nochmal zu Brot für die Welt:
Wie läuft das eigentlich mit dem Aufforstungsprojekt?
Seit wann macht Ihr das und wie geht es voran?
Hallo Frau Bey,
Sie sind ja wirklich sehr gut informiert über Brima. Schaut man die neue Verfassung an, gibt es viele Einschränkungen. Aber die politische Frage ist durch den Wirbelsturm auf internationaler Ebene eigentlich völlig in den Hintergrund gerückt.
Also das mit dem Wiederaufforstungsprojekt ist in den vergangenen zwei Jahren über die Schwesterorganisation von Brot für die Welt, die Diakonie Katatsrophenhilfe unterstützt worden. Das läuft sehr gut. Schließlich gibt es auch in den Ministerien Leute, die von der Notwendigkeit überzeugt sind, dass gegen die Umweltzerstörung etwas getan werden muss. Das Problem ist aber die schlechte wirtschaftliche Lage, die rasant wachsende Bevölkerung und die Armut.
Interessant. Ich lese immer, dass Bogale im Irrawaddy-Delta vor dem Zyklon die Kornkammer des Landes gewesen sei.
Das heißt, dort wurde viel Reis angebaut, ergo vorher viel abgeholzt. Das klingt alles sehr widersprüchlich.
Das Militär ist also keine so geschlossene Front, wie man sich das immer vorstellt?
Hallo Herr Lang,
vielen Dank für Ihre Informationen aus erster Hand. Ich würde nicht sagen, dass die politische Situation in den Hintergrund gerückt ist, wenn man sich die ganze Diskussion um die Hilfe anschaut. Auch der UN-Sicherheitsrat hat Erklärungen abgegeben, die EU hat mit Verschärfung ihrer Maßnahmen gedroht – allerdings hinsichtlich der allgemeinen Lage, nicht unbedingt auf den Wirbelsturm bezogen.
@ Bronski
Es ist noch total unklar, ob die Oppositionspartei Nationale Liga für Demokratie an den Wahlen teilnehmen wird, oder ob sich neue oppositionelle Parteien bilden werden. Derzeit gibt es nur die NLD, die aber de facto nur in Rangun aktiv ist und verschiedene oppositionelle Gruppen wie die 88er-Studentengeneration.
Birma ist ein Land voller Widersprüche. Wie widersprüchlich alles ist, begreift man erst so richtig, wenn man das vor Ort erlebt hat. Zum Beispiel: eigenlich darf nicht abgeholzt werden, aber in der Realität wird es gemacht. Eigentlich darf kein Birmese ohne offizielle Erlaubnis ausländisches Geld besitzen, aber es gibt einen geduldeten Schwarzmarkt, auf dem Dollar in einheimische Währung getauscht wird.
Bis jetzt scheint das Militär eine geschlossene Front zu sein. Militärs stehen an der Spitze der meisten Ministerien. Aber es gibt dann noch zahlreiche weitere führende Beamte. Die denken und handeln zwar auch streng nach hierarchischen Gesichtspunkten. Aber trotzdem gibt es in den Ministerien durchaus Leute, die sich um ihr Land Sorgen machen und etwas Positives bewirken wollen.
Aha, tolerieren die auch unter der Hand Aktivitäten ausländischer Helfer?
Hallo Frau Bey,
das mit den Erklärungen stimmt natürlich. Aber die waren sehr allgemein und hatten auch keine Konsequenz. So konnte der Hausarrest für die Oppositionsführerin eigentlich problemlos verlängert werden.
Das kann ich bestätigen. Immer wieder gibt es Gerüchte, dass es in unteren Militärrängen zu Unruhen kommt, dass sie unzufrieden sind mit der Führung. Dann wieder werden regelmäßig militärische und ministerielle Posten umsortiert. Nach außen hin treten sie immer geschlossen auf.
Ausländische Helfer können schon was tun, aber sind eben in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Im Normalfall dürfen sie eben nicht ins Delta einreisen, müssen also in Rangun sitzen. Dort unterstützen sie die Einheimischen, von denen viele offiziell gar nicht registriert sind.
Aber zumindest ist den Birmesen wohl bewusster geworden, dass Hilfsorganisationen eine wichtige Aufgabe haben.
Sie mussten ja auch lange warten, bis Sie ins Delta durften, Herr Lang.
Wo waren Sie dann eigentlich überall und was haben Sie genau gesehen?
Vielleicht gibt es ja ein Erlebnis oder eine Begegnung, die Ihnen besonders im Gedächtnis haften geblieben ist.
Ja, ich musste fast drei Wochen auf die Genehmigung warten. Aber das ist für birmesische Verhältnisse sehr schnell. Wir sind bis Bogale mit dem Auto gefahren und dann von dort mit dem Boot weiter. Zuerst ganz den Bogale River fast ganz runter in ein Gebiet das nur am Rand vom Wirbelsturm betroffen war. Und auf dem Rückweg haben wir Dörfer in der Kernzone der Verwüstung besucht. Und das war schockierend. Allein die Zahlen: da hieß es in einem Dorf, dass von 1.000 Bewohnern 800 getötet wurden, in einem anderen von 700 Bewohnern 600. Und es war alles zerstört.
Am eindrücklichsten waren die Gespräche in einem Dorf mit drei Männern. Einer war der einzige Überlebende der ganzen Familie. Der andere hatte seine ältere Tochter und seine Frau verloren und ist jetzt allein mit seinem kleinen Sohn. Und sie erzählten, dass es den anderen im Dorf genauso ergangen ist. Das war wirklich erschütternd. Und ich muss ständig an die Gesichter dieser Männer denken und ihren Blick. Jetzt hoffe ich nur, dass wir ihnen auch helfen können.
Wie sieht so eine Hilfe von Ihnen aus? Ein Survival-Kit mit Zelt, Reis, Wasserfilter und Malaria-Tabletten, oder wie darf man sich das vorstellen?
Zunächst einmal ist es das im Wesentlichen. Aber kein Zelt, sonden Plastikplanen, Reis, Öl, Salz, Kleider, Kochgeschirr und einige Medikamente. Wenn die Menschen diese Grundversorgung haben, schauen wir nach dem weiteren Bedarf. So haben wir einige Bauern mit elektrischen Pflügen und Saatgut unterstützt, damit sie nach dem Verlust von Saatgut und Zugtieren Reis anbauen können. Dann wollen wir auch einfache Häuser errichten, zum Beispiel in dem Dorf, das ich zuletzt genannt habe. Geplant sind mehr als 800 Häuser.
Ja, schade das Bronski heute früher weg musste, dem liegt so am Herzen, dass in den betroffenen Gebieten offensichtlich der Saatgutzyklus unterbrochen worden ist. Können Sie das bestätigen?
Und sind die Böden nicht völlig versalzen?
Das mit der Versalzung ist nicht mehr das Problem. Das Salz ist von den Monsunregenfällen ausgewaschen worden. Darin sehen die Bauern kein Problem. Nur können viele nicht mehr rechtzeitig aussäen bis Ende Juli, weil die Büffel als Zugtiere tot sind, die Pflüge zerstört und das Saatgut vernichtet. Nur ein Bruchteil der Bauern im Delta hat genügend Hilfe erhalten, um anbauen zu können. Deshalb wird es zu Ernteausfällen kommen. Eine Verteuerung des Reispreises ist daher künftig zu erwarten und das belastet wieder die Ärmsten.
Ich muss jetzt auch leider aufhören. Ich besuche noch eine Podiumsdiskussion zur Nahrungsmittelkriese, an der wir beteiligt sind. Wünsche allen einen schönen Abend.
Bis morgen – bin so um die Mittagszeit wieder dabei
Das nächste große Thema!
Viel Erfolg und recht vielen Dank. Wir chatten uns dann morgen wieder.
Allen auch von mir einen schönen Abend!
Eine interessante Diskussion.
Ein paar Gedanken dazu:
In einer Sichtweise ist verständlich, daß die Regierung versucht das Land abzuschotten, da, wie bei der G8-Diskussion deutlich wird, immer die Gefahr besteht, in den Einflußbereich der Weltwirtschaft zu geraten und in die nicht immer segensreiche Abhängigkeit von Entwicklungshilfe zu geraten. Da geraten sicher auch die Hilfeanbieter in den Verdacht, ein „Einfallstor“ der G8 zu sein.
Ökologisch sind diese Regierenden wohl kaum auf dem Stand und in der Lage, alles richtig zu machen, daß geht ja auch hierzulande oft schief (Mangrovenwälder kann amn vergleichen mit dem Wattenmeer, und wie unvollständig dieses hier geschützt werden , weiß man ja).
Ein so riesiges Mangrovengebiet verdient die Unterstützung der ganzen Welt, es ist letzlich eine für die ganze Welt wertvolle Ressource, wichtiger als Öl. Allein von ihrer Erhaltung sollten die Menschen in der Region leben können.
nun ja, dass birma sich gegen die globalisierung abzuschotten versucht, kann man ja vieleicht sogar nachvollziehen. gleichzeitig machen die aber auf dicke mit den chinesen die natürlich an den birmesischen rohstoffen interessiert sind. da gibtr es wohl nennenswerte erdgasvorkommen und noch einiges mehr. und china ist ein land das von der globlaisierung profitiert (wenn auch keineswesg jeder chinese ebenfalls profitiert). birma als chinesisches hinterhof ist dann auf jeden fall teil des globalen spiels um ausbeutung
@ thomas
Auf diesen Aspekt wollte ich auch noch hinaus. Du hast mir jetzt einiges vorweggenommen. Die Frage richtet sich wohl eher an Ulrike Bey: Welchen Einfluss hat China auf die birmanische Politik? Denn China muss es ja zupass kommen, selbst unverstellten Zugang zu den birmanischen Ressourcen zu haben, während die anderen Staaten mit ihrem Hunger nach Rohstoffen und Energie außen vor bleiben. Die birmanische Abschottung ist wohl vorteilhaft für China?
Und an Rainer Lang: Ist von einem etwaigen chinesischen Einfluss bei Ihren Besuchen in Birma etwas zu spüren gewesen?
Und überhaupt: Was für Hilfe kommt eigentlich aus dem Reich der Mitte?
Ein herzliches Hallo an alle. Endlich wieder in Stuttgart und zum Glück im Zimmer vor dem großen Regen. Da hat sich ja eine interessante Diskussion weierentwickelt.
BvG hat Recht mit seiner Einschätzung, dass auch die Helfer aus dem Westen als Einfallstor gesehen werden für die G 8. Eines ist ganz wichtig, und das will ich auch noch einmal ganz besonders betonen, weil es auch an unsere Verantwortung appelliert, dass der Schutz der Mangrovenwälder für uns alle wichtig ist.
Und zu Thomas: Birma ist ein wichtiger Teil des chinesischen Einflussbereiches, gerade wegen der Rohstoffe hat China großes Interesse daran. Und für Birma ist China ein riesiger Exportmarkt. Deutlich ist auch, dass die Chinesen großen Einfluss haben und auch mehr Rechte haben als andere Ausländer. China finanziert in großem Stil Infrastrukturprojekte wie Straßen und Eisenbahnstrecken und schickt auch Experten. Natürlich haben die Chinesen auch Hilfsgüter geschickt, nur weiß ich aus dem Stand nicht in welchem Ausmaß.
Hallo Herr Lang,
Schön, dass Sie zurück sind. Ich habe gleich noch eine Frage: Hat Brot für die Welt in Birma je mit chinesischen Hilfsorganisationen kooperiert?
Im Hinblick auf die Mangroven: China ist ja nicht gerade ein Vorreiter in puncto Nachhaltigkeit und Umweltschutz.
Brot für die Welt oder besonders die Diakonie Katastrophenhilfe kooperieren zwar auch mit einer chinesischen Hilfsorganisation, der Amity Foundation, die von Christen gegründet worden ist. Aber nicht in Birma. Dort kooperieren wir mit Hilfsorganisationen aus anderen Ländern, vor allem aus Europa und den USA, aber auch aus Pakistan und Bangladesh.
Zu China: Ich denke, das ist ein großes Problem, dass China in der Zusammenarbeit mit Birma nicht auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz drängt. Aber die Chinesen sind eigentlich die einzigen, die in dieser Hinsicht einen gewissen Druck auf die birmesische Regierung ausüben könnten.
Was würden Sie sich in dieser Hinblick für eine Entwicklung wünschen?
Wo ist der Hebel, ob politisch, wirtschaftlich oder zivilgesellschaftlich, wo man ansetzen müsste um die Kettenreaktion: China-übt-Druck aus, das-Militär-fügt-sich-und-ergreift-Maßnahmen in Gang zu setzen?
Wenn man Chinas Politik verfolgt, dann ist es augenfällig, wie stark sich die aufstrebende Wirtschaftsmacht nicht nur in asiatischen Nachbarländern engagiert, sondern auch in afrikanischen Ländern, die Rohstoffe haben. Überall investieren die Chinesen in Großprojekte wie den Straßenbau. Manche Experten warnen schon, dass die Chinesen uns in Afrika den Rang ablaufen.
Deshalb wäre es in den westlichen Industrieländern angebracht, stärker darauf zu reagieren. Das heißt zum Beispiel, bei so großen Konferenzen wie dem G 8-Gipfel, China beim Umwelt- und Klimaschutz stärker ins Boot zu holen und gemeinsam mit den Chinesen über globale Maßnahmen nachzudenken. Die chinesische Regierung sieht nämlich inzwischen im eigenen Land, was für schlimme Auswirkungen Umweltzerstörung und Umweltverschmutzung haben.
Dann könnte China diese Haltung auch in seinen Beziehungen zu anderen Staaten stärker vertreten. Aber auch in Birma muss in der Gesellschaft das Bewusstsein stärker werden. Ich denke, dass der jüngste Wirbelsturm da einiges angestoßen hat. Ganz zaghaft scheint in Birma so etwas zu entstehen wie ein Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen. Diese haben sich bisher sehr zurückgehalten, weil ein Engagement der Bürger eigentlich nicht besonders erwünscht ist. Aber weil die jetzige Katastrophe ein so schreckliches Ausmaß hat, sind mehr Menschen davon überzeugt, dass sie etwas zur Bewahrung der eigenen Lebensgrundlagen tun müssen.
Das Stichwort „Zurückhaltung“ reizt mich in diesem Zusammenhang fast am meisten.
Wie ist eigentlich die Mentalität dieser Menschen? Was können Sie sagen, über die Gesellschaftsstrukturen.
Ich hoffe, ich überfrage Sie nicht, denn Sie waren ja Zeuge von einem schrecklichen Ausnahmezustand.
Aber die Menschen gut zu kennen, bedeutet ja auch ihre Bedürfnisse besser zu verstehen und wirkungsvoller helfen zu können.
guten tag herr lang,
als die burmesische regierung die lager räumen lies und ihre bevölkerung zurücvkschiucken liess, gab es in den meisten teilen der westlichen welt und deren hilfsorganisationen einen riesenaufschrei, auch die FR berichtete in diesem stil, dass das unverantwortlich sei.
einzig die neue züricher zeitung berichtete von der schweizer caritas, die die räumung der lager für sinnvoll hielt.
wie kommt so eine massive „eingkeit“ zustande udn warum diskutierten das die hilfsorganisationen nicht kontrovers, so wie die schweizer caritas? etwa um die burmesische regierung schlecht zu machen?
und an bronski, warum tippt die FR wieder mal nur die dpa ab ohne selber zu recherchieren? du hast ja die „netzdetektive“ ausgeschrieen, da kann es doch nicht zu viel verlangt sein, dass die journalisten der FR auch mal z.b. bei der NZZ nachlesen, oder?
http://www.nzz.ch/nachrichten/international/caritas_raeumung_der_lager_in_burma_sinnvoll_1.747556.html
@ karsten
Erstmal: Schön dass du dich auch mal wieder hier meldest. Für den letzten Teil deines Postings sage ich nur: Mal halblang, bitte. Danke für den Link, aber dein Lieblingsthema dpa gehört hier nicht her.
Wir bekommen hier wieder einmal vor Augen gefuehrt, welche Auswirkungen „Mensch“ durch sein Handeln hervorruft. Mensch ist ja letztendlich nicht nur Opfer dieser Naturgewalten sondern zum grossen Teil auch der Verantwortliche, zumindest fuer das Mass der Auswirkungen. Nur sollten wir vorsichtig sein uns hier als die politischen und oekologischen Besserwisser zu praesentieren. Dort werden die Mangroven abgeholzt um kurzfristige oekonomische Beduerfnisse zu befriedigen. Moeglicherweise wissen es die Bauern dort tatsaechlich nicht besser. Wir holzen doch – trotz besseren Wissen- auch weiterhin unsere „Mangrovenwaelder“ ab. Unsere Lebens- und Wirtschaftsweise ist ja alles andere als nachhaltig. Nur als Hinweis, ein nicht unwesentlicher Teil des in Europa konsumierten Schweinefleisch und Milch wird im suedamerikanischen Amazonasgebiet produziert, in Form von Soja. Von uns wird die „segensreiche“ Gentechnologie und Agrochemie entwickelt und wir drehen dadurch weiterhin an der Spirale der Zerstoerung vieler Lebensraeume. Wir alle (auch die Bevoelkerung der Laender des Suedens) sind mitverantwortlich fuer ihre Situation. Und nach wie vor fehlen uns schluessige Konzepte wie der Karren aus dem Dreck gezogen werden koennte. Die Natur „richtet“ es dann schon irgendwie, indem sie die Individuen, die sich nicht in das Natursystem einzuordnen oder selbiges nicht zu optimieren im Stande sind, ausweisst. Das mag brutal klingen und es sind leider nicht die politischen Entscheidungstraeger, die als erstes die Konsequenzen zu spueren bekommen sondern die Basis der Sozialpyramide. Blicken wir doch kurz zurueck auf den letzten G8 Gipfel. Oder hatte das nichts mit Birma zu tun?
Gruesse aus dem Amazonas
Joachim
Lieber Herr Milz,
Vielen Dank für Ihren Beitrag. Natürlich sind auch wir der Meinung, dass die desaströsen Ausmaße des Zyklons in Birma zu einem Großteil auf das Konto des Menschen gehen.
Wenn wir hier ansatzweise versucht haben, die ökologische Seite der Tragödie zu reflektieren, dann um ein Licht darauf zu werfen, wie verflochten politsche und ökonomische Interessen sind mit dem menschlichen und ökologischen Drama.
Nicht zuletzt werden die Mangroven abgeholzt, um Schrimps und Prawns zu züchten, die wir hier beim Inder, Thailänder usw. für einen Appel und ein Ei verdrücken.
Aber den Splitter im Auge des anderen sieht man bekanntermaßen immer leichter als den Balken im eigenen. Allein deshalb ist es „in meinen Augen“ überhaupt sinnvoll und hilfreich über Dinge, die weiter weg sind, nachzudenken. Das gibt einem neue Impulse für das eigene Leben, finden Sie nicht?
Und mal ganz unverblümt in Hinblick auf das Abholzen „unserer Mangroven“ :
Wo gibt es bei uns (sagen wir in Deutschland oder meinetwegen der EU) schon eine solche Katastrophe, dass 138.000 Menschen elendig zugrunde gehen müssen und 2,5 Millionen in der Folge völlig schutzlos und unversorgt sind?
Wenn es ums nackte Überleben geht, dann muss sofort gehandelt werden. Dann darf es keine langatmige Diskussion geben, wer für was verantwortlich ist, oder was falsch gemacht hat. Dann muss man rangehen und diese Menschenleben versuchen zu retten. -Ihre Mangroven sind unsere Mangroven.
Die Aufgabe der Presse dabei ist, zu verhindern, dass Menschen in Not „totgeschwiegen“ werden. In der Demokratie ist Öffentlichkeit ein existentielles Recht und eine existentielle Notwendigkeit.
Die Nachricht weiterzudrehen, heißt in diesem Fall zu versuchen, das schockartig aufgetretene Geschehen beharrlich weiterzuverfolgen und Ursachen und Folgen zu beleuchten. Das ist unsere Pflicht.
Auf dass wir nicht nur „besser-wissen“, sondern auch „besser-machen“ können.
Aber vermutlich stimmen wir in diesen Annahmen ohnehin überein.
Grüße aus Frankfurt,
Natalie Soondrum
Der Film „Babel“ von Alejandro Gonzalez mit Brad Pitt und Cate Blanchett sagt alles, was zu diesem Thema gehört.
Unbedingt ansehen!!
Liebe Frau Soondrum,
natuerlich ist auch mein Bestreben es zu versuchen besser zu machen. Muss dabei aber eingestehen, dass mir meine Ausbildung (Agraringenieur) keine grosse Hilfe zur Loesung der Problem bedeutete. Ich arbeite seit 25 Jahre im Geschaeft der Entwicklungszusammenarbeit und bin daher nicht sehr optimistisch, dass von dort her viel zu erwarten waere. Erst nachdem ich auf einem eigenen Betrieb im bolivianischen Tiefland anfing selbst Landwirtschaft zu betreiben, merkte ich, dass viele meiner akademischen Konzepte schlichtweg nicht funktionierten. Die Probleme (Katastrophen etc.), mit denen wir in Zukunft zunehmend konfrontiert werden, lassen sich nur durch ein veraendertes Denken (Weltbild) loesen. Auch die internationale Entwicklungshilfe unterliegt dem Dogma des globalen Marktes, daher faellt es ihr auch schwer, kreativ neue Ansaetze zur Loesung der Probleme zu entwickeln. Die kirchlichen Entwicklungsorganisationen (Brot fuer die Welt, Evangelischer Entwicklungsdienst – EED, MISEREOR) haben noch etwas mehr Freiraeume und unterliegen nicht dem Druck der offiziellen deutschen EZ aus einem Guss (was man auch ketzerisch als Gleichschaltung bezeichnen koennte. Entwicklungszusammenarbeit aus einem Guss wurde vom BMZ konzipiert um die offiziellen BRD EZ Institutionen wie DED, GTZ, KFW besser politisch zu koordinieren bzw. auf offizielle politische Linie zu verpflichten).
Was wird denn passieren, wenn mal gleichzeitig mehrere Ereignisse wie Tsunami, Hurricanes, Vulkanausbrueche etc. zusammenfallen wuerden? Humanitaere Hilfe wird dann kaum noch zu organisieren sein. Also, es gibt bereits einige Antworten was zu machen waere, gerade was nachhaltige landwirtschaftliche Produktion in feuchttropischen Gebieten betrifft haben wir hier einiges entwickelt. Ich stimme Ihnen auch zu, dass Oeffenlichkeitsarbeit (wie im bescheidenen Rahmen hier) ein wichtiger Beitrag dazu ist, vor allem auch hinsichtlich der Reflektion unseres eigenen Konsumverhaltens und Beitrag zur Vernichtung der „Mangrovenwaelder“. Hilfreich waere dafuer mal ein Tsunami vor der eigenen Haustuer….
Gruesse aus Bolivien
Joachim
Hallo,
eine sehr interessante Diskussion hier, auf die ich aufmerksam geworden bin, nachdem auf meinen Satellitenbilder-Eintrag verlinkt wurde, den ich im Rahmen des „Blog4Burma“-Projekts ( http://www.breaking-news.de/b4b.htm )schrieb. Seit der „Free Burma“-Aktion im letzten Jahr versucht eine Gruppe europäischer Blogger die Sache kontinuierlich im Auge zu behalten.
Was die Einflussnahme Chinas angeht, sollte man sich wohl keine Hoffnungen machen. In Menschenrechtsfragen ist das Land wohl das letzte, das Burma da zur Besserung anmahnen würde. Hier geht es allein ums Geschäft: Holz und Bodenschätze wie Uran, Gold etc. gegen Rüstungsgüter, Infrastrukturmaßnahmen, Rüstungsgüter und Rüstungsgüter.
Die weitere Militarisierung Birmas durch die Aufrüstung und Modernisierung der Streitkräfte erscheint angesichts der humanitär-katastrophalen Lage so absurd, dass es in den wirren Köpfen der Militärmachthaber wahrscheinlich schon wieder logisch erscheinen muss.
Kann jemand die Berichte bestätigen, dass Birma aus Russland einen Nuklearreaktor erhalten hat und massiv in der Ausbildung der Truppen unterstützt wird?
HAllo, melde mich nach dem Wochenende wieder zurück. Die Diskussion ist jetzt interessanterweise von Joachim Milz auf unser Verhalten gelenkt worden. Ich finde das ganz wichtig. Aber als erstes möchte ich mich auf Natalie Soondrum beziehen und ihre Bemerkung zu Zurückhaltung und die Frage nach der Mentalität der Menschen in Birma.
Dort ist die Gesellschaft noch unheimlich hierarchisch organisiert. Dem, was von oben kommt, wird normalerweise nicht widersprochen. Die Menschen sind gewohnt, auch schlimme Zustände zu erdulden und ihr Schicksal hinzunehmen. Ihre Wünsche oder Kritik zu artikulieren sind sie nicht gewohnt. Das wird sich nur ganz langsam verändern.
Zu Karstens Anmerkung zur Räumung der Lager auch eine Bemerkung von mir: es ist sicherlich sinnvoll, die Menschen nicht wochen- und monatelang in Lagern zu sammeln. Diese so genannten Lager waren ja in vielen Fällen öffentliche Gebäude wie Schulen oder auch Klöster und kirchliche Einrichtungen. Es ist natürlich durchaus sinnvoll, die Schulen zu räumen und damit funktionsfähig zu machen. Aber dann sollten die Menschen dort, whon sie zurückgeschickt worden sind, auch ausreichende Unterstützung erhalten. Und das ist eben – wie ich selbst gesehen habe – oft nicht der Fall.
Auch die Kontrolle des Zugangs zum Delta ist ja nicht nur als negativ zu bewerten. Aber dann ist eine umso stärkere Koordinierung der Hilfe nötig.
Hallo Joachim Milz,
Sie haben den Aspekt der Besserwisserei ins Spiel gebracht. Das ist natürlich immer eine heikle Sache, wenn wir aus dem Westen kommen, wo es uns gut geht und dann mit dem erhobenen Zeifefinger sagen, dass die Mangrovenwälder geschützt werden müssen. Es sind ja für die Menschen in Birma wirklich die ökonomischen Zwänge, für sie geht es ums nackte Überleben. Und dass wir so billig Shrimps essen können, hängt eben mit den Shrimpsfarmen und den billigen Arbeitskräften zusammen.
Es geht also wirklich um eine Anfrage an unseren eigenen Lebensstil. Aber das ist heikel. Denn den müssten wir nämlich zurückschrauben, dass es den Menschen in anderen Ländern besser geht. Billige Nahrungsmittel, billige Kleider, billige Möbel und billige Urlaubsreisen. Das geht nur auf Kosten von anderen.
Aber in den anderen Ländern muss dann eben auch die Bereitschaft da sein, durch entsprechende Rahmenbedingungen die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass zum Beispiel die Umwelt geschützt wird. Und das ist in vielen Ländern schon unter den jetzigen Bedingungen möglich. Wenn die Menschen zum Beispiel elektrischen Strom zur VErfügung haben, dann müssen sie nicht mehr ständig Holz verbrennen.
Aber wie gesagt, es gehört auch eine grundsätzliche Änderung unseres Lebensstils dazu. Wie die internationalen Konferenzen zeigen, gehen die Industrieländer dabei nicht gerade als leuchtendes Beispiel voran.
Hallo B.N.,
die Diskussion ist wirklich interessant. Natürlich liegen die strategischen Interessen auf der Hand. Die hat ja durchaus auch der Westen. Inwieweit die Unterstützung genau geht und wie sie im einzelnen aussieht, kann niemand so genau sagen.
Wie weit der chinesische Arm reicht, sieht man ja derzeit im Sudan – jedenfalls wenn es stimmt, dass China das UN-Embargo unterlaufen hat.
Ich möchte noch einmal auf den Saatgut-Zyklus hinaus; Natalie hat ja oben schon drauf aufmerksam gemacht, dass mir dieser Aspekt am Herzen liegt.
Die Bauern im Irrawaddy-Delta haben einerseits nicht genug Saatgut bekommen, andererseits sind Zugtiere tot und Pflüge zerstört, so dass das Saatgut nicht im Juli noch ausgebracht werden kann. Damit fällt die nächste Ernte zum Teil aus. Das wird dazu führen, dass das Grundnahrungsmittel Reis teurer wird. Zu teuer vielleicht für so manchen.
Herr Lang, lässt sich abschätzen, um wie viel niedriger die nächste Ernte ausfallen wird? Wie viele Menschen werden damit mittelfristig von Hilfslieferungen abhängen, und für wie lange?
Hallo Herr Lang, Hallo Herr Milz, Hallo alle Blogger – und Hallo Bronski!
Hatte heute ein wenig Land unter und konnte mich daher bisher nicht richtig einklinken.
Herr Milz, Sie schreiben, dass sie erst auf ihrem eigenen Betrieb im bolivianischen Tiefland merkten, dass viele ihrer akademischen Konzepte schlichtweg nicht funktionierten. Das klingt wahnsinnig spannend.
Was machen Sie denn jetzt genau, und woran haben Sie denn gemerkt, dass die alten Konzepte hinfällig waren?
Dann schreiben Sie „Die Probleme (Katastrophen etc.), mit denen wir in Zukunft zunehmend konfrontiert werden, lassen sich nur durch ein veraendertes Denken (Weltbild) loesen. Auch die internationale Entwicklungshilfe unterliegt dem Dogma des globalen Marktes, daher faellt es ihr auch schwer, kreativ neue Ansaetze zur Loesung der Probleme zu entwickeln.“
Was wäre denn in ihren Augen ein verändertes Denken? Wo und wie fängt es an? Was können wir hier tun um Sie dort zu unterstützen?
und @ Herrn Lang:
Das habe ich mir schon gedacht, dass die Birmaner eher zurückhaltend im Ausdrücken ihrer eigenen Bedürfnisse sind.
Bescheidenheit steht in buddhistischen Gesellschaften meist höher in der Rangliste löblicher Eigenschaften, als Durchsetzungsvermögen in der westlich-kalvinistischen.
Wie sprechen denn die Menschen im Delta auf das Aufforstungsprogramm an?
Gab es anfangs Wiederstand?
Und wenn ja, woher rüherte er?
Und @ B.N.:
Klasse mit dem Blog. Ich bin noch nicht dazu gekommen, mich anzumelden. Könnten Sie kurz beschreiben, welche Fragen Sie darin berühren? Für mich und alle anderen User?
Vielen Dank.
Wie immer beste Grüße aus Frankfurt
HAllo Bronski,
schön, dass Sie auch wieder dabei sind. Natürlich sind im Delta hohe Ernteausfälle zu erwarten. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass im schlimmsten Fall 50 Prozent der Ernte im Delta ausfällt. Dann wird der Reis teurer und die Ärmsten können sich nicht mehr so viel Reis leisten. Im Delta sind dann viele Menschen – auf jeden Fall mehrere Hunderttausend – auf jeden Fall ab Herbst weitere sechs Monate auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Das ist natürlich eine Katastrophe. Zumindest hat sich das Landwirtschaftsministerium darum gekümmert, dass die Bauern oberhalb des Deltas, wo es weniger Schäden gegeben hat, rechtzeitig ihren Reis anpflanzen können, um in diesem fruchtbaren Gürtel die Ernte zu sichern. Da sitzen im Ministerium schon Leute, die sich Sorgen um die Sicherung der Ernährung für die Menschen machen.
Hallo Natalie Soondrum,
in einigen Dörfern, die ich jetzt besucht habe, haben die Bewohner jetzt selber gemerkt, wie stark sie die Mangrovenwälder vor schlimmen Sturmschäden geschützt haben. Deshalb sind sie nun auch vile positiver eingestellt gegenüber dem Schutz dieser Wälder und der Wiederaufforstung.
In einem anderen Gebiet, in dem wir 200 Hektar an Neuanpflanzungen angelegt haben, mussten wir erst ganz ernste Widerstände überwinden. Das neu aufgeforstete Gebiet geht nämlich zu Lasten der Reisfelder. Wir hoffen natürlich, dass die verheerenden Folgen der Katstrophe einen Bewusstseinswandel herbeiführt und dass wir da den Wiederaufbau mit der Pflege der Mangrovenwälder verbinden können. Denn dort waren die dem Sturm schutzlos ausgelieferten Dörfer eine Todeszone. Die sind förmlich vom Sturm abrasiert und dann überflutet worden. Aber die Menschen haben durch Schulungsprogramme auch vorher schon gelernt, dass der Wald eine ständige Einkommensquelle ist, wenn sie ihn nicht total abholzen, sondern kontinuierlich nutzen. Das ist für uns natürlich ein toller Erfolg gewesen.
Liebe Alle,
muss mich für heute verabschieden. Hoffe, dass die Diskussion weitergeht. Finde ich wahnsinnig spannend.
Viele Grüße aus Stuttgart
Rainer Lang
Hallo Herr Lang,
Klar, geht die Diskussion erstmal weiter. Bronski kann genau sagen, wie lange. Ich bin nebenher immer dabei bis Donnerstagabend. Danach bin ich mal 14 Tage jwd und auch nicht online.
Das mit den Schulungsprogrammen hört sich nach einem schönen Erfolg an, gratuliere. Aber reicht es denn aus, wenn die Menschen vor Ort wissen, wie wichtig der Wald für sie ist? Was ist mit dem – wie ich den Eindruck bekomme – irrsinnigen Beamtenapparat?
Konnten Sie jemanden aus den Ministerien für Ihr Projekt gewinnen? Immerhin ist das Abholzen der Mangroven doch offiziell verboten, d.h. indirekt gibt es (formal) den Wunsch die Natur zu schützen, oder?
Bekommen Sie nach dem Zyklon mehr Rückhalt von den Behörden?
Würde mich nicht wundern, eine zwiespältige Einstellung: Fremde nicht reinlassen, aber die die schon da sind und helfen, ohne Machtverhältnisse in Frage zu stellen, wenn nicht zu unterstützen, dann doch nicht zu blockieren.
Ach noch etwas: Was kann der Westen, Journalisten wie Hilfsorganisationen tun, um eine konstruktive Zusammenarbeit zu fördern?
Gibt es irgendwelche Spielregeln gegen die alle, ohne es zu wissen, ständig verstoßen?
Einen schönen Abend und bis morgen,
Natalie Soondrum
@ bronski post 53
achja, gehört nicht hierher?
wir werden von einem meinungswust überschüttet, sollen für hilforganisationen spenden und werden nicht einmal über diskussionen innerhalb der hilfsorganisationen aufgeklärt?
fakt ist doch, dass man in keiner einzigen bedeutenden bundesdeutschen zeitung davon lesen konnte, dass es innerhalb der westlichen welt meinung gab, die die räumung der lager nicht grundsätzlich kritisch beurteilten und die die burmesische regierung deswegen nicht verteufelten. hätte ich gespendet, dann vielleicht eben lieber den schweizern.
und wenn es eben unterschiedlich meinungen gab, warum gingen dann die bundesdeutschen hilfsorganisationen hier nicht drauf ein?
und herr lang, in dem artikel der NZZ heisst es:
„Die Leute würden nur in jenen Fällen zurückgeschickt, wo die Dörfer noch intakt seien, sagte Bühler.“
also nix mit schlechte versorgung.
Hallo Frau Soondrum,
alle an der Blog4Burma-Aktion beteiligten Blogger haben im Zuge des internationalen „Free Burma“-Projekts gemerkt, dass kurzfristige Aufmerksamkeits-Events schön und gut sind, aber nicht grade nachhaltig wirken. Einige von uns haben die Situation in Burma bereits kurz nach den blutig niedergeschlagenen September-Demonstrationen in ihren jeweiligen Blogs beleuchtet und sich anschließend aktiv an der in Deutschland von Robert Basic geführten Organisation beteiligt, aber wollten das ganz bewußt auch über die „Free Burma“-Aktion hinaus tun. So fanden sich die beteiligten Blogger aus Deutschland, Österreich, Frankreich zusammen, um sich in sehr lockerer Organisation gegenseitig dabei zu unterstützen, auf ihre individuelle Weise ein bisschen Awareness zu schaffen. Dabei greift jeder auf, was ihn thematisch bewegt – komischerweise hat es sich dabei meistens so ergeben, dass sich die einzelnen Beiträge auch ohne viel Abstimmung mehr ergänzt, als überschnitten haben. Von der Beleuchtung der Verfassungs-Malaise bis hin zur birmesischen Rambo-Euphorie, von reiner Faktenvermittlung bis zur pointierten Glosse ist eigentlich alles dabei gewesen bisher. Alle Beiträge sind in einem gemeinsamen Feed oder über die einzelnen Blogs abonnierbar.
Beste Grüße
Liebe Frau Soondrum,
werde erst am Wochenende auf Ihre Fragen eingehen koennen. Einiges ueber das von uns entwickelte Konzept laesst sich auf der Internetseite http://www.ecotop-consult.de nachlesen.
Herzliche Gruesse
Joachim Milz-Bolivien
Hallo, nach vielen Besprechungen bin ich auch wieder dabei. Liebe Natalie Soondrum, es ist jetzt wirklich so, dass die Bereitschaft in den Ministerien größer geworden ist natch der Katastrophe, die Mangroven zu schützen. Unsere Partnerorganisation hat vor wenigen Tagen die Genehmig erhalten, unser gemeinsames Projekt zur Mangroven-Wiederaufforstung auszudehnen. Es sollen in diesem JAhr 400 Hektar neu angepflanzt werden. In dem Verwaltungsapparat sitzen ja durchaus Leute, die Ahnung von der Sache haben.
Aber es ist eben sehr sehr mühsam, den Umweltschutz zu fördern, wenn die Bevölkerung so rasant wächst, genauso wie die Zahl der Armen und wenn kein wirtschaftlicher Rahmen geschaffen wird, damit es mehr Jobs gibt und nicht mehr alle Holz verbrennen müssen.
Falsch machen wir sicherlich oft, dass wir zu stark mit unseren westlichen Überzeugungen kommen, angefangen mit dem, dass wir in puncto Demokratie gleich unsere Idealvorstellungen haben. Das erzeugt gleich Abwehrreaktionen und fühjrt dann zu gar nichts. Aber in Birma ist es auch bei aller Vorsicht äußerst schwierig, weil westliche Ausländer unter einem Generalverdahct stehen.
Hallo Karsten,
jetzt werde ich aber sauer. Nur weil das in der NZZ steht, ist das nicht automatisch wahr. Ist zwar eine gute Zeitung, aber der Satz, den Du da zitierst, ist einfach falsch. Ich habe mit vielen Menschen gesprochen, die in Übergangslagern waren. Diese wurden zurückgeschickt, ohne dass darauf Rücksicht genommen wurde, ob die Dörfer nun intakt sind. Die Menschen mussten vielmehr selber schauen, wie sie zu Unterkünften kommen, wie sie die herumliegenden Leichen und Tierkadaver beseitigen. Das haben in diesen Fällen freiwillige Helfer gemacht und Überlebende. Aus eigener Initiative und aus dem Druck heraus, dort zu überleben.
Außerdem war ich selbst bei meiner letzten Reise in Dörfern, wo die Menschen praktisch unter Plastikplanen hausten, mit ein paar Säcken Reis. Sie konnten keine Fische fangen, weil Boote und Netze zerstört waren, nichts anpflanzen, weil es keine Zugtiere und Pflüge gab. Das verstehe ich nicht gerade unter einer intakten Umgebung.
Hallo Herr Lang!
Bei wem stehen die westlichen Ausländer unter Generalverdacht? Bei den Behörden oder auch bei der Zivilbevölkerung? Und können Sie vielleicht anhand einer kleinen Anekdote, einer konkreten Begegnung schildern, wie sich dieser Verdacht äußert?
Ich bohre deshalb so nach, weil ich in meinem Hirn noch kein rechtes Bild entstehen will, wie dieser Mechanismus funktioniert, mit Ablehnung und Verdächtigung.
Was haben die Menschen denn für negative Erfahrungen mit Westlern?
Hallo Herr Milz,
Alle Achtung, ich bin sehr beeindruckt.
Umso mehr erstaunt mich das, was ich mir erlaube, einen bitteren Unterton in ihren Beiträgen zu nennen. Sie tun schon so viel. Da müssten Sie doch vor Optimismus doch nur so strotzen.
Hallo B.N.,
Im Moment habe ich noch keine Zeit gehabt, mich als Abonenntin einzutragen. Ich will es aber bei Gelegenheit nachholen und werde, so dieser Talk noch aktiv ist, Feedback geben.
Hallo in die Runde,
@Natalie Soondrum: Ein spannendes (konzeptionelles) Konzept!
Ich stelle mich mit einem Satz vor: Bin gelernter Journalist und seit gut drei Jahren Pressereferent bei der Welthungerhilfe – somit ein direkter Kollege von Rainer Lang. Aus gegebenem Anlass war ich gleich Anfang Mai für rund drei Wochen in MYN. Die Welthungerhilfe ist ebenfalls bereits vor dem Sturm als INGO im Land tätig gewesen (allerdings noch nicht im Delta).
Einigem kann ich 100% zustimmen, was hier gepostet wurde, andere Aspekte halte ich für nicht so ganz richtig oder sachlich einseitig. Da ich jedoch spät in die Debatte hier einsteige, werde ich nun nicht zu allen 75 Kommentaren etwas schreiben.
Würde jedoch gerne ab jetzt aktiv teilnehmen!
Einstweilen beste Grüße aus Bonn
Herr Dickerhof,
Wie schön, Sie hier begrüßen zu dürfen! Dass MYN Myanmar/Birma heißt, bekomme ich gerade noch hin. Aber was in aller Welt ist ein INGO?
(Bitte Hilfe!)
Ansonsten bitten wir Sie darum, recht fleißig ihren Senf zu allem abzugeben. Wie ist das eigentlich gleich mit der Verschwörungstheorie der Junta gewesen? Ein Grund, weshalb westliche Helfer nicht rein durften?
Gruß aus Frankfurt
Natalie Soondrum
So, liebe Alle!
Ich verschwinde jetzt für 14 Tage. Freue mich, wenn ich auf meine offenen Fragen noch Antworten bekomme. Wünsche ansonsten alle noch eine gute Diskussion.
Herzlichst, Natalie Soondrum
Hallo in die Runde,
konnte mich heute noch nicht weiter beteiligen. Werde morgen wieder einsteigen. Freue mich, dass Kollege Dickerhof dabei ist. Bin gespannt auf seine weiteren Kommentare. Natalie Soondrum wünsche ich viel Spaß in den nächsten zwei Wochen.
Also, bis morgen
Herzliche Grüße, Rainer
Ich freue mich, dass dieser Blogtalk – für mich war es ein Experiment – so lebendig und interessant geworden ist. Herzlichen Dank an alle Beteiligten.
Von karsten wüsste ich gern, was du zu # 72 meinst.
@ Rainer Lang, Ralph Dickerhof
Mich würde interessieren, welche Summen an Nothilfe nach Birma gegangen sind (von Ihren Organisationen sowie insgesamt, wenn Sie da einen Überblick haben) und wieviel jenseits der akuten Überlebenshilfe in Wiederaufbauhilfe gesteckt wurde. Gut zwei Monate nach der Katastrophe müsste sich außerdem absehen lassen, ob die Leute – zumindest die, denen konkret geholfen wurde – wieder auf die Beine kommen.
Guten Tag!
Für meinen Akronym-Fimmel bitte ich um Nachsicht – Berufskrankheit!
„INGO“ = ‚International Non-Gouvermental Organisation‘ ;-))
In der Zeit direkt nach ‚Nargis‘ hat sich nicht nur die ganze Welt, sondern natürlich auch jeder Involvierte vor Ort gefragt: Warum nur lässt sich die Regierung nicht international mehr helfen? Sie könnten doch die Helfer danach einfach wieder aus dem Land bitten, das Image wäre aber durch „humanitäre und temporäre Öffnung“ im In- wie im Ausland aufpoliert. In diesem Klima von Unverständnis, Emotionalität und relativ wenig unabhängigen Fakten gedeiht eins sehr gut:
Verschwörungstheorien.
Von verschiedenen Seiten hörte ich diese Variante – mein persönlicher Liebling!
1. Die Regierung könne keine Ausländer in das hauptsächlich betroffene Delta hinein lassen, weil eine ‚regionale Hegemonialmacht‘ dort eine ‚Atomanlage‘ (wahlweise auch ‚Chemieanlage‘) betrieben habe.
2. Diese (natürlich streng geheime) Anlage sei durch den Sturm stark beschädigt worden.
3. Dadurch seien Gifte / Strahlungen etc. ausgetreten, die viele Bewohner kontaminiert hätten.
4. Die ‚Betreiber‘ der Anlage befürchteten nun – bei Bekanntwerden des Skandals – einen internationalen Aufschrei, der ihrem Image erheblich schaden könnte.
5. Als Beleg für diese „These“ wurden angeblich überlebende Opfer mit „typischen“ Verletzungen (etwa „Verbrennungen der Haut“) im Irrawaddy-Delta gesichtet.
Naja, ist erst mal alles drin, was eine klasse Verschwörungstheorie braucht. Aber eben: Nichts dran.
Ärzte etwa, die im Delta gearbeitet hatten, konnten einfache Erklärungen geben: Hautabschürfungen und Reizungen durch Salzwasser – spätestens seit dem Tsunami 2004 ein bekanntes Phänomen.
Soweit diese Petitesse am Rande ;-))
Viel Spaß damit – und hoffentlich gibt es noch eine rege Beteiligung bei diesem Blogtalk.
Herzlichst
Ralph Dickerhof
@Bronski:
Zentrale facts & figures liefert der aktuelle Situation report von UN OCHA (Die koordinieren die Hilfe innerhalb der Un Agenturen, aber auch mit den INGOS (!)) …
Wird regelmässig geupdatet – letzte Version ist druckfrisch von gestern:
http://www.reliefweb.int/rw/rwb.nsf/db900sid/EDIS-7GMLSC?OpenDocument&rc=3&emid=TC-2008-000057-MMR
Was die Welthungerhilfe angeht, konnten wir – nach einer recht zähen ersten Phase – bislang rund 2,5 Millionen Euro an Spenden für die Opfer des Sturms einwerben. Keine schlechte Summe, wenngleich der Vergleich mit anderen Naturkatastrophen zeigt, dass da nach oben „schon noch etwas mehr Luft gewesen wäre.“ Aber wir sind sehr dankbar für diese Hilfsbereitschaft, denn damit können wir definitiv schon gut mittelfristig in Richtung Wiederaufbau und Reha planen.
Noch läuft natürlich auch die Nothilfephase, das wird auch noch weiter laufen müssen, aber wir möchten grundsätzlich immer den Menschen, die wir versorgen, auch über die reine Verteilung von Gütern hinaus dabei helfen, wieder auf eigenen Beinen stehen zu können.
Parallel zu den Spendeneingängen bemühen wir uns auch um eine sogenannte „Kofinanzierung“ unserer Projekte: Dabei geht es darum, auch mit Mitteln von „öffentlichen Händen“ unterstützt zu werden. In diesem Fall könnten diese zur UN, der EU oder dem dt. AA oder dem BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) gehören. Das läuft eben auch gerade.
@Rainer: Wie ist eure Zwischenbilanz? Hattet ihr auch zu Beginn einige Schwierigkeiten, der Öffentlichkeit mitzuteilen dass ihr in einer (positiven) Sondersituation wart (schon vor Ort, gute lokale Partner & ihr konntet ohne große Behinderungen arbeiten …)?
Wir wurden immer wieder gefragt, ob uns das Militär nicht die Hilfsgüter abnimmt – was keinesfalls der Fall war …
LG
R. Dickerhof
Hallo Ralph,
das istg ja wirklich ein Zufall, dass unsere Spendeneingänge in etwa die gleiche Höhe haben wie bei Euch, etwa 2,5 Millionen. Auch wir bemühen uns um eine Kofinanzierung unserer Projekte, zum Beispiel auch über das globale kirchliche Hilfsnetzwerk ACT (Kirchen helfen gemeinsam).
Auch bei uns läuft noch die Nothilfephase. Aber wir planen auch schon für den Wiederaufbau. Das geht ineinander über. Zum Beispiel verteilen wir auch wie die Welthungerhilfe Saatgut und Motorpflüge, damit die nächste Reisernte gesichert ist. Wir haben für den Wiederaufbau von unserer Seite erst einmal 1,5 Millionen Euro angesetzt, hoffen aber, dass es durch die Kofinanzierung einiges mehr wird.
Natürlich war es für uns zu Beginn der Katastrophe schwer, deutlich zu machen, dass unsere Hilfe über unsere lokalen Partner direkt zu den Opfern kommt. Wir hatten ständig Anfragen, ob wir garantieren können, dass nichts in die Hände des Militärs gelangt. Das konnten wir. Nach und nach hat diese Botschaft auch Wirkung gezeigt und die Spender haben uns vertraut. Natürlich hätten wir uns mehr Spenden gewünscht. Aber unter diesen Begleitumständen haben wir uns über das Ergebnis gefreut. Ich habe schon bei meinem ersten Aufenthalt in Rangun selbst verfolgt, wie die Hilfsgüter verpackt und verladen worden sind. Bei meinem zweiten Besuch in Birma, konnte ich in den Dörfern im Delta, wo unsere Partner arbeiten, mit eigenen Augen sehen, wie die Verteilung der Hilfe erfolgt. Direkt von unseren Mitarbeitern erhalten die Betroffenen die Hilfsgüter.
Es ist mir bei der Reise ins Delta aber auch deutlich geworden, dass viele Menschen in den am schlimmsten zerstörten Dörfern im Delta, wo es so viele Tote gegeben hat, lange Zeit brauchen werden, um wieder auf die Beine zu kommen. Das ist ja klar, wenn in vielen Dörfern nur wenige Menschen überlebt haben. Die Überlebenden haben auch an der Trauer über den Verlust ihrer Angehörigen schwer zu tragen.
Natürlich kenne ich die Verschwörungstheorien auch. Kann aber nur bestätigen, was Ralph dazu sagt. Und die Verletzungen, die man als Verbrennungen deuten kann, sind schwere Hautabschürfungen. Das haben die Ärzte bei unseren Partnern berichtet. Wenn sich die Überlebenden mehrere Stunden an einem Baum festklammern mussten, ist ihre Haut von der Rinde abgerieben worden. Ihnen wurden im Sturm die Kleider vom Leib gerissen.
Hallo Natalie Soondrum,
die birmesische Regierung schottet generell ihr Land gegen ausländische Einflüsse ab. So werden Touristen auf einer abgesteckten Touristenroute durchs Land gelenkt. An Fahrkartenständen für öffentliche Verkehrsmittel in Rangun, die zum Beispiel ins Delta fahren, sind Verbotsschilder angebracht, die besagen, dass Ausländer keine Fahrkarten kaufen dürfen.
Es ist deutlich, dass es bei den Behörden einen Generalverdacht gegen Ausländer, vor allem aus dem Westen gibt. Das belegen zum Beispiel öffentliche Aufrufe der Militärregierung an die Bevölkerung in der Zeitung, sich nicht mit Ausländern einzulasen, weil diese die nationale Einheit untergraben könnten.
Eine andere „Anekdote“ dazu: In einem Gebäude einer unserer Partnerorganisationen waren Flüchtlinge aus dem Delta untergrbracht. Nachdem in den ersten Tagen eine Reihe von Mitarbeitern ausländischer Partner dort zu Besuch war, um sich ein Bild über die Situation im Delta zu machen, kam die Polizei und hat sich nach dem „verdächtigen“ Treiben erkundigt. Das hängt also nicht damit zusammen, dass die Menschen negative Erfahrungen mit Westlern gemacht hätten. Denn wer nach Birma reist, ist angesichts der Freundlichkeit der Menschen, schnell für das Land positiv eingenommen.
Melde mich wieder zurück, diesmal aus La Paz
zu Herrn Lang bzgl. ökonomische Zwänge vs. Umweltschutz. Die Verhaltensweise der Bevölkerung in Burma oder anderer Ländern des Südens und der Unsrigen (Länder des Nordens), ist grundsätzlich nicht sehr unterschiedlich. Schauen Sie doch nur dazu die augenblickliche Diskussion bzgl. Benzinpreise oder CO2 Reduzierung an. Auch ist der Zugang zu elektrischen Strom sicherlich kein Beitrag zu mehr umweltverträglichen Handeln. Ich habe hier in Bolivien über 10 Jahre ohne elektrischen Strom gelebt und mitbekommen, welche grundlegenden Veränderungen durch Strom verursacht wurden. Der Konsumanspruch geht sofort enorm in die Höhe (Kühlschrank, Elektrogeräte, etc.) und die größte soziale Veränderung wird durch das Fernsehen eingeleitet. Um diese Bedürfnisse zu befriedigen muss mehr für den Markt produziert werden, d.h. mehr Wald wird gerodet um in landwirtschaftliche Fläche umzuwandeln. Auch verändert sich das Konsumverhalten und damit Verbunden die Zunahme an Müll. Dies bedeutet natürlich nicht, dass es nicht auch wunderbar ist über elektrische Energie zu verfügen aber wie die negativen Folgen zu managen sind ist in vielen Regionen eine offene Frage. Und dann muss man auch nachfragen wo der Strom herkommt. Wasserkraft ist dabei übrigens eine der ökologisch problematischsten Formen der Stromgewinnung. Und damit komme ich wieder zu einem der grundsätzlichen Fragen unseres Handelns. Wir meinen ein Problem durch z.B. Technik oder Gesundheitsvorsorge zu lösen und verursachen damit in der Folge weitere, häufig noch schwerwiegendere Probleme. Dann verwechseln wir Ursache und Wirkung und damit geht dieser Zyklus immer weiter. Das ist übrigens ein Thema das schon in der griechischen Tragödie behandelt wird und auch in der Genesis (Vertreibung aus dem Paradies) beschrieben ist. Der Mensch meint aufgrund seiner Ratio sich aus dem Zusammenspiel- und Abhängigkeit von der Natur ausklinken zu können.
Zu Frau Soondrum bezgl. der Frage was ich unter verändertem Denken verstehe. Unsere überwiegend rational-analytische Denkweise (basierend auf Newton, Descartes etc.) ist nicht sehr hilfreich die anstehenden Probleme zu lösen, da sie ja durch dieses Denken verursacht worden sind. Dies habe ich in meiner landwirtschaftlichen Praxis direkt erfahren. Natur funktioniert nicht nach dem Darwinistischen Prinzip von Konkurrenz, sondern basiert vielmehr auf Kooperation. Nach diesem Prinzip lassen sich dann auch hochproduktive landwirtschaftliche Produktionssysteme aufbauen, die sogar nicht nur Bodenfruchtbarkeit erhalten sondern aufbauen können. Wir müssen beginnen mehr systemisch zu denken und zu handeln. Auch ein Wald ist mehr als die Summe von Bäumen und Landwirtschaft lässt sich ohne den Bezug zum System Wald nicht nachhaltig betreiben. Sofern wir das nicht erkennen, werden wir auch weiterhin Katastrophen verursachen. Wenn, wie von Herrn Lang beschrieben, dies dazu führt auch den Zusammenhang von Mangrovenzerstörung und Auswirkungen der Überschwemmungen zu erkennen, dann ist das doch auch hoffnungsvoll. Nur der Preis der für diese Erkenntnis bezahlt werden musste ist leider immer sehr hoch.
Ich halte den Zeitpunkt jetzt für gekommen, die Veröffentlichung von Auszügen aus diesem Blogtalk in der Print-FR für den kommenden Donnerstag anzukündigen. Leider wie gesagt nur in Auszügen, und ich hoffe, dass ich das so hinkriege, dass die zahlreichen interessanten Aspekte des Themas angemessen angesprochen werden. Der ganze Blogtalk kann dann ja jederzeit hier nachgelesen werden.
Ich bedanke mich herzlich bei allen Beteiligten. Natürlich kann die Diskussion, das Gespräch noch weitergehen, auch wenn ich nun keine weiteren Fragen habe. Aber vielleicht gibt es ja noch Fragen aus der Blog-Community!
Ich melde mich jetzt doch noch einmal. Zum Beitrag von Joachim Milz. Er hat durchaus recht, wenn er sagt, dass wir uns ja in punkto CO2-Ausstoß auch nicht anders verhalten. Wenn man zum BEispiel wirklich ernst machen würde mit dem Grundsatz, dass jeder Erdenbürger gleichviel CO2 ausstoßen dürfte, müssten wir unsere Leben grundlegend ändern. Wir müssen schon bei den Essgewohnheiten anfangen. Unser Fleischverzehr ist viel zu hoch. Dieser hat einen unheimlich hohen VErbrauch von Ressourcen zur Folge.
Natürlich hat er auch recht, wenn er sagt, dass Strom die Ansprüche in die Höhe schraubt. Konsum entsteht. Aber wenn die Menschen ausschließlich auf Holz angewiesen sind, muss über Alternativen dazu nachgedacht werden.
Hallo Herr Lang, die Veröffentlichung kommt nun am Samstag!
Auch ich denke, dass wir uns viel zu wenig bewusst machen, wie sehr unser Leben hier im weitgehend saturierten Westen mit dem in Ländern wie Birma zusammenhängt. Sie, Herr Lang, haben wir Joachim Milz da natürlich eine andere Perspektive drauf. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie manchmal recht desillusioniert sein müssen. Wie zuversichtlich sind Sie hinsichtlich unserer Fähigkeit, all diese drängenden Probleme noch rechzeitig in den Griff zu bekommen?