Generalbundesanwalt Range sollte seinen Hut nehmen und Minigolf spielen

Eine Anzeige gegen deutsche Journalisten wegen Landesverrats? Das hatten wir seit einem Weilchen nicht mehr. Solche Geschichten sind meist nicht gut für die Träger politischer Verantwortung ausgegangen. Über die Spiegel-Affäre etwa stürzte der damalige Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Strauss. Damals hatte das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ enthüllt, dass die Bundeswehr im Ernstfall unfähig zur Landesverteidigung gewesen wäre. Landesverrat? Guter Enthüllungsjournalismus. So was braucht dieses Land. Etwas Ähnliches taten Andre Meister und Markus Beckedahl von Netzpolitik.org, einem bekannten und viel frequentierten Blog, das sich für digitale Selbstbestimmung von Usern einsetzt. Netzpolitik.org hat enthüllt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), also einer der deutschen Inlandsgeheimdienste, ein „System zur Gewinnung, Verarbeitung und Auswertung von großen Datenmengen aus dem Internet“ entwickeln und einsetzen will, zum Beispiel um Kontaktlisten und persönliche Netzwerke auf Facebook mit Daten aus anderen Quellen wie etwa der Polizei zu verknüpfen. Anders formuliert: Das BfV hat einen Plan und will das deutsche Volk abhorchen.

Satire-Modus an — Ehrlich gesagt: Ich bin ein wenig enttäuscht. Ich hätte gedacht, dass es so was längst gibt. Jetzt wollen diese Schnarchnasen anfangen, so was zu entwickeln? Schon? Der US-Geheimdienst National Security Agency (NSA) macht das seit mindestens zehn Jahren. Lässt sich die NSA seit den jüngsten Skandalen nicht mehr in die Karten gucken? Dabei sind auch die Deutschen eigentlich auf dem richtigen Weg. Dass Daten abgegriffen werden, gehört längst zum Lebensgefühl. Wir leben schließlich in einem freien Land, und da darf jeder abhören und Daten speichern, so viel er will. Man hat sich dran gewöhnt. Und jetzt müssen wir erfahren, dass die deutschen Geheimdienste das noch gar nicht richtig können? In was für einem Land lebe ich eigentlich? — Satire-Modus aus.

Wir haben es hier mit einem waschechten Skandal zu tun — und der besteht in dem Angriff auf die Pressefreiheit, den die Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft in Wahrheit bedeuten. Deswegen kann man auch jetzt schon prognostizieren, dass die Ermittlungen eingestellt werden. Undurchsichtig bleibt, wer da im Hintergrund die Fäden gezogen hat, denn Generalbundesanwalt Harald Range (FDP) hätte ein Verfahren dieser Bedeutung sicher nicht ohne Absprache oder vielleicht auch Weisung mit und durch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) aufgenommen. Und dann wäre da noch der Präsident des Verfassungsschutzes, der mit oben geschildertem Entwicklungsvorhaben schon Anlauf genommen hat, die Verfassung zu brechen: Auf ihn, Hans-Georg Maaßen, geht die Anzeige zurück. Als in der Behörde massenhaft Akten mit Inhalten zur NSU-Affäre geschreddert wurden, hat sie sich bedeutend weniger anzeigefreudig gezeigt …

Ähnliches lässt sich auch über den Generalbundesanwalt sagen. Er hätte Gelegenheit genug gehabt, beispielsweise in der NSA-Affäre Strafverfahren wegen Landesverrats en masse einzuleiten, etwa gegen die Bundeskanzlerin, den Bundesnachrichtendienst und, ja, auch gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz — denn sie alle müssen vom Vorgehen der NSA gewusst haben. Es gab sogar eine Anzeige, die formal genügt hätte, ein Verfahren einzuleiten: Bert Knoop von der Piratenpartei erstattete sie. Sie alle duldeten, dass die NSA über einen unbestimmbaren Zeitraum hinweg unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Terror mehr oder weniger unverhohlen Wirtschaftsspionage betrieb und politische Geheimnisse abgreifen konnte. Dies zu dulden — ist das nicht Landesverrat? Der Generalbundesanwalt unternahm jedoch nichts.

Nach dem Motto „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“ ist er im Fall von Netzpolitik.org nun also aktiv geworden, unser Herr Generalbundesanwalt. Doch noch einmal die Frage: Landesverrat? Der erste Abschnitt des den Landesverrat betreffenden Paragrafen 94 des Strafgesetzbuches lautet:

„Wer ein Staatsgeheimnis 1.) einer fremden Macht oder einem ihrer Mittelsmänner mitteilt oder 2.) sonst an einen Unbefugten gelangen lässt oder öffentlich bekanntmacht, um die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen und dadurch die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.“

Weder ist ein Staatsgeheimnis einer fremden Macht erzählt worden noch hat die Sache Nachteile für die äußere Sicherheit Deutschlands. Journalisten haben getan, wozu sie da sind, und haben die Öffentlichkeit darüber informiert, was hinter ihrem Rücken zu ihrem möglichen Schaden getrieben wird. Dafür gebührt ihnen eigentlich — ein Leser schreibt es in seinem Leserbreif — das Bundesverdienstkreuz.

Marko Ferst aus Gosen:

„Um aus den veröffentlichten Dokumenten des Verfassungsschutzes durch Netzpolitik.org Landesverrat zu destillieren, muss man schon die Pressefreiheit mit Füßen treten und ein sehr autokratisch-antiquiertes Staatsverständnis pflegen. Wir haben in der DDR die Stasi nicht in die Wüste geschickt, um sie nun in digitaler und verbesserter Form neu aufleben zu lassen. Geheimdienste müssen in jedem Fall wirksam demokratisch kontrolliert werden, sonst haben wir irgendwann Zustände wie jetzt in Russland.
Ich teile die Einschätzung von Wolfgang Kubicki, dass das Vorgehen des Generalbundesanwalts einen Angriff auf den Rechtsstaat darstellt. Von bornierter Unfähigkeit muss man sprechen, als Range das Verfahren zum Ausspähen durch die NSA einstellte. Die Rechte der Bürger und deutschen Politiker, nicht von ausländischen Geheimdiensten komplett überwacht zu werden, scheinen Harald Range nicht befassenswert. Er stellt sich dumm, obwohl es genügend Beweismittel gibt. Die NSA-Spitzelaffäre und die aktuelle Attacke auf Presseleute, die sich mit geheimdienstlicher Schnüffelpraxis befassen, zeigt: Runge ist den Anforderungen seines Amtes nicht gewachsen und sollte von seinen Aufgaben entbunden werden und zurücktreten. Seine antidemokratische Einstellung ist nicht tolerierbar für eine zivilgesellschaftlich gegründete Demokratie.“

Hans-Peter Werner aus Idstein:

„Was kann man auch von Herrschaften wie Maaßen (und seinem damaligen Chef Steinmeier) anders erwarten, die deutsche Staatsbürger (z.B. Murat Kurnaz) lieber in amerikanischen Foltergefängnissen (Guantánamo) verrotten lassen, als sie nach Deutschland zurückzuholen. Das Verhalten von Herrn Range spricht für sich selbst (und gegen ihn).“

Ulrich Krüger-Limberger aus Niedernhausen:

„Die Verrenkungen der Rest-FDP sind schon verblüffend: Da hat sie in der ihrer damaligen (hoffentlich für immer verlorenen!) Durchsetzungskraft als Regierungspartei das FDP-Mitglied Harald Range als Generalbundesanwalt durchgesetzt und nun ist deren Vorsitzender Christian Lindner „gar nicht amüsiert“ über das Ermittlungsverfahren gegen Markus Beckedahl und André Meister wegen der Veröffentlichung verfassungsfeindlicher Überwachungspläne Hans-Georg Maaßens und seines Bundesamts für die Beerdigung unserer Verfassung.
Ich empfehle dringlich die sofortige Entlassung von Maaßen und Range und deren Ersatz durch ausgewiesene Demokraten und schlage hiermit Markus Beckedahl und André Meister für das Bundesverdienstkreuz vor. Beckedahl und Meister haben sich um die deutsche Demokratie verdient gemacht!“

Manfred Zottmann aus Frankfurt:

„Es ist ja nicht zu glauben, was der Generalbundesanwalt Harald Range wohl u.a. auf Druck von Hans-Georg Maaßen für einen Krampf auslöst. Der blamiert nicht nur das Rechtssystem Deutschlands insgesamt, sondern zeigt, dass er für dieses Amt völlig unfähig und überfordert ist. Der gute Harald sollte endlich seinen Hut nehmen und Minigolf spielen, das wird er ja noch hinbekommen.
Vielleicht kommt mit dem richtigen und selbstbewussten Nachfolger auch mal Schwung in die NSA-Affäre, mit einem Nachfolger, der nicht nur als Günstling vor Mutti Merkel stramm steht und kuscht, sondern eigenständig handelt und unseren ach so lieben Freunden in USA und dem Spitzelpack im BND Dampf macht. Eine Pfeife wie Range braucht kein Mensch mehr.“

Joachim Hofschneider aus Wolfsburg:

Ich bin der Meinung: Dass gegen Netzpolitik.org wegen Landesverrat ermittelt wird, ist doch lächerlich. Nur weil sie die Wahrheit berichten? Wenn überhaupt jemand angeklagt werden sollte, dann die Bundesregierung wegen vorsätzlicher Falschaussagen gegenüber dem Volk und gegen Meinungsfreiheitseinschränkung und vieles mehr. Die gehören auf die Anklagebank und nicht Netzpolitik.org.“

Dieter Murmann aus Dietzenbach:

„Wenn Journalisten Verfehlungen und Mauscheleien der Regierenden und den ihnen zuarbeitenden Beamten aufdecken, ist das für die Betroffenen meist nicht angenehm, aber wird ausgesessen. Wenn dann der, dem Justizminister unterstellte, Generalbundesanwalt gegen solche Journalisten wegen Landes- und Geheimnisverrat vorgeht, hat das nicht nur ein „Geschmäckle“. Es zeigt, dass die Regierenden, in einem angeblich demokratischen Staat ihre Macht genauso missbrauchen, wie in den üblicherweise als Bananenrepubliken beschimpften diktatorischen Staaten, die im übrigen, wenn es der Wirtschaft nützt, von unseren Politikern gerne hofiert werden. Der gleiche Generalbundesanwalt, der gegen kritische und investigative Journalisten ermittelt, kneift, im Auftrage der Regierung, wenn es darum geht, gegen die massenhafte Ausspähung der deutschen Bürger, Firmen und Politiker durch die amerikanische NSA vorzugehen. Dies ist eine verkehrte Welt und ich hoffe inständig, dass die gesamte Medienlandschaft und die Bürger gegen diesen Machtmissbrauch Stellung beziehen. Wehret den Anfängen (gilt auch für den Fall Snowden), denn wenn alle Schweinereien der Regierenden zum Staatsgeheimnis erklärt werden, können wir auf eine „freie“ Presse gleich ganz verzichten. Die Information erfolgt dann nur noch über die öffentlichen Verlautbarungen der Regierung und dass wir hier belogen und mit Halbwahrheiten abgespeist werden ist ein offenes Geheimnis (kein Landesverrat)!“

Thomas Nestinger aus Bad Honnef:

„Nicht nur Herr Range sollte sein Amt räumen. Die unsäglichen Ermittlungen von Herrn Range gehen auf eine Anzeige des Präsidenten des Bundesamtes für den Verfassungsschutz, Hand-Georg Maaßen, zurück. Es scheint mir dringend nötig, unsere Verfassung vor Herrn Maaßen zu schützen!“

 

Erich Below aus Frankfurt:

„Bei diesem „Staatsdiener“ ist der Ruecktritt nicht angebracht sondern überfaellig. Dadurch, dass Range nicht nur seine Aufgaben nicht erfüllt (siehe gebotene Verfolgung der Spionageaffaire der Amerikaner), ist er inzwischen eine Gefahr fuer die Demokratie auf Basis des Grundgesetzes geworden. Ich bin aus Goettingen und kenne das politische Klima dort. Ich weiß nicht, wo dieser Mann dort eine Karriere mit seinem Gedankengut starten konnte. Und unsere Politiker? Wie immer warme Luft von Merkel über speziell Gabriel und Genossen. Armes Deutschland.“

Verwandte Themen

9 Kommentare zu “Generalbundesanwalt Range sollte seinen Hut nehmen und Minigolf spielen

  1. Sehr niedlich.

    §94 „..sonst an einen Unbefugten gelangen lässt …“

    Das hat ja wohl die gesamte Bundesregierung, inklusive des gesamten Bundestages und all dessen Organe getan, bliebe zu Klären, mit welcher Absicht und welcher Relevanz.

    Noch niedlicher ist, anzunehmen, Journalisten könnten etwas wissen, was die Geheimdienste in aller Welt nicht auch längst wüßten.

    Immerhin: die Spatzen zu erschießen, wegen dem, was sie von den Dächern pfeifen, ist eine grandiose Maßnahme.

  2. @ BvG,

    was aber wiedermal dafür spricht das einigen Leuten der Allerwerteste auf Grundeis geht…

  3. Das muß mir mal jemand erklären:

    Es gibt also in einem demokratischen Rechtsstaat Sachverhalte, die man einem anderen Staat nicht mitteilen sollte, weil deren Mitteilung zu einer erheblichen Gefährdung des Staates führen.
    kann. Dabei sind Sachverhalte, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstoßen, per Definition keine Staatsgeheimnisse.
    http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__93.html

    Alles, was geheim bleiben darf, muß also im Rahmen der Grundordnung stehen. Da würde es doch genügen, die feindlichen Mächte führten sich das Grundgesetz zu Gemüte, mit sehr wenig Phantasie käme man auf das Mögliche und hätte nebenbei auch noch den unschlagbaren Bildungseffekt, eine demokratische Grundordnung gelesen zu haben…

    Aber es ist gut zu wissen und sollte nochmals herausgehoben werden:
    Was der freiheitlichen demokratischen Grundordnung widerspricht, ist kein Staatsgeheimnis!

    Wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts zu befürchten :-))

  4. Was den Skandal um Range und Maaßen, aber auch die Bundesregierung (Merkel, Maas und de Maiziere, vermutlich auch Gabriel) betrifft, so wird gerade mal wieder ein regelrechter Sumpf an Korruption offenbar. Gegen das Ausspähen von NSA, BND, Vorratsdatenspeicherung etc. sieht man keinen Anhaltspunkt zur Ermittlung, aber kritische Journalisten, die Skandale aufdecken, werden verfolgt. So war es in der Spiegel-Affäre, in der Flick-Affäre und auch bei den hessischen Steuerfahndern.

    Wie sagte die Schriftstellerin Christa Wolf: „Es ist immer wieder das alte Lied, dass wir lieber den bestrafen, der die Tat benennt, und nicht den, der sie begeht.“

    Dann besitzt Range noch die Dreistigkeit, sich auf ein Gutachten zu berufen, dessen Erstellung von seinem Dienstvorgesetzten gestoppt wurde und diesen wegen Eingriffs in die Unabhängigkeit der Justiz zu kritisieren, obwohl der Jurist Range wissen müsste, dass diese Unabhängigkeit nur für Richter und nicht für Staatsanwälte gilt.

    Und für die CDU ist der längst überfällige Schritt von Maas dann noch eine Überreaktion, nicht aber das Handeln von Range.

    Wir leben doch in einer verkehrten Welt.

  5. Man muß Angst haben um eine Justiz, die zum willfährigen Büttel der Politik degradiert wird.

    Man muß Angst haben um eine Justiz, die sich des Vorrechts der Presse bedient, das Ergebnis einer Untersuchung schon im Voraus zu kennen.

    Wir alle wären besser daran, wenn die Staatsanwaltschaft qua gesetzlichen Auftrags ermittelt und ihrer Ermittlungspflicht im Falle eines Anfangsverdachts frei von Opportunitäten nachgeht, weder Opportunitäten der Politik noch der Presse gegenüber.

    Die Pressefreiheit ist mitnichten bedroht, wenn Herr Range einen Anfangsverdacht bejaht. Das Ergebnis hätte der kritischen Bewertung durch die Öffentlichkeit niemals entgehen können und damit auch nicht die Maßstäbe, die für den Anfangsverdacht Pate gestanden haben.

    Der große Aufschrei der Presse ist rechtsstaatlich bedenklich und durchaus hysterisch zu nennen. Es wäre geradezu die ideale Gelegenheit gewesen, über die Maßstäbe zu reden, die bei der Definition der Grenzen der Pressefreiheit Anwendung finden. Gerade die beiden betroffenen Blogger hätten dies in bestem eigenen Interesse als Chance dazu sehen müssen. Die Chance wurde vertan. Souveränität sieht eben anders aus.

  6. War Generalbundesanwalt Harald Range schon der öffentlichen Kritik ausgesetzt, weil er keine Anstalten machte, in der sogenannten NSA-Affäre tätig zu werden, so war nun die Empörung erst recht groß ob seines vermeintlichen Angriffs auf die Presse- oder gar Meinungsfreiheit.

    Was war geschehen? Der Generalbundesanwalt hat in beiden Fällen seiner Pflicht gemäß gehandelt.

    Als weisungsgebundener politischer Beamter durfte er ohne Zustimmung des übergeordneten Justizministeriums nicht gegen die NSA und andere verdächtigte Dienste ermitteln. Unsere Bundeskanzlerin hatte es deutlich gemacht, daß Ausspähen unter Freunden nicht gehe und das Vertrauen wieder hergestellt werden müsse. Wie sollten die Amerikaner Vertrauen fassen, wenn gegen sie strafrechtlich ermittelt wird?

    Der jüngste bekanntgewordene Fall, in dem Generalbundesanwalt Range ermittelt hat, wurde ausgelöst durch eine Strafanzeige des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, wegen des Verdachts auf Geheimnis- oder Landesverrats. Die Strafanzeige richtete sich gegen Unbekannt und gegen zwei Blogger, die aus einer undichten Stelle im BfV stammende Unterlagen zur Vorratsdatenspeicherung auf ihrem Blog veröffentlicht hatten. Der Strafanzeige war ein Gutachten zur Bewertung des Vorgangs beigefügt.

    Die Pflicht von Generalbundesanwalt Range bestand darin, die Strafanzeige entgegenzunehmen, selbst zu bewerten und dann gegebenenfalls Strafantrag bei einem zuständigen Gericht zu stellen. Um sich unabhängig sachverständig zu machen, gab Range selbst ein Gutachten in Auftrag. Die bekannten Beschuldigten, die pflichtgemäß unterrichtet wurden, gingen an die Öffentlichkeit, wo der Fall so aufgenommen wurde, als wolle Range mit allem, was in seiner Macht stehe, die Pressefreiheit unterdrücken. Hätte der Generalbundesanwalt die Strafanzeige des BfV-Präsidenden Maaßen samt beigefügtem Gutachten in den Papierkorb schmeißen sollen?

    Aufgeschreckt von der sich abzeichnenden öffentlichen Empörung erinnerte sich unser Bundesminister der Justiz Heiko Maas an einen länger zurückliegenden ähnlichen Fall von „Abgrund an Landesverrat (Adenauer)“, der für den damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Strauß unglimpflich ausging.
    Heiko Maas hatte immerhin das zweite juristische Staatsexamen abgelegt und verfügte somit als Dienstherr über die nötige Kompetenz, dem juristisch erfahreneren, aber ihm untergebenen Generalbundesanwalt weitere Schritte in der Sache zu untersagen. Man sagt: „Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand.“ Unser Bundesjustizminister hat sein Amt nicht von Gott.

    Generalbundesanwalt a.D. Harald Range hat meinen Respekt. Er hat sich öffentlich gewehrt. Gut, wenn seine Pensionierung nicht ohnehin bald angestanden hätte, dann hätte er vielleicht die Kröte geschluckt. Daß er in seinem Fall die Unabhängigkeit der Justiz unberechtigt ins Feld führte, wird ihm mittlerweile aufgegangen sein.

    Die Öffentlichkeit darf beruhigt sein: Harald Range, vom Buhmann zum Bauernopfer! Einen Bauern opfert man, wenn man Gefahr von einer höherrangigen Schachfigur abwenden möchte. Wer ist hier die Spielerin?

  7. Bei näherem Hinsehen scheint es bei dem Vorwurf „Landesverrat“ doch nur darum zu gehen, daß die Summe, die auf diese Internetausforschung verwendet wird, als Geheimnis eingestuft war.

    Demzufolge ist wohl ein Geheimnisverrat gegeben, aber doch nur durch den Informanten aus den Haushaltsgremien, die Journalisten sind, wie schon anderswo gesagt, an solche Geheimhaltungspflichten nicht gebunden. Einen „Landesverrat“ daraus abzuleiten ist absurd.

    Schade jedoch, daß keiner auf meinen Beitrag #3 eingeht, denn letztlich wäre doch im Zuge der Anzeige zu klären gewesen, ob das Vorgehen der „Internetausforschung“ grundrechtswidrig ist und in der Folge auch dessen Finanzierung unrechtmäßig gewesen sein müsste und daher nicht als Geheimnis hätte definiert werden können.

    So wird dann auch noch verständlicher, weshalb diese Anzeige so schnell und gründlich niedergeschlagen wurde: Es hätte vom BVerfG geklärt werden müssen, ob das Vorhaben des BfV grundgesetzwidrig ist. Durch seine Anzeige hat Maaßen riskiert, daß sämtliche Datenauswertungen solcher Art als grundgesetzwidrig eingestuft werden.

    Danke, Herr Range! Dieses Verfahren hätte zu erstaunlichen Ergebnissen geführt.

    Einen „Einbrecher“, der die Nachbarn anzeigt, weil er sich bei der Arbeit beobachtet fühlt, hat man wohl noch nie gehabt.

  8. Lesen lohnt, da bin nun doch platt, woran gedacht wurde:

    „§ 97a, §97b Verrat illegaler Geheimnisse“
    http://dejure.org/gesetze/StGB/97a.html
    http://dejure.org/gesetze/StGB/97b.html

    Sogar illegale Geheimnisse sind geschützt. Erstaunlich.

    Dabei wird nach
    „§ 97(3) Preisgabe von Staatsgeheimnissen“
    die Tat nur nach Ermächtigung durch die Bundesregierung verfolgt, die Preisgabe illegaler Geheimnisse ggf aber ohne diese.

    „Spitz auf Knopf“ hieße das: Wenn nach §97 ermittelt würde, müßte eine Ermächtigung der Bundesregierung vorliegen, wenn nach § 97a, §97b ermittelt würde, müsste zuvor festgestellt werden, daß das Geheimnis ein illegales war.

    Für mich folgt daraus:
    Wenn die Journalisten und der Informant ohne Ermächtigung der Bundesregierung angeklagt würden, wird zugleich festgestellt, daß das Geheimnis ein illegales war. Wenn man also den Informant und die Journalisten anklagen wollte, gäbe man zugleich zu, daß man verfassungswidrig gehandelt hat.

    Das wird noch spannend.

  9. Vielleicht habe ich gestern nicht deutlich genug formuliert. Was ich sagen wollte, ist dies.

    Die Justiz darf weder ein Büttel der Politik noch der Presse sein. Ein Staatsanwalt hat zu ermitteln und darf die Wahrnehmung seiner Pflichten nicht von Opportunitäten abhängig machen, weder der Politik noch der Presse gegenüber. Beide, Presse wie Politik, haben sich der Einschüchterung bzw. Behinderung der Justiz schuldig gemacht. Dabei bestand keinerlei Gefahr für die Pressefreiheit, denn das Ergebnis der Ermittlungen hätte der Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden können. So aber wurde die Chance vertan, über die Grenzen der Pressefreiheit eine allgemeine Debatte zu eröffnen. Denn auch die Pressefreiheit und Internetfreiheit sind nicht grenzenlos.

    Wer eigentlich soll gegen einen Justizminister wegen etwaiger Strafvereitelung im Amte ermitteln, wenn nicht eben jene so ungeheuer weisungsabhängige Institution des Generalstaatsanwalts ?

    Leider ist auch die Presse in die Falle ihrer eigenen Selbstüberschätzung und Maßlosigkeit geraten. Das war kein Ruhmesblatt !

Kommentarfunktion geschlossen