Die schwarze Biene Maja und ihr Zitronenfalter Guido

Deutschland steht vor einer geistig-moralischen Wende. Ob zum Besseren, das bleibe vorerst dahingestellt. Auf jeden Fall dürfte es viel Streit geben, denn der frisch ausgehandelte Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP lässt viele Fragen offen oder gibt nur vage Antworten. Er ist in vielen Punkten so auffallend uneindeutig, dass man sich die Augen reibt: Angeblich hatte Schwarz-Gelb doch so viele Gemeinsamkeiten? Ach so, das war vor der Wahl. Vor der Wahl war auch: keine Schatten- und Nebenhaushalte. Sagte Solms, der jetzt bei der Vergabe der Ministerposten leer ausging. Und doch tauchte ein solcher Schattenhaushalt während der Koalitionsverhandlungen auf, sollte gar 50 Milliarden umfassen, und Solms stellte sich hin und druckste sich einen zurecht. Dieser Schattenhaushalt wurde zwar wieder beerdigt, nachdem das Echo aus allen Ecken des Landes verheerend war. Aber zur Deckelung der Sozialausgaben wird Schwarz-Gelb ihn wohl doch noch einsetzen.

Geistig-moralische Wende: Schwarz-Gelb tut was für die Hartz-IV-Empfänger, setzt das Schonvermögen herauf und verbessert die Zuverdienstmöglichkeiten. Man fragt sich, warum das nicht schon unter den Sozis ging, zumal es sich dabei ohnehin um eher kosmetische Reparaturen handelt. Peanuts im Vergleich zu den großen Steuerentlastungen, die die Koalitionäre für 2011 ankündigen (und die vom angehenden Finanzminister Wolfgang Schäuble, der in der neuen Regierung ein Vetorecht haben wird, sogleich unter Finanzierungsvorbehalt gestellt wurden). Entlastungen, für die Schulden gemacht werden müssen. In der vagen Hoffnung, dass dieses Mehr an Netto auf dem Umweg über den Konsum in die Steuerkassen zurückkehrt. So kurzsichtig können Ideologen denken, das muss man sich mal vorstellen.

Und noch mal geistig-moralische Wende: Schwarz-Gelb legt die Axt ans Gesundheitssystem an. Stichwort Kopfpauschale. Eingezahlt wird nicht mehr nach Leistungsvermögen. Der Arbeitgeberanteil wird eingefroren, künftige Steigerungen sollen von den Patienten allein getragen werden. Soll heißen: Private Zusatzversicherungen werden obligatorisch, wenn man an der Gesundheit nicht arm werden will. Geringverdiener sollen hier aus Steuermitteln unterstützt werden. War da nicht auch mal die Rede vom überfälligen Bürokratieabbau? Okay, der Gesundheitsfonds soll abgewickelt werden. So jedenfalls liest die FDP den Koalitionsvertrag. Die Schwarzen legen ihn anders aus. Doch was nützt dieser Bürokratieabbau, wenn an anderer Stelle ein neues bürokratisches Monster entsteht?

Wolfgang Schäuble, angehender Finanzminister, ist bekennender Keynesianer. Immerhin das stimmt ein wenig zuversichtlich, zumal der Mann ein harter Hund ist. Ansonsten ist in dieser neuen Regierung aber vorwiegend Milton Friedman am Werk. Und da frage ich mich – da ich hier ohnehin schon dabei bin, meine eigenen Einschätzungen wiederzugeben -, warum von den friedmanschen Forderungen stehts nur die umgesetzt werden sollen, die mit dem Rückzug des Staates zu tun haben, nicht aber die anderen, die der Befreiung des Individuums dienen sollten: Hatte Friedman nicht anno dazumal ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle gefordert? Man fühlt sich an Hartz IV erinnert: Auch da wurde nur das Fordern umgesetzt, das Fördern blieb weitgehend auf der Strecke.

Ich könnte noch endlos weitermachen, aber jetzt sind erstmal die Leserinnen und Leser an der Reihe. Marion Manneck aus Essen meint:

„Steuersenkungen wurden versprochen, obwohl die Akteure in allen Parteien wissen, dass die Kassenlage das nicht hergibt. Das ist unseriös. Ein Vorschlag zur Gegenfinanzierung: Verhinderung und Verfolgung von Steuerhinterziehung, das Steuerrecht so zusammenstreichen, dass es keine Schlupflöcher mehr gibt und die Möglichkeit, sich arm zu rechnen, gesperrt ist. Wird doch wohl einige Milliarden bringen. Auch sollte das Steuerschlupfloch, Gewinne im Ausland zu versteuern, die Verluste dem deutschen Fiskus vor die Füße zu werfen, zubetoniert werden.“

Karl-Heinz Pfeffel aus Frankfurt:

„Steuersenkung auf Pump, damit die Partei der Besserverdiener ihre Wahlversprechen nicht brechen muss? Dieselben Leute, die unsere Lebensarbeitszeit erhöhen, weil die Schulden zu hoch sind, und die es verantworten, dass von den Gewinnen immer weniger in die Sozialkassen fließt? Die, die meinen, die Rentner hätten zulasten der Juppie-Generation zu viel Geld? Kaufen wir uns Macht, indem wir das Geld der Steuerzahler verbrennen?  Und wem kommen diese Steuergeschenke zu gute? Wer merkt hier eigentlich noch was?“

Lucas Höwner aus Berlin:

„Herzlichen Glückwunsch, liebe künftige Bundesregierung! Danke, liebe FDP!  Mit diesem Plan zur Wehrpflicht gäbe es immer größere Wartezeiten, die junge, gesunde, qualifizierte Männer zwischen Abitur und Studium, dank bachelorbedingtem Studienbeginn zum Wintersemester, mit Däumchendrehen oder unbezahlten Praktika überbrücken müssen, wenn sie zu den Unglücklichen gehören, die noch zu einem Dienst fürs Vaterland gezwungen werden. So fördert man Karrieren. Wir brauchen Akademiker, keine Amateursoldaten, deshalb: Weg mit der Wehrpflicht!“

Sigurd Schmidt aus Bad Homburg:

„Es gehört wenig Prognosekompetenz dazu, die Gesundheitspolitik als zukünftig eindeutig zentrales Problemfeld deutscher Innenpolitik zu begreifen. Dies ergibt sich schon allein aus der demografischen Entwicklung, in  der  die   älteren Alters-„Kohorten“  eine immer größere Bedeutung gewinnen. In den USA ist das Thema sowieso schon auf der vordersten Rangliste der politischen  Tractanda.  Der prinzipiellen Frage, ob Gesundheit eigentlich in erster Linie ein öffentliches Gut sei, geht die Politik aber weiterhin aus dem Wege.   Was sich jetzt als Resultat der Koalitionsverhandlungen von Schwarz-Gelb abzeichnet,  ist, dass mit der impliziten Einführung einer „Kopfpauschale“ in Verbindung mit einem variablen Steuerzuschuss der Tatbestand anerkannt wird, dass Gesundheit sowohl ein öffentliches wie eben  auch  ein privates Gut ist. Der Begriff „Kopfpauschale“ – von wem auch immer erfunden – ist natürlich in höchstem Maße polemisch gefärbt, denn er legt nahe, dass die Verantwortung für Gesundheit und Krankheit zuvörderst  beim einzelnen Individuum liegt.
  Somit wird es künftig im Kernpunkt  um die Lastenverteilung zwischen „Eigenbehalt“ des Patienten und staatlicher bzw. KV-solidarischer Unterstützung gehen. Wenn inzwischen gar  vom „Leistungsangebot“ der Krankenkassen gesprochen wird, wird damit doch wohl  ausgedrückt, dass  das Gesundheitswesen künftig strenger nach rein  marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu ordnen sei! Wem gefällt dies eigentlich in der breiten Bevölkerung?  Dies läuft doch in der Konsequenz  auf eine garantierte   (Nur-)Grundversorgung für die Gesundheit hinaus, wobei der entsprechende   „Leistungs“-Katalog vorläufig noch der eindeutigen Festlegung harrt.   Solange allerdings das GG dem Sozialstaatsprinzip – wenn auch in dessen vage ausformulierter Form -– verhaftet bleibt, wird die Politik nicht umhin kommen, im Einzelfall der Erkrankung mit  vielen Ermessensklauseln  eine  „großzügigere“ Kostenerstattung zu zulassen. Damit das Recht auf Leben gewährleistet bleibt!“

Bernd Bürger aus Wuppertal:

„Hoffentlich agiert Philipp Rösler gegen die weitere Ausplünderung des Gesundheitswesens durch Privatkonzerne. Wir haben teilweise schon amerikanische Verhältnisse. Die Zweiklassenmedizin und der Verkauf von Krankenhäusern an die Privatindustrie (Helios, Fresenius, Rhön) wurde durch Ulla Schmidt vorangetrieben, ebenso die Einrichtung von medizinische Versorgungszentren durch Privatinstitutionen. Die Leistungen für Patienten wurden abgebaut (Ultraschall, gesprächsintensive Medizin, Pflanzenmedizin). Schlimmer kann es eigentlich nicht werden!“

Volkmar Grombein aus Heusweiler:

„Nach allem, was Rösler im Wahlkampf und davor zum Thema Gesundheit verbreitet hat, muss man davon ausgehen, dass die so genannten Leistungserbringer im Gesundheitssystem keine schlaflosen Nächte wegen zu geringer Einkommen in der neuen Legislaturperiode zu befürchten haben. Gemeint sind in erster Linie Ärzte, Apotheker und die Pharmaindustrie! Für die Kassenmitglieder gilt dies indes nicht. Zu offensichtlich ist die Tatsache, dass man das System der Parität verlassen wird und jedwede oftmals ungerechtfertigte Kostensteigerung ungerührt auf die Patienten abwälzen wird. Ganz im Sinne der Lobbyisten. Insofern ist es logisch, dass man einem Arzt dieses Ministerium anvertrauen wird. Das hat den Charme, dass Merkel gegebenenfalls die Schuld auf die FDP abwälzen kann! Insofern folgt sie lediglich ihrer inzwischen erprobten Taktik. Bleibt die Frage: Wie hält es der Herr Dr. Rösler mit der direkten Mitarbeit der Lobby-Verbände – insbesondere der Bertelsmann-Stiftung – in seinem Hause zwecks Ausgestaltung neuer Gesetzestexte? Dies gilt besonders bei der Erarbeitung neuer Vorschläge einer „Expertenkommission“.“

Wolfgang Fladung aus Bad Camberg:

„Vielleicht höre ich ja die Flöhe husten, aber bei dem, was uns von der schwarzen Biene Maja und ihrem Zitronenfalter Guido präsentiert wurde, erinnert mich vieles in sprachlicher Hinsicht stark an Orwells  „1984“. Da wird, alles Zitate FR, bei dem, was gesetzlich Versicherte demnächst erwartet, die PKV als „konstitutives Element in einem freiheitlichen Gesundheitswesen“ bezeichnet. Freiberufliche Apotheker „spielen für eine gute Arzneimittelversorgung eine zentrale und wichtige Rolle“ und Schwarz-Gelb will „Auswüchse beim Versandhandel bekämpfen“. Der notwendige länderübergreifende Finanzausgleich wird auf bayerischen Wunsch durch „regionale Differenzierungsmöglichkeiten“ gestutzt. Und wenn Frau Merkel sagt: „Wir erhöhen keine Steuern und Abgaben“, entspricht dies nur insofern der Wahrheit, als dies dann den gesetzlichen Krankenversicherungen, den Entsorgungsunternehmen oder der künftigen privaten Pflegeversicherung überlassen wird. Sie ließ allerdings auch gleich ein Hintertürchen offen, indem sie nicht ausschloss, dass die Sozialbeiträge weiter angehoben werden.
Ich bin, was die Umwidmung negativer Beschreibungen in positiv klingende Worthülsen anbetrifft, seit den 70er Jahren einiges gewohnt. Damals wurden aus Giftmülldeponien „Entsorgungsparks“, aus Altenheimen „Seniorenstifts“. Man sprach nicht mehr von Slums oder Ghettos, sondern von „sozialen Brennpunkten“.  Sicher fallen jedem von uns mehr Beispiele für  „Neusprech“ ein.
Als Zyniker könnte ich  hinzufügen, warum der in Artikel 56 des GG vorgeschriebene Amtseid nicht künftig geändert wird in: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle der deutschen Banken, Versicherungen, Energieversorgern, Pharmaunternehmen und allen anderen börsennotierten Unternehmen sowie allen Vermögenden und sonstigen Leistungsträgern widmen, deren Nutzen und Gewinne mehren, Schaden durch kritische Beobachter und Medien von ihnen wenden, meine Lobbyistenpflichten gewissenhaft erfüllen und Ungerechtigkeit gegen alle Unterschichtler, ungebildete Asylbewerber und sonstige Sozialschmarotzer üben werde. So wahr mir Ackermann helfe.““

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24 Kommentare zu “Die schwarze Biene Maja und ihr Zitronenfalter Guido

  1. Jetzt last sie doch erst mal machen. Wenn die ganzen Arbeitskreise fertig mit ihren Tagungen sind werden wir vielleicht wissen was abgehen soll. Oder sie tagen vielleicht 4 Jahre??

  2. Jetzt haben wir den Salat. Steuererleichterungen zum 1.1.2010 für Unternehmen. Umstrukturierung des Krankenkassenwesens: Arbeitgeberbeiträge werden gedeckelt, der Arbeitnehmer darf mehr bezahlen. Also weg von dem die soziale Marktwirtschaft tragenden Solidaritätsprinzip. Kapitalisierung der Pflegekasse. Und das Ganze wird noch als Rettungsschirm für die Arbeitnehmer dargestellt. Für wie blöd halten die Politiker den Bürger ?
    Daran ändert auch die Erhöhung des Kindergeldes nichts. Hier hätte angesetzt werden können, indem man Kindergeld einkommensabhängig machte. Denn wieso soll Herr Ackermann auch Kindergeld bekommen? Und auch in den Köpfen wird kaum ein Neustart dargestellt. Es sind die altbekannten Gesichter, teilweise nur mit veränderten Funktionen. Man muss sich nicht wundern, wenn zunehmend links gewählt werden wird.

  3. Und wieder wird der „kleine Mann/Frau“ betrogen. Das Kindergeld soll auf 184 Euro für das erste (und zweite) Kind steigen. Der Kinderfreibetrag dagegen steigt auf 7008 Euro. Er wird nach der so genannten „Günstigerprüfung“ des Finanzamts angesetzt, sobald die Steuerersparnis größer als das ausgezahlte Kindergeld ist.
    Beispielrechnung: Kindergeld per annum 12 x 184 Euro = 2208 Euro. Kinderfreibetrag bei einem Spitzensteuersatz ab 42 Prozent p.a. = 7708 Euro x 42 Prozent = 2943,36 Euro. Somit kassiert derjenige, dessen Steuerbescheid ohnehin ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 52152 Euro (alleinstehend; verheiratet > 104304 Euro) schlappe 735,36 Euro mehr als etwa eine alleinerziehende Mutter. Diese 735,36 Euro machen bei einem Spitzenverdiener den Kohl nicht fett, doch für jeden Handwerker oder Aldi-Verkäufer ist das viel Geld.
    Diese für den steuerlichen Laien schwer durchschaubare Regelung ist nur eine der rund 98000 Vorschriften der Steuergesetzgebung, die den bereits erwähnten „kleinen Mann/Frau“ hinters Licht führen.

  4. Drei Wochen lang wurde um den Koalitionsvertrag gerungen. Das Ergebnis ist mager, aber etwas anderes war nicht zu erwarten. Wenn man die Beschlüsse liest und deren Konsequenzen zu Ende denkt, wird deutlich, dass es egal ist, wer die Wahl gewinnt und damit regieren darf. Schwarz-Gelb legt lediglich ein höheres Tempo vor bei der Entsolidarisierung der Gesellschaft als die von Schröder umgekrempelte SPD. Die Gesellschaft wird weiter gespalten in Besserverdienende und Förderungswürdige und den Rest: die Masse. Ursache dafür ist sicher, dass die Menschen, die wir zu unserer Vertretung wählen, Hartz IV nur aus ihren eigenen Reden und Beschlüssen kennen. Unsere Politiker haben sich an ihren gehobenen Status gewöhnt. Sichere Pension, gutes Einkommen. Klar fehlt da die kritische Distanz, die nötig ist, um zu begreifen, dass die Allmacht des Markts keine Wunden heilt, sondern immer mehr Menschen mit Wunden zurücklässt.
    Max Weber hat richtig formuliert, dass jeder Politiker einen trivialen, allzu menschlichen Feind stündlich zu überwinden hat: „Die ganz gemeine Eitelkeit, die Todfeindin aller sachlichen Hingabe und aller Distanz, in diesem Fall: der Distanz, sich selbst gegenüber.“ Die neue Regierung, aber auch die Opposition zeigt, dass uns Menschen fehlen, die dies können. Deshalb können wir als Regierte auch keine guten Lösungen erwarten. So lange Politik ein Beruf ist, der die, die ihn ausüben, vor ihrem eigenen Tun sicher schützt, so lange bleibt soziale Verantwortung in der Politik nur eine Nebensache für Idealisten.

  5. Die Demokratie ist halt doch die schlechteste aller Staatsformen. Fällt vielleicht jemand eine bessere ein?

  6. Hans, Sie machen es sich zu einfach. Auch Demokratie, also „Volksherrschaft“ ließe sich so gestalten, das eine Teilhabe des Volkes, und nicht nur der Parteienvertreter, möglich ist. Aber das ist wohl in unserer parlamentarischen Lobbyisten-Demokratie nicht vorgesehen. Schauen wir uns die Schweiz an. Da funktioniert Volksherrschaft, durch Volksabstimmungen. Natürlich gehörte dann auch ordentliche Aufklärungsarbeit der Medien dazu, um das Für und Wider von Entscheidungen zu dokumentieren und zu debattieren. Nur der erbärmliche Zustand unserer Medien, in denen oftmals nur Lohnschreiber am Werk sind, läßt diese demokratische Bringschuld anzweifeln.

    Außer Lippenbekenntnissen und dem üblichen „wir müssen uns die Ergebnisse genau anschauen und prüfen“ fiel unseren Parteien ja nichts ein zur wieder gesunkenen Wahlbeteilung. Keiner mag sich mit den Ursachen befassen, warum sich so viele Richtung Götz von Berlichingen verabschiedet haben. Von Wahlergebnissen wie bei der Willy-Wahl 1972 mit rund 90% können wir wohl nur noch träumen.

    Haben wir nicht die Regierung, die wir verdienen? Wer hatte schon Lust und Zeit, sich innerhalb der Parteien zu engagieren und für Veränderung zu sorgen? Also haben wir all den mittelmäßigen Stromlinien-Typen die Arbeit überlassen – auch die brauchten ja innerhalb der Parteien Mehrheiten, um dann ihren neoliberalen Stil durchzuboxen. Oder sind Schröder & Konsorten, um ein Negativ-Beispiel zu nennen, durch einen Putsch an die Macht gekommen?

  7. Naja Wolfgang Fladung (#7), Klaus Fischer (#5) hat schon die Richtung angezeigt…

    So lange Politik ein Beruf ist, der die, die ihn ausüben, vor ihrem eigenen Tun sicher schützt, so lange bleibt soziale Verantwortung in der Politik nur eine Nebensache für Idealisten.

    Und solange jene noch zig andere Stühlchen irgendwo stehen haben, eine Interessenkollision mit Schulterzucken quittiert wird, solange wird das auch nix. Und da spielt die Farbe keine große Rolle. Vielleicht bringt es das korrupte Berufsbild mit sich, man weiß es und meidet deswegen die Mitarbeit in diesen fragwürdigen Kreisen.

    Da bleibe ich lieber arm, bevor mich der Beelzebub reitet.

  8. zu@7
    Ich habe es mir ganz bewußt einfach gemacht. Die Beiträge die vor meinem geschrieben wurden machen es sich auch einfach. Jetzt darüber vorab zu schimpfen was unsere neue Regierung alles schlecht macht ist erst einmal unfair. Selbst im Koalitionsvertrag sind Punkte aufgeführt die ich so von schwarz/gelb nicht erwartet hätte. Um unsere Demokatie z.B. über mehr Bürgerbeteiligung grundsätzlich zu verbessern ist in der Wirtschaftskrise nicht die richtige Zeit.

  9. @hans,

    richtig ist, daß die vorherigen Beiträge schimpfen, aber daß sie darüber schimpfen, was die Regierung „schlecht macht“, ist falsch behauptet. Die Beiträge schimpfen über das, was die Autoren für schlecht halten! Das ist ein riesengroßer Unterschied.

    Was die Bürgerbeteiligung angeht, für die das Schweizer Modell zitiert wurde… ich hoffe doch, es bildet sich niemand ein, die Schweiz hätte nicht auch, wie wir, ständig steigende Sozialausgaben mit gleichzeitigem starkem Anstieg der Armut. Die Mechanismen, nach denen finanzielle Füllhörner falsche Anreize setzen, eine ausgeprägte Armutsimmigration, und nicht zuletzt die Gesetzlichkeiten der Globalisierung mit Import von Arbeitslosigkeit aus dem Ausland gibt es auch in einer Schweiz, und selbst eine „Volksherrschaft“ könnte auch das alles nicht mit magischem Fingerstreich wegzaubern.

    Daß Steuergeschenke an weniger Verdienende genau dann nicht mehr gut sondern schlecht sind, wenn die Steuergeschenke an mehr Verdienende gleich groß oder vielleicht sogar größer zu sein scheinen, dem kann ich nicht zustimmen. Diese Geschenke geschehen auf Pump, aber wer wird eines Tages büßen müssen für diese Tatsache, die Besitzenden oder die Habenichtse? Es sind doch nicht vorwiegend die Geringverdiener, die ihr Geld in Schuldscheinen für den Staat anlegen. Es werden irgendwann auch nicht die Geringverdiener sein, die ihr Vermögen oder Teile davon verlieren werden, wenn diese Schuldscheine eines nicht zu fernen Tages wegen Staatsbankrott das Papier nicht mehr wert sind, auf dem sie gedruckt sind, oder wenn über Hyperinflation mit anschließender Währungsreform die Schulden „abgebaut“ werden und die Geldvermögen unzähliger Menschen dabei vernichtet werden…

    Ein Abbauen der Schulden auf „normalem“ Wege, über sparsames Wirtschaften… glaubt da überhaupt noch irgend wer dran?

  10. zu@11
    Das die Staatsschulden automatisch zur Währungsreform führen ist genau so wenig ausgemacht wie der Zusammbruch der Sozialsysteme durch Zuwanderung.Ich denke das die Schulden langsam weg inflationiert werden. Der Zusammenbruch durch Zuwanderung kann durch Steuerung der selben verhindert werden. Siehe die Rückläufigen Zahlen bei den Russlanddeutschen und der Asybewerber.

  11. @hans,

    sicher, ausgemacht ist das Ende mit Knall noch nicht, es ist nur meine Privatvermutung. Ein langsames Weginflationieren halte ich nicht für sehr wahrscheinlich, denn es hätte zur Vorraussetzung, daß es längere Zeiträume mit nahezu ausgeglichenen Haushalten geben müsste, bzw. müsste die Inflation über längere Zeit mehr Werte vernichten als im gleichen Zeitraum neue Werte auf den Schuldenberg hinzukommen, durch neues Schuldenmachen. Die Möglichkeit dazu sehe ich in D in den nächsten Jahrzehnten nicht, schon gar nicht in Anbetracht der vorauszusehenden Entwicklung der Rentenzuschüsse.

  12. Das war witzig die Tage auf der meinungsseite der FR, wo oben ein Leiartikel stand, der wie üblich beschwor, wie gräßlich und falsch und gefährlich das Schuldenmachen des Staates sei…leier, leier, auch der Hausvater kann ja nicht mehr ausgeben, als er hat etc.etc.. Und dann gleich darunter von ?? die – meiner Ansicht nach richtige – Darstellung, daß der Staat eben auf ganz andere Weise Schulden macht als die brave sparsame Familie es täte! Daß allen Schulden Werte gegenüber stehen, die ebenfalls vererbt werden an die nachfolgenden Generationen, daß Schuldenbremsen oder sogar ins Grundgesetz geschriebene Schuldenverbote Gift sind für den Handlungsspielraum des Staates, daß auch die Zinszahlungen des Staates nicht gänzlich sinnlos vergeudetes Geld sind, weil die Banken damit arbeiten können. Da hört’s bei mir allerdings auf: dann entscheiden die Geldinstitute nämlich, wie das Geld verwendet wird und nicht mehr der Staat. Dagegen habe ich etwas.

  13. @Gründel,

    wenn der Staat keine Schuld-Zinsen zahlen würde, wer würde ihm dann sein Geld leihen? Die einzige Möglichkeit, die der Staat ohne Schuldzinsen zu bezahlen dann noch hätte, wenn er mehr Geld bräuchte als er einnimmt, wäre die Druckerpresse.

    Aber das mit der Vererbung ist eine interessante Idee… die Staatsschulden sind dann sozusagen eine vorweggenommene Erbschaftssteuer auf das Straßennetz und andere Infrastruktur, die künftige Generationen ja vererbt bekommen.

    Lässt man aber dieses bischen Infrastruktur und sonstige greifbare Werte beiseite, wird es dann aber schnell ziemlich lustig. Der Hauptwert, der hinter der Möglichkeit des Schuldenmachens für den Staat steht, ist doch, daß der Staat die gesetzlich verankerte Möglichkeit hat, aus der Wirtschaftsleistung des Landes regelmäßig Teile abzuschöpfen. Wäre dieser Wert Null, würde doch keiner dem Staat sein Geld leihen, weil das dann nie zurückgezahlt würde, wovon denn.

    Was also den Wert angeht, der den Schulden gegenübersteht: Die zukünftigen Generationen kriegen die Schulden, und als Ausgleich dafür die Möglichkeit, daß der Staat ihnen nochmals in die Tasche greift, um die Schulden zu begleichen… denn das ist doch hauptsächlich „der Wert, der den Schulden gegenübersteht“. Ach ja, außer noch ein paar Straßen… (die aber nach ein paar Wintern auch ganz schnell große Löcher kriegen, sodaß die künftigen Generationen sich um deren Instandsetzung auch noch kümmern müssen).

    P.S. Ob die Geldinstitute entscheiden, wie die Zinserträge aus Staatsanleihen ausgegeben werden, bezweifle ich übrigens. Die Banken sind hier wohl nur Vermittler. So sind z.B. die Hauptverleiher an die USA nicht irgendwelche Banken, sondern China und Saudi-Arabien. Also andere Staaten.Aber ich denke, daß der Staat China entscheidet, wie das Geld der deutschen Schuldzinsen verwendet wird, dagegen werden sie wohl auch was haben. Ein System aber, bei dem der Schuldner die volle Souveränität über die Schuldzinsen behält, wäre schon was Feines. Da würde ich mich auf der Stelle mit 10 Millionen verschulden! 😀

  14. @ 16 -Klickfänger, drei von drei Wanzen blockiert 🙂

    @ Bronski, wußten Sie, daß ein Zitonenfalter keine Zitronen falten kann? Deswegen können Kundenbetreuer auch keine Kunden betreuen. Wir sind doch irgendwo Kunden, oder? Und dann hat auf ntv CDU-Politiker Steffen Kampeter bei Heiner Bremer erzählt, er liest keine Zeitung, interssiert ihn nicht was die schreiben.

    Tjs, was will mer machen.

  15. Ich war ein langes Leben lang Sozialdemokrat, weil ich echt dachte, die SPD sei „für das Volk“ und gegen Kapitalinteressen. Spätestens seit Schröder weiß ich, die SPD ist das trojanische Pferd des Kapitalismus. Bei Westerwelle, Merkel und Seehofer weiß unsereins ja, das wir mit Lügen, Heuchelei und WischiWaschi verkackeiert werden; das wird uns in den nächsten Monaten noch deutlich bewusst werden. Aber für mich war es doch eine erschreckende Erkenntnis, dass die SPD zum Steigbügelhalter typischer CDU-FDP-Politik geworden war. Was bleibt unsereinem anderes als der Weg nach LINKS?

  16. Ach, keine Bange… über kurz oder lang werden auch die Linken mal dran sein in Berlin, und dann werden sie zeigen können, wie man durch arbeitgeber-, wirtschafts- und „kapitalinteressen“feindliche Politik den Wohlstand in D mehren kann.

  17. Löhne die sich Richtung 2Euro/Std. entwickeln mehren auch nicht gerade den Wohlstand des gemeinen Volkes. Ich denke das diese dann darin gipfelt das entweder die Linke regiert oder die Demokratie eingeschränkt wird siehe USA/Florida

  18. Es muß kein Mensch hierzulande von 2 Euro/Stunde für seine Arbeit sein Leben fristen (es sei denn, er befindet sich illegal in Deutschland). Daher gibt es auch niemanden, der auf einem diesem Lohn entsprechenden „Wohlstands“-Niveau leben muß. Warum reden Sie also hier von Dingen, die es gar nicht gibt?

  19. zu@21
    Ich kenne Leute die für 5 Euro/Std.arbeiten. Vor einigen Wochen war in WISO ein Bericht aus einem Badeort an der deutschen Ostseeküste. In diesem Bericht hat ein Wirt geschildert das er seinen Bedinungen bei 30 Tagen Arbeit im Monat 900 Euro/Monat zahlt. In Berlin werden Harre für 7 Euro geschnitten. Da sind 5 Euro die Std. auch viel zu viel u,s.w.
    Die Richtung ist genau falsch wie klar.

  20. Dann sollten sie aber nicht von 2 Euro reden. Es gibt in D de facto einen Mindestlohn, und der liegt bei ca. 10000 Euro im Jahr. Je nach Arbeitsstunden kommt man also mehr oder minder weit über 5 Euro, die daher nicht unterschritten werden können. Da bewegt sich also nichts in Richtung 2 Euro.

    Im Gaststättengewerbe sind bei Bedienungen niedrige Fixlöhne übrigens üblich, da es zusätzlich Trinkgelder gibt, die bis 10% vom Umsatz ausmachen können. Ich hoffe, das hat der WISO-Bericht auch erwähnt. Ihre Bekannten, die für 5 Euro arbeiten, fragen sie die bitte mal, welcher Nationalität ihre Arbeitskollegen sind.

  21. Wer hatte denn anderes erwartet? Jetzt muss doch das ins Gesetz geschrieben werden, dass diejenigen, die sich Steuern ersparen, auch wen finden, dem sie diese Ersparnisse für Zins leihen. Wwer anderes bietet sich denn da an außer dem Staat?
    Und bei der Gesundheitspolitik muss doch wohl den Armen in die leere Tasche zu greifen sein. Im Notfall müssen die Letzteren dann eben am Essen und Trinken oder an der Bildung ihrer Kinder sparen. Nur eine auf dem Bruttoeinkommen basierte Sozialversicherung kann die selbsterzeugte Misere beheben. Aber das war ja nicht mal mehr bei der ?PD gewollt, wie an der Rente mit 67 und dem Gesundheitsfonds zu erkennen ist.

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