Welche Perspektiven geben wir Jugendlichen?

Jetzt scheint eine große Debatte darüber auszubrechen, wer in der Corona-Pandemie die größten Opfer bringt oder gebracht hat. Anstoß liefert die Frage, ob und wann Kinder und Jugendliche geimpft werden sollten; sie hätten sich lange genug ruhig verhalten und durch die Einschränkungen in ihrem Leben entscheidende Zeit verloren. Sie sollten nun geimpft werden können, um nun wenigstens die Sommerferien genießen zu können – als Start zurück in ein normales Leben, hoffentich.

Lockdownende HamburgDiese Debatte wird falsch geführt. Es geht nicht ums Opfer. Das größte Opfer haben zweifellos jene gebracht, die ihr Leben durch das Virus verloren haben. Es gibt in der Pandemie kaum jemanden, der/die nicht in irgendeiner Form Opfer gebracht hätten: alte Menschen in Form von sozialer Isolation und Vereinsamung; zahllose Menschen aller Altersgruppen durch die Einschränkungen unseres kulturellen und gesellschaftlichen Lebens, Jobverlust, Kontaktreduzierung bis hin zur Ausgangssperre; junge Menschen durch eine Mischung all dieser Faktoren plus Rückstand bei ihrer Bildung und ihrem sozialen Lernen bis hin zur Tatsache, dass in diesen Monaten der Pandemie zahllose erste Lieben nicht erlebt wurden. All diese Menschen haben Solidarität geübt aus Einsicht und Vernunft, weil sie erkannt haben, was das Richtige ist, wenn man die gesundheitlich Schwächsten unter uns schützen will. Zurückgehende Infektionszahlen zeigen, dass das der richtige Weg war. Alle zusammen haben Opfer gebracht. Ob die einen mehr oder die anderen weniger, diese Frage ist letztlich zynisch und lässt sich ohnehin nicht endgültig beantworten, weil die Frage, wie sehr jemand an den Einschränkungen leidet, immer auch eine Frage der persönlichen Belastbarkeit ist.

Sollen Kinder geimpft werden? Aus medizinischer Sicht lautet die Antwort wohl: Nein. Und zwar weil sich die Impfung für die allermeisten nicht lohnt. Sie haben keinen Vorteil davon, dafür aber die Nachteile, die die Impfung selbst möglicherweise mit sich bringt. Das ist zumindest die Einschätzung des Kinder- und Jugendmediziners David Martin, Professor für Pädiatrie in Tübingen, über die er im FR-Interview mit Pamela Dörhöfer spricht. Kinder und Jugendliche erkranken nur selten schwer an Covid-19. In allen bekannten Fällen gab es Vorerkrankungen. Es spricht überhaupt nichts dagegen, gefährdeten Kinder und Jugendliche mit Vorerkrankungen zu impfen, um sie zu schützen – aber gezielt und nur sie. Denn wir haben immer noch nicht genug Impfstoff. Daher sollte dieser zurzeit verfügbare Impfstoff jenen Bevölkerungsgruppen geimpft werden, die statistisch gesehen ein höheres Risiko haben, schwer zu erkranken, und die zum Beispiel von ihren eigenen Kindern angesteckt werden könnten. Also etwa die Eltern und andere Menschen mittleren und höheren Alters, ob nun mit viel Kontakt zu Kindern und Jugendlichen oder nicht. Wie gesagt: aus medizinischer Sicht. Und dann müssen wir uns die Sache mit der „Herdenimmunität“ noch mal genauer ansehen.

Spahn KinderimpfenAber neben der medizinischen gibt es auch noch die politische Dimension. Es ist ja klar: Die Impfung ist ein Signal. Sie steht für Schutz, für das Versprechen eines normalen Lebens, für Lockerungen, für Freizeit und Ferien auch im Ausland, kurz: für ein Ende des Leidens. Damit wird die Impfung mit Bedeutung aufgeladen. Und die Politik möchte im Wahljahr natürlich gern Geschenke verteilen, wohlwissend, dass die geschundene Seele Streicheleinheiten braucht. Darum sollen Kinder und Jugendliche also ebenfalls geimpft werden. Als wäre das Impfchaos nicht schon groß genug, lässt die Politik endgültig alle Bemühungen fahren, mittels Prioritätsgruppen halbwegs die Übersicht zu behalten.

FR-Kommentator fasst das Thema aus dieser politischen Perspektive an, bringt auch die soziale Frage ins Spiel und plädiert für Fairness zwischen den Generationen. In der FR fand sich sein Leitartikel „Wo die Stiko irrt“, der unter der Überschrift „Warum Kinder und Jugendliche trotz der Stiko-Bedenken schnell geimpft werden sollten“ auf der Webseite des Redaktionsnetzwerks Deutschland zu finden ist. „Die Folgen der sozialen Isolation in der jungen Generation sind unübersehbar“, schreibt er. „So berichten Kinderpsychologen von langen Wartelisten. Es geht bei einer Impfung eben nicht nur um eine Verhinderung einer Corona-Infektion beim Impfling selbst, sondern um die Wiederherstellung des Alltags, ohne Beschränkungen, ohne Masken, ohne Angst. Voraussetzung dafür ist das Erreichen einer Herdenimmunität.“

Da ist sie wieder, die Herdenimmunität. Der Gedanke dahinter ist, dass die Verbreitung des Virus zum Erliegen kommt, wenn die Zahl derer, die dagegen immun sind, nur groß genug wird. Zu Beginn der Pandemie war mal von 70 Prozent der Bevölkerung die Rede, jetzt eher von 80 bis 85 Prozent. Und damit stellt sich die Frage, ob die Herdenimmunität tatsächlich erreichbar ist. Sie hängt von der Impfwilligkeit der Menschen ab. Und von einigen weiteren Faktoren. Im Zusammenhang mit Sars-CoV-2 von Herdenimmunität zu reden, ist etwas völlig anderes als zum Beispiel bei Masern. Das Masernvirus könnte, wenn genug Menschen geimpft werden, ausgerottet werden, so wie die Pocken als ausgerottet gelten. Bei Sars-CoV-2 wird das nicht funktionieren. Man hat bereits beobachtet, dass Menschen, die geimpft und damit eigentlich immunisiert waren, andere Menschen angesteckt haben. Das heißt, dass die Impfung – jedenfalls mit den derzeit zur Verfügung stehenden Impfstoffen – die Weiterverbreitung des Virus nicht vollständig unterbindet. Es bleibt ein bisher noch nicht abschätzbares Restrisiko. Die größere Gefahr liegt aber wahrscheinlich in der Mutagenität des Virus. Es zeigt eine große Varianz, dauernd tauchen neue Varianten auf mit unterschiedlichen Fähigkeiten, wenn es darum geht, den Impfschutz möglicherweise zu unterwandern.

Wenn Tim Szent-Ivanyi also von der „Wiederherstellung des Alltags“ ohne Beschränkungen schreibt, dann formuliert er ein Wunschbild, ein Ideal, auf das sich das politische Handeln richten sollte. Tatsächlich aber wird unser Alltag so bald nicht wiederhergestelt werden können, denn wir haben derzeit noch nicht die Waffen, um das Virus völlig zu besiegen. Das Virus wird uns also erhalten bleiben, zusammen mit den inzwischen eingeübten Schutzmaßnahmen, an die sich auch Geimpfte weiter werden halten müssen. Wenn die Politik diese Wiederherstellung in Aussicht stellt, dann würde sie unredlich handeln. Unser Alltag wird ein anderer sein – nicht der, den wir von früher kennen, aber so ähnlich, mit ein paar neuen kulturellen Taktiken wie Masketragen usw. Uns was die Herdenimmunität angeht und das Durchimpfen: Darüber können wir sprechen, wenn wirklich genug Imüfstoff zur Verfügung steht. Bis dahin aber muss es weiterhin beim Impfen um die Frage gehen, wer von denen, die noch nicht geimpft sind, am meisten gefährdet ist. Da ist die Antwort recht klar: Die Kinder sind es nicht.

fr-debatteEs ist Zeit, rational mit dem Thema umzugehen

So sehr ich mich über das differenzierte Interview von Pamela Dörhöfer mit dem Kinder- und Jugendmediziner David Martin gefreut habe ( FR 27.05 2021), so entsetzt bin ich heute über den Beitrag zum Leitartikel von Tim Szent- Ivanyi. Ich bin Großmutter von zwei Enkelkindern, sechs und neun Jahre alt. Seit März 2020 erlebe ich den Einfluß der Pandemie auf meine Enkelkinder. Sie vermissen die Freunde, die Schule, die Kultur und den Sport und vieles mehr. Sie vermissen auch unbelastete Momente mit ihren Großeltern. Seit mein Mann und ich geimpft sind, müssen sie uns nicht mehr vermissen, vor kurzem konnten wir sogar eine Woche gemeinsam Ferien machen. Ich habe mich impfen lassen, damit ich vor der Erkrankung mit einem evtl. schwerem Verlauf geschützt bin. Ich habe mich impfen lassen, damit ich wieder angstfrei am Leben teilnehmen kann und ich habe mich impfen lassen, damit sich meine Enkel nicht impfen lassen müssen, mit Vakzinen, „von denen niemand weiß, was sie langfristig bewirken.“ Wie kann jemand, der in der FR zum Thema Corona – Impfung von Jugendlichen publiziert, das Interview mit Herrn David Martin so außer Acht lassen? Wie kann ein Gesundheitsminister, alle Studien und Empfehlungen ignorierend, die Impfkampagne für Kinder und Jugendliche (ich war fast geneigt „gegen Kinder und Jugendliche“ zu schreiben) unbeirrt weiter propagieren? Beide, Herr Szent-Ivanyi wie auch Herr Spahn, sind meines Wissens weder Virologen, Gesundheitsforscher noch Mediziner. Was veranlasst etwa Herr Szent-Ivanyi mit einem solchen Beitrag in der FR weiter Verunsicherung und Angst zu schüren? Wo sind seine fundierten Argumente, denen sich sogar die Stiko verschließt? Ich bin diese Art der Beiträge Leid! Die Infektionszahlen gehen runter, die Lage entspannt sich momentan etwas. Vielleicht sollten alle diesen Moment nutzen, um sich angstfrei und vor allem rational mit dem Thema Impfen von Kindern und Jugendlichen zu befassen. Als eine Grundlage für die Befassung empfehle ich sehr das Interview mit Herrn Martin sowie die Studie „Covid-19-Impfung für Kinder und Jugendliche? Vierzehn Argumente für einen rationalen Weg in Deutschland“. Diese Publikation ist auch für medizinische Laien verständlich geschrieben.

Christine Laß, Göttingen

fr-debatteAltersgruppen werden gegeneinander ausgespielt

Der Leitartikel von Tim Szent-Ivanyi ist ein trauriges Beispiel für die Vermischung von Fakten und Halbwahrheiten. Schon die Behauptung „Es gibt keine Hinweise dafür, dass Astrazeneca bei über 60-Jährigen irgendwelche Schäden anrichtet“ ist falsch. Bei mir ist seit der Erstimpfung der Zucker stark angestiegen, und ich muss seitdem deutlich mehr Insulin spritzen. Meine Diabetologin bestätigt den Zusammenhang anhand anderer Patienten.
Auch die These, dass mit Astrazeneca die Chance auf schnelle Immunisierung am höchsten sei, ist fragwürdig – bei den anderen Vakzinen ist der von Fachleuten geforderte Abstand zur Zweitimpfung für einen hinreichenden Schutz weitaus geringer als die aktuell verlangten drei Monate bei Astrazeneca. Und dieselbe Rundschau-Ausgabe berichtet wenige Seiten weiter von erheblichen Verunreinigungen dieses Impfstoffes. Forscher der Uni Ulm fanden „beträchtliche Mengen von Proteinen, die nicht Teil des Impfstoff sind“, wie Pamela Dörrhöfer schreibt. Zusammenhänge mit den bekannten Nebenwirkungen werden noch untersucht.
Da haben wir also einen Impfstoff vorwiegend für Ältere mit teilweise starken Nebenwirkungen und dazu noch dem Verdacht. dass Verunreinigungen bei der Herstellung dazu führen können. Und wir haben ein ganz anderes Vakzin für Kinder ab zwölf, das bisher kaum getestet werden konnte. Daraus nun eine Konkurrenzssituation abzuleiten ist bizarr und spielt Altersgruppen sinnlos gegeneinender aus – für mich ist das unverantwortlich.
Dass für Jugendliche endlich auch geeignete Angebote für einen Schutz gegen Corona gemacht werden müssen, ist klar. Sie brauchen endlich eine Perspektive. Keine Altersgruppe darf aber gegen andere in dieser Krise ausgespielt werden.

Anonymisiert (der Red. bekannt)

fr-debatteHoffentlich steigen die Fallzahlen nicht wieder

Nun sind sie also von allerhöchster Stelle beschlossen, die lang ersehnten Freiheiten für Geimpfte. Wer also Glück hatte oder sich vordrängeln konnte, darf wieder alles, was für den großen Rest in unserer Gesellschaft qua Infektionsschutzgesetz noch immer untersagt ist. Na ja, immerhin darf ja jeder mit einem aktuellen Schnelltest auch in Geschäfte, Veranstaltungen und Urlaubsorte, wenn sie denn geöffnet werden.
Um die nächtliche Ausgangssperre zu umgehen, muss ich allerdings zweimal geimpft sein oder von einer Corona-Erkrankung genesen. Wo bleibt da die Gleichstellung mit den negativ Getesteten? Und wie soll da kontrolliert werden?
Und was ist mit dem durch den Bundesbeschluss Privilegierten, der sich irgendwo mit einer Virusmutante infiziert, jetzt ja aber nicht mehr zum Test oder in Quarantäne muss?
Gerichte werden wieder angerufen, Debatten geführt – und weitaus schlimmer, die gerade etwas sinkenden Fallzahlen werden wieder steigen…

Sylvia Heger, Dortmund

fr-debatte

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14 Kommentare zu “Welche Perspektiven geben wir Jugendlichen?

  1. Sehr geehrte Frau Dörhöfer, herzlichen Dank für dieses hervorragend geführte Interview! Nicht nur Eltern sei die Lektüre des Preprints der Studie von Prof. Martin et.al. wärmstens empfohlen!
    Nach seinem Versagen bei der rechtzeitigen und ausreichenden Bereitstellung von Impfstoffdosen, Tests, Masken, Apps für Geimpfte etc. und nach seiner Organisation der Impfung an denjenigen vorbei, die seit jeher für Impfungen zuständig sind, hat Spahn jetzt offenbar die in der Kinderheilkunde Sachverständigen vergessen – und verkündet allen Ernstes, er wolle schon mal Biontech-Impfstoff für Kinder reservieren!
    Bekanntermaßen werden die Etats der WHO und der EMA ganz überwiegend von der Pharmaindustrie getragen. Dass Todesfälle in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung auf der website der WHO kaum erwähnt werden, verwundert nicht – ein kausaler Zusammenhang ist schließlich nicht belegt. In den USA ist Comirnaty bereits für Kinder ab 12 Jahren zugelassen – nach Beobachtung einer relativ geringen Fallzahl. Die Zulassung für Europa dürfte nicht lang auf sich warten lassen. Wie stets bei corona-Impfstoffen eine Notfallzulassung.
    Bisher ist eins von ca. 2 Millionen infizierten Kindern und Jugendlichen sicher an COVID-19 gestorben, ist in der Studie zu lesen. Selbst wenn kein einziges unserer ca. 14 Millionen Kinder bereits genesen wäre, was sicherlich nicht der Fall ist, wären 7 Kinder betroffen. In Zusammenhang mit der Impfung – Kausalität nicht belegt – starb einer von 14000. Natürlich wird diese Impfung angesichts der z.T. ausgeprägten Impfreaktionen von manchen hochbetagten, multimorbiden Menschen nicht gut vertragen.
    Eine Quote von 1000 toten Kindern nach der Impfung wird es also eher nicht geben. Aber will man tatsächlich 14 000 000 Kinder impfen und das Risiko einer schwer schätzbaren Zahl „sehr unerwünschter Ereignisse“ für die Kinder (die das ja nicht selbst entscheiden) eingehen, um eins von den 7 zu retten? Dabei die Entstehung sehr ernst zu nehmender neuer Risiken wie z.B. Ausformung neuer VOCs etc. in Kauf nehmen? Und dieses Vorgehen auch noch indirekt verpflichtend machen, indem man es mit sozialen Themen wie Reisen, Kita- und Schulbesuch in Verbindung bringt? Da frage ich mich eher, ob unser Herr Gesundheitsminister noch zu retten ist.

  2. Ein Begriff, der den meisten bis vor 1 Jahr unbekannt gewesen sein dürfte, bestimmt seit längerer Zeit unser Leben. Täglich schauen wir, ob die Inzidenz steigt oder fällt, täglich präsentieren uns sämtliche Medien diese magische Zahl. Fällt die Inzidenz, schreien bald alle nach Lockerungen, steigt sie, ertönen die Stimmen der Warner und Bremser. Die Zahl und die entsprechende Reaktion sind mittlerweile zu einer Konditionierung geworden Der Begriff bedeutet ja eigentlich die Zahl der Neuerkrankungen. So wie wir ihn gebrauchen oder besser: missbrauchen, benennt er aber nur die Anzahl positiver Tests. D.h. eigentlich müsste man immer dazu sagen, wie viele Tests durchgeführt wurden und wie viele davon positiv waren, also die sog. Positivitätsrate angeben. Das erscheint aber in einer Zeit und Kultur, in der möglichst schnell und viel Information in kürzester Zeit in Umlauf gebracht wird, schon zu kompliziert zu sein. D.h. die Zahl der Infizierten, ist in Wirklichkeit die Zahl der positiv Getesteten. Wir wissen aber nach wie vor nicht, wie viele asymptomatische Infizierte es gibt. Systematische Test finden, außer bei Fußball-Profis, kaum statt. Ein großes Versäumnis.
    Gründen wir also unser Handeln auf eine „Hausnummer“? Das wäre sicher übertrieben, aber sich in dieser sehr komplexen Situation allein an einer letztlich nicht sehr belastbaren Zahl zu orientieren, erscheint mehr als fragwürdig. Auch sollte man sich in Erinnerung rufen, worin eigentlich unser oberstes Ziel besteht. Dies war und ist, das Gesundheitssystem nicht zu überlasten eine Triagierung und Massensterben zu vermeiden. Hier hat sich die Situation innerhalb eines Jahres erfreulich verändert. Die vulnerable Gruppe der über-80-jährigen ist jetzt besser geschützt, wenn auch die Impfgeschwindigkeit sehr langsam ist. Ob das Virus, Wildtyp oder Mutante, sich deswegen jetzt auf die unter-80-Jährigen stürzt, ist eher fraglich. Dazu haben wir bisher keine gesicherten Erkenntnisse. Statt sich immer nur einer Zahl mit eher willkürlichen Grenzwerten zu unterwerfen, täten wir besser daran, systematisch zu testen. Gerade in Schulen und Kitas erscheint das notwendig und mittlerweile ja eigentlich auch möglich. Kinder und Jugendliche als „spreader“ werden vermutlich deutlich unterschätzt, weil sie praktisch nie erkranken. Der aktuelle Anstieg der Zahlen geht eindeutig mit dem Öffnen der Schulen einher. Weniger Bürokratie bei der Zulassung von Impfstoffen wäre ebenfalls hilfreich. Eines muss uns aber auch allen klar sein: wir werden es nicht schaffen, dass sich niemand mehr infiziert oder niemand mehr stirbt. Auch in „normalen“ Zeiten sterben hierzulande fast 100 000 Menschen im Monat. Es käme niemand auf die Idee, deswegen einen nationalen Gedenktag auszurufen.

  3. Ich sehe riesige Plakatwände, teure ganzseitige Anzeigen in meiner Zeitung… Ganz langsam wird mir klar, was ich gegen Corona tun kann. Natürlich! Ich soll mich inpfen lassen! Das ich da noch nicht drauf gekommen bin?
    Was für ein ausgeklügelter, raffinierter Plan, den sich unsere Regierung da ausgedacht hat: Impfen! Und den sie für sehr viel Geld kommuniziert. Aber die paar Millionen für PR, was ist das schon gegen die Unsummen, die als Schmiergelder für Maskendeals kassiert oder einfach so in den Sand gesetzt wurden. Ja, impfen – tolle Idee. Da tritt doch so ein winziges Detailproblem völlig in den Hintergrund: Span + Co. haben zu wenig Impfstoff bestellt. Sonst wär schon vor Monaten alles geregelt gewesen. Aber ich will nicht über Kleinigkeiten meckern, ist ja schließlich bald Bundestagswahl. Da darf man nicht am falschen Punkt sparen…

  4. IIch möchte meinen Standpunkt zur Werbeanzeige des Bundesministeriums für Gesundheit in der FR 29./30.05.2921 darlegen: Wird hier die Meinung von Herrn Ranga Yogeshwar oder die des Bundesministeriums für Gesundheit wiedergegeben? Wenn es schlauer ist, sich impfen zu lassen, bedeutet das im Umkehrschluss, dass diejenigen, die sich nicht impfen lassen wollen, aus welchen Gründen auch immer, dümmer sind. Aus meiner Sicht ist es für den Zusammenhalt in einer solidarischen Gesellschaft nicht schlau – eher gefährlich, auf diese Weise auf- und abzuwerten. Ich denke, die allerorts zunehmende Spaltung in Zeiten der Pandemie wird durch derartige Äußerungen verstärkt.

  5. Ich bin 73 Jahre alt, treibe regelmäßig Sport und bin so leidlich gesund(gut eingestellter peripherer Bluthochdruck), war vor 15 Monaten mit Covid-19 infiziert(PCR Nachweis)mit mittelschweren Symptomen(hohes Fieber, Abgeschlagenheit, Müdigkeit, starke Kopfschmerzen, Sensibilitätsstörungen auf der Kopfhaut, Geschmacksstörungen, leichtes Husten, insgesamt ca. 3 Wochen lang). Eine Testung auf IgG Antikörper gegen SARS-Cov-2 ergab 12 Monate nach der Infektion einen Titer von neutralisierenden Antikörpern von >250. Nach allem, was man liest von RKI und STIKO über die Rückbildung von Antikörpern und entsprechende Impfempfehlungen, bin ich doch sehr irritiert. Mein Hausarzt sowie ein Mediziner des Testlabors und ein Virologe(Prof. an der Bremer Universität)raten mir ab, mich zum jetzigen Zeitpunkt impfen zu lassen, um „überschießende Impfreaktionen zu vermeiden“. Ich habe mich bisher – allerdings mit einem unguten Gefühl – an diese Empfehlung gehalten, die allerdings nicht im Einklang steht mit der STIKO, für die die Höhe der Antikörper kein Kriterium zu sein scheint für ihre Impfempfehlung für Genesene.
    Den Forderungen von Sabine Ax kann ich mich deshalb nur mit ganzem Nachdruck anschließen:
    1. Es müsste eine Risikoabwägung der STIKO erfolgen zwischen möglichen Impfreaktionen bei hohem Antikörpertiter und dem Risiko einer neuerlichen Covid-Infektion.
    Es müsste die Höhe des Antikörpertiters (wenn vorhanden auch mit positiver PCR-Testung)für die Dokumentation der Immunität im Cov-Pass oder im Impfpass Berücksichtigung finden.

  6. Inzwischen ist es möglich, mit zwei abgeschlossenen Impfungen oder einem Negativtest z. B. Einkaufen zu gehen. Es wird beim Einlass in die Geschäfte aber nicht überprüft, ob der Impfausweis oder der Test auch tatsächlich zur Person gehört. Beides dürfte nur in Verbindung mit dem Personalausweis Gültigkeit haben, um Name und Geburtsdatum zu überprüfen. Ohne diese Überprüfung können Impfpässe und Negativtest an x-beliebig viele Personen weitergegeben werden. Damit ist für Betrug Tür und Tor geöffnet, denn die Geschäfte freuen sich über alle Kunden, die sie rein lassen können. Frage: Wo bleibt hier der Gesundheitsschutz vor weiteren Infizierungen?

  7. Mit Dankbarkeit und Zuversicht sehe ich dem bevorstehenden Impftermin entgegen und werde dabei an das Mut machende lateinische Motto meiner Heimat, des US-Bundesstaates Kansas, erinnert: „Ad Astra per Aspera“ („Durch das Raue zu den Sternen“).
    Doch noch mehr denke ich in diesen Tagen an die wegweisenden Worte des Reformatoris Martin Luthers vor 500 Jahren, als die Pest in Wittenberg ausbrach:
    „Wenn Gott tödliche Seuchen schickt, will ich Gott bitten, gnädig zu sein und der Seuche zu wehren. Dann will ich das Haus räuchern und lüften, Arznei geben und nehmen, Orte meiden, wo man mich nicht braucht, damit ich nicht andere vergifte und anstecke und ihnen durch meine Nachlässigkeit eine Ursache zum Tode werde. Wenn mein Nächster mich aber braucht, so will ich weder Ort noch Person meiden, sondern frei zu ihm gehen und helfen. Siehe, das ist ein gottesfürchtiger Glaube, der nicht tollkühn und dumm und dreist ist und Gott nicht versucht.“ (Brief an Johann Hess, Luthers Werke Band 5.)

  8. Jeden Tag lese ich mit Freude, wie Corona zurückgeht und welche Lockerungen erfolgen bzw. in Aussicht gestellt werden: Schulen sind wieder offen, Bars, Restaurants, Hotels,Geschäfte haben geöffnet, Einschränkungen beim Sport fallen weg, sogar Museen und Schwimmbäder sind dran, Kunst und Kultur folgen…
    Nur von einer, für meine Begriffe extrem wichtigen Institution hört man dahingehend einfach gar nichts: den Universitäten! Was ist da los? Warum werden die Universitäten weder von Politik noch von den Medien im Zusammenhang mit Öffnungen überhaupt wenigstens erwähnt?
    Zigtausende, internationale StudentInnen in Deutschland hocken weiterhin anonym zu Hause, statt die Universitäten zu bevölkern und ihresgleichen zu treffen, zum Lernen, Diskutieren Austauschen – für viele sogar zum ersten Mal!
    Kann man sich in der Uni eher anstecken als in der Kneipe, beim Shoppen oder in der Straßenbahn? Unzählige „Erstis“ haben Uni und KommilitonInnen noch nie gesehen – und offenbar interessiert es, außer ihnen selbst, keinen. Vielleicht kann die FR uns ja mal aufklären.

  9. Ich fühle mich gezwungen, impfen zu lassen. Ich gehöre zwar zu den Priorisierungsgruppen, aber aus gesundheitlichen Gründen habe ich Bedenken, mich impfen zu lassen. Auf der anderen Seite habe ich keine Alternativen, weil ich mich nicht so viel bewegen kann (Urlaub, in der Gruppe sein, meine Freunde besuchen, Shoppen gehen, Fitnessstudio usw.). Mit Testen gibt es auch ein Problem, nämlich wenn ich mich mit einem kostenlosen schnellen Test testen lasse, wurde es mir nicht viel nutzen, weil der Test nur für einen Tag bzw. 24 Stunden gilt. Dann bleibt mir nur der PCR-Test, der bei mir in der Nähe 78 Euro kostet. und nur für drei Tage gültig ist.
    Jetzt stelle ich mir die Frage: Wie können Millionen Menschen, die wie ich sowohl aus gesundheitlichen Gründen Bedenken haben als auch wie ich wenig oder kein Geld haben, mit der Situation umgehen? Manche würden wahrscheinlich sagen, die, die es finanziell nicht schaffen, einen Test zu zahlen, brauchen auch nicht in Urlaub zu gehen, Freunde besuchen, shoppen gehen usw. Damit wollte ich sagen, dass alles, was in der politischen Ebene entschieden wird, nur diejenigen im positiven Sinn betrifft,, die sich was leisten können.
    Die Sache ist die, dass jede Partei nur an ihre Klientel denkt oder an ihren Gewinn. Die Parteien, die in der Basis sozial und gerechter sein sollten, haben sich an die anderen angepasst, weil sie entweder koalieren wollen oder nur an ihre Karriere denken.

  10. Impfen ist nicht Pflicht. Ich bin zweitgeimpft plus zwei Wochen, habe aber nur zum Nachweis den inzwischen heiligen Impfpass. Einen Reisepass/Personalausweis kann man bei Verlust ersetzen dank Meldepflicht, aber den Impfpass? Vernetzung im Gesundheitswesen? Ha ha, geht doch alles per Smartphone-App, sofort erhältlich. Und dafür sorgen sollen jetzt die eh schon überlasteten Hausärzte, die nur 20 Euro pro Impfung/Aufwand kriegen, und die Apotheken mit ihrem Geldregen schon aus den FFP2-Masken. Wenn jetzt beide dafür die gleiche Vergütung kriegen, schreit es zum Himmel, aber der hilft ja eh nicht. Der Apothekerverband muss eine mächtige Lobby haben, gleich nach Auto und Pharma.
    Ohne Smartphone ist man sowieso außen vor mit dem digitalen Impfpass. Also ist Smartphone Pflicht.

  11. Vor Corona katte ich zuweilen leichte Schuldgefühle, mit 76 noch am Leben zu sein. Schließlich nahm ich – unter anderem -durch meine „immense Rente“ den Jüngeren irgendwie den Lebensraum. Dann kam Corona, und die alten Leute starben wie die Fliegen. Man begann uns zu schützen. Es war zwar etwas einsam, aber ich war doch gerührt. Dann kam der Impfstoff und die Priorisierung, und ich war noch gerührter – sie liebten uns doch! Und dann kam das Debakel mit Astrazeneca, und man beschloss, die Jüngeren mit Biontech und uns Alte mit Astrazeneca zu impfen. Ich sah es ein. Nur: Durch den großen Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung sind jetzt viele Jüngere bereits vollständig geimpft, während ich immer noch auf die Zweitimpfung warte – ich bin nicht mehr gerührt. Wie schon meine Oma sagte: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.

  12. Im Pandemie-Jahr 2020 geißelte Bundeskanzlerin Merkel den Ruf nach schnellen Öffnungen als „Öffnungsdiskussionsorgien“, die angesichts der Lage unverantwortlich seien. Nun fordern AfD und FDP Hand im Namen der Freiheit Hand in Hand – AFDP (!) – das Ende der Maskenpflicht. An welchem Freiheitsbegriff orientieren sich AfD und FDP? Mir kommt der alte ADAC-Slogan in den Sinn: „Freie Fahrt für freie Bürger!“ Davon ist der ADAC schon lange abgerückt, weil Freiheit o h n e Verantwortung die Freiheit im Kern pervertiert. Karl Lauterbach und andere warnen zu Recht vor zu schneller Beendigung der Maskenpflicht, weil die Lage immer noch ernst ist.

  13. Von wegen Smartphonepflicht. Da lag ich falsch, wusste es aber erstmal nicht besser. Ein „EU Digitales Covid-Impfzertifikat“ habe ich heute bei meiner Apotheke bekommen, ausgedruckt auf Papier. Man lernt immer dazu. Vielleicht war es ja auch medial nicht deutlich genug kommuniziert, für die ganz Doofen wie mich, die kein Smartphone haben und „digital“ nicht mehr mit Papier assoziieren.

  14. Merve Hölter

    Man ist kein Doofer, wenn man kein Smartphone hat.
    Wir müssen nicht alles mitmachen, was uns in einem fort als unausweichlich aufgetischt wird.
    Der gelbe Impfpass ist und bleibt ein veritabler Ausweis.

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