Ist Entkriminalisierung von Drogen ein Mittel gegen den Drogenkrieg?

In Mittelamerika, vor allem in Mexiko und Guatemala, herrscht Krieg. Ein schmutziger, asymmetrischer Krieg um Drogen. Die Staatsmacht kämpft gegen skrupellose Drogenkartelle, und sie kann diesen Kampf nicht gewinnen, auch wenn der mexikanische Staatspräsident Felipe Calderón Hinojosa das immer noch nicht zu erkennen scheint. Es wäre an der Zeit, sich mal Gedanken zu machen, wie dieser Krieg – und andere Konflikte um Drogen – entschärft werden könnten. Der Grünen-Politiker Tom Koenigs, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Menschenrechte, hat im FR-Gastbeitrag radikale Vorschläge gemacht. Er schreibt:

„Im Drogengeschäft geht es um riesige Gewinne. Die Prohibition fungiert derzeit als Gewinngarant der Drogenkriminalität. Jede neue polizeiliche, militärische oder strafrechtliche Maßnahme vergrößert nur die Risikoprämien der Händler. Der größte Teil der Gewinne wird von den Großhändlern und Dealern gemacht, die an die Endkunden verkaufen. Kolumbianische Bauern erhielten 2008 etwa 450 Euro pro Kilo Kokain, Zwischenhändler zahlten den Transporteuren 1500 Euro, in Deutschland kostet das Kilo schließlich zwischen 25000 und 50000 Euro.“ Durch den anhaltenden Krieg würden „staatliche Strukturen, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nachhaltig geschwächt“.

Seine Forderung: „Drogensucht muss endlich als Gesundheitsproblem und nicht als Sache des Strafrechts behandelt werden.“ Und er fordert die Entkriminalisierung von Drogen. Beispiel Portugal: Das Land hat 2001 den Besitz von Drogen entkriminalisiert. „Zwischen 2001 und 2006 sank dort die Drogenkonsumrate unter Jugendlichen von 2,5 auf 1,8 Prozent. 1999 starben noch 400 Menschen am Drogenkonsum, 2006 waren es 290.“ Nach Jahrzehnten erfolgloser Drogenpolitik sei radikales Umdenken nötig.

Gedankengänge, denen nicht alle FR-Leser folgen wollen. So meint Karl-W. Koch, ein Drogenfachlehrer an beruflichen Schulen, aus Hillesheim:

„Tom Koenigs Vorschlag ist ein viel zu kurz gedachter verhängnisvoller Irrweg. Er löst kein einziges Problem. Er käme einer Kapitulation vor der Gewalt gleich, einer Abschaffung des Staates in einem wesentlichen Punkt. Diejenigen, welche derzeit mit unvorstellbarer Gewalt ihre Interessen durchsetzen, würden sich nicht etwa irritiert zurückziehen, sondern würden die neuen Freiräume für sich und ihre Interessen nutzen. Zunächst macht Koenigs keinen Vorschlag, wie in den Staaten der Welt flächendeckend sein Vorschlag umgesetzt werden soll. Eine nur teilweise Umsetzung würde die Probleme ja eindeutig nur verlagern. Weiterhin lässt Koenig bei seinem „Königsweg“ völlig offen, dass er mit seiner Forderung, würde sie denn umgesetzt, eine Vorbildlösung für vergleichbare und nachfolgende Konflikte schafft. Einmal erfolgreich, könnte jede Interessengemeinschaft, sofern sie über ausreichend gut organisierte mafiöse Strukturen und damit über Druckmittel zur Durchsetzung verfügt, diesen Weg beschreiten. Koenigs „Staat“ müsste jedes Mal klein beigeben, sei es bei der Freigabe des Waffenhandels (inkl. Massenvernichtungswaffen?), bei Kinderzwangsprostitution oder bei der Sklavenhaltung.
Betrachtet man die Forderung von Koenigs im Einzeln, so wird diese Luftnummer schnell entzaubert. Gefordert wird mit der Freigabe („Entkriminalisierung“) von Anbau, Handel und Konsum jeglicher Drogen gleich ein ganzer „bunter Strauß“ von Platitüden und realitätsfernen und nicht zu Ende gedachten Wunschträumen. Im Einzeln gibt es dabei heute schon eine erstaunliche, häufig nicht bekannte Bandbreite in den Regelungen:
1. Anbau: Teilweise ist dieser bereits freigegeben wie z.B. der Koka-Anbau in Bolivien, teilweise ist dieser überhaupt nicht kontrollierbar wie aktuell der Mohnanbau in Afghanistan. Auf die Produktion in den Chemielabors der Welt wie bei den Amphetaminen wird überhaupt nicht eingegangen, wird sie auch freigegeben?
2. Handel: Hier liegt die eigentlich neue Forderung, eine VÖLLIGE Freigabe des Handels mit ALLEN Drogen. Dabei überholt Koenigs sogar noch die hier schon immer sehr forsche Grüne Jugend, die immerhin sinngemäß einen staatlich kontrollierten Handel fordert. Auch hier gibt es unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Staaten: Hollands Coffeeshops sind bekannt, die Heroinabgabe in der Schweiz ist ebenfalls zu sehen. Das von Koenigs angeführte Beispiel Portugal hat allerdings – wie auch geschrieben – NUR den Besitz entkriminalisiert.
3. Konsum: In Deutschland und etlichen Nachbarstaaten ist bereits heute weitgehend in kleinen Mengen „zum Eigengebrauch“ straffrei – damit natürlich auch der Konsum – hier würde sich im Alltag wenig ändern. Vor allem ist jedoch auch heute der Überwachung rein organisatorisch eine Grenze gesetzt, daher greift der Straftatbestand in aller Regel beim Handel, also dem Erwerb. Bleiben wir also bei kritischen Punkt 2, dem einzigen realistisch „NEU“ zu nennenden. Eine völlige Freigabe ruft die Marktwirtschaft auf den Plan. Und hier ist Geld zu verdienen, legal wie illegal! Das würde dann auch Drogen wie das extrem süchtig machende und extrem gesundheitsschädliche Crystal Meth beinhalten, einfach herstellbar, schnelle Knete! Eine von der (Restriktions-) Leine losgelassene Drogenmafia würde sich daher auf die Vermarktung dieser und ähnlicher Drogen konzentrieren, diese in den Markt puschen. Was macht der Staat dann, lieber Tom? Weiterhin Zuschauen? Und glaubt Koenigs wirklich, bei einer Freigabe des Handels würde sich die mexikanische Drogenmafia enttäuscht und frustriert, quasi ihres „Spaßes beraubt“ zurückziehen? Weit gefehlt, sie würde ihre Strukturen legalisieren und ausbauen. Die Kämpfe – dann eben um Marktanteile – gingen weiter. Soll der Staat dann als Produzent auftreten, um Preiskämpfe zwischen eventuell verfeindeter Clans um Marktanteile zu verhindern? Und selbst wenn es funktionieren würde: Tausende von Toten auf den Straßen Mexikos würde ersetzt werden durch Tausende von Toten in Europas Hinterhöfen und denen der USA, von Entwicklungsländern wie China und Brasilien. Es würde nicht mehr gemordet, um die Drogen VERKAUFEN zu können, es würde gemordet, um die Drogen KAUFEN zu können. Der Krieg würde von Mexikos Straßen auf die von Buenos Aires und Sao Paulo verlegt. Solange die sozialen Probleme an diesen Stellen nicht gelöst sein, solange werden Drogen – legal oder illegal eine Scheinlösung sein. Nein, die Konsequenz aus dem Drogenkrieg in Meiko kann und muss eine andere sein. Die sozialen Probleme vor Ort müssen angegangen werden, z.B, auch durch eine Erhöhung der deutschen Entwicklungshilfe auf die schon lange geforderten 0,7 % der BIP. Eingegriffen werden muss bei Schulung und Ausstattung der Polizei. Wer das Gehalt eines mexikanischen Landpolizisten und dessen Lebensbedingungen kennt, weiß warum dieser im Zweifelsfall nicht seine Haut zu Markte trägt! Hier in Deutschland muss Aufklärung verbunden mit einer Freigabe des Konsums, aber einem kontrollierten Handel, der Weg sein. Dabei lassen sich die extrem gefährlichen Drogen (gefährlich sind sie alle, inklusive der heute schon erlaubten!), die es auch gibt aus dem Verkehr halten und eine Beherrschung des Marktes durch mafiöse Gruppierungen vorbeugen. Die Strafe für die Drogensüchtige ist ein schon lange erkannter Irrweg, den wir endlich verlassen müssen. Das Öffnen von Toren für eine legalisierte Mafia hilft uns dabei nicht. Wenn Koenigs Artikel uns ein Stück weiter gebracht hat in DIESER Diskussion, dann hat er wenigstens ein wenig Gutes bewirkt …“

Elke Metke-Dippel aus Wetzlar dagegen meint:

„Ich bin Tom Koenigs außerordentlich dankbar dafür, dass er den Mut hat, endlich einmal dieses heiße Eisen Drogenkriminalität beim Stiel zu packen. Es ist „meine Rede“ seit Jahren: nur die Legalisierung von Drogen wird den Kartellen den blutigen Wind aus den Segeln nehmen und arme Schweine von den Straßen holen und in Behandlung bringen, wo sie hingehören. Lasst doch die Reichen ihr Pulver genießen und die Jugendlichen ihr Gras rauchen! Und lasst den Staat mitverdienen. Der Vergleich mit der Prohibition ist überaus passend, handelt es sich beim Alkohol doch um eine legale Droge, die gefährlicher ist als Marihuana. Und dann können die Experten endlich mal vernünftig zwischen wirklich gefährlichen Opiaten und Designerdrogen und den Luxusdrogen, zu denen der Champagner ebenso zählt, unterscheiden.“

Folgender Leserbrief von Norbert Pohl aus Frankfurt ist auch eine Reaktion auf den oben veröffentlichten Leserbrief von Herrn Koch:

„Der Gastbeitrag von TK schildert mit klaren Worten die aktuelle Situation. Seine Forderung nach Entkriminalisierung der Drogen ist zu unterstützen. Natürlich besteht keine absolute Sicherheit, dass dieser Weg zum Ziel führen wird. Aber nachdem alle anderen Versuche, den Drogenkrieg zu gewinnen, gescheitert sind und die Lage sich von Jahr zu Jahr verschlimmert, bleibt nur diese Option. Wie diese Entkriminalisierung der Drogen dann im Einzelnen umgesetzt wird, ist eine ganz andere Frage. Dazu gibt es einige Ideen, manche sind hier oben genannt. Ich wünschte mir, dass man darüber zielführend diskutiert und eine Entscheidung findet. Dann wird abzuwarten sein, wie sich der eingeschlagene Weg in der Praxis bewährt, und ggf. nachjustieren müssen. Allerdings steht zu befürchten, dass es dazu vorerst nicht kommen wird. Warum? Drogen gehörten schon immer zum Leben der Menschen dazu, ob man das nun ablehnt oder nicht. Es werden auch immer wieder neue Drogen entdeckt, entwickelt, ob man das nun ablehnt oder nicht. Viele Menschen wollen dieser Realität nicht ins Auge sehen, sondern hängen romantischen Idealvorstellungen an (drogenfreie Welt), verfolgen ihre religiösen (Drogen sind Sünde) und politischen Absolutheitsansprüche. Oder möchten Erwachsene einfach nicht selbstbestimmt und souverän entscheiden lassen. Die Drogenwirklichkeit möglichst sozialverträglich und friedlich zu gestalten, muss das Ziel sein. Da das bisher mit Repression nicht funktioniert hat, bleibt nur der Weg der Entkriminalisierung, um der gefährlichen Parallelgesellschaft Drogenbanden den Boden zu entziehen. Aufklärung bleibt danach auch weiterhin wichtig, so wird KWKoch seine Arbeit nicht verlieren. Und die anderen Philosophen mögen auch in Zukunft für ihre Ideen werben.“

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6 Kommentare zu “Ist Entkriminalisierung von Drogen ein Mittel gegen den Drogenkrieg?

  1. Die Prohibition in den USA zeigte einst, wie die Kriminalität mit so einem staatlichen Eingriff stieg. Die Aufhebung wurde von den Befürwortern der Prohibition immer damit begründet, dass es dann zu noch mehr Alkoholtoten kommen würde. Als dieses unselige Gesetz aufgehoben wurde, sank zunächst die Kriminalität in diesem Bereich. Jedoch, was kaum jemand erwartet hatte, sank auch die Zahl der Alkoholabhängigen und Alkoholtoten. Wenn es jetzt zur Freigabe von THC kommen sollte, wird die Kriminalität zumindest in diesem Bereich sofort auf Null sinken. Es wird also der Tante Emma nicht mehr die Handtasche vom Arm gerissen, was diese so sehr fürchtet. Dass dann mehr Verkehrsunfälle aufgrund von Drogenkonsum stattfinden, halte ich für gewagt. Der Lappen ist hierzulande sehr schnell weg.

    Die Freigabe der anderen Drogen würde ebenfalls zum Desaster bei den Mafiosi führen. Die Profite beim Drogenhandel wären sofort verschwunden. Einzig der Handel müsste über die Apotheken laufen, um immer gleichbleibende Qualität für die Süchtigen bereitzustellen. Drogentote gibt es nur deshalb, weil die Mafia die Drogen bei Beschlagnahme von größeren Sendungen streckt. Das führt zwar noch nicht zum Tode, jedoch muss der Drogenkranke mehr zu sich nehmen, um das Level seiner Sucht zu halten. Wenn jedoch bei der nächsten Lieferung reine Drogen verkauft werden, spritzt sich der Kranke möglicherweise seinen letzten Schuss.

  2. Ich kann mich Herrn Koch nur anschließen.

    Ich wundere mich immer über einen angeblichen Rückgang des Konsum nach einer solchen Legalisierung, wieso sollte der zustandekommen? „Ach, jetzt sind die Drogen so billig, da macht es mir keinen Spaß mehr, welche zu nehmen?“

    Daß es keinen Drogenanbau mehr geben würde nach einer Legalisierung, ist auch nicht zu erwarten, denn Kaffeeanbau ist ja auch legal, und hört deswegen nicht schon gleich auf. Es beim von Koenig genannten Kokainpreis für den kolumbianischen Bauern noch gehörig Luft nach unten, bevor er allein aus preislichen Gründen auf Kaffee oder andere Pflanzen umschwenken würde.

    Völlig absurd ist Koenigs Versuch, ein Problem, daß in Mexiko im Zusammenhang mit dem Drogenhandel nach USA besteht, den Krieg der mexikanischen Drogenkartelle, dadurch lösen bzw. beenden zu wollen, daß in Deutschland Drogen legalisiert werden. Solange diese Drogen in den USA illegal und damit die Preise und Gewinnspannen so hoch sind, wird es in Mexiko Kämpfe zwischen den rivalisierenden Schmuggelbanden geben. Es gäbe dann nur zusätzliche enorme Reiseerschwernisse zwischen Deutschland und USA, da hier viel mehr Kontrolle aufgebaut werden müsste. Und an eine Legalisierung harter Drogen in den USA ist lange nicht zu denken. Gerade wurde der Versuch, Marihuana zumindest in Kalifornien zu legalisieren, vom Wähler abgeschmettert.

    Ich gebe offen zu, daß ich persönlich nicht eine Sekunde darüber nachdenke, wie man es verhindern kann, daß sich Banditen in Mexiko oder anderswo gegenseitig totschießen, und schon gar nicht für das Heil dieser Banditen irgendwelche gesellschaftlichen Experimente in Deutschland riskieren würde, bei denen man nicht weiß, wie sie enden.

    Es ist interessant, wie ausgerechnet ein Grüner Argumentationsmuster der Propagandisten des technischen Fortschritts übernimmt, die doch sonst so bekämpft werden. Damit meine ich, daß hier, um eine gewünschte Politik durchzusetzen, die Folgekosten einfach unter den Tisch gekehrt werden. Hier wird die einfache Variante gewählt, die inzwischen schon kein Technophiler mehr zu wählen sich traut: Folgekosten werden einfach abgestritten… denn die Anzahl der Drogenkonsumenten wird ja nach der Legalisierung abnehmen, und damit auch die Folgekosten. Warum, weiß man nicht so genau, aber abnehmen wird sie, das steht schonmal fest.

    Über die Prohibition kann man überhaupt nicht viel sagen, denn die Folgekosten auf Zahlen von „Alkoholtoten“ zu begrenzen ist ja absurd, wenn über weitere Folgekosten der Legalität der Droge Alkohol überhaupt keine Aussagen gemacht werden. Alkoholismus in der Schwangerschaft z.B. führt in schweren Fällen zu körperlichen Behinderungen, aber schon in weniger schweren zu geistiger Behinderung bzw. Einschränkungen bei der späteren intellektuellen sowie Verhaltensentwicklung, und selbst im moderaten Fall zu lebenslangen Konzentrationsstörungen. Wer kann diese Kosten beziffern? Kann überhaupt jemand die Aussage machen, daß die beobachtbare Zunahme der Probleme bei der Beschulbarkeit von Kindern, dort beobachtete zunehmende Konzentrations- und Verhaltensstörungen nicht auf eine zunehmend verantwortungslose Handhabung des Alkoholkonsums vieler Eltern mit zurückzuführen ist? Ich denke, nein. Erst dann, wenn man diese Schäden wüsste, könnte man doch eine Rechnung aufmachen, ob man im Fall eines (hypothetischen) Alkoholverbots nicht besser wegkäme. Gleiches gilt hier auch für Drogenkonsum, z.B. einer jungen Mutter während der Schwangerschaft. Die Folgekosten können enorm sein, von der Verpfuschung eines unschuldigen Menschenlebens will ich mal gar nicht reden, denn die ist nicht mit Geld zu beziffern.

    Wir sollten trauern, daß ein Alkoholverbot aufgrund einer gewissen Tradition in Deutschland nicht durchsetzbar ist, aber froh sein, daß dies für Drogen, die noch direkter hormonelle Systeme im Gehirn stimulieren, dabei noch schneller und intensiver suchterzeugend wirken, nicht der Fall ist, und es bei einem Verbot belassen, über dessen Sinnhaftigkeit weitgehender gesellschaftlicher Konsens besteht.

    Über den hohen Preis, den potentielle Konsumenten hierzulande bezahlen müssen, bin ich viel froher, als es mich traurig macht, daß dieses Geld in die Taschen von Banditen wandert. Dieser hohe Preis ist nämlich ZUSÄTZLICH zur Strafbewehrung ein Einfluß, der dem Konsum entgegenwirkt, und damit eine gute Sache.

    Daß bei den Bemühungen, die Drogen illegal, d.h. den Preis hoch zu halten, ab und an jemand vom Personal der Gesetzesüberwachung zu Schaden kommt, ist bedauerlich, aber auch bei anderen Arten der Kriminalität der Fall, ohne daß man die ebenfalls gleich legalisieren müsste. Und wenn es einen korrupten Polizisten in Mexiko oder anderswo erwischt, der sich von der falschen Bande hat bezahlen lassen, ist das auch zu verkraften.

    Apropos andere Arten der Illegalität: Warum macht der Grünenpolitiker mal nicht den Vorschlag, den Handel mit Elfenbein zu legalisieren, oder den mit Nashornpulver? Das nahezu weltweite Verbot von Jagd, Handel, und teilweise sogar Verkauf treibt doch nur die Preise in die Höhe und macht es für Wilderer und Schmuggler deshalb nur noch interessanter, sich hier zu betätigen. Würde man das alles legal machen, würde es doch im Umfang abnehmen, oder hab ich da was übersehen? Wenn Koenig das parallel fordern würde, dann wäre er doch glaubwürdiger, jedenfalls in meinen Augen.

  3. @ Max Wedell Anscheinend haben Sie sich noch nie mit den Folgen der Prohibition in den USA auseinandergesetzt. Die Kriminaliataet infolge der Prohibition stieg in ungeahnte Höhen. Die Folge dieser Beschränkung eines Marktes war und ist absoluter Kapitalismus in diesem Bereich. Die Gewinne sind so exorbitant, dass die Betreiber eines Drogenrings gar nicht auf die Idee kommen, Menschenrechte zu achten. Diese Kriminalitaet aber wuerde sofort auf Nimmerwiedersehen verschwinden, weil so riesige Profite nirgendwoanders zu erwarten sind. Die Oma an der Ecke ist nicht aengstlich, wenn sich wer einen Joint reinpfeift sondern wenn ihr die Handtasche vom Arm gerissen wird oder wenn sie in der Wohnung beraubt wird, weil eben der Stoff wg des eingeschränkten Marktes so teuer ist.

    Das alles sind Erfahrungen aus den Zeiten der Prohibition und danach. Warum müssen diese Erfahrungen denn auf dem Gebiet des Drogenmissbrauchs noch einmal gemacht werden?

  4. @Werner Thiele-Schlesier,

    wenn Sie 1000 Menschen haben, die abends nen Schnäpschen trinken, so ist das doch weiter kein bemerkenswerter Vorgang. Wird der Besitz von Alkohol aber verboten, haben Sie auf einen Schlag 1000 Kriminelle, die Kriminalität ist drastisch gestiegen, da haben Sie recht. Darüber hinaus wird dann durch das Verbot der Substanz der Preis steigen, was einerseits die organisierte Kriminalität steigert, da es sich für die kriminellen Beschaffer und Händler lohnt, um die Absatzreviere zu kämpfen, und was andererseits auch die Beschaffungskriminalität steigert, d.h. die Kriminalität der Verbraucher, um die Mittel zu erlangen, die Substanz kaufen zu können.

    Von einer besonders ausgeprägten Beschaffungskriminalität während der Prohibition hörte ich noch nie. Die organisierte Bandenkriminalität allerdings nahm drastisch zu, da haben Sie recht… das zu berichten, davon lebte Hollywood ja eine Zeitlang ganz gut.

    Der Konsum von Alkohol war gar nicht verboten. Auch sonst war die Prohibition eine halbherzige Sache, es gab zu wenig Personal, sie durchzusetzen, und das war auch noch zu schlecht bezahlt, und damit anfällig für Bestechung, usw. Und nicht zuletzt ist Alkohol eine Droge, die wirklich jeder im Keller selber herstellen kann. Das zu verhindern ist nahezu unmöglich.

    Ansonsten aber schreibt Wikipedia, das nur am Rande bemerkt: „So war eine deutliche Abnahme der alkoholbedingten Todesfälle in der Fastprohibition 1910–1920 festzustellen, ein Tiefstand 1920–1931 sowie ein langsames, aber stetiges Ansteigen seither.“

    Die Drogen, über die wir hier reden (Marihuana ausgenommen, kann auch im Keller angebaut werden, allerdings nur in geringen Mengen), müssen entweder aus fernen Ländern hergebracht werden, wobei die weiten Transportwege genügend Angriffspunkte für eine Unterbindung des Transports bieten sollten, oder müssen in hochkomplizierten Verfahren entweder veredelt oder synthetisch hergestellt werden, für die gutausgerüstete Labors sowie ganz bestimmte Grundstoffe in größeren Mengen benötigt werden, sodaß auch hier durch eine Überwachung dieser Stoffe und Mittel Angriffspunkte für die Polizei gegeben sind („Breaking Bad“ untertreibt die Schwierigkeiten der Herstellung am Beispiel Meth sehr… aber das ist ja nichts neues in Film und TV).

    Ich kenne übrigens einen Beschaffungskriminellen auch persönlich. In den Geschäften wird geklaut, die Waren irgendwo verscherbelt, um an Geld zu kommen… mit dem man sich dann das Bier und den Schnaps kauft! Und Bier und Schnaps sind gar nicht mal verboten! Daß es also keine Beschaffungskriminalität mehr gäbe, wenn die Verbote aufgehoben werden, ist Wunschdenken. Viele Süchtige, egal ob Alkohol oder andere Drogen, sind gar nicht in der Lage, ein regelmäßiges Einkommen mit einer einigermaßen geregelten Arbeit zu erzielen (der erwähnte mir bekannte Säufer ist es jedenfalls nicht). D.h. wenn die ALG II-Leistungen aufgebraucht sind, d.h. spätestens am fünften des Monats, muß man eben klauen gehen.

    Ich bewerte die Tatsache, daß man mit Handtaschenklau o.ä. einen Drogenkonsum finanzieren kann, nicht so, daß man die Drogen billiger machen soll, sondern eher so, daß man sie noch weit teurer machen sollte. Das macht man u.a. so: Drastische Verschärfung der Haftstrafen für Personen, die mit den betreffenden Substanzen im Besitz aufgegriffen werden, sowie auch konsequente Anwendung dieser Haftstrafen, d.h. NICHT erst 10 mal oder so auf Bewährung aussetzen. Das gestiegene Risiko für die kriminellen Händler wird sich dann im Preis niederschlagen. In der Realität ist aber genau das Gegenteil der Fall. Die Entschlossenheit, gegen Drogen und ihre Händler vorzugehen, erodiert immer mehr, und das macht sich naturgemäß zuerst durch eine zunehmende Laxheit im Umgang mit Kleinkonsumenten und Kleinhändlern bemerkbar.

  5. Für die Entkriminalisierung des Drogenkonsums mag es gute Argumente geben, nur dass man damit das organisierte Verbrechen austrocknen könnte, ist kaum anzunehmen. Die in den USA durch die Prohibition gestärkte Mafia hat sich nach der Aufhebung der Beschränkungen sofort neue, zum Teil legale, „Geschäftsfelder“ gesucht. Das, fürchte ich, würde auch passieren, wenn der Drogenhandel (unter staatlicher Kontrolle) legalisiert wäre.

  6. @ Max Wedell Niemand kann vorhersagen, was passiert, wenn die Drogen entkriminalisiert werden. Es gibt derzeit jede Menge Drogenkranke, die diese Sucht mit ihrer eigenen Arbeit unerkannt verbinden. Da diese Menschen über genügend Mittel verfügen, wird deren Sucht nicht öffentlich. Die aber finanzieren ebenso die Kriminalität wie der Junkie um die Ecke. Nur dass der Junkie wenn sein Einkommen nicht reicht, zum Kleinkriminellen wird. Auch die Reinheit der Drogen kann dann dazu führen, dass die Sucht von dem Einzelnen in den Griff zu bekommen ist. Drogentote gibt es nämlich nur deshalb, weil die Mafia Drogen streckt. Wenn nun eine erhebliche Menge Drogen beschlagnahmt wird, muss die Streckung durch andere Mittel höher werden, weil die Süchtigen ihren Schuss eben benötigen. Beim nächsten Mal aber ist die Qualität erheblich über der normalen. Die Folge: Der Süchtige nimmt genau so viel Stoff wie beim vorigen mal. Die Folge muss ich ja wohl nicht beschreiben.

    Die Oma aber, deren Handtasche entrissen wurde bzw in deren Wohnung eingebrochen wurde, sieht nur diese Art Kriminalität. Ob sie nun selber davon betroffen ist oder nicht, spielt da die geringere Rolle, denn die Furcht vor Gewalt ist eben in dieser Gesellschaft vorhanden. Die ist auch nicht wegzudiskutieren. Im Übrigen weiss der Kleinkriminelle ja nicht, wieviel Geld in der handtasche ist. Die Sucht treibt ihn zu der Tat. Udnd noch etwas: Wird dann der Junkie straffällig und zu längerer Haft verurteilt, kann ihm im Knast eine Therapie zuteil werden, denn z.Zt. kann auch im Knast der Drogenkonsum nicht vollständig unterbunden werden. Jedoch mit der Aufhebung der Prohibition lohnt es nicht mehr, die Drogen dorthin zu schmuggeln.

    Abraham hat oben beschrieben, was die Drogenmafia machen würde. Der Kampf gegen diese Art Kriminalität aber wäre unterbunden. Es lohnt sich einfach nicht mehr, den Handel selber weiter zu führen. Abraham schreibt oben, dass die Mafia legale Geschäftsfelder belegen würde. Das aber hat ebenso gute Folgen, denn das können diese Leute nur einmal machen. Dann ist deren Kapital festgelegt und wirft für den Staat zukünftig Steuern ab. Wenn dann auch noch die Beiträge zu den Sozialversicherungen vom gesamten Einkommen aller eingesammelt werden, wäre schon vieles in diesem Staate verbessert

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