Die Aktienmärkte ächzen, die Zentralbanken schießen Geld ein. Längst ist allein die Summe, die die EZB den Geldmärkten zur Verfügung gestellt hat, auf einen dreistelligen Milliardenbetrag gewachsen. Stehen wir vor der großen Weltwirtschaftskrise, die vielfach für den Fall befürchtet wurde, dass die US-Immobilienblase platzt? Die Folgen sind zunächst mal höhere Zinsen für Immobilienfinanzierung auch in Deutschland – und die Angst, das Ende des viel umjubelten Aufschwungs könnte schon gekommen sein.
Begonnen hat es in Deutschland mit der Düsseldorf IKB. FR-Leser Michael Schoenbach aus Frankfurt lässt kein gutes Haar an diesem Bankhaus – und an deutschen Bankern generell.
„Selten dürfte Hochmut so kurz vor dem Fall gekommen sein wie bei der IKB. Die Verlautbarungen im Quartalsbericht von „dem hohen Ansehen des Hauses und dessen proaktivem Risikomanagement in den Kapitalmärkten“ (sic) kurz vor der Enthüllung der maroden Basis und der damit einhergehenden Entlarvung der Inkompetenz ihrer Entscheidungsträger ist beispielhaft für die Selbstüberschätzung von Finanzgewerblern deutscher Provenienz
Es ist ebenso seltsam wie beunruhigend, dass Deutschland Ingenieure und Wissenschaftler von Weltrang hervorbringt, aber in der Finanzwissenschaft als ein Land der Stümper und Dilettanten gilt. Aus meiner 20 jährigen Tätigkeit in den Kapitalmärkten außerhalb Deutschlands weiß ich, dass deutsche Kapitalmarktakteure international – zusammen mit den Japanern – einen eher schlechten Ruf haben. Die Führungsetagen deutscher Banken werden immer noch vorwiegend von gelernten Juristen bevölkert, die weder das kleine Einmaleins der Zinsrechnung geschweige denn die Grundlagen der deduktiven Statistik oder der stochastischen Differentialgleichung beherrschen.
Höchste Zeit, dass Deutschland dem Beispiel der Briten in der Autoindustrie folgt und das Feld den Profis, sprich den angelsächsischen oder gar den französischen Häusern überlässt!“
„dass die US-Immobilienkrise platzt?“ Ups, das war wohl ein Patzer in der Einleitung. Ich glaube die Banke würden sich freuen, wenn die Krise geplatzt wäre.
Ansonsten hat die Zentralbank mehrfach zweistellig Mrd-Beträge im Schnelltender angeboten. D.h. aber, dass diese Beträge jeweils 24 Stunden später fällig waren. Effektiv steht damit nur die aktuell 48 Mrd. Euro zusätzlich zur Verfügung und kein dreistelliger Betrag. Oder irre ich mich nun gänzlich?
Sorry, ich meinte Immobilienblase und habe das nun auch gleich korrigiert.
Zu den Summen des Schnelltenders hier klicken. Da ist von 310 Milliarden die Rede.
Zum Tenderverfahren hier mehr
Ein Trost an alle Banken mit ihren Spekulanten: „Keine Sorge, das Geld ist nicht verloren, es hat nur jetzt ein anderer. “
Nach einigen Presseberichten bestreitet die Sachsen LB Probleme mit Engagement am US-Hypothekenmarkt. Das taten andere auch. Und da bewahrheitet sich immer wieder das Sprichwort: “Schuster bleib bei deinem Leisten.“ Was hat denn eine sächsische Landesbank in US-Amerikanischen Immobilienspekulationen zu suchen ?
@3 Walthor
Ihr Trost für die Spekulanten zeigt aber noch etwas anderes:
Geld ist wie Energie: es gibt kein Neues: es wird nur umgewandelt.
Zum Leidwesen einiger unverbesserlicher Anleger hat sich das noch nicht genügend herumgesprochen und einige betätigen sich noch immer als moderne Alchimisten.
@ Hajo Gebhard
Das Energie-Erhaltungsgesetz lässt sich keineswegs auf die Ökonomie übertragen, das habe ich ihnen doch schon einmal kritisch angemerkt, und sie sind mir die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, wie denn nach ihrer Theorie die kontinuierlichen Steigerungsraten, im einzelnen Unternehmen wie in der gesamten Volkswirtschaft, zu erklären seien.
Tatsächlich findet durch die gesellschaftliche Arbeit eine Wertschöpfung (d.h. auf Deutsch Wert-Schaffung!) statt, und der solcherart vermehrte gesellschaftliche Reichtum spiegelt sich, auch inflationsbereinigt, in einer größeren Geldmenge wider.
Bewahre uns also das Schicksal davor, dass die Bank-Juristen durch einen Bank-Physikus ersetzt werden.
Gleichwohl ist es eigentlich ziemlich gleichgültig, welche Würfelspieler an den Konzern- und Bankspitzen globalplayen, denn die Wertsteigerungen und -verluste bei spekulativen Investitionen verhalten sich anarchisch.
Würden sie sich nach den einfachen Gesetzen der Zinsrechnung, der deduktiven Statistik oder der Stochastik berechnen lassen, würde der in diesen Disziplinen offenbar kundige FR-Leser Michael Schoenbach nach 20-jähriger Tätigkeit in den Kapitalmärkten bestimmt von leitenden Juristen, die auch nicht doof sind, sondern Gewinn-orientiert denken, den Auftrag erhalten entsprechende Handlungsanweisungen in sein Laptop einzugeben statt kritischer Leserbriefe an die FR.
Heinrich,
es liegt mir fern, Ihnen Ihren Glauben zu nehmen, aber lassen Sie mir den meinen.
Es ist doch so, dass, wenn jemand gewinnt, ein anderer (oder andere) verliert oder wollen Sie das abstreiten? So wie es z.B. beim Glücksspiel (ist sicherlich nicht unbedingt physikalischen Ursprungs) ist, ist es – und ich betone es für Ihren Seelenfrieden ausdrücklich – meines Erachtens nach mit allem in der Wirtschaft. Jedem wirtschaftlichen Gewinn geht ein wirtschaftlicher Verlust an anderer Stelle einher (z.B. Petrochemie – ausgebeutete Nationen).
Ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass auch materieller Gewinn einer Familie einen Verlust zur Folge hat (die Familie hat zwar – oberflächlich – alles, nur der Vater/die Mutter fehlt).
Ich hoffe, Ihnen die Motive zu meiner Behauptung, der Sie sich ja nicht unbedingt anschliessen müssen (aber auch das sollte doch zulässig sein, oder?), zumindest ansatzweise erläutert zu haben. Es ist jedoch zugegebenermassen nicht einfach, diese Zusammenhänge deutlich zu machen ohne den Rahmen dieses Forums zu sprengen.
Gruss
Hajo Gebhardt
@Bronski,
ich finde die Angabe zu 310 Mrd. nicht. Und wie tenderverfahren funktionieren weiß ich. Daher wollte ich ja darauf hinweisen, dass die EZB am letzten Donnerstag Kredite in Höhe von 95 Mrd. Euro an die Geschäftsbanken ausgegeben. Diese sind binnen 24 Stunden wieder zurückzuzahlen. Am Freitag hat die EZB daher nocheinmal 61 Mrd. Euro als Kredit zur Verfügung gestellt, d.h. die Banken (zusammengenommen) haben 61 Mrd. umgeschuldet und 34 Mrd effektiv zurückgezahlt. Gleiches gilt dann für die 48 Mrd. Euro gestern.
@Hajo Gebhardt,
sie müssen zwischen Börsen und Zentralbankgeld unterscheiden. Während bei Börsen tatsächlich lediglich durch Handel Geld umverteilt aber nicht geschaffen wird, schafft die Zentralbank tatsächlich Geld. Dies wird (bei modernen Banken) als Kredit an die Geschäftsbanken ausgegeben, die es regelmäßig an ihre Kunden als Kredit weiter geben, welche wiederum die Kredite regelmäßig für Investitionen schaffen und damit den Volkswirtschaftlichen Wohlstand steigern. Investieren sie gar in Techniken/Machinen, die die Produktivität steigern, ist diese Zuwachs von Dauer (zumindest sehr langfristig) wirksam. Dies unterscheidet eine Ökonomie nun wirklich grundlegend vom Energieerhaltungssatz der Physik.
@ 6. Kommentar von: Hajo Gebhardt
„es liegt mir fern, Ihnen Ihren Glauben zu nehmen, aber lassen Sie mir den meinen.“
GLAUBEN heißt NICHT WISSEN.
Außerdem: An den Kapitalismus MUSS man nicht glauben, aber man KANN wissen wie er funktioniert.
PS: Diemal irrt heinrich nicht.
@ amerikanische hypotheken fonds ver- und ankaufs transaktionen;
das ist doch eine tolle sache, was da global abläuft: da verkaufen welche schulden als paket anderen, mit meist noch einem risikoaufschlag, den der käufer dann wieder mit aufschlägen neu verpackt verkauft, bis dann eines tages irgend eine ängstliche seele merkt, dass da ja eigentlich ballone mit luft zu bündeln gepackt rund um den globus gehandelt werden. und nun bekommt dieser ängstliche es tatsächlich mit der angst zu tun; denn er merkt, dass auch seine luftballons – zwar nun anders gebündelt – in dem neu erworbenen bündel aber nicht gefüllt mit neuem geld, nein, noch genauso heiße nun kalt gewordene luft dabei sind!
na, dann, auf ihr bankenmanager die ihr nach umsatz oder bilanzerhöhung bezahlt werdet, zeigt was ihr könnt für eure 10 millionen euro/jahr und saugt die luft wieder aus den ballons ohne uns normalbürgern die gurgel zuzudrücken!
8. Kommentar von: Uwe Theel
Auf diese umfangreiche und vielsagende Aufklärung habe ich mein Leben lang schon gewartet, was Umgangssprache bedeutet, ist halt nicht jedem zugänglich.
Und toll, dass Sie doch so alles ganz genau wissen und dass Sie mich an Ihrem All-Wissen teilhaben lassen.
Herr Schäfer und Sie haben aber meine Ausführungen nicht widerlegt. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass Sie Beide zu sehr in konventionellem Denken gefangen sind: Vielleicht sollten Sie das Ganze einmal viel einfacher, ursprünglicher – Sie würden wahrscheinlich eher „naiver“ sagen (wär mir im Übrigen auch egal) – sehen.
@ 10. Kommentar von: Hajo Gebhardt
Rntschuldigen Sie, aber es läßt sich nicht viel anders ausdrücken: Ihr Unbildung in Sachen VWL, egal ob die Lehre nun post-keynsianisch, angebotstheoretisch oder marxisrisch gewählt sei, wird nur noch durch Ihre offensichtliche Ignoranz gegenüber wissenschstlicher Erkenntnis zugunstem dem, was Sie – erkenntnistheoretisch gesprochen – für „umgangssprachlich“ im Sinne von „erklärungsadäquat“ behaupten, eben Ihren „Glauben“.
Aber wenn Sie schon fälschlich behaupten, dass Herr Schäfer mit seiner Anmerkung in #7 nichts bewiesen habe, wenn er kurz auf Samuelsons Begriff der Giralgeldbildung verweist, dann möchte ich gerne mal Ihre Argumentationsfigur im Angesicht der seit weit über 400 Jahren beobachtbaren Schöpfung von gesellschaftlichem Reichtumszuwachs auf der Grundlage einer GELDwirtschaft ausgeführt haben. Die Naturalwirtschaft des Mittelalters und des Feudalsimus ist nämlich tatsächlich tot.
Auf eine inhaltliche Antwort werden wir aber vergeblich warten.
@hajo gebhardt
Was soll ich sagen? Herr Theel verweist zu recht auf den Unterschied zwischen tauschwirtschaft (also auch die neoklassischen varianten der ökonomiebeschreibung) und geldwirtschaften. Tausch mag ja den von ihnen kritisierten gewinn-verlust-logiken folgen, aber eine ökonomie die auf Geld-ware-geld‘ logik basiert kann tatsächlich (sofern eine zentralbank geld schafft) wachstum ohne enthaltsamkeit und ohne verlust erreichen. Und den von ihnen angedeutet relative verlust wird ja gleichzeitig wieder kompensiert. War die Mutter früher zwar den ganzen tag zu hause, musste sie allerdings die meiste zeit mit putzen, wäschewaschen etc verbringen, da kaum technische hilfsmittel zur verfügung standen. ich würde sogar soweit gehen, dass sie effektiv weniger zeit mit ihrem kind (in dem heute gebräuchlichen familienromantischen bilde) verbracht hat, als eine heute vollschichitig erwerbstätigen frau möglich ist. Wo liegt hierin also der verlust?
@bronski
hier (pdf-Dokument) können sie nachlesen, dass die geschäfte der EZB vom 9.8. 1 tag laufzeit, vom 10.8. 3 tage (wegen wochenende) und vom 13.8. 1 tag laufzeit hatten. die heute 14. (1 tag laufzeit) ausgegebene summe belief sich nur noch auf 8 mrd. euro.
@ börsen;
nu hamwerr den salat! die kurse an den börsen fallen, die banken merkens am verfügbarem geld, den heuschrecken fallen die flügel ab usw. usw.!
@ Bänker;
ja, und nun die sächsische landesbank! wenn das land sachsen dafür gerade stehen soll – für die 13,5 milliarden euro miese die die immob.- tochter anscheinend in den sand gesetzt hat, dann ist das erste bundesland tatsächlich pleite!
darf man da mal fragen, wie vor jahren der finanzminister hieß? und wurde der dann nicht nachfolger von „könig kurt“? und hätte nicht auch könig kurt da etwas genauer hinhören oder hinsehen müssen?
sind diese beiden herren der CDU angehörig nicht ökonomen? Kurt Biedenkopf nicht sogar Professor?
@kaika,
BIP von Saschen 2006: ~90 Mrd. Euro Schuldenstand: ~12 Mrd. Euro.
Und da machen sie sich Sorgen wegen einer Bürgschaft von 3,5 Mrd. Euro? Das Land Sachsen muss diese Schulden ja auch veraussichtlich nicht tragen. Man sollte schon mal die Zahlen im betrachten, um die Dinge einschätzen zu können. Pleite geht Sachsen daran jedenfalls nicht.
@ergänzung:
d.h. Sachsen hat gemessen am BIP einen Schuldenstand von 13,5 % und wäre dann (mit den 13 Mrd zusätzlich) etwa bei 25% des BIP. Wer ein Häusle baut (privat) verschuldet sich regelmäßig um ein vielfachesfaches seines Jahres Bruttoeinkommens.
@ 16/17 Ingo;
„Sachsen“;
korrektur meiner zahl:
die bürgschaft beträgt 17,3 milliarden euro;
dies mit der pleite ist übrigens nicht meine sorge, sondern eine aussage im gestrigen ard-presseclub.
@ 18 (16/17 ingo)
„BIP von sachsen“
ob zu den schulden sachsens das sächsische bip die richtige bezugszahl ist, wird vermutlich nicht nur ein staatsökonom bezweifeln.